Gesundsitzen Ausgabe 2010/2011
Das Schweizer Magazin für Ergonomie, Gesundheit und Wohlbefinden. Ausgabe 2010/2011
Das Schweizer Magazin für Ergonomie, Gesundheit und Wohlbefinden. Ausgabe 2010/2011
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Ergonomie –<br />
auch bei SWISS<br />
ein zentrales Thema<br />
Langes Sitzen ist bei Flugreisen normal – ergonomisch betrachtet aber ungünstig.<br />
Die Passagiere empfinden das auch, indem es ihnen unbequem wird. SWISS überlegt<br />
sich deshalb, wie das Sitzen für ihre Gäste bequemer gemacht werden kann. Keine<br />
leichte Aufgabe angesichts der komplexen Rahmenbedingungen.<br />
Text: Christine Harte; Bilder: Swiss, zvg.<br />
Lifestyle<br />
62<br />
Wenn ein Reisender in ein Flugzeug<br />
steigt, dann hat er eine ganze Reihe von<br />
Erwartungen, Bedürfnissen und Ansprüchen.<br />
Eine Fluggesellschaft muss diese<br />
kennen und wissen, wie sie diese erfüllen<br />
kann. Sie setzt sich intensiv mit dem<br />
Flugpassagier auseinander, um zu erforschen,<br />
wie ihre Flugzeuge gestaltet sein<br />
müssen, damit sich ihre Kunden in jeder<br />
Hinsicht wohlfühlen.– Wenn eine Airline<br />
ein neues Flugzeug kauft, dann hat es<br />
noch keine Innenausstattung. Um diese<br />
kümmern sich bei SWISS-Mitarbeiter aus<br />
dem Bereich «Cabin Interior Development<br />
& Infotainment». «gesundsitzen» sprach<br />
mit den Kabinentwicklern Paul Estoppey<br />
und Alexa Luppi von SWISS. Sie befassen<br />
sich schon über 10 Jahre mit den besonderen<br />
Anforderungen, die das Innere eines<br />
Flugzeuges stellt: «Da gibt es eine ganze<br />
Reihe von Kriterien, und viele Rahmenbedingungen<br />
müssen berücksichtigt werden»,<br />
führt Paul Estoppey aus. «Erstens<br />
sind da die verschiedenen Klassen First,<br />
Business und Economy, die Frage, ob<br />
Kurz- oder Langstreckenflug und die<br />
Standardpositionen im Flugzeugsitz, also<br />
die Start- und Landeposition, die Loungeund<br />
die Liegeposition. Zweitens gehen<br />
wir auf die verschiedenen Reisetypen,<br />
den Ferien- und den Geschäftsreisenden,<br />
ein: Der Ferienreisende stellt weniger Anforderungen<br />
an die Innenausstattung der<br />
Kabine, er hat viel Gepäck, jedoch meist<br />
wenig Handgepäck, und der Flug wird als<br />
Teil des Ferienerlebnisses gesehen. Der<br />
Geschäftsreisende hingegen hat oft viel<br />
Handgepäck, hohe Komfort- und Serviceansprüche,<br />
möchte die Zeit an Bord so<br />
effizient wie möglich nutzen, also so wenig<br />
wie möglich gestört werden, und er<br />
erwartet zudem hinreichende Kommunikationsmöglichkeiten<br />
an Bord.» Das sind<br />
die psychologischen Anforderungen. Die<br />
physiologischen fallen aber ebenso stark<br />
ins Gewicht; denn wenn es um das physische<br />
Wohlbefinden der Passagiere geht,<br />
spielt die Ergonomie eine grosse Rolle.<br />
Und da der Fluggast die meiste Zeit seiner<br />
Reise in seinem Sitz verbringt, steht<br />
der Sitz im Zentrum der ergonomischen<br />
Überlegungen.<br />
Der Flugzeugsitz im MIttelpunkt<br />
Beim Design eines Flugzeugsitzes müssen<br />
die Kabinenentwickler zahlreiche<br />
Auflagen und Ansprüche unter einen Hut<br />
bringen. Alexa Luppi zählt auf, welche<br />
Hürden bei der Entwicklung noch besserer<br />
Sitze zu nehmen sind: «Zum einen<br />
kämpfen wir um jedes Gramm, befassen<br />
uns also damit, wie man das Gewicht der<br />
Einrichtungen nach unten treiben kann;<br />
denn weniger Gewicht bedeutet weniger<br />
Treibstoff – ein riesiger Kostenfaktor, und<br />
mit den steigenden Treibstoffpreisen erhöht<br />
sich auch der Kostendruck bei den<br />
Airlines. Zum andern will jede Fluggesellschaft<br />
die Sitze in einer effizienten Anordnung<br />
haben, um – bei gleich bleibendem<br />
oder gar gesteigertem Komfort –<br />
Platz für mehr Reihen zu gewinnen. Wir<br />
tüfteln also an Fragen herum wie ‹Was<br />
kann man bei einem Sitz weglassen, welche<br />
leichteren Materialien kann man einsetzen,<br />
wie kann man die Sitze anders<br />
konstruieren, so dass das Gewicht runter<br />
geht?›» Alexa Luppi führt weiter aus,<br />
dass sie bei allen Neueinführungen sowohl<br />
den hohen Sicherheitsauflagen der<br />
Aufsichtsbehören (EASA Europäische<br />
Agentur für Flugsicherheit für Europa,<br />
FAA für die USA) genügen, als auch den<br />
Bedenken der Techniker Rechnung tragen<br />
müssen, was die Wartbarkeit der<br />
Sitze im Dauereinsatz angeht. Und bei all<br />
dem haben die Entwickler stets eines vor<br />
Augen: alles dafür zu tun, dass die Passagiere<br />
selbst nirgends den Eindruck gewinnen,<br />
ihre Bewegungsfreiheit oder ihr<br />
Sitzkomfort nehme ab. Ganz im Gegenteil:<br />
Ihr Gefühl, mehr Bewegungsfreiheit<br />
zu haben und sich während des Flugs<br />
sehr individuell einrichten zu können,<br />
soll sogar noch zunehmen. Da ist auch<br />
eine Steuerung gefragt, mit der der Sitz<br />
einerseits in für jeden Körper passende<br />
Positionen gebracht werden kann und<br />
anderseits auch noch einfach in der Bedienung<br />
ist. Im Übrigen spielt auch das<br />
Bordunterhaltungs-Programm für das<br />
Wohlbefinden eine wichtige Rolle, denn<br />
gute Unterhaltung macht die Reise kurzweilig.<br />
und das lange Verharren im Sitz<br />
geht vergessen.<br />
Ergonomie-Spezialisten im<br />
Hintergrund<br />
Schon 2006 berichtete «gesundsitzen»<br />
im Artikel «Sitzen wie auf Wolken – dank<br />
neuer Technologie aus Langenthal» vom