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moneyeditorial
EDITORIAL
Fragen über
Fragen
Ein Land bleibt sich treu, von den Grundschülern bis zum Bundeskanzler. Bei
den Viertklässlern sind die Lernleistungen alarmierend. In manchen Bundesländern
erreicht die Hälfte der Schüler nicht einmal die Mindeststandards. Im
Kanzleramt scheinen die Lernleistungen ebenfalls verbesserungswürdig zu sein. Hat
nicht das ganze Land gerade auf die harte Tour lernen müssen, dass wir mit großen
Gasspeichern einen extrem sensiblen Bereich der Infrastruktur ausgerechnet an
Russland verkauft haben, das einen Angriffskrieg gegen die Ukraine führt?
Jetzt soll ein Teil einer Tochter des Hamburger Hafens an China verkauft werden.
Moment: Wird nicht immer öfter diskutiert, ob Deutschland sich in eine zu große
Abhängigkeit von einem China begeben hat, das wiederum selbst in seiner Nachbarschaft
immer aggressiver auftritt? Hat der chinesische Präsident nicht gerade erst
auf dem 20. Parteitag der Kommunistischen Partei neue Drohungen gegen Taiwan
ausgestoßen? Und wird im Westen nicht beklagt, dass China sich weltweit mit Häfen
sensible Infrastruktur sichert, wie vor Jahren schon im griechischen Piräus? Oder
dass es wie im peruanischen Chancay neue milliardenteure gigantische Häfen baut,
die wiederum ihre Region dominieren und Abhängigkeiten schaffen sollen? In Peru
ist Chinas Cosco aktiv, eine der größten Reedereien überhaupt. Mit Cosco Shipping
Ports ist sie auch einer der führenden Terminalbetreiber der Welt – und Cosco soll
jetzt auch in Hamburg zukaufen.
Cosco will sich offenkundig zu mehr als einem Drittel am Hamburger Containerterminal
Tollerort beteiligen. Wohl sechs Bundesministerien sind dagegen, aber das
Kanzleramt scheint bereit, das zu ignorieren.
FRANK MERTGEN
stellv. Chefredakteur
FOCUS-MONEY
Erste Erleichterung beim Gas
Immerhin, die von Russland bewusst leer gelassenen Gasspeicher sind derzeit besser
gefüllt als noch vor Kurzem erhofft (Deutschland insgesamt: zu mehr als 96 Prozent),
der Gaspreis ist auch zurückgekommen. Das bringt schon neue Einschätzungen in
manchen Gasreports, die neuerdings von der einen oder anderen Bank regelmäßig veröffentlicht
werden, zum Beispiel das „gas chartbook“ der britischen Barclays Bank.
Berenberg hat neu gerechnet. Die alten Wachstumsprognosen für die Euro-Zone basierten
noch auf einem Gaspreis von 200 Euro pro Megawattstunde. In die neuen
Kalkulationen ist ein Preis von 150 Euro für die Megawattstunde eingegangen
– das ist der Preis, der an den Terminmärkten bis Frühjahr 2024
erwartet wird. Das führt erst einmal zu leichten Prognoseanhebungen.
So soll die Wirtschaft der Euro-Zone im vierten Quartal gegenüber dem
dritten Quartal des laufenden Jahres um 0,9 statt um 1,0 Prozent
schrumpfen, auch in den beiden 2023 folgenden Quartalen sollen
die Daten etwas besser ausfallen. Das bringt die Jahresprognose
für Euro-Land im Jahr 2023 von minus 1,2 auf minus 0,9 Prozent.
Noch keine große Erleichterung, aber immerhin: Die
Richtung stimmt.
Ihr
Aus aktuellem Anlass!
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Liebe Leserinnen und Leser,
die Inflation hat in Deutschland und auch im Durchschnitt der
Euro-Zonen-Länder zweistellige Werte erreicht. Bange blicken
die Börsianer auf die Notenbanken: Stürzen diese jetzt mit verspäteten,
aber besonders großen Zinsschritten die Volkswirtschaften in
eine tiefe Rezession? Oder stoppen sie die Zinserhöhungen doch
schneller als bislang angekündigt? Und was heißt das für die Märkte und
die Aktienkurse? Mein Tipp: Sie erfahren alles Wichtige in FOCUS-MONEY.
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FOCUS-MONEY 44/2022
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3
moneyinhalt
10
So werden Sparpläne noch effektiver
An der Börse herrscht derzeit ein raues Klima. Mit Sparplänen
können Anleger durch schwierige Zeiten navigieren.
Wir haben Tipps, mit denen Investoren das Beste für sich
rausholen. Plus: Drei Musterdepots für Anleger (S. 14 u. 18)
moneykompakt
6 Immobilien: Wer vererben oder
verschenken will, muss jetzt
handeln
7 Das kaufe ich jetzt: Warum
Microsoft gerade interessant ist
7 Meine erste Aktie: Deutschlands
Salesforce-Chef Joachim Schreiner
über seinen Debüttitel
7 Hit & Shit: Top und Flop aus
Großbritannien
8 Märkte: Das passiert, wenn
Rohöl- und Erdgaspreise sinken
9 Christian Lindner: Wie er die
Aktienkultur in Deutschland
stärken will
9 Strategie: Auf Aktien setzen,
deren Dividendenrendite höher ist
als ihr KGV
98 Andis Börsenbarometer:
Darum sollten Investoren die
Rohstoffdelle nutzen
36
Zeit für Silber
Die Nachfrage nach Silber
steigt. Das Edelmetall wird
unter anderem für die Energiewende
immer wichtiger. Wir
verraten, welche Investitionen
sich richtig lohnen könnten
moneytitel
10 Sparpläne: Fünf Tipps, mit denen
Anleger mehr rausholen
14 Vermögen aufbauen: Mit diesen
Musterportfolios klappt es
18 Zertifikatedepot: Eine Methode
für Strategen – so funktioniert sie
21 Interview: Das rät Karl Matthäus
Schmidt Anlegern jetzt
moneymarkets
24 US-Midterms: Alles, was Investoren
darüber wissen müssen
28 Andritz: So will sich der Konzern
neu aufstellen
30 Interview: Daniel Kahneman über
Denkfehler an der Börse
34 GTT: Begehrte LNG-Aktie
36 Silber: Darum ist das Edelmetall
eine gute Depotbeimischung
4 Inhalt: Illustration: Adobe Stock Fotos: pro aurum, Depositphotos, T. Newt/Unsplash, R. Parkes/Alamy Stock Photo, L. Dünser
FOCUS-MONEY 44/2022
26. OKTOBER 2022 www.money.de
40 SMA Solar: Warum das Unternehmen
jetzt profitieren dürfte
41 Chartsignal: Wie geht es mit
deutschen Staatsanleihen weiter?
41 Börsenwissen: Fakten über Gold
42 Food Future: Die besten Aktien
für die Essens-Wende
46 SBF: Warum der Wert wieder ins
Plus drehen könnte
47 Funkwerk: Eine gute Einstiegsmöglichkeit
für Schnäppchenjäger
54 Wärmepumpen: Der Weltmarktführer
Daikin hat einiges zu bieten
56 Credit Default Swaps: Warum sie
besser sind als ihr Ruf
58 Versicherungsmakler: Ein neuer
nationaler Champion
60 Musterdepots: Jaensch ist
optimistisch, Sperch vorsichtig
moneydigital
48 Highlights: Wie wird sich der
Bitcoin-Kurs weiter entwickeln?
49 Analyse: Ist Börsenneuling
Porsche ein Kauf?
51 Kleingeldhelden: Katharina
Brunsendorf über ihre Initiative
Finanzheldinnen
52 Mission Money: Was Hendrik
Leber jetzt kaufen würde
dswanlegerschutz
61 Gastbeitrag: Darum schlagen
sich Value-Aktien im aktuellen
Szenario besser als Growth-Werte
24
Wahlfolgen in den USA
Die Welt blickt gebannt auf die Vereinigten Staaten, wo am 8. November die
Midterms stattfinden. Das bedeutet der Ausgang der Wahlen für Investoren
moneyservice
62 Kfz-Versicherung: Das sind die
besten Tarife für E-Autos
68 Betriebliche Krankenversicherung:
Top-Verträge ermittelt
76 PKV-Serie: Die richtigen Policen
für Beamte und Anwärter
moneyanalyse
81 Fonds
82 Deutsche Aktien
90 Internationale Aktien
96 ETFs
97 Zertifikate
moneyrubriken
3 Editorial
80 Leserbriefe – Impressum
98 Termine
42
Zukunft des Essens
Der Markt für vegane Fleischalternativen
wächst immer weiter. Mit diesen
Aktien können Anleger am Fortschritt
der Lebensmittelindustrie teilhaben
30
„Der größte Fehler von
Investoren ist die Selbstüberschätzung“
DANIEL KAHNEMAN,
NOBELPREISTRÄGER FÜR
WIRTSCHAFTSWISSENSCHAFTEN
52
„Wenn alle schlechte Stimmung
haben, ist es ein guter
Zeitpunkt, in die Märkte
einzusteigen“
HENDRIK LEBER,
FONDSMANAGER
ACATIS INVESTMENT
FOCUS-MONEY 44/2022
Composing: FOCUS-MONEY 5
moneytitel
WERT-
PAPIER-
SPARPLÄNE
Teil 1
VERMÖGEN AUFBAUEN & ERHALTEN
STRATEGIE
Mit System
Vermögen
aufbauen
Preiswerte Wertpapiersparpläne
eignen sich ideal für die langfristige
Geldanlage. Aktienfondssparpläne sind
zugleich ein probater Inflationskonter. So
gelingt die Umsetzung der Erfolgsstrategie
von ULI KÜHN
STARKE WIRKUNG:
Sparpläne besser als
Sparbuch
14 Foto: Adobe Stock
FOCUS-MONEY 44/2022
Eine Gemeinschafts-Aktion von
und
Nur wenige haben sich so intensiv mit der Entwicklung
der Weltbörsen beschäftigt wie Elroy Dimson, Paul
Marsh und Mike Staunton. Seit Jahrzehnten analysieren
die britischen Finanzhistoriker, welche Renditen an den
Finanzmärkten erzielt werden und was die verschiedenen
Anlageklassen abwerfen. Ihre Erkenntnis aus mehr als 120
Jahren Finanzmarktgeschichte: „Wir haben bei der Analyse
Aktien, Anleihen, Geldmarktpapiere, Immobilien und
sogar Sammlerobjekte wie Kunst, Wein oder Oldtimer berücksichtigt,
ebenso Inflation und Wechselkurse. Das Ergebnis
ist eindeutig: Langfristig gesehen, waren Aktien in allen
untersuchten Ländern die Anlageklasse mit der besten
Entwicklung“, berichtet Professor Dimson. Auch im Kampf
gegen die Inflation haben sich Aktien bewährt. „In den
vergangenen 120 Jahren haben in allen von uns untersuchten
35 Ländern Aktien die Inflation geschlagen. Anleihen
gelang dies nicht überall“, sagt Dimsons Forscherkollege
Marsh. In Bezug auf die Rendite hätten die Aktien in der Vergangenheit
nicht nur die Inflation abgehängt, sondern auch
Staatsanleihen.
Die Wissenschaftler wissen allerdings auch: Wer mit börsennotierten
Wertpapieren wie Aktien Vermögen aufbauen
will, braucht gute Nerven. Langfristig streben die meisten
Weltbörsen zuverlässig nach oben, doch genauso normal
sind Unterbrechungen des Aufwärtstrends. Vor allem bei Aktien
folgen auf Jahre mit hohen Kursgewinnen regelmäßig
vorübergehende, aber schmerzhafte Einbrüche. Und selbst
bei den vermeintlich sicheren Anleihen können Kursverluste
auftreten. Das wurde in diesem Jahr besonders deutlich.
Schwankungen die Schärfe nehmen. Unglücklicherweise
ist der Versuch, mit rechtzeitigen Verkäufen und anschließenden
Rückkäufen Kurseinbrüche zu umgehen, wenig erfolgversprechend.
Richtiges Timing ist meist Glückssache.
Doch es gibt eine bewährte Strategie, um den Kursschwankungen
ihre Schärfe zu nehmen: Diversifikation und regelmäßige
Investments, etwa mit einem Wertpapiersparplan.
Wertpapiersparpläne, bei denen regelmäßig, also beispielsweise
jeden Monat, eine feste Summe investiert wird, nehmen
Anlegern die schwierige Frage des optimalen Einstiegszeitpunkts
ab. Durch die eingestellte Regelmäßigkeit
schlagen Sparpläne, so gesehen, auch der eigenen Psyche ein
Schnippchen: Zögern und zuwarten ist nicht. Verpasste Gelegenheiten
nach einem Rücksetzer am Aktienmarkt gibt es
deshalb auch nicht. Sparpläne laufen einfach weiter. „Wertpapiersparpläne
sind eine gute Möglichkeit der Selbstdisziplin“,
sagt Andreas Zimmermann, Senior Expert Product
Management bei der Consorsbank. Auch die regelmäßige
und längerfristige Anlage mit einem festen Betrag führt tendenziell
zu einer stetigeren Wertentwicklung. Der Sparplan
investiert schließlich streng rational: Sind Aktien nach Kursrückgängen
preiswert, werden mehr Stücke bzw. Fondsanteile
gekauft. Sind Aktien teuer, wandern weniger ins Depot.
Wie lukrativ Sparpläne in den vergangenen Jahrzehnten
waren, belegen Berechnungen des deutschen Fondsverbands
BVI: Wer in den vergangenen 20 Jahren Monat für Monat 100
Euro in einen typischen Fonds mit Aktien aus aller Welt investierte,
kam bis Ende Juni 2022 auf ein Vermögen von mehr
als 46 000 Euro (s. Grafik unten). Mehr als die Hälfte dieser
Summe ergab sich dabei allein aus Kursgewinnen und Dividenden.
Etwas weniger als die Hälfte entfiel auf die kumulierten
Einzahlungen von 24 000 Euro. Selbst die schlimmste
Börseneinbrüche – minus 50 Prozent in der Finanzkrise
2008, minus 40 Prozent im Corona-Crash 2020 – wurden
also durch die Sparplanstrategie neutralisiert.
Investments in Anleihen entwickelten sich nicht ganz so
gut. Auch das zeigen die Berechnungen des BVI. Wer in den
vergangenen 20 Jahren per Sparplan in einen Fonds mit überwiegend
langlaufenden Euro-Anleihen guter Bonität investierte,
produzierte mit seinen Einzahlungen von 24 000 Euro
nur ein Endergebnis von etwas mehr als 28 000 Euro. Bis vor
einem Jahr reichte diese Wertsteigerung gerade einmal für den
Ausgleich der Geldentwertung durch Inflation.
Aktienfonds- und
ETF-Sparpläne sind
für den langfristigen
Vermögensaufbau
besonders geeignet“
ANDREAS ZIMMERMANN,
SENIOR EXPERT,
CONSORSBANK
Langfristig wertvoll
Langfristig brachten Fondssparpläne einen stolzen
Vermögenszuwachs. Im besten Fall wurden aus
36 000 Euro Einzahlungen mehr als 100 000 Euro.
Ergebnis eines durchschnittlichen Fondssparplans
in Tsd. Euro, bei 100 Euro monatlich
10 Jahre 20 Jahre 30 Jahre
gesamte Einzahlungen
deutsche Aktien Aktien global Anleihen Europa
100 000
80 000
60 000
40 000
20 000
0
Quelle: BVI; Stand: 30.6.2022
FOCUS-MONEY 44/2022
Foto: Consorsbank 15
moneymarkets
ERST GIER, DANN
ANGST: Anstatt ihren
Instinkten zu vertrauen,
sollten Anleger die Lage
nüchtern analysieren
So platzen Blasen
Egal, ob Dotcom- oder US-Immobilienkrise
– der Mechanismus
einer Finanzmarktblase ist immer
gleich. Was Trendsetter austüfteln,
gelangt ins Bewusstsein ausgewählter
Anleger, wird von den Medien gehypt und
von Privatanlegern aufgenommen. Auf die
Gier folgen die Angst und der Absturz.
Quellen: Bloomberg, eigene Recherchen
BEHAVIORAL FINANCE
Zu emotional? So
bleiben Anleger cool
30
Illustrationen: VectorStock FOCUS-MONEY 44/2022
Fehlentscheidungen bei der Geldanlage sind häufig Produkte unserer Gefühlswelt.
Wir listen die größten Psychofallen auf und sagen, wie Anleger ihnen entgehen
fehlender Selbstdisziplin zu tun. Im Umkehrschluss
heißt das: Anleger müssten es folglich
„nur“ schaffen, jene Fehler zu meiden, bei denen
Neigungen und Gefühle ihnen den Kopf verdrehen.
Fehler 1: Verluste aussitzen. Die Ökonomen gehen
davon aus, das die Menschen Gewinne und
Verluste gleich behandeln. „Das stimmt nicht“,
entgegnet Joachim Goldberg, „Menschen bewerten
Verluste etwa zweieinhalbmal stärker als Gewinne.“
Der ehemalige Deutsche-Bank-Manager
gilt als einer der wichtigsten Vertreter und Erklärer
der Behavioral Finance. „Einen Verlust will ich
nicht realisieren“, erklärt Goldberg, „das mache
ich nur, wenn ich mit heiler Haut herauskomme
oder gar nicht mehr anders kann.“ Nach Verlusten
mögen viele Anleger gar nicht mehr so genau hinsehen.
Sie versuchen, sich so instinktiv vor weiteren
schlechten Erfahrungen zu schützen.
Fehler 2: Vergangenheit verankern. Einmal bezahlte
Kurse aus der Vergangenheit bleiben Anlegern
nicht nur im Gedächtnis haften, sondern beeinflussen
auch künftige Anlageentscheidungen.
„Verankerung“ nennt Dan Ariely dieses Verhalten.
Der Professor an der Duke University (USA) führt
das auf den Wunsch zurück, eine Übereinstimmung
mit vergangenen Entscheidungen zu erzeugen.
Aktienkurse bleiben so lange verankert – im
Positiven wie im Negativen–, bis Anleger ihre Erwartungshaltung
an einen neuen Kurs angepasst
haben. Und das kann bekanntermaßen dauern.
Fehler 3: Der Masse folgen. „Der dümmste
Grund, eine Aktie zu kaufen, ist, weil sie steigt“,
lautet ein Bonmot Warren Buffetts. Als Herdentrieb
wird das Phänomen im Alltag bezeichnet. Als
Momentum-Theorie hat sie in der Geldanlage ihre
Berechtigung. Allerdings nur bis zu einem gewissen
Punkt. Der Grund: Die Euphorie allzu grovon
HEIKE BANGERT
An der Börse folgt der Mensch nicht seinem
Verstand, sondern seinem Bauchgefühl –
eine verhängnisvolle Liaison. Panik, Angst
und Gier treiben die Aktienkurse und führen bei
Millionen Anlegern zu Fehlentscheidungen. Für
manche Stay-at-home-Aktien blätterten Investoren
vor gut eineinhalb Jahren noch Fantasiepreise
hin. Heute hingegen sind sie nicht einmal mehr
bereit, diese mit spitzen Fingern anzufassen.
Schnäppchenpreise? Gute Argumente? Zählen
plötzlich nicht mehr. Der Schmerz über den Verlust
wiegt so schwer, dass manchem Investor darüber
jegliches Urteilsvermögen abhandengekommen
ist. Am Ende bleibt der Verlust.
„Menschen sind zwar nicht irrational“, beschreibt
Daniel Kahneman das Verhalten, „doch
sie sind beherrscht von ihren Gefühlen und geleitet
von möglichen Zukunftsszenarien.“ Kahneman
muss es wissen. Für seinen Denkansatz und seine
Forschung im Bereich der Behavioral Finance wurde
der in Israel geborene Wissenschaftler 2002 mit
dem Wirtschaftsnobelpreis ausgezeichnet. Damals
kam das einer Sensation gleich, ist Kahneman
doch von Haus aus gar kein Ökonom, sondern
ein Psychologe (s. Interview S. 32).
Emotionen machen Kurse. Doch genau darin
steckt der Kern der Botschaft. Bei der Behavioral
Finance oder auch Behavioral Economics, auf
Deutsch der Verhaltensökonomik oder Verhaltensorientierten
Ökonomik, gibt nicht der Homo
oeconomicus, sondern die Psyche den Takt vor. Ein
Fakt, dem sich selbst nüchterne Finanzanalysten
nicht ganz verschließen können. „Der Erfolg bei
der Geldanlage hängt nicht vom IQ ab“, sagte Warren
Buffett einmal dazu. Dass viele Anleger dennoch
scheitern, hat dem Value-Investor zufolge
weniger mit ihrer (mangelnden) Intelligenz als mit
Der Dax trotzt den Krisen
Er steigt und steigt – allen Krisen zum
Trotz. Seit 1959 hat der Dax um 3336
Prozent zugelegt. Anleger mussten
dabei viele Rückschläge hinnehmen,
angefangen bei der Kuba-Krise 1962,
der ersten und zweiten Ölkrise in den
Dax
Performance-Index in Tsd. Punkten
Dotcom-Krise
Corona-Krise
Euro-Krise
4
Finanzmarktkrise
70er-Jahren bis hin zur aktuellen Krise.
0
1990 95 2000 05 10 15 2020
16
12
8
Quelle: Bloomberg
FOCUS-MONEY 44/2022
31
moneymarkets
EIN STARKES TEAM: „Wir sind die mittelständische Antwort auf internationale Großmakler“, sagt Tobias Warweg, Gründer der GGW Group (links), hier im
Kreis von Mitstreitern: Nadja Benz, Daniel Stützer, Hartmut Stützer, Vasilios Mitsis, Rolf Maier (v. l.)
VERSICHERER
Auf jeder Position der beste Spieler
Zwei Dutzend mittelständische Versicherungsmakler haben sich in der GGW Group zusammengetan,
um einen nationalen Champion zu formen. Das hilft gegen die übermächtigen Konzerne
von GEORG MECK
Die Vision ist klar, der Markt fragmentiert und vielschichtig.
Tobias Warweg, ein früherer Spitzensportler, ist angetreten,
einen nationalen Champion für Versicherungsmakler
zu formen. „Wir bauen den führenden
inhabergeführten Versicherungsmakler für den deutschen
Mittelstand auf, nicht mehr und nicht weniger“, sagt der promovierte
Jurist, der früher – von 2016 bis 2020 – Vertriebsvorstand
des HDI war und noch früher Hockey-Nationalspieler.
Nach dem Studium hatte er seine Karriere im Axa-Konzern
begonnen, war zuletzt Leiter des Makler- und Partnervertriebs
in Deutschland. Folglich kennt er den Markt und die
entscheidenden Spieler. Er versteht beide Seiten dieses kom-
pliziert miteinander verwobenen Geschäfts, in dem die
Macht ungleich verteilt ist: hier die zersplitterten Versicherungsmakler,
dort eine Handvoll Konzerne.
Wie das Ringen um die Anteile am Kuchen im Zweifel ausgeht,
ist unschwer zu prophezeien angesichts der nackten
Zahlen: In Deutschland tummeln sich heute 45 000 Versicherungsmakler,
dazu noch 280 000 Vertreter als Einzelkämpfer,
sie treffen auf eine nur geringe Anzahl relevanter
Versicherungen.
Diese Kräfteverhältnisse will Warweg, den Finanzinvestor
HG Capital im Rücken, in einem revolutionären Akt ändern.
Seine Idee: Mittelständische Makler, am besten die stärksten
58
Foto: S. Ugurlu/FOCUS-MONEY
FOCUS-MONEY 44/2022