material+technik_Ausgabe 06.2022
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Fokus<br />
Branche aber, wie so manchem<br />
Vortrag zu entnehmen war, vor<br />
große Herausforderungen stellt.<br />
Allein zehn der insgesamt 21<br />
Vorträge befassten sich mit digitaldruckrelevanten<br />
Themen.<br />
Oberflächenmarkt schrumpft<br />
Mit Spannung erwarten die Konferenzteilnehmer<br />
Jahr für Jahr die<br />
Analysen und Prognosen der Strategie-<br />
und Unternehmensberatung<br />
Afra. Allerdings hatte Michael<br />
Riffel (Afry) den Konferenzteilnehmern<br />
nicht nur positive Daten<br />
mitgebracht. Während die Ergebnisse<br />
der vergangenen Jahre<br />
erfreulich ausgefallen waren,<br />
sehen die Prognosen der Beratung<br />
bis zum Jahr 2025 nicht so rosig<br />
aus. Bei Spanplatte und MDF<br />
konnte Afry zwar 2021, unter<br />
anderem aufgrund der gestiegenen<br />
Möbelnachfrage in West- und<br />
Osteuropa (exkl. Russland und<br />
Belarus) ein deutliches Mengenwachstum<br />
gegenüber 2019 feststellen,<br />
rechnet bis 2025 jedoch mit<br />
einem Mengenrückgang in Höhe<br />
von ungefähr 1,8 Mio. m 3. Laut<br />
Riffel entspricht dies einem<br />
Schrumpfen der Bedarfsmenge an<br />
Oberflächenmaterial in Höhe von<br />
100 bis 120 Mio. m 2 (bei einseitiger<br />
Beschichtung). Bis 2025 werde der<br />
Markt für Oberflächenmaterialien<br />
bei einem jährlichen Rückgang von<br />
0,5 Prozent auf 6 Mrd. m 2 zurückgehen<br />
und damit das Level von<br />
2019 erreichen, so Riffel. Der<br />
Rückgang auf dem europäischen<br />
Markt wird laut Referent durch ein<br />
weltweites jährliches Wachstum<br />
der Oberflächenmaterialnachfrage<br />
ausgeglichen, das Riffel auf 0,9<br />
Prozent bezifferte. Afry rechnet mit<br />
steigender Nachfrage aus dem<br />
asiatischen bzw. asiatisch-pazifischen<br />
Raum. Nach 23,5 Mrd. m 2<br />
Oberflächenmaterial im Jahr 2021<br />
soll die Menge global auf 24,4 Mrd.<br />
m 2 im Jahr 2025 wachsen.<br />
Naci Güngör (Alim Group) macht in<br />
seinem Vortrag auf die wachsende<br />
Rolle der türkischen Möbelindustrie<br />
als Produzent und Exporteur<br />
aufmerksam. So belief sich 2021<br />
die Möbelproduktion auf 6,8 Mrd.<br />
US-Dollar, davon wurden 4,78 Mrd.<br />
US-Dollar im Export erwirtschaftet.<br />
Dank kräftiger Investitionen der<br />
türkischen Holzwerkstoffhersteller<br />
stehe dieser Industriezweig angesichts<br />
einer Produktionsmenge von<br />
6 Mrd. m 3 mengenmäßig inzwischen<br />
an zweiter Stelle nach China.<br />
Zusammen mit der Fußboden- und<br />
OSB-Produktion beläuft sich die<br />
Produktion laut Referent sogar auf<br />
11,16 Mrd. m 3 . Den Inlandsverbrauch<br />
bezifferte er auf rund 8,4<br />
Mrd. m 3 .<br />
Als ähnlich erfolgreich bezeichnete<br />
Güngör die Entwicklung der türkischen<br />
Kantenbandindustrie. Mit<br />
einem Verbrauch von über 1 Mrd.<br />
Laufmetern belege die Türkei<br />
weltweit den sechsten Platz nach<br />
Deutschland.<br />
Kommende Farbtrends<br />
Clarissa Blüm (Renolit) stellte die<br />
„Colour Road 22/23“ vor und<br />
damit die kommenden Trends bei<br />
Farben und Materialien im Einrichtungsbereich.<br />
Dieses Mal stehen<br />
die Erkenntnisse unter dem Titel<br />
„Travelling into new dimensions“<br />
und umfassen Trendfarben, die<br />
von den Farbwelten der Tiefsee<br />
(„Deep Ocean Level“), den unmittelbaren<br />
Sinneseindrücken auf der<br />
Clarissa Blüm:<br />
„Unsere Colour Road<br />
stellt die kommenden<br />
Farbtrends vor.“<br />
Clarissa Blüm: “Our<br />
Colour Road presents<br />
the coming colour<br />
trends“.<br />
Michael Riffel: „Die<br />
Bedarfsmenge an<br />
Oberflächenmaterial<br />
schrumpft“<br />
Michael Riffel: “The<br />
demand for surface<br />
material is shrinking”.<br />
Photos: Barth, Fischer<br />
Erde („Ground Level“) und den<br />
Bildern des Weltalls und der Raumfahrt<br />
(„Cosmos Level“) inspiriert<br />
sind. Wie Blüm ausführte, sind in<br />
der ersten Farbwelt die beiden<br />
Blautöne „Sea Pioneer“ und<br />
„Atlantic“ die entscheidenden<br />
Trendfarben. In der Farbwelt<br />
„Ground Level“ spielen gedecktes<br />
Grün mit einem deutlichen Anteil<br />
von Grau und Gelb („Lichen<br />
Green“), der Gelbton „Pilgrim<br />
Shell“ sowie der Rotton „Artist“<br />
die Hauptrolle und setzen kräftige<br />
Akzente. Als kühlendes Pendant<br />
sieht Renolit „Sphere“, einen<br />
Blauton mit einer Tendenz zu<br />
Violett. Für die Farbwelt des<br />
„Comos Level“ nannte Blüm den<br />
kräftigen Orangeton „Mars“ sowie<br />
den gedeckten Rostton „Crypto“.<br />
Der Grauton „Mineral Grey“ bilde<br />
hier den Ausgleich für Akzentfarben<br />
wie den Türkiston<br />
„Caldera“.<br />
Potenziale des Digitaldrucks<br />
In seinem Vortrag ging Mike<br />
Horsten (Agfa) auf die wirtschaftlichen<br />
Aspekte des Digitaldrucks<br />
ein und befasste sich mit der Frage,<br />
ob Digitaldruck überhaupt profitabel<br />
sein könne oder diese Technologie<br />
wieder vom Markt<br />
verschwinde. Wie der Vortragende<br />
hervorhob, habe der Digitaldruck<br />
bei dekorativen Oberflächen<br />
bislang lediglich einen Marktanteil<br />
von weniger als 5 Prozent erreichen<br />
können, obwohl dessen Vorteile<br />
gegenüber dem analogen Druck<br />
groß seien. Als eine der neuesten<br />
Anlagen stellte der Vortragende<br />
den bereits verfügbaren „InterioJet“<br />
von Agfa vor, der mit<br />
wasserbasierten Tinten auf Dekorpapier<br />
druckt. Bei einem Kostenvergleich<br />
mit Dekortiefdruck könne<br />
mit dieser Anlage ein Break-Even-<br />
Punkt bei 130.000 m 2 digital<br />
bedrucktem Dekorpapier ermittelt<br />
werden, was etwa 9 bis 9,5 Tonnen<br />
Papier entspreche. Für die<br />
Weiterverarbeitung hat Agfa laut<br />
Angaben des Referenten Tinten<br />
mit speziellen Pigmenten eigens<br />
für die Einrichtungsindustrie entwickelt.<br />
.Außerdem biete Agfa einen<br />
speziellen Primer, mit dem sich ein<br />
Ausbluten der Tinte verhindern<br />
lasse.<br />
Jasmine Geerinckx (Unilin Technologies)<br />
erläuterte, wie<br />
Anwender mit Inkjet-Technologie<br />
direkt auf Plattenmaterialien<br />
drucken können. Als Vorteile der<br />
Technologie nannte sie die höhere<br />
Designfreiheit, den größeren<br />
Farbraum, die Realisierung von<br />
Designs ohne Musterwiederholung<br />
sowie die Möglichkeit,<br />
Freiformplatten ohne Zwischenschritte<br />
dekorativ zu gestalten.<br />
Logos und informative Hinweise<br />
könnten ebenfalls direkt auf das<br />
Material aufgedruckt werden.<br />
Weitere Gestaltungsmöglichkeiten<br />
sieht Geerincks im<br />
Aufbringen von haptischen Strukturen<br />
als Positiv- oder Negativporen.<br />
Sie betonte, dass beim<br />
Digitaldruck alle am Prozess beteiligten<br />
Elemente perfekt zusammenarbeiten<br />
müssten, um das<br />
gewünschte Qualitätsprodukt zu<br />
erzielen. Mit seiner langjährigen<br />
Erfahrung könne Unilin Technologies<br />
Anwendern ein umfassendes<br />
und erprobtes Paket<br />
bieten, das den Einstieg in diese<br />
Technolgie erleichtere, so die<br />
Referentin.<br />
Praxiserfahrungen<br />
Der Dekordrucker Interprint<br />
befasst sich laut Angaben von<br />
Robert Bierfreund (Interprint)<br />
bereits seit 2010 mit Digitaldruck<br />
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