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THEMA <strong>ERF</strong> MEDIEN MAGAZIN ı 11.<strong>2022</strong> ı 7 DER SCHWERE MIT LEICHTIGKEIT BEGEGNEN Das kann ja heiter werden! VON WILLI NÄF Der <strong>November</strong> kommt. Der Hiob unter den Monaten. Und das in einem Jahr, in dem uns das Lachen schon im Frühling vergangen ist. Wie rettest du dich hinüber in die Weihnachtszeit, wenn du nicht zufällig eh ein sonniges Gemüt bei dir hast? Humor gibt’s nicht auf Knopfdruck. Ich weiss das. Als Kabarettist wurde ich mal von der Bühne gebuht. Ich bin Autor und Satiriker und täglich acht Stunden lustig, manchmal zehn. Eigentlich würde ich mein Pensum gerne reduzieren, damit ich mehr Zeit habe, zu Hause meiner Humorlosigkeit zu frönen. Doch meine Frau ist dagegen. Die Arbeit mache mir ja Spass, glaubt sie. Dabei ist es umgekehrt: Der Spass macht mir Arbeit. Ich habe mal eine Kabarett-Battle bestritten, im Theater am Hechtplatz in Zürich war’s. Kaum auf der Bühne wurde klar: Das wird hart. Totenstille im vollen Zuschauerraum. Es dauerte dann weniger ewig als befürchtet, das Publikum buhte mich bei Minute acht von der Brauch des Osterlachens. Da erzählt der Priester an Ostersonntag einen Witz, um die Gemeinde zum Lachen zu bringen und so die Auferstehung zu feiern. Da steckt Ostern drin: Christen dürfen sich über die Schwere des Todes hinwegsetzen, für sie ist dieses Thema ja erledigt. Ich bin an Ostern aber auch ohne Witz gut gelaunt und schlage vor, das Osterlachen in den <strong>November</strong> zu verschieben, der so lust- und nutzlos im Kalender herumsteht wie ein Blechschaden. Vergangen ist der Oktober mit Ferien, Ernte und Wanderwetter, noch nicht angebrochen ist der Dezember mit Schnee und Weihnachten, Bühne. Nein, mit Humor ist nicht zu spassen. Dieselbe Nummer hatte übrigens bei anderen Gelegenheiten blendend funktioniert. Aber da war ein anderes Publikum, andere Erwartungen, ein anderer Spirit. Komik kann nur dort lustig sein, wo sie hinpasst. Nicht wahr? VERGANGEN IST DER OKTOBER MIT FERIEN, ERNTE UND WANDER- WETTER, NOCH NICHT ANGE- BROCHEN IST DER DEZEMBER MIT SCHNEE UND WEIHNACHTEN, DAZWISCHEN GIBT’S NIESEL, NEBEL, NACHT, NOVEMBER. dazwischen gibt’s Niesel, Nebel, Nacht, <strong>November</strong>. Also konvertieren wir den Osterwitz zum <strong>November</strong>witz. Weil das aber nicht reicht, an dieser Stelle noch ein paar weitere Lifehacks für heitere Gelassenheit. Geh einen Monat lang täglich Nein, nicht per se. Manchmal ist Unangebrachtes sogar ausgesprochen erlösend. Nirgends ist ein Lacher wichtiger als an einer Abdankung. Jedes Menschenleben bietet Episoden mit Komik, die einen liebenswürdigen Blick verdient haben. Ein Lachen nimmt der Trauer etwas von ihrer Schwere. Lachen versöhnt, befreit und heilt. Nicht wahr? Nein, wieder nicht per se. Es gibt auch ein Lachen, das verletzt. Jenes Lachen geerntet süffisant mit dem Florett der Ironie oder verbittert mit dem Degen des Sarkasmus oder zerstörend mit der Machete des Zynismus, alle Klingen gut geschliffen mit Spott. Das zugeneigte Lachen aber entwaffnet. Wo Staatsoberhäupter beim Gipfeltreffen miteinander lachen, bricht Frieden aus. Eine lächelnde Königin kann ein Volk zusammenhalten und ein lachender Papst eine Glaubensgemeinschaft, – und wo ich schon beim Papst bin: Im Mittelalter kannten die Katholiken den risus paschalis, den schönen mehrere Stunden in den Flugmodus. facebook, instagram, tiktok, linkedIn, telegram, youtube, bluewin, einfach alle Zeitfresser auf Bildschirmen: Abstellen. Als kleine Durchhaltehilfe kannst du auf deinem Profil ja ein Social-Media- Sabbatical ankünden. Hübscher Nebeneffekt: Spart Strom. <strong>Medien</strong>fasten ist gut für die Entpörung. Es entlastet das Gehirn von Infomüll und das Gemüt von Trostlosigkeit. Wenn du dich tagaus, tagein vom Elend der Welt berieseln lässt, geht es den Elenden der Welt nicht besser, aber dir schlechter. Schon des Neandertalers Geist war nie dazu gedacht, die Last der ganzen Welt zu schultern, und auch dem Homo sapiens würde die Last des Nächsten genügen. Noch was, von wegen <strong>Medien</strong>: Lies keine Konsumentenschutzheftli und schau keine Konsumentenschutzsendungen. Es ist alles krebserregend und verseucht – und du lebst trotzdem noch. Und wozu willst du dich von Hypes in den Ärger treiben lassen? Und wenn die Arena im Fern-