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AUSGABE 46 12. November 2022
EUROPEAN MAGAZINE AWA R D WINNER 2022 POLITICS & SOCIETY /// INFOGRAPHIC
Harari
Wie wir aus der
Geschichte
lernen können
Bob Dylan
Was der Literatur-
Nobelpreisträger über
Elvis denkt
KATAR
Gefang en zwischen
Mittelalte r und Mode rne:
Reise in ein Land, d as
sich die Z ukunft erka uft
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E-PAPER LESEN:
DER BALL MUSS ROLLEN
Günter Bannas über
Politik und Spiele
12. November 2022 | #45
Seite 4
LOCKRUF
Inge Kloepfer über das
geheime Leben der Vögel
Seite 5
Herausgegeben von Ulrich Deppendorf und Ursula Münch
Seite 2
EDITORIAL
Die Arroganz der selbst ernannten
„Letzten Generation“
Von Robert Schneider, Chefredakteur
Foto: Peter Rigaud/FOCUS-Magazin
Liebe Leserinnen,
liebe Leser,
Bayerns Innenminister Joachim Herrmann
hat in dieser Woche über die radikalen
Klimaaktivisten gesagt, Gewalt
sei nicht dadurch gerechtfertigt, dass
jemand es nicht schaffe, eine Mehrheit
der Menschen in Deutschland mit seiner
Argumentation zu überzeugen. Damit
trifft der CSU-Politiker für mich den Kern
des Problems: Eine extrem geringe Zahl
von Aktivisten sieht sich berechtigt, im
Namen eines großen und sympathischen
Ziels gegen Regeln und Gesetze nach
Gutdünken verstoßen zu dürfen, weil die
Bevölkerung und die Politik deren Forderungen
in ihrer Radikalität mehrheitlich
nicht teilt.
Die zum großen Teil jungen Aktivisten
beseelt ein subjektiver Idealismus, der sie
blind macht für die Gefährlichkeit ihrer
Rechts- und Grenzüberschreitungen. Eine
Arroganz, als ob sie tatsächlich die einzig
Wissenden und „Letzten“ seien. Hinzu
kommt die durch die sozialen Medien
gegenüber früheren Zeiten enorm gesteigerte
mediale Aufmerksamkeit für die
Aktionen der „Letzten Generation“ und
anderer Gruppierungen. Der Autor Knut
Cordsen, der gerade ein Buch über die
Geschichte des Aktivismus geschrieben
hat („Die Weltverbesserer“), bezeichnet
Klima- und andere Aktivisten als „die
Bewusstseinsgroßindustriellen unserer
Tage“. Sie dürfen sich als Teil von etwas
Größerem empfinden und haben die
Chance, zu Helden ihrer Community zu
werden. Argumente der Vernunft prallen
an dieser Panzerung der Selbstgewissheit
wirkungslos ab, zum Beispiel der Hinweis,
dass es bei den chinesischen Machthabern
wenig Eindruck macht, wenn
Umweltaktivisten sich in München auf
der Straße festkleben oder in Potsdam ein
berühmtes Bild besudeln.
Für echten Klimaschutz wäre es aber
wichtiger, Peking zu beeindrucken, anstatt
Autofahrer in München zu verärgern,
die in ihrer großen Mehrheit zudem
grundsätzlich Verständnis für das Anliegen
der Blockierer haben, nur eben für
Blockaden nicht. China aber hat zum
Weltklimagipfel in Ägypten diese Woche
nur einen unwichtigen Diplomaten entsandt,
so egal sind Präsident Xi Jinping die
Klimasorgen der Welt. Und das, obwohl
sein Land so viele Klimaemissionen verursacht
wie die USA, Europa und Japan
zusammen. Und auch für die Zukunft setzt
China stark auf Kohle.
Besteht die Gefahr, dass sich aus den
Klimaaktivisten ein Klimaterrorismus entwickelt,
wie einst aus der APO-Bewegung
der RAF-Terror? Ich halte das für denkbar,
aber nicht für zwingend und finde
den Begriff „Klima-RAF“, den Alexander
Dobrindt (CSU) kürzlich ins Spiel brachte,
für überspitzt. Die „Letzte Generation“
oder „Extinction Rebellion“ halten sich
viel darauf zugute, dass es bei ihnen „nur“
um Gewalt gegen Sachen gehe. Darum
ging es bei den Studentenunruhen und
APO-Protesten der 60/70er Jahre auch –
zunächst jedenfalls. Doch aus dem Kommunarden
Fritz Teufel, der als Erfinder
der Spaßguerilla zunächst Gesellschaft
und Justiz lächerlich machen wollte, wurde
später ein Mitglied einer terroristischen
Vereinigung, und aus den Kaufhausbrandstiftern
Andreas Baader und Gudrun
Ensslin wurden eiskalte Mörder.
Baader und Ulrike Meinhof mussten
erkennen, dass sie ihre hochgesteckten
Ziele der Gesellschaftsveränderung auch
mit militanten Protesten nicht durchsetzen
konnten – und drifteten ab in den
Terrorismus. Auf den Gedanken, dass nicht
die anderen, sondern sie selbst sich auf
einen Irrweg begeben hatten, kamen sie
nicht. Andere aber wie Rudi Dutschke
blieben friedlich, RAF-Anwalt Otto Schily
DER HAUPTSTADTBRIEF
Demokratie
im Grabenkampf
Weniger Alleingänge,
mehr Gemeinsamkeiten
sind jetzt gefragt
Ein Warnruf von
Ulrich Deppendorf
Mehr Politik
DER HAUPTSTADTBRIEF
erscheint nun digital.
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am Ende des Inhaltsverzeichnisses
gehörte später zu den Mitbegründern der
Grünen und wurde schließlich – nach seinem
Wechsel zur SPD – Bundesinnenminister
in einer rot-grünen Koalition.
Geschichte wiederholt sich bekanntermaßen
nicht, und bei der Entscheidung,
ob jemand zum Terroristen wird, spielt
die Psychologie des Einzelnen eine große
Rolle. Spektakuläre, häufig illegale
Greenpeace-Aktionen gibt es seit vielen
Jahren, ohne dass auch nur im Ansatz eine
Terrorismusgefahr bestand. Einen Automatismus,
dass aus Asphalt-Klebern und
Kunstschändern irgendwann Terroristen
werden, gibt es also nicht.
Helfen härtere Gesetze? Das glaube ich
eher nicht bei Menschen, die subjektiv aus
einer Überzeugung oder gar Not heraus
handeln. Viele nehmen Haftstrafen in dem
Bewusstsein in Kauf, auf diese Weise ein
persönliches Opfer für die gute, die große
Sache zu leisten. Polizei, Justiz und Gesellschaft
werden mit diesen Protesten wohl
eine Weile leben müssen, wie dies bei dem
zum Teil militanten Widerstand gegen die
Atomenergie oder gegen die Nachrüstung
in den 80er Jahren der Fall war. Wenig
hilfreich ist es allerdings, wenn ein Richter
wie jüngst in Berlin aus Verständnis für die
Ziele der Aktivisten deren Handeln straffrei
stellt. Bedeutet: Wer falsch parkt, muss
Geldbuße zahlen, wer die ganze Straße
blockiert, hat alles richtig gemacht? Das
kann es nicht sein!
Die Klimaaktivisten haben erkennbar
Sympathisanten in der Justiz, in den
Medien, in der Politik und in der Gesellschaft
auf ihrer Seite. Nicht auf ihrer Seite
aber steht die Geschichte. Sie lehrt, dass
grundlegende Veränderungen Jahrzehnte
dauern, also ein Langstreckenlauf sind
und kein Sprint. Ein Vorteil für die Friedlichen
und Nachteil für die Militanten.
Man könnte auch sagen: Am Ende geht es
immer um Mehrheiten, nicht um mediale
Aufmerksamkeit. Irgendwie beruhigend,
wie ich finde!
Herzlich Ihr
FOCUS 46/2022 5
Freiheitlich
Auch Kriegsverbrechen
muss
Justizminister
Marco Buschmann
(FDP)
verfolgen
Seite 36
Schwerelos
Bisher waren nur
deutsche Männer
im All. Raumfahrtingenieurin
Claudia Kessler
will das ändern
Seite 64
Unsterblich
Bob Dylan
erstellt in seinem
neuen Buch eine
Playlist für
die Ewigkeit
Seite 24
Himmlisch
Bolognese – in
Italien kennt
man das Original
aus Bologna
eher als Ragù
Seite 96
Überirdisch
Fußballstar Erling
Haaland bricht
derzeit einen
Tor-Rekord nach
dem anderen
Seite 102
Legendär Mode-Queen Anna Wintour hat auch weiche Seiten Seite 84
6 FOCUS 46/2022
DER BALL MUSS ROLLEN
Günter Bannas über
Politik und Spiele
12. November 2022 | #45
Seite 4
LOCKRUF
Inge Kloepfer über das
geheime Leben der Vögel
Seite 5
Herausgegeben von Ulrich Deppendorf und Ursula Münch
Seite 2
Titelthema
INHALT NR. 46 | 12. NOVEMBER 2022
Wissen
64 In höherer Mission
Raumfahrtingenieurin Claudia Kessler
kämpft für mehr Frauen im All
68 Superkiller Blutvergiftung
Unterschätzte Komplikation: Sepsis ist die
dritthäufigste Todesursache in Deutschland
70 Weichmacher machen dick
Chemikalien im Plastik erhöhen das Risiko,
an Diabetes Typ 2 zu erkranken
Dieser Text
zeigt evtl. Probleme
beim
Text an
Titel: Titelcomposing: Svenja Kruse für FOCUS Magazin,
Fotos: Getty Images (2), Shutterstock
Fotos: Nikita Teryoshin, Camillo Pasquarelli/beide für FOCUS-Magazin, ESA/A.Gerst , picture alliance/
Captital Pictures, Gilbert Carrasquillo/Getty Images
48 Gas. Geld. Gier.
Rohstoffe haben Katar reich gemacht,
doch der Boom ist teuer erkauft.
Die Fußball-WM wird zur Marketingshow
56 Katar in Zahlen
Sein Geld investiert der Wüstenstaat im
Westen. Auch deutsche Konzerne profitieren
Agenda
24 Die Philosophie des Bob Dylan
Seine Lieder brachten ihm den Nobelpreis
ein. Doch jetzt widmet sich der Meister dem
Werk anderer Ikonen – wie Elvis Presley
Politik
30 Scharm El-Scholz
Wie sich der Bundeskanzler weltweit gegen
Krieg, Inflation und Klimawandel stemmt
34 Schluss mit der Zurückhaltung
Der frühere UN-Botschafter Christoph
Heusgen plädiert für eine stärkere deutsche
Führungsrolle in der Welt
36 Wer nervt mehr: Grün oder Rot?
Justizminister Buschmann über die Ampel,
Öko-Aktivisten, Twitter und die Verfolgung
von russischen Kriegsverbrechen
40 Politischer Datenstrudel
Ziemiak bei Wüst, Neubauer in Ägypten,
Streit ums Bürgergeld
42 Die Midterms verändern die Welt
US-Publizist Evan Osnos erklärt die Bedeutung
der Kongresswahlen in den USA
46 „Serbien muss sich entscheiden“
Kroatiens Regierungschef Plenkovic über den
Beitritt zum Euro-Klub
Wirtschaft
58 „Inflation prägt uns für Jahrzehnte“
Was die neue Wirtschaftsweise Ulrike
Malmendier jetzt der Bundesregierung rät
75 Vogelflug als Fotokunst
Himmlische Muster von Flügelschlägen
Rubriken
5 Editorial
8 Kolumne von
Jan Fleischhauer
11 Nachrichten
12 Fotos der Woche
18 Grafik der Woche
Weltbevölkerung
20 Menschen
74 Echt irre
Kultur
78 Lernen, die Welt zu verändern
Der Historiker Yuval Noah Harari erklärt, was
gute Geschichtsvermittlung ausmacht
82 Ewig auf der Suche
Unsere Film-, Buch- und Musik-Tipps der
Woche führen an Ozeane und ins Neuland
84 Vogue, Woke, Wintour
Eine neue Biografie entschlüsselt die
legendäre „Vogue“-Chefin Anna Wintour
Leben
96 Wo bitte geht’s zur besten Bolo?
Eine kulinarische Reise nach Bologna auf der
Suche nach der perfekten Pastasauce
102 „Natürlich spüre ich diesen Druck“
Erling Haaland über die Angst des Schützen
beim Elfmeter und geerbte Style-Vorlieben
106 Leise, aber gewaltig
BMW setzt bei der neuen 7er-Reihe auf
Gigantismus – und auf elektrischen Antrieb
Titelthemen sind rot markiert
DER HAUPTSTADTBRIEF
83 Mein Salon
88 Bestseller
88 Impressum
108 Die Einflussreichen
110 Leserbriefe
112 Nachrufe
113 Servicenummern
114 Tagebuch
Jetzt noch mehr Politik Demokratie im digitalen Format
im Grabenkampf
Der Hauptstadtbrief Weniger Alleingänge, für FOCUS-Leser
mehr Gemeinsamkeiten
sind jetzt gefragt
Ein Warnruf von
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aktuellen Politik. Scannen Sie
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Funktion 3 .
So können wir den stressigen Herausforderungen
des Alltags besser entgegentreten.
3 Editorial
6 Kolumne von Jan
Fleischhauer
Mehr 9 Infos: Nachrichten
8 Fotos der Woche
16 Grafik der Woche
Rubriken
90 Salon
95 Buch & Welt
96 Kultur-Macher
102 Bestseller
124 Die Einflussreichen
128 Nachrufe/ Namen
62 Geldmarkt
18 Menschen
1
DHA trägt 129 zur Impressum
Erhaltung einer
48 Leserbriefe normalen 130 Gehirnfunktion Tagebuch bei
2
Pantothensäure trägt zu einer
Titelthemen sind rot markiert normalen geistigen Leistung bei
FOCUS 46/2022
3
Zink trägt zu einer normalen 7
kognitiven Funktion bei
IN IHRER
APOTHEKE
ERHÄLTLICH.
IQ_PAN_1022_2
AGENDA
1963 Don Hunstein
fotografierte Bob Dylan
in seiner New Yorker
Wohnung, West 4th
Street. Es war das Jahr,
in dem „Blowin’ in the
Wind“ zur Hymne einer
Generation wurde und
Dylan zum King of Folk,
zum Propheten der
langsam aufkommenden
Gegenkultur
24
Die
Philosophie
des
Bob Dylan
Seine Lieder sind
unsterblich, sie trugen
Bürgerrechtsbewegungen
und brachten dem Mann mit
der Mundharmonika den
Nobelpreis ein. Doch in
seinem neuen Buch widmet
er sich dem Werk anderer
Ikonen – hier einem Song von
Elvis Presley
TEXT VON BOB DYLAN
FOCUS 46/2022 25
Foto: Don Hunstein/Sony Music
WIRTSCHAFT
Nebelkerze
Dohas „Sport City“ mit dem Aspire
Tower (genannt „Die Fackel“) und
dem „Khalifa“-Stadion
Häusermeer
In der West Bay von Doha
(arabisch: „Die Bucht“) stehen
einige der höchsten Gebäude
des Landes
Ankerplatz
Das Zentrum von „The Pearl“
mit Jachthafen,
Gourmetrestaurants,
Entertainment-Palästen
Schatzinsel
Der neue Stadtteil „The Pearl“ auf
künstlichen Inseln vor Doha zeigt die
ganze Westsehnsucht. Der Baustil der
„Riviera Arabia“ soll an Südeuropa erinnern
Foto: Christopher Pike/Getty Images
48 FOCUS 46/2022
TITEL
Gas. Geld. Gier.
Hier Luxus, da skrupellose Ausbeutung: Rohstoffe haben
den Wüstenstaat Katar reich gemacht, doch der Boom ist teuer
erkauft. Die Fußball-WM wird zur gewaltigen Marketingshow
für ein Land, das weltweit investiert – auch in deutsche Konzerne
VON JOBST-ULRICH BRAND, MATTHIAS JAUCH,
CARLA NEUHAUS UND PETER STEINKIRCHNER
49
KULTUR
Geschichte erzählen
Der israelische Historiker Yuval
Noah Harari, 46, schreibt
Bestseller über die großen
Themen der Menschheit – zuletzt
auch für junge Leser
78