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1. Katalog von Brigitte Tauer und Heinrich Wagner - OFF quadrat VIENNA

Immer wieder versucht Brigitte Tauer, Bezüge zu ihrer Gegenwart und der sie umgebenden Vergangenheit darzustellen und neue Perspektiven „in die Welt“ zu setzen: Ein denkmalgeschützter Getreidespeicher - an ihrem derzeitigen Wohnort in Essling - der für den Rückzug der napoleonischen Armee gedient hat und nun eine eigenartige Sehenswürdigkeit im 22. Wiener Gemeindebezirk Donaustadt darstellt. Im Vordergrund: Ein unbekannter Soldat aus der Armee der Benzinbrüder, einer beliebten, weltweit tätigen, nicht klimaneutralen Interessensgemeinschaft der Gegenwart. Die enge Beziehung von Sprache und Bild ist das, was bei Heinrich Wagner ebenfalls auftaucht: Ist eine Pflanze wohl eine Wunderblume oder ein Schierlingsbecher; ist eine Pilgerreise die Erfüllung oder die Hölle? Dialektik als Treibstoff für die Traummaschine.

Immer wieder versucht Brigitte Tauer, Bezüge zu ihrer Gegenwart und der sie umgebenden Vergangenheit darzustellen und neue Perspektiven „in die Welt“ zu setzen: Ein denkmalgeschützter Getreidespeicher - an ihrem derzeitigen Wohnort in Essling - der für den Rückzug der napoleonischen Armee gedient hat und nun eine eigenartige Sehenswürdigkeit im 22. Wiener Gemeindebezirk Donaustadt darstellt. Im Vordergrund: Ein unbekannter Soldat aus der Armee der Benzinbrüder, einer beliebten, weltweit tätigen, nicht klimaneutralen Interessensgemeinschaft der Gegenwart.
Die enge Beziehung von Sprache und Bild ist das, was bei Heinrich Wagner ebenfalls auftaucht:
Ist eine Pflanze wohl eine Wunderblume oder ein Schierlingsbecher; ist eine Pilgerreise die Erfüllung oder die Hölle?
Dialektik als Treibstoff für die Traummaschine.

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viele Farben, Leinwände, Pinsel, Gespräche

und besondere gemeinsame Stunden …

Heinrich Wagner

Brigitte Tauer

Unser kleiner gemeinsamer Bilder-Wanderführer


Heinrich Wagner - Bildermacher

Wanderführer durch Heinrich Wagners Bilderwelt mit ausgewählten Routen:

Heinrich Wagner ist – unter anderem - ein Innviertler Maler.

Das ist dem Zufall zu verdanken, weil ihn das Leben für circa 65 Jahre beinahe durchgängig

dorthin platziert hat, abgesehen davon, dass er am 2.11. 1952 in Niederösterreich geboren

ist.

Bereits in seiner Gymnasiumzeit in den 60-er Jahren am Gymnasium von Ried im Innkreis, ist

er damit beschäftigt, innere Bilder in die Welt zu setzen, für deren Rätselhaftigkeit es

seitdem reges Interesse gibt.

Und mit dem Bildermachen fängt etwas an, das nie wieder aufhört: Bilder in die Welt zu

setzen, formiert sich zu seiner Antwort auf die vielen Täuschungen und Enttäuschungen, mit

denen seine Generation konfrontiert wird: Die landesweite Entnazifizierung, Selbstkritik und

Weltoffenheit fehlten im Österreich der 70er und 80er Jahre. Der homo sapiens Austriacus

unterliegt vielfach den diversen Schachtelteufeln dieser Zeit.

Gemäß dem Kalenderspruch auf der Wiener Secession „Jeder Zeit ihre Kunst“ bringt enges

Denken allerdings auch jene Freiheit hervor, von der jeder eine eigene Vorstellung hat. Ceci

nést pas une pipe? fragt der französische Philosoph Michel Foucault 1968 bei der

Betrachtung von René Magrittes, wohl deshalb berühmt gewordenen Zeichnung einer Pfeife.

Die enge Beziehung von Sprache und Bild ist das, was bei Heinrich Wagner ebenfalls

auftaucht:

Ist eine Pflanze wohl eine Wunderblume oder ein Schierlingsbecher; ist eine Pilgerreise die

Erfüllung oder die Hölle?

Dialektik als Treibstoff für die Traummaschine.

Impressum:

Text: Dr. Brigitte Tauer

Bambergergasse 62/2

1022 Wien

brigitte.tauer@aon.at

Fotos: Heinrich Wagner

5251 Höhnhart 29

heinrich.wagner@findefix.org

2


Heinrich Wagner - Bildermacher

„Sign - Bestrafung … ein symbolischer Fall von poetischer Gerechtigkeit“

Öl auf Baumwolltuch

auf Keilrahmen gespannt

30 x 40 cm

2022

3


Heinrich Wagner - Bildermacher

Ein anderer Treibstoff der Traummaschine ist die Existenz und die Finanzierung dieser:

Seit der Erfindung der Fotografie ist die Malerei frei von Verpflichtung – die überwiegende Schar der

Mäzene von der Renaissance bis zur Moderne - Adelsfamilien, Päpste bis zur Peggy Guggenheim -

zog weiter, manche fanden sich im Himmel oder an der Börse wieder, manche sind am Bohemienleben

zerbrochen.

Heinrich Wagner wählt den Weg, sich mit einem ihm doch ganz lieb gewordenen Brotberuf selbst zu

sponsern, zu bewerben, zu kuratieren: Er ist vierzig Jahre als Pädagoge, Heimleiter und Geschäftsführer

einer oberösterreichischen Vereinigung tätig, die Schülern und Studenten Internate zur Verfügung

stellt und ihre Ausbildung bestmöglich unterstützt. Er hat im richtigen Leben eine Familie mit zwei

Kindern - mit zu verantworten.

Die „über der Realität“ stehende Welt des Künstlers Heinrich Wagner findet sich in seinen Bildern

wieder… surreal, aber nicht nur.

„Le forme sono emblemi dell’occulto sono lampi di luce e verità.“

Öl auf Baumwolltuch

auf Keilrahmen gespannt

30 x 30 cm

2022

4


Heinrich Wagner - Bildermacher

Leiden für die Kunst ist nicht seine Welt, und er legt es gleichsam als Revolutionär in der

Kunstgeschichte an: Macht seine Ansagen selbst…

„historia mundi“

Öl / Blattgoldapplikation auf Baumwolltuch

auf Keilrahmen gespannt

130 x 100 cm20

2006 ff

5


Heinrich Wagner - Bildermacher

Wandernde Gedanken malen

„... in die Welt bringen“

Öl auf Baumwolltuch

auf Keilrahmen gespannt

30 x 40 cm

2022

6


Heinrich Wagner - Bildermacher

Und er es erscheint ihm als ob die Abwesenheit von Kunstsammlern zu noch mehr Maler-Sklaven führt

als zu Medicis Zeiten. Und dann wäre da noch seine politische Überzeugung gegen das Elitäre als linker

Philosoph. Kunstgeschichte ist Sozialgeschichte, auch wenn es keinen wirklich kümmert.

Heinrich Wagner malt also in vielen Schichten viele Stunden, mit leuchtenden Farben, mit

Versatzstücken aus der Schöpfungsgeschichte, den Lehren bedeutender Philosophen und der

griechischen Mythologie. Niemals eindimensional und immer beide Seiten im Fokus.

„eros e thanatos“

Öl auf Baumwolltuch

auf Keilrahmen gespannt

50 x 70 cm

2006

7


Heinrich Wagner - Bildermacher

Die Welt nicht ohne Farben

„Color my world“

Öl auf Baumwolltuch

auf Keilrahmen gespannt

70 x 100 cm

2022

8


Heinrich Wagner - Bildermacher

die Einsamkeit in der Monade dargestellt mit üppigen Verzierungen und barocken Details.

„Monade“

Öl auf Baumwolltuch

auf Keilrahmen gespannt

35,5 x 27,5 cm

2022

9


Heinrich Wagner - Bildermacher

Tafelbilder in mittelalterlicher Ikonographie und modernen Zitaten; surrealistisch in seiner

Wortbedeutung: Was passiert, wenn ein Papierflieger auf eine Orange losgeht?

„Wenn ein Papierflieger auf eine Orange losgeht“

Öl auf Baumwolltuch

auf Keilrahmen gespannt

30 x 30 cm

2022

10


Heinrich Wagner - Bildermacher

Wie schaut der Komet aus, der 44 vor Christus über unseren Himmel fegte?

„7 Tage 44 vor Christus“

Öl auf Baumwolltuch

auf Keilrahmen gespannt

30 x 30 cm

2022

Oder das verlorene Alphabet nicht wieder in der Welt erscheint

„Das verlorene Alphabeth“

Öl auf Baumwolltuch

auf Karton kaschiert

20 x 35 cm

2022

11


Heinrich Wagner - Bildermacher

Als Bildermacher durch die Welt pilgern

Klimaneutral, aber nicht mehr.

Wegweiser setzen ohne Straßen zu betonieren

Eine Einladung:

„Xacobeo –

oder Der wahre Weg zur Wahrheit ist nicht die königliche Straße der Vernunft“

Öl /Pastell auf Baumwolltuch

auf Karton kaschiert

50 x 70 cm

2006

Die Flügel ausbreiten und schweben.

12


Heinrich Wagner - Bildermacher

Brigitte Tauer 1959 geboren, eine Kindheit in Wien - nicht arm, nicht reich, Ausländerkind 2.

Generation, wenn man bedenkt, dass die Eltern ihres Vaters aus Böhmen eingewandert waren.

Die Bilder ihrer Kindheit im Photoalbum mit Spinnenpapier.

Wohin soll es gehen? Fernfahrer, Bäcker, Maler? Gymnasium mit Aufnahmeprüfung.

Als Jugendliche dem kollektiven Traum ergeben von Freiheit = Surfen am Strand in Kalifornien (was

immer das ist), dazu noch Barbie, Simone de Beauvoir, später Alice Schwarzer und so weiter.

Vietnamkrieg aus dem Radio. Und dann noch die Mauer, der Kalte Krieg, das Tito-Jugoslawien und das

deutsche Wirtschaftswunder.

1968 acht Jahre gewesen, aber da war doch was…?

Mehr wichtig: Waldheims Pferd am Heldenplatz 1986 und Thomas Bernhard. Zuvor die Erfüllung der

elterlichen Geheimbotschaft (ein Mädchen soll sich selbst versorgen können und braucht einen guten

Job) studierte sie - nicht Malerei – sondern Publizistik und Kommunikationswissenschaften und danach

noch irgendwas in einigen Sackgassen, aus denen sie wieder herausfand.

Jobhopperin. Möglichst lange. Bis zur Geburt ihrer Kinder, denn dann kehrte sich dieses positiv

besetzte Wort um: Ende der 90er-Jahre wurde eine Jobhopperin eher als Wanderpokal bewertet. Also

fixer Job im Ministerium – die Kinder sollen es ja besser haben!

Was Brigitte Tauers Arbeitsweise betrifft, so stand jahrelang das Wort an erster Stelle:

Ein heimlich mitgenommenes Notizbuch war auch oft dabei bei Besprechungen, in Sitzungen und in

der Straßenbahn, in dem sie den Bildtitel ihres geplanten Bildes hineinschrieb. Mit einer schriftlichen

Vorstellung, wie es dann aussehen sollte, das Bild. Im Vordergrund des Malens stehen gleichzeitig das

Tun, das Ausprobieren, das Lesen, das Ins-Museum-Rennen. Bilder, die aus den Texten auf die

Leinwand kommen; aber auch Texte, die aus den Bildern entstehen. Bilder zu bestimmten Themen mit

Geschichten.

13


Heinrich Wagner - Bildermacher

Erinnerungen aus dem öffentlichen Raum

Immer wieder versucht Brigitte Tauer, Bezüge zu ihrer Gegenwart und der sie umgebenden

Vergangenheit darzustellen und neue Perspektiven „in die Welt“ zu setzen:

„Der Esslinger Getreidespeicher mit Faun und Kriegswolke aus 1809“

Öl auf Baumwolltuch / Karton kaschiert

35x27,8 cm

2021

Ein denkmalgeschützter Getreidespeicher - an ihrem derzeitigen Wohnort in Essling - der für den

Rückzug der napoleonischen Armee gedient hat und nun eine eigenartige Sehenswürdigkeit im 22.

Wiener Gemeindebezirk Donaustadt darstellt. Im Vordergrund: Ein unbekannter Soldat aus der Armee

der Benzinbrüder, einer beliebten, weltweit tätigen, nicht klimaneutralen Interessensgemeinschaft der

Gegenwart.

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Heinrich Wagner - Bildermacher

„Lobau-Tryptichon III“

Acryl auf Baumwolltuch / Keilrahmen

30x80 cm

2020

Die Endlichkeit und Besonderheit eines fast konservatorisch ins umgebende Bauland

herübergeretteten Stückes Natur ist ebenfalls Thema: Das „Lobau-Tryptichon“ ist ein dreiteiliges

Erinnerungsstück an die alten Lianen und Wassertümpel des Wiener Nationalparks Donauauen.

15


Heinrich Wagner - Bildermacher

Das Spiel mit magischen Wörtern am Beispiel des Wortes Paradies

Über kaum eine andere Landschaft gibt es mehr Illusionen als über das Paradies:

„Mobile Tiny Paradies“

Öl auf Baumwolltuch / Keilrahmen

?0x?0 cm

2021

Brigitte Tauer stellt das Paradies hier als mobiles Tiny House dar - gezogen von einem kamelähnlichen

Dromedar. Im Vordergrund ein Zaun und ein Kopf, aufgespießt auf einem Holzstab.

16


Heinrich Wagner - Bildermacher

„Die Hölle ist nur eine Ecke im Paradies.“

Öl / Acryl auf Baumwolltuch / Keilrahmen

60x60 cm

2022

In einem anderen Bild ist das Paradies ein Gedankenspiel in Zusammenhang mit der ebenfalls als

existent vorausgesetzten Hölle: Die Hölle ist nicht zu sehen, dafür die schlafende Frau und der weiße

Stier. An der unteren Seite der Walfisch mit einem Sektglas im Bauch. Dann ist da noch der alte Kahn

– gerade angekommen, und vielleicht transportierte er die an einem Strick hinaufkriechenden

Menschenmännchen.

17


Heinrich Wagner - Bildermacher

Die Ehrengalerie – ein work in process – darf denn das sein?

Das oft missbräuchlich verwendete Wort „Ehre“ ist kein positiv besetztes Superzeichen ihrer

Generation: Brigitte Tauer hat den Begriff in der Rückschau hauptsächlich nur als

Nationalsozialistisches Codewort kennengelernt. In zusammenhangloser Reihe ohne Ablauffrist hat sie

ab 2020 begonnen, Portraits von Menschen zu malen, zweieinhalb – bis dreidimensional und ihren

Assoziationen folgend. Die Person – umgeben von Versatzstücken, von Geschichten, von Symbole

montiert in einer neuen Aussage. Fortsetzung folgt…

„Danke Claude!“

Aquarell auf Hammerschlagkarton

24x32 cm

2021

Portrait von Claude Lanzmann, Philosoph und Autor und Regisseur des Films „Shoa“ über das

Konzentrationslager Ausschwitz. Hier legt Brigitte Tauer diesem Bild einen Artikel der „Welt“ aus 2013

über den Massentourismus in Ausschwitz zugrunde.

18


Heinrich Wagner - Bildermacher

„Florian Berndl erhält das Bundesverdienstkreuz“

Acryl auf Leinenpapier

30x40 cm

2020

Das Bild über den österreichischen Reformheiler Florian Berndl ist ein Stück Geschichtsklitterung im

Sinne einer erwünschten Ergänzung zur Wiener Geschichtsschreibung: Berndl gründete im Jahr 1900

das Strandbad Gänsehäufel, wurde aber von der Wiener Stadtregierung delogiert und starb verarmt.

Das Gänsehäufel ist heute ein berühmtes, vielbesuchtes Wiener Bad in jedem Reiseführer zu finden.

Auf dem Bild ist Berndl mit Badehose und dem Bundesverdienstkreuz um den Hals abgebildet.

19


Heinrich Wagner - Bildermacher

„Franz Kafka wartet auf die U-Bahn und fühlt sich nicht wohl“

Aquarell auf Papier 20,5x29,5 cm

2020

Was wäre wenn? Franz Kafka in Wien in der U-Bahn: Ausgerechnet Kafka, der Wien nicht mochte. Einer

Stadt, in der das Wort kafkaesk eine besondere Bedeutung hat. Eine Art Gedankenspiel, ein Witz oder

doch nicht.

20


Heinrich Wagner - Bildermacher

Gemalte Gedanken – gemalte Realitäten

„Mare Nostrum“

Öl auf Baumwolltuch / Keilrahmen

40x30 cm

2020

Vordergründiges Bild eines nächtlichen Schnappschusses von einem Flüchtling oder einem Schlepper

oder einem Passagier im Rettungsboot.

21


Heinrich Wagner - Bildermacher

Bühnenbild aus dem Salzkammergut mit

„Am Traunsee“

Öl auf Baumwolltuch / Keilrahmen

80x100 cm

2020

comicartig präsentierten Prototypen wie dem

telefonierenden Manager mit den roten Turnschuhen neben einer Trachten-Lady und seinen beiden

Designer-Hunden, im Hintergrund der See, ein vom Himmel herabgelassener schicker Kronleuchter,

Im Vordergrund die Malerin mit Pinsel und Spielzeug-Hirsch auf roten Rollen.

22


Heinrich Wagner - Bildermacher

“Land of Confusion – reloaded Genesis”

Öl auf Baumwolltuch / Keilrahmen

80x80 cm

2022

“Oh Superman, where are you now?”, lautet eine Textzeile aus dem Lied “Land of Confusion” aus dem

Jahr 1986 der Gruppe Genesis. Das Bild selbst zeigt aber das Innere eines explodierenden Berges; an

seiner Zerstörung scheint der oben links befindliche Affe nicht unschuldig zu sein. Vielleicht ist es der

in der Genesis nie erzählte 8. Tag der Schöpfung, nachdem das Paradies bereits geschlossen war und

Gott nicht wiederkehrte. Wer weiß.

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