XPLR Magazin 03/2022
Liegt die Zukunft von Medien im Web3? Meetings, die im Metaverse stattfinden, Wallets, die eine Paywall ersetzen, und Artikel, die als NFT versteigert werden: Das Web3 hat das Potenzial, Abläufe, Arbeitsweisen und Geschäftsmodelle in der Medienbranche zu revolutionieren. Während manche noch über Sinn und Unsinn des neuen Internets diskutieren, haben andere Blockchain & Co. längst als Zukunftstechnologie akzeptiert. Vordenker:innen, Startups und etablierte Medienhäuser aus Bayern erproben schon jetzt Anwendungsfälle für die Branche. Tauche ein ins Web3 und entdecke im Heft mutige Innovator:innen, Einschätzungen von Expert:innen und inspirierende Cases.
Liegt die Zukunft von Medien im Web3?
Meetings, die im Metaverse stattfinden, Wallets, die eine Paywall ersetzen, und Artikel, die als NFT versteigert werden: Das Web3 hat das Potenzial, Abläufe, Arbeitsweisen und Geschäftsmodelle in der Medienbranche zu revolutionieren.
Während manche noch über Sinn und Unsinn des neuen Internets diskutieren, haben andere Blockchain & Co. längst als Zukunftstechnologie akzeptiert. Vordenker:innen, Startups und etablierte Medienhäuser aus Bayern erproben schon jetzt Anwendungsfälle für die Branche.
Tauche ein ins Web3 und entdecke im Heft mutige Innovator:innen, Einschätzungen von Expert:innen und inspirierende Cases.
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HERO STORY<br />
HERO STORY<br />
eigene Beiträge, sondern agiert auch in<br />
Kommentarspalten und beteiligt sich an<br />
Diskussionen zu ihren Themen. So tritt<br />
Noonoouri noch stärker als eigenständiger<br />
Charakter auf, andererseits erreicht sie so<br />
eine breitere Zielgruppe.<br />
Unverständnis für seine Kreation gibt es<br />
immer weniger: „Wenn sie andere Bei-<br />
nicht nur ein Blickfang, sondern auch<br />
spannend für die Generation Z – und Marken,<br />
die eine junge Zielgruppe erreichen<br />
wollen. Zuber erklärt: „Noonoouri spricht<br />
junge Menschen an, die mit Gaming oder<br />
Social Media aufgewachsen sind. Diese<br />
Generation experimentiert in digitalen<br />
Welten, unter anderem mit ihrer Identität:<br />
Mal können sie ein Muskelprotz sein, mal<br />
ein anderes Geschlecht annehmen.“<br />
Wer Vielfalt abbilden wolle, könne das mit<br />
Noonoouri: Sie zeige, wie es gelingt, eine<br />
ganz andere Rolle einzunehmen und so<br />
ein Verständnis für andere Sichtweisen zu<br />
entwickeln. Zudem hat sie keine Nationalität,<br />
„sie ist eine Kosmopolitin“, meint<br />
Zuber. Ihre Wandelbarkeit sei ein Vorteil<br />
gegenüber menschlichen Influencer:innen.<br />
Gleichzeitig habe sie einen gefestigten<br />
Charakter. Ein wichtiger Faktor: Denn<br />
nur durch authentische Partner:innen<br />
können Marken auch Werte vermitteln.<br />
Auf Noonoouris Instagram-Kanal geht es<br />
deshalb auch um Aktivismus: Sie zeigt sich<br />
als Teil der LGBTQ+-Bewegung, setzt sich<br />
für Nachhaltigkeit und Tierwohl ein, kritisiert<br />
Diskriminierung und Rassismus. Dafür<br />
lässt Zuber seine digitale Figur in einem<br />
Meer aus Plastikabfällen schwimmen, inszeniert<br />
sie gemeinsam mit vom Aussterben<br />
bedrohten Tierarten oder kleidet sie in<br />
einen Pullover mit „Black Lives Matter“-Aufschrift.<br />
Um eine langfristige Marketing-Strategie<br />
ging es Zuber bei Noonoouri nie. Der<br />
Designer betont, dass sie nicht einfach ein<br />
Alter Ego seiner selbst ist, sie spreche für<br />
sich selbst. Ihr Charakter mit der Passion<br />
für Fashion und Beauty und dem Problembewusstsein<br />
für gesellschaftliche Themen<br />
sei mit ihm gewachsen. „Deswegen ist<br />
Noonoouri heute authentisch, stark und<br />
tritt selbstbewusst auf“, ist sich Zuber sicher.<br />
Auf Instagram veröffentlicht sie nicht nur<br />
träge kommentiert, zum Beispiel zum<br />
Thema Tierschutz, kommt es manchmal<br />
zu Antworten wie: ‚Du bist doch digital, wie<br />
kannst du Veganerin sein? Du musst doch<br />
gar nichts essen!‘“ Dem begegnet Zuber<br />
mit Gelassenheit, erklärt die Idee hinter<br />
Noonoouri und kann nicht selten Kritiker:innen<br />
umstimmen. Hasskommentare seien<br />
mittlerweile kein Thema mehr.<br />
Moderne Technologien erwecken<br />
Noonoouri zum Leben<br />
Heute entsteht Noonoouri nicht mehr auf<br />
Zeichenpapier, sondern mit moderner<br />
Technik. Ein Motion Capture Suite erfasst<br />
eine natürliche Körperhaltung: Wie in Hollywood-Animationsfilmen<br />
zieht sich ein:e<br />
Mitarbeiter:in den Ganzkörperanzug an, der<br />
über zahlreiche Sensoren die menschliche<br />
Körperhaltung auf ein Computer modell<br />
überträgt. Ein Face-Tracking-System sorgt<br />
für natürliche Gesichtsausdrücke, hier<br />
übertragen Sensoren, die auf das Gesicht<br />
geklebt werden, die Bewegungen an ein<br />
3-D-Modell. Im Nachhinein ist noch ein<br />
Feinschliff nötig, aber: „Die Technologie<br />
entwickelt sich rasant. In ein paar Jahren<br />
werden animierte Figuren in Filmen und<br />
Spielen nicht mehr von echten Menschen<br />
zu unterscheiden sein“, ist sich Zuber sicher.<br />
Für Noonoouri ist eine realistische Animation<br />
keine Option: „Das Digitale soll das<br />
Physische unterstützen, der Mensch steht<br />
an erster Stelle“, betont der Designer.<br />
Zuber nennt als Beispiel dafür die Kampagne<br />
mit Formel-1-Weltmeister Lewis<br />
Hamilton. Für Tommy Hilfiger standen<br />
der Rennfahrer und Noonoouri gemeinsam<br />
im gleichen Look vor der Linse. Die<br />
digitale Influencerin generiere noch mehr<br />
Aufmerksamkeit für die Aussage, die mit<br />
einem Bild vermittelt werden soll – und<br />
in dem Fall für die Marke Tommy Hilfi-<br />
ger und die vegane Modekollektion, die<br />
Hamilton vorstellt. Denn Noonoouri sorge<br />
neben einer echten Person auf einem<br />
Bild für Verwunderung. Ein erwünschter<br />
Effekt: Die Betrachter:innen bleiben<br />
hängen, erkennen die reale Person und<br />
wollen wissen, wie es zu dem Bild mit der<br />
digitalen Influencerin gekommen ist.<br />
Genauso wie ihre menschlichen Kolleg:innen<br />
entwickelt sich Noonoouri weiter. Und<br />
hat Ziele: In Zukunft werde sie mit neuen<br />
Themenspektren experimentieren. Sie<br />
könne zum Beispiel Musik empfehlen oder<br />
Games besprechen, meint Zuber. Die große<br />
Vision ist daher der Schritt ins Metaverse.<br />
Noonoouri gehört<br />
ins Metaverse<br />
LINKS: Zuber<br />
präsentierte seine<br />
Schöpfung zum<br />
ersten Mal im<br />
Februar 2018.<br />
RECHTS:<br />
Noonoouri in<br />
Hongkong. Das<br />
Bild mit einem<br />
Outfit von Marine<br />
Serre erstellte<br />
Zuber für die<br />
dortige Ausgabe<br />
der „Vogue“.<br />
„Die Technologie<br />
entwickelt<br />
sich rasant.<br />
In ein paar<br />
Jahren werden<br />
animierte Figuren<br />
in Filmen<br />
und Spielen<br />
nicht mehr von<br />
echten Menschen<br />
zu unterscheiden<br />
sein.“<br />
Zuber kann sich vorstellen, für Noonoouri<br />
einen eigenen virtuellen Raum zu erstellen,<br />
wo Nutzer:innen sie zu bestimmten<br />
Zeiten antreffen können. Dort könne<br />
sie mit Fans über neue Spiele sprechen,<br />
neue Mode zeigen oder Alben präsentieren.<br />
Daraus würden sich unzählige<br />
Kooperationsmöglichkeiten ergeben. Für<br />
den Designer ist der Schritt ins Metaverse<br />
nur natürlich, immerhin gehört Noonoouri<br />
in den digitalen Raum. Besonders<br />
für Modekollektionen ergebe sich ein<br />
entscheidender Vorteil: „Die Fashion-<br />
Branche ist in Sachen Nachhaltigkeit<br />
sehr umstritten. Selbst wenn zum Beispiel<br />
Baumwolle ökologisch produziert<br />
wird – über die Weiterverarbeitung sagt<br />
das nichts aus. Zudem wird das meiste<br />
auch noch weggeworfen. Im Metaverse<br />
kann Kleidung zunächst gezeigt und digital<br />
verkauft werden, danach wird sie on<br />
demand produziert. Das spart Ressourcen<br />
und reduziert die Umweltbelastung.“<br />
Auch NFTs sind ein Thema, vom Profile<br />
Picture Drop bis zu Noonoouri-Avataren<br />
ist alles möglich. Zuber will mit<br />
seiner Schöpfung die Avantgarde bilden<br />
und zeigen, was möglich ist – nicht nur<br />
Trends hinterherlaufen.<br />
Selbst wenn Noonoouri künftig im Metaverse<br />
einen durchschlagenden Erfolg<br />
erzielt und es viele Nachahmer:innen geben<br />
sollte: „Digitale Figuren oder Avatare<br />
werden Influencer:innen nicht ersetzen.“<br />
Zuber zufolge geht es im Grunde um<br />
eine Diversifizierung der Ansprache: „Es<br />
gibt Menschen, die werden durch Menschen<br />
erreicht. Und es gibt andere Personen,<br />
die werden durch digitale Avatare<br />
erreicht.“ Das sei ein ähnliches Prinzip<br />
wie bei Print- und Online-Produkten, die<br />
jeweils andere Zielgruppen ansprechen.<br />
Für den 42-Jährigen ist die Botschaft<br />
wichtiger als der Bote oder die Botin.<br />
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