MK-1122
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
ZKZ 4937
11 I 2022
MAGAZIN FÜR DAS MÖBEL-BUSINESS
Zeitenwende
So muss das Pricing
angepasst werden
Foto: SoLebIch.de, Benni Janzen
Urbanes Wohnen
Wie Design und Technik die Lebensqualität verbessern
GERÄTE & ZUBEHÖR
KREATIVE KICKS
FÜR DIE KÜCHE
FSC: Drei deutsche Gewinner
Hausmesse Süd: Detail-Arbeit
HTH: „Küchenliebe für immer“
Cocoli: Brennt für nachhaltige Projekte
iAdvize: So läuft Kommunikation heute
Dienstleister: Mit mehr Service punkten
TOP-THEMA/HOME REPORT 2023
Wie wollen wir in Zukunft wohnen?
Und worauf wird dann bei der
Ein richtung Wert gelegt? Diesen
Fragen ist die Wohnexpertin Oona
Horx Strathern in ihrem mittlerweile
fünften Home Report nachgegangen.
Mit „Re-loved Revolution“, „Radical
Materials“ und „Spa-throom“ hat sie
dabei drei Einrichtungs-Trends ermittelt,
auf die sich die Möbelbranche
einstellen sollte. Die „möbel kultur“
fasst die Ergebnisse zusammen.
Bewusst &
wertschätzend
Re-loved
Revolution
Um die Erde zu schützen, rückt das Thema der Nachhaltigkeit
zunehmend ins Bewusstsein der Menschen – auch
beim Wohnen. Statt Einrichtungsgegenstände wegzuwerfen
ist ihre Wiederverwertung Trumpf. Und so erhalten
alte Möbel ein neues Leben – sei es durch Upcycling,
Uppainting oder durch die Miete eines Möbelstücks. Neben
dem Nachhaltigkeitsbewusstsein sprechen aber auch
noch andere Faktoren für die „wieder geliebten“ Sessel,
Schränke und Co. – beispielsweise die zunehmende
Preiss ensibilität der Verbraucher:innen oder der Wunsch
nach einer individuellen Wohnraumgestaltung, mit der ein
eigener Charakter ausgedrückt wird. Anstelle von „Fast
Furniture“ wählen die Verbraucher:innen nachhaltige Alternativen.
Und das Angebot dafür nimmt immer weiter zu.
Zu bekannten Secondhand-Plattformen wie Ebay gesellen
sich exklusive Einrichtungs-Anbieter wie Cocoli aus Berlin
(siehe Interview S. 18). Aber auch Hersteller selbst achten
zunehmend darauf, zirkulär zu arbeiten. Little Greene
beispielsweise hat in Großbritannien mit „Re:mix“ eine
Kollektion aus übrig gebliebenen und zurückgegebenen
Farben kreiert (Foto). Damit werden die verwendeten Rohstoffe
vor dem Abfall bewahrt.
Fotos und Bilder: Julian Horx, Aria Sadr-Salek, www.sadr-salek.at,
Little Greene, Koelnmesse GmbH, Hanne Engwald, Villeroy & Boch
20 möbel kultur 11/2022
Radical Materials
Nachhaltigkeit steht ebenfalls bei den „Radical Materials“ im Fokus. Hierbei
werden gute Designs mit Materialien aus ungewöhnlichen Quellen kombiniert.
Es gilt, die Ressourcenausbeutung des Planeten zu stoppen und radikale
Materialinnovationen zu kreieren, wie sie u.a. jüngst auch auf der Orgatec
vorgestellt wurden (Foto). Die Ansätze gehen dabei weit über das Recycling von
Plastik hinaus. So werden Materialien ausprobiert, die bislang noch niemand in
Betracht gezogen hatte – oder alte, wie Kiefernholz, wiederentdeckt. Wie sich
die Ideen durchsetzen, wird sich zeigen. Doch schon jetzt ist eines klar: Durch
die Auseinandersetzung mit ungewöhnlichen Material-Ideen wird ein Zeichen im
Kampf gegen die Ressourcenverschwendung bei der Einrichtung gesetzt. „Jeder
Artikel mit der Überschrift ‚Wie man den Planeten rettet‘ sollte mit einer großen
Prise Salz genommen werden – oder vielleicht einer Prise Sand oder einer Prise
geschreddertem Meeres-Plastik“, so Oona Horx Strathern.
Zum mittlerweile fünften
Mal definiert und beschreibt
Wohnexpertin Oona Horx
Strathern bedeutende Trends
und Entwicklungen in der
Wohn- sowie Baubranche
und leitet daraus wichtige
Prognosen ab. Die Ergebnisse
werden im aktuellen „Home
Report 2023“ erläutert.
Spa-throom
Zeit für sich, zum Entspannen und für den eigenen kleinen Luxus: Das
Badezimmer wird zum Wohlfühlort, zum eigenen Spa, dem „Spa-throom“.
Das Wohlbefinden hat dort oberste Priorität. Und auch das Thema Nachhaltigkeit
nimmt durch Möbel aus recycelten Materialien oder wassersparende
Armaturen einen hohen Stellenwert ein. Gleichzeitig gilt angesichts
der aktuellen Krisen und der Klimakatastrophe das Motto „Weniger ist
mehr“. Statt Opulenz und Verschwendung unterstreichen minimalistische
Designs, wie sie beispielsweise bei Villeroy & Boch zu finden sind (Foto),
eine bewusste Wertschätzung von Dingen, die bislang als selbstverständlich
angesehen wurden. Relax-Funktionen und Produkte wie Regen- und
Dampfduschen, Infrarotkabinen, Saunen oder Fitnessstudio-Elemente
werden sinnvoll in den „Spa-throom“ integriert. Für ein noch entspannteres
Badezimmererlebnis sorgen Duft-, Licht- und Klang-Funktionen.
11/2022 möbel kultur 21
TOP-THEMA/SO-LEB-ICH-APARTMENT
Hereinspaziert
ins urbane
Reinkommen, ansehen, fühlen
und verzaubern lassen: Das ist die
Intention des Pop-up-Apartments
von SoLebIch, das am 23. Oktober
in München eröffnet wurde. Das
Online-Wohnmagazin realisierte
das Projekt in einer sanierungsbedürftigen
Altbauwohnung gemeinsam
mit 23 Marken wie „next125“,
USM, Freifrau, Thonet, Rosenthal
oder Schock und will damit die
Frage beantworten, wie urbanes
Wohnen künftig aussehen könnte.
Wohnen
Im Essbereich schlängelt sich eine
Blumenskulptur aus getrocknetem
Schleierkraut die Wand hoch.
Fotos: SoLebIch.de/Benni Janzen, Fotos an den Wänden: Lumas.de
22 möbel kultur 11/2022
Die „next125“-Küche (o. l.) im SoLebIch-Apartment in München: eine intelligente Konzeption mit Fronten in Kobaltgrün, Pocketsystem, Regal
Framewall und Trolley (u.). „Nana“-Sofa, -Sessel und -Pouf von Freifrau. Ein Eyecatcher dazu: „Sofianka“-Teppich von Jan Kath.
Warm und einladend wirkt
das Pop-up-Apartment von
SoLebIch gleich beim Hereinkommen,
denn die Wände sind in
eine sanfte Pfirsichnuance getaucht.
Unterschiedliche Töne verleihen
jedem Raum einen ganz eigenen
Charakter. Die Farbexpertin Juliana
Gräfin von Gatterburg von Caparol
Icons unterstützte das Team bei
der Erstellung des speziellen Farbkonzepts,
das aus 14 verschiedenen
Tönen besteht. Diese treffen zudem
auf hochwertige Materialien wie
Travertin, Mikrozement oder Parkett.
Lange schwarze Landhausdielen
mit Sägestruktur von Parador ziehen
sich über den gesamten Boden des
Apartments und unterstreichen den
natürlichen Stil.
Diese Komponenten
allein verwandeln die
ehemals sanierungsbedürftige
Altbauwohnung
im beliebten Stadtteil
Haidhausen schon in ein
echtes Kleinod. Wozu
natürlich auch die Möblierung
aus Klassikern
und modernen Neuheiten
beiträgt sowie
High-Tech im Hintergrund,
denn das SoLeb-
Ich-Apartment ist ein
Smart Home mit vielen
Komfortaspekten.
„Wir möchten erlebbar
machen, wie Design
und Technik unseren Alltag erleichtern
und die Lebensqualität verbessern,
unabhängig davon, wie viel
Wohnraum zur Verfügung steht.
Dafür haben wir zwei Jahre mit den
innovativsten Unternehmen aus den
jeweiligen Bereichen zusammengearbeitet“,
erklärt SoLebIch-Gründerin
Nicole Maalouf. Gemeinsam
mit Daniel Eichhorn gründete sie
2007 SoLebIch.de. Das Besondere an
dem Online-Wohnmagazin ist, dass
es mit Bildern aus echten Wohnungen
arbeitet. Schnell gelang es den
beiden, die von der Architectural
Digest unter die 200 wichtigsten
Influencer der Designwelt gewählt
wurden, eine relevante Community
von wohnbegeisterten Menschen
Wir möchten
erlebbar machen,
wie Design und
Technik unseren
Alltag erleichtern
und die Lebensqualität
verbessern.
Nicole Maalouf
um sich zu scharen, die regelmäßig
neue Einrichtungssituationen
posten. Bereits in der Vergangenheit
setzte die Plattform SoLebIch-Apartments
um, z. B. in Köln und auch
in München.
Und so ist auch das jüngste Popup-Projekt
ein individuelles Beispiel,
das zeitgemäße Wohnwünsche realisiert
hat. Das dänische Label OneA
gestaltete dafür ein außergewöhnliches
Lichtkonzept, das die heimelige
Atmosphäre unterstreicht und
einfach über die Schaltersysteme des
Smart-Home-Spezialisten Basalte
bedient werden kann. Mit Kaldewei
wurde auf 8 qm nicht einfach nur
ein Bad, sondern auch eine monochrome
Wellnessoase geschaffen.
In der Küche gestaltete Next125
von Schüller neben einer großen
Kücheninsel auch ein Pocketsystem,
in dem Wasch- und Spülmaschine
dezent in den Hintergrund treten.
Pflanzen- und Blumeninstallationen
11/2022 möbel kultur 23
TOP-THEMA/PREISE
899€
799€ Zeitenwende
€€€€ 699€
So muss das Pricing
angepasst werden
499€
599€
99€
99€
Nach der insgesamt positiven Marktnachfrageentwicklung
während der Corona-Zeit ist damit 2022 Schluss: Kaufzurückhaltung
und Inflation bei gleichzeitig steigenden Kosten für
Energie, Rohstoffe, Verpackung, Logistik … und hinzu kommen
erwartete Lohnkostensteigerungen – die Zeitenwende hat auch
die Möbelbranche erreicht. Seitens der Unternehmen müssen
jetzt entsprechende Pricing-Modelle entwickelt werden, die
einerseits eine Weitergabe der gestiegenen Kosten gewährleisten,
andererseits aber auch dem Aspekt der preislichen
Wettbewerbsfähigkeit Rechnung tragen. In einem Fachbeitrag
stellen Dr. Günter Lubos und Sebastian Fritz von der Unternehmensberatung
Dr. Wieselhuber & Partner dar, wie das
konkret funktionieren kann.
Klassische Zuschlagskalkulation
mit dem Risiko des Outpricing
Euro
125
133
20
50
55
t0
213
199
29
70
100
t1
141
150
21
50
70
t2
Jahr
Verkaufspreis inkl. Gewinnspanne ca. 7 %
Zuschläge
Fertigungskosten
Materialkosten
Quelle: Dr. Wieselhuber & Partner GmbH
Der Vertrieb muss vor allem die
ertragsstarken Produkte verkaufen
und dabei gestiegene
Einstands- und Herstellkosten über
ein entsprechendes Pricing an den
Handel weitergeben. Dazu muss das
Controlling entsprechende Kalkulationsdaten
zur Verfügung stellen und
mit seinen Systemen Ergebnistransparenz
erzeugen.
Steigende Kosten bei Rohstoffen
und Vorprodukten sind Treiber der
direkten Materialkosten. Hinzu
kommen steigende Arbeitskosten
infolge der zu erwartenden Tariferhöhungen.
Insgesamt ist davon
auszugehen, dass sich Kostensprünge
rasch und in kurzen Abständen vollziehen
werden. Für die Kalkulationen
des Controllings resultieren
daraus zwei Problemfelder: Erstens
bildet die klassisch genutzte Standardkalkulation
mit einmal jährlich
berechneten Kostensätzen, die
der Kalkulation zugrunde gelegt
werden, die Realität nur unzureichend
ab. Zweitens stellt die in
den meisten Unternehmen praktizierte
Zuschlagskalkulation auch
ein Problem dar. Erhöht sich die
Zuschlagsbasis bei ansonsten konstant
gehaltenen Prozent-Sätzen des
Gemeinkostenzuschlags, steigen die
Herstellkosten überproportional
an. Dies, obwohl sich das absolute
Niveau der Gemeinkosten überhaupt
nicht erhöht hat. Versucht der Vertrieb
diese Kalkulation beim Handel
durch entsprechend hohe Preise
durchzusetzen, besteht die Gefahr,
26 möbel kultur 11/2022
dass sich beide Parteien nicht einigen
und sich der Hersteller aus dem
Markt kalkuliert („Outpricing“).
Pricingmodell entscheidet
über Wettbewerbsfähigkeit
und Ergebnissicherheit
Die einfachste Variante zur Weitergabe
ist eine Erhöhung der Nominalpreise,
die sich aus Herstellkosten
+ Gewinnzuschlag berechnen. In
Zeiten volatiler Kosten, wo Preise
kurzfristig auch wieder fallen können,
stößt diese Vorgehensweise
jedoch an seine Grenzen.
Stattdessen könnten Preisgleitklauseln
oder selektive Zuschlagsvereinbarungen
verhandelt werden,
die zu marktkonformen und fairen
Preisen führen. So kann eine Win-
Win-Situation für Hersteller und
Händler entstehen. Wie das funktioniert?
Der Vertrieb vereinbart mit
dem Handel für bestimmte Kostenbestandteile
(zeitlich begrenzte)
Preisaufschläge. Je nachdem wie
die Kosten schwanken, passen sich
die Preise an. So entsteht zunächst
ein vorteilhafter psychologischer
Effekt, denn die Preisanpassung via
Preisgleitklausel wird im Gegensatz
zur Nominalanpassung eher
als vorüber gehend wahrgenommen.
Gerade bei schwankenden oder
unkalkulier baren Kostenentwicklungen
ersparen sich Industrie und
Handel auch häufige und zeitraubende
Verhandlungen.
Als Grundlage für Preisgleitklauseln
bieten sich in der Praxis
zwei Gestaltungsoptionen an: Der
Hersteller kann gegenüber dem
Handel den Anstieg der Ist-Kosten
geltend machen. Voraussetzung:
Transparenz hinsichtlich der tatsächlichen
Entwicklung der eigenen
Einstands kosten. Dies ist nur möglich,
wenn der Hersteller dem Handel
tiefe Einblicke in die Produktkalkulation
geben kann und will.
Die zweite Option ist die Orientierung
der Klauseln an offen zugänglichen,
je nach Warengruppe relevanten
Rohstoff-Indizes. Allerdings
muss in diesem Fall der Warenkorb
des Index auch die tatsächliche Kalkulationskomponenten
abbilden.
Rasches Handeln erforderlich
Die Inflation sowie die Volatilität
der Rohstoff- und Energie-Kosten
wird in absehbarer Zeit bleiben. Dies
erfordert rasches und konsequentes
Handeln. Aus Sicht der Möbelindustrie
ist zu empfehlen:
Vermeidung von Outpricing
mittels Preisgleitklauseln
Euro
20
149
125
133
65
140
Verkaufspreis inkl. Gewinnspanne 7%
20 Gemeinkostenzuschläge
0
20
15 Zuschlägefür höhere Material- und Fertigungskosten
Material - und Fertigungskosten
• Bildung einer Task Force mit den
pricingrelevanten Funktionen wie
Vertrieb, Controlling und Einkauf
• Erarbeitung alternativer Pricing
Optionen
• Abschätzung/Simulation der Ergeb -
nisse der Optionen auf das EBIT,
Priorisierung und Entscheidung
• Erarbeitung eines Argumentationsleitfadens
für den Vertrieb
als Grundlage für faire Verhandlungen
mit dem Handel (Ziel:
Win-Win-Situation)
Diese Vorgehensweise wird in der
Praxis durch einen Faktor erschwert:
Industrie und Handel haben bislang
kaum bzw. keine Erfahrung im
Hinblick auf den Umgang mit den
aktuellen Herausforderungen.
Was zu tun ist, stellt für die
meisten Personen absolutes Neuland
dar. Allerdings gibt es angesichts
des Zeit- und Ergebnisdrucks leider
keinen Spielraum für „Trial & Error“
– einschlägige Erfahrungen können
nicht gesammelt werden.
Nur wer alle Möglichkeiten nutzt
und rasch agiert, ist auf einem guten
Weg, das Ergebnis trotz Inflation und
Konjunktureintrübung zu sichern –
und wird auch morgen noch im
Möbelmarkt erfolgreich mitspielen.
Und hierbei sitzen Industrie und
Handel bei aller Härte in der Verhandlungsführung
nun einmal in
einem Boot.
www.wieselhuber.de
203
190
105 105 105
t0
t1
t2
Jahr
Quelle: Dr. Wieselhuber & Partner GmbH
Sebastian Fritz,
Senior Manager bei
Dr. Wieselhuber
& Partner.
Dr. Günter Lubos,
Mitglied der
Geschäftsleitung
bei Dr. Wieselhuber
& Partner.
11/2022 möbel kultur 27
VERBÄNDE
Eine Kollektion wächst – auch in die
Küche hinein: Kücheneinkaufs-Chef
Roland Brandl, Key-Account-Manager
Oliver Hemmerich und Geschäftsführer
Ulf Rebenschütz (v.l.) treiben die Eigenmarken-Thematik
beim EMV voran.
EMMK: Leistungsbausteine und EMV-Konzepte für 2023
Die Fundamente für
erfolgreiche Sortimente
Im Rahmen der EMMK-Messe in Rheda-Wiedenbrück am 5. und 6. November stellte der EMV auch
verbandsexklusive Konzepte vor. Dabei ging es angesichts der Konsumzurückhaltung klar um ein
attraktives Preisgerüst, um im Wettbewerb Impulse setzen zu können. Große Aufmerksamkeit bekam
das neue Küchen- und Bad-Sortiment der „Europa Möbel Collection“.
Die Stimmung der EMV-Gesellschafter
in Rheda-Wiedenbrück
war trotz der aktuellen
Unwägbarkeiten gut. Dafür gab es
auch Gründe: Neben dem wertvollen
Austausch mit den Mitgesellschaftern,
mit dem Partnerverband
sowie mit der Industrie spielte auch
das Geschäft mit, denn im Oktober
konnte der Mittelstand erfreulicherweise
eine sehr stabile Konjunktur
verzeichnen. Das geht nur mit
einem stabilen Fundament, weshalb
die EMMK angesichts der Dynamik
am Markt besondere Sorgfalt auf ein
schlagkräftiges Leistungssortiment
gelegt hat. Der Wettbewerb wird
neue Systemprogramm „Maxx“ und
Thielemeyer präsentierte den Bestseller
„Mira“ in neuer Optik. Im
Wohnbereich punktete Hartmann
mit einem neuen Studiolook.
„Bei allen Produkten konnte ein
attraktives Preisgerüst für die Gesellschafter
verhandelt werden“, zeigte
sich Ulf Rebenschütz zufrieden.
EMC-Manager Oliver Hemmerich
reiste voller Schwung nach
Rheda-Wiedenbrück, denn die
wichtige Basis-Kollektion für die
EMV-Gesellschafter entwickelt sich
mit Tempo weiter. Das Studiokonzept
der Eigenmarke ist mit POS-Ergänzungen,
Werbeseiten und Onlinewieder
enger und die Preissensibilität
der Verbraucher nimmt zu, wie
die beiden EMV-Geschäftsführer Ulf
Rebenschütz und Felix Doerr zu Protokoll
gaben: „Bei den gemeinsamen
Leistungssortimenten geht es deshalb
um Angebote, die eine Grundauslastung
für alle Beteiligten bringen.“
Von den 76 Industriepartnern,
die auf 8.800 qm Fläche im A2
Forum von Rheda-Wiedenbrück
ausstellten, zählten 51 zu den Leistungslieferanten.
Neu hinzugekommen
sind Knudsen (für Stühle) und
Stralsunder (Wohnen). Im Schlafzimmerbereich
war Hukla erstmals
vertreten, Loddenkemper zeigte das
Aktivitäten rundum für die aktuelle
Einrichtungssaison vorbereitet. Ein
neues Bettenprogramm ist mit „EM
Samana“ hinzugekommen und auch
bei den Polstermöbeln wächst mit
den Modellen „EM Pula“ und „EM
Koper“ das Sortiment. Dieses Mal
standen allerdings andere Warengruppen
im Rampenlicht, denn erstmalig
in der EMC-Geschichte gehören
nun auch Küchen und Bäder dazu
– mit Nobilia als leistungsfähigem
und zuverlässigem Industriepartner.
Die Zielmarke für das erste halbe
Jahr: 75 Platzierungen.
Die besondere Kompetenz und
Un terstützung der EMV-Gesell-
30 möbel kultur 11/2022
schafter zeigt sich auch beim
„Couchliebe“-Polsterkonzept, das
auf 300 qm präsentiert wurde.
Alle Lizenznehmer berichteten
von einem überdurchschnittlichen
Wachstum mit dem Konzept. Aktuell
sind 25 „Couchliebe“-Topseller
der Polipol-Gruppe vollständig über
„Visual Furniture“ oder über „Dein
Konfigurator“ – sogar in 3D planbar.
Weitere Modelle befinden sich
in der Umsetzung und lassen sich
auch demnächst in 3D konfigurieren.
Ebenfalls hoch im Kurs der EMV-
Gesellschafter stand „Akad’or Gold“,
das mit dem neuen Polstermöbelprogramm
„Mendoza“ Impulse
setzte. Bei „Akad’or Night“ drehte
sich alles um Konsumanreize: Das
Schnell-Lieferprogramm ist zu Top-
Konditionen sofort ab Lager abrufbar
– so waren auch starke Black-
Friday-Offer noch möglich.
Im Import wird trotz aller Schwierigkeiten
entlang der Lieferketten
weiter Ware beschafft – schließlich
betätigt sich der EMV nun schon
seit sechs Jahren auf diesem Gebiet
und hat gemeinsam mit der Maco
Möbel gute Beziehungen zu Lieferanten
in aller Welt aufgebaut. Johannes
Scheepers zeigte ein neues TV-Sessel-
Sortiment sowie Keramik-Esstische
mit Funktion. Gut laufende Modelle
wurden noch ausgeweitet.
Das Ziel für die zweite Ausgabe
der EMMK-Messe war, „für die
gesamte Welt des Wohnens starke
Impulse über alle Warengruppen
und Preislagen setzen zu können“.
Die Produktmanager:innen haben
ihre Mission in schwierigen Zeiten
erfüllt. Die Gesellschafter, die in
Rheda-Wiedenbrück vor Ort waren,
hatten die Chance, sich ein starkes
Fundament für 2023 zu bauen.
SASCHA TAPKEN
Mit Nobilia geht der
EMV gemeinsam in
die Küche und ins
Badezimmer. Die
EM Collection bietet
damit jetzt ein
Vollsortiment.
www.emverbund.de
Weiter geht‘s in Sachen Import: Johannes
Scheepers legt den Fokus auf die Bestseller.
11/2022 möbel kultur 31
KÜCHE
Dänisches Design plus
viel Gefühl für Hygge und
Kundenwünsche: Auf 400 qm
über drei Etagen eröffnete
das vierte Studio von HTH
in der Hamburger City, an
prominenter Stelle gleich
neben dem Rathaus.
HTH: Wie die dänische Nobia-Tochter in die deutsche Küche Einzug hält
Eroberung mit Herz und Hygge
„Küchenliebe für immer“ lautet der Slogan. Dazu sendet der rot-weiße „Danebrog“ im Logo gut sichtbare Signale aus. So
steckt seit diesem Jahr der dänische Marktführer für Küchenmöbel HTH hierzulande neues Terrain ab. Skandinavisches
Design, Hygge und Nähe zu den Kund:innen sollen dabei eine eigene Nische ausfüllen. Die „möbel kultur“ sprach zur
Eröffnung des vierten Standorts in Hamburg mit dem Management aus Ølgod.
Echtholz, zum Beispiel als Querlamelle, und pastellige Grüntöne stehen für den Skandilook,
der aktuell im Trend ist. Bei HTH ist er für Küche, Bad, Garderobe und sogar beim
Schlafzimmerschrank zu haben.
Eine Küche von HTH ist mehr
als eine Küche. Sie muss das
Gefühl ansprechen. Das Gefühl
nach Hause zu kommen. Wo man zu
sich findet... Mit der Küche verhält
es sich wie mit der Liebe – es muss
sich richtig anfühlen.“
Statt Bestpreis-Garantien zu versprechen,
setzt HTH auf viel Emotion,
lesbar in allen Winkeln des
neuen Hamburger Studios. Leitsprüche,
die eine eigene Küchen-
Poesie verkörpern. Aus dem Land,
wo Hygge und „die glücklichsten
Menschen der Welt“ zu Hause
sind. Mikael Boye Pedersen, Market
Development Manager, begründet
die Strategie so: „Küchen verkaufen
kann jeder. Wir machen die Erfüllung
von Kundenbedürfnissen zum USP.“
Neben fühlbarer Kundennähe bilden
außerdem skandinavisches Design
und nur drei Wochen Lieferzeit den
Dreiklang, mit dem sich der dänische
Hersteller aus Ølgod nach Deutschland
wagt. Wohlwissend, dass er hier
gegen die stärksten Player Europas
ankämpfen muss. Aber auch HTH
ist schließlich kein schwaches Licht,
erwirtschaftet als größter dänischer
Küchenmöbelproduzent rund 360
Mio. Euro Umsatz und gehört seit
1996 zum Nobia-Konzern, der
1,26 Mrd. Euro Umsatz (2021)
zusammenbringt.
Mit Pedersen sind gleich sieben
Mitglieder aus dem HTH-Management
zur Eröffnung in Hamburg
angereist, einschließlich CEO
Jesper Gylling Olsen, was die Ambitionen
unterstreicht. Zu den 94
Stores, fast ausschließlich durch
skandinavische Franchisenehmer
betrieben, zählen nun auch vier
40 möbel kultur 11/2022
deutsche. Im Januar startete das
erste im Düsseldorfer Stilwerk,
dann kam ein zweites in derselben
Stadt sowie Köln dazu – und Ende
Oktober das Haus in der Hamburger
City, an prominenter Stelle neben
dem Rathaus. Auf drei Etagen (insgesamt
400 qm) stehen hier zwölf
Küchen, sieben Bäder, eine Garderobe
sowie ein Schlafzimmerschrank,
deren Fronten im gleichen Look zu
haben sind. Holzbetont – massiv mit
handwerklich verzinkten Kanten
oder in Querlamellen – und in hellen
Lackfarben repräsentieren die Programme
dänische Gemütlichkeit in
der Tradition von Arne Jacobsen, nach
moderne Maßstäben produziert.
Der Preis steht an jeder Koje: Die
Küchenzeile in Massivholz kostet
11.483 Euro – ohne Geräte, die von
Bosch, Siemens, Neff, Miele und AEG
geordert werden. Die Spülen kommen
von Franke, Arbeitsplatten von
Jetstone oder der eigenen Tochter
Implast (HPL). Insgesamt bietet
HTH ein Angebot für die Mitte des
Marktes, so heißt es.
Bruno Schuster, Franchisepartner
in Hamburg, rechnet mit einem
Durchschnittswert von 17.0000 bis
18.000 Euro (inklusive Geräte). Aber
auch das Projektgeschäft soll ein
wichtiges Standbein werden – nach
dänischem Vorbild, wo der überwiegende
Teil (ca. 70%) mit Bauträgern
erwirtschaftet werden. Die Routine
und gewohnt kurze Lieferzeiten
können den Partnern auch hierzulande
in die Karten spielen, zumal
die Küchen mit 5.000 bis 6.000
Euro in diesem Bereich niedriger
dotiert sind.
Schuster ist von Hause aus selbst
eher Stratege als Küchenverkäufer,
hat in seiner Karriere u. a. Aufbauarbeit
für die Hermes-Paketlogistik
geleistet, Dependancen in Italien
gegründet und bei Kiveda als COO
Logistik und Montage verantwortet.
Zu HTH hat es den 52-Jährigen
gezogen, weil er Spaß daran hat, sich
für eine neue Marke zu engagieren:
„Mich hat es fasziniert, diese
Pionierarbeit zu leisten.“ Und er
schätzt den Umgang auf Augenhöhe,
bei dem er nicht das Gefühl hat,
einem Franchisekorsett ausgeliefert
zu sein und jeder auch „Partner“
genannt wird.
In Hamburg soll es nicht bei
einem Studio bleiben, drei bis vier
Standorte sind angedacht. Schuster,
der wöchentlich Live- bzw. Teams-
Kontakt mit dem Headquarter hält,
vertraut dabei auf die Fachkenntnis
seiner erfahrenen Mitarbeiter:innen
– bisher sind es drei, sechs sollen es
werden. Wie er selbst wurden diese
in der „School of Excellence“ in
Ølgod trainiert, allein sechs Wochen
die Verkäufer:innen.
Dreieinhalb Jahre hat die Vorbereitung
der Marktoffensive gebraucht,
berichtet Geschäftsführer Jesper
Gylling Olsen im Gespräch. Eigentlich
sollte in Hamburg, geographisch
und auch mental dem Dänischen
naheliegend, das erste Studio eröffnen.
Und nachdem Standort und
Franchisepartner gefunden waren,
sollte es nun auch losgehen – trotz
der schwierigen Zeiten. Gleichwohl
formuliert Olsen die weiteren
Expansionspläne vorsichtig: 20 bis
40 Studios in Deutschland, ausgehend
von Norden und Westen, hält
er für möglich. Doch Priorität habe
stets, die bestehenden Standorte profitabel
zu machen.
Zumindest Essen als nächster Step
steht für Januar 2023 schon fest. Und
bei 4 Millionen Einwohnern in der
Hamburger Region – ganz Dänemark
habe ja nicht einmal 6 Millionen –
sollte es wohl klappen, dass sich auch
rund um die Hansestadt ausreichend
Käufer für „dänische Küchenliebe“
erwärmen, so glaubt der Firmenchef.
HEIKE LORENZ
Hamburg gibt die Initialzündung für die
Eroberung im Norden: Geschäftsführer
Jesper Gylling Olsen (l.) kam persönlich,
um mit Franchisepartner Bruno Schuster
(r.) das rote Band durchzuschneiden.
FACTS
❯ Gründung von HTH:
1966 in Ølgod von den Brüdern
Hans Henning und Tonny Haahr;
seit 1996 Teil des schwedischen
Nobia-Konzerns
❯ Beschäftigte: ca. 1.200
❯ Umsatz:
360 Mio. Euro (2021) –
Marktführer in Dänemark
❯ Vertrieb:
12 eigene Studios und Franchising –
in Dänemark (33), Norwegen (27),
Schweden (25), Finnland (4),
Island (1), Deutschland (4)
❯ CEO: Jesper Gylling Olsen
www.hth.de
„Küchen verkaufen kann jeder. Wir machen
die Erfüllung von Kunden bedürfnissen
zum USP“, erklärt Expansionsmanager
Mikael Pedersen (l.). Dazu gehört auch
die emotionale Ansprache als
Differenzierungs merkmal.
11/2022 möbel kultur 41
KÜCHENHERBST 2022
Rundherum
mehr Wert
Sein
Lifestyle-Konzept transportierte
Neolith mit dem Dauer-Auftritt im
IDF34 gekonnt. Dazu gehört ein
komplett neues Branding, inklusive
Slogan und Logo.
Blanco als System-Denker bietet mit dem „Multi Frame“ vom
Soda-System bis zur Abfalltrennung alles aus einer Hand nach
dem Plug-&-Play-Prinzip. Thorsten Neelen, Managing Director/
Head of Market DACH, stellte die Neuheit auf Gut Böckel vor.
„Farbige Spülen bleiben weiter im Trend“. So erkennen CSO Sven-Michael
Funck und Susanne Zeitlhöfler (Marketing & Produktmanagement) weiterhin
gute Chancen für Schock – schon durch den angesagten Schwarzlook. Auch
für die „Green Line“-Spüle gebe es „ein nachhaltiges Potenzial“.
Die Möglichkeiten der Trinkwassersysteme sind
längst nicht ausgeschöpft. Deshalb sei es für
Hansgrohe wichtig, von Anfang an dabei zu sein,
betonte Hans-Joachim Kalek, Vertrieb Küche.
42 möbel kultur 11/2022
MESSE Teil 2
Der Küchenherbst wäre nichts ohne die diesmal in OWL noch
zahlreicher vertretenen Hersteller von Geräten, Spülen und
Zubehör. Einerseits runden sie das Design der Küchenmöbel
konzeptionell ab – mal durchgängig schwarz, mal im Naturoder
Countrylook, andererseits bringen sie den innovativen
Kick in die Küche. Von intelligenter und effizienter Kochtechnik,
die sich passgenau ins Gesamtbild integrieren lässt, über
mehr Komfort rund um die Spüle und Trinkwassersysteme
bis zu Arbeitsplatten, die neben variabler Optik auch neue,
oft nachhaltige Qualität bieten.
Nach dem pandemiebedingt
reduziertem Messeprogramm
der letzten Jahre war jetzt
überall wieder „Full House“ angesagt,
sowohl von Aussteller- als auch
Besucherseite. Ob in der Architekturwerkstatt,
auf Gut Böckel, in der
Area30 oder im erst 2021 angedockten
IDF34: Durch eine Vielzahl
neuer Unternehmen in den einzelnen
Zentren hat sich der „Marktplatz“
in Ostwestfalen nochmals
belebt und bunter gestaltet. So waren
auf dem idyllischen Gut Böckel von
jetzt 19 Ausstellern sieben bekannte
Protagonisten aus dem Gerätebereich
vertreten, wobei Gorenje und
Küppersbusch zu den etablierten
(Bauknecht, Beko/Grundig, Smeg,
Sharp und Miele) neu hinzukamen.
Ohnehin wird das Spielfeld rund
um die Gerätetechnik durch die
Offensive der Big Player aus Asien
rasant aufgemischt, wie sich insbesondere
in der Area30 zeigte: Neben
Samsung traten hier nun erstmals die
beiden chinesischen Konzerne Haier
und Midea auf. Während Bora seinen
Abschied aus Löhne ankündigte,
weil im kommenden Jahr das eigene
Domizil in Herford bezogen wird.
Ebenso wie die Architekturwerkstatt
u.a. mit Dekker, Refsta und dem
Thema Outdoorküchen hochwertig
ergänzt wurde, hat sich auch
im IDF34 in der Nachbarschaft viel
getan, indem hier nun 14 Unternehmen
ein dauerhaftes und attraktives
Zuhause gefunden haben. Und die
Area30 als Mekka der Spezialisten
öffnete einmal mehr ein „Füllhorn“
für alles, was die Küche schön und
funktional bereichert.
Aufwertung ist weiterhin das
Stichwort, das die Trends dynamisch
antreibt. Bei den Einbau geräten
bildet der Backofen mit Kamera
und KI-gesteuerten Programmen
das Herz der technischen Innovationen,
im Premiumsegment noch
3-fach gekoppelt mit Dampfgaren
und Mikrowellenfunktion. Um die
beste Energieeffizienz und Zonen
für längere Frische konkurrieren
die Kühl-Gefrierschränke. Die ersten
70 cm breiten Modelle versprechen
außerdem mehr Vorratsraum (AEG,
Grundig). Die Lieferproblematik insbesondere
bei Geschirrspülern hat
manchen kleineren Marken die Tür
im Handel geöffnet. Immer breiter
wird auch die Auswahl an Weinlagerschränken,
die sowohl von etablierten
Marken wie auch Spezialisten
(Diwa Klima oder Dometic) angeboten
werden.
Viele Designoptionen offerieren
längst ebenso die Spezialisten
für Arbeitsplatten. Mit Cosentino,
Dekker und einigen Natursteinspezialisten
hat sich hier abermals
die Zahl der Aussteller erweitert.
Im Portfolio der Spülenhersteller
werden offenbar immer stärker
auch kompakte Modelle verlangt.
Optisch lassen sie neben der Trendfarbe
Schwarz natürliche Pastell- und
Erdtöne wirken oder setzen mit
Metallicoberflächen in Gold und
Kupfer (inklusive passender Armaturen
und Excenter) Glanzlichter
in der Küche. Bedienpanels sorgen
zudem für individuellen Komfort.
Darüber hinaus erweitert sich die
Palette der Trinkwassersysteme, kalt
oder als Kochendwasserhahn, durch
zusätzliche Anbieter wie Hansgrohe,
Dekker, Franke und Gessi.
Außer Design und Funktion spielen
Montagefreundlichkeit (wie bei
Blancos „Unit“ oder bei Naber) und
Nachhaltigkeit jeweils eine zentrale
Rolle in der Branche. Ob bei der Verarbeitung
von Recyclaten in Gerätekomponenten
oder bei Spülen und
Arbeitsplatten: Immer häufiger
folgen die Hersteller jetzt dem Motto
„Fit für den Kreislauf“.
SILJA BERNARD, SUSANNE KRAFT,
HEIKE LORENZ, KRISTINA TAPKEN
„Der Trend geht zu Premium“ und
hier sieht Silke Eckstein, neue Head
of Sales Built-in, Samsung mit
seinen Gerätenews gut aufgestellt.
Begeistert über den Andrang bei „Solitaire
– The Waterbase“: Geschäftsführer
Marco Tümmler. Das Konzept steht
für den Wandel zu mehr Design.
Ausdrucksstarke Adern stehen bei Dekkers „Evora
Ceramics“ für die moderne Eleganz der Arbeitsplatte. Mit
der Eigenmarke Evora (auch für Naturstein und Quarzit)
verspricht CEO Leo van der Velde zudem mehr Marge.
Über 39 Prozent Plus für Muldenlüfter
bei Elica. Gian Luca Vincenzetti, Country
Manager Elica Deutschland, ist zu Recht
stolz auf die breite Produktpalette.
11/2022 möbel kultur 43
GO GREEN
FSC Furniture Award 2022: Verleihung in Mailand
Drei deutsche
Preisträger
In Mailand hat der Forest Stewardship Council (FSC) Ende
Oktober feierlich die Gewinner der vierten FSC Furniture
Awards geehrt, dessen Medienpartner die „möbel kultur“
ist. Unter dem Motto „Better living, healthier forests“
zeichnete der FSC dabei Unternehmen der europäischen
Möbelbranche für ihr Engagement im Bereich Nachhaltigkeit
aus. Unter den diesjährigen Preisträgern sind auch
drei deutsche Firmen.
Wir freuen uns besonders,
dass sich gleich drei deutsche
Möbelunternehmen
unter den Preisträgern finden. Es
gab zahlreiche Einreichungen aus
insgesamt neun Ländern. Das unterstreicht
die Tatsache, dass Deutschland
nicht nur mit Blick auf die
Umsatzgröße, sondern auch in
Bezug auf Verantwortung eine
Führungsrolle im europäischen
Möbelbusiness einnimmt“, sagt
Julia Köberl, bei FSC Deutschland
und Österreich als Projektleiterin
verantwortlich für die Umsetzung
der FSC Furniture Awards.
Als „Hersteller des Jahres,
Indoor“ wurde Hammerbacher
geehrt. Schon im Vorjahr konnte
sich der Büromöbel-Hersteller als
„Office-Möbelhersteller des Jahres“
durchsetzen. „Bereits seit mehr als
zehn Jahren ist der Büromöbelhersteller
den Werten des FSC verpflichtet,
alle Holzprodukte sind
FSC-zertifiziert. In diesem Jahr hat
das Unternehmen seine Aktivitäten
für die Mission ,Forests For
All For ever‘ auf eine neue Ebene
gehoben, indem es ein Projekt zur
Erbringung von Ökosystemdienstleistungen
mit auch sozialer Wirkung
in Uganda gespendet und
aktiv kommuniziert hat“, begründet
Julia Köberl im Rahmen der Preisverleihung
die Jury-Entscheidung.
Innerhalb eines langfristigen Engagements
fördert Hammerbacher die
Wiederherstellung und Aufforstung
von 250 Hektar Land in Uganda und
schafft damit auch einen wertvollen
Kohlen stoffspeicher. Dabei wird der
Wald nicht nur nach FSC sondern
auch nach dem FSC-Ökosystemleistungsstandard
zertifiziert, so dass
die wichtigen Leistungen des Waldes
langfristig gesichert, bewertet und
nachgewiesen sind.
Erstmals wurde der FSC Furniture
Award in diesem Jahr auch
für Händler geöffnet. Und dabei
konnten gleich zwei deutsche
Unternehmen punkten. So sicherte
sich Otto die Auszeichnung „Retailer
of the Year“. Die T&S Home&Living
überzeugte die Jury in der Kategorie
„Commitment“.
„Die Otto Group kann als einer
DER FSC-Pioniere und einer der
wichtigsten Multiplikatoren für
den FSC-Möbelsektor bezeichnet
werden. Bereits vor mehr als zehn
Jahren hat man sich bei der Otto
Group im Möbelbereich ein Ziel
gesetzt: Bis 2025 will man für seine
Eigen- und Lizenzmarken nur noch
FSC-zertifizierte Produkte anbieten“,
betont Julia Köberl. Seit 2006
ist der Konzern Mitglied bei FSC
Deutschland. 2021 umfasste das
Angebotsportfolio des Online-
Händlers mehr als 70.700 verschiedene
Möbel, von denen mehr als
78 Prozent FSC-zertifiziert waren.
Darüber hinaus sind 97 Prozent aller
eigenen Versandverpackungen, 67
Prozent des Papiers für Kataloge und
Werbemittel zertifiziert. Seit 2010
besitzt Otto zudem eine eigene
Werbelizenz, die eine vielfältige
Nutzung des FSC-Warenzeichens
erlaubt. Damit fördern sie die FSC-
Zertifizierung auf ihrem Marktplatz,
investieren in die FSC-Waldzertifi-
Stellvertretend für ihre Unternehmen nahmen Jana Zimmermann, Category Manager bei T&S
Home & Living (o.) , Olaf Dechow, Senior-Projektmanager Materials & Circularity, Corporate
Responsibility, und Ellinor Pinn, Senior Sustainability Multiplier Furniture von der Otto Group
(M.), sowie Hammerbacher-Geschäftsführer Christoph Hammerbacher die Preise entgegen (u.).
Fotos: Elettra Gallone / FSC Italia, Screenshot
54 möbel kultur 11/2022
Daten zeigen, dass die Mission des
FSC, von Herstellern, Einzelhändlern
und Verbrauchern, nachhaltig
gewonnene Rohstoffe anzubieten,
wirklich etwas bewirken und zu der
von der Europäischen Union geförderten
Null-Abholzungs-Strategie
beitragen kann.“ Und Julia Köberl
ergänzt: „Wir freuen uns, dass die
Resonanz der Unternehmen trotz der
Schwierigkeiten, die zunächst durch
die Pandemiekrise und dann durch
die Rohstoffknappheit entstanden
sind, so groß war. Es ist klar, dass
Nachhaltigkeit und insbesondere die
FSC-Zertifizierung zu einem Bezugszierung
und spielen eine wichtige
Rolle für das Wachstum des FSC in
der Möbelbranche und Europa.
Ebenfalls ausgezeichnet wurden:
Gala Meble aus Polen für eine nachhaltige
Beschaffungspolitik für Holzmöbelprodukte,
die beiden dänischen
Unternehmen Kvist Industries
als Hersteller und llva als Einzelhändler
für den bewussten und proaktiven
Umgang mit der FSC-Marke,
der italienische Hersteller Stosa
und der französische Händler Pier
Import für herausragende Leistungen
bei Promotionsaktivitäten und
Werbekampagnen sowie Euroform
K. Winkler aus Italien als Outdoor-
FSC-Hersteller des Jahres.
„Laut unserer Global Consumer
Research 2021 suchen immer mehr
Menschen nach Einrichtungsgegenständen
aus nachhaltigen Quellen:
Acht von zehn Menschen erwarten,
dass Unternehmen Holz- und
Papierprodukte verkaufen, die keine
Abholzung verursachen. Von denjenigen,
die das FSC-Siegel kennen,
bevorzugen fast genauso viele – acht
von zehn – FSC-zertifizierte Produkte
gegenüber nicht- zertifizierten“, sagt
Jeremy Harrison, Chief Markets
Officer von FSC International. „Die
punkt für Hersteller, Einzelhändler
und Verbraucher geworden ist. Ein
wesentliches Element für jeden, der
auf dem europäischen und weltweiten
Möbelmarkt Fuß fasst.“
Und so gibt es in diesem Jahr
bereits 5.382 aktive FSC-Zertifikate
entlang der europäischen Lieferkette.
Verglichen mit 2021 ist das ein
Anstieg von 4,6 Prozent. Die meisten
Zertifikate zählen dabei Polen
(905), das Vereinigte Königreich
(760), Italien (631) und Deutschland
(425). DORIS SCHMIDT
www.fscfurnitureawards.org
Foto: Otto
Otto
Will noch
grüner
werden
Konsequent auf Ressourcenschutz
setzt Otto mit einer neuen Nachhaltigkeitsstrategie.
Bis spätestens
2030 will der Konzern in seinen
Geschäftsprozessen bilanziell klimaneutral
sein und entwickelt wissenschaftlich
basierte Klimaziele im
Einklang mit dem 1,5-Grad-Ziel.
Gleichzeitig soll otto.de zur größten
Plattform für nachhaltiges Onlineshopping
in Deutschland werden:
Dafür baut der Versandhändler das
Sortiment bis 2025 mit nachhaltigen
Artikeln konzentriert aus und
setzt zudem auf kreislauffähige
Lösungen, etwa bei Textilien und
Verpackungen. Sämtliche Eigenund
Lizenzmarken sollen bis 2025
vollständig nachhaltig sein, Verpackungsmüll
wird weiter reduziert.
Auch auf dem Otto-Marktplatz
sowie in den Lieferketten werden
die Standards weiter erhöht.
„Otto setzt sich mit der neuen
Nachhaltigkeitsstrategie ambitionierte
Ziele zum Schutz von Ressourcen.
Als größter deutscher
Onlineshop mit über elf Millionen
Kund:innen tragen wir somit aktiv
dazu bei, den ökologischen Fußabdruck
des Onlinehandels weiter
zu reduzieren. Nachhaltigkeit ist
für mich kein nettes Extra – sie ist
das Fundament unseres Handelns“,
erklärt Marc Opelt, Vorsitzender des
Otto-Bereichsvorstands.
Die neue Otto-Nachhaltigkeitsstrategie
umfasst die folgenden
sechs Handlungsfelder: Klimaschutz,
Verpackungen, Kreislaufwirtschaft,
Materialien & Produkte,
Compliance & Policies sowie Lieferketten.
Ehrgeizige Ziele gibt es für
alle. So sind die Marktplatzpartner
künftig verpflichtet, soziale und
ökologische Kennzahlen offenzulegen,
etwa zu CO2-Emissionen und
Verpackungsmüll. Trotz der strengen
Regeln soll die Anzahl nachhaltiger
Artikel auf otto.de bis 2025
auf über eine Million anwachsen.
Stand heute wäre Otto laut eigenen
Angaben die Plattform mit dem
größten nachhaltigen Sortiment
Deutschlands. Aktuell sind auf otto.
de rund 500.000 als nachhaltig
gekennzeichnete Artikel verfügbar,
die beispielsweise FSC- oder
Blauer-Engel-zertifiziert sind.
Für eine längere Lebenszeit von
Produkten und Rohstoffen setzt der
Konzern verstärkt auf kreislauffähige
Lösungen, etwa Reparaturservices
und zirkulär gestaltete Textilien.
Im Verpackungswesen testet Otto
beispielsweise seit November vollständig
biologisch abbaubare Versandtüten,
die mit dem Hamburger
Start-up Traceless in zweijähriger
Forschungsarbeit entwickelt wurden.
www.otto.de
11/2022 möbel kultur 55
HAUSMESSE SÜD
Himolla
Großer Auftritt
Direkt im Eingangsbereich
setzte Himolla
mit einer XXL-Version
des Erfolgsmodells „1052
Signa“, auf der es sich
Geschäftsführer Ralph Bestgen und Tamara Härty, Head
of Product and Marketing, gemütlich gemacht hatten, ein
echtes Statement. Der Grund dafür: Viele internationale
Gäste hatten ihren Besuch angesagt und besonders aus
Übersee wurde Interesse an solch einem großen Format
bekundet. Doch auch für kleinere Wohnungen zeigte
Himolla ein Gespür für Trends – wie mit der Recamiere
„1378 Nova“. Insgesamt präsentierten die Taufkirchener
viel Funktionen im System. www.himolla.de
3S Frankenmöbel
Von Landhaus
bis Modern
Lieferzuverlässigkeit
ist für 3S Frankenmöbel
ein wichtiges
Thema, zumal Tische
auch im eigenen Werk
in der West-Ukraine
produziert werden –
nach wie vor ohne
Probleme, wie Prokurist
Thomas Lörzer (Foto) berichtete. Mehr Lagerkapazitäten sollen
weiterhin Lieferzeiten von vier bis sechs Wochen gewährleisten.
Breit gefächert ist das Angebotsspektrum in der konsumigen
Mitte von Kiefer über Kernbuche geölt bis hin zur Eiche.
www.3s-frankenmoebel.de
Hausmesse Süd: Fünf schicke Showrooms hatten viele Neuheiten parat
Mit Detail-Arbeit punkten
Unbeeindruckt der Tatsache, dass die Zeiten herausfordernd bleiben, haben die Teilnehmer der Hausmesse Süd
innovative Produkte entwickelt, die für 2022/23 neue Impulse setzen sollen. Bei allen Ausstellern war spürbar,
dass sie ihren Weg konsequent weitergehen. Der Einsatz wurde mit vielen Besucher:innen belohnt.
Paidi
Vertrauen schaffen
Das große Plus von Paidi ist es, dass es der Hersteller
geschafft hat, sich als Anbieter zu positionieren,
der Kinder von der Geburt an bis sie von
zuhause ausziehen begleitet. „Paidi ist in Deutschland
eine sehr starke Marke mit einer großartigen
Tradition“, betont Anne-Laure Bigot (Foto),
die seit Mitte des Jahres Vorsitzende der
Geschäftsführung ist. Das zeigte sich
auch in den Neuheiten mit dem Babybett
„Levke“, das durch handwerkliche
Details und geradliniges Design
besticht, dem mitwachsenden
Programm „Olli“ und der Relaxliege
„Home Base“ für Teenager. Mehr
dazu auf S. 58. www.paidi.de
56 möbel kultur 11/2022
Resümee von Hausmesse
Süd-Geschäftsführer
Lars Bornschein:
„Exzellent vorbereitet“
Gwinner
Schön Grün
Um dem Handel bestmögliche Modelle an die Hand zu geben hat Gwinner sämtliche
Programme optimiert und den Anforderungen des Marktes angepasst, dazu zählte
u.a. ein komplettes Facelift für „Bellano“. Und „Felino“ gibt es jetzt auch in der Kombination
Anthrazit mit Eiche. Absolutes Highlight war jedoch die Neuheit „Linera“, wahlweise
in Nussbaum oder Wildeiche kombiniert mit den Lackfarben Anthrazit, Fango und Weiß
und mit den derzeit angesagten Lamellen – längs oder quer – sowie als erster Hersteller
im Wohnenbereich auf Wunsch mit Moospaneel. „Das Moos ist gut fürs Raumklima und
wirkt schallabsorbierend, während durch die natürliche Konservierung keinerlei Pflege
notwendig ist“, sagt Brand Managerin Tamara Gwinner, hier mit ihrem Bruder Robin
Henssler, der nun auch in das Familienunternehmen eingestiegen ist. „Es war uns wichtig,
den Zeitgeist der Nachhaltigkeit und Natürlichkeit noch weiter aufzugreifen und als innovative
Kombination für unsere Kunden umzusetzen“, so Gwinner. „Wir verkaufen über
diese besondere Akzente, sei es Hirnholz und jetzt das Moos.“ www.gwinner.de
Ruf Betten
Wachstum dank Waterland
Made in Germany“ war eines der wichtigen Themen bei
Ruf. Das Qualitätsversprechen soll künftig auffälliger am
PoS transportiert werden. Darüber hinaus hatte der Polster- und
Boxspringspezialist einige Neuentwicklungen zu bieten, u.a.
„Pureo“ (oben), hier sorgen seitliche Wangen des Kopfteils, die
das Boxspringbett umschließen, für Geborgenheit. Darüber hinaus
punktete Ruf mit einer Vielzahl an neuen Stoffen in Cognac-, Aubergine-,
Grau-, Beige- und Erdtönen. Künftig wird der Bereich Design
und die Gestaltung der Messen, nach dem Weggang Sylvia Himmel, von
Philipp Drexler geleitet. Insgesamt sieht sich Ruf, nach Angaben von Geschäftsführer
Heiner Goossens (Foto), gut aufgestellt. Auch durch die Investment-Gruppe Waterland,
zu der Ruf gehört. Diese hatte erst im Mai den Belgier LS Bedding übernommen. Weitere
Akquisitionen sollen folgen. Ziel ist es, europaweiter Key Player im Bereich Schlafen zu werden.
Angepeilter Gesamtumsatz: 300 Mio. Euro. www.ruf-betten.de
Die Aussteller der Hausmesse
Süd hatten ihre Hausaufgaben
gemacht und präsentierten
den Verbänden und Einkäufern des
Möbelhandels exzellent vorbereitete
und ausgestaltete Ausstellungen. Die
besondere Qualität der Präsentation
und die große Marktbedeutung der
süddeutschen Möbelhersteller sind
das offene Erfolgsgeheimnis der
Hausmesse Süd. So konnten die Teilnehmer
dieses Jahr zum Teil sogar
deutlich mehr Anmeldungen und
Besucher verzeichnen wie in den
Jahren zuvor.
Auffallend war, dass einige
Möbelhersteller ebenfalls zeitgleich
mit der Hausmesse Süd ihre Ausstellungen
öffneten, aber unter
eigener Flagge. Hier wurde der
deutliche Wunsch formuliert, das
dies zukünftig wieder unter dem
Dach der Hausmesse Süd geschehen
sollte, um dem Handel die Tourenplanung
zu erleichtern.
Überragend war die Fülle an
Neuheiten und Weiterentwicklungen
die gezeigt wurden mit Quoten
von 15 bis 20 Prozent neuen Mo -
dellen und Konzepten auf den
Flächen. Es würde den Rahmen
hier sprengen, alle aufzuzählen.
Wer sich einen Eindruck über die
Highlights der diesjährigen Hausmesse
Süd verschaffen will, findet
seit Mitte November eine Übersicht
auf der Website.
Der nächste Messetermin steht
auch schon fest: Montag, 25. bis
Freitag, 29. September 2023.
www.hausmesse-sued.de
11/2022 möbel kultur 57
WESTFALEN
1
Meetingpoint
Energiekrise, Lieferengpässe, Preissteigerungen,
aber auch viele neue Produkte und Konzepte.
Es gab einiges zu besprechen auf der Möbelmesse
und in den Showrooms in Ostwestfalen. Der
persönliche Austausch bleibt das A und O
für gute Geschäfte.
Westfalen
2 1 Das Dunlopillo-Team um Geschäftsführer Christoph v.
Wrisberg (4.v.l.) konnte großes Interesse am interaktiven
Schlaftechnologie-Trio „Motion“ (siehe S. 66) verbuchen.
Ebenfalls auf positive Resonanz traf das E-Learning-Tool
für den Handel, das die Produkte kurz und knackig erklärt.
2 Freute sich darüber, wieder auf der M.O.W. auszustellen:
Jana Gäbler, Area Sales Manager Tenzo. Im Gepäck
hatte sie die neuen Trendfarben des Erfolgsprogramms
„Malibu“, die besonders gut bei den Einkäufern, unter
denen viele Exportkunden waren, ankamen.
3 „Unser Ideenreichtum wurde belohnt“, zog Finori-
Inhaber Stefan Finzel sein positives Fazit. Dazu gehörte
in erster Linie eine bezaubernde Baby-Kollektion, bei der
das Unternehmen ein Komplettpaket aus Möbeln inklusive
Teppichen und Textilien liefert. Garantiert TÜV-geprüft und
Ökotex-zertifiziert. Finzel betonte, dass es gerade jetzt
in den schwierigen Zeiten wichtig sei, dass Handel und
Industrie zueinander stehen. „Ich brauche Partner
auf Augenhöhe.“
3
60 möbel kultur 11/2022
4 „Es war leichter als gedacht“, sagt Monika Simon, die
Creative Soul der Berliner Möbelmarke Carla&Marge,
über die Kollektionsarbeit in diesem Jahr. Sie konnte
wieder zu internationalen Produktionspartnern reisen
und die Muster in den Fertigungen selbst begutachten
und so Details verbessern. Im Ergebnis präsentierte
sie fünf neue Kollektionen und ein geschärftes Profil
als Komplettanbieterin. 5 Start-up für Mitnahmemöbel
aus Griechenland: Ekowood. Das Unternehmen wurde
2020 gegründet und Ionna Giannakopoulou, Einkaufsabteilung,
setzt auf Lieferzeiten von 15 bis 20 Tagen.
5
6
7
4
8
9
6 „Wir wollen uns breiter aufstellen“, sagte
Xonox-Geschäftsführer Jürgen Drake. So gehören
auch Baumärkte zu den Kunden des noch
jungen Unternehmens, das zur Messe diverse
Typenprogramme vorstellte. Auch für den Eingangsbereich
zeigte Xonox schicke Lösungen,
um Sneaker & Co. zu verstauen.
7 Möbel aus Übersee in kleinen Bestellmengen
– das macht Quadrato attraktiv auch für
mittelständische Händler „Wir haben in den
nächsten Monaten noch so viel zu tun und
deshalb keine Zeit zum Jammern“, so Inhaber
Claudius Gansbühler.
8 Materialversorgung und Heizung sind zwei Knackpunkte in der Branche,
über die sich Mäusbacher-Geschäftsführer Marco Mäusbacher keine Gedanken
machen muss. Denn das erste habe die ganze Zeit über gut funktioniert
und geheizt werde mit Holzspänen. Stattdessen arbeitet das Unternehmen
konsequent weiter an seiner Nachhaltigkeitsstrategie sowie daran, die
Lieferfähigkeit stets zu gewährleisten. Hier sieht sich Mäusbacher als in
Deutschland fertigendes Unternehmen klar im Vorteil gegenüber Importeuren.
Neu zur M.O.W. gab es u. a. ein Regalsystem. 9 Zwei neue Wohnsysteme
stellte Stralsunder-Geschäftsführer Guido Krüger in Bad Salzuflen
aus. Für ihn gestaltet sich die Logistik immer schwieriger aufgrund der
Wartezeiten auf Zugmaschinen und des Personalmangels. 10 Ab sofort gibt
es in Bad Salzuflen eine Dauerausstellung von Inter Link. Geschäftsführer
Martin Link, hier mit seiner Frau, ließ die 900 qm große Fläche wie ein
Möbelhaus gestalten. So sind inspirierende Wohnbilder entstanden, die
vor allem auch farbige Akzente setzen, wie die Vitrinen in Himmelblau oder
Salbei. Das pastellige Grün gab es darüber hinaus auch bei Kindermöbeln.
10
11/2022 möbel kultur 61
WESTFALEN
Germania: Konsequent noch nachhaltiger werden
Ein echtesLeuchtturmthema
Das Plakat der 17 Nachhaltigkeitsziele der UN hing während der M.O.W. nicht ohne Grund an exponierter Stelle des
Germania-Standes. Denn auch wenn das Unternehmen – wie alle in der Branche – mit der Energiekrise und ihren
Auswirkungen zu kämpfen hat, bleibt es seiner strategischen Ausrichtung treu. Die „möbel kultur“ sprach mit Geschäftsführer
Christian Pauly und Peter Albat, neues Mitglied der erweiterten Geschäftsleitung Vertrieb, über ihre Pläne.
Links: Die neue
Verpackung
kommt ohne
Styropor aus.
Unten: Zwei
typische
Bei spiele aus
dem Bereich
„Welcome“, in
dem Germania
seine Stärken
voll ausspielen
kann.
möbel kultur: Herr Pauly, Herr Albat,
bereits im Vorfeld der M.O.W. haben Sie
eine neue Verpackung lanciert. Was ist
das Besondere daran?
Christian Pauly: Darin verwenden wir
kein Styropor. Daran haben wir lange
mit unserem Verpackungsdienstleister
getüftelt. Die verwendete
Pappe hat keine klassische Wabenstruktur,
denn die wäre zu hart,
sodass die Bauteile beim Transport
beschädigt würden.
Peter Albat: Das Besondere ist die
Wellen struktur, die dynamisch nachgibt,
sodass bei einem Stoß keine
Delle entsteht, wie beispielsweise bei
Styropor. Das macht die Verpackung
noch sicherer beim Transport.
möbel kultur: Werden alle Germania-
Möbel damit verpackt?
Christian Pauly: Alle Möbel, die jetzt
neu entwickelt werden, bekommen
automatisch diese neue Verpackung.
möbel kultur: Welche Vorgaben waren
dafür maßgeblich?
Christian Pauly: Die härtesten Anforderungen,
die man als Unternehmen in
Sachen Transport erfüllen kann, sind
die der Paketdienstleister. Deshalb
haben wir uns an deren Testvorgaben
gehalten. Aktuell gehen wir von einer
Reduktion der Transportschäden um
75 bis 80 Prozent aus, und verfügen
dazu auch noch über ein umweltverträglicheres
Material als Styropor.
möbel kultur: Gibt es bei der Verpackung
noch Grenzen?
Christian Pauly: Lediglich die Beschlagbeutel
sind noch aus Plastik. Wir sind
aber dabei, gemeinsam mit unserem
Zulieferer ein recyclingfähiges Material
zu entwickeln, das eine ähnlich
gute Reißfestigkeit aufweist.
möbel kultur: Wie hat der Handel auf die
neue Verpackung reagiert?
Christian Pauly: Großartig.
Peter Albat: Und zwar aus zwei Gründen,
zum einen weil sie nachhaltiger
ist, und zum anderen, weil sie noch
robuster und somit perfekt für längere
Versandwege ist und damit auch
die Omnichannel-Anbieter direkt
weiter aus ihren Lägern ausliefern
können.
möbel kultur: Muss der Handel dafür tiefer
in die Tasche greifen?
Peter Albat: Die neue Verpackung
ist schon etwas teurer, aber der
Mehrwert übertrifft deutlich das
Investment.
möbel kultur: Auch an Germania wird die
Energiekrise nicht spurlos vorbeiziehen.
Wirft Sie das in Ihren Nachhaltigkeitsbestrebungen
zurück?
Christian Pauly: Trotz allem was gerade
passiert, glaube ich, dass das Thema
Nachhaltigkeit sehr entscheidend für
die Zukunft sein wird. Unseren eingeschlagenen
Weg jetzt anzuhalten,
wäre deshalb ein strategischer Fehler.
64 möbel kultur 11/2022
Geschäftsführer
Christian Pauly (l.)
und Peter Albat,
Mitglied der erweiterten
Geschäftsleitung
Vertrieb, arbeiten
konsequent an den
17 UN-Nachhaltigkeitszielen.
In der Zeit nach der Krise würden
wir das bitterlich bereuen.
Peter Albat: Wir bekommen von
namhaften, großen Kunden ein
sehr positives Feedback auf unsere
Nachhaltigkeitsstrategie. Die meisten
sehen auch den Mehrwert und sind
inzwischen bereit, mehr dafür zu
zahlen.
Christian Pauly: Die neue Verpackung
hatte ich letztes Jahr schon angekündigt
und sie wird nun sehr gut
aufgenommen. Das ist ein echtes
Leuchtturmthema, über das viel diskutiert
wird. Gerade weil die Politik
viele Dinge in Sachen Klimawandel
zurückfährt, ist es so wichtig,
die Nachhaltigkeitsflagge in Sachen
Konsum weiter hochzuhalten. Ich
glaube, dass wir daraus mittelfristig
einen Wettbewerbsvorteil ziehen
werden. Zudem sehe ich es aber
auch als soziale Verantwortung an.
möbel kultur: Was haben Sie in Sachen
Ökologie als nächstes vor?
Christian Pauly: Aktuell beschäftigen
wir uns mit zwei größeren Themen,
das eine ist die Prüfung einer
Photovoltaikanlage und das andere
unsere Fahrzeugflotte, die auf neue
Antriebssysteme umgestellt wird.
Darüber hinaus arbeiten wir intensiv
an den 17 UN-Nachhaltigkeitszielen.
Damit ist sehr viel Detailarbeit verbunden,
ob es das Anschaffen von
Kaffeebechern ist, oder die Beleuchtung
im Betrieb, um nur zwei Beispiele
zu nennen. Ich glaube, dass
Es wäre ein
strategischer Fehler,
Nachhaltigkeit in der
Krise aus den Augen zu
verlieren.
Christian Pauly
die Orientierung daran schon in
absehbarer Zeit eine Grundvoraussetzung
wird, die der Handel von der
Industrie erwartet. Wir können allerdings
auch nicht alle Maßnahmen
auf einmal realisieren. Zumal wir
als weiteres Projekt gerade unseren
Showroom am Firmenstandort signifikant
vergrößern und komplett renovieren,
das heißt neue Böden werden
verlegt, die Elektrik und Beleuchtung
wird neu installiert, etc.
Peter Albat: Wir wollen eine Dauerausstellung,
die wir ganzjährig nutzen
können. Denn die Entwicklung
geht ganz klar zu immer individuelleren
Konzepten, gerade auch für
die Verbände.
möbel kultur: Die Branche befindet sich
zurzeit zwischen Transformation und Notfallplänen.
Wie stellt sich das für Sie dar?
Christian Pauly: Bei allen strategischen
Überlegungen müssen wir
abwägen, welche Themen nach
vorne getrieben werden, wie eben
Nachhaltigkeit, und welche jetzt eher
hinten anstehen. Dieses Ausbalancieren
ist genau der Knackpunkt.
Inwieweit bewegt man sich noch in
die Zukunft und inwieweit sagt man,
jetzt fahren wir auf Sicht.
Peter Albat: Schnell fallen einem
Schlagworte ein wie schnell, flexibel
und kundenorientiert arbeiten,
aber das trifft es. Kundenorientiert
bedeutet, auf die sich permanent
ändernden Marktgegebenheiten
reagieren zu können. Diese rasanten
und drastischen Veränderungen habe
ich bisher noch nicht erlebt, selbst
für Kollegen, die zehn oder zwanzig
Jahre länger im Unternehmen sind,
ist das völlig neu. Wir haben gute,
strategische Deals abgeschlossen mit
unseren großen Handelspartnern,
die aber nicht sofort laufen, sondern
die man sich über ein, zwei oder drei
Jahre aufbaut. Das wichtige ist, im
engen Austausch mit den Kunden zu
sein, um zu schauen, wo wir Dinge
anpassen müssen.
FACTS
❯ Germania Werk Krome GmbH & Co.
KG, Schützenstr. 88,
33189 Schlangen
❯ Geschäftsführer: Christian Pauly,
Peter Albat, erweiterte GL-Vertrieb
❯ Sortiment: Welcome (Garderoben),
Living (Kommoden, Vitrinen, Regale,
Ess- und Couchtische), Splash
(Badmöbel) und Office
❯ Mitarbeitende: 180
❯ Showroom: 650 qm am
Firmenstandort
❯ www.mygermania.com
möbel kultur: Was stimmt Sie
optimistisch?
Christian Pauly: Ich glaube, dass wir
es gerade in den letzten zweieinhalb
Jahren geschafft haben, eine
sehr gute Verbindung zum Handel
aufzubauen. Wir waren in der Pandemie
sehr zuverlässig, haben kaum
Liefertermine verschieben müssen,
weil die Warenverfügbarkeit gewährleistet
war und auch bei den Preisen
waren wir verbindlich. Wir haben
also viele unserer Stärken genutzt,
um ein gutes Standing aufzubauen.
Das können wir jetzt nutzen, um
gemeinsam mit dem Handel durch
diese Krise zu gehen. RITA BREER
11/2022 möbel kultur 65
ZKZ 4937
11 I 2022
SPECIAL
DIENSTLEISTER
Prozessketten optimieren
Mit Service
gewinnen
Foto: Hermes Einrichtungs Service
/// iAdvize: So funktioniert Kommunikation /// RMTsoft: Für mehr Tempo im Workflow
/// HES: „Wir liefern Begeisterung“ /// Diomex: Start ins Metaverse /// SHD & Hey.
Kitchen: Win-win-Effekte /// Ebay Kleinanzeigen PRO: Ladenfläche digital erweitern
DIENSTLEISTER
Foto: Shutterstock / Rawpixel.com
Service-Check
Kund:innen werden wieder anspruchsvoller. Durch die steigende
Inflation und die explodierenden Energiekosten sitzt das Geld nun
nicht mehr so locker und die Verbraucher:innen werden dadurch
preissensibler. Doch wie kommt der Möbelhandel trotzdem zum
Abschluss? Service kann hier der ausschlaggebende Faktor sein.
Sowohl der stationäre als auch der Online-Händler muss deshalb
seine derzeitige Prozesskette prüfen und gegebenenfalls bei manchen
Leistungen noch nachschärfen, um die Kund:innen in der konsumschwachen
Periode zu überzeugen. „Es kommt darauf an, dass
man die Kund:innen im richtigen Moment der Customer Journey
auf die passende Weise anspricht“, weiß Kommunikationsexperte
Cyril Catel, Market Lead DACH von iAdvize. „Es ist wichtig, aus Sicht
der Verbraucher:innen zu denken und daran, welche Erlebnisse
sie brauchen.“ Diomex erweitert mit einer neuen Technologie nun
das Möbelhaus um einen gewissen digitalen Komfort und eröffnet
der Möbelbranche damit den Weg ins Metaverse. Auch der Hermes
Einrichtungs Service hat seine Prozesskette im Blick. „Wir liefern
Begeisterung“ lautet das Motto. Um die Zufriedenheit der Kund:innen
bewerten zu können, hat sich die objektive Messgröße Net
Promoter Score (NPS) etabliert. Diese Themen und mehr lesen Sie
im exklusiven Dienstleister-Extra der „möbel kultur.
KRISTINA TAPKEN
Top-Themen
in diesem
Dienstleister-Special:
iAdvize: Die Dos and Don‘ts
der Kommunikation
RMTsoft: Für mehr Tempo
im Workflow
Ebay Kleinanzeigen: Lokale
Flächen digital erweitern
Iwofurn: Erfolgreich auf allen
Marktplätzen
Diomex: Start ins Metaverse
Proxess: Neues Release für
mehr Transparenz
ZUM TITEL
Die Kund:innen mit Freundlichkeit und Qualität
zu überzeugen, ist das oberste Ziel des Hermes
Einrichtungs Service (HES). Siehe S. 84
11/2022 möbel kultur 81
DIENSTLEISTER
Cyril Catel, Market Lead DACH von iAdvize (r.), und Antje Kaiser, Head of
Customer Care & Direct Vertrieb XXXLutz, erläuterten auf der K5 den Weg
des Möbelhändlers vom Live-Chat zur 360 Grad Omnichannel-Strategie.
iAdvize: Wie Kund:innen angesprochen werden wollen
Die Dos and Don‘ts der
Kommunikation
Telefon, E-Mail, Kontaktformular, Chat: Es gibt viele Wege für Unternehmen, sich mit
Kund:innen im Rahmen der Customer Journey auszutauschen. Doch sind die Angebote
auch das, was die Verbraucher:innen wollen und mit denen diese langfristig begeistert
werden können? Die „möbel kultur“ sprach mit dem digitalen Kommunikationsexperten
Cyril Catel, Market Lead DACH von iAdvize, über die Basics, die jeder Händler
beherzigen sollte, sowie darüber, wie iAdvize diese bei XXXLutz umgesetzt hat.
möbel kultur: Herr Catel, Sie sind Experte
für die Kommunikation von Unternehmen
mit Verbraucher:innen. Wie ist der deutsche
Möbelhandel in Bezug auf die digitale
Kundenansprache aufgestellt?
Cyril Catel: Ich habe den Eindruck,
dass er noch sehr vom Filialgeschäft
geprägt ist. So betreiben die
Unternehmen oftmals noch separate
Kundenservices für das Onund
Offline-Geschäft. Menschen,
die bei dem Händler etwas kaufen,
wollen diesbezüglich aber keine
Unterscheidung treffen, da sie auf
beiden Kanälen einkaufen. Ihnen
ist es wichtig, einen Ansprechpartner
zu haben und diesen schnell
erreichen zu können, anstatt nach
der korrekten Kontaktmöglichkeit
für ihr Anliegen zu suchen. Diese
Verzahnung von E-Commerce und
stationärem Geschäft ist bei vielen
Anbietern ausbaufähig.
möbel kultur: Warum ist es für die
Unternehmen so wichtig, bei der Kommunikation
moderne, digitale Prozesse
einzuführen?
Cyril Catel: Jede Firma muss mit der
Zeit gehen. Und dafür sollten sie
sich heute eigentlich schon überlegen,
was Kund:innen morgen
wollen. Denn wenn sie sich heute
erst Gedanken darüber machen,
was die Verbraucher:innen jetzt
wollen, ist es dafür schon zu spät.
Nehmen wir das Beispiel des Kundenservices:
Heute kommunizieren
die Menschen privat hauptsächlich
über Messaging-Kanäle wie zum
Beispiel Whats App. Laut einer Studie
ist für 74 Prozent der Kund:innen
Foto: K5
die Wertschätzung ihrer Zeit das
wichtigste beim Support. Wenn
die Verbraucher:innen aber lange
in Warteschleifen am Telefon hängen,
sind sie unzufrieden. Sie wollen
auch mit Unternehmen über
Messaging-Kanäle kommunizieren,
weil das einfach ist. Und doch laufen
aktuell 60 Prozent der Kundenkontakte
über das Telefon. Das heißt,
es gibt eine große Diskrepanz zwischen
dem, was Verbraucher:innen
wollen und dem, was Unternehmen
ihnen als Kommunikationskanäle
anbieten. Ich glaube, wenn
Firmen nicht reagieren, riskieren
sie unzufriedene Kund:innen. Deshalb
ist es wichtig, dass sie sich mit
modernen Prozessen beschäftigen.
Der entscheidende Punkt ist es, den
richtigen Kommunikations kanal
im richtigen Moment einzusetzen.
Dafür muss eine einheitliche Konversations-Plattform
installiert werden,
die diese Kanäle dann auch
ermöglicht.
möbel kultur: Was sind die Basics, über
die jeder Möbelhändler verfügen sollte,
um seinen Kund:innen mit Blick auf die
Beratung und den Kundenservice eine
gute Customer Journey bieten zu können?
Cyril Catel: Hier sollten Händler Kommunikationskanäle
aufführen, die
aus Kundensicht wichtig sind. Viele
Unternehmen haben inzwischen
verstanden, dass die Telefonnummer,
E-Mail-Adresse und das Kontaktformular
nicht mehr ausreichen.
Deshalb gibt es mehrere Firmen, die
bereits einen Live-Chat eingeführt
haben. Aber die Basics hat man damit
– meiner Meinung nach – noch nicht
abgedeckt. Es kommt vielmehr darauf
an, dass man die Kund:innen im richtigen
Moment der Customer Journey
auf die passende Weise anspricht. Die
Basis dafür ist eine durchdachte Konversationsstrategie.
Diese umfasst das
Conversational Marketing, also wenn
die Konversationsstrategien dabei helfen,
neue Kund:innen zu generieren.
Dazu gehören beispielsweise Live-
Shopping oder Produktberatung via
Chat. Außerdem zählt das Conversational
Commerce dazu, sprich wenn
die Konversation direkt eine Umsatzsteigerung
nach sich zieht. Das heißt,
dass man beispielsweise einen Chat
im Checkout-Prozess führt, damit
Verbraucher:innen den Kaufprozess
nicht abbrechen. Und nicht zuletzt
gehört auch der Conversational Support
dazu, also wenn es darum geht,
Käufer:innen im Bereich After Sales
zu unterstützen. Dort gibt es dann
meistens Chatbots. Zusammenfassend
sind die Basics, dass die Kommunikationskanäle
entlang der gesamten
Customer Journey richtig eingesetzt
werden.
möbel kultur: Und was sind die größten
Fehler, die Unternehmen da machen
können?
Cyril Catel: Schwierige Frage, weil es
so viele Fehler gibt, die man machen
kann. Ich glaube, der Größte ist es
zu denken, dass wenn man eine
Funktionalität anbietet, der Job erledigt
sei. Vielmehr ist es wichtig, aus
Sicht der Verbraucher:innen zu denken
und daran, welche Erlebnisse
sie brauchen. Außerdem sollten sich
die Unternehmen nicht nur an der
eigenen Struktur orientieren. Wie
82 möbel kultur 11/2022
Entwicklung des Konservations-Volumens bei der XXXLutz-Gruppe
Die Corona-Pandemie führte zu einem veränderten Kaufverhalten und hohe Erwartungen an die Customer Experience
18 Shops
2018 starteten die XXXLutz-Gruppe und iAdvize
mit dem Live-Chat auf XXXLutz und Mömax in
Deutschland und Österreich. In einem Shop sollte
damit mehr verkauft und in dem anderen der
Kundenservice entlastet werden. Vier Jahre
später betreibt das Unternehmen den Live-Chat
von iAdvize in 18 online Shops mit vier Marken in
mehr als 10 Ländern.
+
Feb. 18 Jun. 18 Okt. 18 Feb. 19 Jun. 19 Okt. 19 Feb. 20 Jun. 20 Okt. 20 Feb. 21 Jun. 21 Okt. 21 Febr. 22
15 Shops
Grafik: iAdvize / XXXLutz
erwähnt ist es Kund:innen egal, ob
ein Artikel in den Online- oder stationären
Umsatz fließt. Sie wollen ein
tolles Erlebnis mit der Marke haben.
Und dazu gehört die Kommunikation.
Der größte Fehler wäre es, dass man
bestimmte Kommunikationskanäle
anbietet, weil ein Unternehmen entsprechend
strukturiert ist und nicht,
weil die Kund:innen es so wollen
oder benötigen. Händler sollten eine
einheitliche Konversationsstrategie
haben, durch die sie On- und Offline-
Käufer:innen bei den Kommunikationskanälen
gleich bedienen.
möbel kultur: iAdvize hat unter anderem
XXXLutz beim Aufbau der digitalen Strategie
unterstützt, wie gemeinsam in einem
Vortrag auf der K5 erklärt wurde. Wie
sieht diese genau aus? Und wer soll damit
angesprochen werden?
Cyril Catel: XXXLutz hat 2018 angefangen,
den Live-Chat von iAdvize
einzusetzen. Endkund:innen können
über den Chat damit sowohl
Produktberatungen erhalten als auch
den Kundenservice für After-Sales-
Anfragen kontaktieren. Mittlerweile
setzen 18 Onlineshops der
XXXLutz-Gruppe in mehr als zehn
Ländern unsere Software ein. Für
die Zukunft haben wir noch viele
Ideen, die noch umgesetzt werden.
Mit unseren Lösungen kann ein
Unternehmen bestimmen, unter
welchen Voraussetzungen Kund:innen
per Chat angesprochen werden
sollen. Zum Beispiel macht es wenig
Sinn, diese zu beraten, wenn sie sich
günstige Produkte wie einfache Kerzen
anschauen. Bei Möbeln dagegen
schon, weil der Preis höher ist. Wir
helfen den Anbietern dabei, die
„umsatzstärksten“ Kund:innen in
ihren Onlineshops zu erkennen und
diese im richtigen Moment anzusprechen.
Das ist vergleichbar mit
einem stationären Geschäft, in dem
Fachverkäufer:innen an die Verbraucher:innen
herantreten, weil diese
erkannt haben, dass die Kund:innen
Interesse an einem Produkt haben,
aber nicht allein den Weg zur Kasse
finden. Und das übertragen wir
seit mehr als zehn Jahren auf das
E-Commerce.
möbel kultur: In dem Vortrag auf der
K5 hieß es, dass der durchschnittliche
Warenkorb bei XXXLutz im Schnitt verdreifacht
wurde. Wie kommt das und welche
Erfolge gibt es noch?
Cyril Catel: Ja, das stimmt – und
zwar bei den Chat-Kund:innen. Das
liegt daran, dass wir beim Chat
den Fokus auf Kund:innen legen,
die ohne eine solche Konversation
nicht kaufen würden. Neben einer
Steigerung des Umsatzes konnte
unter anderem ein Anstieg der Conversion
Rate und des Net Promoter
Scores erzielt werden.
möbel kultur: Gibt es weitere Beispiele
von Unternehmen, die eine Ansprache
der Kund:innen auf allen Kanälen optimal
beherrschen?
Cyril Catel: Ja, natürlich, verschiedene
Unternehmen der Lutz-Gruppe wie
Mömax oder Möbelix, oder, wenn
wir in der Möbelbranche bleiben,
nutzen auch Porta und Möbel Boss
iAdvize. Wir arbeiten mit vielen
Branchen zusammen. Die der Energie
beispielsweise nutzt zunehmend
unsere Plattform – insbesondere
für Whatsapp und Chatbots, da sie
einen hohen Kostendruck in Bezug
auf das Kontaktvolumen haben. Ein
Vorbild aus Frankreich FNAC Darty,
das französische Pendant zu Media
Markt oder Saturn. Dort sind Verkäufer:innen
aus den Filialen per Video-
Chat verfügbar und ergänzen die
Mitarbeiter:innen im Kundenservice
– beispielsweise wenn sie ein
Produkt im Video-Chat vorstellen.
Die Gruppe nutzt Chats und Video-
Chats zum Verkaufen, aber auch für
After-Sales-Anliegen. Mittlerweile
sind Chats dort der zweitwichtigste
Kommunikationskanal, wohingegen
sich ihr E-Mail-Volumen durch drei
dividiert hat.
möbel kultur: Welche Entwicklungen hat
iAdvize als nächstes geplant?
Cyril Catel: Wir haben einiges vor.
Aktuell arbeiten wir an einem Conversational
Store, also die Möglichkeit
Video-Chat und Georouting zu
nutzen, um mit der nächstgelegenen
Filiale zu chatten. Zudem haben wir
im vergangenen Jahr die Technologie
„Aploze“ für Live-Shopping gekauft,
durch die wir es Möbelhändlern
ermöglichen, nicht nur Live-Shopping-Events
zu veranstalten, sondern
auch Kundendaten für weitere Marketingzwecke
zu sammeln und – was
besonders spannend ist – Live-Chats
auch dann anzubieten, wenn die
Aufzeichnung des Shopping-Events
erst später spontan im Video angeschaut
wird. Das ist bislang einmalig.
möbel kultur: Müssen dann quasi rund
um die Uhr Mitarbeiter:innen für den Chat
parat stehen?
Cyril Catel: Jein. Manche Unternehmen
arbeiten neben den eigenen
Mitarbeiter:innen mit Experten der
Ibbü-Community zusammen, die
diese Arbeit auf selbstständiger Basis
übernehmen und in der Regel pro
Konversation vergütet werden. Das
bietet eine hohe Flexibilität.
DORIS SCHMIDT
www.iadvize.com
11/2022 möbel kultur 83
1
FEHLT IHNEN DA
AUCH WAS?
A LLIANCE. WIR
SCHLIESSEN
DIE LÜCKEN.
H NDEL
FÖRDERN
RUNDUM BESTENS VERSORGT
Für das Extra im Premium-Service:
Eines der vielen Dinge, die der Alliance-Verband
und Möbel Debbeler gemeinsam haben.
Über 90 Jahre Tradition im Familienbesitz,
45 Mitarbeiter:innen und zwei Geschäftshäuser –
Möbel Debbeler aus Visbek ist mittlerweile auch
überregional zu einer echten Größe im Möbel- und
Küchengeschäft geworden. Georg Debbeler,
Geschäftsführer in dritter Generation, setzt dabei
auf Kontinuität in der Zusammenarbeit und das
Leistungsangebot des Alliance-Verbands:
„Wir haben mit unserem umfangreichen Sortiment
an Möbeln und Küchen sowie zahlreichen Services
einiges zu koordinieren. Mit dem Alliance-Verband
können wir auf einen starken Partner zählen, der
nicht nur operativ, sondern auch strategisch immer
wieder wertvolle Unterstützung liefert. Vom
Einkauf bis zum Marketing bekommen wir hier
genau das, was wir benötigen, um den Rücken frei
zu haben für unser Kerngeschäft.“
Beim Alliance-Verband erhalten Sie als Gesellschafter:in
Zugriff auf zahlreiche Dienstleistungen
rund um Einkauf, Marketing und Organisation.
Dazu zählen zum Beispiel Services zu Digitalisierung
und Online-Marketing, umsatzstarke Eigenmarken,
beste Einkaufskonditionen und ein umfassendes
Netzwerk. Besuchen Sie uns Online, erfahren Sie
mehr über unser starkes Leistungsangebot und
werden auch Sie Teil des stärksten Teams für die
Möbelbranche.
www.alliance.de • +49 (0) 2226 904-0