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moneyeditorial
EDITORIAL
Saskia die
Schreckliche
GEORG MECK
Chefredakteur
FOCUS-MONEY
es ist nicht verkehrt, in diesen anstrengenden, nach Führung verlangenden
Zeiten an Altkanzler Helmut Schmidt zu erinnern. „Jemand, der in die Politik
geht, ohne einen Beruf zu haben, kann mir gestohlen bleiben“, war einer
der Glaubenssätze des Sturmflut-gestählten Hanseaten. Leider hat sich die
Rekrutierung des politischen Personals in die gegensätzliche Richtung entwickelt:
Kreißsaal, Hörsaal, Plenarsaal sind die gängigen Karrierestufen, wobei
die zweite Station, die Hochschule, nicht mit einem Abschluss gekrönt
sein muss. In Kalifornien gründen Studienabbrecher Garagenfirmen, in
Deutschland bestimmen sie die politische Debatte. Ein Glück, dass nicht jeder
Geistesblitz der Ricardas und Kevins Realität wird, noch wurde BMW nicht
verstaatlicht. Wirtschaftliche Erfahrung, ökonomische Kompetenz oder auch
nur ein Verständnis für die Unwägbarkeiten unternehmerischen Handelns
gedeihen in diesem Milieu spärlich, Neid und Industriefeindlichkeit dagegen
gibt es gratis. Immer vorn dabei: die SPD-Vorsitzende Esken, die alles dafür
tut, um als Saskia die Schreckliche in die Geschichte einzugehen. Keine Krise
lässt sie ungenutzt, um eine Vermögensteuer zu fordern: Corona, Klima,
Krieg – der unersättliche Staat, obwohl von den Bürgern mit rekordhohen
Steuern bedacht, braucht immer noch mehr Geld. Und zahlen sollen stets die
„Reichen“, wobei zum Abkassieren im Zweifel ein anständiges Facharbeitergehalt
genügt. So werden die Leistungsträger der Gesellschaft frustriert und
drangsaliert. Schon heute tragen die oberen zehn Prozent der Haushalte die
Hälfte der Einkommensteuern, die Mittelschicht wird regelrecht geschröpft,
wie eine druckfrische Studie des Ifo-Instituts meldet: „Arbeit und Leistung
lohnen sich in Deutschland nur noch begrenzt“, heißt es dort. Und weiter:
„Mit der Grenzbelastung von rund 50 Prozent des Bruttoeinkommens bleibt
bei mittleren Einkommen vom nächsten hinzuverdienten Euro effektiv nur
die Hälfte übrig: Mehrarbeit und mehr Leistung zahlen sich netto nur sehr
begrenzt aus.“ Das zu ändern, wäre mal ein politisches Projekt.
Herzlich Ihr
PS: Mit dieser Ausgabe starten wir einen neuen Service:
Auf der Doppelseite „Gutes für Genießer“ widmen wir
uns der Freude am Sparen wie am Geldausgeben. Zum
Auftakt geht’s um Vielflieger, Zigarren und sportliche
E-Bikes.
Aus aktuellem Anlass!
Lesen Sie FOCUS-MONEY bequem zu Hause
Liebe Leserinnen und Leser,
die Inflation hat in Deutschland und auch im Durchschnitt der
Euro-Zonen-Länder zweistellige Werte erreicht. Bange blicken
die Börsianer auf die Notenbanken: Stürzen diese jetzt mit verspäteten,
aber besonders großen Zinsschritten die Volkswirtschaften in
eine tiefe Rezession? Oder stoppen sie die Zinserhöhungen doch
schneller als bislang angekündigt? Und was heißt das für die Märkte und
die Aktienkurse? Mein Tipp: Sie erfahren alles Wichtige in FOCUS-MONEY.
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FOCUS-MONEY 46/2022
*inkl. MwSt. und Versand. Sie haben ein gesetzliches Widerrufsrecht
Foto: F. Röth 3
moneyinhalt
9. NOVEMBER 2022 www.money.de
moneykompakt
6 Geldpolitik: US-Notenbank im
Falken-Modus
7 Das kaufe ich jetzt: Raus aus
dem Dax, rein ins Depot
7 Meine erste Aktie: LVMH als
„Perfect Match“
7 Hit & Shit: Favorit 49-Euro-Ticket,
Tupperware mit Riesenproblemen
8 Cantourage: Cannabis-Start-up
strebt an die Börse
9 Curevac: Das Desaster – jetzt
geht still und leise Aufsichtsrat
Friedrich von Bohlen
98 Andis Börsenbarometer: Wie
ticke ich als Anleger?
10
Das Geheimnis des Erfolgs
Sechs Gewinnstrategien plus das System eines Star-Investors
plus aussichtsreiche Zukunftsaktien: So vermehren Anleger ihr
Geld – egal, wie sich die Großwetterlage an den Börsen zeigt
moneytitel
41
Klein mit Potenzial
Die Schweizer Börse steht für
Solidität – und ihre Nebenwerte
bieten noch mehr Luft nach oben
als die großen Dickschiffe
10 Das Geheimnis des Erfolgs:
Eine Idee, die Analyse, das
Ergebnis – Gewinnstrategien für
Anleger mit Langfrist-Renditen von
70 bis 610 Prozent
17 Allwetter-Anlage: Star-Investor
Ray Dalio zeigt, wie Anleger in
jeder Börsenphase Geld machen
20 Zukunft fürs Depot: Von
Megatrends profitieren – und das
zu Ausverkaufspreisen
24 Gastkommentar: Ken Fisher rät
angesichts des starken Dollar zu
Gelassenheit
moneymarkets
26 Interview: Ein Comeback der
Anleihen sieht Kurt Eichhorn,
Rentenchef von Kepler-Fonds
28 Beiersdorf: Aktie verabschiedet
sich vom Langweiler-Image und
bietet eine gute Chance für einen
Kursausbruch nach oben
30 Zertifikate: So sichern sich
Anleger mit cleveren Papieren
gegen Börsenrückschläge ab
34 Porträt: Ex-Juso und Millionär
Harald Christ warnt vor dem
Verlust unseres Wohlstands
36 Mikrofinanzfonds: Rendite
erzielen und nachweislich
sozialen Nutzen stiften
38 Versicherer: Welche Aktien dank
hoher Eigenmittel Sicherheit
bieten und hohe Dividenden
ausschütten
41 Schweiz: Ausgewählte Nebenwerte
bieten noch mehr Luft nach
oben als die Schwergewichte
4 Titelfoto: Adobe Stock Inhaltfotos: Depositphotos, iStock, Shutterstock, Beiersdorf, Bloomberg, FOCUS-MONEY Composing: FOCUS-MONEY FOCUS-MONEY 46/2022
44 US-Gaskonzerne: Europa braucht
LNG – zu saftigen Preisen.
Produzenten und Anlagenbauer
sind die Gewinner
48 Kolumne: Der drohenden
Stagflation mit Dividendenaktien
trotzen, rät Tilmann Galler
56 Masterflex: 100 Millionen Euro
Umsatz mit Schläuchen angepeilt
57 Chartsignal: Die Monster
brechen aus
57 Börsenwissen: Was ist eine
Schutzschirm-Insolvenz?
58 US-Chip-Unternehmen: Der
Kollaps der Schlüsselbranche,
analysiert von „The Economist“
61 Musterdepots: Nach Gewinnen
im Oktober verunsichert die
Geldpolitik
moneydigital
50 Highlights: Stiehlt ein kleines
deutsches Unternehmen dem
Streamingriesen Netflix die Show?
51 Analyse: Lohnt es sich jetzt
schon, beim Tech-Giganten
Alphabet einzusteigen?
53 Mission Money: Wirtschaftshistoriker
Harold James über
Umbrüche und Lehren aus der
Vergangenheit
moneysteuern&recht
64 Jahressteuergesetz: Welche
steuerlichen Be- und Entlastungen
auf die Bürger zukommen
moneyservice
66 Marktplatz: Wie Reisende trotz
hoher Ticketpreise günstig und
bequem fliegen
68 Wahltarife: Welche GKV-Wahltarife
das höchste Sparpotenzial
für gesetzlich Versicherte bieten
28
Keine Langeweile
Der Traditionskonzern Beiersdorf
setzt auf die Marke Nivea und strafft
sein Produktportfolio – die Aktie
schickt sich an, nach oben auszubrechen
moneyanalyse
81 Fonds
82 Deutsche Aktien
90 Internationale Aktien
96 ETFs
97 Zertifikate
moneyrubriken
3 Editorial
80 Leserbriefe – Impressum
98 Termine
dswanlegerschutz
62 Hauptversammlungen: Ein
Plädoyer für die Präsenz-HV
53
44
Krisengewinner
Europa braucht LNG, um russisches Gas zu
ersetzen – US-Gasproduzenten und Anlagenbauer
kassieren, die Aktienkurse steigen
„Je länger man wartet, desto kostspieliger
wird am Ende die Inflationsbekämpfung“
HAROLD JAMES, WIRTSCHAFTSHISTORIKER, UNI PRINCETON
FOCUS-MONEY 46/2022
5
moneytitel
TITEL
10 Für jeden
Geschmack
FOCUS MONEY
ist ein großer
Freund von Börsenstrategien.
Teils
mit überra gendem
Erfolg
DAS GE
17 Allwettertauglich
Star-Investor
Ray Dalio zeigt,
wie Geldverdienen
geht
20 Zurück in die
Zukunft
Die Geschichte
der gefallenen
Engel – und von
Aktien, die viel
vorhaben
10 FOCUS-MONEY 46/2022
von DIRK REICHMANN
Wer glaubt, an der Börse würde das Geld
auf Bäumen wachsen, ist auf dem Holzweg.
Erfolgreiche Anleger denken anders
– ohne einen Plan läuft nichts.
Einer solchen Strategie folgt der Investor
ohne Wenn und Aber. Er setzt sich den
Helm auf und erinnert sich an preußische Tugenden. Denn
nur Disziplin und Beharrlichkeit führen auf Dauer zum
Börsenerfolg. Und ein Quäntchen Glück.
In diesen Tagen gehört viel Mut zum Börsianerleben dazu.
Den braucht man, lieferte doch die 200-Wochen-Linie ein
Kaufsignal. Bei diesem Indikator werden die letzten 200
Wochenschlusskurse addiert und durch 200 geteilt. Steigt
der Durchschnitt stark an, kann er weitere Kursverluste
Eine Idee, die Analyse und das Ergebnis.
Sechs Strategien zeigen Börsianern, wie
Geldmehren funktionieren kann.
Plus: ein Ausflug in die Welt eines Star-
Investors und von Aktien, die das Beste
noch vor sich haben
HEIMNIS DES
ERFOLGS
verhindern. Wie das in der Vergangenheit funktioniert hat,
sehen Sie in der Grafik rechts. FOCUS-MONEY nutzt diesen
Durchschnitt als Trampolin und interpretierte die Entwicklung
positiv.
Mitunter stellen Strategien die Leidensfähigkeit des Anwenders
auf die Probe. Aber . . . Aufgeben ist keine Alternative,
Dranbleiben alles. Das ist das Geheimnis des Erfolgs.
Die FOCUS-MONEY-Strategien gehören nicht zum Handwerkszeug
des Mainstream. Wussten Sie etwa, dass man
mit dem Kürzel IPI Geld verdienen kann? Wir auch nicht,
bis der Industrial-Production-Index unter unserem Mikroskop
landete. In diese Kerbe schlägt die Ifo-Strategie
(s. S. 13). Wichtig! Man wendet die Methoden mechanisch an.
Außer Techniken, die auf Fundamentaldaten beruhen,
gibt es auch Indikatoren aus dem Reich der technischen
Analyse. Den MACD etwa nutzen viele Börsianer. FOCUS-
MONEY schaute ihn sich auf Basis der monatlichen Schlusskurse
an, entwickelte ein System und analysierte den Nikkei-Index
(s. S. 14). So viel sei verraten: Die Strategie hätte
einen Anleger nicht an den Bettelstab gebracht. Immer wieder
einen Abstecher wert ist die Volatilitäts-Strategie
(s. S. 15) oder die Analyse der Stimmungsschwankungen.
Geschichten um den Star-Investor Ray Dalio (S. 17) und Aktien
mit Zukunft (S. 20) runden diesen Titel ab. Hier kommt
jeder Investorentyp auf seine Kosten.
Von Ecken und Kanten
Fällt ein Kurs unter die 200-Wochen-Linie,
verkaufen Börsianer. Steigt die Notierung
darüber, ist das ein Kaufsignal. Im Oktober
kam es zu zwei Kauf- und zwei Verkaufssignalen.
Da geben viele Börsianer auf. Das
kann ein Fehler sein. Steigt ein Durchschnitt stark
an, sind Verkaufssignale mit Vorsicht zu genießen
(s. Grafik u.). Die Linie wirkt wie ein Magnet.
200-Wochen-Strategie
S&P-500, Kursindex in Punkten
200-Tage-Linie
Veränderung der 200-Tage-Linie
zur Vorwoche
in Prozent
2008 10 12 14 16 18 20 2022
4000
3000
2000
1000
0
0,3
0,2
0,1
0
–0,1
–0,2
–0,3
Quellen: Bloomberg, eigene Berechnung
FOCUS-MONEY 46/2022 Illustration: iStock
11
moneymarkets
VERMÖGEN SCHÜTZEN:
durch den gezielten
Einsatz von Zertifikaten
entspannter investieren
ZERTIFIKATE
Sicher durch die Krise
ZERTI -
FI KATE
VERMÖGEN AUFBAUEN & ERHALTEN
Teil 3
Die aktuelle Krise zeigt abermals: An der Börse kann es auch bergab gehen. Hinnehmen müssen
Anleger das aber nicht. Denn mit Zertifikaten lassen sich solche Abwärtsfahrten clever ausbremsen
von SASCHA ROSE
Die Börse ist keine Einbahnstraße. Das weiß im Prinzip jeder
Anleger. Und trotzdem sind viele überrascht oder sogar
entsetzt, dass die Kurse 2022 kräftig den Rückwärtsgang
eingelegt haben. Der Deutsche Aktienindex Dax zum
Beispiel ist weit von seinem Allzeithoch bei 16 270 Punkten entfernt;
zahlreiche Aktien notieren deutlich tiefer als zu Jahresbeginn.
Das Problem dabei: Niemand weiß wirklich, wie lange
die Kurse noch fallen und wann es wieder aufwärtsgeht.
„Einfach nur zuschauen oder aussitzen muss man solche Abwärtsfahrten
als Anleger aber nicht“, weiß Stefan Müller, Key
Account Manager bei der Consorsbank. Schließlich können
Anleger mit Zertifikaten auch auf fallende Kurse setzen oder
Rückschläge bis zu einem gewissen Maß abfedern, so der Derivateexperte.
Und wer jetzt meint, es gebe doch wieder Zinsen
und man brauche das alles nicht– auch Cash birgt Risiken
bei Inflationsraten von zehn Prozent und mehr.
Viele Vorzüge. Zertifikate, die zur Gruppe der Derivate gehören
und sich an Privatanleger richten, bieten dabei einige
Vorteile. So müssen Anleger nicht direkt in Aktien, Anleihen,
Rohstoffe oder Währungen investieren – was mitunter schwierig
oder unmöglich ist. Stattdessen dienen diese dem Zertifikat
als Basiswert. Dessen Kursentwicklung entscheidet über
30 Foto: iStock
FOCUS-MONEY 46/2022
Eine Gemeinschafts-Aktion von
und
Erfolg und Misserfolg. Clou: Zertifikate optimieren das
Chance-Risiko-Verhältnis mitunter deutlich. Weiterer Vorteil:
Sie können als Absicherung eines Depots eingesetzt werden.
Müller schätzt an Zertifikaten insbesondere deren Flexibilität:
„Mit ihnen können sich Anleger für jede Börsenlage
wappnen, also bei steigenden, fallenden und seitwärtslaufenden
Kursen profitieren.“ Die Herausforderung sei vor allem,
aus der Fülle an Produkten das passende Zertifikat zu finden
und dessen Funktionsweise zu verinnerlichen. Immerhin: An
Info-Material mangelt es nicht. Anleger werden dabei nicht
nur bei den Emittenten selbst fündig – also jenen, die Zertifikate
auf den Markt bringen. Auch FOCUS-MONEY berichtet regelmäßig
über Zertifikate und deren Möglichkeiten.
Optimierter Einstieg. Anleger, die an der Börse einsteigen,
aber nicht gleich volles Risiko fahren wollen, können Müller
zufolge zum Beispiel zu Aktienanleihen oder Discountzertifikaten
greifen. Beides sind sogenannte Teilschutzzertifikate.
Heißt: Es gibt einen Sicherheitspuffer, der bis zu einem gewissen
Punkt vor Verlusten des Basiswerts schützt – bei
Aktienanleihen in Form eines fixen Zinskupons, bei Discountzertifikaten
durch einen Rabatt (Discount) auf den Basiswert.
„Mit dem Zins und Discount optimieren Anleger
gleichzeitig aber auch die Ertragschancen“, erklärt Müller.
Eier legende Wollmilchsäue sind die Papiere freilich nicht.
Dass gerade (vorsichtige) Neueinsteiger durchaus gefallen
an den Papieren finden dürften, zeigen zwei Produktbeispiele
auf der nächsten Seite.
Effektiv absichern. „Wer bereits in Aktien investiert“, betont
Derivateprofi Müller, „kann mithilfe von Hebelzertifikaten
oder Optionsscheinen rationale Entscheidungen treffen.“ Zwar
handelt es sich hier um spekulative Finanzprodukte, für die es
Erfahrung braucht. Mit der Short- bzw. Put-Variante können
Anleger allerdings das Depot wirksam gegen (hohe) Verluste
absichern. Und das bei nur geringem Kapitaleinsatz. Denn die
Scheine gewinnen überproportional an Wert, wenn der Basiswert
fällt (Hebelwirkung).
Wann welcher Produkttyp zum Einsatz kommt, hängt unter
anderem von der Art des Risikos ab. Steht ein Ereignis bevor,
das den Markt nur kurzfristig unter Druck setzen kann
(weil nach dessen Meldung schnell wieder Ruhe einkehrt),
greift Müller eher zu Hebelzertifikaten. Beispiele: Wahlen, Notenbank-Sitzungen
oder die Veröffentlichung von Geschäftszahlen.„Um
sich gegen unvorhersehbare Risiken, zum Beispiel
Naturkatastrophen oder den berüchtigten ,schwarzen
Schwan‘, abzusichern, sind Optionsscheine die erste Wahl“,
so der Experte. Grund: Es kann zu einem echten Crash kommen,
bei dem sich der Markt nur langsam erholt.
Auf Qualität achten. Wie viele Hebelzertifikate bzw. Optionsscheine
man auf welchen Basiswert braucht, um sein Depot
zu schützen, verdeutlichen die beiden Beispiele auf Seite
33. Fest steht auch hier: Nur wer weiß, auf welchen Basiswert
er setzt, welche Laufzeit das Zertifikat hat, wie das Bezugsverhältnis
lautet und wo der Basispreis liegt, kann erfolgreich sein.
Ebenfalls wichtig: Neben dem Marktrisiko gilt es, das Emittentenrisiko
im Hinterkopf zu haben. Denn wird der Emittent des
Zertifikats zahlungsunfähig, droht der Totalverlust. Um
dieses Risiko einzugrenzen, reicht meist aber ein
Blick auf die Bonität des Emittenten.
Kopf folgt!
Nützliche Infoquellen
Emittenten bieten oft kostenlos Info-Material über Zertifikate
und Optionsscheine an. Zwei Handbücher der
BNP Paribas erklären die Produkte besonders umfangreich
und praxisnah. Einfach den Barcode scannen!
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Handbuch für Trader
Ihr persönlicher Begleiter für aktives Handeln
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Besondere Zeiten
Angesichts des unsicheren Marktumfelds rechnet
die Mehrheit der deutschen Anleger damit, dass es
schwieriger wird, die gewünschte Rendite zu erzielen.
Zertifikate bieten dafür zahlreiche Lösungen.
„Glauben Sie, dasss es in den kommenden
6 Monaten schwieriger wird, die eigenen
Renditeerwartungen zu erfüllen?“Anteile in Prozent
nein, leichter
7,2
nein, eher leichter
13,2
ja, etwas schwieriger
Quelle: Deutscher Derivate Verband (DDV)
28,0
51,6
Ja, stimmt voll
und ganz
Mit Zertifikaten können
sich Anleger für jede Börsenphase
wappnen. Ihr
Einsatz bietet jede Menge
Handlungsmöglichkeiten“
STEFAN MÜLLER,
KEY ACCOUNT MANAGER
UND DERIVATEEXPERTE
DER CONSORSBANK
Werbemitteilung
FOCUS-MONEY 46/2022
Foto: J. Graf 31
youtube.com/mission-money
INTERVIEW
Nur aus großen
Krisen lernen
wir“
Der Wirtschaftshistoriker Harold James über
große Umbrüche, neue Chancen und wie man
aus der Vergangenheit lernen kann
Harold James
wurde 1956 in Bedford,
Großbritannien geboren. Er
promovierte 1982 an der
Universität Cambridge
Seit 1986 lehrt er Geschichte
an der Universität Princeton
und ist gleichzeitig Professor
für Internationale Politik
Harold James gilt als einer
der bedeutendsten Wirtschaftshistoriker
unserer
Tage
von PETER BLOED / MATTHIAS DWORAK
Herr James, Sie beschreiben sieben große Wirtschaftskrisen seit 1840,
die alle mit Globalisierung und auch Inflation zu tun haben. Ist die Globalisierung
eher Fluch oder Segen für die Menschheit?
Harold James: Meiner Meinung nach, und das versuche ich
in dem Buch auch detailliert zu erklären, ist sie ein großer Segen.
Mitte des 19. Jahrhunderts war der Beginn der modernen
Globalisierung und der Versuch, die bis dahin vorherrschende
Mangelwirtschaft durch Handel auszugleichen.
Und doch hat der steigende Welthandel in großen Krisen wie etwa in
den 1970er-Jahren oder auch den 1840er-Jahren eine stark steigende
Inflation erst so richtig befeuert.
James: Wir müssen aufpassen, dass wir nicht Ursache mit
Wirkung verwechseln. Im Grunde ist die Globalisierung ja eher
mit niedrigen Inflationsraten verbunden. Dass die Inflation
aktuell in vielen Ländern, übrigens nicht nur in Europa, wieder
zurückkommt, ist die Folge eines Rückschlags in der Globalisierung.
Bereits seit 2014/15 ist der Welthandel weniger
gewachsen als die Welt-Industrieproduktion. Man sprach damals
von einer Slow Globalisation. Jetzt, mit der Covid-Pandemie
und dem Ukraine-Krieg, funktionieren die globalen
Handelsketten nicht mehr. Die Folge: Alles wird teurer und wir
können uns nicht auf die kostengünstige Produktion in Ländern
wie China oder Vietnam verlassen.
Lassen Sie uns ein paar der großen Schockmomente in der Weltwirtschaft
durchgehen. Wenn man Auslöser und Folgen dieser Krisen betrachtet,
gibt es da Gemeinsamkeiten?
James: Ich habe fast 200 Jahre Weltwirtschaftsgeschichte
untersucht und habe dabei zwei verschiedene Arten von Krisen
identifiziert. Nämlich Angebotskrisen und Nachfragekrisen
– die übrigens manchmal auch nicht so leicht zu unterscheiden
sind. Am Beginn der Globalisierung stand zum
Beispiel eine massive Krise in der Agrarproduktion in Europa
mit dem Ausfall der irischen Kartoffelernte. Dazu kamen
gleichzeitig Epidemien mit Cholera und Typhus. Diese Gemengelage
führte dann zu großen politischen Spannungen,
hoher Arbeitslosigkeit und massiv steigenden Nahrungsmittelpreisen.
Die entlassenen Arbeiter sind in Paris, Wien und
Berlin auf die Straße gegangen. Dann kam es auch zu großen
politischen Revolutionen. Was allerdings besonders interessant
ist, sind die langfristigen Auswirkungen dieser Krise.
Nämlich die Überlegung, dass man derartige Engpässe und
Knappheiten durch einen ausgeweiteten Handel in Zukunft
verhindern könnte. Ein Land nach dem anderen ist damals
zum Freihandel übergegangen. Das war eine gewaltige Bewegung
in den europäischen Staaten in den 1850er- und 1860er-
Jahren. Auch das politische System wurde neu konzipiert. Die
in Europa vorherrschende feudale Regierungsform wurde
durch interventionistische und industriefreundliche Regie-
Die Globalisierung ist historisch ja eher mit niedrigen Inflationsraten verbunden“
FOCUS-MONEY 46/2022
Foto: FOCUS-MONEYEY
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