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Bertel-Express 49

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COVER<br />

1


EDITORIAL<br />

Vorwort und Inhaltsverzeichnis<br />

Liebe Leserinnen und Leser,<br />

Willkommen zur neuen Ausgabe des <strong>Bertel</strong>-<strong>Express</strong>es.<br />

Es weihnachtet schon sehr! Deswegen widmen wir uns in dieser Ausgabe auch ausgiebig dem Fest<br />

der Liebe mit passenden Weihnachtsgeschichten um Donni Duck. Aber auch der Grusel soll nicht<br />

zu kurz kommen, denn erst vor gut einem Monat war Halloween. Was Micky, Goofy und Donald im<br />

„Haus der Sieben Gespenster“ erlebt haben, lest ihr im 2. Teil der Gottfredson-Rezensionen. Außerdem<br />

haben wir mit Daan Jippes und Marco Gervasio wieder zwei populäre Zeichner interviewt. Da<br />

bleibt nur noch zu sagen: angenehmes Schmökern und frohe Weihnachten!<br />

Leider aber trauern wir auch um einen sehr wichtigen Autor: Am 21. September, seinem 69.<br />

Geburtstag, ist François Corteggiani gestorben. Wir verneigen uns vor seinem Werk<br />

und wünschen euch, trotz dieser Nachricht, viel Spaß beim Lesen!<br />

An dieser Stelle möchten wir außerdem noch darauf hinweisen, dass wir aus<br />

terminlichen Gründen leider den Comic aus der Vorschau der letzten<br />

Ausgabe austauschen mussten. Ihr werdet ihn aber noch zu lesen bekommen.<br />

Die <strong>Bertel</strong>-<strong>Express</strong> ReDUCKtion<br />

2 EDITORIAL<br />

3 CARTOON: Was läuft gerade in Entenhausen<br />

4 EINBLICKE in die Redaktion: Wie entstand das Cover dieser Ausgabe?<br />

5 COMIC: „Dreist innovativ“<br />

6 REZENSION: Wunderbares Weihnachtsfest<br />

8 GESCHICHTE: Gute Taten<br />

15 INTERVIEW: Daan Jippes<br />

23 ILLUSTRATION: Tooor!<br />

24 COMIC: „Der Gehrock“<br />

34 ILLUSTRATION: „Onkel Dagobert und der Geist der<br />

Weihnacht“<br />

37 REZENSION: Das Haus der Sieben Gespenster<br />

42 ILLUSTRATION: „Die zwei Herzen des Klondike“<br />

43 ILLUSTRATION: „Frohes Fest!“<br />

44 INTERVIEW: Marco Gervasio<br />

48 GESCHICHTE: Weihnachten – Next Generation<br />

60 NACHRUF: François Corteggiani<br />

63 INTERNES: Leserbriefe<br />

64 LYRICS: From All of Us to All of You –<br />

Wir wünschen euch ein frohes Fest<br />

67 IMPRESSUM<br />

2


CARTOON<br />

Was läuft gerade in Entenhausen<br />

Zeichnungen: Silvia Ziche, Übersetzung: Luis Bärenfaller<br />

3


EINBLICKE …<br />

… in die Redaktion: Wie entstand das Cover dieser Ausgabe?<br />

ENTSTEHUNG DES COVERS<br />

von Spectaculus<br />

uch – die nächste Ausgabe ist eine<br />

Weihnachtsausgabe! Es muss schnell<br />

etwas Weihnachtliches her! So lautete<br />

die Devise im <strong>Bertel</strong>-<strong>Express</strong>-Redaktionsforum.<br />

Ich begab mich also in die Untiefen eines sozialen<br />

Netzwerks, dessen Name mit „T“ beginnt<br />

und nicht mit „witter“ endet. Und siehe da: Sehr<br />

schnell wurde ich fündig. Das Covermotiv<br />

stammt von einer amerikanischen Fernsehprogrammzeitschrift<br />

aus dem Jahr 1951 und vereint<br />

Disneyfiguren, die man nicht so oft zusammen<br />

sieht: Donald, Micky, Goofy, Pluto und drei der<br />

Sieben Zwerge (Doc, Brummbär und Seppl). Zudem<br />

hat es eine attraktive Szenerie zu bieten.<br />

Es gibt nur ein paar Probleme. Erstens sehen<br />

Donald und Goofy (und zu einem geringeren<br />

Grad Micky) nicht so großartig aus – wer auch<br />

immer das gezeichnet hat, hatte offensichtlich<br />

nicht so viel Erfahrung mit diesen Figuren.<br />

Zweitens ist die Qualität des vorliegenden<br />

Scans doch ziemlich bescheiden. Mittels künstlicher<br />

Intelligenz kann man zwar mittlerweile<br />

Bilder hochrechnen, aber an den grundlegenden<br />

Problemen ändert das noch nichts, zu denen<br />

auch noch die wegzuretuschierende Schrift<br />

gehört und die zeittypisch auf schwarz-rot-weiß<br />

begrenzte Farbpalette.<br />

genauer ran und habe Donalds Schwanenhals<br />

sowie Goofys breite Nase auf ein vertretbares<br />

Maß reduziert; außerdem Donalds Schnabel an<br />

den von Giorgio Cavazzano und Andrea<br />

Freccero geprägten Coverstandard angepasst.<br />

Der rundliche, kleine Fernseher ist dagegen<br />

dem Original nachempfunden – es muss ja nicht<br />

alles modernisiert werden.<br />

Bei der Kolorierung der Kleidung der Zwerge<br />

habe ich mich an den Schneewittchen-Geschichten<br />

von Romano Scarpa orientiert.<br />

Etwas Kopfzerbrechen bereitete mir auch noch<br />

die Platzaufteilung, denn die Fernsehzeitschrift<br />

war deutlich schmaler als das BE-Format. Wenn<br />

ich nur den Himmel abgeschnitten hätte, wäre<br />

nicht mehr allzu viel Platz für das BE-Logo geblieben.<br />

Also musste unten ein Stück des Bilds<br />

dran glauben, sodass das Motiv seine Proportionen<br />

bewahren konnte. Insgesamt war es eine<br />

spaßige Aufgabe, ein existierendes Motiv auf<br />

diese Weise sozusagen zu „restaurieren“ und<br />

ich denke, das Ergebnis kann sich sehen lassen.<br />

Für mich war daher schnell klar, dass der eleganteste<br />

Weg, aus dem Motiv etwas Brauchbares<br />

herauszuholen, der wäre, das Bild einfach<br />

noch einmal neu zu zeichnen.<br />

Ein Großteil des Covers ist also in der Tat einfach<br />

noch einmal digital neu getuscht, bei Donald<br />

und Goofy musste ich natürlich noch mal etwas<br />

4


COMIC<br />

„Dreist innovativ“<br />

Story, Zeichnungen und Kolorierung: Spectaculus (Entstehung: 2020)<br />

5


REZENSION<br />

Wunderbares Weihnachtsfest<br />

Wunderbares Weihnachtsfest<br />

– eine Rezension von Duck-Mouse-Forscher<br />

D<br />

ie Geschichte „Wunderbares Weihnachtsfest“<br />

entstand 1998 und wurde<br />

von Jan Gulbransson geschrieben und<br />

gezeichnet.<br />

Inducks gibt an, Gulbransson hätte geschrieben<br />

und gezeichnet, während das 2018 erschienene<br />

Buch „Donald Duck von Jan Gulbransson“ angibt,<br />

dass nicht nur Gulbransson allein an der<br />

Geschichte beteiligt war, sondern das Gulbranssons<br />

Freund Rob Klein die Geschichte<br />

auch mit textete. Gulbransson selbst äußerte<br />

sich nicht dazu. Nach einer Anfrage äußerte Rob<br />

Klein sich dazu und teilte dem BE mit, dass er<br />

zwar mit Gulbransson über die Handlung redete,<br />

er jedoch kaum zum Skript beigetragen<br />

habe. Getuscht wurde die 10-seitige Gagstory<br />

vom Spanier Ferran Rodriguez. Die Erstveröffentlichung<br />

fand aber erst am 20. November<br />

2010 im Micky Maus-Magazin Nr. 51/2010 statt.<br />

Danach wurde die Geschichte noch im Lustigen<br />

Taschenbuch Advent Nr. 2 aus dem Jahr 2016<br />

und im schon erwähnten Hardcover-Band „Donald<br />

Duck von Jan Gulbransson“ aus dem Jahr<br />

2018 veröffentlicht. Obwohl Gulbransson Deutscher<br />

ist, wurde diese Geschichte auf Englisch<br />

verfasst. Das könnte vielleicht auch ein Hinweis<br />

darauf sein, dass der US-Amerikaner Rob Klein<br />

an der Abfassung der Texte beteiligt war. Doch<br />

nun zur Handlung:<br />

Donald und Tick, Trick und Track machen Weihnachtsurlaub<br />

im hohen Norden. Als Donald Äxte<br />

und Seile holen will, bemerken Tick, Trick und<br />

Track, dass in Donalds Jackentasche noch ihr<br />

Brief an den Weihnachtsmann ist. Heute ist Heiligabend.<br />

Also hat Donald ihn vergessen. Er<br />

meint zu Tick, Trick und Track, er würde den<br />

Weihnachtsmann finden, um den Brief mit den<br />

Wünschen an den Weihnachtsmann noch abzugeben.<br />

Eigentlich macht er das Ganze nur,<br />

damit die Kinder weiterhin an den Weihnachtsmann<br />

glauben, die eigentlichen Geschenke hat<br />

er nämlich schon besorgt. Donald hat aber vor,<br />

einen Elch für das Weihnachtsessen zu erlegen.<br />

Donald stellt also eine Falle auf. Als er gerade<br />

auf den Elch wartet, fährt der „echte“ Weihnachtsmann<br />

auf Donald zu und stößt mit ihm<br />

zusammen. Der Weihnachtsmann klemmt sich<br />

in der Falle den Fuß ein. Die Kinder kommen angerannt,<br />

da sie den Ruf „Au! Mein Fuß!“ gehört<br />

haben. Die Kinder meinen, dass es der Weihnachtsmann<br />

war, doch Donald streitet<br />

dies ab. Der Weihnachtsmann hat jedoch<br />

zwei Geschenke verloren: Das eine ist für<br />

Professor Vollbart und das andere für<br />

Hügel-Hugos Kinder. Donald will Professor<br />

Vollbart das Geschenk geben, während<br />

die Kinder das Geschenk zu Hügel-<br />

Hugo bringen. Jedoch hasst Professor<br />

Vollbart Weihnachten und bewirft Donald<br />

mit so einigem Zeug. Als Donald gerade<br />

gehen will, merkt er, dass er einen<br />

Zettel in der Hand hat. Auf diesem steht:<br />

„Nick Klaus, Polarsternschlucht“. Donald<br />

meint, dass dieser Nick vielleicht den<br />

Weihnachtsmann spielen könnte. Tick,<br />

6


REZENSION<br />

Wunderbares Weihnachtsfest<br />

Trick und Track haben auch kein Glück: Hügel-<br />

Hugo vertreibt Tick, Trick und Track mit einem<br />

Gewehr. Die Kinder versuchen, bei Hugos Kindern<br />

anzuklopfen, doch diese hassen Weihnachten<br />

genauso wie ihr Vater. Tick, Trick und<br />

Track singen „Stille Nacht“. Hügel-Hugo und<br />

seine Kinder denken sich „Sie meinen es wirklich<br />

gut!“. Donald hat schließlich auch Nick Klaus<br />

überredet, den Weihnachtsmann zu spielen.<br />

Tatsächlich gibt sich Nick Klaus gegenüber den<br />

Kindern als der echte Weihnachtsmann zu erkennen<br />

und bittet sie, Donald nichts zu sagen.<br />

So geht am Ende alles gut<br />

aus.<br />

schöne Weihnachtsgeschichte. Besonders bemerkenswert<br />

ist die Schluss-Pointe: Donald<br />

möchte – wie alle Erwachsenen –, dass die Kinder<br />

an einen echten Weihnachtsmann glauben.<br />

Am Ende stellt sich heraus, dass es den Weihnachtsmann<br />

„wirklich“ gibt und die Kinder sollen<br />

Donald in dem Glauben lassen, dass es ihn nicht<br />

gibt. So wird wieder einmal die offenbare Überlegenheit<br />

der Erwachsenen (Donald) gegenüber<br />

Kindern (die Neffen) umgekehrt. Lese-<br />

Empfehlung!<br />

Was mir noch aufgefallen<br />

ist, ist, dass Hügel-Hugos<br />

Kinder den Kindern aus<br />

dem Carl-Barks-Meisterwerk<br />

„Weihnachten für<br />

Kummersdorf“ sehr stark<br />

ähneln. Außerdem ist<br />

„Nick Klaus“ natürlich eine<br />

lustige Anspielung auf<br />

„Nikolaus“.<br />

Meine Meinung zu dieser<br />

Geschichte: Sie hört sich<br />

vielleicht ein bisschen absurd<br />

an. So kommt es einem<br />

auch vor, wenn man<br />

die Geschichte erstmals<br />

liest. Aber eigentlich ist es<br />

eine sehr lustige und<br />

Inspiration bei der Panelgestaltung fand<br />

Gulbransson bei Barks:<br />

(Bild von Boemund von Hunoltstein)<br />

7


GESCHICHTE<br />

„Gute Taten“<br />

„GUTE TATEN“ – Eine Geschichte<br />

zu weihnachten<br />

von Ideeus (Text) und Spectaculus (Bilder)<br />

A<br />

uch in Quackhausen naht wieder einmal<br />

das Weihnachtsfest und wie viele<br />

andere seiner Altersgenossen treibt<br />

auch den jungen Donald, genannt Donni, nur<br />

eine Sorge um. „Du uuuu? Omilein?“ „Ja, Donni?“<br />

„Bald ist doch Heiligabend. Schenkst du mir<br />

dann das Entensteiß-Raumschiff mit originalgetreuer<br />

Besatzung, das ich mir wünsche?“ „Für<br />

Geschenke ist um diese Jahreszeit der Weihnachtsmann<br />

zuständig. Wenn du das Jahr über<br />

brav gewesen bist, bekommst du sicher dein<br />

Geschenk.“ „Urgh!!!“ „Dir ist wohl wieder eingefallen,<br />

dass du dir das ganze Jahr über so einiges<br />

an Schandtaten geleistet hast.“ „Aber nicht<br />

mit Absicht.“ „Was war, als du deinen Freunden<br />

eingeredet hast, dass deine neue Lehrerin, das<br />

reizende Fräulein Lätitia, eine Hexe sei?“ „Laut<br />

meinem ‚Monsterjäger‘-Magazin waren die Anzeichen<br />

aber eindeutig.“ „Und als du dachtest,<br />

du müsstest den Weihnachtsmann vertreten,<br />

und all unsere Mitbürger mit Kohle bedenken,<br />

die dich je einmal getadelt haben?“ „Naja, ich…“<br />

„Unser armer Bürgermeister Bückling musste<br />

die Suppe dann auslöffeln, weil alle ihn als unseren<br />

städtischen Weihnachtsmann in Verdacht<br />

hatten.“ „Aber…“ „Ich fürchte, wir müssen es dem<br />

Weihnachtsmann überlassen, wie sein Urteil<br />

über dich ausfällt.“ „Seufz!“ „Wasch dir jetzt bitte<br />

die Hände. Es gibt gleich Abendbrot und danach<br />

deinen geliebten Apfelkuchen mit Zimt<br />

zum Dessert.“ Donni ging wie ihm geheißen, war<br />

aber wenig frohen Herzens. „Natürlich bekommt<br />

er sein Spielzeug, aber es schadet ihm<br />

nicht, wenn er seine Taten einmal gründlich<br />

überdenkt. Ich habe den kleinen Kerl von Herzen<br />

lieb, aber was soll nur in Zukunft aus ihm<br />

werden, wenn er ständig derart kopflos handelt?“,<br />

dachte Oma Duck im Stillen.<br />

Den ganzen Abend stocherte Donni lustlos in<br />

seinem Essen herum. Auch der Kuchen wollte<br />

ihm nicht so recht schmecken, obwohl seine<br />

Oma sich wieder einmal selbst übertroffen<br />

hatte und er ansonsten wahrlich kein schlechter<br />

Esser war. Gesenkten Hauptes bat er an diesem<br />

Abend darum, einmal früher zu Bett gehen zu<br />

dürfen und Oma Duck begann darüber nachzudenken,<br />

ob sie ihren Enkelsohn vielleicht zu<br />

sehr entmutigt hatte, als sie in ihrem Schaukelstuhl<br />

saß und an den weihnachtlichen Strümpfen<br />

für den Kamin strickte. Aber weit gefehlt.<br />

„Kikeriki-iiiiii!“ Der Morgen war herangebrochen<br />

und Oma Duck setzte wie üblich mit dem ersten<br />

Hahnenschrei ihre Füße in die Pantoffel, die neben<br />

ihrem Bett standen. Gähnend stieg sie die<br />

8


GESCHICHTE<br />

„Gute Taten“<br />

Treppen zur Küche hinab, um Donni das Frühstück<br />

zuzubereiten, der zu dieser Tageszeit<br />

noch laut schnarchend an seinem Kissen<br />

horchte. Aber als sie die Küche betrat, bot sich<br />

ihr ein Anblick, wie sie ihn noch nie erlebt hatte.<br />

Sie war unfähig, in Worte zu fassen, was sich vor<br />

ihren Augen abspielte. Zuallererst erblickte sie<br />

Donni. Hellwach. Zu einer Tageszeit, zu der er<br />

ansonsten höchstens munter war, wenn die<br />

Neujahrsfeier sich bis in die frühen Morgenstunden<br />

zog. Mit ihrer Schürze. Wahrscheinlich. Das<br />

ließ sich im Moment jedenfalls nicht genau sagen.<br />

Sie hatte so ziemlich alle Farben in sich aufgesogen,<br />

die der Inhalt des Kühlschranks nur<br />

hergab. Er war dabei, den krustigen Inhalt einer<br />

Pfanne auf einen Teller zu übertragen, wobei<br />

man beim besten Willen nicht sagen konnte,<br />

was genau er da zusammengerührt hatte. Auf<br />

jeden Fall wies die Speise einen kräftigen<br />

Braunton auf und er schien keinerlei Aufwand<br />

gescheut zu haben. So ziemlich jede Schüssel<br />

und Pfanne, jeder Teller und Topf und jedwedes<br />

sonstige Küchenutensil mussten für die Zubereitung<br />

hergehalten haben.<br />

„Donni, was um alles in der Welt…“ „Guten Morgen,<br />

Oma. Setz dich doch. Ich habe für uns Frühstück<br />

gemacht. Du plagst dich immer so für uns<br />

ab, da wollte ich einmal…“ „Was? Dafür sorgen,<br />

dass ich die Küche renovieren muss?“ Oma<br />

Duck wurde ganz anders und sie musste sich<br />

setzen. „Hier, Oma. Ich habe dir frischen Fruchtsaft<br />

ausgepresst.“ „Danke. Moment mal. Wir hatten<br />

doch gar keine Orangen im Haus. Was hast<br />

du stattdessen… spotz.“ Ihr Gesicht verzog sich<br />

angewidert zu einer Grimasse. „Naja, Zitronen<br />

sind doch so etwas Ähnliches wie Orangen, von<br />

wegen Vitamin C und so. Aber hier, nimm ein<br />

paar Bissen, dann wirst du dich gleich besser<br />

fühlen.“ Oma Duck schloss mit der Welt ab. Sie<br />

wusste, ihr Enkel meinte es gut. Musste er einfach,<br />

denn für einen Streich war die Angelegenheit<br />

schlicht zu abscheulich. Was immer jetzt<br />

noch kommen würde, sie würde es ertragen wie<br />

eine Frau von echtem Schrot und Korn. Mit einem<br />

breiten Lächeln im Gesicht stellte Donni<br />

den Teller, den er vorhin mit der dunkelbraunen<br />

Masse angereichert hatte, vor seiner Großmutter<br />

ab und reichte ihr eine Gabel. Vorsichtig<br />

stach sie damit ein Stück am äußersten Rand<br />

der Speise ab und führte es zu ihrem Mund. Es<br />

roch einfach unbeschreiblich und auch wenn<br />

sie sich noch so sehr mühte, die Masse an ihrer<br />

Zunge vorbei zu bugsieren, misslang der Versuch<br />

und sie sah in Donnis treusorgende Augen,<br />

als sich ihr voller Geschmack entfaltete. „Sind<br />

das Gewürznelken? Und Ketchup?“ „So genau<br />

weiß ich das nicht mehr. Ich hab alles reingetan,<br />

was interessant aussah. Auf jeden Fall sind die<br />

Eier ganz frisch von unseren Hühnern.“ „Knirsch!<br />

Sogar mit Schale.“ „Aber nur ganz wenig. Die<br />

sind mir versehentlich reingeraten. Aber die sind<br />

im Grunde ja Ka… Kalki… Kalzium. Das war doch<br />

richtig brav von mir. Meinst du, der Weihnachtsmann<br />

liefert mir jetzt ganz sicher meine Bestellung?“<br />

„Wurgs!“ So schnell sie konnte, rannte<br />

Oma Duck nach draußen, um dem Unvermeidlichen<br />

zu seinem Recht zu verhelfen. „Was hat<br />

sie denn? Ob die Essiggürkchen schlecht waren?“<br />

Wir überspringen jetzt die weiteren Versuche<br />

Donnis, den Weihnachtsmann von sich zu überzeugen<br />

und werfen direkt einen Blick auf den<br />

vierundzwanzigsten Dezember, Heiligabend.<br />

Oma Duck hat ihr Elektromobil bestiegen, um<br />

einer alten Freundin einen Besuch abzustatten<br />

und ihr ihre Weihnachtsplätzchen aufzuwarten.<br />

Dachte Donni. In Wahrheit war sie auf dem Weg<br />

in die Stadt, um ihrer kleinen Nervensäge ihr<br />

Weihnachtsgeschenk zu besorgen. Früher ging<br />

es nicht, denn Donni war die letzte Zeit überall<br />

auf dem Hof unterwegs, um dort Chaos zu stiften,<br />

… will sagen, gute Taten zu begehen. Es zu<br />

verstecken, wäre also ein sinnloses Unterfangen<br />

gewesen. Während die Gute Richtung Entenhausen<br />

auszog, beschloss Donni, mit seinen<br />

Freunden Kriegsrat zu halten.<br />

„Was haltet ihr von der Sache? Mit dem Weihnachtsmann,<br />

meine ich.“ „Ich denke, dass er auf<br />

jeden Fall ein ziemlich schlechter Geschäftsmann<br />

ist.“, meinte Raffaela. „Wovon will er leben,<br />

wenn er zum Null-Tarif arbeitet und all sein<br />

9


GESCHICHTE<br />

„Gute Taten“<br />

Spielzeug verschenkt? Wenigstens gut betuchte<br />

Eltern könnte er ja schröpf… zur Kasse<br />

bitten.“ „Das Beste am Fest sind sowieso die<br />

Weihnachtsplätzchen. Die sind mir neben Lollis<br />

am Liebsten. Aber ein paar Geschenke würde<br />

ich schon dazu nehmen“, versuchte auch Guido<br />

etwas zum Thema beizutragen. „Ich bin mir<br />

nicht sicher, ob bloßes brav sein zu Weihnachten<br />

wirklich ausreichend ist, Donni. Ich zum Beispiel<br />

helfe meinem Vater täglich in seinem Laden.“,<br />

sagte Dennis. „Und ich mache mich jeden<br />

Tag besonders zurecht. Damit alle sich freuen<br />

können, wenn sie mich sehen“, ergänzte die<br />

blondgelockte Biggi. „Ich weiß nicht, ob das<br />

auch zählt. Auf jeden Fall sollte man sowieso<br />

das ganze Jahr über versuchen, Gutes zu tun,<br />

wo man nur kann, und dann auch nicht wegen<br />

einer etwaigen Belohnung.“ „Ich finde, dass es<br />

dabei nicht auf die Dauer oder die Anzahl der<br />

guten Taten ankommt, sondern auf den Versuch<br />

und guten Willen. Außerdem bestraft der<br />

Weihnachtsmann ohnehin nur die wirklich unartigen<br />

Kinder, so wie Tuck und seine Bande und<br />

nicht uns. Wir gehören zu den Guten und stehen<br />

daher auf der ebensolchen Liste.“ „Bist du dir da<br />

auch wirklich sicher, Donni? Wir haben uns<br />

schon so manchen Schnitzer geleistet.“ „Es kann<br />

ja nicht schaden, auf Nummer sicher zu gehen.<br />

Los, Leute, wir werden derart viele gute Taten<br />

tun, dass der Weihnachtsmann gar nicht mehr<br />

anders kann, als uns zu beschenken.“ „Donni, ich<br />

bin mir nicht ganz sicher, ob du den Sinn von guten<br />

Taten vorhin wirklich verstanden hast…“<br />

Aber Dennis’ Widerstand war zwecklos. Donni<br />

war fest entschlossen, zu Weihnachten sein gewünschtes<br />

Spielzeug zu bekommen und dafür<br />

mussten auch seine Freunde herhalten, ob sie<br />

wollten oder nicht. „Mal sehen, wo könnten wir<br />

denn damit anfangen… Ah, ich hab’s.“<br />

„Muuuuuh!“ „Mooooooooooh!“ „Muuh!<br />

Muuuuuuuh!“ „Hört ihr? Das sind Frau Milchbauers<br />

Kühe, die da gemolken werden wollen. Wegen<br />

ihres Rheumas kommt sie wohl nicht hinterher.<br />

Kommt, wir fragen sie, ob wir ihr zur<br />

Hand gehen können.“<br />

„Vielen Dank, Kinder. Ihr seid mir wirklich eine<br />

große Stütze. Seid bitte so gut und spielt ihnen<br />

auf meinem alten Grammophon Bach vor. Den<br />

hören sie besonders gern.“ „Selbstredend, Frau<br />

Milchbauer. Von uns aus sogar einen ganzen<br />

Fluss. Sie können sich ganz auf uns verlassen.<br />

Gehen Sie einfach solange wieder ins Haus. Wir<br />

melden uns, wenn wir fertig sind“, prahlte Donni.<br />

„Ich höre immer „wir“. Bis jetzt hast du noch keinen<br />

Finger gerührt.“ „Weil ich nun einmal<br />

am besten mit älteren Damen<br />

kann und weiß, wie man mit ihnen umzugehen<br />

hat. Immerhin wohne ich bei<br />

einer.“ „Wir haben ihnen immerhin<br />

schon ihre Euter eingefettet, damit sie<br />

besser gegen die Kälte gewappnet<br />

sind.“ „Dafür schalte ich jetzt dieses<br />

Grammo… dingsda ein, damit die Rindviecher<br />

zufrieden sind. Ähm, sagt mal,<br />

wo ist denn hier der „EIN“-Knopf?“ „Ich<br />

weiß auch nicht. Und überhaupt, muss<br />

das Ding nicht erst ans Netz? Wo ist<br />

denn das Stromkabel?“ „Haben solche<br />

Dinger überhaupt eins? Was ist denn<br />

mit der Kurbel da?“ „Ach, vergesst es,<br />

10


GESCHICHTE<br />

„Gute Taten“<br />

Leute. Dann singen wir denen eben etwas vor.“<br />

„Aber sind das nicht Klassik-Liebhaber?“ „Das ist<br />

den Kühen doch schnurz. Woher sollen sie<br />

denn den Unterschied schon kennen?! Ein paar<br />

Weihnachtslieder tun es sicher auch. Also auf<br />

‚drei‘. Eins, zwei und…“<br />

Einige Zeit darauf standen die Kinder Gewehr<br />

bei Fuß bei Frau Milchbauer. „Ach Kinder, ich<br />

weiß wirklich nicht, wie ich euch danken soll. So<br />

viel Milch haben sie in all den Jahren noch nie<br />

gegeben.“ „Gelernt ist eben gelernt. Wir sind<br />

halt vom Fach.“ „Leider kann ich es mir nicht<br />

leisten, euch besonders viel für eure Leistung<br />

zu bezahlen, aber wie wäre es mit einem Glas<br />

frischer Milch und ein paar Weihnachtsplätzchen?!“<br />

„Machen Sie sich da mal keine Sorgen.<br />

Uns reicht ein Empfehlungsschreiben für den<br />

Weihnachtsmann, wenn Sie verstehen.“ Mit diesen<br />

Worten zwinkerte Donni der alten Dame<br />

keck zu und bedeutete seinen Freunden, mit<br />

ihm den Hof zu verlassen. Raffi und Guido stand<br />

der Zorn über den ausbleibenden Lohn beziehungsweise<br />

das abgelehnte Naschwerk ins Gesicht<br />

geschrieben, leisteten ihm aber Folge.<br />

„Wie schön, dass die heutige Jugend doch nicht<br />

nur an sich selbst denkt. Aber jetzt werde ich mir<br />

selbst wenigstens ein Gläschen von der frischen<br />

Milch gönnen. Nanu, was ist denn das?! Die<br />

Sahne ist ja sauer…“<br />

„Das war schon einmal ein guter Anfang, Leute,<br />

aber wir müssen weiter ranklotzen. Sicherlich<br />

belädt der Weihnachtsmann schon langsam<br />

seinen Schlitten.“ „Weihnachtsmann hier, Weihnachtsmann<br />

da, ich kann es schon langsam<br />

nicht mehr hören“, flüsterte Biggi ihren Freunden<br />

zu, sodass Donni es nicht mitbekam. „Alles<br />

hat seine Grenzen. Immerhin ist er es ja, der den<br />

allermeisten Dreck am Stecken hat. Wir werden<br />

die meiste Zeit nur als Unschuldige mithineingezogen.“<br />

„Ach kommt schon. Es ist immerhin<br />

Weihnachten, da tut man ohnehin etwas für die<br />

anderen “, versuchte Dennis zu beschwichtigen.<br />

Zähneknirschend willigte man ein.<br />

„Seht doch, Leute, da wartet schon unsere<br />

nächste gute Tat auf uns.“ Dabei deutete Donni<br />

auf ein Gebäude in unmittelbarer Nähe, das Seniorenheim<br />

„Knorrige Eiche“. Hier kamen die alten<br />

Menschen Quackhausens unter, die etwa<br />

ihre altehrwürdigen Höfe nicht mehr zu bewirtschaften<br />

in der Lage waren, keine Familie hatten<br />

oder einfach nicht alleine leben wollten<br />

oder konnten. Besuch von anderen Menschen<br />

war hier sehr gerne gesehen, gerade von Kindern,<br />

und vor allem um diese Jahreszeit. Es gab<br />

ein Programm, bei dem Jüngere den Älteren<br />

vorlasen und das ließen sich Donni und Co nicht<br />

zwei Mal sagen. Guido andererseits war schon<br />

in der Schule ein fauler Leser und nicht besonders<br />

bewandert darin, es auch noch laut zu tun,<br />

wie man hören konnte. „…uuuh-nd der Komm…<br />

Kommun…“ „,Kommunalpolitiker’ schimpft se<br />

der, Herrschoftszeitn nu amoi.“ „Genau! Der<br />

Kommunalpolitiker hiii-elt seine Rede vor über<br />

zweiiiii-huuuundert…“ „Jetzt spoa hoit a wen’g<br />

mit de Vokale, Kreitzdeifi.“<br />

Raffi dagegen fand mit ihrem Werk über Wirtschaftstheorie<br />

in sich selbst die interessierteste<br />

Zuhörerin. „So sehen Monetaristen in der Regulierung<br />

der Geldmenge die wichtigste Stellgröße<br />

zur Steuerung des Wirtschaftsablaufes.<br />

Sie knüpfen an die langfristige Betrachtung der<br />

neoklassischen Vorstellung eines grundsätzlich<br />

stabilen Wirtschaftsablaufs an. Eine zu starke<br />

Ausdehnung der Geldmenge führe demnach zu<br />

Inflation, eine zu starke Bremsung des Geldmengenwachstums<br />

zu Deflation. Kurzfristige<br />

Eingriffe des Staates zur punktuellen Steuerung<br />

der Wirtschaft werden von ihnen abgelehnt. Der<br />

Monetarismus geht von einer relativ stabilen<br />

Geldnachfrage aus.“ „Ratzepüh!“ „Schnarch!“<br />

„Also, ich finde, die Aktion war ein voller Erfolg.“<br />

„Von wegen, Donni. Ich finde, das waren Perlen<br />

vor die Säue.“ Raffi war sichtlich beleidigt über<br />

das Desinteresse der älteren Herrschaften an<br />

ihrem Lieblingsbuch. „Ich muss Raffi Recht geben.<br />

Sie wollen unsere Lehrerin sogar bitten,<br />

dass sie mir extra Nachhilfe im Lesen geben<br />

soll.“ „Aber dafür wollen die Pfleger, dass Raffi<br />

11


GESCHICHTE<br />

„Gute Taten“<br />

mehrmals die Woche vorbei kommen soll, um<br />

den alten Herrschaften etwas vorzulesen.“ „Ja,<br />

denen mit Schlafstörungen. Pah! Du bist doch<br />

nur so gut gelaunt, weil du dich mit dem alten<br />

Jägersmeister so gut verstanden hast.“ „Wir waren<br />

nun einmal auf einer Wellenlänge. Er hat mir<br />

sogar jede Menge Tipps für das Aufstellen von<br />

Fallen gegeben, die noch nicht einmal in meinem<br />

‚Monsterjäger‘-Magazin standen. Damit erwische<br />

ich garantiert einen Yeti, wenn nicht gar<br />

einen Chupacabra* (*ein lateinamerikanisches<br />

Fabelwesen, das Kleinvieh wie Ziegen oder<br />

Schafe wie ein Vampir in die Kehle beißt und<br />

dann das Blut aussaugen soll). „Pah! Träum weiter!“,<br />

lautete bis auf Dennis, der seinem Freund<br />

nicht die Illusionen rauben wollte, der einhellige<br />

Tenor. „Auf jeden Fall können wir stolz auf uns<br />

sein. Das gibt sicher eine reiche Beute.“ „Uns<br />

reicht’s auch. Außerdem muss ich noch das Geschenk<br />

für meine Mutter einpacken.“ „Was wir<br />

heute geleistet haben, wiegt ein ganzes Jahr an<br />

Untaten auf. Außerdem wird es schon langsam<br />

dunkel und wir müssen nachhause“, ergänzte<br />

Dennis Raffis Ausführungen. „Mach’s gut, Donni.<br />

Und frohe Weihnachten.“ „Euch auch. So, jetzt<br />

rasch nachhause, die Strümpfe aufgehängt.“<br />

Leichten Herzens rannte Donni fast hüpfend<br />

heim, wobei er sich auf dem glatten Weg einige<br />

Male beinahe auf den Hosenboden<br />

gesetzt hätte.<br />

selbst dann müssten Sie wohl vor dem Laden<br />

ihr Nachtlager aufschlagen, wenn Sie zu den<br />

Glücklichen gehören wollen. Aber wir hätten<br />

noch eine große Auswahl an herkömmlichen<br />

Spielzeugen und Gesellschaftsspielen, wie<br />

‚Mensch-Ärgere-Dich-Nicht‘ oder ‚Fang den<br />

Hut‘.“ „Vielen Dank, aber ich werde wohl noch<br />

woanders mein Glück versuchen.“ „Ich fürchte,<br />

das wird ihre Lage nicht sonderlich verbessern.<br />

Sie müssen wissen, das Entensteiß-Raumschiff<br />

ist dieses Jahr das mit Abstand am meisten gewünschte<br />

Spielzeug im ganzen Land. Sie könnten<br />

höchstens versuchen, irgendwo einen<br />

Schwarzhändler aufzutun. Davon rate ich allerdings<br />

dringend ab. Schon alleine im Interesse<br />

meines Geschäfts.“ „Soweit kommt es noch,<br />

dass ich irgendwelchen halbseidenen Gestalten<br />

mein hart erarbeitetes Geld für ein Kinderspielzeug<br />

in den Rachen werfe. Irgendwo<br />

werde ich sicher noch ein Exemplar auftreiben<br />

können. Guten Tag.“<br />

Die Odyssee nahm ihren Anfang im Kaufhaus<br />

Entmann, führte über Galeria Enthof und selbst<br />

in eine Filiale von Ent“R”Us. Doch der Ladeninhaber<br />

sollte Recht behalten. Das Entensteiß-<br />

Raumschiff mit originalgetreuer Besatzung war<br />

hoffnungslos vergriffen und nicht einmal<br />

Unterdessen war Oma Duck damit<br />

zugange, ein Spielwarengeschäft<br />

aufzusuchen, um ihrer geliebten<br />

Nervensäge ihren Herzenswunsch<br />

zu erfüllen. „Bitte einmal das Entensteiß<br />

Raumschiff mit originaltreuer<br />

Besatzung. Und packen Sie es,<br />

wenn möglich, gleich als Geschenk<br />

ein.“ „Meine Dame, ich bedaure. Ich<br />

fürchte, dieser Artikel ist bei uns<br />

seit Monaten restlos ausverkauft.<br />

Sie hätten sich leider etwas früher<br />

zu uns bemühen müssen.“ „Das ist<br />

ja furchtbar. Und eine neue Lieferung<br />

ist nicht in Sicht?“ „Frühestens<br />

am 15. Januar, Gnädigste, und<br />

12


GESCHICHTE<br />

„Gute Taten“<br />

ansatzweise zeitnah für Normalsterbliche erhältlich.<br />

Als letzter Hoffnungsschimmer galt in<br />

Oma Ducks Augen nur noch das KaDaDu (Kaufhaus<br />

Dagobert Duck). Ein Kapitalist wie ihres Enkels<br />

Onkel würde sicher so viele Exemplare des<br />

begehrten Spielzeugs feilbieten, wie er nur<br />

konnte. Donni würde sein heißgeliebtes Spielzeug<br />

unter dem Tannenbaum vorfinden. Und<br />

wenn sie dazu ein wenig ihre Ellbogen auspacken<br />

musste.<br />

„Guten Tag, gnä’ Frau, wie können wir Ihnen behilflich<br />

sein?“ „Einmal das Entensteiß-Raumschiff<br />

mit originalgetreuer Besatzung. Und packen<br />

Sie es mir als Geschenk ein.“ „Otto, Oswald,<br />

kommt mal schnell her. Das müsst ihr hören.“<br />

„Was gibt es denn, Olaf?“ „Gute Frau, würden<br />

Sie Ihren Wunsch bitte nochmals wiederholen?“<br />

„Ein Entensteiß-Raumschiff mit originalgetreuer<br />

Besatzung, als Geschenk verpackt.“ Ein Lachanfall<br />

von Olaf, Otto und Oswald war die Folge, bei<br />

denen sie sich schier die Bäuche halten mussten.<br />

„Vielen Dank, meine Dame, wir haben hier<br />

so wenig zu lachen, da tun Ihre Worte richtig<br />

gut.“ „Ihnen wird das Lachen schon noch vergehen.<br />

Sie wissen wohl nicht, für wen das Spielzeug<br />

bestimmt ist. Ihr Arbeitgeber ist meines<br />

Sohnes Schwager. Ergo ist mein Enkel sein<br />

Neffe. Was glauben Sie wohl wird passieren,<br />

wenn er erfährt, dass Sie kein Entensteiß-Raumschiff<br />

für ihn vorrätig haben?!“ „Oswald, Otto,<br />

kommt, holt eure Mäntel.“ „Wo wollen Sie denn<br />

jetzt hin?“ „Zum Arbeitsamt. Gute Frau, eher findet<br />

man heutzutage einen neuen Job als ein Entensteiß-Raumschiff.<br />

Auf Wiedersehen und<br />

trotzdem noch frohe Weihnachten.“<br />

Oma Duck war am Ende. Offenbar war es ihr<br />

nicht bestimmt, den Weihnachtswunsch von<br />

Donni zu erfüllen. In dieser Situation blieb ihr nur<br />

noch eines übrig: ein anderes Geschenk als das<br />

gewünschte aufzutreiben und zu hoffen, dass<br />

es den Bengel nicht zu sehr enttäuschte. Sie<br />

versuchte, sich einzureden, dass er schon nicht<br />

daran zugrunde gehen würde und sie sich als<br />

Kind auch stets über das Geschenk ihrer Eltern<br />

gefreut hatte, auch wenn es nicht das erhoffte<br />

war. Im Gegensatz zu ihren Eltern mangelte es<br />

ihr zwar nicht am nötigen Bargeld, dafür aber an<br />

der Möglichkeit, es wunschgemäß auszugeben.<br />

Am Abend saß Oma Duck betrübt in ihrem<br />

Schaukelstuhl und strickte Donnis Weihnachtsstrumpf<br />

zu Ende. Der Knabe hatte sie darum<br />

ersucht, ihn dieses Jahr besonders groß zu<br />

machen, damit sein Geschenk auch sicher hineinpassen<br />

würde. Sicherheitshalber hatte er<br />

nämlich, bevor seine Großmutter nachhause<br />

kam, noch gründlich das Haus „aufgeräumt“. Sie<br />

beschloss, es ihm aufgrund seiner wahrscheinlich<br />

bevorstehenden Enttäuschung nachzusehen.<br />

Immerhin war sie ja auch irgendwie selbst<br />

schuld daran. Schließlich war sie es gewesen,<br />

die mit dem Gerede von „guten Taten“ überhaupt<br />

angefangen hatte. „Weißt du, Donni, der<br />

Weihnachtsmann muss sehr viele Kinder zu<br />

Weihnachten bescheren. Da kann es passieren,<br />

dass ihm bestimmte Geschenke einmal ausgehen<br />

und er etwas anderes unter den Baum legt,<br />

als man sich eigentlich gewünscht hat.“ „Keine<br />

Sorge, Oma, meine Freunde und ich haben<br />

heute so viele gute Taten getan, dass sicher<br />

nichts schiefgehen wird. Du wirst schon sehen.“<br />

„Oh, du kindliche Unschuld…“, dachte sie nur.<br />

„Du willst doch sicher schon frühmorgens nachsehen,<br />

was dir der Weihnachtsmann gebracht<br />

13


GESCHICHTE<br />

„Gute Taten“<br />

hat. Dann wird es jetzt aber Zeit, ins Bett zu gehen.“<br />

Normalerweise murrte Donni bei einem solchen<br />

Hinweis, dieses Mal aber zog er sich ohne Widerworte<br />

seinen Schlafanzug an, putzte die<br />

Zähne und legte sich in seinem Zimmer schlafen.<br />

Zu Weihnachten war eben alles möglich.<br />

Seine Oma aber nutzte die Chance, um das Ersatzgeschenk<br />

aus ihrem Elektromobil zu holen:<br />

einige alte Jahrgänge seiner geliebten ‚Monster‘-Zeitschriften,<br />

die Jahre vor seiner Geburt<br />

auf den Markt gekommen waren. Diese hatte<br />

sie günstig in einem kleinen Antiquariat erstehen<br />

können. „Auch wenn es nicht das Gewünschte<br />

ist, hoffe ich doch, dass er sich darüber<br />

freuen wird.“ Schließlich hängte sie noch<br />

Donnis Strumpf über den Kamin, löschte das<br />

Feuer und ging ebenfalls zu Bett.<br />

Es war schon nach Mitternacht, als eine Gestalt<br />

im roten Wintermantel und mit Zipfelmütze auf<br />

dem Kopf Oma Ducks Hof betrat. Zwar war Ziegenbock<br />

Billie auf sie aufmerksam geworden,<br />

aber als sie ihm seine geliebte Blechbüchse<br />

zum Kauen gab, war er abgelenkt genug, um<br />

nicht Alarm zu schlagen. Auf leisen Sohlen<br />

schlich sie durch das Haus, ein hübsch verpacktes<br />

Geschenk in den Händen haltend. „Puh, ist<br />

das warm hier drin. Das bin ich von zuhause<br />

nicht gewöhnt. Schön, wie die Waisenkinder<br />

sich über meine Gaben gefreut haben. Ich weiß<br />

ja nicht, ob der Bengel es wirklich verdient, aber<br />

ich denke, das Geschenk wird ihm gefallen.“ Mit<br />

diesen Gedanken legte die Gestalt vorsichtig<br />

zwei Päckchen unter dem kunstvoll dekorierten<br />

Weihnachtsbaum ab und verließ das Gebäude<br />

ebenso leise, wie sie es betreten hatte.<br />

Früh am nächsten Morgen stürmte der junge<br />

Donald, wie von seiner Großmutter abends prophezeit,<br />

bereits die Treppe hinunter, um sein<br />

Geschenk in Empfang zu nehmen. Oma Duck,<br />

die letzte Nacht sehr schlecht geschlafen hatte,<br />

folgte ihm auf dem Fuße. „Jippie!“, rief Donni<br />

freudestrahlend, der bereits im Wohnzimmer<br />

angekommen war. „Wie schön, es gefällt ihm!“,<br />

dachte Oma Duck und griff sich erleichtert an<br />

die Brust. „Sogar gleich zwei Geschenke.“<br />

„Wie?!“ Als sie im Wohnzimmer ankam, konnte<br />

sie nicht glauben, was sie sah. Da waren einerseits<br />

stapelweise ‚Monster‘-Magazine, aber, und<br />

das war das erstaunliche, auch ein Entensteiß-<br />

Raumschiff mit originalgetreuer Besatzung,<br />

welches sich in Donnis Händen befand. „Sieh<br />

nur, Oma. Da ist sogar noch ein Geschenk für<br />

dich unter dem Baum.“ Sie konnte es nicht glauben.<br />

Woher kam der Segen nur? War er vielleicht<br />

vom… Nein, das war unmöglich. Aber was,<br />

wenn doch?<br />

14


INTERVIEW<br />

Daan Jippes<br />

DAAN JIPPES<br />

von Milian Schwab, David Bührung und Spectaculus – Übersetzung: Spectaculus<br />

Daan Jippes wurde 1945 in Amsterdam geboren.<br />

Er ist ein niederländischer Comicautor<br />

und -Zeichner. Bereits 1967 wurde sein erster<br />

Comic-Strip in der Zeitschrift „Nieuwe Revu“<br />

abgedruckt, 1972 folgte seine erste lange Comicgeschichte<br />

im Comicmagazin „Pep“. 1972<br />

war es dann so weit; Jippes bekam erstmals<br />

Kontakt mit Disney-Comics. Er fing an, für das<br />

niederländische Donald-Duck-Magazin zu arbeiten.<br />

Nach 6 Jahren einer engen Zusammenarbeit<br />

mit Freddy Milton beteiligte sich<br />

Jippes in den Disney-Studios in Burbank und<br />

wirkte an Filmen wie „Die Schöne und das<br />

Biest“, „Bernard und Bianca im Känguruland“<br />

oder „Aladdin“ mit. Allerdings hat der vielseitige<br />

Jippes bis heute nie die Ducks vergessen.<br />

Regelmäßig fertigte er Titelbilder an. Und<br />

gerade in seinen frühen Arbeiten schien sein<br />

Stil dem von Carl Barks so nahe zu kommen,<br />

dass er die Ehre hatte, ganze 24 Fähnlein-Fieselschweif-Geschichten<br />

neu zu inken, die von<br />

Barks im Ruhestand nur gescribbelt und von<br />

anderen Zeichnern in einem nicht-barks-ähnlichen<br />

Stil verwirklicht wurden. Außerdem beendete<br />

er, neben Don Rosa, das Barks-Scribble<br />

zu „Der Rattenfänger von Entenhausen“.<br />

Aber auch die Striche von anderen Zeichnern<br />

beherrscht Jippes hervorragend – so gut, dass<br />

man meinen könnte, er hätte Manches gar<br />

nicht gezeichnet. Die verschiedenen Stile verwendet<br />

er bewusst, denn „ewig seinem Stil<br />

verhaftet zu bleiben, bedeutet den künstlerischen<br />

Tod“.<br />

Hast du dir weh getan,<br />

Onkel Donald?<br />

Seufz! Ich habe heute<br />

irgendwie nicht so meinen<br />

Tag – und das<br />

schon die ganze<br />

Woche!<br />

Sieht aus wie von Paul Murry – ist aber echter Jippes. (Storycode: H 85158, Quelle: Inducks)<br />

W<br />

ie unterscheidet sich die Comic-<br />

Kultur in den Niederlanden und<br />

den USA?<br />

Um Disney-Comics mal außer Acht zu lassen:<br />

In Holland (sowie Frankreich und Belgien) werden<br />

Comicgeschichten zunächst als<br />

Fortsetzungsgeschichten in wöchentlichen<br />

Comicmagazinen (vor)veröffentlicht, bevor sie<br />

ihre endgültige, definitive Form als Buch oder<br />

Album finden.<br />

Nun waren und sind Disney-Comics (wie generell<br />

in den USA üblich) abgeschlossene<br />

15


INTERVIEW<br />

Daan Jippes<br />

Geschichten, die komplett in jeder Ausgabe<br />

enthalten sind.<br />

Außerdem schreiben wir hier in Holland unsere<br />

Handlungen normalerweise nicht als<br />

Vehikel für Superhelden.<br />

Wie sieht heute ein normaler Arbeitstag bei<br />

Ihnen aus?<br />

Ich beginne meinen Arbeitstag gegen 11 Uhr<br />

und arbeite bis halb sieben oder sieben Uhr<br />

abends.<br />

Die meisten Storys oder Seiten (wenn ich<br />

nicht schreibe), an denen ich arbeite, haben<br />

selten eine Deadline, zum Glück! Natürlich<br />

versuche ich mich an einen gewissen strukturierten<br />

Arbeitsrhythmus zu halten, der zu<br />

mir passt und mit dem ich mich wohl fühle.<br />

Sie lesen schon sehr lange Comics. Wie hat<br />

sich der Comicmarkt seit damals geändert?<br />

Der Comicmarkt ist in allererster Linie (und<br />

oft zu unserem Leidwesen) ein kommerzieller<br />

Markt: Erschaffen, verwaltet und immer<br />

wieder verändert durch kommerzielle Anforderungen.<br />

Da das große Geld, das in sogenannte kommerzielle<br />

Märkte investiert wird, heutzutage<br />

in gefilmte Unterhaltung oder die<br />

Der Künstler beim Signieren.<br />

Videospielindustrie fließt (und sicher nicht in<br />

das Comicmedium!), sind Comics ein Metier<br />

für Enthusiasten geworden; ein Metier, in<br />

dem es praktisch unmöglich geworden ist,<br />

vom Zeichnen von Comicgeschichten zu leben!<br />

16<br />

Welche Comics lesen Sie heute noch?<br />

Dieser Tage „lese“ ich kaum noch neue Comics,<br />

geschweige denn, dass ich davon begeistert,<br />

inspiriert oder verzaubert wäre.<br />

Stattdessen habe ich einen neuen Antrieb<br />

darin gefunden, die alten Sachen erneut zu<br />

lesen und zu studieren, die aus der Zeit stammen,<br />

als ich klein war: die 1950er und 1960er.<br />

In den letzten Jahren geht der Trend immer<br />

mehr zu kurzen Comics, die nicht mehr als<br />

zehn Seiten haben. Haben längere Disney-<br />

Comics heute überhaupt noch eine Chance?<br />

Eine sehr kurze, aber eindeutige Antwort von<br />

mir: Keine Chance! Verlage wollen das Risiko<br />

nicht mehr eingehen.<br />

Was für Geschichten oder Themen würden<br />

Sie gerne mehr in den Disney-Comics sehen?<br />

Interessante Themen... Sprich erwachsener,<br />

näher an Herz und Verstand;<br />

zudem solche, die sich (dabei<br />

natürlich immer auf<br />

amüsante und unterhaltsame<br />

Weise) mit Inhalten<br />

beschäftigen, die relevanter<br />

für das heutige Leben sind.<br />

Die Disney-Mutterfirma hat<br />

leider allen Disney-Autoren<br />

vorgeschrieben, solche<br />

Themen religiöser, politischer<br />

oder „sensibler“ Art zu<br />

vermeiden...<br />

Das hat mein Verlangen,<br />

weiterhin für Disney zu<br />

schreiben, leider sehr verdorben!


INTERVIEW<br />

Daan Jippes<br />

„Der Erbe des Dschingis Khan“: Version von Daan<br />

Jippes. Entstehung: 2004. Storycode: D/D 2004-013.<br />

17


INTERVIEW<br />

Daan Jippes<br />

„Der Erbe des Dschingis Khan“: Version von Tony Strobl.<br />

Entstehung: 1966. Storycode: W US 71-01.<br />

18


INTERVIEW<br />

Daan Jippes<br />

„Der Erbe des Dschingis Khan“: Scribble von Carl Barks. Man vergleiche,<br />

wie unterschiedlich Jippes und Strobl das Scribble umgesetzt haben.<br />

19


INTERVIEW<br />

Daan Jippes<br />

Zu „Österlicher Eiertanz“ gab es eine gewisse<br />

Kontroverse unter Disney-Fans. Kann es sein,<br />

dass Ihnen die Charakterisierung (vor allem<br />

von Donald) bei dem Comic etwas entglitten<br />

ist?<br />

Tatsächlich? Mir war bislang nichts davon<br />

bekannt. Mag schon sein, dass meine Darstellung<br />

von Donalds Persönlichkeit in der<br />

Geschichte etwas wild rüberkommt... vielleicht.<br />

Um 2000 herum sind Sie von Sanoma zu Egmont<br />

gewechselt, wo Sie seitdem Disney-Comics<br />

zeichnen. Wie kam es dazu? Und haben<br />

Sie eine Idee, wieso auch viele andere Comiczeichner,<br />

wie Jan Gulbransson, Don Rosa<br />

oder Cesar Ferioli, anfangs für den Sanoma-<br />

Verlag zeichneten, aber später ebenfalls zu<br />

Egmont übergingen?<br />

Die Motivation, 2000 zu Egmont zu wechseln,<br />

war das unvermeidliche Ergebnis eines<br />

schwelenden Streits, der sich zwischen mir<br />

und dem Chefredakteur des niederländischen<br />

Wochenmagazins entwickelt hatte –<br />

einem Kerl, mit dem mich ansonsten seit den<br />

mittleren 80ern dieselben Werte verbunden<br />

hatten.<br />

Was die Gründe angeht, weshalb die anderen<br />

von Ihnen erwähnten Künstler ihre<br />

Wechsel vollzogen... ich wüsste nichts davon!<br />

Ehrlich, wir haben kaum Kontakt miteinander<br />

gehabt.<br />

Die beiden italienischen Comiczeichner Sergio<br />

Asteriti und Giulio Chierchini zeichneten<br />

auch noch im Alter von über 85 Jahren. Könnten<br />

Sie sich jemals vorstellen, auch noch in<br />

einem so hohen Alter Disney-Comics zu<br />

zeichnen?<br />

Aber lassen wir uns etwas spezifischer werden:<br />

Ich meine den Disney-Stil der 1940er.<br />

Heute, mit 75, habe ich noch zehn Jahre, um<br />

dieses reife Alter zu erreichen! Wie schaffe<br />

ich es, dass die Arthrose mich nicht erwischt?<br />

Wie genau sind Sie bei den von Ihnen neu gezeichneten<br />

Barks-Comics vorgegangen? Haben<br />

Sie sich dafür die ursprünglich veröffentlichten<br />

Versionen (Tony Strobl, Kay<br />

Wright) angeschaut oder nur Barks’ Scribbles?<br />

Und denken Sie, dass die Remakes<br />

nötig waren?<br />

Natürlich waren die NIE „nötig“! So wenig,<br />

wie irgendetwas in diesem Feld „notwendig“<br />

ist, wenn man vernünftig ist! Das wäre pure<br />

Selbstüberschätzung!<br />

Zu der Zeit, als ich vorsichtig damit angefangen<br />

habe, diese Storys in einem „barksigen“<br />

Stil neu zu zeichnen, 1990, war es der<br />

Wunsch sowohl von mir als auch von dem<br />

niederländischen Chefredakteur (da waren<br />

wir, beides Barks-Fans, auf einer Linie), diese<br />

Geschichten in einer Weise und mit einem<br />

Ansatz umgesetzt zu sehen, der mehr dem<br />

entspricht, wie Carl es sich selbst vorgestellt<br />

hatte. (Und das kann man durchaus auch für<br />

Selbstüberschätzung halten!)<br />

Die Strobls und Wrights dieser Welt haben<br />

einen sehr anderen Blickwinkel gehabt, da<br />

bin ich mir sicher!<br />

Klar, eine von Comic-Enthusiasten entwickelte<br />

Idee ... keine Frage!<br />

Wir danken Ihnen für die Beantwortung unserer<br />

Fragen.<br />

Ja, das könnte ich! Diese spezielle Cartoonhafte<br />

und einfache Stilrichtung, die so typisch<br />

„Disney“ ist, liegt mir nach wie vor sehr<br />

am Künstlerherzen!<br />

20


INTERVIEW<br />

Daan Jippes<br />

Im Vergleich: verschiedene Jippes-Posen<br />

von Donald und Onkel Dagobert.<br />

Auffallend und typisch ist vor allem<br />

sein Federstrich, der stark an den von<br />

Entenvater Carl Barks erinnert.<br />

21


INTERVIEW<br />

Daan Jippes<br />

„Rabenliebe“ war 1970 Jippes’ erste Comicgeschichte. Zu lesen war sie bisher nur in der Micky Maus 14/1990<br />

und im Micky-Maus-Jubiläumsband „75 Jahre Superstar“. Dabei kommt Jippes dem Stil von Floyd Gottfredson<br />

verblüffend nahe. Storycode: H 70mm01.<br />

22


ILLUSTRATION<br />

Tooor!<br />

Zeichnung und Kolorierung: Fantomius, Behörnchen Aka Leon<br />

23


COMIC<br />

„Der Gehrock“<br />

Story: Eros Evose, Zeichnungen: Giovanni Cavicchi, Kolorierung: Luis Bärenfaller (Entstehung: 2016)<br />

24


COMIC<br />

„Der Gehrock“<br />

25


COMIC<br />

„Der Gehrock“<br />

26


COMIC<br />

„Der Gehrock“<br />

27


COMIC<br />

„Der Gehrock“<br />

28


COMIC<br />

„Der Gehrock“<br />

29


COMIC<br />

„Der Gehrock“<br />

30


COMIC<br />

„Der Gehrock“<br />

31


COMIC<br />

„Der Gehrock“<br />

32


COMIC<br />

„Der Gehrock“<br />

33


ILLUSTRATION<br />

„Onkel Dagobert und der Geist der Weihnacht“<br />

34


35<br />

ILLUSTRATION<br />

„Onkel Dagobert und der Geist der Weihnacht“


36


REZENSION<br />

Floyd Gottfredsons Passionen als Rezensionen – Folge 2: Das Haus der Sieben Gespenster<br />

Es begann mit Micky<br />

und ihm:<br />

FLOYD GOTTFREDSONS<br />

PASSIONEN ALS REZENSIONEN<br />

FOLGE 2: DAS HAUS DER SIEBEN GESPENSTER<br />

von Glückstaler<br />

interzeit ist ja bekanntlich auch<br />

Gruselzeit, und der Grusel meint es<br />

in dieser Geschichte ernst mit Micky<br />

Maus. Dem Protagonisten widerfährt, kurz nach<br />

Heimkommen von seinem letzten Abenteuer in<br />

der Fremdenlegion, eine vollkommen verängstigte<br />

Stadt mitsamt deren Bewohnern. Sobald<br />

Micky das Wort „Gespenst“ in den Mund nimmt,<br />

fliehen alle Menschen panisch davon. Ein Gespenst,<br />

oder gleich mehrere, scheinen die Stadt<br />

fest im Bann zu haben. Micky sucht natürlich<br />

erst einmal die Hilfe der Polizei auf, aber die<br />

hält sich sehr in Grenzen. Selbst die Beamten<br />

fürchten sich vor den Gespenstern und sehen es<br />

nicht ein, ihre Pflichten zu wahren.<br />

Micky beschließt, gemeinsam mit Goofy und<br />

Donald eine Detektivagentur aufzumachen. So<br />

können sie im richtigen Rahmen nach der Ursache<br />

dafür suchen, warum in der Stadt plötzlich<br />

überall Geister auftauchen. Und sie bekommen<br />

schnell einen Vorboten: Schon nach dem Einräumen<br />

der Möbel gibt es einen ersten Spukanruf<br />

mit einem langgezogenen<br />

„Hoohoohoohohohahaha!“. Aber die Ermittler<br />

lassen sich durch nichts abschrecken, nicht einmal,<br />

wenn der Geist direkt vor ihnen stünde!<br />

Plötzlich steht aber tatsächlich jemand vor den<br />

dreien: Es handelt sich um Oberst Bassett, einen<br />

Gentleman, der seinen Status mehr als ernst<br />

nimmt. Er berichtet, dass es neuerdings in seiner<br />

Villa spuke, und er nicht mehr weiterwisse.<br />

Nach einem kleinen Wutausbruch des Kunden<br />

aus purer Verzweiflung steht für Micky fest,<br />

dass er den Fall übernimmt – nicht nur, um die<br />

Gespenster zu vertreiben, sondern auch, um<br />

dem nervlich völlig am Ende befindenden Herrn<br />

Bassett wieder ein besseres Leben zu ermöglichen.<br />

Und sofort beginnt man mit der Aufklärung!<br />

Im Laufe der Untersuchungen jedoch gibt es für<br />

Micky, Goofy und Donald nicht nur eine ordentliche<br />

Portion Angst, sondern auch einige Fragen.<br />

Vor allem Herr Bassett wirft einen merkwürdigen<br />

Schatten, man könnte fast mutmaßen,<br />

er würde hier nur ein Spiel spielen. Und durch<br />

37


REZENSION<br />

Floyd Gottfredsons Passionen als Rezensionen – Folge 2: Das Haus der Sieben Gespenster<br />

die Geister, von denen Micky fest glaubt, dass<br />

sie keine sind, gehen keine Schüsse hindurch.<br />

Die Wände sind auch noch hohl – oder doch<br />

nicht? Micky kommt mittels Abklopfen zu einem<br />

erfolglosen Ergebnis. Doch dabei dürfte es als<br />

gesichert gelten, dass die Wände keine sind,<br />

denn sonst würden die Geister nicht so schnell<br />

verschwinden können. Ist das Haus der sieben<br />

Gespenster überhaupt das, was es zu sein<br />

scheint?<br />

Unser Micky ist, nach der ersten Folge dieser<br />

Serie und der Rezension zur Stripgeschichte<br />

„Der große Waisenhausraub“, bereits spürbar<br />

gereift. Der Mäuserich hat jetzt schon einige seiner<br />

wichtigen Abenteuer erfolgreich bestanden<br />

und ist auf dem besten Weg, erwachsen zu<br />

werden. Gegnern wie Kater Karlo und Balduin<br />

Beutelschneider hat er bereits mehrfach gezeigt,<br />

dass sich Verbrechen nicht lohnt und sowohl<br />

anderen Schurken und Bösewichten wie<br />

dem Fledermausbanditen, Kurt Kropp und<br />

Käpt’n Orang, als auch den verrückten Professoren<br />

Ecks, Duplex und Triplex aus Burg Unfried<br />

hat er bewiesen, zu was er alles in der<br />

Lage ist, wenn es um Gerechtigkeit geht.<br />

In dieser Geschichte von 1936, deren Skript von<br />

Ted Osborne stammt und die, wie immer bei<br />

Gottfredson, in Strip-Form erstveröffentlicht<br />

wurde, tritt Micky Maus in einer Form auf, die er<br />

damals auch in den Cartoons innehatte: Er<br />

führte seine Freunde an und leitete sie zum Ziel.<br />

Goofy und Donald, die hier mehr tollpatschig<br />

als assistentenhaft sind, stellen dabei mehr ein<br />

Hindernis für Micky dar, als dass sie ihm helfen<br />

würden. Diese Kombination, die Micky noch einmal<br />

zusätzlich unter Druck setzt, ist typisch für<br />

damaligen Gottfredson und verdeutlicht die<br />

Not, in welcher man steckt, ungemein.<br />

Herrenhaus, um ihnen Streiche zu spielen. Im<br />

nicht vollendeten Cartoon und Gottfredsons<br />

Geschichte sind die Gespenster eigentlich Wesen<br />

aus Fleisch und Blut, die sich verkleidet haben<br />

und mit ihrer Maskerade das Herrenhaus<br />

als Versteck gebrauchen. Die Gottfredson-Geschichte<br />

ist von Grusel- und Horrorfilmen<br />

wie Das Haus des Grauens (1932) und The Bat<br />

Whispers (1930) inspiriert. In letztgenanntem<br />

Film, der auch eine wichtige Vorlage für Gottfredsons<br />

Der Fledermausbandit von Inferno<br />

Gulch war, verschafft sich ein mysteriöser Dieb<br />

Zutritt zu einer alten Villa, um sie auszurauben.<br />

Diese Idee wurde in nur wenig abgewandelter<br />

Form für „Das Haus der sieben Gespenster“<br />

übernommen. Eine weitere Inspiration dürfte<br />

mit Sicherheit der Alice-Film The Ghost oft the<br />

Folly (1926) sein, in welchem wiederum ein altes<br />

Haus auftaucht, in dem es spukt. Es wurde aber<br />

vielmehr so manipuliert, dass man glaubt, hier<br />

würden Geister ihr Unwesen treiben. Diese Situation<br />

bildete darüber hinaus die Ausgangsbasis<br />

für viele Kinokomödien jener Zeit.<br />

Die Geschichte enthält alle Elemente, die Gottfredsons<br />

beste Arbeiten charakterisieren: Wie<br />

auch schon in einigen vorherigen Geschichten,<br />

steht ein unergründliches Ereignis im Fokus. Micky<br />

agiert proaktiv und stellt sich mit klarem<br />

Kopf gegen die Bösewichte und ist nicht bloß<br />

ein eindimensionaler Anführer wie in Einsame<br />

Geister. Und das wohl Bedeutendste, das die<br />

„Das Haus der sieben Gespenster“ basiert lose<br />

auf den Cartoons The Haunted House (1935,<br />

nicht fertiggestellt) sowie Einsame Geister<br />

(1937, damals gerade in Produktion). In letzterem<br />

waren die Geister Wirklichkeit. Sie lockten<br />

die Möchtegern-Geisterjäger – wie beim<br />

Comic – Micky, Goofy und Donald in ein altes<br />

38


REZENSION<br />

Floyd Gottfredsons Passionen als Rezensionen – Folge 2: Das Haus der Sieben Gespenster<br />

Handlung dieser Geschichte ausmacht, ist, dass<br />

über weite Strecken weder Micky noch der Leser<br />

voraussagen kann, ob die Geister, die in<br />

Oberst Bassetts Villa ihr Unwesen treiben, echt<br />

sind oder nur der clevere Trick einer Ganovenbande.<br />

Diese Rätselhaftigkeit macht die Geschichte<br />

zu einer der spannendsten im Gottfredson’schen<br />

Frühwerk. Waren es in der Vergangenheit<br />

noch maskierte Schurken, geheimnisvolle<br />

Entführungen oder einfach nur die Jagd<br />

nach einem Piratenschatz, so müssen sich sowohl<br />

Micky als auch der Leser hier durch Andeutungen<br />

durchkämpfen und widersprüchliche<br />

Fakten verarbeiten. Erst ganz am Ende<br />

kommt die Wahrheit ans Licht, und auch dort<br />

mangelt es dann nicht an einem angemessenen<br />

Erzählstil: Die Spannung ist enorm.<br />

Der neu gereifte Micky tritt in die Fußstapfen<br />

von Sherlock Holmes, indem er durch rationales<br />

Denken und Zusammenfügen von allen abrufbaren<br />

Indizien die sieben Geister als Sterbliche<br />

entlarvt. Gottfredson löst jeden der scheinbar<br />

übernatürlichen Tricks logisch auf, sodass der<br />

Leser mit einem zufriedenen Gefühl aus der Geschichte<br />

geht. Dieses Beharren, übernatürliche<br />

Ereignisse rational aufzuklären, sollte sich im<br />

Laufe der Jahre fortsetzen, was zwar Mickys<br />

Rolle als erfahrener und aufgeklärter Detektiv,<br />

aber auch die realistische Grundstimmung des<br />

Micky-Maus-Strips festigen sollte. Diese<br />

Herangehensweise beeindruckte insbesondere<br />

Carl Barks. Er übernahm sie für seine Abenteuer<br />

mit Donald Duck und dessen Familie und lieferte<br />

in der Regel eine wissenschaftlich anmutende<br />

Erklärung für Magie und alles andere Unerklärliche.<br />

„Das Haus der sieben Gespenster“ kann auch als<br />

Allegorie, also bildhafte Darstellung, auf die damalige<br />

Zeit verstanden werden. Im Jahr 1936<br />

schienen die USA die schlimmste Phase der<br />

Großen Depression überstanden zu haben,<br />

doch die schwierigen Zeiten sollten erst mit<br />

dem Aufschwung der Wirtschaft nach dem 2.<br />

Weltkrieg endgültig überwunden werden. Mitte<br />

der 1930er schien sich das Land in einer Falle zu<br />

befinden, aus der kein Entkommen war. Allerdings<br />

war die Wirtschaftskrise für die meisten<br />

Leute so irreal oder verwirrend, dass sie sie einfach<br />

leugneten. Die Kinozuschauer strömten in<br />

Musicals, die Glamour, Luxus und bessere Zeiten<br />

heraufbeschworen; sie schauten sich<br />

Gangsterfilme an, die bewiesen, dass das Streben<br />

nach Erfolg nach wie vor belohnt wurde<br />

und auch zu ihm führen konnte. Millionen verfolgten<br />

die Shows von Radiokomikern, die<br />

ernste Themen wie etwa Mord so humoristisch<br />

behandelten, dass man von Eskapismus sprechen<br />

kann. Die Menschen hatten das Bedürfnis,<br />

ihrem Ärger mit der Weltwirtschaftskrise Luft zu<br />

machen und zogen sich deswegen in Illusionen<br />

zurück. Das wird zu Beginn der Gottfredson-Geschichte<br />

dadurch reflektiert, dass die Stadtbewohner<br />

die Existenz der Gespenster einerseits<br />

abstreiten, andererseits aber zu Tode erschrocken<br />

sind, wenn jemand bloß davon redet. Die<br />

Polizei weiß, was Sache ist – genau wie die Behörden<br />

während der Großen Depression –, versucht<br />

aber, der Öffentlichkeit weiszumachen,<br />

dass trotzdem alles in bester Ordnung ist.<br />

Gottfredson spielt einmal sogar direkt auf die<br />

Wirtschaftskrise an, als einer der Geister Micky<br />

erklärt, dass sie die Bassett-Villa deswegen<br />

heimgesucht haben, weil sie eine „angenehme<br />

Bleibe“ zum Herumspuken brauchen, um sich<br />

39


REZENSION<br />

Floyd Gottfredsons Passionen als Rezensionen – Folge 2: Das Haus der Sieben Gespenster<br />

„ausruhen“ zu können, und erwähnt dabei die<br />

„große Arbeitslosigkeit“. Im Endeffekt sind die<br />

Gespenster Schmarotzer, eine Art Lumpengemeinschaft,<br />

die bei den Reichen schnorrt. Damit<br />

sind sie ein direktes Spiegelbild jener Ängste<br />

der damaligen Zeit, dass ein freigiebiger Sozialstaat<br />

die Menschen zum Herumlungern ermutigen<br />

könnte, was der reichen Gesellschaft wohl<br />

weniger zugutekäme.<br />

Im Zentrum aller Ereignisse steht, neben den<br />

Protagonisten Goofy, Micky und Donald sowie<br />

den Geistern, Oberst Bassett, eine klassische<br />

gelungene Parodie der Oberschicht, den Gottfredson<br />

mit seinem Gentleman-Fetisch auf die<br />

Spitze treibt. Der Oberst ist so sehr damit beschäftigt,<br />

seine Fassade des Aristokraten aufrechtzuerhalten,<br />

dass er mit der Krise in seinem<br />

eigenen Haus vollends überfordert ist. Er macht<br />

Oberschicht sollte Gottfredson als regelmäßige<br />

Gegenspieler Mickys etablieren.<br />

Aber nicht nur über den Auftraggeber, sondern<br />

auch über Goofy und Donald, die Micky als Assistenten<br />

dienen, gibt es einiges zu sagen. Sie<br />

sind beide gleichermaßen unfähig, den Job als<br />

Hilfestellung sinnvoll auszuführen. Donald ist zu<br />

verängstigt und Goofy zu einfältig, um eine<br />

große Hilfe zu sein oder maßgeblich zur Lösung<br />

des Falls beizutragen. Goofy, der erst wenige<br />

Monate zuvor, Anfang 1936, ein neues Selbst<br />

bekommen hatte, und Donald Duck, der immerhin<br />

vor gut einem Jahr das letzte Mal in seiner<br />

Frühform mit Storchschnabel und schwarzen<br />

Füßen zu sehen war, erfüllen aber eine andere<br />

wichtige Position: Sie lockern die Geschichte auf<br />

und sorgen für eine witzige, unterhaltende und<br />

heitere Stimmung, mit der sie Micky ganz nebenbei<br />

auf so manche Idee bringen. Abgesehen<br />

von Micky handeln eigentlich nur noch die Gegner<br />

wirklich bedacht. – Der Wachtmeister will<br />

sich schließlich mit fremden Lorbeeren schmücken<br />

und behauptet, er habe den Fall schon<br />

längst gelöst, kriegt dabei aber einen ordentlichen<br />

Zitteranfall. Micky ist also der Einzige, als<br />

Aushängeschild der Mittelklasse wie Walt Disney<br />

selbst, der den Willen, die Intelligenz und<br />

die moralische Integrität besitzt, zielgerichtet<br />

und vernünftig zu handeln.<br />

sich mehr Sorgen darum, dass bei ihm ein Personalmangel<br />

entsteht, als dass die Gespenster<br />

ihm etwas antun könnten. Das Verkleiden als<br />

Butler zu Beginn der Ermittlungen gegen die<br />

rätselhaften spukenden Gestalten ist kaum<br />

noch zu übertreffen. Bassett repräsentiert den<br />

untätigen Reichen, der zwar sein ganzes Vermögen<br />

beim Börsencrash verloren hat, jedoch<br />

auf absurde Weise den Status quo aufrechterhalten<br />

will, anstatt sich mit seinen Problemen<br />

zu beschäftigen, geschweige denn eine Lösung<br />

für sie zu suchen. Derartige Vertreter der<br />

An „Das Haus der sieben Gespenster“ findet<br />

man auch nach über 8 Jahrzehnten einen überaus<br />

großen Gefallen. Ted Osborne wird Micky<br />

Maus in ein goldenes Zeitalter führen, und gemeinsam<br />

mit Gottfredson werden noch weitere<br />

und bedeutendere Comic-Meilensteine entstehen.<br />

Bis heute blühen diese Stripgeschichten<br />

von einer unglaublichen Vielzahl an Facetten<br />

von Micky, aber auch Orten, Gegnern oder der<br />

Handlung – das könnte man nicht einmal mit<br />

den vielen zahlreichen möglichen Stimmungen<br />

der Barks’schen Weihnacht vergleichen. Und<br />

auch zeichnerisch hat Gottfredson langsam zu<br />

seinem Punkt der ausgereiften künstlerischen<br />

Gestaltung gefunden. So realistische Bilder sind<br />

40


REZENSION<br />

Floyd Gottfredsons Passionen als Rezensionen – Folge 2: Das Haus der Sieben Gespenster<br />

selbst heute nicht mal eben so zu bekommen.<br />

Kritik kann man an diesen Geschichten fast gar<br />

nicht äußern, und wenn, wäre so minimal, dass<br />

man sie nicht erwähnen bräuchte. Gottfredsons<br />

Klassiker sind und bleiben die besten Micky-<br />

Maus-Abenteuer einer nicht ganz einfachen<br />

Zeit, und sie faszinieren damals wie heute junge<br />

und alte Leser. Mit „Das Haus der sieben Gespenster“<br />

schuf Floyd Gottfredson eine<br />

Horrorgeschichte erster Güte, die bestimmt zu<br />

den Top-Comic-Klassikern zählt!<br />

Quellen:<br />

David Gerstein: „Von Mäusen und Menschen.<br />

Floyd Gottfredson und die Entwicklung von Micky<br />

Maus. 1936–1938: Schwierige Zeiten.“ Floyd<br />

Gottfredson Library 4, Egmont Ehapa Media<br />

GmbH, Berlin 2021, S. 8–10.<br />

41


ILLUSTRATION<br />

„Die zwei Herzen des Klondike“<br />

Idee, Zeichnung und Kolorierung: Glückstaler (Entstehung: 2022)<br />

42


ILLUSTRATION<br />

„Frohes Fest!“<br />

Idee, Zeichnung und Kolorierung: Glückstaler (Entstehung: 2022)<br />

43


INTERVIEW<br />

Marco Gervasio<br />

Marco GERVASIO<br />

von Milian Schwab, David Bühring und Spectaculus – Übersetzung: Spectaculus<br />

Marco Gervasio, 1967 geboren, besuchte die<br />

Comicakademie Scuola Romana dei Fumetti,<br />

an der er inzwischen selber unterrichtet. 1997<br />

erschien mit der bisher nicht übersetzten Geschichte<br />

„Nel pallone“ sein erster Disney-Comic<br />

im „Topolino“. Besondere Aufmerksamkeit errang<br />

er in jüngerer Zeit durch seine Mitarbeit an<br />

der Wizards of Mickey-Reihe und seiner Reihe<br />

„Die Legende des ersten Phantomias“, die er<br />

schreibt und zeichnet.<br />

Inspirationen aus Gervasios früherer Schaffensphase,<br />

bevor er begann, das Leben des „Ersten<br />

Phantomias“ abzulichten. (Storycodes: I TL 2289-1;<br />

I TL 2352-1; I TL PKNA 47-1 (v. l. n. r.))<br />

D<br />

onalds Alter Ego Phantomias gibt es<br />

schon seit fünfzig Jahren. Was macht<br />

seinen langanhaltenden Erfolg aus?<br />

Jeder liebt Donald Duck, weil er unsere Charakterschwächen<br />

und Missgeschicke hat. Für<br />

eine Ente ist er sehr menschlich. Aber weil man<br />

ihn so oft verlieren sah, lieben es alle, ihn als<br />

44


INTERVIEW<br />

Marco Gervasio<br />

Phantomias siegen zu sehen. Seine Rolle des<br />

maskierten Rächers war und ist nach 50 Jahren<br />

noch immer ein Erfolg, weil sich Donald<br />

dadurch gegen die Ungerechtigkeiten ihm gegenüber<br />

wehren kann. Es ist das kleine Puzzleteil,<br />

welches Donald vorher fehlte.<br />

wirklich gerne die Skripts meiner Geschichten...<br />

und auch die Skripts für andere Zeichner. Es<br />

begeistert mich sehr, vielleicht, weil es für mich<br />

etwas Neues ist. Offensichtlich brauche ich<br />

zum Schreiben viel weniger Zeit als zum Zeichnen<br />

einer Geschichte.<br />

Wann haben Sie angefangen, Comics zu lesen?<br />

Ich fing an, Comics zu lesen, als ich noch sehr<br />

jung war... Vermutlich mit sechs Jahren. Im Alter<br />

von sieben las ich bereits Micky und Asterix<br />

und zeichnete in der Schule auf die Schulhefte.<br />

Zeichnen Sie lieber Cover oder Comics?<br />

Ich bevorzuge es, Comics zu zeichnen, aber ich<br />

genieße auch das Zeichnen von Covern.<br />

Eine ganz besondere Leistung ist es ja, im eigentlich<br />

etablierten Duck-Universum eine<br />

neue Figur einzufügen, die dann auch noch<br />

eine ganze Reihe an eigenen Geschichten bekommt.<br />

Was ist die Erfolgsstory hinter „Die Legende<br />

des ersten Phantomias“?<br />

Ich, als Fan von Mystery und Thriller, liebte<br />

Phantomias seit seiner ersten Geschichte. Und<br />

schon in dieser ersten Geschichte war ich vom<br />

nur genannten Gentleman-Dieb fasziniert, dessen<br />

Tagebuch und Kostüm Donald findet: Der<br />

erste Phantomias! Sein Name war von Geheimnissen<br />

umhüllt, und jahrelang fragte ich mich,<br />

wer dahinter steckte und was diese Person tat.<br />

Aber niemand hatte ihn danach thematisiert.<br />

Als ich für das „Topolino“ arbeitete und meine<br />

ersten Geschichten schrieb, konnte ich dieses<br />

Geheimnis selbst lüften: Und das war die Geburt<br />

von der „Legende des ersten Phantomias“.<br />

Was macht Ihnen mehr Spaß und was ist zeitaufwendiger?<br />

Das Schreiben eines Skriptes<br />

oder das Zeichnen eines Comics?<br />

Ich wurde als Cartoonist geboren und liebe das<br />

Zeichnen. Aber in letzter Zeit schreibe ich<br />

Wie haben Sie es geschafft, sich als Zeichner<br />

zu emanzipieren? In Ihren Frühwerken sieht<br />

man ja teilweise recht deutliche Kopien von<br />

Panels anderer Künstler (v. a. Cavazzano,<br />

Mastantuono und Freccero), aber im Laufe der<br />

Zeit haben Sie einen eigenen Stil entwickelt,<br />

der zwar weiterhin von diesen Zeichnern beeinflusst,<br />

aber trotzdem eigenständig ist.<br />

Am Anfang musste ich, wie alle anderen auch,<br />

viel lernen und kopierte von den großen Meistern.<br />

Dann gelang es mir mit viel Mühe und viel<br />

Arbeit langsam, mich von ihnen zu lösen und<br />

nach einem Stil zu suchen, der im Einklang mit<br />

ihnen bleibt und gleichzeitig die Eigenschaften<br />

beibehält, die ich von ihnen gelernt habe.<br />

Werden wir Micky noch mal als „Ranger Lone<br />

Micky“ sehen (LTB 463)? Wir finden die Geschichte<br />

„Die Legende von Ranger Lone Micky“<br />

(„The Top Ranger“) toll, und für eine Reihe<br />

hätte sie genug Potential...<br />

Danke! Ich liebe diese Geschichte auch! Ich<br />

würde gerne die Abenteuer von Ranger Lone<br />

Micky fortsetzen... Hoffentlich kann ich es früher<br />

oder später auch tun, wenn Donald und der<br />

erste Phantomias mir etwas Freizeit gönnen.<br />

Wie sehen Sie die Diversifizierung des Phantomias-Universums?<br />

Es gibt ja mit PKNA und<br />

seinen Spin-Offs, den französischen, brasilianischen,<br />

niederländischen und dänischen Storys<br />

eine Menge sehr verschiedener Interpretationen<br />

der Figur. Selbst in Italien unterscheiden<br />

45


INTERVIEW<br />

Marco Gervasio<br />

sich z. B. die Geschichten von Guido Martina<br />

und Giorgio Pezzin deutlich.<br />

Ich schätze all die Geschichten über Phantomias,<br />

auch wenn sie je nach den Ländern, in<br />

denen sie entstehen, sehr unterschiedlich sind.<br />

Und wie Sie sagen, haben selbst in Italien verschiedene<br />

Autoren verschiedene Vorstellungen<br />

von Phantomias bis hin zum „neuen Phantomias“<br />

PKNA, was eine „alternative“ heldenhafte<br />

Version des Rächers ist. „Mein“ Phantomias,<br />

also die Referenz für meine Geschichten<br />

und meine Saga, ist die Version von Guido<br />

Martina!<br />

Die Fantomius-Serie lebt nicht zuletzt von der<br />

Steampunk-Atmosphäre. Besteht dabei aber<br />

manchmal nicht auch die Gefahr, durch zu<br />

viele zu moderne Erfindungen einerseits Anachronismen<br />

zu produzieren und gleichzeitig<br />

das Potenzial einer für uns fremden Ära liegenzulassen?<br />

Wir denken da speziell an die tragbaren<br />

Dampftelefone, die uns nicht sonderlich<br />

gefallen, weil sie einfach zu sehr an Handys<br />

erinnern. Zu Guido Martinas Zeiten wäre das sicher<br />

keine Option gewesen.<br />

Da haben Sie Recht, die Steampunk-Atmosphäre<br />

ist ein Kennzeichen vom ersten Phantomias<br />

und den Erfindungen von Darendorf.<br />

Steampunk sorgt per Definition für Anachronismen.<br />

Es ist aber ein Stilmittel, auf das ich nicht<br />

verzichten kann, denn es hat auch zum Erfolg<br />

der Reihe geführt. Darüber hinaus ist Darendorf<br />

ein ultra-brillanter Erfinder und als solcher<br />

sollte es nicht überraschen, dass er unwahrscheinliche<br />

Werkzeuge für seine Zeit erfunden<br />

hat. Was tragbare Dampftelefone betrifft, so<br />

sind sie ein nützliches Kommunikationsmittel in<br />

Geschichten, welche an Dick Tracys oder Diaboliks<br />

[= italienischer Comic-held, Anm. d. Red.]<br />

Uhr erinnert.<br />

Martina hätte sie nicht in die Geschichte geschrieben?<br />

Wer weiß. Schließlich wurden in der<br />

klassischen Star-Trek-Serie tragbare Kommunikationsgeräte<br />

eingesetzt, die unseren Handys<br />

ähneln, und das viele Jahre vor deren Erfindung.<br />

Die Autoren<br />

der Fernsehserie<br />

kannten sie<br />

sicherlich nicht...<br />

Wir danken Ihnen<br />

für das aufschlussreiche<br />

Interview.<br />

Detta von Duz ist die<br />

treue Begleiterin des<br />

Ersten Phantomias und<br />

bestiehlt, genau wie er,<br />

die Reichen und gibt<br />

den Armen.<br />

Alle Bilder, die hier<br />

beim Interview abgebildet<br />

werden, wurden<br />

von Gervasio gezeichnet.<br />

46


INTERVIEW<br />

Marco Gervasio<br />

Das LTB 533 hat bis heute den längsten Titel überhaupt<br />

– und enthält gleichzeitig den 12. Teil der Serie<br />

„Die Legende des Ersten Phantomias“: Alles auf<br />

Anfang – Der Mann hinter der Edelmaske.<br />

„Dschingis Wan“, eine offensichtliche Anspielung<br />

auf die Gesichte „Der Erbe des Dschingis<br />

Khan“ (siehe auch S. 16–18).<br />

47<br />

Im LTB Premium 35 wurde erst vor kurzem der<br />

Großteil von Gervasios Meisterwerken rund um<br />

den Ersten Phantomias abgedruckt.


GESCHICHTE<br />

Weihnachten – next Generation<br />

WEIHNACHTEN - NEXT GENERATION<br />

von Ideeus (Text) und Spectaculus (Bilder)<br />

W<br />

ie in jedem Jahr wird<br />

auch in diesem (beinahe)<br />

überall auf der<br />

Welt Weihnachten gefeiert; so<br />

auch in Entenhausen und Umgebung.<br />

Doch warum steht Dagobert<br />

mit seinem getreuen Baptist in<br />

Oma Ducks Tür, dazu noch in Lumpen<br />

gekleidet und mit allerlei Putzzeug<br />

bewaffnet?! Nun, im Moment<br />

wissen wir auch noch nicht mehr<br />

als die Hofherrin, also hören wir<br />

doch ein wenig zu:<br />

„Dagobert?! Bist du das?! Wie<br />

kommst du mir denn vor?“<br />

„Gott zum Gruße, Dorette. Und ein<br />

frohes Fest wünsche ich dir.“<br />

„Was soll dieser Aufzug? Weihnachten<br />

steht vor der Tür und nicht<br />

Karneval.“<br />

„Das ist mir wohl bewusst. Aber ich<br />

hatte gerade ein wenig Zeit liegen. Da dachte<br />

ich mir: fährst du zu deiner Nennschwester und<br />

hilfst ihr beim Weihnachtsputz.“<br />

„Mach mir nichts vor. Ich kenne dich nur zu gut.<br />

Wenn du so unvermittelt bei mir aufkreuzt,<br />

dann nur, weil du dir etwas davon erhoffst. Erst<br />

recht, wenn du Putz- und Hilfsmittel stellst.“<br />

„Dein Misstrauen kränkt mich. Ich habe mich eigens<br />

in alte Putzkleidung geworfen und Baptist<br />

mitgebracht, nur um dir zur Hand zu gehen. Als<br />

Dank für die Einladung zur Weihnachtsfeier<br />

sozusagen.“<br />

„Mir fällt es ein wenig schwer zu glauben, dass<br />

du nur aus reiner Nächstenliebe handelst. Dafür<br />

bist du zu sehr Kapitalist.“<br />

„Nun gut, wenn mir der eine oder andere Gegenstand<br />

in die Hände kommt, den du nicht<br />

mehr benötigst, bin ich gerne bereit, mich seiner<br />

anzunehmen. Aber wirklich nur, wenn du ihn<br />

nicht mehr brauchst. Das ist wohl nicht zu viel<br />

verlangt. Geben ist seliger denn nehmen. Gerade<br />

zur Weihnachtszeit.“<br />

48


GESCHICHTE<br />

Weihnachten – next Generation<br />

„Daher weht also der Wind. Aber meinethalben.<br />

Es gibt sicher einiges, das ich entbehren kann.<br />

Von großem Wert ist allerdings nichts darunter.<br />

Da brauchst du dir gar nicht erst Hoffnungen<br />

machen.“<br />

„Wie gesagt, in erster Linie sind Baptist und ich<br />

hier, um dir bei den Weihnachtsvorbereitungen<br />

zu helfen. Man sagt mir schließlich nicht umsonst<br />

nach, ich hätte ein Herz aus Gold.“<br />

„In deinem Fall meint man es wohl ein wenig anders.<br />

Aber ich bin gerne bereit, an das Gute in<br />

dir zu glauben. Also, kommt nur rein.“<br />

„Wenn du nichts dagegen hast, werden wir auf<br />

dem Dachboden anfangen, dem Kehricht zu<br />

Leibe zu rücken. Ich kann mir vorstellen, dass<br />

der Staub deinen liebgewordenen Memorabilien<br />

zusetzt.“<br />

„Weißt du, ehrlich gesagt wäre es mir lieber,<br />

wenn du im Keller anfängst. Seit ich angefangen<br />

habe, mit Solarstrom zu heizen, sind mir die alten<br />

Kohleablagerungen dort ein rechter Dorn im<br />

Auge. Mit ein wenig Schmalz in den Armen ist<br />

das eine Angelegenheit von zwei, allerhöchstens<br />

drei Stunden.“<br />

„Nun gut. Baptist, Sie haben’s gehört. Dann mal<br />

frisch ans Werk. Ich werde dir solange bei den<br />

Weihnachtsplätzchen zur Hand gehen.“<br />

„Ich denke, Baptist wird mir in der Küche eine<br />

größere Hilfe sein als du. Den Keller kriegst du<br />

doch auch alleine hin.“<br />

„Was?! Aber …“<br />

„Wenn du natürlich eiligere Verpflichtungen<br />

hast, habe ich dafür Verständnis. Ich kann nicht<br />

erwarten, dass ein Fantastilliardär großartig etwas<br />

vom Saubermachen versteht. Erst recht,<br />

wenn er so viel beschäftigt ist wie du.“<br />

„Ich kümmere mich schon darum. Grmpf!“<br />

„Das freut mich. Und für uns beide, Baptist,<br />

setze ich erst mal einen guten Kaffee auf. Sie<br />

mögen doch Weihnachtsplätzchen?!“<br />

„Aber ja. Natürlich. Sehr gerne sogar.“<br />

Während Dagobert erst einmal im Keller den<br />

Feudel schwingt, wenden wir unseren Blick in<br />

seine Heimatstadt Entenhausen. Dort entschlossen<br />

sich Donald und seine Neffen in festlicher<br />

Stimmung zu einem Spaziergang unter<br />

allerlei weihnachtlichen Lichtern. Dem Festgefühl<br />

zum Trotz gibt es aber dennoch ein wenig<br />

Diskussionsbedarf zwischen den Generationen.<br />

„Brüder, seht mal da. Die Neuauflage von<br />

Raumschiff Entensteiß kommt in die Kinos. Da<br />

müssen wir auf jeden Fall dabei sein.“<br />

„Pah! Neuauflage, wenn ich das schon höre. Das<br />

heißt doch nur, dass den Drehbuchautoren<br />

nichts Neues mehr einfällt. Und überhaupt: Die<br />

neuen Darsteller können den alten doch niemals<br />

das Wasser reichen.“<br />

„Nur weil man alte Stoffe neu verfilmt, muss das<br />

doch nichts Schlechtes sein. Du wirst doch wohl<br />

einsehen, dass die früheren Darsteller ein wenig<br />

… nun ja, in die Jahre gekommen sind.“<br />

„Trotzdem. Nichts geht über das Original. In<br />

meiner Kindheit saßen meine Freunde und ich<br />

immer pünktlich vor dem Fernseher und haben<br />

uns jede Folge der Serie angesehen. Sogar<br />

mehrmals. Es gab nichts Größeres für uns. Und<br />

ob ihr es glaubt oder nicht, sogar Oma hat dann<br />

immer eine Pause von der Hofarbeit gemacht<br />

und mit uns geguckt.“<br />

„Oma Duck?! Wirklich?! Irgendwie kann ich mir<br />

das gar nicht vorstellen. Eigentlich ist sie doch<br />

viel zu bodenständig für Science-Fiction.“<br />

„Aber so war es. Sie hat für uns immer Sandwiches<br />

vorbereitet und dazu gab es selbstgemachte<br />

Limonade. Oder auch noch ofenwarmen<br />

Kuchen. Ach ja, welch selige Kükentage.<br />

<strong>49</strong>


GESCHICHTE<br />

Weihnachten – next Generation<br />

Ich weiß noch, einmal hab’ ich mir zu Weihnachten<br />

das Entensteiß-Raumschiff mit originalgetreuer<br />

Besatzung gewünscht und auch tatsächlich<br />

bekommen. Ich habe es stets in Ehren gehalten<br />

und viele glückliche Stunden damit verlebt.<br />

Leider habe ich keine Ahnung, was schließlich<br />

daraus geworden ist. Irgendwann war ich<br />

Spielzeug wohl einfach entwachsen. Die Erinnerungen,<br />

die ich damit verbinde, sind aber<br />

dennoch unersetzlich für mich. Außerdem hat<br />

es mir der Weihnachtsmann höchstselbst unter<br />

dem Baum gelegt.“<br />

„Leider haben nicht alle Menschen so viel Glück<br />

wie unsere Familie. Viele wissen nicht einmal,<br />

was sie zu Weihnachten unter den Baum legen,<br />

geschweige denn auf den Tisch bringen sollen.<br />

Zum Glück gibt es Leute wie Tante Daisy und ihr<br />

Damenkränzchen, die sich ihrer annehmen.“<br />

„Stimmt. Dieses Jahr richten sie das erste Mal<br />

das Weihnachtsfest für Entenhausens Waisenkinder<br />

aus. Die letzten dreißig Jahre hatte Frau<br />

Wohltat die Aufsicht darüber. Eigentlich, seitdem<br />

ich denken kann. Bei ihr war der Name Programm.<br />

Ich weiß gar nicht, wie vielen Kindern sie<br />

ein Festessen zum Christfest beschert hat und<br />

darüber hinaus auch immer noch ein Geschenk.<br />

Der Weihnachtsmann ist auch seit jeher derselbe.<br />

Soweit ich weiß, wird er auch dieses Jahr<br />

den Kindern die Gaben überbringen.“<br />

„Es müsste mehr solche Menschen geben.<br />

Wenn Onkel Dagoberts Milliardärsklub nur ein<br />

klein wenig freigiebiger wäre. Dann müsste wenigstens<br />

in Entenhausen niemand um seine<br />

Existenz fürchten.“<br />

„Ach, Jungs, ihr kennt doch diese Bonzen. Wenn<br />

sie ihre Spende nicht steuerlich absetzen oder<br />

wenigstens zu Werbezwecken vermarkten<br />

können, bleiben sie auf ihrem Geld hocken. Es<br />

ist eine Schande. Wenigstens Onkel Dagobert<br />

könnte sich großzügiger zeigen. Immerhin<br />

stammt er doch selbst aus ärmlichen Verhältnissen<br />

…“<br />

Ach ja, der gute Dagobert. Einst rang er nur mit<br />

seiner eigenen Hände Arbeit dem Yukon<br />

Gramm für Gramm sein Gold ab, um zu dem reichen<br />

Mann zu werden, der er heute ist. Und<br />

auch am heutigen Tag kämpft er sich durch allerlei<br />

Schmutz und Unrat. Jedoch kann er heute<br />

kein einziges Gramm Gold als Lohn erwarten.<br />

Schon seit Stunden kämpfen er und sein Besen<br />

gegen den alteingesessenen Kohlestaub in<br />

Oma Ducks Keller. Je sauberer dieser wird,<br />

umso schwärzer färben sich seine Kleidung und<br />

Gefieder. Wer ihn nicht kennt, hielte ihn glatt für<br />

einen Schornsteinfeger.<br />

Aber auch Baptist ist nicht untätig geblieben.<br />

Seit seiner ausgiebigen Kaffeepause bringt er<br />

gemeinsam mit Oma Duck deren Wohnräume<br />

für das Weihnachtsfest auf Hochglanz. Wo<br />

Franz sich gerade aufhält? Der ist Ehrengast<br />

beim großen Stollenwettbewerb in Gansbach.<br />

Seine bestens geeichte Zunge ist das perfekte<br />

Werkzeug, um den besten Stollenbäcker (neben<br />

Oma Duck) zu ermitteln.<br />

„Frau Großmutter, ich muss Ihnen sagen, es ist<br />

eine wahre Freude, Ihnen zur Hand zu gehen.<br />

Ich dachte, ich kenne bereits alle Tricks im<br />

Haushalt. Aber von Ihnen kann selbst ich noch<br />

so einiges lernen.“<br />

„Vielen Dank, Baptist. Ich kann mir schon vorstellen,<br />

dass Sie beim guten Dagobert … nennen<br />

wir es ‚kreativ‘ werden müssen, um das Haushaltsbudget<br />

zu schonen. Eigentlich sind Ihre Fähigkeiten<br />

an ihm glatt verschwendet. Aber im<br />

Vertrauen: Haben Sie eine Ahnung, was er bei<br />

mir zu finden hofft?“<br />

„Leider weiht er auch mich längst nicht in alle<br />

seine Pläne ein. Ich weiß nur, dass er heute früh<br />

wie von der Tarantel gestochen von seinem<br />

Schreibtisch aufsprang und mit mir zu Ihnen auf<br />

den Hof gefahren ist, nachdem er wie üblich<br />

Zeitung und Post durchgegangen ist. Aber es<br />

muss ihm eine Herzensangelegenheit sein.“<br />

50


GESCHICHTE<br />

Weihnachten – next Generation<br />

„Jaja, sein ‚Herz‘ aus Gold. Leider schlägt es<br />

auch nur für selbiges. Sogar zu dieser Jahreszeit.<br />

Aber ich wüsste wirklich nicht, was hier für<br />

ihn von Wert sein sollte. Wenn es so etwas<br />

gäbe, dann wüsste ich es. Naja, vielleicht ist ihm<br />

das Großreinemachen im Keller eine Lehre und<br />

er gibt klein bei. Aber so wie ich ihn kenne, ist<br />

das nur ein frommer Wunsch.“<br />

„Dorette … ächz … ich bin fertig. Dein Keller war<br />

noch nie so sauber wie heute. Ich werde dann<br />

mal mit Baptist auf den Dachboden gehen.“<br />

„Meiner Treu. Dagobert, wie siehst du denn aus?<br />

Derart verdreckt läufst du mir nicht durchs<br />

Haus. Sieh zu, dass du dich wäschst, dann werden<br />

wir weitersehen.“<br />

„Aber …“<br />

„Donald hat schon als Kind einsehen müssen,<br />

dass mit mir in diesem Punkt nicht zu sprechen<br />

ist. Dann hast auch du keine Chance. Oder<br />

denkst du, ich würde auf meine alten Tage<br />

weich?“<br />

„Aber danach …“<br />

„… schlägst du uns erst einmal einen Weihnachtsbaum.<br />

Die Forstverwaltung hat eigens für<br />

das Fest einige Bäume freigegeben. Wenn es<br />

dir allerdings zu viel Mühe macht, kannst du<br />

auch auf dem Dorfplatz einen erwerben. Ich<br />

könnte es verstehen, wenn …“<br />

„Kein Problem. Knirsch. Ich werde schon ein<br />

passendes Gehölz finden.“<br />

„Fein. Weihnachten ist immer ein ganz besonderes<br />

Fest für uns. Da darfst du nicht am falschen<br />

Ende knausern. Draußen findest du einen<br />

Schlitten, um ihn zu transportieren. Und sei bitte<br />

vorsichtig mit der Tür. Sie …“<br />

RUMMS!<br />

„… ist eigentlich ziemlich schwergängig.“<br />

„Sind Sie nicht ein wenig streng mit ihm, Frau<br />

Großmutter? Immerhin gehört er doch zu Ihrer<br />

Familie.“<br />

„Das kann er ab. Er soll nur merken, dass ich<br />

mich nicht gerne für dumm verkaufen lasse. Außerdem<br />

hat er selbst gesagt, dass er mir bei den<br />

Weihnachtsvorbereitungen zur Hand gehen<br />

möchte. Ich nehme ihn also nur beim Wort. Aber<br />

jetzt stärken Sie sich noch mit etwas Stollen. Immerhin<br />

müssen Sie nachher meine Augen und<br />

Ohren sein, wenn er sich durch meinen Dachboden<br />

wühlt. Wie gesagt, ich glaube nicht, dass<br />

etwas von Wert dort oben ist, aber in diesen<br />

Dingen irrt er eigentlich nie.“<br />

„Sie können sich auf mich verlassen. Schmatz!“<br />

Oje, der arme Dagobert. Welchen Schatz wähnt<br />

er bloß auf Oma Ducks Hof, der ihn all die Müh<br />

und Plag auf seine Schultern laden lässt? Eigentlich<br />

ist er ja selbst schuld, denn Oma Duck<br />

aufs Kreuz zu legen, ist noch keinem gelungen.<br />

Wäre es vielleicht besser gewesen, er spielte<br />

mit offenen Karten? Wahrscheinlich. Jetzt allerdings<br />

muss er erst noch eine dem Auge wohlgefällige<br />

Tanne finden, um an sein Ziel zu gelangen.<br />

Währenddessen ist die gute Daisy mit Händen<br />

und Füßen beschäftigt, die Stadthalle für ihre<br />

Weihnachtsfeier vorzubereiten. Man weiß ja,<br />

welche Mühe bereits das Weihnachtsfest für<br />

die eigene Familie bedeutet. Dann die Vorbereitungen<br />

für einen ganzen Pulk an jungen Menschen,<br />

die darüber hinaus vom Glück nicht gerade<br />

verwöhnt werden, zu treffen, verlangt<br />

schier Übermenschliches. Verständlich, dass<br />

man da manchmal nicht weiß, wo einem der<br />

Kopf steht.<br />

„Henriette, die Girlanden hängen noch um etwa<br />

12 Grad zu schief. So etwas tut doch in den Augen<br />

weh. Ach, Klarabella. Zünd die Kerzen am<br />

Adventkranz doch nicht jetzt schon an. Die<br />

brauchen wir doch noch, wenn unsere Gäste<br />

51


GESCHICHTE<br />

Weihnachten – next Generation<br />

kommen. Agathe, vergiss nicht, die gespendeten<br />

Stollen von Bäckermeister Bullerjahn abzuholen.<br />

Aber unterwegs nicht davon naschen.<br />

Die sind als Nachtisch eingeplant. Ach Kinder,<br />

wie sollen wir das nur alles jemals schaffen?!“<br />

„Daisy, meine Güte, beruhigen Sie sich doch.<br />

Wenn Sie sich überanstrengen, ist auch keinem<br />

geholfen.“<br />

„Ach, Frau Wohltat. Wie haben Sie das nur all<br />

die Jahre über geschafft? Wir sind so viele und<br />

doch will nichts so richtig klappen.“<br />

„Denken Sie etwa, bei mir lief es von Anfang an<br />

rund? Helfer für die Arbeit zu finden, war äußerst<br />

schwierig, und geben wollte auch niemand etwas.<br />

Dennoch ist es Jahr für Jahr eine schöne<br />

Feier geworden. Ich bin mir sicher, das wird es<br />

dieses Jahr auch. Da gab es das Jahr, als kein<br />

Weihnachtsbaum mehr aufzutreiben war und<br />

wir stattdessen eine Linde dekorieren mussten.<br />

Dann war da das Weihnachtsfest, als wir keinen<br />

Honig für die Lebkuchen hatten und stattdessen<br />

Melasse nehmen mussten. Einmal da hatten<br />

wir nicht einmal …“<br />

„Wirklich furchtbar, Frau Wohltat. Ganz<br />

schlimm. Aber ich muss mich jetzt wirklich um<br />

…“<br />

„Oder das eine Mal, als wir vergessen hatten<br />

den Kamin zu putzen und unser Weihnachtsmann<br />

deswegen aussah wie ein Schornsteinfeger.<br />

Das war vielleicht was. Und dann war da<br />

noch …“<br />

Schnellen Schrittes gelingt es Daisy, sich von<br />

der redseligen Frau Wohltat loszueisen. Es beruhigt<br />

sie zwar ein wenig, dass bei Frau Wohltat<br />

auch nie alles nach Plan lief, aber dennoch sitzt<br />

ihr vor Aufregung ein Kloß im Hals. Sollte der<br />

Abend misslingen, wären es vor allem arme<br />

Kinder, die darunter zu leiden hätten. Werden<br />

Sie und ihr Damenkränzchen den Herausforderungen<br />

gewachsen sein?<br />

„Puh! Frau Wohltat ist ja wirklich eine Seele von<br />

Mensch, aber wenn sie erst einmal zu erzählen<br />

anfängt, gibt es kaum noch ein Entkommen. Dabei<br />

ist noch so viel zu tun. Einmal, wenn Gustavs<br />

Glück mir nützen könnte, ist er ausgerechnet<br />

auf vierwöchiger Kreuzfahrt. Wo bleibt überhaupt<br />

Donald? Er und die Kinder sollten eigentlich<br />

losfahren, um den Weihnachtsbaum abzuholen<br />

und aufzuputzen. Denen werde ich mal<br />

Bescheid stoßen.“<br />

Derweil im Hause Duck…<br />

„Kümmert ihr euch schon einmal um die Vorbereitungen<br />

für das Abendessen, Jungs. Ich werde<br />

in meinem Ohrensessel erst einmal ausgiebig …<br />

meditieren.“<br />

„Dein Handy klingelt, Onkel Donald.“<br />

„Hat man denn nie seine Ruhe? Du meine Güte!<br />

Daisy! Die habe ich vollkommen vergessen. Eigentlich<br />

sollten wir Vier ihr schon längst in der<br />

Stadthalle zur Hand gehen.“<br />

„Dann geh mal lieber schnell ran, bevor sie noch<br />

wütender wird.“<br />

„Hallo, Schatz. Wir …“<br />

„&+%§!!!“<br />

„Weißt du, wir haben …“<br />

„§%+-*!!!“<br />

„Jawohl! Wir machen uns sofort auf den Weg!<br />

Los Kinder, es pressiert.“<br />

„Wohin? In die Stadthalle?“<br />

„Nein, auf den Marktplatz. Den gespendeten<br />

Weihnachtsbaum abholen. Das war ausdrücklich<br />

keine Bitte, sondern ein verbindlicher Befehl.“<br />

52


GESCHICHTE<br />

Weihnachten – next Generation<br />

„Übrigens, weißt du, was wir gerade in der Zeitung<br />

gelesen haben? Dein …“<br />

„Erzählt es mir später. Jetzt ist einzig und allein<br />

Daisys Wünschen Folge zu leisten. Ohne Recht<br />

auf Ein- und Widerspruch.“<br />

„Um deinetwillen, ja. Geh endlich den Dachboden<br />

sauber machen. Baptist ist hier auch schon<br />

fertig geworden und wird dir zur Hand gehen.<br />

Aber ich dulde keine Schludrigkeit. Es muss so<br />

sauber sein, dass kein Stäubchen mehr herumfliegt.<br />

Ansonsten kannst du unser Geschäft vergessen.“<br />

„Selbstredend.<br />

Knirsch! Baptist, gehen<br />

wir. Jetzt hat Ihr<br />

Lotterleben ein<br />

Ende.“<br />

„Sehr wohl, Chef!“<br />

„Ach, Dagobert.<br />

Wenn du bloß nicht<br />

immer alle anderen<br />

für dumm zu verkaufen<br />

versuchtest, würdest<br />

du manchmal<br />

drum herumkommen,<br />

dir das Leben<br />

so schwer machen.“<br />

„Hast du etwas gesagt,<br />

Dorette?“<br />

„Nichts.“<br />

Ja, auch die jungen Ducks haben so ihre Sorgen.<br />

Mittlerweile ist Dagobert aus dem Wald wiedergekehrt<br />

und stellt Oma Duck seinerseits die gewünschte<br />

Tanne ins Wohnzimmer. Doch die betrachtet<br />

das Nadelholz mit Skepsis, denn …<br />

„Bist du dir sicher, dass man diesen Baum schlagen<br />

durfte? Er wirkt mir ein wenig klein.“<br />

„Ob jetzt diesen oder einen anderen spielt doch<br />

nun wirklich keine Rolle. Die Hauptsache war,<br />

dass ich ihn auf den Schlitten bekommen habe,<br />

ohne ihn beim Transport über den Boden zu<br />

schleifen. Darf ich jetzt endlich …“<br />

Während Dagobert<br />

dem Ziel seiner Wünsche endlich näherkommt,<br />

ist Donald mit den Jungs inzwischen auf dem<br />

Marktplatz eingetroffen, um den gewünschten<br />

Weihnachtsbaum abzuholen. Allerdings hat<br />

auch diese scheinbar so simple Aufgabe ihre<br />

Tücken, wie ihnen der Händler gerade klarzumachen<br />

versucht.<br />

„Mit diesem Wägelchen wollen sie das Trumm<br />

abholen? Sie haben wohl kein Augenmaß.“<br />

53


GESCHICHTE<br />

Weihnachten – next Generation<br />

„Was heißt hier Augenmaß? Es handelt sich<br />

doch wohl nur um einen simplen Weihnachtsbaum.<br />

Dafür reicht mein 313 allemal.“<br />

„Vielleicht werfen Sie mal einen Blick auf das<br />

‚Bäumchen‘. Dann werden Sie schon sehen,<br />

wieso ich meine Zweifel hege.“<br />

„Herr, du meine Güte. Welchem Alptraum ist<br />

dieses Ungetüm entsprungen?“<br />

„Der Spender, Herr Klever, wollte sich eben<br />

nicht lumpen lassen. Soweit ich weiß, wollte er<br />

damit um jeden Preis großzügiger erscheinen<br />

als sein Konkurrent, ein gewisser Herr Duck.<br />

Sind Sie einem der Herren vielleicht schon einmal<br />

begegnet?“<br />

„Wir hatten schon das Vergnügen. Diesem Mutanten<br />

ist mein 313 keinesfalls gewachsen. Wie<br />

sollen wir ihn bloß in die Stadthalle bringen?“<br />

„Wenn es Ihnen nur darum geht, wüsste ich<br />

vielleicht Abhilfe. Für schwere Fälle bieten wir<br />

entsprechendes Fahrwerk an.“<br />

„Warum sagen Sie das nicht gleich? Sie machen<br />

mich fertig, Mann. Kommt, Kinder, helft mir, den<br />

Kran zu bedienen.“<br />

„Moment, Sportsfreund. Dieser Klever hat nur<br />

für den Baum gelöhnt. Das Transportfahrzeug<br />

kostet extra.“<br />

„Das hätte ich mir gleich denken können. Wieviel?“<br />

„Da wären: Kosten für TÜV, neue Lackierung in<br />

ansprechendem Grün sowie ein Duftbäumchen,<br />

die Pauschale für Abnützung der Winterreifen<br />

sowie deren Auswuchtung, das Nachfüllen des<br />

Frostschutzmittels und die Versorgung mit bestem<br />

Motoröl. Weiters die Einweisung in die Eigenheiten<br />

des Fahrzeugs und schließlich noch<br />

ihr großzügig bemessenes Trinkgeld. Macht<br />

summa summarum 725 …, ach sagen wir Achthundert<br />

Taler glatt. Weil Weihnachten ist.“<br />

„Wie großzügig. Das ist mein ganzes Weihnachtsgeld.<br />

Hmpf.“<br />

„Die Firma dankt. Dafür dürfen Sie sogar meinen<br />

Kran benützen. Das ist doch sehr großzügig von<br />

mir.“<br />

„Kommt, Kinder, lasst uns das Monstrum verladen,<br />

bevor ich diesem Kerl noch … richtig fest<br />

um den Hals falle aus lauter Dankbarkeit.“<br />

„Kennst du dich denn überhaupt mit dieser Maschine<br />

aus, Onkel Donald?“<br />

„Aber klar doch. Das ist ein WARFORD 2412-1.<br />

Den gleichen benutze ich auch zum Umherwuchten<br />

der Geldsäcke in Onkel Dagoberts<br />

Geldspeicher. Den würde ich mit verbundenen<br />

Augen bedienen können.“<br />

„Lass sie trotzdem lieber offen. Mit diesem Kaventsmann<br />

von Tanne kann man ordentlich<br />

Schaden anrichten.“<br />

„Ähm, Onkel Donald…“<br />

„Später. Ihr seht doch, dass ich beschäftigt bin.“<br />

„Du hast dich aber vertan. Das ist kein<br />

WARFORD 2412-1, sondern ein WARFORD 2412-<br />

7. Laut unserem Schlauen Buch besteht der Unterschied<br />

darin, dass die Hebel zum Heben und<br />

zum Schwenken vertauscht sind.“<br />

„Wie? WAH! Obacht, Kinder.“<br />

CRASH! Mit gewaltigem Schwung hat Donald<br />

seine riesige Tanne in eine Aufstellung normalgroßer<br />

gelenkt und diese damit quasi zum zweiten<br />

Mal gefällt. Ein nicht unübliches Desaster für<br />

unseren Helden im Matrosenjäckchen. Doch die<br />

wesentliche Frage ist: Sind alle Beteiligten unverletzt,<br />

und: Kommt Donald ungeschoren aus<br />

der Sache heraus?<br />

54


GESCHICHTE<br />

Weihnachten – next Generation<br />

„Ich wage kaum hinzusehen, Kinder. Ist unser<br />

Baum unbeschädigt?“<br />

„Der schon, allerdings die anderen nicht.“<br />

„Wenn wir schnell vom Platz fahren, sind wir<br />

vielleicht schon weg, bevor …“<br />

„Zu spät. Da kommt bereits der Aufseher.“<br />

„Mein lieber Scholli! Was für ein Anblick. Das<br />

sind gut und gerne 15 Weihnachtsbäume, die<br />

sie da demoliert haben. Das kostet sie eine<br />

ganze Stange Geld, mein Freund.“<br />

Während der Händler Donald eine Rechnung<br />

ausstellt, die sich gewaschen haben wird, lassen<br />

wir unser Augenmerk doch wieder in Richtung<br />

Quackhausen schweifen, auf Oma Ducks<br />

Bauernhof. Dagobert hat seine Tätigkeit als<br />

Putz- und Hilfskraft erfolgreich hinter sich gebracht.<br />

Nun ist es an Oma Duck, die Gegenstände<br />

zu beurteilen, die er sich als Belohnung<br />

ausgewählt hat.<br />

„Einige alte Bilderrahmen … in Ordnung. Das<br />

Grammophon kann ich auch entbehren. Die<br />

Kerzenständer von Großvater Emil hast du dir<br />

auch ehrlich verdient. Aber was ist das denn?!“<br />

„Was denn?!“<br />

„Das ist Donalds geliebtes Entensteiß-Raumschiff<br />

aus Kindertagen. Wie viele Stunden hat er<br />

damit zugebracht, mit ihm zu spielen?! Bei dem<br />

Anblick geht mir so richtig das Herz auf.“<br />

„Ach wirklich? Nun, aus dem Alter dürfte er jetzt<br />

ja raus sein.“<br />

„Damals habe ich wie verrückt versucht, es aufzutreiben,<br />

habe aber beim besten Willen kein<br />

Exemplar mehr davon ergattern können. Welche<br />

Ironie, wenn man bedenkt, dass du der Hersteller<br />

warst.“<br />

„War ich das?! Sei es drum. Für mich ist es nur<br />

ein origineller Briefbeschwerer.“<br />

„Auf jeden Fall kann ich es dir nicht einfach so<br />

überlassen.“<br />

„Was?! Aber wieso denn?!“<br />

„Weil es nun einmal Donald gehört und nicht<br />

mir. Außerdem hat es ihm der Weihnachtsmann<br />

damals höchstselbst unter dem Baum gelegt.<br />

Es gibt keine andere Erklärung.“<br />

„Aber Donald ist doch schon viel zu alt dafür.“<br />

„Du etwa nicht?! Nein, wenn du es haben willst,<br />

musst du dir schon mit ihm einig darüber werden.<br />

Sonst wird nichts daraus.“<br />

„Hmpf! Na schön, ich werde mit ihm darüber reden.<br />

Baptist, kommen Sie!“<br />

„Gleich. Ich möchte mich nur in aller Ruhe von<br />

Frau Duck verabschieden.“<br />

„Psst! Wissen Sie, warum <strong>Bertel</strong> so auf dieses<br />

alte Spielzeug erpicht ist?“<br />

„Nein, aber ich werde die Ohren offenhalten. Ich<br />

kann es mir nur so erklären, dass er sich davon<br />

irgendetwas erhofft.“<br />

„BAPTIST!!!“<br />

Der gestrenge Ton seines Meisters lässt den armen<br />

Butler in seinen Grundfesten erschaudern.<br />

Er weiß nur zu gut, dass mit seinem Chef in dieser<br />

Verfassung nicht zu scherzen ist.<br />

„Ich komme schon.“<br />

Soso, Donalds altes Entensteiß-Raumschiff mit<br />

originalgetreuer Besatzung hat es unserem<br />

Griesgram also angetan. Doch warum bloß?<br />

Schließlich ist es doch nur ein altes Kinderspielzeug,<br />

wenn auch ein damals ziemlich begehrtes.<br />

Und woher wusste er überhaupt, dass sich<br />

55


GESCHICHTE<br />

Weihnachten – next Generation<br />

eines auf Oma Ducks Dachboden befand? Fragen<br />

über Fragen. Zumindest hat Oma Duck es<br />

ihm überlassen, um damit bei Donald vorstellig<br />

zu werden.<br />

Dieser ist derweilen bereits um einiges klüger<br />

geworden. Einerseits darum, dass Weihnachtsbäume<br />

im guten Dutzend ziemlich teuer kommen<br />

können, andererseits darum, dass die alten<br />

Methoden oftmals die Besten sind. Mit einem<br />

ausgeklügelten System aus Rollen und einem<br />

Flaschenzug haben er und die Kinder in der<br />

Zwischenzeit den kolossalen Weihnachtsbaum<br />

in der Stadthalle aufgestellt und sind nun dabei,<br />

ihm mithilfe des Damenkränzchens ein schmuckes<br />

Kleid anzulegen …<br />

„Was mich das wieder gekostet hat. Weil mein<br />

Geld nicht gereicht hat, musste ich dem Gierschlund<br />

auch noch meinen 313 verpfänden.<br />

Rückzahlbar bis Neujahr. Keine Ahnung, woher<br />

ich so viel Geld nehmen soll.“<br />

„Das wollten wir dir vorhin schon erzählen. In der<br />

heutigen Zeitung war eine Meldung über einen<br />

spleenigen Ölmilliardär aus Duxas. Der ist auf<br />

der Suche nach genau so einem alten Entensteiß-Raumschiff,<br />

wie du es als Kind hattest.<br />

Demjenigen, der ihm als erster ein solches<br />

Exemplar überlässt, bietet er die Summe von<br />

50.000 Talern. Das wäre doch ein Ausweg.“<br />

„50.000 Taler?! Wirklich so viel?! Kinder, das<br />

wäre ein Segen. Immerhin ist unser 313 schon<br />

fast so etwas wie ein Mitglied der Familie. In<br />

dem Fall wäre ein Verkauf schon eine Überlegung<br />

wert. Aber leider habe ich keine Ahnung,<br />

wo es abgeblieben sein könnte.“<br />

„Vielleicht sollten wir Oma fragen. Ordnungsliebend<br />

wie sie ist, könnte sie es als Andenken aufbewahrt<br />

haben. Du könntest sie doch bei unserer<br />

Weihnachtsfeier darauf ansprechen.“<br />

„Macht euch lieber keine allzu großen Hoffnungen.<br />

Ihr kennt doch mein Pech. Sicher hat sie es<br />

schon vor Jahren aussortiert.“<br />

„Donald! Wo bist du?“<br />

„Onkel Dagobert? Was willst du denn hier?“<br />

„Mein lieber Neffe. Ganz besonders frohe Weihnachten<br />

wünsche ich dir. Schön, dich bei bester<br />

Gesundheit zu sehen.“<br />

„Wenn du dich so einschmeichelst, hat das<br />

doch sicher einen Grund.“<br />

„Aber i wo! Nicht doch … Du weißt doch sicher<br />

noch nicht, was du mir zu Weihnachten schenken<br />

sollst. Da gäbe es diese winzig kleine Sache,<br />

die dich noch nicht mal einen müden Kreuzer<br />

kosten wird.“<br />

„Da bin ich aber mal gespannt. Normalerweise<br />

zahle ich bei dir immer drauf.“<br />

„Auf dem Dachboden deiner Großmutter bin ich<br />

zufällig über dieses unscheinbare, wirklich<br />

schäbige Spielzeug gestoßen. Wenn du nichts<br />

dagegen hast, würde ich mich gerne seiner annehmen.“<br />

„Mein Entensteiß-Raumschiff!!! Nachtigall, ich<br />

hör dir trapsen. Du warst also, rein zufällig, bei<br />

Oma zuhause, hast, rein zufällig, meine alten<br />

Sachen durchforstet und dabei mein Spielzeug-<br />

Raumschiff gefunden. Und weil du auf deine alten<br />

Tage deine Kindheit nachholen möchtest,<br />

wünscht du es dir von mir zu Weihnachten, richtig?!<br />

Weißt du, was ich denke?“<br />

„?“<br />

„Dass du der größte Raffzahn bist, den diese<br />

Welt je gesehen hat. Du weißt natürlich nichts<br />

von dieser 50.000 Taler hohen Belohnung von<br />

diesem Ölmagnaten aus Duxas. Die wolltest du<br />

kaltlächelnd einstreifen, ohne mir auch nur einen<br />

Kreuzer davon abzugeben. Du solltest dich<br />

was schämen, du Rabenonkel. Aber ich bin ja<br />

nicht so, du sollst mein Raumschiff haben … für<br />

56


GESCHICHTE<br />

Weihnachten – next Generation<br />

50.000 Taler und keinen Kreuzer weniger. Zahlbar<br />

bei Abholung. Wenn es dir wirklich nur auf<br />

das Spielzeug ankommt, wird es dir das ja wohl<br />

wert sein. Und jetzt geh und lass uns in Ruhe<br />

weiterarbeiten, für Menschen, die weit weniger<br />

begütert sind als du.“<br />

„Aber …“<br />

Da fehlen Dagobert doch glatt einmal die<br />

Worte. Für nicht weniger als fünfzigtausend Taler<br />

hat er sich auf Oma Ducks Hof all der Müh<br />

und Plag ausgesetzt und doch geht er jetzt leer<br />

aus. Die fünfzigtausend Taler kommen Donald<br />

gerade recht, um seinen 313 zurückzukaufen;<br />

und auch noch für einige weitere Annehmlichkeiten.<br />

Damit hat sich für unseren allseits beliebten<br />

Pechvogel alles in Wohlgefallen aufgelöst,<br />

gerade rechtzeitig zu Weihnachten.<br />

Die Geschichte könnte an diesem Punkt jetzt<br />

gut zu Ende sein, allerdings war das noch nicht<br />

alles, was sich heute ereignen soll …<br />

„Eigentlich fällt es mir jetzt doch schwerer als<br />

gedacht, mich von meinem Raumschiff zu verabschieden,<br />

Kinder. Es hängen doch viele Erinnerungen<br />

daran.“<br />

„Naja, eine Weile hast du es ja noch. Der Tycoon<br />

aus Duxas ist im Moment ja nicht zu erreichen.“<br />

„Trotzdem ist es eigentlich zu schade, um hinter<br />

einer Vitrine zu verstauben. Spielzeug ist zum<br />

Spielen da, finde ich.“<br />

„Onkel Donald, sieh mal, wer da kommt.“<br />

„Onkel Dagobert?! Wo willst du denn mit dem<br />

Geldsack hin?“<br />

„Hier bitte. Fünfzigtausend Taler, genau abgezählt.<br />

Dafür hätte ich jetzt gerne das Raumschiff.“<br />

„Was?!“<br />

„Der Preis dafür lag doch bei fünfzigtausend Talern.<br />

Dafür hätte ich jetzt gerne das Spielzeug.<br />

Ah, da ist es ja.“<br />

„Ja, aber …“<br />

„Vielen Dank, aber du solltest dich schämen,<br />

deinen alten Onkel so zu schröpfen. Nun, denn,<br />

gehab dich wohl, Neffe. Ich muss wieder los.“<br />

„Versteht ihr, was gerade passiert ist, Kinder?“<br />

„Nicht unbedingt. Nur, dass Onkel Dagobert<br />

scheinbar wirklich mehr an diesem Spielzeug<br />

gelegen haben muss, als wir dachten. Selbst,<br />

wenn er es jetzt noch verkauft, macht er keinen<br />

Kreuzer Profit mehr damit.“<br />

„Tut es dir jetzt leid, dass du es verkauft hast?“<br />

„Naja, immerhin kann ich mit der Lösung leben.<br />

Und uns bleibt jetzt der 313 erhalten. Das ist<br />

auch etwas wert.“<br />

Die Freude ist auf Seiten Donalds nicht ungetrübt.<br />

Einerseits ist es schön, sich eine Weile<br />

keine Sorgen mehr um Geld machen zu müssen,<br />

andererseits ist ein Stück seiner Kindheit<br />

jetzt unwiederbringlich dahin. So ist es ganz gut,<br />

dass ihn die weiteren Vorbereitungen für das<br />

Fest in der Stadthalle stark vereinnahmen, das<br />

aus organisatorischen Gründen bereits heute,<br />

am 23. Dezember, stattfindet. Langsam füllen<br />

sich die Esstische, wo alt und jung mit Genuss<br />

Truthahn verspeist. Dazu gibt es köstliche Klöße<br />

und Rotkraut; zum Nachtisch werden neben alkoholfreiem<br />

Punsch frischgebackene Stollen<br />

und Weihnachtsgebäck gereicht. Zumindest an<br />

diesem Abend sollen Entenhausens Sorgenkinder<br />

ihrer Sorgen ledig sein und sich am Gabenfest<br />

erfreuen. Auch Familie Duck ist zugegen<br />

und hilft weiter nach Leibeskräften. Nur der Patriarch<br />

fehlt, wie üblich. Mit Gefühlsduselei hat er<br />

so seine Probleme und mit Weihnachten im Besonderen.<br />

57


GESCHICHTE<br />

Weihnachten – next Generation<br />

Auf das Jungvolk wartet dagegen noch eine besondere<br />

Attraktion, nämlich der Auftritt des<br />

Weihnachtsmannes, der sie mit jeweils einem<br />

Geschenk bedenken wird. Man kann förmlich<br />

sehen, wie die Kinderaugen immer größer werden,<br />

als durch den Kamin altvertrautes Gelächter<br />

hallt und der altehrwürdige Mann in Rot mit<br />

seinem Gabensack durch selbigen plumpst ...<br />

„Ho, ho, ho, seid ihr auch alle immer brav gewesen?“<br />

„JAAAAAAAAAA, WEIHNACHTSMANN!“<br />

„Dann wollen wir doch einmal sehen, was ich<br />

hier für euch habe. Ein Geschenk gibt es für Alwin,<br />

eines für Benno, das hier ist für die kleine<br />

Christine und das hier für Daphne. Dann hätten<br />

wir hier noch eines für Emilie…“<br />

„Der Weihnachtsmann macht das toll, findet ihr<br />

nicht, Brüder?“<br />

„Und ob. Und du weißt auch nicht, wer das ist,<br />

Tante Daisy?“<br />

„Nein, tut mir leid, Jungs. Solange es dieses Fest<br />

gibt, kommt er schon und verteilt Geschenke.<br />

Soweit ich weiß, finanziert er sie auch noch aus<br />

eigener Tasche. Es ist wirklich ein Segen, dass<br />

wir ihn haben. Sonst wäre das Ganze auch nicht<br />

zu stemmen. Die Lebensmittel werden uns von<br />

diversen Unternehmern zur Verfügung gestellt,<br />

aber für Geschenke gibt praktisch keiner was.<br />

Wir sollten lieber Nützliches schenken als<br />

Spielzeug, sagen sie. Es ist eine Schande.“<br />

„Gut, dass unser Weihnachtsmann da anders ist.<br />

Seht mal, er ist inzwischen schon fast beim letzten<br />

Kind angekommen.“<br />

„Woher weiß er überhaupt, was er ihnen schenken<br />

soll?“<br />

„Wir lassen die Kinder ihren Wunschzettel in einen<br />

Briefumschlag stecken und dann lässt er<br />

sie abholen. So will er sicher gehen, dass wirklich<br />

ein jedes bekommt, was es sich wünscht.“<br />

„Und das hier ist für Zahra. Frohes Fest, meine<br />

Kleine.“<br />

„Das wünsche ich dir auch, Weihnachtsmann.<br />

Ui, ist das toll. Darf ich es gleich auspacken? Wie<br />

toll, ein echtes Entensteiß-Raumschiff, wie aus<br />

meiner Lieblingsserie. Genau das hab’ ich mir<br />

gewünscht. Ich hab’ dich lieb, Santa.“<br />

Ungläubiges Staunen macht sich in den Augen<br />

von Donald und den Seinen breit. Dass es sich<br />

bei dem Geschenk um einen bloßen Zufall handelt,<br />

ist auszuschließen. Immerhin war das<br />

Spielzeug schon in Donalds Kindheit hoffnungslos<br />

vergriffen. Aber würde er wirklich so viel<br />

Geld ausgeben, nur um einem kleinen Mädchen<br />

seinen Weihnachtswunsch zu erfüllen?<br />

„Jungs, habt ihr auch so einen Verdacht, wer<br />

sich hinter dem weißen Bart verstecken<br />

könnte?“<br />

„Wir denken schon, Onkel Donald. Komm, bringen<br />

wir ihm ein Stück Stollen. Wahrscheinlich<br />

hat er sich den ganzen Tag wieder einmal nur<br />

von altbackenem Brot und Leitungswasser ernährt.“<br />

„Soso, sieht aus, als hätten wir dich falsch eingeschätzt,<br />

du alter Rauschebart. Dass du derart<br />

tief in deine Tasche greifst, um einem Kind seinen<br />

Weihnachtswunsch zu erfüllen, hätten wir<br />

nie gedacht. Noch dazu, ohne Werbung damit<br />

zu machen.“<br />

„Dass ihr mir auf die Schliche gekommen seid,<br />

ist wirklich ein Unding. Wehe, ihr erzählt das<br />

weiter. Wenn die Welt davon erfährt, bin ich erledigt.<br />

Spendensammler werden mich und meinen<br />

Geldspeicher belagern und für die unsinnigsten<br />

Zwecke von meinem Erspartem zehren<br />

wollen.“<br />

58


GESCHICHTE<br />

NACHRUF<br />

Weihnachten François Corteggiani – next Generation<br />

„Keine Sorge, wir behalten es für uns. Aber woher<br />

wusstest du eigentlich, dass ich so ein<br />

Raumschiff … sag bloß, du warst damals schon<br />

der edle Spender, der es mir unter den Baum<br />

gelegt hat.“<br />

„Wer denn sonst?! Mir kam damals zu Ohren,<br />

dass deine Großmutter vergeblich versucht hat,<br />

eines zu erstehen. Ich hatte als Produzent gerade<br />

noch eines auf Lager.“<br />

„Aber es war dennoch sehr kostspielig, dem<br />

kleinen Mädchen seinen Wunsch zu erfüllen.<br />

Was, wenn es das kostbare Spielzeug kaputt<br />

macht?“<br />

„Pah! Duck-Produkte sind Markenware. Wenn<br />

selbst du es über die Jahre nicht klein gekriegt<br />

hast, mache ich mir bei der kleinen Zahra erst<br />

recht keine Sorgen. Außerdem bin ich mir sicher,<br />

dass es im Wert noch steigen wird. Immerhin<br />

ist es nicht einfach nur ein beliebiges<br />

Exemplar, sondern sogar der Prototyp. Den gibt<br />

es nur einmal auf der ganzen Welt. Dafür findet<br />

sich immer ein Liebhaber. Wenn die Zeit gekommen<br />

ist, kann sie später einmal damit sogar<br />

ihre Ausbildung finanzieren.“<br />

„Wenn du dich derart von deiner großzügigen<br />

Seite zeigst, wollen wir auch nicht dahinter zurückstehen.<br />

Jungs, was haltet ihr davon, wenn<br />

wir unsere fünfzigtausend Taler dem Damenkränzchen<br />

zur Verfügung stellen, damit es sich<br />

auch während des Jahres um die Armen dieser<br />

Stadt kümmern kann? Für meinen 313 findet<br />

sich schon eine Lösung, das hat es immer.“<br />

Selbstredend findet der Vorschlag die einhellige<br />

Zustimmung von Tick, Trick und Track. Und<br />

auch Donalds Wägelchen wird nicht unter einem<br />

neuen Besitzer leiden müssen. Ein „anonymer<br />

Spender“ wird sich des Problems annehmen<br />

und die Schuld tilgen. Wer es ist? Nun, sagen<br />

wir, es ist der Weihnachtsmann …<br />

59


NACHRUF<br />

François Corteggiani<br />

NACHRUF: François Corteggiani<br />

von Duck-Mouse-Forscher<br />

F<br />

rançois Corteggiani ist am 21. September<br />

2022, seinem 69. Geburtstag, gestorben.<br />

Er gehörte zu den bekanntesten<br />

französischen zeitgenössischen Comicautoren.<br />

Corteggiani war sehr vielseitig und beherrschte<br />

mehrere Stile: Vom aufregenden<br />

Abenteuer bis zur seichten Komödie.<br />

Corteggiani schrieb mehr als 1.500 Disney-Geschichten<br />

mit den Ducks, aber auch mit den<br />

Mäusen. Am häufigsten wurden die Comics<br />

von Giorgio Cavazzano gezeichnet, der erst<br />

neulich 75 Jahre alt wurde.<br />

In den letzten sieben Lebensjahren zog sich<br />

Corteggiani fast ganz vom Skriptschreiben zurück.<br />

In Erinnerung bleibt das, was er uns hinterlassen<br />

hat.<br />

Eine kleine Auswahl seiner Werke:<br />

– „Die verlorene Welt“ (Zu finden im LTB<br />

213, sowie im LTB Spezial 59 und in der<br />

LTB Sonderedition 3/2020.)<br />

– „Der nachtaktive Onkel“, (LTB 211 und<br />

LTB Halloween 8)<br />

– „Angst vor der Bestie“ (Donald-Duck-<br />

Taschenbuch 458 und LTB-Sonderband<br />

2 – 85 Jahre Donald Duck)<br />

– Die Serie „Donald, der erste Geheimagent“<br />

– „Die Suche nach dem Feuer“ (LTB 182,<br />

Enthologien 13 und in Der Stammbaum<br />

der Ducks)<br />

60


NACHRUF<br />

François Corteggiani<br />

61


NACHRUF<br />

François Corteggiani<br />

Diese und die vorherige Seite:<br />

Panels aus Corteggianis wohl<br />

bekanntester Geschichte „Die<br />

verlorene Welt“.<br />

Storycode: I TL 2041-1P<br />

Die zeichnerische Umsetzung<br />

erfolgte Mitte der 1990er von<br />

Giorgio Cavazzano.<br />

62


INTERNES<br />

Leserbriefe<br />

Leserbriefe<br />

von der Redaktion<br />

E<br />

s ist gar nicht so lange her, da gab es im<br />

„Die tollsten Geschichten von Donald<br />

Duck – Sonderheft“ ein Leserforum. Dieses<br />

existierte über einen nicht kleinzuredenden<br />

Zeitraum von 19 Jahren und bot die Möglichkeit,<br />

mit dem Egmont-Ehapa-Verlag in Kontakt<br />

zu treten.<br />

Wir vom <strong>Bertel</strong>-<strong>Express</strong> haben uns auch mit<br />

dieser Idee auseinandergesetzt und darüber<br />

beraten, ob wir uns auch mit unseren Lesern<br />

austauschen wollen. Mittlerweile ist der <strong>Bertel</strong>-<br />

<strong>Express</strong> schon ziemlich bekannt; und doch<br />

freuen wir uns stets über Verbesserungsvorschläge,<br />

Anmerkungen oder einfach nur ein<br />

paar Worte der Leserschaft, was sie von unserem<br />

Magazin hält. Ein Leserforum, so dachten<br />

wir uns, böte sicherlich eine nette Gelegenheit,<br />

genau das zu tun. Fortan ist auf dieser Seite hier<br />

also Platz für etwas von euch! (Und falls wir<br />

Berge von Fanpost bekommen sollten, könnten<br />

wir uns auch vorstellen, diese eine Seite zu zwei<br />

Seiten zu erweitern.)<br />

Alles, was ihr tun müsst, ist, uns einen Leserbrief<br />

zu schreiben. Ihr könnt uns etwas fragen, Verbesserungen<br />

in den Raum bringen oder sagen,<br />

wie gut ihr den <strong>Bertel</strong>-<strong>Express</strong> im Gesamten findet.<br />

Auch eine Möglichkeit wäre, etwas speziell<br />

zur 50. Ausgabe des BE zu schreiben…<br />

Und so einfach geht’s:<br />

Ran an den Computer und uns etwas schreiben – Glückwünsche,<br />

Fragen oder Tipps – E-Mail senden und warten,<br />

bis Dein virtueller Brief hier beantwortet wird!<br />

E-Mail-Adresse: bertel-express@gmx.net.<br />

Damit das aber klappt, und wir hier wirklich ein<br />

kleines Leserforum etablieren können, müssen<br />

wir genug Fanpost erhalten. Ein oder zwei virtuelle<br />

Briefe reichen da nicht aus. Also, macht mit!<br />

63


LYRICS<br />

From All of Us to All of You –<br />

LYRICS:<br />

From All of Us to All of You – Wir wünschen euch ein frohes Fest<br />

von David Bühring<br />

N<br />

icht alles, was Disney in den Vereinigten<br />

Staaten ausstrahlt, kommt nach<br />

Deutschland. Die von Walt Disney<br />

persönlich moderierte Serie „Disneyland“ gehört<br />

zu den Walt-Disney-Anthologie-Serien,<br />

die es nicht nach Deutschland schafften. Das<br />

Weihnachtsspecial zur fünften Staffel 1958<br />

hieß „From All of Us to All of You“ und wird<br />

nach einem Intro Disneys von Jiminy Cricket<br />

moderiert. Nach der Premiere wurde das Special<br />

ab den Achtzigern unregelmäßig und mit<br />

neuen Cartoon-Ausschnitten aktualisiert ausgestrahlt.<br />

Dieses Special schaffte es auch mit oft anderen<br />

Cartoons nach Dänemark, Finnland, Norwegen,<br />

Schweden, Russland und Frankreich.<br />

Jiminys einleitendes, gleichnamiges Lied gab<br />

es in abgewandelter Form auch auf einem Album<br />

und in „Sing mit uns: Die schönsten Weihnachtslieder“.<br />

Die „Sing mit uns“-Variante<br />

brachte sein Lied auch endlich auf Deutsch<br />

und blieb auf der VHS das einzige Disney-Lied<br />

der Weihnachtslied-Sammlung.<br />

64


Wir wünschen euch ein frohes Fest<br />

LYRICS<br />

From all of us to all of you,<br />

a very Merry Christmas<br />

For all this bright and joyful night,<br />

we’re glad to have you with us<br />

So gather ‘round the lovely tree,<br />

get ready for some singin’<br />

And see how happy we will be<br />

while all the bells are ringin’<br />

Ding-dong-dingle!<br />

We’ll sing a Christmas song!<br />

Ding-dong-dingle!<br />

And you can sing along!<br />

So join right in and sing out loud,<br />

we’re glad to have you with us<br />

You can’t go wrong, just sing along,<br />

and have a Merry Christmas!<br />

A very...<br />

Merry...<br />

Christmas!<br />

Wir wünschen euch ein frohes Fest,<br />

wir freuen uns ja mächtig,<br />

euch Weihnachtslieder vorzustell'n,<br />

mal einfach und mal prächtig.<br />

Nun setzt euch untern Weihnachtsbaum,<br />

vergesst nicht mitzusingen,<br />

‘nen schön’ren Klang, den gibt’s wohl kaum,<br />

als wenn die Glocken klingen!<br />

Kling-klang-klingel,<br />

erklingt ein Weihnachtslied!<br />

Kling-klang-klingel,<br />

dann singen alle mit!<br />

Versammelt euch und singt jetzt mit,<br />

wir wissen, dass es Spaß macht,<br />

ihr lernt auch schnell gleich jedes Lied,<br />

wir wünschen frohe Weihnacht!<br />

Wir wünschen –<br />

frohe –<br />

Weihnacht!<br />

– aus „Sing mit uns Weihnachtslieder“ –<br />

Text: Gil George, Paul Smith<br />

65


INTERNES<br />

Vorschau<br />

Der nächste <strong>Bertel</strong>-<strong>Express</strong> wird es in sich haben, denn wir feiern ein<br />

Jubiläum – 50 goldene Ausgaben!<br />

<strong>Bertel</strong>-<strong>Express</strong> Nr. 50 erscheint voraussichtlich am 2. Februar 2023.<br />

VORSCHAU<br />

66


IMPRESSUM<br />

Wichtige Hinweise und rechtliche Angaben<br />

AUSGABE <strong>49</strong> – 01.12.2022<br />

Chefredakteur (V. i. S. d. P.):<br />

Milian Schwab<br />

Stellvertretung: David Bühring<br />

Mitarbeiter dieser Ausgabe:<br />

David Bühring, Luis Bärenfaller, Milian Schwab,<br />

Spectaculus, Duck-Mouse-Forscher, Ideeus,<br />

McDuck, Glückstaler<br />

Lektorat: Glückstaler, Duck-Mouse-Forscher,<br />

Spectaculus<br />

Gestaltung:<br />

Glückstaler (Zusammenstellung)<br />

Redaktionsschluss:<br />

30. November 2022<br />

Zeichnungen S. 14 und 59:<br />

Idee, Zeichnung & Kolorierung: Luis Bärenfaller<br />

Illustration S. 34/35:<br />

Idee, Zeichnung und Farben: Carl Barks<br />

Titelbild:<br />

Idee & Originalzeichnung: unbekannt<br />

Neuzeichnung & Kolorierung: Spectaculus<br />

Backcover:<br />

Idee und Zeichnung:<br />

Silvia Ziche<br />

Internet:<br />

bertel-express.wixsite.com/fanzine<br />

www.issuu.com/bertel-express<br />

www.yumpu.com/user/bertelexpress<br />

www.twitter.com/<strong>Bertel</strong>_<strong>Express</strong><br />

E-Mail:<br />

bertel-express@gmx.net<br />

Dieses Dokument wurde mit Microsoft Word erstellt, als PDF abgespeichert und anschließend mit<br />

Yumpu veröffentlicht .<br />

Alle Bilder und Zeichnungen, sofern nicht anders angegeben, © The Walt Disney Company.<br />

DANKE AN ALLE, DIE DIESES PROJEKT MÖGLICH<br />

GEMACHT HABEN …<br />

Hast du Lust, etwas zu diesem Magazin beizutragen?<br />

Dann melde dich im <strong>Bertel</strong>-<strong>Express</strong> Redaktionsforum an<br />

bertel-express.forumieren.com<br />

oder sende eine Mail an<br />

bertel-express@gmx.net.<br />

Die <strong>Bertel</strong>-<strong>Express</strong> ReDUCKtion freut sich auf dich!<br />

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