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Gemeindebrief Oktober 2022

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Ölbergblick

Sonderausgabe

über zwei Großereignisse

in unserer Gemeinde

Aus dem Inhalt:

Festpredigt

Oberkirchenrat

Dr. Matthias Kreplin

Bilder Slackliner

Bilder Theater

Gemeindebrief

Evangelische

Kirchengemeinde

Oberöwisheim

Oktober 2022

Foto: Klaus Hiller


2 Gemeindebrief 2/2022 Gemeindeinfo

Wochenprogramm – Gemeindeinfo – Impressum

Wochenprogramm

Dienstag 19.30 Uhr

Posaunenchorprobe

Mittwoch 17.00 Uhr

Konfirmandenunterricht

Donnerstag 10.00 Uhr

Krabbelgruppe „Die kleinen Freunde“

20.00 Uhr

Kirchenchorprobe

Sonntag 10.00 Uhr

Gottesdienst

10.00 – 10.30 Uhr (14-tägig)

Kindergottesdienst

Öffnungszeiten der Ölberg-Bücherei:

Dienstag 16.30 bis 18.00 Uhr

und jeden Sonntag nach

dem Gottesdienst (ca. 1 Stunde)

Gemeindeinfo

Evangelische Arbeitnehmerschaft

Ortskern Oberöwisheim

Ein Gruß von der ean Gruppe

Oberöwisheim

Den Kenianachmittag planen wir optimistisch

für den 20. November um 14:30

Uhr im Gemeindehaus.

Die Kleidersammlung für Bethel wird

vermutlich vom 16. bis zum 22. November

in Oberöwisheim durchgeführt.

Weitere Informationen werden folgen.

Wir danken für eure Unterstützung und

wünschen euch Gottes Segen in dieser

herausfordernden Zeit.

Impressum

Gemeindebrief Ausgabe Nr. 120 · Heft 2/2022

Der Gemeindebrief erscheint dreimal jährlich und wird

kostenlos an alle evangelischen Haushalte in Neuenbürg

und Oberöwisheim verteilt.

Herausgeber

Evangelische Kirchengemeinde

Oberöwisheim

Redaktion

Pfarrer Klaus Vogel (verantwortlich)

Inge Zimmermann, Werner Zimmermann

Anschrift

Bachstraße 27, 76703 Kraichtal-Oberöwisheim

Telefon: 07251/6506

ev.pfarramt-ooe@gmx.net

www.evkirche-ooe.de

Spendenkonto

Evangelische Kirchengemeinde Oberöwisheim

Volksbank Bruchsal-Bretten eG

DE11 6639 1200 0005 0205 22

Layout und Satz

Werner Zimmermann

Druck

Thema-Druck, 76703 Kraichtal-Oberöwisheim

Auflage

700 Exemplare

Öffnungszeiten

Pfarramtsbüro

Montag und Donnerstag,

jeweils von 9.30 Uhr bis 11.30 Uhr

Ölberg-Bücherei

Dienstag 16.30 Uhr bis 18.00 Uhr und jeden

Sonntag nach dem Gottesdienst (ca. 1 Stunde)


Gemeindebrief 2/2022 Meditation 3

Liebe Leserin, lieber Leser,

diese Zeilen schreibe ich

wenige Tage vor Erntedank.

Gemischte Gefühle

habe ich in mir. Da ist im

Moment – irgendwie passend

zum bevorstehenden

Erntedankfest – besonders

dominant der Dank. Dank

für zwei überaus schöne

Höhepunkte in unserem Gemeindeleben. Höhepunkte,

die jahrelang geplant, die zweimal

verschoben, die (jedenfalls der eine Höhepunkt

am 18. September) immer wieder auf allen Seiten

Bedenkenträgerinnen und Bedenkenträger

auf den Plan gerufen haben.

Es waren Veranstaltungen, die denjenigen, die

dabei waren sicher noch lange in Erinnerung

bleiben werden. Es waren Höhepunkte, die

her ausfordernd waren, die mich zu Dingen

herausgefordert haben, die ich nie gelernt und

noch nie praktiziert habe. In manchen Zeiten

und Tätigkeiten fühlte ich mich mehr als Eventmanager,

denn als Pfarrer. Oft bin ich auch viel

zu früh aufgewacht und die Gedanken kreisten

um tausend Dinge und alle hatten sie mit unserem

großen Event zu tun – schließlich hatte

es so etwas in unserem schönen Oberöwisheim

ja noch nie gegeben.

Aber es hat sich nicht nur gelohnt, es war auch

richtig und gut so. Wer ein solches Gebäude,

wie wir unseren Kirchturm, besitzt und der wird

stolze 600 Jahre alt, kann ja eigentlich nicht

anders, als dies zu feiern – und gleichzeitig

sehr dankbar zu sein. Dankbar bin ich dafür,

dass wir keinen Cent Kirchensteuer für unser

Event ausgegeben haben. Auch hier gab es

Kritik („Dafür hat die Kirche Geld ...“). Alles hat

sich durch Spenden finanziert und am Ende

haben wir noch Geld eingenommen. Dankbar

bin ich den unzähligen Helferinnen und

Helfern, die wie selbstverständlich angepackt

und beigetragen haben. Dankbar bin ich auch,

dass insbesondere am 18. September nichts

passiert ist, dass keinerlei Einsatzfahrzeuge

in unseren Ort kommen mussten, dass alles

prima verlief – einschließlich dem Wetter, das

pünktlich ab 08:30 Uhr zwar kühl – aber trocken

war – und nicht zu windig ... bis ganz

zum Schluss. Einen Nachmittag lang haben wir

oft nach oben geschaut und Friedi Kühne den

wundervollen Menschen und Extremsportler

auf seiner Slackline (eigentlich Highline) bewundert

... „Zwischen Himmel und Erde“.

Sechs Tage später, am 24. September war

gleich das nächs te Megaevent: „Zwischen

Himmel und Hölle“ hat es die vielen, vielen

Zuschauer geführt – mitten hinein in ein Tötungsdelikt,

das sich 1653 in Oberöwisheim

abgespielt – und den katholischen Pfarrer Peter

Krane damals das Leben gekostet hat ...

Ursache: Eine Kugel abgefeuert vom Gewehr

des evangelischen Ortspfarrers Christoph

Saprosius. Alessa Däschner und Walter Zimmermann

haben dieses großartige Theaterstück

für Oberöwisheim selbst geschrieben

und den Anwesenden geschenkt.

Wir haben uns entschieden, diese Ausgabe

des Gemeindebriefes weitgehend den Impressionen

der beiden nahe zurückliegenden

Großereignisse zu widmen.

Erntedank 2022 kann allerdings kaum sein –

ohne den sorgenvollen Blick auf den Krieg in

der Ukraine, der seit dem 24. Februar tobt. Ein


4 Gemeindebrief 2/2022 Meditation

völlig irres Unternehmen, das Putin da gestartet

hat und das sich für weite Teile der Menschheit

sehr schmerzhaft und besorgniserregend

auswirkt. Alles ist teurer geworden, die Energie

sogar extrem. Gleichzeitig verkleinert eine gewaltige

Inflation die finanziellen Möglichkeiten

vieler Menschen. Kein Ende des Dilemmas

scheint in Sicht. Dagegen ist der kommende

Winter deutlich in Sicht. Selbst wenn er mild

werden wird, wird es eine lange und schwierige

Strecke durch ihn hindurch. Eine Strecke, die

wir nicht allein gehen brauchen bzw. sollen.

Gehen wir sie miteinander in Solidarität miteinander,

mit den Schwachen und Armen. Wie

sagte der Kanzler vor einigen Wochen... „You’ll

Never Walk Alone“ – Du wirst niemals alleine

gehen (müssen) ... – Für Christen gilt das in

doppelter Hinsicht, denn auch von Gott her gilt

für uns: „You’ll Never Walk Alone“.

Darum: bleiben Sie behütet und begleitet, geliebt

und gesegnet von unserem einzigartigen

und wundervollen Gott.

Ihr Pfarrer Klaus Vogel

600 Jahre Kirchturm Oberöwisheim

Diese beiden Veranstaltungen waren die Höhepunkte

des Jubiläumsjahres

Zwischen Himmel und Erde

Von Turm zu Turm

Vom ev. zum kath. Kirchturm

Zwischen Himmel

und Hölle

Tragödie zwischen zwei Pfarrern, nach einer

Überlieferung von 1653. Aufgeführt von

Oberöwisheimer Laienschauspielerinnen

und Schauspielern, beider Konfessionen.

Am 1 8. September 2022

präsentiert die Evangelische

Kirchengemeinde Oberöwisheim

den Slackliner Friedi Kühne

Ganztägiges Event mit Bewirtung

Mehr Infos unter www.evkirche-ooe.de

Sa. 24. September 2022

17:00 Uhr

Rund um die Evangelische Mauritiuskirche

Oberöwisheim

„Um Gottes Willen, was

für eine Katastrophe ! “


Gemeindebrief 2/2022 Impuls 5

Ökumenischer Gottesdienst auf dem Schulhof

Festpredigt von Oberkirchenrat Dr. Matthias Kreplin

Liebe Festgemeinde in Owwareuse,

für alle, die hier im Ort wohnen, gehören die

beiden Kirchtürme der evangelischen und katholischen

Kirche zum selbstverständlichen

Ortsbild. Man nimmt sie im täglichen Leben

wahr, und zugleich nimmt man sie doch nicht

wirklich wahr. Sie gehören so selbstverständlich

zum Ortsbild dazu, dass man sich gar

keine Gedanken mehr über sie macht. Heute

an diesem Tag, wo wir den 600. Jahrestag

der Erbauung des Kirchturms an der Evangelischen

Kirche feiern, will ich mit Ihnen über

die Botschaft dieser Kirchtürme nachdenken.

Als erstes fällt bei beiden Kirchtürmen ihre

Höhe auf. Sie überragen die anderen Bauwerke

im Dorf. Und sie laufen nach oben spitz

zu. Sie sind wie ein Finger, wie ein Pfeil, der

zum Himmel weist. Diese Ausrichtung nach

oben lässt sich von verschiedenen Blickwinkeln

wahrnehmen. Wenn man unmittelbar vor

einem der beiden Kirchtürme steht, dann muss

man den Kopf weit in den Nacken legen, um

hinaufzublicken. Und selbst, wenn man von

den Hügeln ringsum auf das Dorf blickt, dann

kann man diese Pfeilrichtung nach oben noch

wahrnehmen. Kirchtürme weisen uns an den

Himmel.

Der Himmel, der sich über das Land wölbt, ist

schon immer ein Symbol für Gott: der Himmlische,

das Himmelreich – so sprechen wir

manchmal, wenn wir von Gott reden. Wir wissen:

Gott wohnt nicht einfach über den Wolken,

da sitzt kein alter Mann mit weißem Bart auf

eine Wolke, umschwirrt von Engeln. Aber der

Himmel mit seiner Weite, mit seiner nicht zu

greifenden Unendlichkeit ist Symbol für Gottes

Weite und Unendlichkeit. Nicht zufällig träumt

Oberkirchenrat Dr. Matthias Kreplin

Foto: Klaus Hiller

Jakob – wie wir eben in der Lesung gehört

haben – von einer Leiter, die in den Himmel

führt und an der Engel auf und absteigen. Der

Himmel als Symbol für Gott und die Leiter als

Symbol dafür, dass eine Verbindung zwischen

Gott und Mensch herrscht. Unsere Kirchtürme

sind keine Leiter in den Himmel, aber sie sind

Hinweispfeile, die uns sagen: Richte dich aus

auf Gott, richte dich aus auf den Ewigen, dem

du dein Leben verdankst, der dir mit Güte und

Treue begegnet, der dein Leben segnet und der

dich behütet wie der Himmel an einem sonnigen

Tag das Land überwölbt. Kirchtürme sagen

uns: Das Leben hat nicht nur eine horizontale

Dimension, die Menschen, mit denen wir

zu tun haben, unsere Arbeit, die Geschäftigkeit

der Tage, die Ziele, die wir erreichen wollen,

auch unsere Ängste und Befürchtungen – es

gibt auch eine vertikale Dimension. Das illus-


6 Gemeindebrief 2/2022 Impuls

Foto: Klaus Hiller

Foto: Klaus Hiller

Bürgermeister Tobias Borho wirkte beim

Gottesdienst mit

triert auch das Kreuz oben auf dem Turm, in

der ja auch Horizontale und Vertikale zusammenkommen.

Unser Leben empfängt seine

Ganzheit, seinen Grund, seinen Sinn und sein

Ziel erst wirklich und ganz von dieser Ausrichtung

auf Gott hin. Deshalb sind Kirchtürme, die

uns auf den Himmel verweisen, immer eine

steinerne Botschaft, die uns gerade auch im

Alltag sagen: Vergiss in deinem Leben nicht

diese Ausrichtung auf Gott hin. Erst mit ihr wird

das Leben ganz und rund und erst in ihr findest

du Halt und Grund für dein Leben.

Frauke Majer und Martina Bauschert-Bühn waren

im Gottesdienst mit eingebunden

Und so können wir uns ja, liebe Schwestern

und Brüder, immer wenn wir durchs Dorf gehen

und unser Blick auf einen der Kirchtürme fällt,

oder wenn wir von den Hügeln ums Dorf herum

auf die beiden Kirchtürme blicken, uns daran

einen Augenblick erinnern lassen: Dass über

unserem Leben und über dieser ganzen Welt

Gottes Güte ausgespannt ist wie der Himmel

über der Erde. Und vielleicht ist diese Erinnerung

auch Anlass, immer mal wieder innezuhalten

und ein kurzes Gebet zu sprechen. Gott zu

danken für das Gute, das wir erfahren haben.

Und ihn um seinen Segen zu bitten, für diese

Welt, für die Menschen, die uns lieb sind, für

uns selbst. So laden uns die Kirchtürme ein

zu einem kleinen Gottesdienst im Alltag. Sie

sind stumme, zu Stein gewordene Botschaft.

Manchmal aber nicht nur stumm. Wenn morgens,

mittags oder abends die Glocken läuten,

dann ist das nicht nur eine Zeitansage, dann ist

das nicht nur eine alte Tradition, die die Menschen

am Morgen zur Arbeit und am Abend

von der Arbeit auf den Feldern oder im Wald

nach Hause gerufen hat. Wenn die Glocken

läuten, dann ist das eine Aufforderung, einen

Augenblick innezuhalten und uns daran zu erinnern,

dass unser Leben von Gott her kommt

und wir letztlich von seiner Güte leben. Und

so ist das Glockengeläut eine Einladung, den

Alltag kurz zu unterbrechen und ein Gebet zu

sprechen und uns so auf Gott hin auszurichten.


Gemeindebrief 2/2022 Impuls 7

Im Glockengeläut wird die stumme, zu Stein

gewordene Botschaft der Kirchtürme nun auch

zu einer hörbaren Botschaft.

Als vor 600 Jahren der Kirchturm der evangelischen

Kirche gebaut wurde, waren die Zeiten

unruhig und es drohten immer wieder Überfälle

rivalisierender Adliger und ihrer Soldaten. Und

so baute man einen Kirchturm nicht nur als

Turm für ein Gotteshaus um Menschen in ihrer

Ausrichtung auf Gott zu bestärken, also zur

Ehre Gottes, sondern zugleich als Wachturm,

um herannahende Gefahr frühzeitig zu entdecken,

und wohl auch – zusammen mit dem damals

ummauerten Kirchhof – als Zufluchtsort.

Die dicken Mauern der quadratischen Untergeschosse

zeugen noch heute davon. Schon hier

wird deutlich: Ein Kirchturm dient einerseits

Gott zur Ehre, aber er dient auch dem Wohl der

Menschen. Gott zur Ehre und den Menschen

zum Wohl. Auf Gott ausgerichtet sein und den

Menschen dienen – das ist nicht nur die Aufgabe

eines Kirchturms. Das ist die Bestimmung

der Kirche schlechthin und auch die Berufung

von uns allen: Auf Gott ausgerichtet sein und

unseren Mitmenschen dienen, das macht unser

Leben ganz und sinnvoll.

Der Kirchturm weist also nicht nur nach oben,

er verweist uns auch auf unsere Mitmenschen

und auf das Miteinander. Und er kann davon

erzählen, wo dieses Miteinander gelungen ist,

und wo Menschen am Miteinander schuldig

geworden sind. Von großem Leid und großer

Schuld kann dieser Kirchturm erzählen: Von der

Zeit des 30-jährigen Krieges, wo Gewalt und

Zerstörung über diesen Ort – wie viele anderen

Orte auch – kamen und nach diesem Krieg

nur noch acht Menschen im Dorf wohnten.

Foto: Klaus Hiller

Foto: Klaus Hiller

Der Evangelische Posaunenchor wirkte beim Gottesdienst mit


8 Gemeindebrief 2/2022 Impuls

Foto: Klaus Hiller

Der Evangelische Kirchenchor bereicherte den Gottesdienst

Von 1707, als französische Truppen den Ort

niederbrannten und auch der Dachstuhl des

Kirchturms Feuer fing, sodass sogar das Metall

der Glocken schmolz. Hier trägt der Turm eine

Erinnerung in sich an Gewalt, Tod und Leid.

Und doch trägt dieser Turm auch Geschichten

von Liebe und Hingabe für die Gemeinschaft

in sich. Er würde heute nicht so im Dorf stehen,

wenn es nicht über die Jahrhunderte immer

wieder Menschen gegeben hätte, die an

diesem Turm gebaut, die ihn renoviert und erneuert

hätten – fast in jeder Generation. Wenn

es nicht Menschen gegeben hätte, die für die

Sanierung des Turms oder für die Anschaffung

der Glocken gespendet hätten. Oder wenn es

nicht, wie 1813 einen mutigen jungen Mann

gegeben hätte, der nach einem Blitzeinschlag

und dem Drohen eines Brandes im Dachstuhl

des Turmes hinaufgestiegen wäre und unter

Lebensgefahr glimmende Balken und Bretter

entfernt hätte. Der Turm erinnert uns also als

Zeuge der Geschichte an menschliche Gewalttat

und menschliche Schuld. Aber er erinnert

uns auch daran, dass wir alle davon leben,

dass Menschen sich für die Gemeinschaft einsetzen.

Der Turm ermutigt uns dazu, nicht nur

an uns selbst und unseren eigenen Nutzen zu

denken, sondern beizutragen zum Miteinander,

zum Gemeinwohl. Wenn Sie also auf diesen

Turm blicken, dann erinnern Sie sich auch daran,

dass dieser Turm uns aufruft, nicht nur

uns selbst im Blick zu haben, sondern auch

die Menschen, die uns brauchen; das Miteinander

in der Familie oder Nachbarschaft, das

Mitein ander im Dorf, in unserem Land, in Europa

und der ganzen Welt. Nicht allein und für

uns selbst, sondern gemeinsam und im Dienst

an den Menschen, die uns brauchen, bekommt

unser Leben seinen Sinn. Das sagt uns dieser

600 Jahre alte Turm.

Und nun haben Sie hier in Owwareuse noch

eine Besonderheit, die nicht alle Dörfer im

Kraichgau mit Ihnen teilen: Sie haben schon

viele Jahrhunderte lang zwei Kirchengemeinden

und darum auch zwei Kirchen und zwei

Kirchtürme. Nachdem 1622 vom Ortsherrn

Hans vom Helmstatt die Reformation im Ort

eingeführt wurde, gab es – weil ein Teil der Bevölkerung

weiterhin dem Domkapitel in Speyer

unterstand – zwei Pfarrer und zwei Konfessionen

im Ort. Beide Konfessionen mussten

sich zunächst das eine Gotteshaus teilen.

Und das gelang nicht in Frieden. Die Streitig-


Gemeindebrief 2/2022 Impuls 9

Foto: Klaus Hiller

Foto: Klaus Hiller

Dr. Matthias Kreplin und Helmut Landkammer

keiten eskalierten sogar so weit, dass es 1653

zu einer handfesten Prügelei kam, in der der

evangelische Pfarrer den katholischen Pfarrer

mit einer Flinte erschoss. „Um Gottes Willen,

was für eine Katastrophe“ – so möchte man

heute noch, mehr als 350 Jahre später ausrufen.

Mehr dazu ist sicher im Theaterstück am

kommenden Samstag zu erfahren.

Frühere Generation wussten offenbar keine andere

Lösung für diesen Streit, als dass eine eigene

katholische Kirche gebaut wurde und die

Konfessionen damit getrennte Wege gingen.

Und so gab es auch ein katholisches Gasthaus

und ein evangelisches Gasthaus. Befriedung

durch Trennung. durch Auseinandergehen,

durch Distanz-Schaffen. So ähnlich, wie in der

Geschichte von Jakob, die wir vorhin in der Lesung

gehört haben. Jakob ist nämlich auf der

Flucht vor seinem Bruder Esau, den er betrogen

hat. Er kann es nicht mehr in seiner Nähe

aushalten – er muss sich trennen von seinem

Bruder und in die Fremde ziehen. Und doch

zeigt ihm der Traum von der Himmelsleiter,

dass er an diesen Ort wieder zurückkommen

soll. Dass also seine große Lebensaufgabe die

Versöhnung mit seinem Bruder ist. Lesen Sie

im ersten Buch Mose nach: Es ist spannend,

wie diese Versöhnung dann am Ende gelingt.

Pfarrer Klaus Vogel

Heute nun verbindet die beiden Kirchtürme

eine Slackline und Friedi Kühne wird von einem

Kirchturm zum andern gehen – ich hoffe, das

Wetter wird es zulassen. Wo man einst meinte,

getrennte Wege gehen zu müssen, wird

heute eine Verbindungsleine geschaffen. Wo

man einst sich unversöhnlich voneinander abwandte,

sind schon seit Jahrzehnten Gemeinsamkeit

und Miteinander gewachsen. Und wer

weiß: Vielleicht wird es im kommenden Winter,

wenn das Heizen zweier Kirchen einfach zu

teuer wird, auch dazu kommen, dass man nur

noch eine Kirche heizt und beide Gemeinden

ihren Gottesdienst in einer Kirche feiern und

so – wenn auch nur für Wochen – wieder eine

Simultankirche entsteht. So ein Vorschlag, den

wir von Kirchenleitungsseite den Gemeinden

machen. Aber auf jeden Fall gilt: Die zwei Kirchtürme

sind heute nicht mehr ein Zeichen der

Feindschaft, der Abwendung voneinander, der

Trennung, sondern der versöhnten Verschiedenheit,

der Gemeinschaft mit wechselseitigem

Respekt, der Verbundenheit auch über

Unterschiede hinweg. In unserer Gesellschaft,

in der Unterschiede immer stärker hervortreten,

in der Menschen verschiedener Herkunft

und Hautfarbe, verschiedener Religion und Lebensstile

zu einem Miteinander finden müssen,

brauchen wir solche Zeichen der versöhnten


10 Gemeindebrief 2/2022 Impuls

Foto: Klaus Hiller

Aufmerksame Gottesdienstbesucher

Verschiedenheit. Die beiden Kirchtürme zeigen

uns: Nicht alle müssen gleich sein, nicht alle

müssen dasselbe glauben und dieselben Auffassungen

haben – aber wir können über alle

Unterschiede hinweg miteinander verbunden

sein und einander mit Respekt und Achtung

begegnen. Ein Miteinander ist möglich, wenn

wir trotz Unterschieden aufeinander zugehen.

Das Konzept der versöhnten Vielfalt, in der

Menschen in großer Unterschiedlichkeit und

dennoch mit Respekt voreinander in Frieden

zusammenleben – das ist es, was das nationalistische

Russland in der Ukraine bekämpft. In

diesem Krieg geht es nicht nur um Macht und

Einfluss, sondern auch um ein Zurückdrängen

von Pluralismus, Individualität und Verschiedenheit.

Die beiden Kirchtürme hier im Ort

zeigen uns, dass wir in Westeuropa gut leben

mit Unterschiedlichkeit und Vielfalt. Und dass

selbst über tiefe Gräben hinweg Versöhnung

möglich ist.

Liebe Festgemeinde, wenn Sie also in den

kommenden Wochen und Monaten auf ihre

Kirchtürme blicken – weil ihr Blick darauf fällt,

wenn Sie durchs Dorf gehen oder von den Wiesen

rund herum auf das Dorf schauen – dann

mögen Sie diese beiden Kirchtürme an drei

Dinge erinnern:

Erstens: Daran, dass es uns gut tut, uns immer

wieder auf den Himmel hin, auf Gott hin auszurichten.

Lassen Sie sich von den Kirchtürmen

den Weg zum Himmel weisen.

Zweitens mögen die Kirchtürme Sie an Ihre

Mitmenschen weisen und Sie erinnern: Wir

sind nicht für uns selbst geschaffen, sondern

dafür, füreinander da zu sein. Wir sollen die Liebe

und Güte durch die Zeiten tragen. Lassen

Sie sich von den Kirchtürmen den Weg weisen

zu den Menschen, die Sie brauchen.

Und drittens: Die Kirchtürme zeigen in ihrer

Doppelung und Verschiedenheit, dass Versöhnung

und ein Miteinander auch über Unterschiede

hinweg möglich ist. Lassen Sie sich

also durch diese Kirchtürme dazu ermutigen,

auch auf Menschen zuzugehen, die Ihnen

fremd sind oder Ihnen vielleicht sogar Mühe

bereiten.

Mögen die beiden Kirchtürme so noch viele

Generationen ihre zu Stein gewordene Botschaft

ausrichten, Gott zur Ehre und zum Wohl

der Menschen.


Gemeindebrief 2/2022 Gemeindeinfo 11

Zwei besondere Veranstaltungen !

Ein kleiner Rückblick in Bildern – Fotos von Klaus Hiller

Rückblick

„Zwischen Himmel

und Erde“ – 18. Sept.

„Zwischen Himmel

und Hölle“ – 24. Sept.


12 Gemeindebrief 2/2022 Slackliner

„Zwischen Himmel und Erde“

Bilder der Veranstaltung vom 18. September

Foto: Klaus Hiller


Fotos: Klaus Hiller


Fotos: Klaus Hiller


Fotos: Werner Stöhr


Fotos: Klaus Hiller


Fotos: Klaus Hiller


18 Gemeindebrief 2/2022 Theater

„Zwischen Himmel und Hölle“

Bilder der Veranstaltung vom 24. September

Foto: Klaus Hiller


Fotos: Klaus Hiller


Fotos: Klaus Hiller


Fotos: Klaus Hiller


Fotos: Klaus Hiller


Fotos: Klaus Hiller

Herzlichen Dank

an Alessa Däschner und Walter

Zimmermann, den Verfassern des

Theaterstückes.


Foto: Klaus Hiller

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