Leseprobe_Musikkontext Rainer
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INSTRUMENTALISTEN<br />
UND INSTRUMENTALE PRAXIS<br />
AM HOF ALBRECHTS V. VON BAYERN 1550–1579<br />
<strong>Musikkontext</strong> 16
MUSIKKONTEXT<br />
Studien zur Kultur, Geschichte und Theorie der Musik<br />
Veröffentlichungen des Instituts für Musikwissenschaft<br />
und Interpretationsforschung<br />
an der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien<br />
Reihe herausgegeben von<br />
Cornelia Szabó-Knotik und Manfred Permoser
Bernhard <strong>Rainer</strong><br />
Instrumentalisten und instrumentale Praxis<br />
am Hof Albrechts V. von Bayern 1550–1579<br />
Herausgegeben von Cornelia Szabò-Knotik
Bernhard <strong>Rainer</strong><br />
Instrumentalisten und instrumentale Praxis am Hof<br />
Albrechts V. von Bayern 1550–1579<br />
(= <strong>Musikkontext</strong> 16)<br />
Ein Verzeichnis sämtlicher in dieser Publikation vorkommender Links steht unter<br />
https://www.hollitzer.at/buch/instrumentalisten-und-instrumentale-praxis-am-hofalbrechts-v-von-bayern-1550-1579<br />
zum Download zur Verfügung.<br />
In diesem E-Book sind die textinternen Querverweise als Hyperlinks formatiert.<br />
Cover-Abbildung:<br />
Nikolaus Solis, Stahlstich (Ausschnitt) in: Hans Wagner, Kurtze doch gegründte beschreibung<br />
des Durchleuchtigen Hochgebornen Fürsten vnnd Herren Wilhelmen […] gehalten Hochzeitlichen<br />
Ehren Fests […], München: Adam Berg, 1568 © Universitätsbibliothek Heidelberg<br />
Gedruckt mit freundlicher Unterstützung von<br />
© HOLLITZER Verlag, Wien 2021<br />
www.hollitzer.at<br />
Alle Rechte vorbehalten.<br />
Die Abbildungsrechte sind nach<br />
bestem Wissen und Gewissen geprüft worden.<br />
Im Falle noch offener, berechtigter Ansprüche wird<br />
um Mitteilung der Rechteinhaber:innen ersucht.<br />
Lektorat: Andreas Wernli<br />
Umschlaggestaltung und Satz: Daniela Seiler<br />
Hergestellt in der EU<br />
ISBN 978-3-99012-933-3<br />
ISSN 1616-5209
Inhalt<br />
9 — Vorwort der Herausgeberin<br />
11 — Zum Geleit<br />
13 — Vorwort<br />
14 — Redaktionelle Vorbemerkungen<br />
14 — Abkürzungen<br />
17 — Einführung<br />
23 — I. Instrumentalisten der Hofkapelle Albrechts V.<br />
23 — Einleitung<br />
27 — 1. Instrumentalisten der Kantorei 1550–1558<br />
31 — 2. Bildung des italienischen Instrumentalensembles<br />
1559–1567<br />
41 — 3. Instrumentalisten der Kantorei von der<br />
Fürstenhochzeit 1568 bis 1579<br />
49 — 4. Trompeter Albrechts V. 1550–1579<br />
53 — 5. Multiinstrumentalisten<br />
57 — 6. Soziale Stellung der Instrumentalisten am Hof<br />
63 — 7. Münchner Instrumentalisten als Komponisten<br />
69 — 8. Beziehungen zwischen den Münchner Instrumentalisten und<br />
venezianischen Instrumentalensembles<br />
75 — II. Musikinstrumente am Hof Albrechts V.<br />
75 — Einleitung<br />
76 — a. Renaissancekonsorts<br />
77 — b. Stimmtonfragen<br />
81 — c. Instrumentenbau und -ankauf<br />
83 — d. Instrumentenstube und Instrumentenverwalter<br />
87 — 1. Blechblasinstrumente<br />
87 — a. Zinken<br />
89 — b. Posaunen<br />
94 — c. Trompeten
6<br />
97 — 2. Schlaginstrumente<br />
97 — a. Pauken<br />
97 — b. Trommeln<br />
98 — c. Triangeln<br />
99 — 3. Flöteninstrumente<br />
99 — a. Blockflöten<br />
101 — b. Querflöten<br />
103 — 4. Doppelrohrblattinstrumente<br />
103 — a. Schalmeien und Pommer<br />
107 — b. Fagotte<br />
108 — c. Rackette, Sordune<br />
112 — d. Krummhörner, Cornamusen<br />
113 — e. Sackpfeifen<br />
117 — 5. Streichinstrumente<br />
118 — a. Viole da gamba<br />
121 — b. Viola Bastarda<br />
123 — c. Viole da braccio<br />
126 — d. Liren<br />
129 — 6. Lauteninstrumente, Cistern, Harfen<br />
129 — a. Lauten<br />
130 — b. Cistern, Quintern<br />
131 — c. Harfen<br />
135 — 7. Tasteninstrumente<br />
135 — a. Orgeln<br />
136 — b. Regale<br />
137 — c. Kielinstrumente<br />
141 — d. Clavichorde<br />
143 — e. Geigenwerk<br />
145 — III. Instrumentale Praxis am Hof Albrechts V.<br />
145 — Einleitung<br />
147 — 1. Funktionsbereiche im Allgemeinen – Ensemblebildung<br />
147 — a. Kirchenmusik<br />
152 — b. Kammermusik<br />
156 — c. Tafelmusik<br />
158 — d. Tanzmusik<br />
163 — e. Schauspielmusiken<br />
164 — f. Musik bei Turnieren und Umzügen<br />
172 — g. Musikensembles auf Reisen des Hofes
7<br />
175 — 2. Produktionsweisen von Musik mit Instrumenten<br />
175 — a. Gemischt vokal-instrumentales Musizieren<br />
176 — b. Rein instrumentale Musizierpraktiken<br />
177 — c. Instrumentale res facta<br />
179 — d. Instrumentale Improvisation<br />
180 — e. Diminutionspraxis – Bastarda Technik<br />
183 — 3. Fallstudien<br />
183 — a. Kirchenmusik – instrumentale Praxis im sakralen Bereich<br />
183 — Striggios Missa sopra Ecco sì beato giorno zu 40 und 60 Stimmen in<br />
München 1567<br />
192 — Die Missa a 24 voci von Annibale Padovano bei der Fürstenhochzeit<br />
1568<br />
197 — b. Kammermusik<br />
197 — Lassos Moreschen in einer Aufführung 1568<br />
199 — Das Mielich-Bild der Münchner Kantorei im Bußpsalmencodex<br />
1570<br />
231 — c. Tafelmusik: Die sieben Bankette zur Fürstenhochzeit 1568<br />
233 — Tafelmusik zum Hochzeitsmahl, Sonntag, 22. Februar<br />
251 — Tafelmusik zum Mittagsmahl, Donnerstag, 26. Februar<br />
255 — Tafelmusik zum Abendessen, Samstag, 28. Februar<br />
256 — Tafelmusik zum Mittagsmahl, Sonntag, 29. Februar<br />
257 — Tafelmusik zum Mittagsmahl, Dienstag, 2. März<br />
257 — Tafelmusik zum Mittagsmahl, Mittwoch, 3. März<br />
258 — Tafelmusik zum Mittagsmahl, Sonntag, 7. März<br />
271 — IV. Notenbeispiele<br />
283 — V. Bibliographie<br />
283 — Kurztitel<br />
283 — 1. Quellen und Ausgaben<br />
283 — Einzeldrucke und -handschriften<br />
288 — Sammeldrucke<br />
288 — 2. Literatur<br />
301 — VI. Abbildungsverzeichnis<br />
303 — VII. Tabellenverzeichnis
9<br />
Vorwort der Herausgeberin<br />
Die Reihe MUSIKKONTEXT hat das Ziel, vielfältige Vernetzungen im Bereich<br />
Geschichte, Kultur und Theorie der Musik zu beleuchten. Vorliegender Band erweitert<br />
das bisherige thematische Spektrum der Reihe mit einer interpretationsgeschichtlichen<br />
Untersuchung zur Musikkultur der Frühen Neuzeit, genauer gesagt<br />
der am Münchner Hof des 16. Jahrhunderts betriebenen Musik unter besonderer<br />
Berücksichtigung der instrumentalen Praxis.<br />
Gestützt durch seine Expertise als ausübender Musiker hat der Autor eine detailreiche<br />
und präzise Darstellung des Themas verfasst. Er betritt damit insofern forscherisches<br />
Neuland, als das Thema bisher nicht so multiperspektivisch behandelt wurde<br />
und dabei unter selbstverständlicher Einbeziehung des aktuellen Forschungsstandes<br />
immer wieder sorgfältig belegte und wohl dokumentierte Korrekturen etablierter<br />
Erkenntnisse gelingen, die teilweise nicht im Haupttext, sondern in den ausführlichen<br />
Fußnoten-Kommentaren zu entdecken sind.<br />
Die umfassende, eine Reihe von schriftlichen, musikalischen und bildlichen<br />
Quellen einbeziehende Untersuchung wird durch zahlreiche Tabellen, Notenbeispiele<br />
und Abbildungen aufbereitet, die es ermöglichen, die gewonnenen Einsichten<br />
nachzuvollziehen und den Überblick über das Gebotene zu bewahren.<br />
Abschließend sei dem Verlag für seine nun schon gewohnte professionelle Arbeit<br />
sowie dem Rektorat der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien für die<br />
finanzielle Unterstützung zur Publikation gedankt.<br />
Cornelia Szabó-Knotik
11<br />
Zum Geleit<br />
An der Musik der „Renaissance“ hat die Forschung lange Zeit ganz überwiegend das<br />
mehrstimmige vokale Repertoire interessiert. Im Bewusstsein der einschlägig interessierten<br />
Öffentlichkeit dürfte die primäre, wenn nicht ausschließliche Assoziation<br />
von Renaissancemusik mit Gesungenem sogar bis heute anhalten. Die Ursache dafür<br />
liegt auf der Hand: Die musikalischen Quellen aus dem 15. und 16. Jahrhundert<br />
überliefern nun einmal zum allergrößten Teil sogenannte Vokalpolyphonie. Hinzu<br />
kommt ein weniger vordergründiger, aber nicht minder relevanter Faktor: Weil sie<br />
mehrstimmig, schriftlich fixiert und auf individuelle Autoren zurückführbar ist,<br />
konnte diese Art von Musik scheinbar problemlos mit modernen Konzepten wie<br />
„Komposition“, „Werk“ und generell „Kunstmusik“ in Einklang gebracht werden.<br />
Während der letzten Jahrzehnte ist in der Musikgeschichtsschreibung freilich eine<br />
markante Erweiterung der Perspektive zu beobachten. Von kulturwissenschaftlichen<br />
Trends wie der Oralitätsforschung oder den performance studies mitbedingt, ,musikintern‘<br />
durch die historische Aufführungspraxis zumindest begünstigt, richtet sich der<br />
Blick nicht mehr nur auf Musik als „Text“ und „Werk“, sondern zunehmend auch<br />
auf das Musizieren als Akt und Praxis. Was die Auseinandersetzung mit der Musikkultur<br />
vor dem 17. Jahrhundert anlangt, spiegelt sich diese Neuorientierung u.a. in<br />
der Einsicht in die große Bedeutung und prägende Rolle von Repertoires und Praktiken<br />
wider, die mit einem von Reinhard Strohm geprägten Begriff als „common<br />
traditions“ bezeichnet werden können. Dabei handelt es sich um weit verbreitete<br />
Sparten von Musik, die teils einstimmig waren, vielfach schriftlos hervorgebracht<br />
wurden oder sich im Grenzbereich zwischen Oralität und Schriftlichkeit bewegten,<br />
die zumeist einen geringeren Grad an Individualisierung aufwiesen als die Werke<br />
der komponierten Mehrstimmigkeit und deren Erzeugnisse, wenn überhaupt, oft<br />
,nur‘ anonym überliefert sind. Konkret zählen dazu: der Choral, also der einstimmige<br />
liturgische Gesang, das geistliche und weltliche volkssprachige Lied, Formen<br />
von Mehrstimmigkeit, die aus dem Stegreif produziert wurde, und – last, but not least<br />
– die Instrumentalmusik.<br />
Besonders bei der Instrumentalmusik ist die Gefahr eines durch die Überlieferung<br />
perspektivisch verzerrten Geschichtsbilds groß. Was bis weit in das 16. Jahrhundert<br />
hinein auf Instrumenten (nach)gespielt wurde, war entweder original vokale, d.h.<br />
nicht genuin instrumentale Musik, oder es bestand in einer schriftlosen, im weitesten<br />
Sinn improvisatorischen Praxis, die folglich nicht oder nur bedingt den Weg in<br />
musikalische Notate fand. Zugleich bezeugt aber eine immense Fülle von Bild- und<br />
Schriftquellen die – fast möchte man sagen – Allgegenwart instrumentalen Musizierens<br />
in Mittelalter und Renaissance, vorsichtiger formuliert: dessen Verankerung und
12<br />
wichtige Funktion quer durch die sozialen Schichten und mehr oder weniger in allen<br />
Bereichen des Musiklebens.<br />
Die unterschiedliche Überlieferungssituation von Vokalpolyphonie und Instrumentalmusik<br />
und die daraus resultierenden Folgen für die Wahrnehmung durch die<br />
Musikhistoriographie bzw. für das heutige Bild von der Musik der Renaissance lassen<br />
sich in geradezu paradigmatischer Weise am Münchener Hof der zweiten Hälfte<br />
des 16. Jahrhunderts beobachten. Der Hof der bayrischen Herzöge Albrechts V. und<br />
Wilhelms V. gilt als eines der führenden musikalischen Zentren seiner Zeit, nicht<br />
zuletzt weil hier mit Orlando di Lasso ein Komponist wirkte, der zu den prominentesten<br />
Repräsentanten der Vokalpolyphonie der Renaissance zählt. Weiterhin ist das<br />
mehrstimmige Vokalrepertoire der bayrischen Hofkapelle durch die umfangreiche<br />
Überlieferung von Chorbüchern und die starke Präsenz Lassos im zeitgenössischen<br />
Musikdruck für uns in exzeptioneller Weise greifbar. Wenig überraschend ist daher,<br />
dass Lasso, sein Werk und die (wohlgemerkt: vokale) Musik der bayerischen Kapelle<br />
ein Thema darstellen, das die Musikhistoriographie bereits im 19. Jahrhundert in<br />
Angriff nahm und bis heute intensiv bearbeitet hat. Gleichsam als Nebeneffekt gerieten<br />
dadurch Archivalien wie Musikerverzeichnisse, literarische Texte wie Massimo<br />
Troianos Bericht über die Münchener Fürstenhochzeit 1568 und ikonographische<br />
Quellen, allen voran Hans Mielichs berühmte Darstellung der bayerischen Kapelle<br />
im Bußpsalmencodex, ins Blickfeld, die auf eine blühende Kultur des Instrumentalspiels<br />
am Hof der Wittelsbacher hindeuten. Wohl wurde bestimmten Aspekten der<br />
Instrumentalmusik am Münchener Hof im Laufe der Zeit in diversen Einzelstudien<br />
nachgegangen. Eine systematische Zusammenschau und Auswertung der verfügbaren<br />
Informationen fehlte jedoch bislang.<br />
Mit der vorliegenden Studie von Bernhard <strong>Rainer</strong> wird erstmals unternommen,<br />
diese Lücke zu füllen. Nicht nur werden darin anhand der erhaltenen Dokumente<br />
aus München die ‚Grundlagen‘ wie Personal und Instrumentarium umfassend und<br />
im historischen Zusammenhang dargestellt. Der Autor, der als scholar-performer eine<br />
doppelte Expertise für das Thema mitbringt, versucht darüber hinaus, das Phänomen<br />
instrumentalen Musizierens am bayrischen Hof musikalisch so konkret wie möglich<br />
zu rekonstruieren. Dabei werden Querbezüge zur instrumentalen Praxis der Zeit im<br />
Allgemeinen hergestellt, im Besonderen aber auch bekannte, ja berühmte Quellen<br />
(wie Troianos Text und Mielichs Bild) einer Neuinterpretation unterzogen.<br />
Es ist nicht bloß zu hoffen, sondern vielmehr davon auszugehen, dass von diesem<br />
Buch Impulse sowohl für die Erforschung der Musik am Münchener Hof und insgesamt<br />
der Instrumentalmusik des 16. Jahrhunderts als auch für die heutige musikalische<br />
Praxis ausgehen werden.<br />
Markus Grassl Wien, im Februar 2021
13<br />
Vorwort<br />
Diesem Buch liegt eine im Jahre 2018 am Institut für Musikwissenschaft und Interpretationsforschung<br />
der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien approbierte<br />
Dissertation zu Grunde. Im Verlauf der Entstehung brachten Freund:innen,<br />
Kolleg:innen und Fachleute wertvolle Hinweise und unentbehrliche Expertisen ein.<br />
Diesbezüglich möchte ich mich bei folgenden Personen herzlich bedanken: Masako<br />
Art, Kurt Danner, Liane Ehlich, Martin Kirnbauer, Martin <strong>Rainer</strong>, Christine Reiterlechner,<br />
Thomas Rezanka, Gudrun Rottensteiner, Bernhold Schmid, Sven Schwannberger,<br />
Sabine Seisenbacher, Bernhard Stilz, Florian Wieninger und Roland Wilson.<br />
Nachdrücklich verbunden bin ich den beiden Betreuern meines Dissertationsprojektes<br />
Martin Eybl sowie Markus Grassl, meinem ‚Doktorvater‘. Diesem gilt mein<br />
besonderer Dank, denn er hat es in wunderbarer Weise verstanden, meinen großen<br />
Enthusiasmus für das Thema in eine fundierte wissenschaftliche Arbeitstechnik zu<br />
integrieren und gewährte mir zudem bei der Transformation der Dissertation in eine<br />
Monografie unschätzbare Hilfestellung. Dieser Prozess wurde des Weiteren getragen<br />
durch Cornelia Szabó-Knotik, welcher als Herausgeberin großer Dank gebührt, wie<br />
auch Andreas Wernli, der über Lektoratsarbeiten hinaus die Schlussphase des Projekts<br />
über Monate hinweg begleitete und zur Qualität des endgültigen Manuskripts Essentielles<br />
beitrug. Nicht zuletzt möchte ich mich bei den Verantwortlichen des Hollitzer<br />
Verlags bedanken, namentlich bei Michael Hüttler und Sigrun Müller.<br />
Bernhard <strong>Rainer</strong> Wien, im April 2021
14<br />
Redaktionelle Vorbemerkungen<br />
Unterschiedliche Schreibweisen von Eigennamen sind im Text stillschweigend vereinheitlicht,<br />
in den Zitaten erscheinen sie in der originalen Form.<br />
Alle Notenbeispiele © Bernhard <strong>Rainer</strong>.<br />
Alle Übersetzungen, deren Herkunft nicht ausdrücklich angegeben ist und die<br />
nicht vom Verfasser mit B.R. gezeichnet sind, stammen von Andreas Wernli. Das<br />
gilt insbesondere auch für die Stellen aus Troianos Dialogen. Sie sind in der Originalsprache<br />
der auf der italienisch-spanischen Fassung von 1569 basierenden Ausgabe<br />
von Leuchtmann entnommen 1 und wo nötig direkt aus der italienischen Fassung<br />
von 1568. 2 Die Übersetzungen ins Deutsche sind neu erstellt worden, weil sich<br />
gezeigt hat, dass gegenüber der bewusst gewählten freieren, flüssigeren Sprache<br />
Leuchtmanns 3 bei einer möglichst wort- und satzgenauen Wiedergabe manch neue<br />
Nuancierung und Präzisierung entsteht. Sachliche Abweichungen zu Leuchtmann<br />
sind jeweils begründet.<br />
In den Anmerkungen stehen nur Links zu Inhalten, die ausschließlich online<br />
zugänglich sind. Die Links zu online-Publikationen von Handschriften und gedruckten<br />
Titeln finden sich dagegen allein in der Bibliographie, die Verweise auf deren<br />
Bildnummern erfolgen in den Anmerkungen in eckigen Klammern und mit einem<br />
Asterisk.<br />
Abkürzungen<br />
Abb.<br />
Anm.<br />
Art.<br />
Bearb. / bearb.<br />
BSB<br />
dto.<br />
Ex.<br />
Abbildung<br />
Anmerkung<br />
Artikel<br />
Bearbeiter:in / bearbeitet<br />
Bayerische Staatsbibliothek München (D-Mbs)<br />
dito<br />
Exemplar<br />
1 Massimo Troiano: Dialoghi, ital./span. Ausgabe, Venedig: Zaltieri, 1569; hg., übs. und kommentiert<br />
von Horst Leuchtmann: Die Münchner Fürstenhochzeit von 1568, München/Salzburg: Katzbichler,<br />
1980 (= Studien zur Landes- und Sozialgeschichte der Musik 4). – Zit. Troiano/Leuchtmann.<br />
– Seitenzählung: 1–17: Titel, Inhalt und Vorworte; 18–335: gerade Seiten: Faks. ital., ungerade<br />
Seiten: dt. Übs.; 337–367: div. Übs.; 368–417: Corrigenda, Anm.; 418–494: Nachwort, div.<br />
Verz.; ab 498 o. S.: Bildtafeln 1–12.<br />
2 Ders.: Discorsi delli Triomfi, Giostre, Apparati, München: Adam Berg, 1568.<br />
3 Troiano/Leuchtmann, S. 460: „Die deutsche Übersetzung ist bemüht, dem Text gerecht zu werden,<br />
kann aber gelegentlich freier sein […] Eigentlich sollte es eine „moderne“ Übersetzung werden<br />
[…].“
15<br />
fl.<br />
Gulden<br />
fol.<br />
Folio<br />
Hg. / hg.<br />
Herausgeber:in / herausgegeben<br />
Hz.<br />
Hertz<br />
Kr(.) / kr(.) Kreuzer, Pfennig<br />
L<br />
RISM A/I: Nr. des Lasso-Drucks (nur bei Lasso)<br />
LV Werk-Nr. im Lasso-Werkverzeichnis 4<br />
Notenbsp.<br />
Notenbeispiel<br />
ß(.)<br />
Schilling<br />
T. Takt<br />
Tab.<br />
Tabelle<br />
Transkr.<br />
Transkription<br />
Transp.<br />
Transposition<br />
Übs. / übs. Übersetzung / übersetzt<br />
v<br />
verso<br />
vgl.<br />
vergleiche<br />
Zit. / zit.<br />
Zitat(e) / zitiert<br />
zw.<br />
zwischen<br />
4 Horst Leuchtmann und Bernhold Schmid: Orlando di Lasso. Seine Werke in zeitgenössischen Drucken<br />
1555–1687, 3 Bde., Kassel/Basel/ London/New York/Prag: Bärenreiter 2001 (= Orlando di Lasso.<br />
Sämtliche Werke Neue Reihe, Supplement).
17<br />
Einführung<br />
Schon früh wurde in der Geschichtsschreibung erkannt, dass der Musik am Hof<br />
Albrechts V. von Bayern (1528–1579) große Bedeutung beizumessen ist. Schließlich<br />
wirkten bekannte Komponisten wie Andrea (1532/33–1585) und Giovanni Gabrieli<br />
(1554/57–1612) sowie Gioseffo Guami (1542–1611) zeitweise an diesem Hof,<br />
und als einer der bekanntesten Tonsetzer seiner Zeit entfaltete Orlando di Lasso<br />
(1530/32–1594) hier seine Tätigkeit, die sich über nahezu vierzig Jahre während der<br />
Regierungszeiten Albrechts V. und Wilhelms V. (1548–1626) erstreckte. Ausgehend<br />
von einem reichen Quellenbestand zur Musikpflege am Münchner Hof jener Zeit,<br />
der sich aus Musikdrucken, teilweise kunstvoll ausgearbeiteten handschriftlichen<br />
Chorbüchern, Hofzahlamtsrechnungen, Bittgesuchen usw. zusammensetzt, begann<br />
man schon im 19. Jahrhundert, dieses faszinierende Kapitel der Musikgeschichte<br />
zu erforschen.<br />
Adolf Sandberger legte erste allgemeine Arbeiten zu den Hofkapellen Albrechts V.<br />
und dessen Sohnes, Wilhelm V., vor. 5 Als weiteres Standardwerk zur Lasso-Forschung<br />
muss ein Buch Berndt Ph. Baaders zum Hof Wilhelms V. bezeichnet werden. 6<br />
In besonderem Maße widmete sich Horst Leuchtmann der Bayerischen Hofkapelle<br />
mit Ergänzungen zur Publikation Sandbergers, 7 einer großen Lasso-Monografie mit<br />
einer kommentierten Edition von Lassos Briefen 8 sowie einer modernen Edition,<br />
Übersetzung und einem ausführlichen Kommentar der Dialoge Massimo Troianos. 9<br />
Sehr kritisch muss dagegen mit den Veröffentlichungen von Wolfgang Bötticher<br />
umgegangen werden, der ebenfalls mehrfach zu Lasso publiziert hat. 10 Bereits bei<br />
5 Adolf Sandberger: Beiträge zur Geschichte der bayerischen Hofkapelle unter Orlando di Lasso, Bd. 1,<br />
Leipzig: Breitkopf & Härtel, 1894, und Bd. 3, ebd., 1895. – Ders.: Orlando di Lasso und die geistigen<br />
Strömungen seiner Zeit, München: Verlag der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, 1926.<br />
6 Berndt Ph. Baader: Der bayerische Renaissancehof Herzog Wilhelms V., Leipzig: Heitz, 1943.<br />
7 Horst Leuchtmann (Bearb.): „Vorarbeiten zu einem neuen Bayerischen Musiklexikon. Namenslisten<br />
zur Bayerischen Musikgeschichte. II: Musik in München 1550 – 1600“, in: Musik in Bayern,<br />
Heft 10 (1975), S. 46–63; Heft 11 (1975), S. 87–100; Heft 12 (1976), S. 54–68; Heft 13 (1976),<br />
S. 83–104; Heft 14 (1977), S. 107–125.<br />
8 Ders.: Orlando di Lasso, Bd. I: Sein Leben, Wiesbaden: Breitkopf & Härtel, 1976, Bd. II: Briefe, ebd., 1977.<br />
9 Troiano/Leuchtmann, s. oben S. 14, Anm. 1.<br />
10 Wolfgang Boetticher: „Orlando di Lasso. Studien zur Musikgeschichte Münchens im Zeitalter<br />
der Spätrenaissance“, in: Zeitschrift für bayerische Landesgeschichte, Bd. 19/3 (1956), S. 459–533. –<br />
Ders.: Orlando di Lasso. Sämtliche Werke Neue Reihe, Wolfgang Boetticher et al.(Hg.), 26 Bde.<br />
(+ 3 Bde. Supplement), Kassel/Basel/ London/New York/Prag: Bärenreiter 1995–2001. – Ders.:<br />
Orlando di Lasso und seine Zeit, Kassel/Basel: Bärenreiter, 1958. – Ders.: Aus Orlando di Lassos Wirkungskreis,<br />
Kassel/Basel/London/New York: Bärenreiter, 1963.
18 Einführung<br />
seinen Forschungen zu Robert Schumann hatte er erwiesenermaßen fehlerhaft und<br />
unter den ideologischen Einflüssen der NS-Zeit gearbeitet, 11 sodass bei seinen Publikationen<br />
zu Lasso, obwohl nach 1945 veröffentlicht, ähnlich fragwürdige Vorgehensweisen<br />
zu erwarten sind.<br />
Eine gründlich recherchierte Liste der Musiker am Hof von Albrechts Vorgänger<br />
Wilhelm IV. (1493–1550) ist jüngst von Armin Brinzing in einem Sammelband über<br />
die Münchner Hofkapelle des 16. Jahrhunderts vorgelegt worden. 12<br />
Neben diesen Arbeiten zu Orlando di Lasso und der Münchner Hofkapelle im<br />
Allgemeinen liegen mehrere Artikel zum Thema Instrumentalmusik und instrumentaler<br />
Praxis in München zur Zeit Lassos vor, so von Jürgen Eppelsheim, 13 Karel<br />
Moens 14 und Horst Leuchtmann. 15 Der erwähnte Sammelband über die Münchner<br />
Hofkapelle enthält des Weiteren eine kurze Darstellung von Erich Tremmel zu<br />
Musikinstrumentenbau und Musikinstrumentenhandel im Bayern des 16. Jahrhunderts.<br />
16 Eine ganze Reihe von Veröffentlichungen befasst sich mit der bekannten<br />
Abbildung der Münchner Hofkapelle von Hans Mielich (1516–1573). Ikonographische<br />
Besprechungen dieser Miniatur und der darauf abgebildeten Instrumente legten<br />
11 Vgl. Willem De Vries: Kunstraub im Westen 1940–1945. Alfred Rosenberg und der „Sonderstab Musik“,<br />
Frankfurt a. M.: Fischer, 2000.<br />
12 Armin Brinzing: „Bemerkungen zur Hofkapelle Herzog Wilhelms IV. Mit einer provisorischen<br />
Liste der Hofmusiker“, in: Theodor Göllner und Bernhold Schmid (Hg.): Die Münchner Hofkapelle<br />
des 16. Jahrhunderts im europäischen Kontext – Bericht über das internationale Symposion der Musikhistorischen<br />
Kommission der Bayerischen Akademie der Wissenschaften in Verbindung mit der Gesellschaft für<br />
Baye rische Musikgeschichte München, 2.–4. August 2004, München: Verlag der Bayerischen Akademie<br />
der Wissenschaften, 2006 (= Bayerische Akademie der Wissenschaften. Philosophisch-Historische<br />
Klasse, Abhandlungen Neue Folge 128), S. 20–46.<br />
13 Jürgen Eppelsheim: „Musikinstrumente zur Zeit Orlando di Lassos“, in: Musik in Bayern 24<br />
(1982), S. 11–42.<br />
14 Karel Moens:„Geiger in der Münchner Hofkapelle zur Zeit Lassos“, in: Ignace Bossuyt, Eugeen<br />
Schreurs und Annelies Wouters (Hg.): Orlandus Lassus and his time, Colloquium Proceedings Antwerpen<br />
24–26.08.1994, Peer: Alamire Foundation, 1995 (= Yearbook of the Alamire Foundation 1),<br />
S. 383–413.<br />
15 Horst Leuchtmann: „Organisten und Orgelbauer in ihrer Beziehung zum bayerischen Herzogshof<br />
1550–1600“, in: Acta Organologica 6 (1972), S. 99–122.<br />
16 Erich Tremmel: „Musikinstrumentenbau und Musikinstrumentenhandel in Baiern während des<br />
16. Jahrhunderts. Ein Überblick“, in: Göllner (Hg.): Die Münchner Hofkapelle, S. 102–104.
19<br />
Arnold Schering, 17 Walter Frei, 18 Rudolf Eras, 19 Barra Boydell 20 und in neuerer Zeit<br />
Nicole Schwindt vor. 21<br />
Allgemeine Publikationen zu Instrumentalisten und instrumentaler Praxis stammen<br />
für das 15. Jahrhundert vor allem von Keith Polk. 22 Zum 16. Jahrhundert existieren<br />
bislang einige Monografien, die einzelne Instrumente oder Instrumentenfamilien<br />
thematisieren, wie diejenigen von David D. Boyden 23 und Peter Holman<br />
(Violinenfamilie), 24 Ian Woodfield (Gambe), 25 Barra Boydell (Windkapselinstrumente) 26<br />
und Stewart Carter (Posaune). 27 Orgel und Orgelspiel im 16. Jahrhundert werden in<br />
einem von Walter Salmen herausgegebenen Tagungsbericht behandelt. 28 Allgemeine<br />
monografische Arbeiten zur instrumentalen Praxis in Italien im 16. Jahrhundert bieten<br />
Emilie Elsner (instrumentale Besetzungspraxis), 29 Dietrich Kämper (instrumentale<br />
17 Arnold Schering: Aufführungspraxis alter Musik, Leipzig: Quelle & Meyer, 1931 (= Musikpädagogische<br />
Bibliothek 10).<br />
18 Walter Frei:„Die bayerische Hofkapelle unter Orlando di Lasso“, in: Die Musikforschung 15 (1962),<br />
S. 359–364.<br />
19 Rudolf Eras: „Zur Deutung von Mielichs Bild der bayerischen Hofkapelle“, in: Die Musikforschung<br />
16 (1963), S. 364–367.<br />
20 Barra Boydell: “The instruments in Mielich’s miniature of the Munich ‘Hofkapelle’ under<br />
Orlando di Lasso. A revised identification”, in: Tijdschrift van de Vereniging voor Nederlandse Muziekgeschiedenis<br />
28 (1978), S. 14–18. – Ders.: Art. “Cornamusa”, in: Deane Root (Hg.): Grove Music<br />
Online, Oxford: Oxford University Press, 2001; https://doi.org/10.1093/gmo/9781561592630.<br />
article.06494.<br />
21 Nicole Schwindt: „Hans Mielichs bildliche Darstellung der Münchner Hofkapelle von 1570“, in:<br />
Acta Musicologica 18 (1996), S. 48–85.<br />
22 Z. B. Keith Polk: “Instrumental Music in the Urban Centres of Renaissance Germany”, in: Early<br />
Music History 7 (1987), S. 159–186. – Ders.: German instrumental music of the late middle ages, Cambridge:<br />
Cambridge University Press, 1992. – Ders.: “Foreign and domestic in Italian instrumental<br />
music of the fifteenth century”, in: Frank A. D’Accone, Irene Alm, Alyson McLamore, Colleen<br />
Reardon (Hg.): Musica Franca: Essays in Honor of Frank A. D’Accone, Stuyvesant: Pendragon Press,<br />
1996, S. 323–332. – Victor Coelho und Keith Polk: Instrumentalists and Renaissance Culture, 1420–<br />
1600, Cambridge: Cambridge University Press, 2016.<br />
23 David D. Boyden: The History of violin playing from its origins to 1761, New York: Clarendon Press,<br />
1990.<br />
24 Peter Holman: Four and twenty fiddlers – The Violin at the English Court 1540–1690, New York:<br />
Oxford University Press, 1993.<br />
25 Ian Woodfield: The early history of the viol, Cambridge: Cambridge University Press, 1984.<br />
26 Barra Boydell: The crumhorn and other Renaissance windcap instruments, Buren: Knuf, 1982.<br />
27 Stewart Carter: The trombone in the Renaissance, Hillsdale: Pendragon Press, 2012.<br />
28 Walter Salmen (Hg.): Orgel und Orgelspiel im 16. Jahrhundert: Tagungsbericht (Innsbruck 9.–12. 6.<br />
1977), Rum bei Innsbruck: Helbling, 1978 (= Innsbrucker Beiträge zur Musikwissenschaft 2).<br />
29 Emilie Elsner: Untersuchung der instrumentalen Besetzungspraxis der weltlichen Musik im 16. Jahrhundert<br />
in Italien, Diss. Berlin, Ohlau i. Schl.: Eschenhagen, 1935.
20 Einführung<br />
Ensemblemusik), 30 Howard Mayer Brown (Instrumentationen in den Florentiner<br />
Intermedien), 31 Michael Fütterer (das Madrigal als Instrumentalmusik); 32 die instrumentale<br />
Ensemblemusik im deutschsprachigen Raum macht Armin Brinzing zum<br />
Thema. 33 Artikel zur instrumentalen Aufführungspraxis der Renaissance entstanden<br />
erst in jüngerer Zeit und wurden von Keith Polk, 34 Armin Brinzing, 35 Martin Kirnbauer<br />
36 und Charles E. Brewer 37 vorgelegt.<br />
Informationen zu Instrumentalisten des 16. Jahrhunderts finden sich in Standardwerken<br />
zu Hofmusikkapellen der Zeit, wie etwa die allgemein gehaltenen Studien<br />
über deutsche Hofmusik von Erich Reimer 38 und Martin Ruhnke. 39 Über die Musik<br />
an Höfen, die mit dem Münchner dynastisch, geografisch oder musikalisch in besonderer<br />
Verbindung standen, arbeiteten Josef Sittard 40 und Gustav Bossert 41 zu Stuttgart,<br />
Moritz Fürstenau zu Dresden, 42 Walter Senn zu Innsbruck, 43 Hellmut Federhofer zu<br />
30 Dietrich Kämper: Studien zur instrumentalen Ensemblemusik des 16. Jahrhunderts in Italien, Köln/<br />
Wien: Böhlau, 1970 (= Analecta musicologica 10).<br />
31 Howard Mayer Brown: Sixteenth-Century Instrumentation: The Music for the Florentine Intermedii,<br />
[o. O.]: American Institute of Musicology, 1973 (= Musicological Studies & Documents 30).<br />
32 Michael Fütterer: Das Madrigal als Instrumentalmusik. Versuch einer aufführungspraktischen und geistesgeschichtlichen<br />
Neuinterpretation des Cinquecento-Madrigals, Regensburg: Gustav Bosse, 1982<br />
(= Kölner Beiträge zur Musikforschung 119).<br />
33 Armin Brinzing: Studien zur instrumentalen Ensemblemusik im deutschsprachigen Raum im 16. Jahrhundert,<br />
Bd. I: Darstellung, Göttingen: Vandenhoek & Ruprecht, 1998 (= Abhandlungen zur Musik geschichte 4).<br />
34 Keith Polk: “Instrumental performance in the Renaissance”, in: Colin Lawson und Robin Stowell<br />
(Hg.): The Cambridge History of Musical Performance, Cambridge: Cambridge University Press, 2012<br />
(= The Cambridge History of Music), S. 335–352.<br />
35 Armin Brinzing: „Zeitgenössische Aufführungspraxis. Dominanz der Vokalmusik?“, in: Lindmayr-<br />
Brandl (Hg.): Schrift und Klang, S. 315–328.<br />
36 Martin Kirnbauer: „Zeitgenössische Aufführungspraxis. Das Instrumentarium“, in: ebd., S. 356–408.<br />
37 Charles E. Brewer: “Contexts for and Functions of Instrumental Music in Central Europe”, in:<br />
Weaver (Hg.): A Companion to Music at the Habsburg Courts, S. 308–346.<br />
38 Erich Reimer: Die Hofmusik in Deutschland 1500–1800, Wandlungen einer Institution, Wilhelmshaven:<br />
Noetzel, 1991.<br />
39 Martin Ruhnke: Beiträge zu einer Geschichte der deutschen Hofmusikkollegien im 16. Jahrhundert, Berlin:<br />
Merseburger, 1963.<br />
40 Josef Sittard: Zur Geschichte der Musik und des Theaters am Württembergischen Hofe, Bd. 1: 1458 –<br />
1793, Stuttgart: Kohlhammer, 1890.<br />
41 Gustav Bossert: „Die Hofkantorei unter Herzog Christoph von Württemberg“, in: Württembergische<br />
Vierteljahrshefte für Landesgeschichte Neue Folge VII (1898), S. 124–167. – Ders.: „Die Hofkantorei<br />
unter Herzog Ludwig“, in: ebd. Neue Folge IX (1900), S. 253–291.<br />
42 Moritz Fürstenau: Beiträge zur Geschichte der Königlich Sächsischen musikalischen Kapelle, Dresden:<br />
Meser, 1849.<br />
43 Walter Senn: Musik und Theater am Hof zu Innsbruck, Innsbruck: Österreichische Verlagsanstalt,<br />
1954.
21<br />
Graz, 44 Hermann Spies zu Salzburg 45 sowie Ludwig Ritter von Köchel 46 und Walter<br />
Pass 47 zu Wien.<br />
Eine monografische Abhandlung über die Instrumentalmusik der Münchner Hofkapelle<br />
des 16. Jahrhunderts ist dagegen noch nicht erschienen – der Fokus der Forschung<br />
lag bis dato eindeutig im Bereich der Vokalmusik. 48 Die vorliegende Arbeit<br />
versucht diesbezüglich Grundlagenforschung zu betreiben und Lücken zu schließen:<br />
Der erste Teil des in drei Hauptteile gegliederten Buches stellt die Instrumentalisten<br />
der Hofkapelle Albrechts V. vor. Zwar hat Horst Leuchtmann mit seinen<br />
Namenslisten zur Bayerischen Musikgeschichte 49 dazu Vorarbeiten geleistet, aber es fehlt<br />
bisher eine chronologische Liste der Instrumentalmusiker. Dabei werden das erste<br />
Jahrzehnt der Regierung Albrechts V. (1550–1560) und die nachfolgende Zeit gesondert<br />
betrachtet, da sich mit der Ankunft italienischer Instrumentalisten 1560/61 ein<br />
struktureller Wandel vollzog. Der sozialen Stellung der Instrumentalisten am Hof,<br />
dem interessanten Umstand, dass sich unter diesen Musikern einige bekannte Komponisten<br />
befanden, und dem Einfluss der Münchner Kantorei auf das für die Entwicklung<br />
der Instrumentalmusik so wichtige Instrumentalensemble an San Marco in<br />
Venedig wird in je einem eigenen Kapitel nachgegangen.<br />
Inhalt des zweiten Teils dieser Arbeit ist die Erfassung und nähere Beschreibung<br />
der Instrumente und Instrumentenfamilien, die mit dem Münchner Hof der Zeit in<br />
Verbindung gebracht werden können.<br />
Der dritte Teil befasst sich schließlich mit der musikalischen Praxis am Hof<br />
Albrechts V. Im ersten Kapitel wird die Bildung und Funktion der Musikensembles<br />
am Hof beschrieben: Die aus Bläsern, Streichern, Organisten, Lautenisten und<br />
Perkussionisten zusammengesetzten Ensembles verbanden sich teilweise mit den Sängern<br />
am Hof, um Musik in der Kirche, zur Tafel, zu Turnieren, Umzügen und Schauspiel,<br />
zum Tanz und auf Reisen darzubieten. Ein wesentlicher Bereich stellt darüber<br />
44 Hellmut Federhofer: Musikpflege und Musiker am Grazer Habsburgerhof der Erzherzöge Karl und<br />
Ferdinand von Innerösterreich, Mainz: Schott, 1967.<br />
45 Hermann Spies: „Die Tonkunst in Salzburg in der Regierungszeit des Fürsten und Erzbischofs<br />
Wolf Dietrich von Raitenau (1587 – 1612)“, in: Mitteilungen der Gesellschaft für Salzburger Landeskunde<br />
71 (1931), S. 1–64 (1. Teil), und 72 (1932), S. 65–136 (2. Teil).<br />
46 Ludwig Ritter von Köchel: Die Kaiserliche Hof-Musikkapelle in Wien von 1543 – 1867, Wien:<br />
Beck’sche Universitäts-Buchhandlung, 1869.<br />
47 Walter Pass: Musik und Musiker am Hof Maximilians II., Tutzing: Schneider, 1980.<br />
48 Als Beispiel kann hierzu der bereits erwähnte Symposiumsbericht zur Münchner Hofkapelle des<br />
16. Jahrhunderts im europäischen Kontext angeführt werden. Von sechsundzwanzig Artikeln<br />
befasst sich mit dem oben S. 18, Anm. 16 genannten Beitrag von Erich Tremmel nur ein einziger<br />
mit instrumentaler Praxis im weiteren Sinn und das auf nur drei Seiten des über 400-seitigen Sammelbandes.<br />
49 Vgl. oben S. 17, Anm. 7.
22 Einführung<br />
hinaus die Kammermusik dar. Im zweiten Kapitel werden die verschiedenen Produktionsweisen<br />
von Musik am Hof abgehandelt: Es zeigt sich, dass Musik mit Instrumenten<br />
zur Zeit Albrechts V. überwiegend in rein instrumentaler oder gemischt<br />
vokal-instrumentaler Ausführung von Vokalmusik wie Motetten, Madrigalen und<br />
Chansons bestand. Des Weiteren werden Praktiken wie Improvisation und Diminution<br />
diskutiert und Spuren von genuiner Instrumentalmusik erfasst. Im dritten<br />
Kapitel schließlich werden detaillierte Beispiele von musikalischen Aufführungen<br />
am Hof Albrechts V. in Fallstudien präsentiert. Eine besonders reiche Quelle liegt<br />
uns diesbezüglich in dem Bericht Massimo Troianos zur Fürstenhochzeit 1568 vor. 50<br />
Der Insider Troiano (er war zu der Zeit Altist der Münchner Kantorei) liefert uns<br />
darin konkrete Schilderungen der musikalischen Umrahmungen von Messen, Festbanketten<br />
und Turnieren sowie der Aufführung von Kammer- und Schauspielmusiken.<br />
Seine diesbezüglichen detaillierten Instrumentationsangaben erfolgen ohne<br />
Nennung von Stücktiteln und größtenteils ohne Komponistenangabe. Sie sind in der<br />
Fachwelt seit Langem bekannt, doch wird in dieser Arbeit zum ersten Mal versucht,<br />
sie bestimmten Werken zuzuordnen.<br />
50 Vgl. oben S. 14, Anm. 1. – Vgl. auch Anthony F. Carver: Cori spezzati Vol, I: The development<br />
of sacred polychoral music to the time of Schütz, Cambridge: Cambridge University Press, 1988,<br />
S. 3f. und 70–78. Harriet Rudolph: „Massimo Troiano, Dialoghi“, in: Wolfgang Fuhrmann<br />
(Hg.): Musikleben in der Renaissance. Zwischen Alltag und Fest. Teilband I: Orte der Musik, Laaber:<br />
Laaber-Verlag, 2019 (= Handbuch der Musik der Renaissance 4/1), S. 396–424.
23<br />
I. Instrumentalisten der Hofkapelle Albrechts V.<br />
Einleitung<br />
Die Dokumentensammlung von Adolf Sandbergers Publikation zur Geschichte der<br />
bayerischen Hofkapelle unter Orlando di Lasso 51 ist „wegen eines fehlenden Registers<br />
nur schwer zu benutzen und bis heute nicht ausgeschöpft“ 52 , weshalb Horst Leuchtmann<br />
entsprechende Listen herausgebracht hat 53 . Da die Listen auf mehrere Einzelhefte<br />
verteilt sind, ist ihm das zwar nur bedingt gelungen, doch wurden Sandbergers<br />
Auszüge von Leuchtmann überprüft, korrigiert und ergänzt. Allerdings setzen<br />
die wichtigsten zeitgenössischen Quellen zur Geschichte der Musik am Bayerischen<br />
Hof mit den Quatembersold–Einträgen in den Hofzahlamtsrechnungen erst im Jahre<br />
1551 ein 54 und die Rechnungen für die Jahre 1552, 1553, 1555, 1556 sowie 1559 fehlen<br />
gänzlich. Leider müssen laut Sandberger „auch die sonderen Nebenbücher, welche<br />
1560–67 den Personalstand der Cantorei, sowie die auf die Tonkünstler bezüglichen<br />
Posten unter Auslosungen, Zerungen, einzige Ausgaben und dergleichen verbuchen, für<br />
dauernd verloren gelten.“ 55 Verstreute Informationen zu Musikern, die am Hof tätig<br />
waren, lassen sich aber auch in anderen Münchner Quellen nachweisen und es ist<br />
ein großes Verdienst von Horst Leuchtmann, dass er diese Quellen in verschiedenen<br />
Münchner Archiven mühsam aufgefunden hat. 56 Um einen systematischen Überblick<br />
zu erlangen und im Bestreben, auf Leuchtmanns Anregung hin Sandbergers<br />
Beiträge auszuschöpfen, werden in der Folge hauptsächlich die Arbeiten dieser beiden<br />
Autoren herangezogen.<br />
Als Albrecht V. nach dem Tod seines Vaters Wilhelm IV. im Jahre 1550 die Nachfolge<br />
als Herzog von Bayern antrat, wurde ein Verzeichnis aller Personen im Hofstaat<br />
des verstorbenen Herzogs erstellt. Dieses Dokument enthält unter dem Titel „Cantorej<br />
vnd Instrumentisten“ die Namen von zehn Sängern, einem Zinkenisten, drei<br />
Posaunisten, einem „Geiger“, einem Organisten und unter der Rubrik „Trumeter“<br />
51 Sandberger: Beiträge, Bd. 1 und 3.<br />
52 Leuchtmann: Orlando di Lasso. Leben, S. 12.<br />
53 Wie S. 17, Anm. 7.<br />
54 Die Hofzahlamtsrechnungsbücher befinden sich heute im Staatsarchiv München.<br />
55 Sandberger: Beiträge, Bd. 3, S. III.<br />
56 Zu nennen sind: das Bayerische Hauptstaatsarchiv, München, Abteilung I: Allgemeines Staatsarchiv,<br />
Abteilung II: Geheimes Staatsarchiv, Abteilung III: Geheimes Hausarchiv, sowie das Stadtarchiv<br />
München. – Zu einer genauen Beschreibung der Quellensituation vgl. Leuchtmann: „Organisten“,<br />
S. 99f., und zu den heutigen Verhältnissen vgl. https://www.gda.bayern.de/hauptstaatsarchiv/<br />
sowie https://www.muenchen.de/rathaus/Stadtverwaltung/Direktorium/Stadtarchiv.html.
24 I. Instrumentalisten der Hofkapelle Albrechts V.<br />
die Namen von zehn Trompetern und einem Pauker. Außerdem werden 24 Sängerknaben<br />
erwähnt, welche der „Capelmaister“ zu verköstigen hatte (dessen Name,<br />
Wolfgang Finkel, fehlt, da er kurz zuvor gestorben war). 57 Diese Quelle ist deshalb<br />
bemerkenswert, weil damit erstmals in der Struktur des deutschen höfischen Musikwesens<br />
ein moderner Kantoreityp nachweisbar ist, den Martin Ruhnke „gemischte<br />
Kantorei“ 58 nennt. Dabei wurden „die in der Praxis zusammenwirkenden und bei<br />
der Aufführung der höfischen Musik aufeinander angewiesenen Sänger und Instrumentisten<br />
ohne Rücksicht auf jahrhundertealte gesellschaftliche Vorurteile auch<br />
organisatorisch zu einer Musiziergemeinschaft zusammengeschlossen.“ 59 Dieser<br />
fortschrittliche Kantoreityp war in München somit bereits in den letzten Jahren der<br />
Regierungszeit Wilhelms IV. gebildet worden und begegnet uns durch die gesamte<br />
Regierungszeit Albrechts V. 60 Alle Mitglieder dieser Einheit unterstanden dem Hofmeister.<br />
Unter Wilhelm IV. wurde die Münchner Hofkapelle zwar in „imaginärer<br />
Konkurrenz“ zur kaiserlichen Kapelle formiert, 61 deren Organisationsform jedoch<br />
nicht übernommen. An den habsburgischen Höfen bestand sie aus einer „kirchlichen<br />
Hofkapelle“, die alle Geistlichen, Sänger, Sängerknaben und Organisten umfasste, 62<br />
und aus einem dem Marstall unterstellten weltlichen Trompeter- und Instrumentalistenchor.<br />
63 Die gemischte Kantorei in München dagegen enthielt nur Sänger, Instrumentalisten<br />
wie Bläser und Streicher sowie Organisten und Lautenisten. Die Spieler<br />
von sogenannten „militärischen“ Instrumenten wie Trompeter, Pauker, Trommler<br />
57 München, Bayerisches Hauptstaatsarchiv, Fürstensachen 362I/, fol. 17–20 („Cantorej vnd Instrumentisten“)<br />
und fol. 40v–42 („Trumeter“); vgl. Brinzing: „Bemerkungen“, S. 25, und nicht ganz<br />
vollständig abgedruckt bei Sandberger: Beiträge, Bd. 1, S. 32f.<br />
58 Ruhnke: Beiträge, S. 274.<br />
59 Ebd.<br />
60 Zum Strukturwandel der Münchner Kantorei im 16. Jahrhundert vgl. des Weiteren Reimer: Die<br />
Hofmusik, S. 36–38, und Schwindt: „Zum Säkularisierungsprozess der bayerischen Hofkapelle<br />
unter Albrecht V.“, in: Birgit Lodes und Laurenz Lütteken (Hg.): Institutionalisierung als Prozess –<br />
Organisationsformen musikalischer Eliten im Europa des 15. und 16. Jahrhunderts, Laaber: Laaber, 2009<br />
(= Analecta Musicologica 43), S. 197–223.<br />
61 Vgl. dazu Laurenz Lütteken: „Abgrenzung versus Verflechtung. Die Münchner Hofkapelle des<br />
16. Jahrhunderts zwischen lokalem Profil und europäischer Perspektive“, in: Göllner (Hg.): Die<br />
Münchner Hofkapelle, S. 7–19.<br />
62 Vgl. Ruhnke: Beiträge, S. 271f.<br />
63 Vgl. dazu die Arbeit des Autors über die von den Habsburgern beschäftigten Multiinstrumentalisten<br />
und Trompeter im 16. Jahrhundert, Bernhard <strong>Rainer</strong>: „Habsburgische ‚Trompeter‘ als<br />
Multiinstrumentalisten in den Hofhaltungen der österreichischen Linie von Ferdinand I. bis<br />
Rudolf II.“, in: Klaus Aringer, Klaus Hubmann und Bernhard <strong>Rainer</strong> (Hg.): Musik in Österreich<br />
von 1564 bis 1740. Bericht über das Symposium 50 Jahre Institut 15: Alte Musik und Aufführungspraxis an<br />
der Kunstuniversität Graz (= Neue Beiträge zur Aufführungspraxis 9), Graz (im Druck).
Einleitung<br />
25<br />
und „Pfeiffer“, bildeten indessen weiterhin eine eigene, dem Hofmarschall unterstellte<br />
Gruppe. Deshalb werden sie in dieser Arbeit getrennt von den anderen Instrumentalisten<br />
behandelt. 64<br />
Im Folgenden wird unter dem Begriff der Kantorei Albrechts V. nur der organisatorische<br />
Zusammenschluss der Sänger inklusive der erwähnten Instrumentalisten<br />
verstanden, zu welchem unter dem Begriff Münchner Hofkapelle das Trompetenensemble<br />
und angeschlossene Instrumentalisten sowie Geistliche hinzukommen. Weitere<br />
Instrumentalisten, wie zum Beispiel die Münchner Stadtpfeifer 65 und durchziehende<br />
fahrende Musiker, die keine Fixanstellung am Hof hatten, aber gelegentliche<br />
Zahlungen vom Hof erhielten, werden in dieser Arbeit nur erwähnt, wenn sie nachweislich<br />
mit Hofmusikern interagierten oder durch sie Erkenntnisse zur instrumentalen<br />
Praxis zu gewinnen sind. Dasselbe gilt für Anstellung suchende Musiker, die<br />
abgewiesen wurden.<br />
Den Gepflogenheiten der Zeit entsprechend sind in der Hofkapelle Albrechts V.<br />
über die gesamte Regierungszeit nur Männer dokumentiert. Hinweise auf Musikerinnen,<br />
wie sie zum Beispiel im Rahmen von säkularen Musikaufführungen an italienischen<br />
Fürstenhöfen und in Städten im 16. Jahrhundert belegt sind, 66 finden sich in<br />
64 Als nach Albrechts Tod 1579 dessen Sohn Wilhelm V. die Regierung übernahm, wurde 1580<br />
ein Oberstallmeisterstab eingerichtet, dem von da an die Trompeter untergeordnet waren. Nur im<br />
Feld sollten sie weiterhin dem Hofmarschall gehorchen. Auch die Instrumentisten der Kantorei<br />
sollten an Wilhelm V. Hof dem Oberstallmeister unterstellt werden, was diese aber ablehnten. So<br />
findet sich zum Beispiel über fünf „Musici“ der Vermerk: „dise wollen nit unnder dem Obersten<br />
Stallmaister sein“. Bettina Wackernagel: Musikinstrumentenverzeichnis der bayerischen Hofkapelle von<br />
1655, Tutzing: Schneider, 2003, S. 136f.<br />
65 Die vier Münchner Stadtpfeifer und zwei Thürmer erhielten regelmäßig zum Neuen Jahr ein<br />
„Opfergeld“, wie alle Mitglieder der Hofkapelle. Das lässt auf einen kontinuierlichen Kontakt<br />
zu Albrechts Hofhaltung schließen. Regelmäßige Auftritte oder eine Mitwirkung bei höfischen<br />
Festen sind aber nicht nachgewiesen. Zu den Münchner Stadtmusikanten vgl. Roswitha von<br />
Bary: Herzogdienst und Bürgerfreiheit. Verfassung und Verwaltung der Stadt München im Mittelalter<br />
1158–1560, München: Hugendubel, 1997, S. 239–241.<br />
66 Vgl. im Besonderen Anthony Newcomb: The Madrigal at Ferrara 1579–1597, Princeton: Princeton<br />
University Press, 1980. – Ferner Warren Kirkendale: The court musicians in Florence during the<br />
principate of the Medici. With a reconstruction of the Artistic Establishment, Florenz: Olschki, 1993<br />
(= Historiae musicae cultores biblioteca 61). – Martha Feldman: City Culture and the Madrigal at Venice,<br />
Berkeley: University of California Press, 1995. – Susanne G. Cusick: Francesca Caccini at the<br />
Medici Court, Chicago: University of Chicago Press, 2008. – Laurie Stras: Women and Music in<br />
Sixteenth-Century Ferrara, Cambridge/New York: Cambridge University Press, 2018. – Pamela<br />
F. Starr: “The ‘Ferrara connection’: a case study of musical recruitment in the Renaissance”, in:<br />
Studi Musicali 18 (1989), S. 3–16. – Über Musikerinnen im deutschen Sprachraum der Zeit im<br />
Allgemeinen vgl. Linda Maria Koldau: Frauen – Musik – Kultur. Ein Handbuch zum deutschen Sprachgebiet<br />
der Frühen Neuzeit, Köln/Weimar/Wien: Böhlau, 2005.
26 I. Instrumentalisten der Hofkapelle Albrechts V.<br />
München nicht. Frauen musizierten an Albrechts Hof offensichtlich nur im privaten<br />
und damit schwer zu rekonstruierenden Bereich. 67<br />
67 Es gibt allerdings Hinweise, dass die Frau von Albrecht V., Anna von Österreich (1528–1590),<br />
und zumindest eine seiner Töchter, Maria Anna von Bayern (1551–1608), Cembalounterricht<br />
beim Hoforganisten Hans Schächinger d. J. erhielten. Vgl. Koldau: Frauen, S. 225f., sowie S. 228:<br />
„Erstaunlicherweise finden sich kaum weitere Hinweise auf eine Teilhabe der Fürstenfrauen am<br />
Musikleben eines so blühenden Kulturzentrums wie dem Münchner Hof.“