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1 Das Baskenland lässt grüßen.<br />

und allen Luxus, den man sich sonst noch wünscht. Und es gibt <strong>das</strong><br />

»camping à la ferme«, also auf dem Bauernhof, und allen Kategorien,<br />

die dazwischen liegen. Aber der Platz ist überall in der Hauptsaison begrenzt<br />

und die lokalen Behörden schauen in dieser Zeit genau hin – für<br />

Leute, die wild campen, wird es dann knapp. Immer beliebter werden die<br />

Ferienhäuser. Zum Teil liegen die ebenfalls auf Campingplätzen, zum Teil<br />

alleinstehend. Oder es gibt auch Ferienwohnungen in großen Anlagen,<br />

die zum Teil alte Bausubstanz darstellen, zum anderen Teil aber neu<br />

gebaut sind im Stil, der für diese Region typisch ist, also mit Gefach aus<br />

Tonziegeln in Fischgrätmuster oder im baskischen Stil.<br />

Leben wie Gott in Frankreich<br />

Die zuerst für den deutschen Sprachraum 1693 belegte Redewendung »Leben<br />

wie Gott in Frankreich« kann locker noch heute übernommen werden.<br />

Natürlich ist in unserem Nachbarland <strong>das</strong> Essen ebenfalls auch eine Frage<br />

des Geldes. Für gutes Essen Geld auszugeben ist in Frankreich eher als bei<br />

uns eine Selbstverständlichkeit. Natürlich haben auch die Franzosen <strong>das</strong><br />

Fastfood längst entdeckt und gerade in den Urlaubsorten gibt es reichlich<br />

Pizzerien und auch Crèperien. Doch mit dem entsprechenden kulinarischen<br />

Führer ausgestattet findet man leicht auch gehobene Qualität.<br />

Noch einfacher ist es, die Einheimischen zu fragen. Die scheinen zwar in<br />

der Hauptsaison in der Minderheit zu sein, aber Stress macht sich dennoch<br />

nicht breit. Und auch die Erkenntnis, <strong>das</strong>s man beim Essengehen Zeit mitbringen<br />

sollte, ist den Gascognern,<br />

die neben Meeresfrüchten auch auf<br />

Entenbrust und Gänsestopfleber<br />

stehen, nicht fremd. So sind Einheimische<br />

und Urlauber sogar bereit,<br />

für frische Miesmuscheln Schlange<br />

<br />

0178 173 33 04<br />

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0160 635 43 25<br />

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Rheda-Wiedenbrück<br />

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zu stehen – selbst wenn der Laden<br />

nur Holztische mit Sitzbänken als<br />

Komfort bietet. Miesmuscheln und<br />

anderes Meeresgetier bekommt<br />

man auch auf den vielen Dorffesten<br />

serviert, idealer Weise mit<br />

dem entsprechenden lokalen Wein.<br />

Dazu gibt es oftmals noch live Musik<br />

mit traditionellen Instrumenten<br />

und Volkstanzaufführungen.<br />

Tradition noch groß<br />

geschrieben<br />

Hier ist man eben noch stolz auf<br />

seine Traditionen. Dazu gehört<br />

1 Echte Mannsbilder<br />

auch, wie ich finde leider, der Stierkampf, den es entweder in der französischen<br />

Variante gibt oder in der spanischen. Bei der französischen Variante,<br />

course landaise, haben die Stiere ein langes Seil um die Hörner und werden<br />

zur Begeisterung des Publikums durch die meist ovale Arena gejagt. Die<br />

mutigen Männer springen über sie hinweg, aber immerhin wird <strong>das</strong> Tier<br />

nicht getötet. Als Tierquälerei kann man <strong>das</strong> trotzdem sehen, offiziell ist<br />

<strong>das</strong> aber Kulturerbe. Die spanische Variante gibt es allerdings auch und<br />

die endet tödlich, für den Stier immer, für den Matador manchmal. Eine<br />

weitere Eigenart sind die stelzenlaufenden Gascogner. Die haben heute<br />

keine Funktion außer Brauchtumspflege und Touristenattraktion mehr,<br />

waren aber früher die einzigen, die sich zu Fuß durch die Sumpfgebiete<br />

bewegen konnten. Im Jahr 1900 wunderte sich die deutsche Zeitschrift<br />

»Die Woche« noch: »Auf Stelzen giebt (sic) der Bursche seiner Schönen <strong>das</strong><br />

Geleit auf dem Heimweg, und auf Stelzen laufen, hüpfen jahraus, jahrein<br />

von entlegenen Gehöften die Kinder zur Schule. Und da sollen sich die<br />

Leute nicht wie Riesen vorkommen gegen die kleinen Menschen, die auf<br />

ihren eigenen Füßen gehen!« Nun ja, heute bringen die Burschen ihre<br />

Schönen eher im Scooter nach Hause und die Kinder nehmen den Bus.<br />

Die Volksfeste der Gegend kommen allerdings keinesfalls ohne Stelzenläufer,<br />

die Trachten, die entsprechende Musik dazu und die dazugehörigen<br />

Tänze aus. Auch sprachlich möchte man sich vom Rest Frankreichs gerne<br />

absetzen. Ortsschilder der Region enthalten den Ortsnamen in Gascon.<br />

Das sehen die Einheimischen als eigene Sprache, aber die Sprachwissenschaftler<br />

ordnen die Sprache als okzitanischen Dialekt ein. In abgelegenen<br />

Gebieten wird auch tatsächlich noch Gascon gesprochen. In den Pyrenäen<br />

verstehen und sprechen noch 35 Prozent der Bevölkerung die Sprache, in<br />

Bordeaux sind es dagegen maximal drei Prozent. In der wichtigsten lokalen<br />

Zeitung der Gegend gibt es eine Rubrik »Parlam Gascon«, die im okzitanischen<br />

Dialekt verfasst ist. Ein berühmter Sprecher des Okzitanischen<br />

war übrigens Richard Löwenherz, dessen Mutter, Eleonore von Aquitanien,<br />

Herrscherin der Gegend war. Der spätere König von England beherrschte<br />

neben Okzitanisch auch Französisch und Latein. Auch einiges Arabisch soll<br />

er auf dem dritten Kreuzzug gelernt haben. Was er dagegen nicht konnte,<br />

war Englisch, aber da war er in der englischen Oberschicht im zwölften<br />

Jahrhundert nicht allein. Und schließlich hat er in seinem ganzen Leben<br />

zusammengerechnet lediglich sechs Monate in England zugebracht, aber<br />

<strong>das</strong> ist wieder eine andere Geschichte.<br />

Mondänes und Schlichtes<br />

Ursprünglich waren die Orte an der Atlantikküste schlichte Fischerdörfer.<br />

Biarritz hatte etwa 200 Einwohner. Das änderte sich jedoch gewaltig, als in<br />

der sogenannten Belle Époque, genauer 1854, Kaiserin Eugénie, die Ehefrau<br />

von Napoleon III., für zwei Monate in Biarritz urlaubte und der Kaiser ihr<br />

daraufhin eine Residenz bauen ließ. Diese besuchten die Monarchen ab<br />

50 Das Stadtgespräch

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