Skript Zivilrechtliche, insbesondere erbrechtliche ... - vebmedia
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<strong>Skript</strong><br />
<strong>Zivilrechtliche</strong>, <strong>insbesondere</strong> <strong>erbrechtliche</strong><br />
Aspekte der Unternehmensnachfolge<br />
Paul Eitel, Dr. iur., Professor an der Universität Luzern, Lehrbeauftragter an<br />
der Universität Freiburg und Rechtsanwalt sowie Fachanwalt SAV Erbrecht<br />
in Solothurn
Inhaltsverzeichnis<br />
Unternehmensnachfolge und Erbrecht<br />
1. Einführung .............................................................................................................................. 3<br />
1.1 Ausgangslage ................................................................................................................... 3<br />
1.2 Übersicht .......................................................................................................................... 4<br />
2. Nachfolge durch Unternehmensübertragung zu Lebzeiten des Unternehmers (Erblassers) ... 5<br />
2.1 Entgeltliche Übertragung .................................................................................................. 5<br />
2.1.1 Vorbemerkungen ....................................................................................................... 5<br />
2.1.2 Vorzüge ..................................................................................................................... 6<br />
2.1.3 „Restrisiken“ .............................................................................................................. 6<br />
2.2 Allgemeiner Exkurs: Das Problem der Unternehmensbewertung ...................................... 7<br />
2.2.1 Verkehrswertprinzip ................................................................................................... 7<br />
2.2.2 Weitere erbrechtlich relevante Werte; <strong>insbesondere</strong>: Ertragswert .............................. 8<br />
2.2.3 Zwei Schlaglichter: Unternehmenswert und Unternehmensbewertung in der neueren<br />
Rechtsprechung des Bundesgerichts ........................................................................ 9<br />
2.3 Unentgeltliche Übertragung .............................................................................................10<br />
2.3.1 Erbrechtliche Berücksichtigung unentgeltlicher lebzeitiger Zuwendungen im<br />
Allgemeinen: Ausgleichung und Herabsetzung ........................................................10<br />
2.3.2 Rückgängigmachung der vollzogenen Nachfolge? ...................................................11<br />
2.3.3 Wertveränderungen / „Nebenansprüche“ ..................................................................12<br />
2.3.3.1 Allgemeines; Todestagsprinzip ..............................................................................12<br />
2.3.3.2 Zwei Schlaglichter auf die Praxis ...........................................................................14<br />
2.3.4 Reihenfolge der Herabsetzung .................................................................................15<br />
2.4 Teilweise (un)entgeltliche Übertragung ............................................................................17<br />
2.5 Exkurs: Güterrechtliche Hinzurechnung und Herabsetzung .............................................18<br />
2.6 Gestaltungsmöglichkeiten bei (ganz oder teilweise) unentgeltlicher Übertragung ............18<br />
2.6.1 Allgemeines; Ausgleichungsrecht .............................................................................18<br />
2.6.2 Herabsetzungsrecht ..................................................................................................19<br />
3. Nachfolge durch Unternehmensübertragung nach dem Tod des Unternehmers (Erblassers) 20<br />
3.1 „Rahmenbedingungen“ ....................................................................................................20<br />
3.1.1 Erbteilungsrecht ........................................................................................................20<br />
3.1.1.1 Allgemeines ...........................................................................................................20<br />
3.1.1.2 Insbesondere: „Bürgerliches“ vs. „bäuerliches“ Erbrecht ........................................21<br />
3.1.2 Verfügungen von Todes wegen und Pflichtteilsrecht .................................................23<br />
3.1.3 Nochmals zum Bewertungsproblem ..........................................................................23<br />
3.2 Erbrechtliche Gestaltungsmöglichkeiten ..........................................................................24<br />
3.3 Insbesondere zur Bezeichnung des Nachfolgers .............................................................27<br />
4. Ehegüterrechtliche und gesellschaftsrechtliche Aspekte .......................................................29<br />
4.1 Ehegüterrecht ..................................................................................................................29<br />
4.1.1 Vorbemerkungen ......................................................................................................29<br />
4.1.2 Ausgangslage: Errungenschaftsbeteiligung ..............................................................30<br />
4.1.3 Modifikationen der Errungenschaftsbeteiligung .........................................................31<br />
4.1.4 Güterstandswechsel .................................................................................................33<br />
4.1.5 Hinweis: Zusammenspiel mit dem Erbrecht und dem Gesellschaftsrecht ..................34<br />
4.2 Gesellschaftsrecht ...........................................................................................................34<br />
4.2.1 Vorbemerkungen ......................................................................................................34<br />
4.2.2 Kollektivgesellschaft..................................................................................................35<br />
4.2.3 AG ............................................................................................................................37<br />
4.2.4 Vertragliche Einbindung mehrerer Erben ..................................................................39<br />
5. Schluss..................................................................................................................................40<br />
Literatur .....................................................................................................................................42<br />
Beilagen<br />
© veb.ch / Prof. Dr. iur. Paul Eitel / 2010 2
1. Einführung<br />
1.1 Ausgangslage<br />
Unternehmensnachfolge und Erbrecht<br />
ZIVILRECHTLICHE, INSBESONDERE ERBRECHTLICHE<br />
ASPEKTE DER UNTERNEHMENSNACHFOLGE *<br />
Unternehmen werden manchmal gerade auch von den direkt oder indirekt „Beteiligten“ als<br />
„(kleine) Königreiche“ bezeichnet, ihre Inhaber als „(kleine) Könige“, und mit Blick auf die Nach-<br />
folger ist dann von (Kron-)Prinzen die Rede. Entsprechend hat DRUEY die Grundproblematik der<br />
Unternehmensnachfolge mit Blick auf keinen Geringeren als Karl den Grossen und seine Nach-<br />
kommen wie folgt beschrieben 1 : „Als Karl der Grosse im Jahre 814 starb, hinterliess er sein<br />
ganzes riesiges Reich einem einzigen Sohn, Ludwig dem Frommen. Was sonst an Kindern vor-<br />
handen war, wurde übergangen, das Reich lebte als grosse Einheit eine Generation weiter. Als<br />
dann Ludwig der Fromme seinerseits seine Nachfolgeplanung zu machen hatte, gab ihm offen-<br />
bar die ihm nachgesagte Frömmigkeit ein, dass er seine verschiedenen Söhne gleichmässig<br />
berücksichtigen sollte. Er teilte deshalb sein Reich in drei (für heutige Begriffe immer noch riesi-<br />
ge) Teile. Es entstand daraus vor allem der Gegensatz Frankreich / Deutschland – Erzeuger<br />
unendlichen Blutvergiessens seither.“<br />
Unter dem Eindruck dieses Bildes ist man ferner versucht, etwa an Shakespeares König Lear zu<br />
denken. Dies namentlich insofern, als Lear seine Nachfolge unter Lebenden nicht einmal nur<br />
plante, sondern bereits auch durchführte, wobei er drei Töchter zu berücksichtigen hatte, denen<br />
er unterschiedliche Zuwendungen machte, worauf er selbst im Wahnsinn endete.<br />
Damit ist bereits angedeutet, welche modellhafte Ausgangslage der vorliegende Beitrag 2 vor-<br />
aussetzt 3 : nämlich ein Unternehmen, das einem Unternehmer gehört, der Nachkommen hat 4 ,<br />
von denen (regelmässig) einer die Nachfolge antreten soll 5 6 . Dabei entspricht die Wendung<br />
vom Unternehmen, das einem Unternehmer gehört, im Wesentlichen dem, was in der Literatur<br />
*<br />
Überarbeitete, aktualisierte und mit Beilagen versehene Fassung des in recht, Studienheft 6, 2003<br />
erschienenen Beitrags des Autors.<br />
1<br />
DRUEY, SSHW Band 67, S. 58.<br />
2<br />
Soweit im Folgenden männliche Personenbezeichnungen gewählt werden, umfassen diese männliche<br />
wie weibliche Personen.<br />
3<br />
Vgl. dazu nur FUMAGALLI / STEINER, S. 10 (Hervorhebung im Original): „Am naheliegendsten ist die<br />
Geschäftsübernahme durch einen Nachfolger aus der Familie, wo in der Regel die <strong>erbrechtliche</strong>n<br />
Lösungen dominieren.“<br />
4<br />
Worunter im Folgenden in aller Regel Kinder des Unternehmers verstanden werden.<br />
5<br />
Je nach Kontext geht es dabei um unterschiedliche „Unternehmensarten“ (vgl. zu den Begriffen des<br />
Unternehmens [bzw. des Unternehmers] SCHÖN, S. 11 ff.; ferner etwa HAUSHEER, ASR Heft 399, S.<br />
1 ff., 5 ff.; DRUEY, SJZ 74/1978, S. 337 f.; BÄR, S. 179 ff.).<br />
6<br />
Weiterführend zu den verschiedenen Fallgruppen HAUSHEER, FS Meier-Hayoz, S. 203 ff.<br />
© veb.ch / Prof. Dr. iur. Paul Eitel / 2010 3
Unternehmensnachfolge und Erbrecht<br />
auch etwa mit Etiketten wie „Führung und Kapital (Eigentum) in einer Hand“ (oder, schon nicht<br />
mehr „idealtypisch“, in der Hand einer Familie) u.dgl. versehen und als Charakteristikum von<br />
Familienunternehmen bezeichnet wird 7 (während bei den sog. „Publikumsgesellschaften“ re-<br />
gelmässig Führung und Kapital nicht [mehr] in einer Hand vereinigt sind [was unter dem Ge-<br />
sichtspunkt der „Corporate Governance“ besonders bedeutsam ist]).<br />
1.2 Übersicht<br />
Gegliedert sind die nachstehenden Ausführungen zunächst anhand der Unterscheidung zwi-<br />
schen bereits zu Lebzeiten des Unternehmers (Erblassers) 8 vollzogenen (2) und erst nach sei-<br />
nem Tod durchzuführenden Nachfolgen (3) 9 , wobei die Betrachtung aus <strong>erbrechtliche</strong>m Ge-<br />
sichtswinkel im Vordergrund steht 10 ; und wenn „trotz“ dieser erbrechtsbezogenen Sicht an erster<br />
Stelle die Unternehmensnachfolge unter Lebenden thematisiert wird 11 , so nicht zuletzt auf<br />
Grund der Beobachtung, dass z.B. gerade betont „anwenderorientierte“ sog. Leitfäden nicht nur<br />
(als „Minimum“) eine rechtzeitige Planung besonders empfehlen, sondern auch eine möglichst<br />
frühzeitige Umsetzung 12 .<br />
Nach den <strong>erbrechtliche</strong>n werden dann ehegüter- und gesellschaftsrechtliche Aspekte beleuchtet<br />
(4). Im Übrigen sei gleich vorweg eingeräumt, dass das Unternehmensnachfolgerecht 13 , wie<br />
7<br />
Vgl. nur AEBI-MÜLLER, § 13 Fn. 1; STAEHELIN, S. 117; FRANK, S. 193; sowie sogleich Fn. 19.<br />
8<br />
Mit Bezug auf einen künftigen Erbfall wird auch eine lebende Person „Erblasser“ genannt; WEIMAR,<br />
N. 4 der Einleitung (S. 2).<br />
9<br />
Vgl. z.B. FRANK, S. 193 („Der Begriff der Unternehmensnachfolge kann keine exakte juristische<br />
Definition beanspruchen. Er kennzeichnet den rechtstatsächlichen Vorgang, dass unternehmerisch<br />
strukturiertes Vermögen zu Lebzeiten im Wege vorweggenommer Erbfolge ... oder von Todes wegen<br />
von einem Rechtssubjekt auf ein anderes übertragen wird“) bzw. für anders ausgerichtete Gliederungen<br />
namentlich KÜNZLE, passim („Business Succession Planning Tools“, d.h. eine eindrückliche<br />
„Darstellung der Instrumente zur Sicherung des Fortbestands eines Unternehmens“ [S. 129]);<br />
ferner etwa (ähnlich wie hier, aber in erster Linie nicht mit Blick auf Nachkommen, sondern auf den<br />
überlebenden Ehegatten [und somit als Alternative zum vorliegenden Beitrag]) AEBI-MÜLLER, S.<br />
326-348 (Ausgangslage / Erbrechtliche Probleme im Zusammenhang mit der Unternehmensnachfolge<br />
/ Gestaltungsmöglichkeiten im Rahmen der verschiedenen Gesellschaftsformen / Verhältnis<br />
zwischen den Nachkommen und dem überlebenden Ehegatten).<br />
10<br />
Vgl. zur Rechtfertigung dieses Vorgehens nur 5 hienach sowie das Literaturverzeichnis; paradigmatisch<br />
dafür etwa HAUSHEER, FS Meier-Hayoz, S. 207 (Hervorhebung hinzugefügt): „Die Ergänzung<br />
des Erbrechts durch das Ehegüter- und Gesellschaftsrecht.“<br />
11<br />
Vgl. zur (mehr rechtspolitisch als dogmatisch gebotenen) „Notwendigkeit“ des Einbezugs auch lebzeitiger<br />
Vorgänge im Rahmen des (eigentlich ja „nur“ auf Nachlässe fokussierten) Erbrechts EITEL,<br />
ASR 613, § 1 Nrn. 4 ff.<br />
12<br />
Vgl. FUMAGALLI / STEINER, passim.<br />
13<br />
Allenfalls mag der Begriff „Unternehmensnachfolgerecht“ – abgesehen vom hier jedoch nicht weiter<br />
zu verfolgenden bäuerlichen Bodenrecht (vgl. HAUSHEER, ASR Heft 399, S. 29); siehe nur den Begriff<br />
des landwirtschaftlichen Gewerbes nach Art. 7 Abs. 2 BGBB sowie 3.1.1.2 hienach; weiterführend<br />
EITEL, FS Richli, passim - als etwas hochgestochen erscheinen (während sich z.B. „KMU-<br />
Recht“ bereits etabliert hat; vgl. z.B. die Sammelbände: Rechtsfragen rund um die KMU [LBR Band<br />
1], Zürich usw. 2003 und Neue Rechtsfugen rund um die KMU [LBR Band 12], Zürich 2006 [ferner<br />
auch Art. 2 lit. e FusG]); allemal geht es aber zumindest um die Frage, wie ein „typisches“ Anliegen<br />
(wie eben dasjenige der Unternehmensnachfolge) von der Rechtsordnung „als Ganzer“ geregelt ist<br />
bzw. von den Interessierten „bewältigt“ werden kann (vgl. STAEHELIN, S. 117); als insofern ver-<br />
© veb.ch / Prof. Dr. iur. Paul Eitel / 2010 4
Unternehmensnachfolge und Erbrecht<br />
etwa das Bank-, Bau-, Medien-, Sport- oder Verbraucherrecht, als „Sonderrechtsgebiet“ er-<br />
scheint, welches ein „Konglomerat von Regeln verschiedenster Herkunft“ 14 darstellt 15 . Selbst<br />
eine schlichte Problemübersicht muss daher im Rahmen einer möglichst kurz zu haltenden Ab-<br />
handlung relativ grobmaschig ausfallen.<br />
2. Nachfolge durch Unternehmensübertragung zu Lebzeiten des Unternehmers<br />
(Erblassers)<br />
2.1 Entgeltliche Übertragung<br />
2.1.1 Vorbemerkungen 16<br />
In der Praxis sind (voll) entgeltliche lebzeitige Unternehmensübertragungen zwar durchaus auch<br />
dann anzutreffen, wenn der Nachfolger Nachkomme des Unternehmers (Erblassers) ist. Indes-<br />
sen steht bei „familieninternen“ Lösungen regelmässig die (ganz oder teilweise) unentgeltliche<br />
Übertragung des Unternehmens (unter Lebenden oder von Todes wegen 17 ) im Vordergrund 18 .<br />
Dem entspricht m.E. auch die gängige, unterschiedliche Terminologie; denn in aller Regel ist<br />
nur mit Blick auf „tendenziell“ unentgeltliche Übertragungen die Rede von „Unternehmensnach-<br />
folgen“, während entgeltliche Übertragungen ebenso regelmässig als „Unternehmensübernah-<br />
gleichbar erscheint etwa das Anliegen der (maximalen oder optimalen) Begünstigung des überlebenden<br />
Ehegatten (paradigmatisch dazu der Titel der Dissertation von AEBI-MÜLLER).<br />
14 So (bezogen auf das Bankrecht) WOLFGANG WIEGAND / JÜRG WICHTERMANN, Der Einfluss des Privatrechts<br />
auf das öffentliche Bankrecht, in: Die Banken im Spannungsfeld zwischen öffentlichem<br />
Recht und Privatrecht, Bern 1999 (BBT Band 6), S. 119 ff., 122; vgl. ferner auch KÜNZLE, S. 127 f.<br />
Hinzu kommt, dass gerade Unternehmensnachfolgefragen durchaus auch „disziplinenübergreifend“<br />
betrachtet werden können; vgl. dazu den Band 67 der SSHW (Zürich 1982), mit Beiträgen wie:<br />
CHRISTIAN GASSER, Psychologische Aspekte der Nachfolgeplanung (S. 3 ff.); HANS SIEGWART, Die<br />
Probleme der Nachfolgeplanung aus betriebswirtschaftlicher Sicht (S. 11 ff.); ALBERT BÜRKLER, Das<br />
Nachfolgeproblem aus der Sicht des Bankiers (S. 33 ff.); sowie auch FUMAGALLI / STEINER, passim.<br />
15 Vgl. dazu erneut DRUEY (Pflichtteil, S. 148): „Lassen wir einmal dahingestellt, ob diese schöne Geschmeidigkeit<br />
des Zivilrechts wirklich den ursprünglichen Zielsetzungen der Beteiligten und nicht<br />
vielmehr der Steuerersparnis dient, sodass der zivil- und handelsrechtliche Berater nicht in erster<br />
Linie den Kunden, sondern den Steuerberater zu seinem Chef hat.“ – Siehe allgemein namentlich<br />
THOMAS KOLLER, Privatrecht und Steuerrecht, Eine Grundlagenstudie zur Interdependenz zweier<br />
Rechtsgebiete, Bern 1993; spezifisch ferner etwa FRANCIS CAGIANUT, Steuerrechtliche Probleme bei<br />
der Unternehmernachfolge, in: Der Generationenwechsel im Familienunternehmen, Zürich 1982<br />
(SSHW Band 67), S. 43 ff.; sowie weiterführend zuletzt namentlich MICHAEL JOSEF SCHÖBI, Die <strong>erbrechtliche</strong><br />
Bedeutung von Steuern, Diss. Freiburg 1999, Au 1999; AEBI-MÜLLER, N. 13.64 ff.; KÜNZLE<br />
und STAEHELIN, je passim; MADELEINE SIMONEK, Steuerliche Probleme der Geschäftsnachfolge bei<br />
Ableben eines Personenunternehmers, unter Berücksichtigung der direkten Bundessteuer und der<br />
Steuern des Kantons Bern, Bern 1994 (BBSW Heft 8); DIES., Erbteilung eines Einzelunternehmens<br />
- Steuerfolgen ausgewählter Gestaltungen, in: BN 1995, S. 81 ff.; DIES., Der Erbvorbezug eines Unternehmens<br />
aus einkommenssteuerlicher Sicht, in: ZBJV 133/1997, S. 733 ff. DIES., Beteiligungsübertragung<br />
an KMU - Steuerrechtliche Hürden und Auswege, in: Neue Rechtsfragen rund um die<br />
KMU, Zürich 2006 (LBR Band 12), S. 189 ff.<br />
16 Vgl. Beilage 1.<br />
17 Vgl. zur Frage, ob ein <strong>erbrechtliche</strong>r Erwerb durch einen Nachkommen des Erblassers in der Tat<br />
auf einer unentgeltlichen Zuwendung beruhe, EITEL, ASR 613, § 1 Nrn. 34 ff.<br />
18 Vgl. AEBI-MÜLLER, N. 13.09.<br />
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Unternehmensnachfolge und Erbrecht<br />
men“ 19 bezeichnet werden 20 . Wenn nun zunächst kurz auf diese eingegangen wird, so einmal<br />
der Vollständigkeit halber, dann aber auch zwecks Verdeutlichung von wesentlichen Problemen<br />
bei „eigentlichen“ Unternehmensnachfolgen.<br />
2.1.2 Vorzüge<br />
Die entgeltliche Übertragung des Unternehmens bereits unter Lebenden erscheint vorab inso-<br />
fern als besonders vorteilhaft, als sie aus <strong>erbrechtliche</strong>r Sicht unproblematisch ist, d.h. die ent-<br />
sprechende Zuwendung 21 erbrechtlich gar nicht berücksichtigt wird 22 . Dasselbe gilt sodann in<br />
Bezug auf die Auswahl des oder der „geeigneten“ Nachfolger 23 - ganz abgesehen vom Vorteil 24 ,<br />
dass damit auch in dieser wesentlichen „Personalfrage“ relativ frühzeitig uneingeschränkte Klar-<br />
heit geschaffen ist. Mit dem FusG wurde die Übertragung zudem in mehrfacher Hinsicht „tech-<br />
nisch“ erleichtert 25 .<br />
2.1.3 „Restrisiken“<br />
Probleme treten vor allem dann auf, wenn der Nachfolger nach dem Erwerb den Eindruck ge-<br />
winnt, das Unternehmen sei den vereinbarten Preis gar nicht wert 26 . Nach der nicht unumstritte-<br />
19 Vgl. dazu paradigmatisch z.B. (gegenüber der Umschreibung bei FRANK [zit. soeben in Fn. 9]) den<br />
Titel der Habilitationsschrift von WATTER bzw. (S. 29 ff.) die „Motive für Gesellschaftsübernahmen“,<br />
wo als „persönliche Gründe“ beim Verkäufer erwähnt werden (N. 85 ff.): „Nachfolgeprobleme“<br />
(stichwortartig: geeigneter Nachwuchs fehlt) und „Streit in der Familien-AG“ (stichwortartig: Eigentum<br />
und Führung decken sich nicht mehr). - Im Übrigen liegt auf der Hand, dass der Erwerber (früher<br />
oder später) dasselbe „Affektionsinteresse“ am Unternehmen entwickeln kann wie seinerzeit<br />
der Veräusserer (Erblasser); vgl. dazu (grundsätzlich) THOMAS KOLLER, „Eine Kuh macht Muh, viele<br />
Kühe machen Mühe“! - oder vom sachenrechtlichen Umgang mit dem Embryotransfer bei Tieren,<br />
in: Aktuelle Aspekte des Schuld- und Sachenrechts, Festschrift für Heinz Rey zum 60. Geburtstag,<br />
Zürich usw. 2003, S. 53 ff., 57 f.<br />
20 Sodann seien, als gleichsam „uneigentliche Unternehmensübertragungen“, die Übertragungen von<br />
Unternehmen in Stiftungen mit dem einzigen (oder überwiegenden) Zweck der Perpetuierung dieser<br />
Unternehmen erwähnt; vgl. dazu EITEL, FS Riemer, passim, sowie 5 hienach.<br />
21 „Unter einer Zuwendung versteht man „eine Handlung, durch die jemand einem andern einen Vermögensvorteil<br />
verschafft, und zweitens den durch die Handlung gewährten Vermögensvorteil<br />
selbst“ (PETER WEIMAR, Zehn Thesen zur <strong>erbrechtliche</strong>n Ausgleichung, in: Familie und Recht, Festgabe<br />
der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Freiburg für Bernhard Schnyder zum<br />
65. Geburtstag, Freiburg 1995, S. 833 ff., 833 [Hervorhebung im Original, mit Hinweis auf VON TUHR<br />
/ PETER]); vgl. seither namentlich MICHÈLE WINISTÖRFER, Die unentgeltliche Zuwendung im Privatrecht,<br />
<strong>insbesondere</strong> im Erbrecht, Diss. Zürich 2000 (ZStP Band 162).<br />
22 Vgl. EITEL, ASR 613, § 1 Nr. 4 (vorbehalten bleibt [wenn überhaupt] einzig ein [ohnehin seltener]<br />
Fall der Anwendbarkeit von Art. 494 Abs. 3 ZGB [siehe PIOTET, SPR IV/1, S. 181 f.]). – Als heikel<br />
kann sich die entgeltliche Veräusserung dagegen aus steuerlicher Sicht erweisen (Stichwort dazu:<br />
Erbenholding; vgl. etwa STAEHELIN, S. 139 ff. und das höchstgerichtliche Urteil 2A.331/2003 vom<br />
11.6.2004 [welches geradezu einen Sturm der Entrüstung im literarischen Blätterwald entfacht und<br />
sogar den Gesetzgeber auf den Plan gerufen hat]).<br />
23 Welcher bei „eigentlichen“ Unternehmensverkäufen oft gar nicht als solcher, sondern „nur“ als<br />
(„gewöhnlicher“) Erwerber bezeichnet wird (<strong>insbesondere</strong> dann, wenn es sich bei diesem nicht um<br />
einen Nachkommen des Erblassers handelt).<br />
24 Vgl. FUMAGALLI / STEINER, S. 10 f.<br />
25 Auch die unentgeltliche; Stichwort dazu: Universalsukzession; vgl. EITEL, FS Hausheer, Fn. 90.<br />
26 Damit einher gehen können sodann <strong>insbesondere</strong> Probleme bei der Tilgung eventuell noch nicht<br />
fälliger Restkaufpreise (u.dgl.); vgl. ferner zum steuerlichen Aspekt KÜNZLE, S. 132.<br />
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Unternehmensnachfolge und Erbrecht<br />
nen Praxis des Bundesgerichts 27 – welches diese allerdings gerade mit Blick auf den „Erwerb<br />
eines Handelsgeschäfts durch Kauf aller Aktien“ 28 (stichwortartig: share deal, nicht asset deal)<br />
als notwendig bezeichnet 29 – hat dann „der Käufer bei unrichtiger Erfüllung die Wahl, ob er ge-<br />
mäss Art. 197 ff. OR auf Gewährleistung klagen oder nach Art. 97 ff. OR Schadenersatz wegen<br />
Nichterfüllung verlangen oder den Vertrag wegen eines Willensmangels im Sinne von Art. 23 ff.<br />
OR anfechten will...“ 30 Entsprechend werden in der Literatur hauptsächlich diesbezügliche Prob-<br />
lemstellungen und (rechtsgeschäftliche) Lösungsvorschläge – je nachdem aus Verkäufer- oder<br />
Käuferoptik – diskutiert 31 .<br />
2.2 Allgemeiner Exkurs: Das Problem der Unternehmensbewertung<br />
2.2.1 Verkehrswertprinzip<br />
Soeben angesprochen worden ist sodann aber auch eine Kernproblematik, welche (aus unter-<br />
schiedlichen Blickwinkeln) jegliche Nachfolgeregelung aufwirft, nämlich diejenige der Bewertung<br />
des Unternehmens 32 . Verschiedene Gesetzesbestimmungen beziehen sich darauf. Was zu-<br />
nächst das hier im Vordergrund des Interesses stehende Erbrecht anbelangt, so ist auf Art. 617<br />
ZGB zu verweisen, welcher festlegt, dass Grundstücke den Erben zum Verkehrswert anzurech-<br />
nen sind (der ihnen im Zeitpunkt der Teilung zukommt) 33 . Es ist unbestritten, dass diese Vor-<br />
schrift nicht nur für Grundstücke gilt, sondern für das zu teilende Vermögen schlechthin, wie<br />
27 Vgl. allgemein dazu zuletzt namentlich PETER GAUCH, Sachgewährleistung und Willensmängel beim<br />
Kauf einer mangelhaften Sache – Alternativität der Rechtsbehelfe und Genehmigung des Vertrages,<br />
BGE 127 III 83 ff., in: recht 19/2001, S. 184 ff.; BETTINA HÜRLIMANN-KAUP, Art. 28 OR und kaufrechtliche<br />
Sachgewährleistung bei absichtlicher Täuschung des Käufers, in: ZBJV 138/2002, S. 137<br />
ff.; HEINRICH HONSELL, Die Konkurrenz von Sachmängelhaftung und Irrtumsanfechtung – Irrungen<br />
und Wirrungen in: SJZ 103/2007, S. 137 ff.<br />
28 Leitsatz zu BGE 107 II 419 ff.<br />
29 BGE 107 II 422, E. 1 (<strong>insbesondere</strong> mit Blick auf die [ebenfalls nicht unumstrittene] Praxis, wonach<br />
sich die gesetzliche Gewährleistung nicht auf die Vermögenswerte der Gesellschaft beziehe, sondern<br />
auch bei einem Verkauf aller Aktien bloss für den Bestand und Umfang der damit veräusserten<br />
Rechte gegeben sei [so dass der Verkäufer für den wirtschaftlichen Wert der Aktien nur dann hafte,<br />
wenn er dafür besondere Zusicherungen abgegeben habe]).<br />
30 BGE 107 II 421, E. 1.<br />
31 Vgl. (neben WATTER, S. 135 ff.) zuletzt etwa (je mit weiterführenden Hinweisen) MARKUS VISCHER,<br />
Sachgewährleistung bei Unternehmenskäufen, in: SJZ 97/2001, S. 361 ff.; DERS., Übergang von<br />
Nutzen und Gefahr beim Unternehmenskaufvertrag, in: Jusletter 25. Juli 2004; DERS., Rechtsgewährleistung<br />
beim Unternehmenskauf, in: SJZ 101/2005, S. 233 ff.; THERESE AMSTUTZ, Ausschluss<br />
der Gewährleistung von Sachmängeln beim Unternehmenskauf, Ausschluss wegen Kenntnis oder<br />
Kennensollen von Sachmängeln, in: ST 2002, S. 1109 ff. – Die Diagnose von VISCHER (S. 361), es<br />
seien viele Vertragsmuster angloamerikanisch geprägt, gilt, was die Terminologie betrifft, zunehmend<br />
auch für die Thematik der („eigentlichen“) Unternehmensnachfolge schlechthin; vgl. KÜNZLE,<br />
passim.<br />
32 Allgemein dazu namentlich SCHÖN, passim. In Bezug auf analoge Fragestellungen für Vermögenswerte<br />
von oft vergleichbarer Bedeutung vgl. ferner MARTINA FIERZ, Der Verkehrswert von Liegenschaften<br />
aus rechtlicher Sicht, Diss. Zürich 2001 (ZStP Band 171).<br />
33 Vgl. ferner die Art. 522 Abs. 1 und 630 Abs. 1 ZGB, sowie auch die Art. 474 Abs. 1 und 537 Abs. 2<br />
ZGB betr. „Vermögensstand“.<br />
© veb.ch / Prof. Dr. iur. Paul Eitel / 2010 7
Unternehmensnachfolge und Erbrecht<br />
auch für die <strong>erbrechtliche</strong> Berücksichtigung unentgeltlicher lebzeitiger Zuwendungen der mass-<br />
gebende Wert (zu den massgebenden Zeitpunkten) der Verkehrswert ist 34 (ergänzend sei z.B.<br />
auf den nach Art. 211 ZGB für die güterrechtliche Auseinandersetzung bei der Errungenschafts-<br />
beteiligung massgebenden „Verkehrswert“ und den „wirklichen Wert“ nach dem aktienrechtli-<br />
chen Art. 685b Abs. 4 OR 35 hingewiesen). Dieser wird in der Lehre etwa umschrieben als „der-<br />
jenige Wert, der bei einer Veräusserung im gewöhnlichen Geschäftsverkehr unter normalen<br />
Verhältnissen an einen Dritten, der nicht beliebig lang gesucht werden muss, erzielt werden<br />
könnte.“ 36<br />
2.2.2 Weitere erbrechtlich relevante Werte; <strong>insbesondere</strong>: Ertragswert<br />
Gerade das Erbrecht verwendet neben dem Begriff „Verkehrswert“ auch noch andere relevante<br />
„Wertbegriffe“. So ist in den Art. 476 und 529 ZGB mit Blick auf „Versicherungsansprüche“<br />
(Randtitel) die Rede vom sog. „Rückkaufswert“. In Art. 530 ZGB sodann geht es mit Blick auf<br />
Nutzniessungsansprüche und Renten um deren „Kapitalwert“ (auch: Barwert). Und in Art. 613a<br />
ZGB erwähnt wird der „Nutzwert“ (dies in Anlehnung an Art. 17 Abs. 2 BGBB; dieser Nutzwert<br />
entspricht im Wesentlichen dem Verkehrswert). Seit dem Inkrafttreten des BGBB im allgemei-<br />
nen, „bürgerlichen“ Erbrecht des ZGB nicht mehr enthalten dagegen ist der Begriff „Ertrags-<br />
wert“.<br />
Das bäuerliche Erbrecht beruht auf dem sog. Ertragswertprinzip, in Kombination mit dem sog.<br />
Selbstbewirtschafterprinzip. So legt Art. 17 Abs. 1 BGBB fest: „Das landwirtschaftliche Gewerbe<br />
wird dem selbstbewirtschaftenden Erben zum Ertragswert an den Erbteil angerechnet.“ Zudem<br />
enthält das BGBB in Art. 10 Abs. 1 eine Legaldefinition des Begriffs „Ertragswert“. Dieser „ent-<br />
spricht dem Kapital, das mit dem Ertrag eines landwirtschaftlichen Gewerbes … bei landesübli-<br />
cher Bewirtschaftung zum durchschnittlichen Zinssatz für erste Hypotheken verzinst werden<br />
kann..“ (es folgen weitere Präzisierungen; zudem ist die Verordnung über das bäuerliche Bo-<br />
denrecht [VBB] einschlägig).<br />
Traditionellerweise erscheinen die Begriffe „Verkehrswert“ und „Ertragswert“ gleichsam als Ge-<br />
genbegriffe. Namentlich das alte als auch noch das geltende bäuerliche Erbrecht differenziert<br />
ganz grundsätzlich zwischen Verkehrswert und Ertragswert. Entsprechend gibt es im bäuerli-<br />
chen Erbrecht auch ein gesetzliches Gewinnanteilsrecht (Gewinnbeteiligungsrecht) der Miterben<br />
(Art. 28 ff. BGBB). Diese „klassische“ Konzeption der kategorischen Unterscheidung zwischen<br />
Verkehrs- und Ertragswert beruht zudem mehr oder weniger unausgesprochen auf der Annah-<br />
me, dass es „allgemein gültige“ Methoden zur Ermittlung von Verkehrs- und Ertragswerten kon-<br />
34<br />
Vgl. nur DRUEY, SJZ 74/1978, S. 341.<br />
35<br />
Vgl. 4.2.3 hienach.<br />
36<br />
So STAEHELIN, zit. bei EITEL, KMU und Pflichtteilsrecht, S. 51 (Fn. 16).<br />
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Unternehmensnachfolge und Erbrecht<br />
kreter Unternehmen gebe. In der Literatur, und zwar in der betriebswirtschaftlichen wie in der<br />
juristischen, vor allem aber auch in der Praxis des Bundesgerichts zeichnet sich indessen ein<br />
Trend weg von der herkömmlichen Betrachtungsweise ab 37 .<br />
2.2.3 Zwei Schlaglichter: Unternehmenswert und Unternehmensbewertung in der neueren<br />
Rechtsprechung des Bundesgerichts<br />
Für die Ermittlung der (wirklichen) Unternehmens(verkehrs)werte sind die jeweils daran interes-<br />
sierten Parteien (aussergerichtlich wie gerichtlich) auf den Beizug von Experten angewiesen 38 .<br />
Und geht es „hart auf hart“, so scheint z.B. die berühmte sog. „Praktikermethode“ weitgehend<br />
ausgedient zu haben; denn in der einschlägigen Lehre werden zunehmend differenziertere Me-<br />
thoden entwickelt, und es wird ein geradezu auf den konkreten Einzelfall massgeschneidertes<br />
Vorgehen empfohlen, was sich auch in zwei neueren - im Rahmen <strong>erbrechtliche</strong>r Auseinander-<br />
setzungen und zu aArt. 686 Abs. 4 bzw. Art. 685b Abs. 4 OR ergangenen – höchstgerichtlichen<br />
Urteilen niederschlägt 39 .<br />
Das eine Urteil (betreffend die Bewertung einer AG, welche u.a. einen unrentablen Kinobetrieb<br />
führte) ist, nachdem in ökonomischer Hinsicht der Liquidationswert die Wertuntergrenze eines<br />
Unternehmens bildet, insofern bemerkenswert, als dem Bundesgericht zufolge nicht auf einen<br />
allenfalls höheren Liquidationswert abgestellt werden könne, wenn eine bisher (ohne Schädi-<br />
gungsabsicht) betriebene Niedrigertragspolitik fortgeführt werden wolle 40 . Und im anderen (frei-<br />
lich in der amtlichen Sammlung nicht publizierten) Urteil 41 (betreffend die Aktien eines Garagen-<br />
betriebs) schloss sich das Bundesgericht mit Blick auf die Frage, ob neben dem Ertragswert<br />
auch (wenngleich schwach, nämlich im Verhältnis 10:1) der Substanzwert zu berücksichtigen<br />
oder aber ausschliesslich auf den Ertragswert abzustellen sei, der Betrachtungsweise der Vor-<br />
instanz und der Obergutachterin 42 an, u.a. mit Hinweis auf die neuere Lehre, in welcher das<br />
alleinige Abstellen auf den Ertragswert ebenfalls vertreten und ganz allgemein für Mittel- und<br />
Kleinunternehmen ein vereinfachtes Verfahren auf der Basis des Ertragswertes mit oder ohne<br />
Beizug des Substanzwertes vorgeschlagen werde – mit dem Ergebnis, dass in concreto allein<br />
37<br />
Vgl. EITEL, KMU und Pflichtteilsrecht, S. 50 ff.<br />
38<br />
Vgl. dazu und zum Folgenden EITEL, FS Hausheer, S. 499 ff. (m.w.H.); ferner etwa HELBLING, passim.<br />
39<br />
Vgl. zu diesen auch ANDREAS FLÜCKIGER, Richtlinien des Bundesgerichts für die Aktienbewertung,<br />
Was ist der „wirkliche“ Aktienwert nach Art. 685b OR?, in: ST 2003, S. 263 ff.<br />
40<br />
Vgl. BGE 120 II 262 ff., E. 2 c; siehe zu diesem Urteil auch die Kritik bei PETER NOBEL, Bestimmung<br />
des wirklichen Wertes von Aktien ohne Börsenkurs, in: recht 14/1996, S. 121 ff. (<strong>insbesondere</strong> mit<br />
der Forderung [S. 123 f.], dass auf dem Hintergrund einer solchen Praxis „im Rahmen der Unternehmensbewertung<br />
strikte zwischen betriebsnotwendiger und nicht betriebsnotwendiger Substanz“<br />
unterschieden werden müsse [siehe dazu wiederum sogleich Fn. 43]).<br />
41<br />
Vgl. 4C.363/2000 vom 3.4.2001, E. 2 c; sowie Beilage 2.<br />
42<br />
Die beiden Gutachten, welche vorlagen, wichen erheblich voneinander ab: CHF 8'900'000 (bzw.<br />
CHF 44'500 pro Aktie) gemäss der erstinstanzlich eingeholten Expertise, CHF 6'000'000 (bzw. CHF<br />
30'000 pro Aktie) gemäss der zweitinstanzlich in Auftrag gegebenen Oberexpertise.<br />
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Unternehmensnachfolge und Erbrecht<br />
auf den Ertragswert abzustellen sei, weil dieser und der Substanzwert so weit auseinander klaff-<br />
ten, dass das Unternehmen offensichtlich ausserstande sei, aus den im Anlagevermögen ge-<br />
bundenen Aktiven einen angemessenen Ertrag zu erwirtschaften und die Fortführung des Un-<br />
ternehmens gleichwohl ausser Frage stehe; diesfalls sei der Substanzwert, soweit er den Er-<br />
tragswert übersteige, ohne Bedeutung und vermöge den Verkehrswert des Unternehmens aus<br />
der Sicht der potentiellen Käufer nicht mehr zu beeinflussen 43 .<br />
2.3 Unentgeltliche Übertragung<br />
2.3.1 Erbrechtliche Berücksichtigung unentgeltlicher lebzeitiger Zuwendungen im Allgemeinen:<br />
Ausgleichung und Herabsetzung<br />
Erfolgt die Unternehmensübertragung unter Lebenden nicht entgeltlich, sondern unentgeltlich,<br />
so ist sie regelmässig erbrechtlich gerade dann besonders relevant, wenn es sich beim Erwer-<br />
ber um einen Nachkommen des Unternehmers (Erblassers) handelt. Die <strong>erbrechtliche</strong> Berück-<br />
sichtigung einer entsprechenden Zuwendung 44 erfolgt im Wege der Ausgleichung oder der<br />
pflichtteilsrechtlichen (Hinzurechnung und) Herabsetzung und ergibt sich aus ihrer (zumindest<br />
rechnerischen) Hinzufügung zum reinen Nachlass (relictum) als den beim Hinschied des Erb-<br />
lassers in seinem Vermögen noch enthaltenen, von Todes wegen übertragbaren Gütern 45 . Nach<br />
herrschender Auffassung und Terminologie resultiert aus der ausgleichungsrechtlichen Beifü-<br />
gung einer Zuwendung die Teilungsmasse, aus der herabsetzungs- bzw. pflichtteilsrechtlichen<br />
Hinzurechnung die Pflichtteilsberechnungsmasse (Erbmasse). Gegebenenfalls werden dabei<br />
die herabsetzbaren Zuwendungen unter Lebenden zur Ermittlung der Pflichtteilsberechnungs-<br />
masse der Teilungsmasse hinzu gezählt 46 .<br />
43<br />
Unterschiedlich waren die Expertenmeinungen in drei Fragen; die beiden anderen betrafen die Verkehrswertermittlung<br />
zweier Grundstücke bzw. die Abgrenzung Betriebsnotwendigkeit / Nichtbetriebsnotwendigkeit<br />
in Bezug auf bestimmte Liegenschaften und Anlagen; vgl. Urteil 4C.363/2000,<br />
E. 1 a.<br />
44<br />
Unentgeltliche Zuwendung par excellence und gleichzeitig „Hauptfall“ nicht bloss der<br />
45<br />
herabsetzbaren (vgl. nur Art. 527 Ziff. 3 ZGB), sondern (nach herrschender Auffassung und nun<br />
ebenso nach der Praxis des Bundesgerichts; vgl. BGE 131 III 49 ff. und dazu EITEL, Jusletter 10.<br />
April 2006, Rz 6 ff.) auch der ausgleichungspflichtigen Zuwendung ist die Schenkung.<br />
Vgl. dazu und zum Folgenden Art. 626 ff. bzw. Art. 474 ff. i.V.m. Art. 527 f. ZGB; EITEL, ZBJV<br />
134/1998, S. 733 f. (m.w.H.).<br />
46<br />
Mitunter müssen in ein und demselben Erbgang sowohl der Ausgleichung als auch der Herabsetzung<br />
unterliegende Zuwendungen berücksichtigt werden (anschaulich dazu HAUSHEER / AEBI-<br />
MÜLLER, FS VbN, passim). Zudem steht die Herabsetzung jedenfalls insofern in einem Subsidiaritätsverhältnis<br />
zur Ausgleichung, als nicht auch noch kraft Herabsetzungsrechts zum reinen Nachlass<br />
hinzu gerechnet werden kann, was diesem bereits kraft Ausgleichungsrechts beigemischt worden<br />
ist; vgl. EITEL, a.a.O.; vgl. zur „Mechanik“ von Ausgleichung und Herabsetzung Beilagen 3 und<br />
4.<br />
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Unternehmensnachfolge und Erbrecht<br />
Mit Blick auf den vorhandenen Gestaltungsspielraum 47 ist sodann hervorzuheben, dass einer-<br />
seits der Erblasser, sofern eine Zuwendung an sich überhaupt der Ausgleichung unterliegen<br />
würde, den Empfänger von der Ausgleichungspflicht befreien kann, andererseits der Empfänger<br />
einer an sich ausgleichungspflichtigen Zuwendung der Ausgleichung durch Ausschlagung 48 zu<br />
entgehen vermag 49 . Der Herabsetzung dagegen kann er sich nicht entziehen, und auch der Erb-<br />
lasser ist an die Vorschriften des Pflichtteilsrechts gebunden. Im Übrigen kommt es ohne ent-<br />
sprechende (zusätzliche) Anordnung des Erblassers nach der höchstgerichtlichen Praxis regel-<br />
mässig nur (aber immerhin) dann zur (gesetzlichen) Ausgleichung (unter den Nachkommen),<br />
wenn der Empfänger ein erbender Nachkomme ist und der Erblasser das Verhältnis der gesetz-<br />
lichen Erbteile der Nachkommen nicht durch Verfügung von Todes wegen modifiziert hat 50 .<br />
2.3.2 Rückgängigmachung der vollzogenen Nachfolge?<br />
Als vorteilhaft erscheint, wie bei der entgeltlichen, so auch bei der unentgeltlichen Nachfolge<br />
unter Lebenden, dass die „Personalfrage“ relativ frühzeitig geklärt wird, obgleich die Lösung hier<br />
- zumindest wenn es sich um eine AG oder eine GmbH handelt, aber grundsätzlich doch wohl<br />
auch, wenn ein Einzelunternehmen übertragen wird - nicht schon per se in Stein gemeisselt ist.<br />
So hat der Nachfolger als Ausgleichungsschuldner nach der – freilich dispositiven – gesetzli-<br />
chen Regelung 51 das Recht, das Unternehmen statt nur „durch Anrechnung dem Werte nach“<br />
(Wertausgleichung, Idealkollation) „durch Einwerfung in Natur“ (Naturalausgleichung, Realkolla-<br />
tion) zur Ausgleichung zu bringen 52 . Er kann mithin die seinerzeit im Einverständnis mit dem<br />
Erblasser getroffene Nachfolgeregelung nach dessen Tod ganz oder teilweise torpedieren. Geht<br />
es um ein Einzelunternehmen 53 , so stellt sich mit Blick auf die konkrete Abwicklung einer sol-<br />
chen Naturalausgleichung eine Reihe bisher noch nicht hinreichend geklärter Fragen. Sie rüh-<br />
ren daher, dass die in Judikatur und Literatur für die Anwendung von Art. 628 ZGB entwickelten<br />
Prinzipien trotz der gleichsam umfassenderen Vorgabe in Art. 626 Abs. 2 ZGB 54 auf Zuwendun-<br />
47<br />
Grundsätzlich zu den Vorzügen der (sukzessiven) Vermögensüberführung auf die nächste Generation<br />
schon durch Geschäfte unter Lebenden KÜNZLE, S. 129.<br />
48<br />
Vgl. dazu aber bei Fn. 85 hienach.<br />
49<br />
Vgl. dazu und zum Folgenden EITEL, a.a.O., S. 731 (m.w.H.).<br />
50<br />
Vgl. BGE 124 III 102 ff. Vgl. für weitere Charakteristika von Ausgleichung und Herabsetzung EITEL,<br />
ZBJV 142/2006, S. 461 ff. (Gesichtspunkte: Zuwendungen unter Lebenden / Zuwendungen von Todes<br />
wegen; Zwecke; Mechanik der Einrechnung; Subjekte; Inhalt allfälliger Leistungspflichten; Nebenansprüche;<br />
Fristen; Surrogation; Klagearten).<br />
51<br />
Vgl. für (dem Grundsatze nach) mögliche „Kautelen“ gegen ein solches, dem mutmasslichen Willen<br />
des Erblassers zuwider laufendes Vorgehen BENN, S. 266 f.<br />
52<br />
Vgl. Art. 628 ZGB; sowie zur Terminologie die Hinweise bei EITEL, ASR 613, § 5 Nrn. 27 ff. – Relativierend<br />
zur Tragweite des Wahlrechts SEEBERGER, S. 223 f.<br />
53<br />
Die (in der <strong>erbrechtliche</strong>n Lehre bisher kaum behandelte) Einwerfung eines unter Lebenden empfangenen<br />
Einzelunternehmens in Natur erachtet jedenfalls die steuerrechtliche Literatur ohne weiteres<br />
als zulässig; vgl. EITEL, FS Hausheer, S. 505 (m.w.H.).<br />
54<br />
Stichwort: Vermögensabtretung.<br />
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Unternehmensnachfolge und Erbrecht<br />
gen einzelner Vermögenswerte und nicht „ganzer Vermögensmassen“ zugeschnitten sind 55 .<br />
M.E. rechtfertigt es sich, die Erfüllung der Ausgleichungspflicht wegen der lebzeitigen Abtretung<br />
eines Einzelunternehmens im Wege der Ausgleichung in Natur und nach Massgabe der Grund-<br />
sätze der vermögensrechtlichen Surrogation 56 zuzulassen.<br />
Ebenso diffus ist die Rechtslage hinsichtlich einer allfälligen herabsetzungsrechtlichen Rückleis-<br />
tungspflicht nach Art. 528 ZGB. Hier besteht (auch mit Blick auf Art. 526 ZGB) z.B. sogar Un-<br />
klarheit darüber, ob der Anspruch des Berechtigten (gegebenenfalls unabhängig von der dingli-<br />
chen oder persönlichen Natur der Erstattungsklage) regelmässig auf Rückleistung in natura<br />
oder aber dem Werte nach gehe 57 .<br />
2.3.3 Wertveränderungen / „Nebenansprüche“<br />
2.3.3.1 Allgemeines; Todestagsprinzip<br />
Als gerade bei unentgeltlichen Unternehmensnachfolgen unter Lebenden besonders heikel er-<br />
weist sich sodann bereits grundsätzlich die Bewertungsproblematik 58 . Denn hier genügt es nicht<br />
zum Vornherein, eine (ohnehin schon anspruchsvolle 59 ) Bewertung auf einen bestimmten Stich-<br />
tag vorzunehmen 60 . Das Gesetz bezeichnet dafür den Tag (der Eröffnung) des Erbganges bzw.<br />
des Todes des Erblassers als massgebend 61 : sog. Todestagsprinzip 62 .<br />
Allenfalls zusätzlich zu berücksichtigen sind sodann Ansprüche, welche (teilweise) im Zusam-<br />
menhang mit zwangsläufig auftretenden Wertveränderungen (des Gegenstandes) der lebzeiti-<br />
gen Zuwendung (<strong>insbesondere</strong> wenn es sich dabei um ein Unternehmen handelt) im (gegebe-<br />
nenfalls Jahrzehnte ausmachenden) Zeitraum zwischen ihrer Ausrichtung und der Erbgangser-<br />
öffnung stehen - was voraus setzt, dass auch der Wert im Zuwendungszeitpunkt ermittelt wer-<br />
den kann; und eine weitere Akzentuierung ergibt sich, wenn der Nachfolger das Unternehmen in<br />
55<br />
Vgl. dazu und zum Folgenden EITEL, FS Hausheer, S. 504 ff.; DERS., Berner Kommentar, N. 34 ff.<br />
zu Art. 628 ZGB.<br />
56<br />
Vgl. <strong>insbesondere</strong> (analog) die Art. 197 Abs. 2 Ziff. 5 und 198 Ziff. 4 ZGB; bzw. zu den allgemeinen<br />
Lehren von der Surrogation namentlich BRUNO HUWILER, Beiträge zur Dogmatik des neuen ordentlichen<br />
Güterstandes der Errungenschaftsbeteiligung, in: Das neue Ehe- und Erbrecht des ZGB mit<br />
seiner Übergangsordnung und seinen Auswirkungen auf das Scheidungs-, Miet-,<br />
Handels-, Steuer- und Betreibungsrecht, Bern 1988 (BTJP 1987), S. 63 ff., 79 ff.<br />
57<br />
Vgl. EITEL, ZBJV 134/1998, S. 757 f. (m.w.H., u.a. auf BGE 110 II 228 ff. [zu diesem sogleich auch<br />
2.3.3.2]).<br />
58<br />
Allerdings nicht, weil (wie bei der entgeltlichen Übertragung) wegen nicht in Erfüllung gegangener<br />
Erwartungen der Veräusserer dafür verantwortlich gemacht werden soll (vgl. zum Grundsätzlichen<br />
ALFRED KOLLER, Einem geschenkten Gaul schaut man nicht ins Maul, Bedeutung und Herkunft der<br />
Parömie und ihre Umsetzung in Art. 248 OR und den Nachbarrechten, in: Der Allgemeine Teil und<br />
das Ganze, Liber Amicorum Hermann Schulin, Basel 2002, S. 97 ff.).<br />
59<br />
Vgl. soeben 2.2.<br />
60<br />
Gegen eine allzu strikte „Stichtagsbewertung“ FRANZ KELLER, Erbrechtliche Fragen bei Wertveränderungen,<br />
Diss. Freiburg 1972, Zürich 1972, S. 66 ff.<br />
61<br />
Vgl. die Art. 474, 537 und 630 ZGB (und für die Erbteilung sodann 3.1.3 hienach).<br />
62 Vgl. EITEL, KMU und Pflichtteilsrecht, S. 64 f.<br />
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Unternehmensnachfolge und Erbrecht<br />
diesem Zeitraum seinerseits veräussert hat (vgl. Abs. 1 von Art. 630 ZGB). Es ist in der Lehre<br />
jedoch weitgehend ungeklärt bzw. umstritten, welche Rechtsfolgen aus den nur sehr rudimentä-<br />
ren Regelungen im ausgleichungsrechtlichen Art. 630 ZGB und im (trotz oder gerade seit einem<br />
einschlägigen höchstgerichtlichen Urteil 63 ) herabsetzungsrechtlichen Art. 528 ZGB abzuleiten<br />
sind 64 . Dabei fällt auch ins Gewicht, dass nicht einmal die sich daraus ergebenden „Rückkoppe-<br />
lungen“ auf den Wert der Pflichtteilsberechnungsmasse und auf die Höhe der Ansprüche der<br />
Pflichtteilsberechtigten gegen die einzelnen in Frage kommenden „Herabsetzungsschuldner“<br />
geklärt sind 65 .<br />
Art. 630 Abs. 2 ZGB legt für die Ermittlung des „Ausgleichungswerts“ (Randtitel) fest, dass Ver-<br />
wendungen und Schaden sowie bezogene Früchte unter den Erben nach den Besitzesregeln zu<br />
veranschlagen seien 66 . Es handelt sich dabei um eine Verweisung auf die Art. 938-940 ZGB<br />
betreffend die „Verantwortlichkeit“ (Randtitel) des unberechtigten oder nicht mehr berechtigten<br />
Besitzers einer Sache bzw. die zur Herausgabe allenfalls hinzutretenden „Nebenansprüche“.<br />
Vor diesem Hintergrund interessiert 67 z.B., inwiefern sich die unternehmerische (Un-)Tätigkeit<br />
des Nachkommen, der für die lebzeitige Zuwendung einer Einzelunternehmung 68 ausglei-<br />
chungspflichtig ist, auf die Ermittlung des Ausgleichungswerts auswirkt. Dabei fällt zusätzlich ins<br />
Gewicht, dass die angesprochene Verweisung auf das Besitzesrecht schon an sich als proble-<br />
matisch gilt (wenngleich immerhin feststehen dürfte, dass dem Grundsatz nach die Erträge einer<br />
ausgleichungspflichtigen Zuwendung nicht auch der Ausgleichung unterliegen, worin eine we-<br />
sentliche Begünstigung dessen besteht, der die Zuwendung auszugleichen hat 69 ). Im hier zu<br />
berücksichtigenden Zusammenhang kommt noch hinzu, dass an Sachgesamtheiten als solchen<br />
Besitz gar nicht möglich ist, wie denn das Sachenrecht schlechthin die Sachgesamtheit (und<br />
erst recht die Rechtsgesamtheit) als Erscheinungsform der Zusammengehörigkeit von Sachen<br />
nicht regelt. Näher zu liegen scheint daher die sinngemässe Heranziehung von Nutzniessungs-<br />
statt von Besitzesrecht. M.E. wäre als Alternative für die Ermittlung des Ausgleichungswerts der<br />
Einzelunternehmung jedoch sogar ein analoges Vorgehen wie bei der güterrechtlichen Ausei-<br />
nandersetzung nach dem Recht der Errungenschaftsbeteiligung in Bezug auf ein Eigengutsun-<br />
63 Siehe sogleich 2.3.3.2.<br />
64 Einlässlich dazu namentlich SPAHR und JAUN.<br />
65 Vgl. PAUL-HENRI STEINAUER, Le montant des réunions successorales, in: Mélanges publiés par<br />
L’Association des Notaires Vaudois, A l’occasion de son centenaire, Zürich 2005, S. 73 ff., passim.<br />
66 Vgl. dazu und zum Folgenden EITEL, FS Hausheer, S. 507 ff. (m.w.H.).<br />
67 Selbst im „einfacheren“, gleichzeitig allerdings wohl auch näher liegenden Fall, wonach das Unternehmen<br />
dem Nachfolger bei Erbgangseröffnung noch gehört.<br />
68 Im Übrigen liessen sich die nachfolgenden Überlegungen sinngemäss z.B. auch in Bezug auf lebzeitige<br />
Unternehmensnachfolgeregelungen betreffend eine AG anstellen; vgl. EITEL, Berner Kommentar,<br />
N. 61 ff. (bzw. <strong>insbesondere</strong> N. 61 a.E.) zu Art. 630 ZGB.<br />
69 Vgl. zur noch ungeklärten Problematik betr. Herabsetzung EITEL, ZBJV 142/2006, S. 489 ff. sowie<br />
Beilage 5.<br />
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Unternehmensnachfolge und Erbrecht<br />
ternehmen zu erwägen 70 , indem nicht ausgeglichen werden müsste, was mutatis mutandis zur<br />
Errungenschaft gehören würde. Denn bei der Errungenschaftsbeteiligung fallen nicht nur die<br />
Erträge des Eigengutes eines Ehegatten in seine Errungenschaft, sondern auch sein Arbeitser-<br />
werb 71 .<br />
Art. 528 Abs. 1 ZGB dagegen verweist für den Umfang der herabsetzungsrechtlichen Rückleis-<br />
tung nicht ebenfalls auf das Besitzesrecht 72 , sondern legt fest, dass der Zuwendungsempfänger,<br />
welcher sich in gutem Glauben befinde, zu Rückleistungen nur insofern verbunden bleibe, als er<br />
zur Zeit des Erbganges aus dem Rechtsgeschäft mit dem Erblasser noch bereichert sei. Zwin-<br />
gend gestellt, aber gleichzeitig offen gelassen ist damit die Frage nach der Rückleistungspflicht<br />
des bösgläubigen Empfängers 73 . Unabhängig davon besteht zudem über die Bedeutung des<br />
Begriffs der „noch vorhandenen Bereicherung“ unter verschiedenen Gesichtspunkten Unklarheit<br />
bzw. eine Fülle von Kontroversen 74 .<br />
2.3.3.2 Zwei Schlaglichter auf die Praxis 75<br />
In einem Urteil, auf welches noch zurückzukommen sein wird 76 , befand das Kantonsgericht<br />
Graubünden, dass die Rückleistungspflicht nach Art. 528 Abs. 1 ZGB jedenfalls durch eine<br />
Geldleistung zu erfüllen sei. Zu entscheiden war, ob der Empfänger einer herabsetzbaren leb-<br />
zeitigen Zuwendung seine Rückleistungspflicht auch durch Zuteilung eines Minderheitsaktien-<br />
pakets erfüllen könne, nachdem die Pflichtteilsverletzung sich gerade aus der lebzeitigen Abtre-<br />
tung der Aktien derselben AG ergeben hatte 77 .<br />
70<br />
Allenfalls ergänzt mit einer Billigkeitshaftung des Ausgleichungsschuldners, nachdem den Eigentümerehegatten<br />
keine „primäre“ Verantwortlichkeit für die Verwaltung, Nutzung und Verfügung über<br />
sein Vermögen trifft; vgl. EITEL, FS Hausheer, S. 509.<br />
71<br />
Vgl. 4.1.2 hienach; sowie andeutungsweise zur damit verbundenen Problematik auch BGE 76 II<br />
188 ff. (betreffend das Zigarrengeschäft [im sog. „Motorbootfall“], welches der Erblasser seinem<br />
Sohn gekauft hatte; die Tochter verlangte [pflichtteilsrechtlich] die Anrechnung von CHF 6'500 [inkl.<br />
Betriebskapital]; das Bundesgericht veranschlagte CHF 4'300, da das Geschäft bereits nach zwei<br />
Jahren weiterverkauft worden war und der Erblasser den Erlös von CHF 2'200 für sich behalten<br />
hatte), E. 9 a.E.: „Der schlechte Geschäftsgang braucht nicht notwendig einem Verschulden ... zugeschrieben<br />
zu werden. Er kann sehr wohl andere Ursachen haben.“ Von der Annahme, dass jedenfalls<br />
konjunkturelle Wertveränderungen in den gemäss Art. 630 Abs. 1 ZGB erheblichen Ausgleichungswert<br />
„einfliessen“, geht auch JAUN aus (S. 96).<br />
72<br />
Was z.B. PIOTET (SPR IV/1, S. 466) als unnötige zusätzliche Komplizierung bemängelt.<br />
73<br />
Vgl. SPAHR, S. 283.<br />
74<br />
Etwa in Bezug auf die Berücksichtigung (verschiedener Arten) von Verwendungen, von (bezogenen<br />
/ nicht bezogenen oder verbrauchten / nicht verbrauchten) Früchten oder von (zufällig / nicht zufällig<br />
entstandenen) Veränderungen des Wertes des Zuwendungsobjekts (oder gar seines Untergangs);<br />
vgl. dazu nur die Übersicht bei SPAHR, S. 278 ff., 282 ff.<br />
75<br />
Vgl. EITEL, KMU und Pflichtteilsrecht, S. 65 ff.<br />
76 Vgl. 3.2. a.E. hienach.<br />
77 Vgl. PKG 1988, Nr. 4, S. 17 ff., 27 f., E. 5 d.<br />
© veb.ch / Prof. Dr. iur. Paul Eitel / 2010 14
Unternehmensnachfolge und Erbrecht<br />
Um die Herabsetzung einer lebzeitigen Zuwendung ist es sodann auch in einem höchstgerichtli-<br />
chen Urteil gegangen 78 . Die Erblasserin hatte der beklagten Partei 325 Genussscheine der<br />
Hoffmann-La Roche & Cie. AG sowie (im vorliegenden Zusammenhang relativ „marginal“) einen<br />
Schulderlass von CHF 500'000 gewährt. Im Zeitpunkt des Todes der Erblasserin, also bei Erb-<br />
gangseröffnung, hielt die Zuwendungsempfängerin nurmehr einen Teil dieser Genussscheine,<br />
den anderen Teil hatte sie bereits veräussert. Der Kurswert der Genussscheine war im Zeitraum<br />
zwischen dieser Veräusserung und dem Tod der Erblasserin gestiegen (und nach ihrem Tod um<br />
ca. die Hälfte gefallen). Das Bundesgericht entschied nun, für die Höhe der Rückleistungspflicht<br />
der Zuwendungsempfängerin komme es, da diese bösgläubig gewesen sei, d.h. mit einer<br />
Pflichtteilsverletzung durch die Erblasserin wegen der Zuwendung der Genussscheine habe<br />
rechnen müssen, nicht etwa auf den (niedrigeren) Kurswert der von ihr, der Zuwendung-<br />
sempfängerin, veräusserten Genussscheine im Zeitpunkt der Veräusserung an, sondern auf<br />
den (höheren) Kurswert im Zeitpunkt des Todes der Erblasserin; die Zuwendungsempfängerin<br />
hatte somit erheblich mehr als ihre Bereicherung zu erstatten 79 .<br />
Zwar ist einzuräumen, dass die Hoffmann-La Roche & Cie. AG schon seit Jahrzehnten nicht<br />
mehr zu den „gewöhnlichen“ Unternehmen gehört, und dass die damals relevante Abtretung der<br />
Genussscheine nicht im Rahmen einer Unternehmensnachfolgeregelung erfolgt sein dürfte.<br />
Dennoch zeigen der Sachverhalt und die Prozessgeschichte - wonach das Todestagsprinzip<br />
sogar bei einem zwischenzeitlich erfolgten „Zwischenverkauf“ (einer bösgläubigen Zuwendung-<br />
sempfängerin) voll durchschlug 80 - aber die wirtschaftlichen Risiken, welche sich im Zusammen-<br />
hang mit der <strong>erbrechtliche</strong>n Berücksichtigung lebzeitiger Unternehmensübertragungen ergeben<br />
können; darin die liegt über den konkret beurteilten Fall hinausweisende Bedeutung des er-<br />
wähnten Urteils des Bundesgerichts.<br />
2.3.4 Reihenfolge der Herabsetzung<br />
Sieht man von den sich in diesem Zusammenhang unweigerlich stellenden Bewertungsfragen<br />
ab, so erweist sich die unentgeltliche lebzeitige Übertragung des Unternehmens, falls der Erb-<br />
lasser beabsichtigt, den Nachfolger nachhaltig (erheblich) zu begünstigen, gegenüber einer erst<br />
nach dem Tod des Erblassers zu vollziehenden Übertragung auch auf dem Hintergrund von Art.<br />
532 ZGB als vorteilhaft. Denn nach dieser Bestimmung werden bis zur Herstellung der Pflichttei-<br />
78 Vgl. BGE 110 II 228 ff. = Pra 73/1984, Nr. 252, S. 689 ff.; Beilage 6.<br />
79 Sie wurde vom Bundesgericht, wie schon von der 2. Instanz, zu Zahlungen an die beiden pflichtteilsberechtigten<br />
Parteien in Höhe von CHF 12'000’000 bzw. CHF 9'601'412 verurteilt, während die<br />
1. Instanz es noch bei Zahlungen in Höhe von CHF 3'813'564 bzw. CHF 51'588 hatte „bewenden“<br />
lassen.<br />
80 Dem Einwand, dass gegebenenfalls der gutgläubige Zuwendungsempfänger schlechter behandelt<br />
werde als der bösgläubige, begegnete das Bundesgericht mit der Erwägung, dass diese Möglichkeit<br />
eher theoretischer Natur sei und dem Grundsatz keinen Abbruch tue; vgl. Pra 73/1984, Nr. 252,<br />
S. 694 (in BGE 110 II 228 ff. nicht publizierte), E. 7 f.<br />
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Unternehmensnachfolge und Erbrecht<br />
le in erster Linie die Verfügungen von Todes wegen herabgesetzt und erst hernach die Zuwen-<br />
dungen unter Lebenden, und unter diesen zudem „die spätern vor den frühern“ (die jüngeren vor<br />
den älteren; allerdings ist gerade bei zeitlich nacheinander ausgerichteten lebzeitigen Zuwen-<br />
dungen an Nachkommen umstritten, ob und unter welchen Voraussetzungen nicht vielleicht<br />
eine verhältnismässige Herabsetzung stattfinden müsse 81 ).<br />
Die unentgeltliche Unternehmensübertragung ist also (wenigstens tendenziell) desto „herabset-<br />
zungsfester“ und „pflichtteilsresistenter“, je frühzeitiger sie erfolgt 82 . Dieser Vorteil ist jedoch<br />
wiederum gerade dann zu relativieren, wenn es (wie hier) um die Begünstigung eines Nach-<br />
kommen gegenüber seinen Geschwistern (und / oder gegenüber dem Ehegatten des Erblas-<br />
sers) geht. Denn nach Massgabe der umstrittenen, aber vom Bundesgericht konstant praktizier-<br />
ten und nach wie vor auch der herrschenden Auffassung in der Literatur entsprechenden sog.<br />
objektiven Auslegung von Art. 527 Ziff. 1 ZGB (nicht aber von Art. 579 Abs. 1 ZGB, obwohl die-<br />
se Bestimmung eine vergleichbare Konstellation regelt) 83 unterliegen lebzeitige Zuwendungen<br />
an Nachkommen, sofern sie nicht (sogar) ausgeglichen werden (und zumindest als Versor-<br />
gungszuwendungen bzw. Ausstattungen i.w.S. zu qualifizieren sind 84 ), der (Hinzurechnung und)<br />
Herabsetzung gleichsam „zeitlich unbeschränkt“, d.h. unabhängig von ihrem Alter (während<br />
jedenfalls dann, wenn der lebzeitig bedachte Nachfolger nicht mit dem Erblasser verwandt und<br />
von diesem keine Ausgleichung angeordnet worden ist, eine Herabsetzung „nur“ gestützt auf die<br />
Ziff. 3 und 4 von Art. 527 ZGB in Frage kommt, so dass die Bejahung einer Pflichtteilsverletzung<br />
wesentlich davon abhängen kann, ob der Erblasser das Unternehmen mehr oder weniger als<br />
fünf Jahre vor seinem Tode übergeben hat). Weiter ist zu berücksichtigen, dass sich z.B. bei<br />
Ausschlagungen mehr oder weniger unerwartete „Rückkoppelungen“ aus Art. 532 ZGB ergeben<br />
können 85 .<br />
Kommt es hingegen „nur“ zur Ausgleichung, ist die zeitliche Abfolge der Ausrichtung der einzel-<br />
nen Zuwendungen insofern unerheblich, als sie alle gemeinsam berücksichtigt werden. Wenn<br />
z.B. mehrere Kinder je im gleichen Alter eine namhafte Zuwendung erhalten haben, gibt es also<br />
81<br />
Vgl. PIOTET, SPR IV/1, S. 492 (m.w.H.); EITEL, ZBJV 142/2006, S. 484 ff.; sowie 2.6.2 hienach.<br />
82<br />
Vgl. HAUSHEER / AEBI-MÜLLER, FS VbN, S. 347 f.<br />
83<br />
Vgl. zuletzt BGE 120 II 417 ff. (und dazu PAUL EITEL, Erbrechtliche Tragweite einer Liegenschaftsabtretung<br />
mit Nutzniessungsvorbehalt, in: recht 14/1996, S. 34 ff., 42 ff.) oder BGE 126 III 171 ff.<br />
(und dazu DERS., AJP 9/2000, S. 1289 ff., 1291) bzw. BGE 131 III 49 ff. (subjektive Auslegung von<br />
Art. 579 Abs. 1 ZGB); vgl. EITEL, Jusletter 10. April 2006, Rz 22 ff.; sowie Beilage 7.<br />
84<br />
Vgl. zur Kontroverse um Art. 626 Abs. 2 ZGB betr. die Konzepte der Versorgungs- bzw. Schenkungskollation<br />
nur BENN, S. 56 ff. - In BGE 76 II 188 ff. (vgl. soeben Fn. 71) qualifizierte das Bundesgericht<br />
zwar das Zigarrengeschäft, nicht aber das Motorboot als nach Art. 626 Abs. 2 / 527 Ziff.<br />
1 ZGB der Ausgleichung bzw. (Hinzurechnung und) Herabsetzung unterliegende (Versorgungs-<br />
)Zuwendung.<br />
85<br />
Siehe sogleich 2.6.2.<br />
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Unternehmensnachfolge und Erbrecht<br />
keine „Gnade der früheren Geburt“ – freilich mit dem bereits erwähnten Vorbehalt, dass die Er-<br />
träge auszugleichender Zuwendungen nicht auch auszugleichen sind.<br />
2.4 Teilweise (un)entgeltliche Übertragung<br />
Ausgleichungs- bzw. pflichtteilsrechtlich relevant sind sodann auch die gemischten Schenkun-<br />
gen 86 . Gemischte Schenkungen sind, kurz gesagt, teilweise entgeltliche und teilweise unentgelt-<br />
liche Zuwendungen 87 ; sie liegen vor, wenn „eine entgeltliche Zuwendung mit einer unentgeltli-<br />
chen verschmolzen ist“ 88 . Im Erbgang zu veranschlagen ist lediglich der unentgeltliche Teil 89 .<br />
Dafür ist die sog. Quoten- oder Proportionalmethode anzuwenden 90 ; wie bei den „reinen“<br />
Schenkungen bzw. den voll unentgeltlichen Zuwendungen, wenngleich insoweit aus anderen<br />
Gründen, ergibt sich wiederum die Schwierigkeit, dass (auch) der Unternehmenswert nicht ein-<br />
mal nur bezogen auf einen, sondern auf zwei Zeitpunkte ermittelt werden muss. Im hier interes-<br />
sierenden Zusammenhang akzentuiert sich diese naturgemäss bestehende „Unschärfe“ zusätz-<br />
lich. Denn nach der bisherigen höchstgerichtlichen Praxis 91 setzen Ausgleichung und Herabset-<br />
zung nicht nur voraus, dass in objektiver Hinsicht eine unentgeltliche Zuwendung ausgerichtet<br />
wird, sondern auch, dass der Erblasser einen entsprechenden Zuwendungswillen hat (subjekti-<br />
ves Element). Die Parteien müssten daher, so das Bundesgericht, den Preis bewusst unter dem<br />
wahren Wert des Kaufgegenstandes angesetzt haben, um die Differenz dem Käufer unentgelt-<br />
lich zukommen zu lassen, weshalb eine gemischte Schenkung nur vorliege, wenn der Erblasser<br />
zur Zeit des Vertragsabschlusses das Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung tat-<br />
sächlich erkannt habe – blosse Erkennbarkeit genüge nicht.<br />
Immerhin stellte das Bundesgericht aber in Aussicht, diese Rechtsprechung, die es in concreto 92<br />
„nur“ aus prozessualen Gründen „bestätigte“, bei nächster Gelegenheit zu überdenken; wird sie<br />
86<br />
Hier erwähnt als „Hauptfall“ der gemischt (un)entgeltlichen Zuwendungen, wobei diesbezüglich<br />
nicht nur die herrschende Lehre, sondern auch das Bundesgericht gegebenenfalls von<br />
herabsetzbaren wie von ausgleichungspflichtigen Zuwendungen spricht (vgl. EITEL, ASR 613, § 8<br />
Nr. 3 [Fn. 11] bzw. ergänzend Fn. 44 hievor).<br />
87<br />
Vgl. BGE 120 II 417 ff.<br />
88<br />
BGE 82 II 433.<br />
89<br />
Soweit ersichtlich noch kaum geklärt ist, wie es sich verhält, wenn zwischen Unternehmer und Erwerber<br />
Differenzen über den Wert des „halb geschenkten“ Unternehmens entstehen (vgl. dazu Fn.<br />
58 hievor).<br />
90<br />
Vgl. BGE 98 II 359 ff., E. 5; AEBI-MÜLLER, N. 08.70.<br />
91<br />
Vgl. dazu und zum Folgenden BGE 126 III 171 ff.<br />
92<br />
Der Erblasser hatte seinem Sohn Grundstücke zu einem Preis verkauft, den ein von den beiden<br />
dafür beigezogener Schätzungsexperte festgelegt hatte (dies sechs Monate vor dem Tod des Erblassers;<br />
drei Monate später setzte er seine Enkelin, die andere pflichtteilsberechtigte Erbin, auf den<br />
Pflichtteil); die Vorinstanz stellte für das Bundesgericht verbindlich fest, dass der Experte den Preis<br />
zwar um 28 % oder (je nach Betrachtungsweise; Stichwort: latente Grundstückgewinnsteuern) gar<br />
um 40 % zu tief angesetzt habe, aber unabhängig gewesen sei; deshalb war, so das Bundesge-<br />
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Unternehmensnachfolge und Erbrecht<br />
nicht modifiziert, begünstigt dies (weiterhin und „erst recht“) Unternehmensnachfolgeregelungen<br />
zu (je nach Standpunkt) „(un)billigen Konditionen“. Ebenfalls eine Begünstigung des Nachfol-<br />
gers resultierte sodann, wenn der Erblasser die Unternehmung verbunden mit einem Nutznies-<br />
sungsvorbehalt (allenfalls auch zu Gunsten seines Ehegatten 93 ) übertragen wollte 94 .<br />
2.5 Exkurs: Güterrechtliche Hinzurechnung und Herabsetzung<br />
Eine „güterrechtliche Parallele“ zur <strong>erbrechtliche</strong>n Hinzurechnung und Herabsetzung enthalten<br />
für den ordentlichen Güterstand der Errungenschaftsbeteiligung die Art. 208 (Randtitel: „Hinzu-<br />
rechnung“) und 220 ZGB (Randtitel: „Klage gegen Dritte“) 95 . Gehört das Unternehmen zur Er-<br />
rungenschaft des Unternehmers, bedarf der Ausschluss der güterrechtlichen Hinzurechnung<br />
und Herabsetzung gegebenenfalls der Zustimmung des andern Ehegatten. Mitunter kann es<br />
sowohl zu einer güter- als auch zu einer <strong>erbrechtliche</strong>n Berücksichtigung ein und derselben Zu-<br />
wendung kommen 96 .<br />
2.6 Gestaltungsmöglichkeiten bei (ganz oder teilweise) unentgeltlicher Übertragung<br />
2.6.1 Allgemeines; Ausgleichungsrecht<br />
Es bestehen durchaus Möglichkeiten zur Entschärfung der aufgezeigten Probleme. Um es aber<br />
gleich vorweg zu nehmen: Will der Erblasser (und will der Nachkomme als Nachfolger) sicher<br />
gehen, dass der Wert des Unternehmens bzw. dessen Ermittlung nach der Erbgangseröffnung<br />
unter <strong>erbrechtliche</strong>m Titel nicht mehr thematisiert wird, so bedarf es dazu des erbvertraglich<br />
erklärten Einvernehmens sämtlicher Pflichtteilsberechtigter, d.h. regelmässig der Geschwister<br />
des Nachfolgers (und allenfalls des überlebenden Ehegatten). Denn der Erblasser kann zwar<br />
selber einen Ausgleichungswert festlegen, und dies nicht nur, indem er dafür etwa den Steuer-<br />
wert (o.dgl.) des Unternehmens (in einem bestimmten Zeitpunkt) vorsieht oder die Anwendung<br />
einer bestimmten Bewertungsmethode bzw. bestimmter Bewertungsgrundsätze vorschreibt,<br />
sondern indem er z.B. einen konkreten Frankenbetrag nennt 97 ; soweit dadurch aber der Ver-<br />
richt, das Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung für die Vertragsparteien nicht einmal<br />
erkennbar (anders verhielt es sich im Fall 5C.259/2000 vom 30. Januar 2001).<br />
93 Vgl. allerdings zur grundsätzlichen Problematik Fn. 249 hienach.<br />
94 Dies entsprechend der (in der Lehre freilich mehrfach kritisierten; vgl. nur EITEL, ZBJV 134/1998, S.<br />
741 f. [m.w.H.]) Praxis in BGE 120 II 417 ff., wonach nur eine gemischte (und nicht eine „reine“)<br />
Schenkung vorliege.<br />
95 Vgl. ergänzend 4.1.3 hienach.<br />
96 Vgl. BGE 127 III 396 ff. (und dazu kritisch STEPHAN WOLF, Auskunftspflichten unter Miterben, in:<br />
recht 20/2002, S. 74 ff., 80 f.); BENN, S. 109 ff. (m.w.H.).<br />
97 Auch die „Verknüpfung“ dieser Anordnung mit einer privatorischen Klausel (sofern überhaupt zulässig;<br />
vgl. zuletzt BGE 128 III 163 ff.; und dazu PAUL EITEL, Vertrag über eine noch nicht angefallene<br />
Erbschaft im Verhältnis zu einem nachträglich errichteten Testament [mit privatorischer Klausel],<br />
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Unternehmensnachfolge und Erbrecht<br />
kehrswert des Unternehmens bei Erbgangseröffnung unterschritten ist 98 , liegt eine „Teilbefrei-<br />
ung“ von der Ausgleichungspflicht vor, und insofern ist dann je nach dem Ausmass dieser<br />
Dispensation die Herabsetzung eben gleichwohl nicht ausgeschlossen 99 .<br />
Im Übrigen aber ist eine Befreiung des an sich ausgleichungspflichtigen Nachfolgers von der<br />
Ausgleichungspflicht 100 die effizienteste Massnahme, falls dieser, nachdem er schon unter Le-<br />
benden „zum Zuge gekommen“ ist, seinen Geschwistern gegenüber überhaupt zusätzlich erb-<br />
rechtlich begünstigt werden soll. Für den Nachfolger ist ein Ausgleichungsdispens <strong>insbesondere</strong><br />
auch deshalb bedeutsam, weil alles andere als gewiss ist, dass er „unter dem Strich“ besser da<br />
stünde, falls er die Erbschaft ausschlüge, um der Ausgleichungspflicht zu entgehen 101 . Nur, aber<br />
immerhin in diesem Rahmen kommt dem Erblasser (und gegebenenfalls dem Nachfolger) zus-<br />
tatten, dass Ausgleichungsrecht dispositives Recht ist 102 , so dass „doch noch“ nicht unerheblich<br />
ins Gewicht fallende rechtsgeschäftliche Gestaltungsmöglichkeiten verbleiben, die es nicht zu-<br />
letzt auch deshalb zu bedenken gilt, weil im Ausgleichungsrecht nach wie vor zahlreiche Fragen<br />
umstritten sind 103 .<br />
2.6.2 Herabsetzungsrecht<br />
Sodann besteht selbst mit Blick auf das Herabsetzungsrecht ein gewisser Handlungsspielraum.<br />
Denn nach Art. 522 Abs. 1 ZGB genügt es, die Pflichtteilsansprüche der Berechtigten „dem<br />
Werte nach“ zu befriedigen; Ansprüche auf eine bestimmte „objektmässige“ Zusammensetzung<br />
der Pflichtteile bestehen also nicht. Angesichts der „Gefahr“ der Rückgängigmachung der Un-<br />
ternehmensübergabe kann der Erblasser m.E. also auch etwa (durch Verfügung von Todes we-<br />
gen) festlegen, wie eine allfällige Rückleistungsverpflichtung nach Art. 528 Abs. 1 ZGB vom<br />
Schuldner zu erfüllen wäre (bzw. erfüllt werden könne). Nach anscheinend bis anhin unbestrit-<br />
ten gebliebener Auffassung anfechtbar wäre dagegen eine Änderung der sich aus Art. 532 ZGB<br />
Anmerkungen zu BGE 128 III 163 ff., in: ZBJV 139/2003, S. 909 ff., 915 ff.]) für den Anfechtungsfall<br />
hilft nur beschränkt weiter, denn der Pflichtteil ist und bleibt nun einmal unentziehbar.<br />
98<br />
Wenigstens am Rande sei sodann erwähnt, dass der Unternehmenswert im Zeitraum zwischen<br />
Zuwendung und Erbgangseröffnung keineswegs zwingend zu steigen braucht und der verfügte<br />
(und evtl. sogar vereinbarte) Ausgleichungswert höher sein kann als derjenige nach Art. 630 Abs. 1<br />
ZGB; vgl. dazu STEPHANE SPAHR, L’aménagement volontaire des modalités du rapport, in: La<br />
transmission du patrimoine, Questions choisies, Contributions en l’honneur de Paul-Henri Steinauer<br />
à l’occasion de ses cinquante ans, Freiburg 1998, S. 57 ff., 68; BENN, S. 265 f.; sowie BGE 45 II 14<br />
ff., E. 3 und 5C.60/2003 vom 7.5.2003, E. 3.<br />
99<br />
Vgl. BENN, S. 265.<br />
100<br />
Vgl. ergänzend das Ausdrücklichkeitserfordernis nach Art. 626 Abs. 2 ZGB und die Möglichkeit der<br />
„indirekten“ Befreiung (bei Fn. 50 hievor); allgemein zu „Rechtsnatur und Form von Anordnungen<br />
über die Ausgleichung“ sodann EITEL, ZBJV 134/1998, S. 749 f. (m.w.H.) sowie (zur herabsetzungsrechtlichen<br />
Relevanz) DERS., ZBJV 142/2006, S. 473 ff.<br />
101<br />
Vgl. EITEL, ZBJV 142/2006, S. 476 ff., 484 ff.; sowie Beilagen 8 und 9.<br />
102<br />
Vgl. nur BGE 124 III 106.<br />
103<br />
Einlässlich zu Regelungsgegenständen und Inhalten von Ausgleichungsvereinbarungen BENN, S.<br />
257 ff.; vgl. ausserdem 2.3.2 hievor.<br />
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Unternehmensnachfolge und Erbrecht<br />
ergebenden Reihenfolge der Herabsetzungen durch den Erblasser, sofern nicht ausnahmswei-<br />
se die Zuwendung selber mit einem Widerrufsvorbehalt 104 verknüpft worden war 105 . Die Wahl<br />
der Zeitpunkte allenfalls schon unter Lebenden auszurichtender unentgeltlicher Zuwendungen<br />
durch den Erblasser bedarf daher ganz allgemein sorgfältiger Planung 106 .<br />
3. Nachfolge durch Unternehmensübertragung nach dem Tod des Unternehmers<br />
(Erblassers)<br />
3.1 „Rahmenbedingungen“<br />
3.1.1 Erbteilungsrecht<br />
3.1.1.1 Allgemeines<br />
Hat der Erblasser seine Unternehmung nicht schon unter Lebenden auf den Nachfolger über-<br />
tragen, so gehört sie, unabhängig davon, ob er ihr weiteres Schicksal im Rahmen einer Verfü-<br />
gung von Todes wegen geregelt hat oder nicht, zunächst einmal zu seiner Erbschaft (zu seinem<br />
reinen Nachlass 107 ). In der Regelkonstellation, von welcher im Folgenden weiterhin ausgegan-<br />
gen wird, wonach der Erblasser mindestens zwei Nachkommen (Kinder) hat, wird sodann, um<br />
an die einleitend wiedergegebenen Bilder anzuknüpfen, nicht so ohne Weiteres dem Satz „Der<br />
König ist tot, es lebe der König“ nachgelebt; vielmehr kommt es zu einem „Interregnum“, das die<br />
Beteiligten je nachdem als mehr oder weniger einschneidend empfinden werden.<br />
Hat der Erblasser von Todes wegen überhaupt nichts verfügt, bleibt es bei der gesetzlichen Er-<br />
folge (Intestaterbfolge). Solange die Erbschaft nicht (partiell) geteilt ist, besteht unter den Erben<br />
„eine Gemeinschaft der Rechte und Pflichten der Erbschaft“ (also auch des Unternehmens), sie<br />
„werden Gesamteigentümer der Erbschaftsgegenstände“ (des Unternehmens) „und verfügen<br />
unter Vorbehalt der vertraglichen oder gesetzlichen Vertretungs- und Verwaltungsbefugnisse<br />
über die Rechte der Erbschaft“ (des Unternehmens) nur „gemeinsam“ (Art. 602 Abs. 1 und 2<br />
ZGB; mithin gelten das Gesamthandsprinzip und das Einstimmigkeitsprinzip). Kommt hinsicht-<br />
lich der Teilung bzw. bis zu deren Vollzug über die wesentlichen Fragen der Führung des Un-<br />
ternehmens kein Konsens zustande, klärt sich sein Schicksal (wenn nicht „von selbst“) erst nach<br />
104 Vgl. Art. 527 Ziff. 3 ZGB.<br />
105 Vgl. PIOTET, SPR IV/1, S. 492.<br />
106 Eindrücklich dazu HAUSHEER / AEBI-MÜLLER, FS VbN, passim.<br />
107 Vgl. 2.3.1 hievor.<br />
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Unternehmensnachfolge und Erbrecht<br />
langwierigen und unerspriesslichen Auseinandersetzungen; womöglich ist es schliesslich das<br />
Gericht, das bestimmt, was „definitiv“ mit dem Unternehmen geschieht 108 .<br />
Gegebenenfalls werden für die (mehr oder weniger notdürftige) Auffüllung eines Führungsvaku-<br />
ums 109 , <strong>insbesondere</strong> bei Einzelunternehmen 110 , wenn der Erblasser auch keinen Willensvoll-<br />
strecker (Art. 517 f. ZGB) 111 bezeichnet hat oder dieser sein Amt gar nicht antritt oder nicht bis<br />
zum Vollzug der Erbteilung ausübt 112 , die Errichtung einer Erbschaftsverwaltung (Art. 554 f.<br />
ZGB) oder die Ernennung eines Erbenvertreters (Art. 602 Abs. 3 ZGB) 113 Abhilfe schaffen kön-<br />
nen. Auch dann aber geht das Unternehmen vorübergehend dessen verlustig, was mitunter als<br />
charakteristisches Wesensmerkmal „aussichtsreicher“ Unternehmensnachfolgen gilt, nämlich<br />
der Fortführung einer Vereinigung der „Funktionen“ Eigentum und Führung in einer Person 114 .<br />
Oder es bleibt als „ultima ratio“ an Stelle einer „eigentlichen“ Nachfolge- nurmehr eine („famili-<br />
enexterne“) Übernahmelösung 115 .<br />
3.1.1.2 Insbesondere: „Bürgerliches“ vs. bäuerliches Erbrecht 116<br />
Das „bürgerliche“ Erbrecht des ZGB beruht auf einem (privatrechtlichen) Realteilungsgebot,<br />
während für das bäuerliche Bodenrecht und damit auch für die <strong>erbrechtliche</strong> Nachfolge in land-<br />
wirtschaftliche Gewerbe gestützt auf das BGBB das (öffentlichrechtliche) Realteilungsverbot<br />
108 Vgl. die Art. 609 bzw. 610 ff. ZGB (wo Art. 612a Abs. 3 immerhin das „Zugrecht“ des überlebenden<br />
Ehegatten einschränkt [allgemein zu den Problemen bei der Übertragung eines Einzelunternehmens,<br />
zu welchem auch eine Geschäftsliegenschaft gehört, in der sich gleichzeitig die Wohnung<br />
der Familie befindet, PASCAL FAVRE, Aspects juridiques de la transmission d’une entreprise familiale,<br />
Les conséquences d’un divorce ou d’un décès, in: ST 2003, S. 403 ff.]); ferner zum Ganzen etwa<br />
HAMM / FLURY, passim; weiter führend sodann HAUSHEER, ASR Heft 399, S. 9 ff. („Die Erbengemeinschaft<br />
als Unternehmerin“), 27 ff. („Die Unternehmung in der Erbteilung“). - Siehe schliesslich,<br />
gleichsam als „Kontrapunkt“, etwa KURT KIETHE, Ausschluss der Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft<br />
mit Verfügungsverbot über den Erbteil - Schutz vor unerwünschten Dritten beim Unternehmernachlass?,<br />
in: ZEV 10/2003, S. 225 ff.<br />
109 Vgl. für ein konkretes Beispiel zur „Sicherstellung fachlicher Weiterführung eines Unternehmens<br />
nach Tod des Inhabers bei noch unklarer Eignung der Nachkommen“ (S. 181) HERZOG, S. 198 ff.;<br />
ferner auch Fn. 155 hienach.<br />
110 Vgl. AEBI-MÜLLER, N. 13.41.<br />
111 Vgl. im Übrigen zur Rolle des Willensvollstreckers im Zusammenhang mit Teilungsvorschriften<br />
STEIN-WIGGER, S. 1143 ff. sowie nun auch STEPHAN WOLF, Grundlagen der Auflösung der Erbengemeinschaft,<br />
mit besonderer Berücksichtigung der rechtsgeschäftlichen Aufhebungsmöglichkeiten,<br />
Bern 2004 (ASR 685), S. 224 ff.<br />
112 Vgl. dazu namentlich HANS RAINER KÜNZLE, Der Willensvollstrecker im schweizerischen und USamerikanischen<br />
Recht, Zürich 2000 (Schweizer Schriften zur Vermögensberatung und zum Vermögensrecht<br />
Band 1), S. 229 ff., 295 ff., 299 ff. und passim; ferner den Sammelband: Willensvollstreckung,<br />
St. Galler Studien zum Privat-, Handels- und Wirtschaftsrecht Band 62, Bern/Stuttgart/Wien<br />
2001, mit mehreren Beiträgen, darunter spezifisch zur „Verwaltung“ von Unternehmen MAX WAL-<br />
TER, Willensvollstreckung und Grundeigentum, S. 185 ff., 189 ff.<br />
113 Instruktiv BGE 125 III 219 ff.<br />
114 Vgl. Fn. 4 hievor.<br />
115 Vgl. dazu analog 2.1 hievor.<br />
116 Vgl. EITEL, FS Richli, passim, <strong>insbesondere</strong> S. 110 f., 122 f.<br />
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Unternehmensnachfolge und Erbrecht<br />
charakteristisch ist. Gerade bezogen auf Unternehmen wird aber weder das Gebot noch das<br />
Verbot mit letzter Konsequenz „durchgehalten“.<br />
Das Gebot der Realteilung im allgemeinen, „bürgerlichen“ Erbrecht wird dadurch eingeschränkt,<br />
dass mindestens ein Erbe das für Sachgesamtheiten geltende relative (privatrechtliche) Tren-<br />
nungsverbot durchsetzen kann (vgl. die Grundsätze der Gleichberechtigung der Erben und der<br />
Naturalzuteilung gemäss den Art. 610 Abs. 1 und 612 Abs. 1 ZGB und ihre Relativierung ge-<br />
mäss Art. 613 Abs. 1 ZGB). Und das Verbot der Realteilung im bäuerlichen Erbrecht gilt nicht<br />
für landwirtschaftliche Unternehmen schlechthin, sondern nur (aber immerhin!) für landwirt-<br />
schaftliche Gewerbe, es ist relativiert im Hinblick auf das Betriebsinventar, und es ist eben „nur“<br />
ein Realteilungsverbot und nicht auch ein „Idealteilungsverbot“ (vgl. Art. 58 Abs. 1 gegenüber<br />
den Art. 59 f. BGBB sowie die Art. 7 ff. sowie 15 Abs. 1 BGBB).<br />
Während also im Anwendungsbereich des BGBB der Gesetzgeber selber die „Zerschlagung“<br />
von Unternehmen bzw. Gewerben unterbindet, bleibt dies im Anwendungsbereich des ZGB der<br />
Privatautonomie und deren (Nicht-)Ausübung durch Akteure mit divergierenden Interessen über-<br />
lassen. Hinzu kommt, dass es für die Tragweite dieser „Massnahmen“ nicht nur nach BGBB,<br />
sondern auch nach ZGB zwar nicht auf die Rechtsform ankommen dürfte, in welcher das kon-<br />
krete Gewerbe bzw. Unternehmen betrieben wird, wohl aber auf die Relation zwischen seinem<br />
Wert und dem Wert des Nachlasses bzw. der Erbteile als Ganze. Denn gemäss der bisherigen<br />
Rechtsprechung und Lehre führt die Anwendung der Grundsätze der Gleichberechtigung und<br />
der Naturalzuteilung im allgemeinen, „bürgerlichen“ Erbrecht dazu, dass bei Uneinigkeit der Er-<br />
ben eine Einzelsache veräussert werden muss, wenn sie insoweit keinem Los zugewiesen wer-<br />
den kann, als ihr Wert den Wert der Erbteile übersteigt 117 . Dies muss naheliegenderweise nicht<br />
nur für Einzelsachen gelten, sondern auch für Sach- und Rechtsgesamtheiten. Zwar wird die<br />
Belastung eines Loses mit Ausgleichszahlungen zugelassen; diese dürfen jedoch nicht über-<br />
mässig sein 118 .<br />
Sodann fördert das BGBB die Integralzuweisung landwirtschaftlicher Gewerbe im Rahmen der<br />
Erbteilung namentlich dann, wenn ein zur Selbstbewirtschaftung williger und geeigneter Erbe<br />
vorhanden ist 119 . Das ZGB dagegen enthält, was „gewöhnliche“, nicht landwirtschaftliche Unter-<br />
nehmen anbelangt, zwar ebenfalls Ansätze zu einer Förderung der Integralzuweisung zu Guns-<br />
117 Vgl. dazu und zum Folgenden EITEL, FS Richli, S. 108 f.<br />
118 SEEBERGER hat vorgeschlagen, die entsprechende Grenze bei 10 % des Erbteils des Übernehmers<br />
zu ziehen (S. 117 f.). - Das Bundesgericht hat unlängst entschieden (Urteil 5C.214/2003 vom<br />
8.12.2003), eine Naturalteilung im Wege der Parzellierung einer Nachlassliegenschaft mittels Bildung<br />
zweier Lose im Wert von CHF 800'000 (Villa mit Umschwung) und CHF 410'000 (nicht oder<br />
nur beschränkt überbaubare Parkanlage mit Obstgarten) sei unzulässig, wenn bei Erbteilen von<br />
CHF 605'000 mit der Zuweisung der Villenparzelle eine Ausgleichungszahlung von CHF 194'000<br />
verbunden werden müsste.<br />
119 Vgl. bereits 2.2.2 hievor.<br />
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Unternehmensnachfolge und Erbrecht<br />
ten von „Selbstbewirtschaftern“; jedoch geht es dabei weniger weit als das BGBB (vgl. Art. 613<br />
Abs. 3 ZGB).<br />
3.1.2 Verfügungen von Todes wegen und Pflichtteilsrecht<br />
Hat der Erblasser das Unternehmen nicht schon auf Grund eines Rechtsgeschäfts unter Leben-<br />
den einem Nachfolger übergeben, so kann er darüber von Todes wegen verfügen. Dabei muss<br />
er indessen, wie schon im Rahmen der Ausführungen zur <strong>erbrechtliche</strong>n Relevanz unentgeltli-<br />
cher lebzeitiger Zuwendungen erwähnt, die Pflichtteilsansprüche der Nachkommen (und des<br />
allenfalls überlebenden Ehegatten 120 ) respektieren. Im Vergleich mit dem „Standard“ der Nach-<br />
barländer 121 fallen diese Pflichtteile wegen ihrer Höhe besonders ins Gewicht 122 . Sodann hat der<br />
Erblasser bei einer grösseren Zahl von Nachkommen zwar mehr Auswahlmöglichkeiten, um<br />
einen geeigneten Nachfolger bezeichnen zu können; gleichzeitig wird damit aber auch die Porti-<br />
on des einzelnen und der Spielraum für eine „Schwergewichtsbildung“ kleiner. So oder so gilt<br />
zudem: Je kleiner der Anteil des Unternehmenswerts am Gesamtvermögen des Erblassers ist,<br />
desto geringer ist auch die Gefahr, dass die getroffene Nachfolgeregelung durch die Geltend-<br />
machung von Pflichtteilsansprüchen gefährdet wird; und je grösser dieser Anteil ist, desto höher<br />
ist das Risiko, dass die (Nachhaltigkeit der) „Wunschlösung“ letztlich an der „Finanzierbarkeit“<br />
scheitert 123 - oder um wie schon eingangs erneut DRUEY zu zitieren: „Insgesamt erscheint …<br />
das Pflichtteilsrecht als das Problem Nummer 1 bei der Nachfolgeregelung im Gebiet des Erb-<br />
rechts. Und zwar muss man sagen: Je blühender die Familie und je blühender das Unterneh-<br />
men, desto akzentuierter sind diese Probleme … 124 .<br />
Ansonsten aber gelingt es vor dem Hintergrund des Pflichtteilsrechts bestenfalls 125 , sämtliche<br />
relevanten Fragen im Rahmen eines mit sämtlichen Pflichtteilsberechtigten abgeschlossenen<br />
Erbvertrages zu regeln. Dass ein solches Vorhaben allerdings mitunter Wunschtraum bleibt,<br />
dürfte auf der Hand liegen.<br />
3.1.3 Nochmals zum Bewertungsproblem<br />
Sowohl erbteilungsrechtlich wie herabsetzungsrechtlich ist, wenn es letztlich gleichsam um ein<br />
<strong>erbrechtliche</strong>s „suum cuique tribuere“ geht, der Verkehrswert des Unternehmens (wie auch des<br />
120<br />
Diesbezüglich wird (analog) auf die Ausführungen unter 4.1 hienach verwiesen.<br />
121<br />
Vgl. EITEL, ASR 613, § 37 Nr. 50.<br />
122<br />
Für Nachkommen 3/4 des gesetzlichen Erbanspruchs (Art. 471 Ziff. 1 ZGB). Die verfügbare Quote<br />
macht also nur 1/4 der Erbschaft (bzw. der Pflichtteilsberechnungsmasse, vgl. 2.3.1 hievor) aus<br />
(bzw. 3/8, wenn ein überlebender Ehegatte vorhanden ist [Art. 457, 462 Ziff. 1 und 471 Ziff. 1 und 3<br />
ZGB]; allerdings ist diesfalls in der Regel eine güterrechtliche Auseinandersetzung „vorgeschaltet“;<br />
siehe 4.1 hienach).<br />
123<br />
Auch insofern (vgl. bereits Fn. 40 und 43 hievor) kann es somit die Nachfolgeregelung erleichtern,<br />
wenn das Unternehmen nur betriebsnotwendiges Anlagevermögen hat.<br />
124<br />
DRUEY, SSHW Band 67, S. 65; vgl. Beilage 10.<br />
125 Vgl. immerhin noch HAMM / FLURY, passim.<br />
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Unternehmensnachfolge und Erbrecht<br />
ganzen Nachlasses zuzüglich allfälliger ganz oder teilweise unentgeltlicher, erbrechtlich relevan-<br />
ter Zuwendungen unter Lebenden) massgebend. Die damit zusammenhängende Bewertungs-<br />
problematik ist bereits angesprochen worden. Zusätzlich hinzuweisen ist hier zum einen auf den<br />
Umstand, dass das Erbteilungsverfahren wiederum erhebliche Zeit in Anspruch nehmen kann,<br />
so dass sich nunmehr unweigerlich auch noch insoweit Wertveränderungsfragen stellen, kommt<br />
es doch für die Erbteilung auf den bzw. die Verkehrswerte „im Zeitpunkt der Teilung“ an 126 . Zum<br />
andern sei erwähnt, dass von berufener Seite z.B. auch auf „Grundsätze für die Unternehmens-<br />
bewertung“ hingewiesen wird, die in Expertenkreisen zwar als „unbestritten“ gelten mögen, de-<br />
ren Tragweite von den interessierten Parteien im konkreten Konfliktfall aber naturgemäss diver-<br />
gierend gewürdigt wird, wie etwa der „Unterschied zwischen Schieds- und Entscheidungswert“<br />
oder, was bei „familieninternen“ (letztlich mehr oder weniger einvernehmlichen) Lösungen spe-<br />
ziell ins Gewicht fallen dürfte, die „Unterscheidung der Begriffe Wert und Preis“ 127 128 .<br />
3.2 Erbrechtliche Gestaltungsmöglichkeiten<br />
Unternimmt der Unternehmer sozusagen „wesensfremd“ hinsichtlich der Regelung seiner Nach-<br />
folge nichts, so ist es zwar durchaus nicht ausgeschlossen, dass die Nachkommen das Schick-<br />
sal des Unternehmens effizient regeln 129 , etwa indem sie es unter sich aufteilen 130 (und zwecks<br />
nachhaltiger Förderung des Unternehmens wie auch ihres wechselseitigen Einverständnisses<br />
allenfalls „flankierende“ gesellschaftsrechtliche Abmachungen treffen 131 ). Sind sich die Erben<br />
einig, können sie sich sogar über eine vom Erblasser verfügte Regelung hinweg setzen 132 . Hier<br />
aber ist darzulegen, wie der Erblasser vorgehen kann, wenn er das dereinstige Schicksal seines<br />
Unternehmens auch noch selber beeinflussen will, z.B. weil er annimmt, dass hauptsächlich<br />
diese Einflussnahme ein optimales Ergebnis zu zeitigen vermöge. Angesprochen sind damit die<br />
<strong>erbrechtliche</strong>n Verfügungsarten 133 134 .<br />
126<br />
Vgl. 2.2.1 hievor.<br />
127<br />
Vgl. HELBLING, S. 735, 736 und passim.<br />
128<br />
Daneben sind in der Praxis jedoch auch Regelungen anzutreffen, in denen sogar explizit festgehalten<br />
wird, sie würden (allenfalls) gewisse Ungleichheiten beinhalten, berücksichtigten aber eben<br />
nicht nur die Chancen, sondern auch die Risiken, die für den Nachfolger mit der Unternehmensübernahme<br />
verbunden seien.<br />
129<br />
Vgl. HAUSHEER, ASR Heft 399, S. 47.<br />
130<br />
Stichworte (vgl. AEBI-MÜLLER, N. 13.11, 13.41, 13.47 [ferner auch STAEHELIN, S. 130 ff., 135 ff.]):<br />
Bildung einer Kollektivgesellschaft; gleichmässige Verteilung der Aktien einer AG; Spaltung des Unternehmens<br />
(vgl. Art. 29 ff. FusG).<br />
131<br />
Stichworte: Gesellschaftsvertrag, Aktionärbindungsvertrag; vgl. dazu (analog) 4.2 hienach.<br />
132<br />
Vgl. DRUEY, Teilung, S. 29 f.; STEIN-WIGGER, S. 1139, 1146 f.<br />
133<br />
Sie sind hauptsächlich in den Art. 481-497 ZGB geregelt (vgl. den Randtitel); ebenso dazu gehört<br />
aber z.B. auch die bereits erwähnte Anordnung einer Willensvollstreckung nach den Art. 517 f. ZGB<br />
(vgl. zum Ganzen PIOTET, SPR IV/1, S. 81 ff.).<br />
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Unternehmensnachfolge und Erbrecht<br />
Als gegenüber den Geschwistern des Nachfolgers mildeste (und auch bzw. gerade ihnen viel-<br />
leicht sogar durchaus willkommene) Verfügung 135 erscheint die „blosse Teilungsvorschrift“ im<br />
Sinne der ersten Alternative von Art. 608 Abs. 3 ZGB 136 . Der Erblasser weist danach das Unter-<br />
nehmen seinem Nachfolger zu 137 , und dieser muss sich den Unternehmenswert auf seinen Erb-<br />
anspruch anrechnen lassen. Eine solche Nachfolgeregelung hat einen ähnlichen Effekt wie die<br />
unentgeltliche Unternehmenszuwendung unter Lebenden, welche in der Erbteilung (durch An-<br />
rechnung dem Werte nach) ausgeglichen wird (wobei freilich immer zu beachten bleibt, dass<br />
hier das Unternehmen dem Nachfolger eben schon zu Lebzeiten des Erblassers gehört und<br />
nicht erst nach - früher oder später - vollzogener Teilung) 138 .<br />
Der Erblasser kann das Unternehmen dem Nachfolger sodann aber auch, entsprechend der<br />
zweiten Alternative von Art. 608 Abs. 3 ZGB, „als Vermächtnis“ zuweisen. Gemeint ist damit ein<br />
sog. Vor(aus)vermächtnis, welches vor der Ermittlung der Erbteile vom Nachlass abgezogen<br />
wird; entsprechend wird das Unternehmen rechnerisch nicht in den Erbteil des Nachfolgers ein-<br />
bezogen, sondern kommt zu diesem hinzu 139 . Diesfalls hat die Nachfolgeregelung einen ähnli-<br />
chen Effekt wie die unentgeltliche Unternehmenszuwendung unter Lebenden, für welche die<br />
Ausgleichungspflicht „direkt“ oder „indirekt“ 140 wegbedungen wird 141 . Und schliesslich sind, wie<br />
in Bezug auf den Ausgleichungswert 142 , auch „Zwischenlösungen“ denkbar, etwa indem der<br />
Erblasser verfügt, zu welchem Wert das Unternehmen im Erbgang zu veranschlagen oder mit<br />
welcher Methode dieser Wert zu ermitteln sei. Bei allen diesen Begünstigungen ist und bleibt<br />
aber (abgesehen von der zeitlich offenen Dauer des Erbteilungsverfahrens) erneut zu beachten,<br />
134<br />
HAUSHEER zufolge (ASR Heft 399, S. 35 f.) sind es (schon allein) die Teilungsregeln des ZGB (vgl.<br />
auch 5 a.E. hienach), welche den Unternehmer zur Einsicht führen müssen, dass er von Todes wegen<br />
(oder durch Rechtsgeschäfte unter Lebenden) Vorkehren zu treffen hat.<br />
135<br />
Zwar wird hier davon ausgegangen, dass die Zuweisung des Unternehmens an einen Nachfolger<br />
tendenziell mit einer Begünstigung desselben einher gehen soll; selbstverständlich ist jedoch auch<br />
das Umgekehrte möglich: der Nachfolger erhält das Unternehmen, muss dafür aber in Bezug auf<br />
den „Restnachlass“ eine Zurücksetzung in Kauf nehmen.<br />
136<br />
Vgl. dazu allgemein namentlich STEIN-WIGGER, passim.<br />
137<br />
Mitunter ist unklar, ob die Teilungsvorschrift für den Adressaten als Recht oder als Pflicht gemeint<br />
sei; vgl. DRUEY, Teilung, S. 29.<br />
138<br />
Vgl. PFAMMATTER, S. 85 ff. Ist der Wert des von Todes wegen zugewendeten Unternehmens grösser<br />
als der Wert des Erbanteils des Nachfolgers, muss dieser gemäss Art. 608 Abs. 2 ZGB eine<br />
Ausgleichszahlung (Aufzahlung) leisten (wenn der Wille des Erblassers nicht dahin ging, dass der<br />
Nachfolger das Unternehmen möglichst „netto“ erhalten solle, so dass dann lediglich die Pflichtteilsschranke<br />
bestehen bleibt; vgl. zum Ganzen HAUSHEER, ZBJV 105/1969, S. 131 f.; DRUEY, Teilung,<br />
S. 26 f., 46; STAEHELIN, S. 122; weiterführend PFAMMATTER, S. 68 ff.); ähnlich verhält es sich<br />
bei einem „Mehrempfang“ wegen einer Zuwendung unter Lebenden (vgl. Art. 629 ZGB).<br />
139<br />
Es sind allerdings verschiedene Modalitäten denkbar; vermutungsweise ist der bedachte Erbe (teilweise)<br />
selber Beschwerter (vgl. nur PIOTET, SPR IV/1, S. 128 [mit Hinweisen auf weitere Vorteile]).<br />
140<br />
Vgl. bei Fn. 50 hievor.<br />
141<br />
Vgl. PFAMMATTER, S. 87 ff. Vermutet wird eine Teilungsvorschrift und nicht ein Vorausvermächtnis;<br />
vgl. analog das Ausdrücklichkeitserfordernis für den Dispens von der gesetzlichen Ausgleichungspflicht<br />
(Art. 626 Abs. 2 ZGB).<br />
142<br />
Vgl. 2.6.1 hievor.<br />
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Unternehmensnachfolge und Erbrecht<br />
dass sie anfechtbar sind, sobald sie so weit gehen, dass sie Pflichtteilsansprüche verletzen 143<br />
144 . Sie sind jedoch „atmosphärisch“ für die mehr oder weniger weitgehend zurück gesetzten<br />
Nachkommen eher erträglich, als wenn der Erblasser „ungeschminkt“ anordnet, diese hätten<br />
sich zu Gunsten des Nachfolgers mit dem Pflichtteil abzufinden 145 .<br />
Die bisher erwähnten Gestaltungsmöglichkeiten beruhen auf der Grundidee, dass das Unter-<br />
nehmen ungeteilt auf einen einzigen Nachkommen übergehen soll. Sie bildet damit geradezu<br />
das Gegenstück zur Konzeption des gesetzlichen Erbteilungsrechts. Ebenfalls zu berücksichti-<br />
gen sind nun aber Konstellationen, in denen das Unternehmen auf mehr als einen Erben aufge-<br />
teilt wird, die aber daran ungleich beteiligt sind (dazu kann es <strong>insbesondere</strong> auch dann kom-<br />
men, wenn der Erblasser einen Teil des Unternehmens bereits unter Lebenden auf einen damit<br />
gleichsam schon als „eigentlichen“ Nachfolger auserkorenen Nachkommen übertragen hat,<br />
während der andere Teil erst nach dem Tod des Erblassers zugewiesen werden soll 146 ).<br />
Fällt das Stichwort „Ungleichheit“, so muss, wie bereits in mehrfacher Hinsicht dargelegt,<br />
zwangsläufig die Frage nach allfälligen Pflichtteilsverletzungen gestellt werden. Im vorliegenden<br />
Zusammenhang sei ihre Tragweite mit Blick auf eine AG verdeutlicht. Sie ergibt sich aus der<br />
sog. „biens aisément négociables“ – Doktrin, mit welcher HAUSHEER ein höchstgerichtliches Ur-<br />
teil aus dem Jahre 1944 147 für das Anliegen des Minderheitenschutzes im Aktienrecht fruchtbar<br />
gemacht hat 148 . Danach müsse „ein Pflichtteilserbe sich ein vom Erblasser durch Anordnung<br />
von Todes wegen geschaffenes Minderheitsaktienpaket auf eine bestimmte Familie hin vinku-<br />
lierter Namenaktien nicht auf seinen Pflichtteil anrechnen lassen.“ 149 Diese Auffassung ist im<br />
143<br />
Beispiel für eine Verletzung der Pflichtteile durch Festsetzung von Anrechnungswerten durch den<br />
Erblasser bei DRUEY, Teilung, S. 28.<br />
144<br />
Soweit ersichtlich höchstgerichtlich noch nicht entschieden ist die Frage, ob der Erblasser mit einer<br />
privatorischen Klausel anordnen kann, derjenige Pflichtteilsberechtigte, welcher die den Nachfolger<br />
(allenfalls) begünstigende Verfügung anfechten sollte, sei automatisch auf den Pflichtteil gesetzt;<br />
m.E. ist diese Frage zu bejahen (vgl. zum Ganzen die Hinweise in Fn. 97 hievor), mit der Folge,<br />
dass der Anfechtende riskiert, nach einer langwierigen Auseinandersetzung „gleichsam noch<br />
schlechter zu fahren“, als wenn er die Begünstigung des Nachfolgers tel quel hingenommen hätte.<br />
145<br />
Vgl. sodann zur (kontroversen) Frage, ob der Erblasser den Nachkommen die Erbenstellung zu<br />
entziehen und sie von der Erbengemeinschaft fernzuhalten vermag, AEBI-MÜLLER, N. 05.20 ff.,<br />
m.w.H. (siehe ferner in diesem Zusammenhang nun auch BGE 128 III 318 ff.).<br />
146<br />
Vgl. dazu analog 4.2. hienach.<br />
147<br />
Vgl. HAUSHEER, ASR Heft 399, S. 203 ff. bzw. BGE 70 II 142 ff., 147.<br />
148<br />
Vgl. dazu und zum Folgenden (<strong>insbesondere</strong> zur „Wirkungsgeschichte“ und zum allfälligen „Entwicklungspotenzial“<br />
dieser Doktrin) EITEL, FS Hausheer, S. 498 f., 501 f. (m.w.H.); DERS., KMU und<br />
Pflichtteilsrecht, S. 55 ff.<br />
149<br />
HAUSHEER, ASR Heft 399, S. 210. Davon erfasst würde nicht die Schaffung lauter gleicher Minderheitspakete,<br />
sondern die Schaffung von Minderheitspaketen „zu Gunsten“ von Mehrheitspaketen. –<br />
Eine analoge Problematik ergibt sich bspw., wenn der Erblasser einen Nachkommen durch die Zuweisung<br />
von Stimmrechtsaktien begünstigt; vgl. STAEHELIN, S. 124 ff.; für ein konkretes Beispiel<br />
HERZOG, S. 192 ff.<br />
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Unternehmensnachfolge und Erbrecht<br />
Schrifttum teilweise auf Zustimmung, teilweise auf Ablehnung gestossen 150 , und es gibt dazu<br />
auch „vermittelnde“ Stellungnahmen 151 . Ein klärendes Urteil des Bundesgerichts fehlt jedoch<br />
nach wie vor; immerhin ist aber das Kantonsgericht Graubünden der „biens aisément négoci-<br />
ables“ – Doktrin gefolgt 152 , indem es die Erfüllung der Rückleistungspflicht wegen Pflichtteilsver-<br />
letzung auf Grund einer Aktienabtretung unter Lebenden durch Zuteilung eines Minderheitspa-<br />
kets dieser Aktien ausschloss und befand, die Pflichtteilsverletzung sei durch Ausrichtung eines<br />
Geldbetrages „auszugleichen“ 153 .<br />
3.3 Insbesondere zur Bezeichnung des Nachfolgers<br />
Die (wirtschaftlichen) Bedingungen, zu denen der Nachkomme die Unternehmensnachfolge<br />
antritt, sind zwar durchaus bedeutsam, nicht nur für ihn, sondern häufig auch für das nachhalti-<br />
ge Gedeihen des Unternehmens selber. Von ebensolcher Bedeutung ist jedoch, dass dieser<br />
Nachkomme (bzw. allenfalls eine andere Person, die dem Erblasser „nahe steht“) sich über-<br />
haupt als Nachfolger eignet. Entsprechend sollte der Erblasser, wenn er das Unternehmen nicht<br />
schon (ganz oder teilweise) unter Lebenden auf den (designierten) Nachfolger übertragen will,<br />
auch diesbezüglich das Erforderliche von Todes wegen verfügen. Eine Verfügung von Todes<br />
wegen muss nun aber „vorzeitig“ errichtet werden, weil es dafür naturgemäss jederzeit „zu spät“<br />
sein könnte 154 . Daher ist es denkbar, dass gerade dann, wenn der Unternehmer die Nachfolge<br />
verantwortungsbewusst vorsorglich regeln will, das „Personalproblem“ (oder besser: das „Füh-<br />
rungsproblem“) planerisch noch gar nicht nachhaltig gelöst, d.h. der Nachfolger noch gar nicht<br />
„definitiv“ bezeichnet werden kann 155 . Andererseits kommt es auch vor, dass eine Lösung zwar<br />
möglich schiene, der Erblasser aber davor zurück schreckt, diesen „letzten unternehmerischen<br />
Entscheid“ selber zu treffen 156 . Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob bzw. inwiefern<br />
der Erblasser den Entscheid gültig delegieren könne.<br />
150<br />
U.a. mit der Argumentation, es handle sich um eine ausschliesslich gesellschaftsrechtliche Fragestellung,<br />
welche mithin auch einzig nach Massgabe des (allfälligen) gesellschaftsrechtlichen Minderheitenschutzes<br />
zu beantworten sei; vgl. DRUEY, Pflichtteil, S. 166 f. (<strong>insbesondere</strong> Fn. 49).<br />
151<br />
M.E. sollte nicht gerade völlig unberücksichtigt bleiben müssen, dass auf die beanstandete Art und<br />
Weise zugeteilte Minderheitspakete zwar in der Tat einen (erheblich) reduzierten Wert haben können,<br />
deswegen aber nicht gleich als eigentliche „nonvaleurs“ zu bezeichnen sind.<br />
152<br />
Und zwar nicht einmal „nur” bezogen auf eine von Todes wegen verfügte, sondern auf eine bereits<br />
unter Lebenden durchgeführte Nachfolge.<br />
153<br />
PKG 1988 Nr. 4, S. 27 f., E. 5 d. - Vgl. auch (aus anderem Blickwinkel) 2.3.2 hievor.<br />
154<br />
Vgl. HAUSHEER, ASR Heft 399, S. 47.<br />
155<br />
Denkbar ist vielleicht vorerst immerhin eine endgültig „negative Selektion“ nicht geeigneter Nachkommen<br />
(Stichwort: Erbauskauf). Ebenfalls nur beschränkte Wirkung kommt Teilungsverboten für<br />
den Fall zu, dass potentielle Nachfolger alters- und / oder ausbildungsmässig „noch nicht so weit<br />
sind“; vgl. AEBI-MÜLLER, N. 13.03 (Stichwort: Pflichtteilsschutz).<br />
156<br />
Vgl. FRANK, S. 193 bzw. AEBI-MÜLLER, N. 13.01.<br />
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Unternehmensnachfolge und Erbrecht<br />
Die Antwort darauf ergibt sich aus der Lehre und Praxis zum sog. Prinzip der materiellen<br />
Höchstpersönlichkeit. Dieses besagt, dass „Anordnungen von Todes wegen durch den Erblas-<br />
ser inhaltlich bestimmt sein müssen.“ 157 Es ist ungeschrieben, hat aber eine lange Tradition und<br />
mehr oder weniger weit gehende Entsprechungen in Nachbarrechtsordnungen 158 . Seine innere<br />
Rechtfertigung beruht auf unbestrittenermassen grundlegenden Ideen wie der persönlichkeits-<br />
rechtlichen Bedeutung freier Selbstbestimmung oder der moralischen Verantwortung des Erb-<br />
lassers für seine Verfügung 159 . Entsprechend soll z.B. eine Verfügung, wonach „der geeignetste<br />
Erbe“ (o.dgl.) das Unternehmen erhalten solle, für ungültig erklärt werden können (Art. 519<br />
ZGB) oder gar unbeachtlich (nichtig) sein.<br />
M.E. mit Recht wird nun aber in der neueren Lehre 160 in eindrücklichen Plädoyers eine Loslö-<br />
sung von der bisherigen „archaischen“ 161 Betrachtungsweise gefordert, gerade auch mit Blick<br />
auf Nachfolgen in Unternehmen 162 . Anordnungen, welche den Nachfolgeentscheid (allenfalls<br />
„indirekt“, d.h. über den Willensvollstrecker) letztlich dem (billigen, d.h. nach Massgabe der rele-<br />
vanten Umstände) Ermessen des Gerichts „überlassen“, sollten daher grundsätzlich zulässig<br />
sein, etwa aus folgenden Gründen: Regelungen, die dem Gericht gelegentlich aufgeben, die<br />
Eignung einer Person zur Übernahme von wesentlichen Vermögenswerten aus Nachlässen<br />
(und zwar von landwirtschaftlichen Gewerben, also gerade auch von Unternehmen 163 ) zu klären,<br />
sind dem schweizerischen Recht keineswegs völlig fremd; Gerichte haben mitunter ganze<br />
Nachlässe nach dem „Alles oder Nichts“ – Prinzip der einen oder der anderen Person „zuzu-<br />
sprechen“, ohne dass jede Ungewissheit darüber, ob damit der „letzte Wille“ des Erblassers<br />
tatsächlich respektiert werde, stets ausgeräumt wäre; gleichzeitig ist zu bedenken, dass das<br />
Pflichtteilsrecht (<strong>insbesondere</strong> dasjenige des ZGB 164 ) ohnehin verhältnismässig hohe Schranken<br />
aufstellt, so dass der „Handlungsspielraum“ (Ermessensspielraum) des (Willensvollstreckers<br />
und des) Gerichts so oder so als nicht allzu weit erscheint.<br />
157<br />
BREITSCHMID, S. 477 (Hervorhebung im Orginal).<br />
158<br />
Vgl. SPIRO, S. 259; BREITSCHMID, S. 479 f.<br />
159<br />
BREITSCHMID, S. 478.<br />
160<br />
Differenziert jedoch namentlich auch schon HAUSHEER, ASR Heft 399, S. 55 ff.<br />
161<br />
162<br />
Vgl. SPIRO, S. 261; BREITSCHMID, S. 484.<br />
Vgl. dazu und zum Folgenden SPIRO und BREITSCHMID, passim; restriktiv aber z.B. weiterhin WEI-<br />
MAR, N. 27 ff. der Einleitung vor Art. 467 ff. ZGB (S. 95 ff.).<br />
163<br />
Vgl. Fn. 13 hievor; ferner auch SEEBERGER, S. 229.<br />
164 Vgl. soeben 3.1.2.<br />
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Unternehmensnachfolge und Erbrecht<br />
4. Ehegüterrechtliche und gesellschaftsrechtliche Aspekte<br />
4.1 Ehegüterrecht<br />
4.1.1 Vorbemerkungen<br />
Hinterlässt der Unternehmer (nicht nur Nachkommen, sondern auch) einen Ehegatten, so ist vor<br />
der <strong>erbrechtliche</strong>n eine güterrechtliche Auseinandersetzung durchzuführen, sofern nicht Güter-<br />
trennungsrecht gilt 165 . Dadurch kommt der überlebende Ehegatte, anders als (im hier einzig inte-<br />
ressierenden Regelfall) die Nachkommen des Erblassers, grundsätzlich nicht nur einmal, son-<br />
dern zweimal zum Zuge (immerhin: gemeinsame Nachkommen haben eine Erbanwartschaft<br />
auch gegenüber dem überlebenden Ehegatten). Es entspricht dies auch durchaus den Zielset-<br />
zungen des Ehegüterrechts (in Verbindung mit dem Ehegattenerbrecht). Zudem haben die Ehe-<br />
gatten, <strong>insbesondere</strong> gegenüber gemeinsamen Nachkommen, die Möglichkeit, ehevertraglich<br />
(und erbvertraglich oder durch unentgeltliche Zuwendungen unter Lebenden) den überlebenden<br />
noch weiter gehend zu begünstigen 166 . Damit mag durchaus der Wunsch einher gehen, dass<br />
auch die Unternehmensnachfolge dieser Begünstigung entsprechen solle 167 . Oder es wird eine<br />
Lösung angestrebt, welche den Ehegatten und einen Nachkommen begünstigt; in Frage kommt<br />
dann vielleicht auch ein „zweistufiges“ Vorgehen, indem zunächst der Ehegatte und hernach der<br />
(dazu vielleicht noch gar nicht bereite 168 ) Nachkomme die Nachfolge antreten soll 169 . In der Re-<br />
gel, und davon wird im Folgenden weiterhin ausgegangen, soll(te) aber der Nachfolger der jün-<br />
geren Generation angehören 170 ; dies vorausgesetzt, birgt das Güterrecht für die Unternehmens-<br />
nachfolge ein „Störpotential“ 171 . Dem wird der Unternehmer gegebenenfalls durch gezielte<br />
Massnahmen zu begegnen haben.<br />
Die Nachfolgeregelung kann aber etwa auch dann (erheblich) leichter fallen, wenn der Unter-<br />
nehmer nach seinem Ehegatten verstirbt und im Zuge der güter- und (betreffend dessen Nach-<br />
lass) <strong>erbrechtliche</strong>n Auseinandersetzung „unter dem Strich“ mehr erhalten hat, als er hinzuge-<br />
ben brauchte. Entsprechend spielt die Ungewissheit der Absterbensreihenfolge der Ehegatten<br />
mitunter eine erhebliche Rolle, und allfällige rechtsgeschäftliche Regelungen können sie diffe-<br />
165<br />
Vgl. BÄR, S. 181.<br />
166<br />
Stichworte: Totalvorschlags- bzw. Totalgesamtgutszuweisung (vgl. die Art. 216 und 241 ZGB); Zuwendung<br />
auch der verfügbaren Quote; Schenkungen.<br />
167<br />
Vgl. BÄR, S. 200 f.; einlässlich zu den Gestaltungsmöglichkeiten unter dieser Prämisse AEBI-<br />
MÜLLER, N. 13.49 ff.<br />
168<br />
Vgl. Fn. 109 hievor; sodann ausführlich zur Thematik der „Unternehmensführung bei Vorhandensein<br />
minderjähriger Erben“ HAUSHEER, ASR Heft 399, S. 59 ff.<br />
169<br />
Vgl. HAUSHEER / AEBI-MÜLLER, Begünstigung, S. 26.<br />
170<br />
Vgl. STAEHELIN, S. 121: „Die Unternehmensnachfolge ist schon vom Begriff her eine Generationenfolge.“<br />
Oder HAUSHEER, ASR Heft 399, S. 59 (Hervorhebung hinzugefügt): „Für eine Zwischenlösung<br />
ist in erster Linie an den überlebenden Ehegatten zu denken.“<br />
171<br />
Vgl. STAEHELIN, S. 121 f.<br />
© veb.ch / Prof. Dr. iur. Paul Eitel / 2010 29
Unternehmensnachfolge und Erbrecht<br />
renziert berücksichtigen 172 (ebenso wie die weitere Ungewissheit, ob die Ehe überhaupt durch<br />
Tod - wobei dann z.B. zusätzlich an eine mögliche Wiederverheiratung des überlebenden Ehe-<br />
gatten und nicht nur an die Erbanwartschaften der gemeinsamen Nachkommen auch diesem<br />
Elter gegenüber zu denken ist - und nicht vielleicht durch Scheidung aufgelöst wird 173 ).<br />
4.1.2 Ausgangslage: Errungenschaftsbeteiligung<br />
Haben die Ehegatten nicht ehevertraglich Gütergemeinschaft oder Gütertrennung vereinbart<br />
und ist diese auch nicht als ausserordentlicher Güterstand eingetreten, so gilt für die Eheleute<br />
die Errungenschaftsbeteiligung als ordentlicher Güterstand (Art. 181 ZGB). Bei ihr sind pro Ehe-<br />
gatte zwei Gütermassen auseinander zu halten, nämlich die Errungenschaft und das Eigengut<br />
(Art. 196 ZGB).<br />
Gehört das Unternehmen zur Errungenschaft, so ist zu berücksichtigen, dass dem überleben-<br />
den Ehegatten wertmässig die Hälfte an dieser zusteht (und „umgekehrt“; vgl. Art. 215 ZGB) 174 .<br />
Gehört es dagegen zum Eigengut, so hat der Überlebende darauf keinen güterrechtlichen An-<br />
spruch 175 . Immerhin umfasst aber die Errungenschaft den Arbeitserwerb eines Ehegatten und<br />
die Erträge seines Eigengutes (Art. 197 Abs. 2 Ziff. 1 und 4 ZGB) 176 . Die Regelung betreffend<br />
den Arbeitserwerb beruht auf der Unterscheidung zwischen industriellen und konjunkturellen<br />
Mehrwerten, welche beim Eigengutsunternehmen entstehen können; jene sollen zu Errungen-<br />
schaft führen, diese dem Eigengut zugeordnet bleiben (wobei die Abgrenzung nicht immer leicht<br />
fällt). Bezieht der Unternehmer eine angemessene, marktkonforme Vergütung für seine Tätig-<br />
keit, bleibt in aller Regel kein Raum für einen besonderen industriellen Mehrwert, welcher zu<br />
Gunsten der Errungenschaft zusätzlich abzugelten wäre. Insoweit aber, als der Unternehmer für<br />
die Zurverfügungstellung von Arbeit (und/oder Kapital) dem Unternehmen keine marktkonforme<br />
Vergütung entnimmt und so gleichsam dessen Wert zu Gunsten des Eigenguts und zu Lasten<br />
der Errungenschaft „manipuliert“, ist in der Lehre umstritten, ob er dadurch die Entstehung von<br />
Errungenschaft bzw. von Ersatzforderungen der Errungenschaft in der Tat zu verhindern ver-<br />
mag 177 . Der neueren Praxis des Bundesgerichts ist nun aber zu entnehmen, dass dieses klar<br />
der „ehegattenfreundlicheren“ bzw. der „nachfolgefeindlicheren“ Sicht zuneigt 178 .<br />
172 Vgl. grundsätzlich zu dieser Problematik hinten 5.<br />
173 Von alledem wird im Folgenden abstrahiert; einlässlich über „Folgen mangelhafter Planung und<br />
unerwünschte Begleiterscheinungen der Begünstigung“ (eines Ehegatten) AEBI-MÜLLER, S. 289 ff.<br />
174 Vgl. sodann die mit den Art. 617 bzw. 630 ZGB vergleichbare Regelung in Art. 214 ZGB betreffend<br />
den massgebenden Zeitpunkt für die Wertbestimmung.<br />
175 Vgl. zudem den Ausschluss des „Zugrechts“ gemäss Art. 219 Abs. 4 ZGB.<br />
176 Vgl. dazu und zum Folgenden HAUSHEER / REUSSER / GEISER, N. 36 ff. zu Art. 197 ZGB.<br />
177 Während BÄR (primär aus Praktikabilitätsgründen) die „formelle Unterscheidung“ für einzig massgeblich<br />
hält (S. 194), lassen HAUSHEER / REUSSER / GEISER (zumindest) Ausnahmen zu (N. 41, 43<br />
zu Art. 197 ZGB); wiederum (vgl. analog Fn. 131 hievor) stellt sich mithin die Frage, ob die gesell-<br />
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Unternehmensnachfolge und Erbrecht<br />
Im Übrigen ist es ganz grundsätzlich denkbar, dass (mindestens) eine Gütermasse in die ande-<br />
re, d.h. <strong>insbesondere</strong> in das Unternehmen, investiert, was - gehöre die investierende Masse nun<br />
dem Unternehmer (Art. 209 ZGB) oder seinem Ehegatten (Art. 206 ZGB) - z.B. Mehrwertbeteili-<br />
gungsansprüche nach sich ziehen kann 179 . Auch diese Regelungen beruhen auf der Unter-<br />
scheidung zwischen industriellen und konjunkturellen Mehrwerten. Nicht ausgeschlossen ist<br />
zudem, dass industrielle Mehrwerte, über die nicht abgerechnet wird, ihrerseits zu einem Beitrag<br />
nach Art. 206 Abs. 1 bzw. Art. 209 Abs. 3 ZGB und damit zur Grundlage eines Mehrwertanteils<br />
werden können 180 .<br />
Mit Blick auf den eingangs unterstellten Regelfall muss es für den Unternehmer (im Einverneh-<br />
men mit seinem Gatten) darum gehen, dass das Unternehmen einschliesslich dem, was es zur<br />
nachhaltigen Existenz benötigt, zu seinem Eigengut gehört bzw. andere Vermögensmassen<br />
daran möglichst nicht „direkt oder indirekt beteiligt“ sind. Diesbezüglich bestehen in der Tat ge-<br />
wisse Gestaltungsmöglichkeiten.<br />
4.1.3 Modifikationen der Errungenschaftsbeteiligung<br />
Grundsätzlich haben die Ehegatten nicht nur die Möglichkeit, ehevertraglich (wechselseitig) eine<br />
Totalvorschlagszuweisung zu vereinbaren, sondern sie können auch (wechselseitig) gänzlich<br />
auf den Vorschlagsbeteiligungsanspruch verzichten (Art. 216 Abs. 1 ZGB) 181 . Regelmässig eher<br />
im Vordergrund stehen dürfte (und mit Rücksicht auf die Interessen des andern Ehegatten wenn<br />
möglich genügen sollte) indessen eine Vereinbarung nach Art. 199 ZGB. Denn die ratio dieser<br />
Bestimmung besteht erklärtermassen gerade darin, im Zusammenhang mit der Unternehmens-<br />
fortführung bzw. –nachfolge durch sachgerechte Dosierung einen „Interessenausgleich“ zwi-<br />
schen den Anliegen der Unternehmenserhaltung und der Familienversorgung zu ermöglichen 182 .<br />
Zum einen können die Ehegatten das Unternehmen, wenn es zur Errungenschaft des Unter-<br />
nehmers gehört, ehevertraglich „umwidmen“, d.h. „zu Eigengut erklären“ („Massenumteilung“;<br />
Art. 199 Abs. 1 ZGB) 183 . Und zum andern können sie, erneut „durch Ehevertrag“, vereinbaren,<br />
dass die Erträge aus dem (nach Art. 198 oder 199 Abs. 1 ZGB) zum Eigengut des Unterneh-<br />
schaftsrechtliche Betrachtungsweise den Ausschlag zu geben vermöge; vgl. zum Ganzen nun BGE<br />
131 III 559 ff.<br />
178<br />
Vgl. BGE 131 III 559 ff.<br />
179<br />
Vgl. dazu und zum Folgenden HAUSHEER / REUSSER / GEISER, N. 41 zu Art. 197 ZGB, N. 23 ff. zu<br />
Art. 206 ZGB und N. 47 ff. zu Art. 209 ZGB.<br />
180<br />
Vgl. für ein Beispiel betr. die „Bestimmung des güterrechtlichen Anspruches und damit des Umfanges<br />
des Nachlasses im Zusammenhang mit zurückbehaltenen Gewinnen und Kapitalerhöhungen<br />
(inkl. Gratisaktien)“ HERZOG, S. 184 ff.<br />
181<br />
Vgl. HAUSHEER / REUSSER / GEISER, N. 5 zu Art. 199 ZGB (ferner, <strong>insbesondere</strong> zur [selteneren]<br />
zweiten Alternative, die Hinweise sogleich in Fn. 194).<br />
182<br />
HAUSHEER / REUSSER / GEISER, a.a.O.<br />
183<br />
Es handelt sich dabei um eine Ausnahme vom Grundsatz der Unabänderlichkeit der Gütermassen;<br />
HAUSHEER / REUSSER / GEISER, N. 9 zu Art. 199 ZGB.<br />
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Unternehmensnachfolge und Erbrecht<br />
mers gehörenden Unternehmen statt in seine Errungenschaft (ebenfalls) in sein Eigengut fallen<br />
(Abs. 2 von Art. 199 ZGB). Nicht mit eingeschlossen werden kann hier aber der Arbeitserwerb<br />
des Unternehmers 184 . Soll auch er „definitiv“ Eigengut werden bzw. bleiben, so lässt sich dies<br />
zwar ehevertraglich vereinbaren, jedoch nicht prospektiv, sondern (laufend) nur retrospektiv.<br />
Was sodann die Mehrwertbeteiligung wegen Investitionen anbelangt, die dem Unternehmen aus<br />
einer anderen Gütermasse zugeführt werden, so kommt es darauf an, ob die investierende<br />
Masse dem Unternehmer gehört oder seinem Ehegatten 185 . Denn im ersten Fall bleibt es beim<br />
Grundsatz der Unabänderlichkeit der Gütermassen (vgl. Art. 209 Abs. 3 ZGB) 186 . Hat dagegen<br />
der Nichtunternehmergatte „zum Erwerb, zur Verbesserung oder zur Erhaltung von Vermögens-<br />
gegenständen des andern ohne entsprechende Gegenleistung beigetragen und besteht im Zeit-<br />
punkt der Auseinandersetzung ein Mehrwert“, so können die Ehegatten „den Mehrwertanteil<br />
ausschliessen oder ändern“, und zwar durch blosse „schriftliche Vereinbarung“ (Art. 206 Abs. 1<br />
und 3 ZGB) 187 188 .<br />
Zusammengefasst ist es dem Unternehmer, wenn der andere Ehegatte nicht sogar bereit ist,<br />
auf den Vorschlagsbeteiligungsanspruch zu verzichten, immerhin möglich, dafür zu sorgen,<br />
dass das Unternehmen „zum Vornherein“ zu seinem Eigengut gehört; dasselbe gilt sodann in<br />
Bezug auf die Erträge des Unternehmens, nicht aber hinsichtlich des Arbeitserwerbs des Unter-<br />
nehmers; allemal bedarf es jedoch auch zu diesen Massnahmen des ehevertraglichen oder zu-<br />
mindest schriftlichen Einverständnisses des anderen Ehegatten 189 190 .<br />
Ausserdem bleibt zu beachten, dass in mehrfacher Hinsicht umstritten ist, inwieweit dadurch<br />
Pflichtteilsansprüche der Nachkommen beeinträchtigt werden können, und zwar nicht nur ge-<br />
stützt auf die Art. 522 ff. ZGB, sondern auch nach Art. 216 ZGB 191 . Es dürfte sich sogar rechtfer-<br />
184 Vgl. dazu und zum Folgenden HAUSHEER / REUSSER / GEISER, N. 7 f., 23 ff. zu Art. 199 ZGB. - Zur<br />
Mitarbeit des anderen Ehegatten sodann Art. 165 ZGB.<br />
185 Vgl. Beilage 11.<br />
186 Vgl. soeben Fn. 183 bzw. HAUSHEER / REUSSER / GEISER, N. 15 zu Art. 209 ZGB.<br />
187 Nach h.L. kann die Mehrwertbeteiligung auch insgesamt ausgeschlossen werden, dann aber nur<br />
durch Ehevertrag; HAUSHEER / REUSSER / GEISER, N. 62 zu Art. 206 ZGB.<br />
188 Im Rahmen von Art. 206 ZGB nicht vereinbart werden kann eine Minderwertbeteiligung (allenfalls<br />
kommt eine Konversion in ein partiarisches Darlehen oder ein Gesellschaftsverhältnis in Frage; vgl.<br />
HAUSHEER / REUSSER / GEISER, N. 60 zu Art. 206 ZGB): „ist ... ein Minderwert eingetreten, so entspricht<br />
die Forderung dem ursprünglichen Beitrag“ (Abs. 1 a.E.); im Rahmen von Art. 209 ZGB dagegen<br />
wird auch ein allfälliger Minderwert „anteilsmässig verlegt“ (vgl. Abs. 3).<br />
189 Vgl. für die (beschränkten) „Kompensationsmöglichkeiten“ AEBI-MÜLLER, N. 13.63.<br />
190 Ebenso kann der Unternehmer, welcher dem Nachkommen ein Errungenschaftsunternehmen unter<br />
Lebenden (ganz oder teilweise) unentgeltlich überträgt, die güterrechtliche Hinzurechnung nach Art.<br />
208 ZGB verhindern, indem er die Zuwendung mit der Zustimmung des andern Ehegatten macht<br />
(vgl. 2.5 hievor).<br />
191 Stichwort: Sondererbrecht im Güterrecht; vgl. HAUSHEER / REUSSER / GEISER, N. 9, 34 zu Art. 216<br />
ZGB; ferner etwa BRÄNDLI, passim.<br />
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Unternehmensnachfolge und Erbrecht<br />
tigen, diese Bestimmung (und die über ihre Tragweite bestehenden Ungewissheiten 192 ) im vor-<br />
liegenden Zusammenhang geradezu als „Dreh- und Angelpunkt“ zu bezeichnen. Art. 216 ZGB<br />
legt fest, dass ehevertragliche Vereinbarungen über eine andere als die gesetzlich vorgesehe-<br />
ne, hälftige Beteiligung am Vorschlag die Pflichtteilsansprüche der nichtgemeinsamen Kinder<br />
und deren Nachkommen nicht beeinträchtigen dürften. Immerhin: sind die Nachkommen ge-<br />
meinsam und stirbt der andere Ehegatte zuerst, so können jene (allenfalls) nur auf dessen (viel-<br />
leicht) vorhandenes Eigengut greifen (Totalvorschlagszuweisung zugunsten des überlebenden<br />
Ehegatten) 193 , und verstirbt dann der Unternehmer, gehört das Unternehmen „unbeschwert“ zu<br />
seinem Nachlass; ebenso verhält es sich, wenn der Unternehmer zuerst verstirbt (Totalvor-<br />
schlagszuweisung zugunsten des vorversterbenden Ehegatten); jedoch kann es m.E. nach dem<br />
Hinschied des anderen Ehegatten zu einer Herabsetzung nach Art. 527 ZGB kommen 194 . Was<br />
sodann die Massenumteilungen nach Art. 199 Abs. 1 ZGB anbelangt, so führt die Mehrheitsauf-<br />
fassung in der Literatur zu einer Erleichterung der Unternehmensnachfolge, da sie die Herab-<br />
setzbarkeit nur bei rechtsmissbräuchlichem Vorgehen bejaht 195 . Stärker geteilt sind die Ansich-<br />
ten jedoch darüber, ob auch Mehrwertbeteiligungsausschlüsse lediglich bei rechtsmissbräuchli-<br />
chem Vorgehen angefochten werden können 196 oder aber grundsätzlich der Herabsetzung ana-<br />
log Art. 216 Abs. 2 ZGB unterliegen 197 .<br />
4.1.4 Güterstandswechsel<br />
Je umfassender das Unternehmen bzw. das dem Unternehmer gehörende Vermögen zu des-<br />
sen Eigengut gehört bzw. je weniger Ansprüche sein Ehegatte gegebenenfalls auf den Wert der<br />
Errungenschaft des Unternehmers (soweit dieser überhaupt eine solche hat) geltend machen<br />
kann, desto mehr ist die Ehe (jedenfalls aus der Sicht des Unternehmers) mit einer Gütertren-<br />
nungsehe vergleichbar. Erfolgt, gleichsam noch weiter gehend, sogar tatsächlich ein Wechsel<br />
zur Gütertrennung, so sind beim Tod eines Ehegatten ausschliesslich <strong>erbrechtliche</strong> Ansprüche<br />
zu berücksichtigen, so dass die mitunter „störenden“ (manchmal freilich auch „erwünschten“)<br />
192 Erwähnt sei bspw. die Frage, welche von dieser Vorschrift erfassten Vereinbarungen als Rechtsgeschäfte<br />
unter Lebenden bzw. als Verfügungen von Todes wegen zu qualifizieren sind; einlässlich<br />
dazu HAUSHEER / REUSSER / GEISER, N. 34 ff. zu Art. 216 ZGB; ferner etwa PORTMANN, S. 10 ff.;<br />
BRÄNDLI, S. 336 f.; sowie zuletzt RUMO-JUNGO, passim.<br />
193 Vgl. zur Kontroverse betreffend die Berechnung ihrer Pflichtteilsansprüche HAUSHEER / REUSSER /<br />
GEISER, N. 50 ff. zu Art. 216 ZGB (ferner nun auch BGE 127 III 396 ff. [und dazu kritisch REGINA E.<br />
AEBI-MÜLLER, Die Vorschlagszuweisung an den überlebenden Ehegatten - Bundesgerichtsentscheid<br />
lässt alle Fragen offen, in: ZBJV 137/2001, S. 681 ff., <strong>insbesondere</strong> Fn. 9]), sowie zuletzt<br />
RUMO-JUNGO, passim.<br />
194 Vgl. dazu nun BGE 128 III 314 ff. und BRÄNDLI, passim; sowie Beilage 12.<br />
195 Vgl. AEBI-MÜLLER, N. 06.48 (m.w.H.); a.M. DRUEY, Pflichtteil, S. 156. - Einmal angenommen, zur<br />
Errungenschaft des Unternehmers gehöre einzig sein Unternehmen, ist mithin eine<br />
Massenumteilung einer Vorschlagsbeteiligungsänderung vorzuziehen.<br />
196 Vgl. AEBI-MÜLLER, N. 06.55 f. (m.w.H.).<br />
197 Vgl. etwa PORTMANN, S. 14 f.; DRUEY, Pflichtteil, S. 156.<br />
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Unternehmensnachfolge und Erbrecht<br />
Einflüsse des Errungenschaftsbeteiligungsrechts zum Vornherein entfallen 198 . Entscheiden sich<br />
die Ehegatten dagegen - vielleicht à contre coeur 199 - für eine Gütergemeinschaft, sind im We-<br />
sentlichen analoge Überlegungen wie bei der Errungenschaftsbeteiligung anzustellen 200 .<br />
4.1.5 Hinweis: Zusammenspiel mit dem Erbrecht und dem Gesellschaftsrecht<br />
Die ehegüterrechtlichen Ansprüche der Ehegatten sind das eine, ihre <strong>erbrechtliche</strong>n Ansprüche<br />
das andere. Jedoch gilt auch für diese, dass die Auswirkungen auf die Unternehmensnachfolge<br />
von den Vermögensverhältnissen beider Ehegatten und der Absterbensreihenfolge abhängen 201<br />
und rechtsgeschäftlich (testamentarisch oder erbvertraglich) beeinflusst werden können. Noch<br />
einmal komplizierter ist die Ausgangslage, wenn zwischen den Ehegatten in Bezug auf das Un-<br />
ternehmen ein Gesellschaftsverhältnis besteht (womöglich sind dann beide Unternehmer). Denn<br />
diesfalls ist bei Auflösung der Ehe sogar eine dreistufige Abwicklung erforderlich (und zu pla-<br />
nen), indem der güterrechtlichen Auseinandersetzung und der <strong>erbrechtliche</strong>n Teilung (grund-<br />
sätzlich) die Auflösung der Gesellschaft voraus geht 202 .<br />
4.2 Gesellschaftsrecht<br />
4.2.1 Vorbemerkungen<br />
Gesellschaftsrechtliche Fragestellungen interessieren bei der Unternehmensnachfolge vorab mit<br />
Blick auf Unternehmen, die nicht nur einer Person gehören. Die stets vorausgesetzte Ausgangs-<br />
lage, an der sich die bisherigen Ausführungen orientiert haben 203 , ist daher entsprechend zu<br />
erweitern. Dabei wird (zunächst) zusätzlich unterstellt, dass es sich bei der oder den anderen<br />
Person(en), die ebenfalls am Unternehmen beteiligt sind, um „familienfremde“ Personen (oder<br />
jedenfalls weder um Nachkommen 204 noch den Ehegatten 205 des Erblassers) handeln und es<br />
dem Erblasser darum gehen wird, seine(n) Nachkommen trotzdem möglichst umfassend in sei-<br />
198<br />
Vgl. soeben 4.1.1.<br />
199<br />
Vgl. z.B. die Art. 229 und 233 Ziff. 2 ZGB.<br />
200<br />
Vgl. einlässlich BÄR, passim.<br />
201<br />
Vgl. soeben 4.1.1.<br />
202<br />
Vgl. HAUSHEER / AEBI-MÜLLER, Begünstigung, S. 36; anschaulich sodann DIES., FS VbN, S. 341 f.;<br />
ferner auch HEINZ HAUSHEER / ROLAND PFÄFFLI, Zur Bedeutung des Anwachsungsprinzips bei der<br />
einfachen Gesellschaft und bei der Gütergemeinschaft im Todesfall; zur Tragweite von BGE 119 II<br />
119 ff. für die Grundbuchführung, in: ZBJV 130/1994, S. 38 ff.; HEINZ HAUSHEER, Anmerkungen zur<br />
Ehegattengesellschaft, in: ZBJV 131/1995, S. 617 ff.<br />
203<br />
Vgl. 1.1 hievor.<br />
204<br />
Andernfalls ist die Nachfolge regelmässig schon unter Lebenden „vorgespurt“, aber nicht vollständig<br />
vollzogen, indem sowohl Erblasser als auch Nachfolger Aktionäre einer AG bzw. Gesellschafter<br />
(z.B. einer Kollektivgesellschaft oder eines Aktionärbindungsvertrages) sind; entsprechend verschiebt<br />
sich dann die im Folgenden gewählte Optik (bzw. bleibt auf „familieninterne“ Aspekte fokussiert).<br />
– Zu den Problemen im Zusammenhang mit aufschiebend bedingten Nachfolgeregelungen<br />
siehe sodann MATTHIAS BECKER, Die Übertragung eines Personengesellschaftsanteils durch<br />
Rechtsgeschäft unter Lebenden auf den Todesfall, in: AcP 201/2001, S. 613 ff.<br />
205<br />
Vgl. dazu soeben 4.1.<br />
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Unternehmensnachfolge und Erbrecht<br />
ne Position nachrücken zu lassen. Dadurch treten die gesellschaftsrechtlichen Aspekte zu den<br />
(sinngemäss weitgehend nach wie vor zu berücksichtigenden) <strong>erbrechtliche</strong>n (und ehegüter-<br />
rechtlichen) hinzu. Einige davon sollen im Folgenden beleuchtet werden, wobei eine Beschrän-<br />
kung auf zwei „typische“ Gesellschaften erfolgt, nämlich auf die Kollektivgesellschaft als Perso-<br />
nengesellschaft und auf die AG als Kapitalgesellschaft 206 . Die entsprechenden Ausführungen<br />
sind weiterhin <strong>insbesondere</strong> auf die Rechtsfolgen im Zusammenhang mit dem Tod des (einen)<br />
Unternehmers ausgerichtet 207 .<br />
4.2.2 Kollektivgesellschaft<br />
Die im vorliegenden Zusammenhang bei der Kollektivgesellschaft (Art. 552 - 593 OR) interessie-<br />
renden Bestimmungen entsprechen weitgehend denjenigen bei der einfachen Gesellschaft (Art.<br />
530 - 551 OR). Grundsätzlich gilt, dass die Mitgliedschaft in der Gesellschaft nicht nur unüber-<br />
tragbar, sondern auch unvererblich ist und die Gesellschaft aufgelöst wird, wenn ein Gesell-<br />
schafter stirbt 208 . Jedoch handelt es sich dabei um dispositives, also gesellschaftsvertraglich<br />
abdingbares Recht. Und rechtsgeschäftlicher Handlungsbedarf besteht demnach schon dann,<br />
wenn das Unternehmen über den Tod eines Gesellschafters (des Erblassers) hinaus überhaupt<br />
(nachhaltig) Bestand haben soll. Mit Blick auf den Nachlass des verstorbenen Gesellschafters<br />
ist zudem zu berücksichtigen, dass bei einer Auflösung den Gesellschaftern bzw. dem Nachlass<br />
ein Anspruch auf Anteile am Liquidationserlös erwächst, während dann, wenn die verbleibenden<br />
Gesellschafter die Gesellschaft fortsetzen und diese nur für den Ausscheidenden endigt, in des-<br />
sen Nachlass ein Anspruch auf Ausrichtung des Gegenwerts seines Anteils am Unternehmen<br />
fällt 209 .<br />
Zu den nachgerade „klassischen“ Instrumentarien 210 rechtsgeschäftlicher Nachfolgeregelungen<br />
gehören daher, z.B. je nachdem, ob (und zu welchem „Preis“) die Gesellschaft überhaupt mit<br />
(gewissen) Nachkommen des Erblassers soll fortgeführt werden (können) oder nicht, die Fort-<br />
setzungsklauseln, die Eintrittsklauseln, die Abfindungsklauseln, die Nachfolgeklauseln, die Kon-<br />
versionsklauseln und die Kapitalkontenklauseln 211 . Anders als beim Testament, bei welchem es<br />
206<br />
In Bezug auf die GmbH vgl. etwa AEBI-MÜLLER, N. 13.25 ff.<br />
207<br />
Abstrahiert wird mithin von den Auswirkungen, die der Tod eines Vertragspartners des Unternehmers<br />
(der vielleicht ebenfalls als Unternehmer zu qualifizieren ist) nach sich ziehen kann; die damit<br />
zusammen hängenden Unwägbarkeiten (Stichwort: Absterbensreihenfolge) sind mit denjenigen<br />
vergleichbar, welche (güter- und erbrechtlich) bestehen, wenn der Unternehmer verheiratet ist (vgl.<br />
4.1.1 und 4.1.5 hievor).<br />
208<br />
Vgl. Art. 557 Abs. 2 i.V.m. Art. 542 OR bzw. Art. 574 Abs. 1 sowie Art. 576 OR i.V.m. Art. 545 Abs.<br />
1 Ziff. 2 OR; VON GREYERZ, S. 73; weiterführend HAUSHEER, ASR Heft 399, S. 98 ff.<br />
209<br />
Vgl. VON GREYERZ, S. 74.<br />
210<br />
Allein schon ihre in der Literatur einheitliche Bezeichnung als („gebräuchliche“) Vertragsklauseln<br />
belegt dies.<br />
211<br />
Einlässlich dazu namentlich HAUSHEER, ZBJV 105/1969, S. 133 ff., und ASR Heft 399, S. 104 ff.;<br />
VON GREYERZ, S. 77 ff.<br />
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Unternehmensnachfolge und Erbrecht<br />
sich um ein einseitiges Rechtsgeschäft handelt, ist der Erblasser hier aber, wie beim Ehevertrag<br />
und beim Erbvertrag, von Vornherein auf das Einverständnis Dritter, nämlich des oder der Mit-<br />
gesellschafter, angewiesen, und deren Interessen brauchen, wie diejenigen seines Ehegatten<br />
und seiner Nachkommen, mit den seinen nicht gleichläufig zu sein. Im Übrigen ist daran zu er-<br />
innern, dass eine konkrete gesellschaftsvertragliche Vereinbarung mitunter als Schenkung auf<br />
den Todesfall bzw. Verfügung von Todes wegen qualifiziert werden und deren Gültigkeit daher<br />
auch von der Einhaltung strengerer Formvorschriften abhängen kann 212 . Entsprechend gilt wei-<br />
terhin der Ratschlag von BÄR 213 : „Mit allem, was auch nur erbrechtlich riecht, zum Notar.“<br />
Die Eintrittsklausel etwa, die eine (stillschweigende) Fortsetzungsklausel enthält, legt fest, dass<br />
die Erben des verstorbenen, ausgeschiedenen Erblassers berechtigt sind, in die Gesellschaft<br />
einzutreten 214 . Eine einfache Eintrittsklausel liegt vor, wenn das Eintrittsrecht allen Erben zu-<br />
steht, eine qualifizierte, wenn nur einer eintrittsberechtigt ist 215 . In den Nachlass gelangt nach<br />
wie vor die Abfindungssumme. Kommt es zu einem Eintritt, erfolgt in der Regel eine „Kompen-<br />
sation“ durch eine entsprechende Kapitaleinlage. Zumindest wertmässig sollte also die Abfin-<br />
dungssumme dem Eintretenden erbrechtlich zugewiesen werden (können) 216 . Ob (und zu wel-<br />
chem „Preis“) dies gelingt, hängt wiederum wesentlich davon ab, ob die Zuweisung (des Wer-<br />
tes) der Abfindungssumme Pflichtteilsansprüche verletzt oder nicht. Unabhängig von alledem<br />
bleibt sodann zu bedenken, dass der Eintrittsberechtigte im Gesellschaftsvertrag nicht auch zum<br />
Eintritt gezwungen werden kann 217 .<br />
Die Nachfolgeklausel dagegen, die ebenfalls als einfache oder als qualifizierte erscheint, macht<br />
die Mitgliedschaft in der Gesellschaft vererblich 218 ; entsprechend wird die Gesellschaft nicht nur<br />
nicht aufgelöst, sondern auch nicht nur durch die verbleibenden Gesellschafter fortgesetzt 219 .<br />
Vererblichkeit der Mitgliedschaft bedeutet, dass diese zum Nachlass gehört und (auch dann,<br />
wenn eine qualifizierte Nachfolgeklausel vorliegt, zunächst) an die Erbengemeinschaft fällt (die<br />
212<br />
Vgl. etwa für wechselseitige gesellschaftsvertragliche Abfindungsklauseln im Hinblick auf den Tod<br />
der Gesellschafter zwecks „Schonung“ der Gesellschaft BGE 113 II 270 ff. und dazu EITEL, FS<br />
Hausheer, S. 494 ff. (m.w.H.); sowie Beilage 13.<br />
213<br />
ZBJV 125/1989, S. 240.<br />
214<br />
Vgl. dazu und zum Folgenden vON GREYERZ, S. 80 ff.<br />
215<br />
Bzw. wenn nicht alle berechtigt sind; vgl. WOLF, S. 18.<br />
216<br />
Stichworte dazu: Erbteilung bzw. Teilungsanordnung / Vorausvermächtnis; vgl. 3.2 hievor bzw.<br />
WEIMAR, N. 110 der Einleitung vor Art. 467 ff. ZGB (S. 130 f.); WOLF, S. 18 f. Vgl. zudem zum Fall,<br />
wonach mehrere eintreten, VON GREYERZ, S. 84 f. (Stichwort: Vervielfältigung der Mitgliedschaft).<br />
217<br />
Zum <strong>erbrechtliche</strong>n „Handlungsspielraum“ des Erblassers siehe analog sogleich bei Fn. 222.<br />
218<br />
Gleichwohl gilt die Nachfolgeklausel indessen als Rechtsgeschäft unter Lebenden; entsprechend<br />
sind nicht nur die Formvorschriften für Verfügungen von Todes wegen unbeachtlich, sondern es<br />
darf auch die Bestimmung des Nachfolgeberechtigten den Mitgesellschaftern oder Dritten überlassen<br />
werden; VON GREYERZ, S. 91 (vgl. aber auch soeben bei Fn. 192).<br />
219<br />
Vgl. dazu und zum Folgenden VON GREYERZ, S. 90 ff.<br />
© veb.ch / Prof. Dr. iur. Paul Eitel / 2010 36
Unternehmensnachfolge und Erbrecht<br />
Nachfolgeklausel selber bewirkt die Vererbung nicht, sondern gestattet sie bloss) 220 . Ähnlich<br />
wie mit Blick auf die Abfindungssumme bei der Eintrittsklausel kommt es also darauf an, ob (und<br />
zu welchem „Preis“) sich die Mitgliedschaft und damit der Anteil am Gesellschaftsvermögen als<br />
der mit ihr verbundene Wert dem Nachfolger erbrechtlich zuweisen lässt 221 . Umstritten ist, in-<br />
wieweit ein Erbe mit der (qualifizierten) Nachfolgeklausel (i.V.m. Verfügungen von Todes we-<br />
gen) zum Eintritt in die Gesellschaft (und zum Verbleib in dieser) gezwungen werden kann 222 .<br />
Offensichtlich steht für die Ausarbeitung massgeschneiderter Nachfolgeregelungen gesell-<br />
schaftsrechtlich ein beachtliches Instrumentarium zur Verfügung (und es sind solche Regelun-<br />
gen regelmässig mit Verfügungen von Todes wegen zu „ergänzen“ und zu koordinieren 223 ).<br />
Doch darf dieser Befund nicht darüber hinweg täuschen, dass schon ihr Zustandekommen nicht<br />
einzig im Belieben des Erblassers steht, wie sich auch ihre Kündbarkeit nicht gänzlich wegbe-<br />
dingen lässt 224 . Und schliesslich soll nicht unerwähnt bleiben, dass der Inhalt der gesellschafts-<br />
vertraglichen Regelungen bei der ohnehin heiklen Ermittlung des Unternehmenswerts bzw. des<br />
Anteils des Erblassers am Gesellschaftsvermögen gelegentlich ebenfalls eine Rolle spielen<br />
kann.<br />
4.2.3 AG<br />
Anders als die Kollektivgesellschaft beim Tod eines Gesellschafters wird die AG beim Tod eines<br />
Aktionärs nicht aufgelöst, die Aktien, welche seine Vermögens- und Mitwirkungsrechte verkör-<br />
pern, fallen in seinen Nachlass, und die Aufteilung der Beteiligung des Erblassers ist „technisch“<br />
verhältnismässig leicht möglich; insofern gilt die AG für die Fortführung einer Unternehmung<br />
über mehrere Generationen hinweg als besonders geeignet 225 .<br />
Handelt es sich allerdings um Namenaktien, so können die Statuten 226 vorsehen, dass sie nur<br />
mit Zustimmung der Gesellschaft übertragen werden dürfen (Art. 685a Abs. 1 OR; sog. Vinkulie-<br />
rung). Bei nicht börsenkotierten Namenaktien 227 kann die Gesellschaft „das Gesuch um Zu-<br />
220<br />
Vgl. zur Frage, ob die Erbengemeinschaft als solche Gesellschafterin einer fortzusetzenden Gesellschaft<br />
sein könne, WOLF, S. 19 f.<br />
221<br />
Die einfache Nachfolgeklausel bewirkt, dass die Gesellschafter die Mitgliedschaft sämtlicher oder<br />
nur eines einzelnen Erben akzeptieren müssen; die Entscheidung darüber fällt aber (wie bei der<br />
qualifizierten Nachfolgeklausel) ausschliesslich auf der Ebene des Erbrechts; vgl. VON GREYERZ, S.<br />
94 f.; WEIMAR, N. 110 der Einleitung vor Art. 467 ff. ZGB (S. 130 f.); WOLF, S. 20; bzw. analog soeben<br />
Fn. 216.<br />
222<br />
Vgl. nur HINTZ-BÜHLER, S. 180 f. und AEBI-MÜLLER, N. 13.08 (je m.w.H.); ferner auch Fn. 250<br />
hienach.<br />
223<br />
Vgl. VON GREYERZ, S. 101 f.; WOLF, S. 21.<br />
224<br />
Vgl. erneut Fn. 250 hienach.<br />
225<br />
Vgl. KUMMER, S. 110; AEBI-MÜLLER, N. 13.10.<br />
226<br />
Als Beispiel für eine gesetzliche Vinkulierung vgl. Art. 791 Abs. 2 OR (GmbH).<br />
227<br />
Zu den börsenkotierten Namenaktien vgl. die Art. 685d ff. OR.<br />
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Unternehmensnachfolge und Erbrecht<br />
stimmung ablehnen, wenn sie hierfür einen wichtigen, in den Statuten genannten Grund 228 be-<br />
kannt gibt oder wenn sie dem Veräusserer der Aktien anbietet, die Aktien ... zum wirklichen<br />
Wert im Zeitpunkt des Gesuches zu übernehmen“ (Art. 685b Abs. 1 OR) 229 . Sind jedoch „die<br />
Aktien durch Erbgang, Erbteilung, eheliches Güterrecht ... erworben worden, so kann die Ge-<br />
sellschaft das Gesuch um Zustimmung nur ablehnen, wenn sie dem Erwerber die Übernahme<br />
der Aktien zum wirklichen Wert anbietet“ (Art. 685b Abs. 4 OR) 230 . Je schwächer seine Stellung<br />
in der AG ist, desto grösser ist das Interesse des Erblassers, nicht nur erb-, sondern auch ge-<br />
sellschaftsrechtlich sicher zu stellen, dass die Übertragung seiner Aktien auf den (oder die) ihm<br />
genehmen Nachfolger tatsächlich (und unter Beibehaltung auch aller seiner bisherigen Möglich-<br />
keiten zur Einflussnahme) erfolgen wird 231 . Dies kann durch Abschluss eines sog. Aktionärbin-<br />
dungsvertrages (ABV) geschehen 232 . Solche Verträge können mehr oder weniger umfassende<br />
Regelungen beinhalten; erwähnt seien hier die in den vielfältigsten Ausgestaltungen auftreten-<br />
den Stimmrechtsbindungen, Verfügungsbeschränkungen und Erwerbsrechte 233 . Gleichsam als<br />
„Oberziele“, welche ABV verfolgen, werden in der Literatur 234 die „Einflussnahme auf die Wil-<br />
lensbildung in der Aktiengesellschaft“ 235 und die „Gestaltung des Umfeldes der Aktiengesell-<br />
schaft“ 236 genannt 237 .<br />
Die rechtliche Qualifikation der ABV hängt von ihren konkreten Inhalten ab. Der Lehre zufolge<br />
handelt es sich gelegentlich um schuldrechtliche Verträge sui generis (Innominatverträge), beim<br />
Tod eines Vertragspartners gehe seine Stellung auf seine Erben über, sein Tod stelle keinen<br />
228<br />
„Als wichtige Gründe gelten Bestimmungen über die Zusammensetzung des Aktionärskreises, die<br />
im Hinblick auf den Gesellschaftszweck oder die wirtschaftliche Selbständigkeit des Unternehmens<br />
die Verweigerung rechtfertigen“ (Art. 685b Abs. 2 OR).<br />
229<br />
Wird die erforderliche Zustimmung nicht erteilt, bleiben das Eigentum an den Aktien und alle damit<br />
verknüpften Rechte beim Veräusserer (Art. 685c Abs. 1 OR).<br />
230<br />
Das Eigentum und die Vermögensrechte gehen dann sogleich, die Mitwirkungsrechte erst mit der<br />
Zustimmung der Gesellschaft über (Art. 685c Abs. 2 OR).<br />
231<br />
Weiterführend (<strong>insbesondere</strong> auch für den Fall, dass die Aktien unter Lebenden übertragen werden<br />
wollen) etwa AEBI-MÜLLER, N. 13.16 ff.<br />
232<br />
Vgl. HENSCH / STAUB (S. 1176), die davon ausgehen, dass (nur) ein ABV (in Kombination mit einem<br />
Ehe- und Erbvertrag) „einen programmierten und ausgewogenen Generationenwechsel“ ermöglicht.<br />
- Weiterführend (zur Thematik der „Ergänzung der körperschaftsrechtlichen Ordnung durch Verträge<br />
- eine Notwendigkeit in der personenbezogenen AG“ [S. 379 ff.] durch<br />
233<br />
„Aktionärbindungsverträge <strong>insbesondere</strong>“ [S. 383 ff.] vor dem Hintergrund von „Leitbild und Realität<br />
im Aktienrecht“ [S. 377 ff.]) FORSTMOSER, passim.<br />
Vgl. HINTZ-BÜHLER, S. 73 ff., 87 ff.; HENSCH / STAUB, S. 1174 f., 1175 ff.; FORSTMOSER, S. 384.<br />
234<br />
HINTZ-BÜHLER, S. 13 ff.<br />
235<br />
Stichworte (HINTZ-BÜHLER, a.a.O.): Schaffung einer Mehrheit oder einer Sperrminorität; Einfluss für<br />
Nichtaktionäre.<br />
236<br />
Stichworte (HINTZ-BÜHLER, a.a.O.): Personenbezogene Ausgestaltung; Aufrechterhaltung eines<br />
bestimmten Aktionärskreises; Unternehmensverflechtungen; Instrument der Stabilisierung; Nachfolgeregelung.<br />
237<br />
Eingeschränkt sind jedoch die Möglichkeiten zu analogen statutarischen Regelungen; vgl. etwa<br />
PETER BÖCKLI, Aktionärbindungsverträge, Vinkulierung und statutarische Vorkaufsrechte unter neuem<br />
Aktienrecht, in: ZBJV 129/1993, S. 475 ff.; sowie HINTZ-BÜHLER, S. 129 ff.<br />
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Unternehmensnachfolge und Erbrecht<br />
speziellen Beendigungsgrund dar, in Ausnahmefällen sei aber eine Auflösung aus wichtigen<br />
Gründen möglich 238 . In der Regel freilich bilden die Vertragspartner eine einfache Gesell-<br />
schaft 239 . Da für diese im hier interessierenden Zusammenhang weitgehend dasselbe gilt wie für<br />
die Kollektivgesellschaft 240 , ist gegebenenfalls im ABV durch geeignete Bestimmungen wie ins-<br />
besondere die (einfachen oder qualifizierten) Eintritts- bzw. Nachfolgeklauseln sicher zu stel-<br />
len 241 , dass nicht nur die Aktien auf den oder die Nachfolger übergehen, sondern auch, dass<br />
diese Vertragsparteien (Gesellschafter) werden (können bzw. „müssen“) 242 .<br />
4.2.4 Vertragliche Einbindung mehrerer Erben<br />
Womöglich soll das Unternehmen (bzw. der dem Erblasser gehörende, substanzielle Anteil dar-<br />
an), aus welchen Gründen auch immer, auf mehr als einen Nachkommen übergehen. Diesfalls<br />
stellt sich die Frage, inwieweit Vereinbarungen der erwähnten Art statt (nur) mit „familienexter-<br />
nen“ (auch) mit „familieninternen“ Vertragspartnern bestehen können 243 . Geht es primär darum,<br />
dass den mehreren Nachfolgern gegenüber „familienfremden“ Gesellschaftern bzw. Aktionären<br />
gemeinsam möglichst dasselbe Gewicht zukommen soll wie dem Erblasser, das Unternehmen<br />
also „nur“ in diesem Sinne ein Familienunternehmen bleiben soll, so dürfte es noch am wenigs-<br />
ten schwer fallen, die Nachfolger einzubinden, sofern sie denn in jeder Hinsicht gleich behandelt<br />
werden (können) 244 - mag die entsprechende Regelung nun noch vom Erblasser selber initiiert<br />
worden sein oder erst nach seinem Tode getroffen werden. Sobald aber unter den mehreren<br />
Nachfolgern (bei der AG gegebenenfalls verbunden mit entsprechenden Bestimmungen in den<br />
Statuten) irgend welche Ungleichheiten „zementiert“ werden sollen, besteht die Gefahr, dass die<br />
zurück gesetzten nicht zustimmen bzw. die Verletzung von Pflichtteilsansprüchen geltend ma-<br />
chen können 245 . Die angestrebte Ausgewogenheit bedarf daher einer subtilen Handhabung des<br />
zur Verfügung stehenden Instrumentariums an einschlägigen Vertragsklauseln 246 .<br />
238 Vgl. HINTZ-BÜHLER, S. 31 f., 171.<br />
239 Vgl. KUMMER, S. 115; AEBI-MÜLLER, N. 13.20, 13.23; HINTZ-BÜHLER, S. 33 f.; FORSTMOSER, S. 385.<br />
Umstritten ist, ob auch die AG selber Vertragspartei des ABV sein kann; vgl. nur die Hinweise bei<br />
FORSTMOSER, S. 384 (Fn. 68).<br />
240 Vgl. soeben 4.2.2.<br />
241 Kombiniert mit Verfügungen von Todes wegen (wenn nicht schon der ABV selber „ausnahmsweise“<br />
der Erbvertragsform bedarf); vgl. soeben bei Fn. 212.<br />
242 Vgl. HINTZ-BÜHLER, S. 178 ff.; FORSTMOSER, S. 392. - Als grundsätzliches Anliegen (bzw. zu bewältigendes<br />
Problem) erscheint sodann dasjenige der (realen) Durchsetzung der vereinbarten Regeln;<br />
vgl. FORSTMOSER, S. 384, 385, 387 f.; sowie THEODOR LANG, Die Durchsetzung des<br />
Aktionärbindungsvertrags, Diss. Basel 2002, Zürich usw. 2003 (SSHW Band 221).<br />
243 Vgl. in diesem Zusammenhang auch die Möglichkeiten, welche die Einbringung von substanziellen<br />
Aktienpaketen in eine Holdinggesellschaft bieten können; STAEHELIN, S. 141 ff.; AEBI-MÜLLER, N.<br />
13.42.<br />
244 Vgl. zum „Hauptziel“ der „Abschliessung der AG gegen Famlienfremde“ (darunter <strong>insbesondere</strong> das<br />
bereits erwähnte Mittel der Vinkulierung) namentlich KUMMER, S. 116 ff.<br />
245 Vgl. dazu bereits 3.2 hievor (sowie soeben Fn. 212).<br />
246 Vgl. soeben Fn. 232; bzw. die Auflistung bei STAEHELIN, S. 119 f. (Fn. 3).<br />
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5. Schluss<br />
Unternehmensnachfolge und Erbrecht<br />
Probleme der Unternehmensnachfolge weisen vielfältige güter-, erb- und gesellschaftsrechtliche<br />
Facetten auf. Es bestehen aber auch zahlreiche Gestaltungsmöglichkeiten; die in concreto rich-<br />
tige Auswahl (und der mit ihr einher gehende „Zwang zur Perfektion“ 247 ), sofern eine solche<br />
überhaupt getroffen werden will, ist und bleibt jedoch regelmässig mit zwei Kernproblemen kon-<br />
frontiert.<br />
Zum einen fällt es nicht nur schon grundsätzlich nicht leicht, die passenden Regelungen zu tref-<br />
fen; vielmehr gilt es des öfteren, verschiedene Entwicklungsszenarien zu berücksichtigen.<br />
„Technisch“ kann dies hauptsächlich mit dem Instrument der Bedingung geschehen 248 . Der da-<br />
für zu entrichtende „Preis“ besteht in einer zusätzlichen Verkomplizierung der erforderlichen<br />
Anordnungen 249 . Mitunter mag der Unternehmer aber auch versucht sein, die Bedeutung seines<br />
Unternehmens (unabhängig vom wirtschaftlichen Wert) „überzubewerten“ und deshalb, über-<br />
spitzt formuliert, primär dessen Fortbestand auf immer und ewig in möglichst unveränderter<br />
Form zu erzwingen 250 ; als Beispiel seien etwa die mit dem wirtschaftlichen (Haupt-)Zweck der<br />
Erhaltung und Förderung von Familienunternehmen errichteten Unternehmensstiftungen (insbe-<br />
sondere in der Erscheinungsform der Holdingstiftungen) genannt (die das Bundesgericht aller-<br />
dings jüngst für zulässig erklärt hat 251 ). Oder umgekehrt: Der Unternehmer möchte den für die<br />
nachhaltige Entwicklung des Unternehmens vielleicht oft wichtigsten Entscheid, nämlich die<br />
247 Vgl. DRUEY, Pflichtteil, S. 168 ff.<br />
248 Vgl. HAUSHEER, ASR Heft 399, S. 57 ff. - Stichwortartig dazu: Erhöhung der Durchsetzungswahrscheinlichkeit<br />
von Verfügungen von Todes wegen durch privatorische Klauseln (vgl. Fn. 97 und 144<br />
hievor); Berücksichtigung der Absterbensreihensfolge der Ehegatten / Gesellschafter (vgl. 4.1.1 und<br />
4.1.5 sowie 4.2.1 hievor).<br />
249 Mehr Nach- als Vorteile resultieren m.E. gemeinhin (der Not gehorchende Zwischenlösungen vorbehalten;<br />
vgl. 3.3 und Fn. 170 hievor bzw. HAUSHEER, ASR Heft 399, S. 68 f., 69 ff.; zur steuerlichen<br />
Problematik sodann STAEHELIN, S. 123 f. [und in diesem Zusammenhang nun das höchstgerichtliche<br />
Urteil 2P.168/2002 vom 25.11.2002 bzw. dazu die Anmerkungen von THOMAS HÄBERLI,<br />
Die Bemessung der Erbschaftssteuer des Fideikommissars und des Vorerben nach dem Verkehrswert<br />
des zugeflossenen Vermögens verstösst regelmässig gegen Art. 127 Abs. 2 BV, in: ZBJV<br />
139/2003, S. 245 f.]) auch, wenn etwa einem überlebenden Ehegatten die Nutzniessung am Unternehmen<br />
eingeräumt wird (Stichwort: [vorübergehend] keine Einheit von Führung und Eigentum<br />
mehr); ebenso verhält es sich, wenn der Ehegatte als Vor- und der Nachkomme als Nacherbe eingesetzt<br />
wird.<br />
250 Vgl. dazu allgemein ROLF PORTMANN, Wege zur Perpetuierung der Aktiengesellschaft, Diss. Bern<br />
1983 (ASR Heft 479); ferner etwa in Bezug auf die Dauer von Aktionärbindungsverträgen HINTZ-<br />
BÜHLER, S. 142 ff. – Ebenfalls fragwürdig sind übertriebene Bestrebungen, gewisse Personen „um<br />
jeden Preis“ entweder ins Unternehmen zu zwingen bzw. von diesem fernzuhalten (Stichwort:<br />
„Knebelungstestamente“; dazu allgemein DANIEL ABT, Die Ungültigkeitsklage im schweizerischen<br />
Erbrecht, Unter besonderer Berücksichtigung von Zuwendungen an Vertrauenspersonen, Diss. Basel<br />
2001, Basel/Genf/München 2002 [Basler Studien zur Rechtswissenschaft, Reihe A: Privatrecht,<br />
Band 61], S. 131), etwa mittels Auflagen (vgl. BGE 94 II 88 ff. [in welchem Urteil eine Verfügung<br />
nicht geschützt wurde, wonach ein Sohn des Erblassers nicht hätte in die Leitung der Gesellschaft<br />
gewählt werden dürfen]) oder privatorischer Klauseln (vgl. erneut Fn. 97 und 144 hievor).<br />
251 BGE 127 III 337 ff.; vgl. dazu EITEL, FS Riemer, passim. Ähnliches gilt bei der Anordnung von<br />
(mehrfachen) Nacherbfolgen, soweit sie überhaupt noch mit Art. 488 Abs. 2 ZGB vereinbar sind.<br />
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Unternehmensnachfolge und Erbrecht<br />
Bezeichnung des Nachfolgers, eigenverantwortlich, frühzeitig und richtig treffen, kann es aber<br />
noch gar nicht 252 .<br />
Zum andern bestehen nicht selten gewisse „Rahmenbedingungen“, welche die Gestaltungsfrei-<br />
heit des Unternehmers (bzw. den oder die Nachfolger) einschränken. Grob gesagt ergeben sie<br />
sich „familienintern“ hauptsächlich aus dem Pflichtteilsrecht und dem Güterrecht, „familienex-<br />
tern“ in erster Linie aus dem Gesellschaftsrecht; und ebenfalls sozusagen allgegenwärtig sind<br />
die Probleme um die Ermittlung des Unternehmenswerts und die Berücksichtigung seiner Ver-<br />
änderungen. Soweit solche Schranken in concreto tatsächlich bestehen, können sie nur mit<br />
(früher oder später getroffenen) einvernehmlichen Lösungen vollumfänglich überwunden wer-<br />
den.<br />
Vor diesem Hintergrund sei abschliessend darauf hingewiesen, dass heute wieder vermehrt<br />
angeregt wird, die Frage eines spezifisch ausgestalteten gesetzlichen Unternehmenserbrechts<br />
zu prüfen 253 . Man denkt dabei vor allem „an besondere Teilungsvorschriften, die unabhängig<br />
von der Rechtsform des Unternehmens mindestens dessen Sach- bzw. Rechtsgesamtheit fest-<br />
schreiben würden.“ Entsprechende Unterfangen erschienen m.E. als umso anspruchsvoller, je<br />
mehr nicht, wie in den jüngsten Revisionen des Erbrechts im ZGB üblich 254 , „nur“ punktuelle,<br />
sondern, eingedenk des (allfälligen) „Sonderrechtsgebietscharakters“ des Unternehmensnach-<br />
folgerechts 255 , gleichsam „flächendeckende“ Modifikationen angestrebt würden 256 . Wollte ein<br />
Gesetzgeber den letzteren, besonders anspruchsvollen Weg wählen, hätte er sich namentlich<br />
auch zu vergegenwärtigen, welchen (unter sich vielleicht teilweise gegenläufigen 257 ) „Idealvor-<br />
stellungen“ er dabei (in welcher Rangfolge) näher kommen möchte; der Übergang des Unter-<br />
nehmens vom Unternehmer auf einen Nachkommen ist nur eine davon 258 .<br />
252<br />
Vgl. erneut 3.3 hievor.<br />
253<br />
Vgl. dazu und zum Folgenden HEINZ HAUSHEER / REGINA E. AEBI-MÜLLER, Familienerbrecht und<br />
Testierfreiheit in der Schweiz, in: Familienerbrecht und Testierfreiheit im europäischen Vergleich,<br />
Bielefeld 2001 (Beiträge zum europäischen Familienrecht Band 7), S. 213 ff., 248; HAUSHEER, ASR<br />
Heft 399, S. 81 f.; andererseits aber auch DERS., FS Meier-Hayoz, S. 209 (Zurückhaltung in Bezug<br />
auf „ein umfassendes Sonderstatut für die Unternehmung“ im „Bereiche von Güter- und Erbrecht“);<br />
schliesslich etwa SEEBERGER, S. 229 f. und EITEL, FS Richli sowie KMU und Pflichtteilsrecht, passim.<br />
254<br />
Vgl. <strong>insbesondere</strong> die Art. 473, 482 Abs. 4, 505 Abs. 1 und 520a ZGB.<br />
255<br />
Vgl. 1.2 hievor.<br />
256<br />
Grundsätzlich zu diesen Alternativen namentlich EUGEN BUCHER, Hundert Jahre schweizerisches<br />
Obligationenrecht: Wo stehen wir heute im Vertragsrecht, in: ZSR 102/1983, II S. 251 ff., 362 ff.;<br />
siehe ferner auch NEDIM PETER VOGT, Der Allgemeine Teil des Schweizerischen Obligationenrechts<br />
und sein heutiges Umfeld, in: Der Allgemeine Teil und das Ganze, Liber Amicorum Hermann Schulin,<br />
Basel 2002, S. 149 ff., 153 f.<br />
257<br />
Vgl. z.B. HAUSHEER, FS Meier-Hayoz, S. 213, 219.<br />
258<br />
Entsprechend dürfen auch die im vorliegenden Beitrag zur Verdeutlichung der behandelten Probleme<br />
getroffenen (wenngleich in der Praxis regelmässig im Vordergrund stehenden) „Grundkonstellationen“<br />
nicht verabsolutiert werden; vgl. HAUSHEER, FS Meier-Hayoz, Fn. 4 (sowie für eine in diesem<br />
Sinne übergeordnete Sichtweise paradigmatisch etwa FELIX SCHÖBI, Bäuerliches Bodenrecht,<br />
© veb.ch / Prof. Dr. iur. Paul Eitel / 2010 41
Literatur 259<br />
Unternehmensnachfolge und Erbrecht<br />
AEBI-MÜLLER, REGINA E., Die optimale Begünstigung des überlebenden Ehegatten, Güter-, erb-,<br />
obligationen- und versicherungsrechtliche Vorkehren, unter Berücksichtigung des Steuerrechts,<br />
Diss. Bern 2000 (ASR Heft 641)<br />
BÄR, ROLF, Die kaufmännische Unternehmung im neuen Ehe- und Erbrecht, in: Das neue Ehe-<br />
und Erbrecht des ZGB mit seiner Übergangsordnung und seinen Auswirkungen auf das Scheidungs-,<br />
Miet-, Handels-, Steuer- und Betreibungsrecht, Bern 1988 (BTJP 1987), S. 179 ff.<br />
BENN, JURIJ, Rechtsgeschäftliche Gestaltung der <strong>erbrechtliche</strong>n Ausgleichung, Diss. Zürich<br />
2000 (ZStP Band 160)<br />
BRÄNDLI, ROGER, Vorschlagszuweisung an den vorversterbenden Ehegatten und die Frage der<br />
<strong>erbrechtliche</strong>n Herabsetzung, in: AJP 12/2003, S. 335 ff.<br />
BREITSCHMID, PETER, Das Prinzip materieller Höchstpersönlichkeit letztwilliger Anordnungen –<br />
ein Diskussionsbeitrag, in: Privatrecht im Spannungsfeld zwischen gesellschaftlichem Wandel<br />
und ethischer Verantwortung, Beiträge zum Familienrecht, Erbrecht, Persönlichkeitsrecht, Haftpflichtrecht,<br />
Medizinalrecht und allgemeinen Privatrecht, Festschrift für Heinz Hausheer zum 65.<br />
Geburtstag, Bern 2002, S. 477 ff.<br />
DRUEY, JEAN NICOLAS, Unternehmer, Unternehmen und Erbrecht, in: SJZ 74/1978, S. 337 ff.<br />
DRUEY, JEAN NICOLAS, Erbrechtliche Schranken der Dispositionsmöglichkeiten des Unternehmers,<br />
in: Der Generationenwechsel im Familienunternehmen, Zürich 1982 (SSHW Band 67), S.<br />
57 ff.<br />
DRUEY, JEAN NICOLAS, Die <strong>erbrechtliche</strong> Teilung, Übersichtsreferat, in: Praktische Probleme der<br />
Erbteilung, St. Galler Studien zum Privat-, Handels- und Wirtschaftsrecht Band 46,<br />
Bern/Stuttgart/Wien 1997, S. 19 ff. (zit.: Teilung)<br />
DRUEY, JEAN NICOLAS, Pflichtteil und Planung, in: Güter- und <strong>erbrechtliche</strong> Planung, St. Galler<br />
Studien zum Privat-, Handels- und Wirtschaftsrecht Band 56, Bern/Stuttgart/Wien 1999, S. 147<br />
ff. (zit: Pflichtteil)<br />
EITEL, PAUL, Die Berücksichtigung lebzeitiger Zuwendungen im Erbrecht, Objekte und Subjekte<br />
von Ausgleichung und Herabsetzung, Bern 1998 (ASR 613)<br />
EITEL, PAUL, Lebzeitige Zuwendungen, Ausgleichung und Herabsetzung – eine Auslegeordnung,<br />
in: ZBJV 134/1998, S. 729 ff.<br />
Eine Annäherung in drei Aufsätzen, Bern 1994 [ASR Heft 558], mit den drei „Elementen“ Strukturpolitik,<br />
Eigentumspolitik und Familienpolitik; oder HEINZ HAUSHEER, Die wesentlichen Neuerungen<br />
des neuen Scheidungsrechts, in: ZBJV 135/1999, S. 1 ff., 1, mit der Charakterisierung der Ehe anhand<br />
der drei Stichworte Schicksalsgemeinschaft, Betreuungsgemeinschaft und Versorgungsgemeinschaft;<br />
exemplarisch für ein m.E. noch einmal wesentlich anspruchsvolleres Projekt sodann<br />
LUC THÉVENOZ, Trusts en Suisse, Adhésion à la Convention de La Haye sur les trusts et codification<br />
de la fiducie, Zürich 2001, mit ausformulierten Änderungsvorschlägen [S. 341 ff.] für ZGB, OR,<br />
SchKG und IPRG [und dazu kritisch VOGT, a.a.O.]). Im Übrigen werden dabei weitgehend nur<br />
gleichsam die aus individuell-konkreter Sicht möglichen Optionen aus einer generell-abstrakten Optik<br />
gewürdigt; vgl. STAEHELIN, S. 118 f.<br />
259 Weitere in den Fussnoten.<br />
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Unternehmensnachfolge und Erbrecht<br />
EITEL, PAUL, Alte und neue Probleme der Unternehmensnachfolge, in: Privatrecht im Spannungsfeld<br />
zwischen gesellschaftlichem Wandel und ethischer Verantwortung, Beiträge zum Familienrecht,<br />
Erbrecht, Persönlichkeitsrecht, Haftpflichtrecht, Medizinalrecht und allgemeinen<br />
Privatrecht, Festschrift für Heinz Hausheer zum 65. Geburtstag, Bern 2002, S. 493 ff. (zit.: FS<br />
Hausheer)<br />
EITEL, PAUL, Berner Kommentar zum schweizerischen Privatrecht, Band III: Das Erbrecht, 2.<br />
Abteilung: Der Erbgang, 3. Teilband: Die Ausgleichung, Art. 626-632 ZGB, Bern 2004 (zit.: Berner<br />
Kommentar)<br />
EITEL, PAUL, Erbrecht für landwirtschaftliche Gewerbe vs. Unternehmenserbrecht im Allgemeinen,<br />
in: Recht des ländlichen Raums, Festgabe der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität<br />
Luzern für Paul Richli zum 60. Geburtstag, Zürich 2006 (LBR Band 11), S. 93 ff. (zit.: FS<br />
Richli)<br />
EITEL, PAUL, Was lehrt uns BGE 131 III 49 auch noch? Ergänzende Hinweise im Anschluss an<br />
die Urteilsanmerkungen von Thomas Weibel in Jusletter 18. April 2005, in: Jusletter 10. April<br />
2006<br />
EITEL, PAUL, KMU und Pflichtteilsrecht, in: Neue Rechtsfragen rund um die KMU, Zürich 2006<br />
(LBR Band 12), S. 43 ff. (zit.: KMU und Pflichtteilsrecht)<br />
EITEL, PAUL, Die <strong>erbrechtliche</strong> Berücksichtigung lebzeitiger Zuwendungen im Spannungsfeld<br />
zwischen Ausgleichung und Herabsetzung, in: ZBJV 142/2006, S. 457 ff.<br />
EITEL, PAUL, Die Stiftung als Instrument zur Perpetuierung von Aktiengesellschaften?, in: Grundfragen<br />
der juristischen Person, Festschrift für Hans Michael Riemer zum 65. Geburtstag, Bern<br />
2007, S. 79 ff.<br />
FORSTMOSER, PETER, Der Aktionärbindungsvertrag an der Schnittstelle zwischen Vertragsrecht<br />
und Körperschaftsrecht, in: Aktuelle Aspekte des Schuld- und Sachenrechts, Festschrift für<br />
Heinz Rey zum 60. Geburtstag, Zürich usw. 2003, S. 375 ff.<br />
FRANK, MICHAEL ADAM, Die „kleine“ AG in der Nachlassplanung, in: ZEV 10/2003, S. 192 ff.<br />
FUMAGALLI, ERWIN / STEINER, FRANK, Leitfaden für die Nachfolgeregelung in Familienunternehmungen,<br />
Management Weiterbildung Universität Zürich Heft 10, Bern/Stuttgart/Wien 1997<br />
HAMM, MICHAEL / FLURY, ROBERT, Zuwendungen im Todesfall, Wie können die Verfügungsfreiheit<br />
erweitert und die Gefangenschaft in der Erbengemeinschaft vermieden werden?, in: ST<br />
2002, S. 33 ff.<br />
HAUSHEER, HEINZ, Gesellschaftsvertrag und Erbrecht, in: ZBJV 105/1969, S. 129 ff.<br />
HAUSHEER, HEINZ, Erbrechtliche Probleme des Unternehmers, Bern 1970 (ASR Heft 399)<br />
HAUSHEER, HEINZ, Zum Generationenwechsel im Familienunternehmen und dem Zusammenspiel<br />
des Erbrechts mit dem ehelichen Güterrecht und dem Gesellschaftsrecht de lege lata et<br />
ferenda, in: Freiheit und Verantwortung im Recht, Festschrift zum 60. Geburtstag von Arthur<br />
Meier-Hayoz, Bern 1982, S. 203 ff. (zit.: FS Meier-Hayoz)<br />
HAUSHEER, HEINZ / AEBI-MÜLLER, REGINA E., Begünstigung des überlebenden Ehegatten, in:<br />
Güter- und <strong>erbrechtliche</strong> Planung, St. Galler Studien zum Privat-, Handels- und Wirtschaftsrecht<br />
Band 56, Bern/Stuttgart/Wien 1999, S. 1 ff. (zit.: Begünstigung)<br />
© veb.ch / Prof. Dr. iur. Paul Eitel / 2010 43
Unternehmensnachfolge und Erbrecht<br />
HAUSHEER, HEINZ / AEBI-MÜLLER, REGINA E., Von den Tücken der Herabsetzungsreihenfolge<br />
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1. Abteilung: Das Eherecht, 3. Teilband: Das Güterrecht der Ehegatten, 1. Unterteilband:<br />
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WATTER, ROLF, Unternehmensübernahmen, Kontrollwechsel in der Aktiengesellschaft mittels<br />
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