vsao Journal Nr. 5 - Oktober 2022
Form - Rechnen, fliegen, gestalten Politik - Gesperrte Betten – Handeln tut not Diabetes - Neue Therapieformen Vitamine/Mineralstoffe - Ernährung bei Diabetes mellitus
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Vitamine/Mineralstoffe - Ernährung bei Diabetes mellitus
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Perspektiven<br />
Ähnlich wie bei den Kohlenhydraten sprechen<br />
Studien, die die HKL-Risiken untersucht<br />
haben, jedoch dafür, die Zufuhr zwischen<br />
20 und 35 Energieprozent zu halten.<br />
Eine zu starke Einschränkung der Fettzufuhr<br />
geht meist mit einer Erhöhung der<br />
Kohlenhydrateinnahme einher, was sich<br />
wiederum negativ auf die Blutfette auswirken<br />
kann [31, 32]. Die ungenügende<br />
Evidenzlage erlaubt es auch nicht, Diabetespatienten<br />
eine Empfehlung für gesättigte<br />
Fette abzugeben. Aber auch hier<br />
spricht einiges dafür, den Anteil an gesättigten<br />
Fetten zugunsten ungesättigter auf<br />
10 Energieprozent oder weniger zu reduzieren<br />
[31]. Diese Beschränkung macht<br />
mehr Sinn, wenn das Fett von Fleisch und<br />
Fleischprodukten stammt, weniger, wenn<br />
es von Milchprodukten (v. a. Joghurt)<br />
stammt [32, 33]. Eine Metaanalyse von<br />
RCTs zeigte bei einer Allgemeinbevölke -<br />
rung eine Reduktion des HKL-Risikos von<br />
17 %, wenn die Zufuhr von gesättigten Fetten<br />
von ca. 17 auf 9 Energieprozent verringert<br />
wurde [32]. Entscheidend für den Effekt<br />
einer Reduktion von gesättigten Fetten<br />
ist, womit deren Energie ersetzt wird.<br />
Der stärkste positive Effekt kann erwartet<br />
werden, wenn gesättigte Fette durch einoder<br />
mehrfach ungesättigte Fette ersetzt<br />
werden [34 – 36].<br />
Bei Diabetes-Patienten kann neben<br />
einem verringerten HKL-Risiko auch eine<br />
verbesserte Blutzucker-Kontrolle / Insulinsensitivität<br />
erwartet werden, wenn der<br />
Anteil an ein- und mehrfach ungesättigter<br />
Fettsäuren in der Ernährung zunimmt [36,<br />
37]. Der Typ der ungesättigten Fettsäuren,<br />
die mit der Nahrung aufgenommen werden,<br />
spielt dabei eine untergeordnete Rolle<br />
[33]. Dies sollte jedoch über eine ausgewogene<br />
Ernährung geschehen und nicht<br />
durch Supplemente. Das Supplementieren<br />
mit ungesättigten Fettsäuren pflanzlichen<br />
oder tierischen Ursprungs brachte keine<br />
Vorteile bezüglich Diabetesprävention<br />
oder -therapie und Glukoseparametern,<br />
wie eine RCT-Metaanalyse gezeigt hat.<br />
Fisch öl in hoher Dosierung (> 4.4 g / Tag)<br />
verschlechterte gar den Glukosestoffwechsel<br />
[38]. Auch fehlen Hinweise für<br />
Vorteile bezüglich HKL-Prävention bei<br />
Diabetespatienten durch Fischöl-Supplemente<br />
gegenüber Olivenöl [39, 40]. Wann<br />
und wie der Einsatz von Nahrungsfett im<br />
Management von Diabetes Sinn macht, ist<br />
in Tabelle 3 zusammengestellt.<br />
Eiweisse<br />
Proteine sind vielleicht die zurzeit am<br />
kontroversesten diskutierten Stoffgruppe.<br />
Das mag daran liegen, dass Eiweisse vor<br />
allem kurz- und mittelfristig Vorteile beim<br />
Diabetes- und Adipositasmanagement<br />
bieten, anderseits Organe belasten und<br />
das Erkrankungs- und Sterberisiko erhöhen<br />
könnten. Dies gilt in erster Linie für<br />
eine hohe Zufuhr über Fleisch und Fleischprodukte<br />
[41, 42]. Da auch hier aufgrund<br />
fehlender Evidenz für die optimale Proteinzufuhr<br />
für Diabetespatienten keine<br />
allgemeinen Richtlinien existieren, muss<br />
eine individuelle Herangehensweise gewählt<br />
werden. Für Diabetes-Patienten ohne<br />
Nephro pathie kann eine Zufuhr von<br />
1 – 1.5 g Eiweiss pro Kilo Körpergewicht<br />
(g / kg / d) Sinn machen. Damit decken Eiweisse<br />
ca. 15 – 20 % des Energiebedarfs.<br />
Generell geht der Trend hin zu höheren<br />
Zufuhr-Empfehlungen (1.2 – 1.6 g / kg / d)<br />
mit dem Argument, dies beeinflusse Körperfettanteil<br />
und -verteilung, die glykämische<br />
Kontrolle, postprandiale Thermogenese<br />
und Energiebereitstellung positiv<br />
[43]. Selbst bei diabetischer Nephropathie<br />
wird eine Reduktion unter 0.8 g / kg / d<br />
nicht empfohlen [31, 44, 45]. Allein aufgrund<br />
ihres Alters haben viele Diabetespatienten<br />
ein höheres Risiko für Protein-<br />
Mangelernährung, Sarkopenie und Frailty<br />
(Gebrechlichkeit), welches durch eine zu<br />
starke Eiweisseinschränkung verschärft<br />
wird [46]. Zudem hat eine Reduktion der<br />
Zufuhr unter 0.8 g /kg / d keine Vorteile bezüglich<br />
Glukoseparameter, HKL-Risiko<br />
und Verlauf der glomerulären Filtrationsrate<br />
[31, 44]. Das Beschränken auf diese<br />
Menge konnte bei Diabetespatienten mit<br />
Nephro pathie indes eine vorzeitige termi-<br />
Tabelle 3. Vor- und Nachteile von Fetten in der Ernährung bei Diabetes mellitus.<br />
Vorteile<br />
+ Lange Magenverweildauer. Verbessert dadurch Sättigungseigenschaften<br />
und verzögert die Glukose- und Insulinantwort<br />
im Blut von stärkereichen Mahlzeiten.<br />
+ Alleine genossen, lässt Fett den Insulinspiegel praktisch<br />
unbeeinflusst.<br />
+ Viele fettreiche Produkte wie Milchprodukte oder Nüsse sind<br />
auch gute Eiweissquellen.<br />
+ V.a. ungesättigte Fette haben einen geringeren Einfluss auf<br />
Blutfett- und -zuckerwerte als Kohlenhydrate.<br />
+ Gewisse pflanzliche Öle wie Olivenöl enthalten Stoffe, die<br />
sättigen, die postprandiale Fettoxidation und die Thermogenese<br />
fördern.<br />
Nachteile<br />
– Hohe Kaloriendichte, geringes Volumen, keine Nahrungsfasern,<br />
niedriger Wasseranteil in fettreichen Lebensmitteln.<br />
Sehr fette Speisen sättigen deshalb im Verhältnis zu den<br />
enthaltenen Kalorien nur mässig.<br />
– Fette kommen oft versteckt vor. Vor allem minderwertige<br />
Fette sind billig und häufig in verarbeiteten Produkten wie<br />
Frittiertem und Paniertem zu finden.<br />
– Der Körper kann Fette komplett verwerten und gut speichern.<br />
Geringste Thermogenese unter den Makronährstoffen.<br />
Quintessenz Fette<br />
• Einschränkung bei der Zufuhr: Fettqualität ist wichtiger als Fettmenge.<br />
• Ersatz von gesättigten durch ein- oder mehrfach ungesättigte Fettsäuren bringt Vorteile bei Blutzuckerkontrolle und HKL-Risiko.<br />
• Bei gesättigten Fetten tierischen Ursprungs macht es mehr Sinn, bei Fetten aus Fleisch(-produkten) zu reduzieren als bei Fetten<br />
aus Milchprodukten.<br />
• Transfettsäuren kommen in verarbeiteten Produkten per Gesetz nur noch in geringen Mengen vor (< 2 g / 100 g Fett).<br />
Sie können aber beim Zubereiten entstehen.<br />
• Für das Meiden von Omega-6 Fettsäure-Quellen zugunsten von Omega-3 fehlt die Evidenz.<br />
• Omega-3-Fettsäure-Supplemente tierischen oder pflanzlichen Ursprungs bringen keine Vorteile.<br />
<strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong> 5/22 41