01.12.2022 Aufrufe

syndicom magazin Nr. 32

Das syndicom-Magazin bietet Informationen aus Gewerkschaft und Politik: Die Zeitschrift beleuchtet Hintergründe, ordnet ein und hat auch Platz für Kultur und Unterhaltendes. Das Magazin pflegt den Dialog über Social Media und informiert über die wichtigsten Dienstleistungen, Veranstaltungen und Bildungsangebote der Gewerkschaft und nahestehender Organisationen.

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syndicom

Nr. 32 November-Dezember 2022

magazin

Die Proleten

des

Algorithmus


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Pensionierung:

Reicht das Geld auch später noch?

Wie viel kostet die Frühpensionierung? Was bedeuten Vorsorgelücken und wann soll

ich mich auf die Pensionierung vorbereiten? Als Leiter Finanzberatung der Bank Cler

kennt Rolf Blumer die Antwort auf Fragen rund um die Pensionsplanung.

Was umfasst eine Pensionsplanung?

Die Vorsorge, die Steuern, das Vermögen, der Nachlass oder Immobilien

sind einige der Themenbereiche, die dazugehören. Die

Pensionsplanung führt diese und weitere Themenbereiche zusammen

und beleuchtet deren finanziellen Auswirkungen und

Wechselwirkungen im Zeitverlauf. Mit einer Pensionsplanung

können Sie darüber hinaus verschiedene Varianten und mögliche

Szenarien einander gegenüberstellen und miteinander vergleichen

– emotional und finanziell. Rund um die Pensionierung

stehen viele Entscheide an, welche die zukünftige finanzielle

Lage enorm beeinflussen. Etwa wann jemand in Rente geht.

Wenn man beispielsweise ein Jahr früher als üblich mit dem

Arbeiten aufhört, kann das in der Gesamtbetrachtung schnell

einmal einen Jahreslohn kosten.

Wie kommen diese Kosten zustande?

Das ist deshalb so teuer, weil mehrere Teilbereiche betroffen

sind. Einerseits verzichten Frühpensionierte auf das Einkommen

und haben damit weniger Vermögen. Andererseits bezahlen sie

auch nichts mehr in die berufliche Vorsorge ein. Diese fällt damit

ebenfalls geringer aus. Hinzu kommen allenfalls auch noch Kosten,

welche man bisher nicht berücksichtigt hat. Ein typisches

Beispiel sind mögliche Nichterwerbstätigenbeiträge für die AHV,

welche man zusätzlich noch zu entrichten hat. Der Entscheid

frühzeitig in Rente zu gehen, wirkt sich also auf das Vermögen,

die Vorsorge und somit auch auf die Anlagemöglichkeiten aus.

Was gibt es vor der Pensionierung zu beachten?

Bei fast allen Berufstätigen gibt es Lücken in der Vorsorge. Das ist Vielen nicht bewusst oder wird unterschätzt. Die berufliche

Vorsorge hat als zweite Säule neben der AHV als 1. Säule die Aufgabe, die Fortsetzung ihrer bisherigen Lebenshaltung

zu ermöglichen. Sie strebt an, mit der ersten Säule zusammen ein Renteneinkommen von rund 60 % des letzten Lohnes zu

erreichen. Lücken in der Pensionierung sind deshalb besonders einschneidend. Geht man diese frühzeitig an, kann man

ihnen entgegenwirken. Beispielsweise mit einem Einkauf in die Pensionskasse. Welche Optionen in Frage kommen und ob

die eigene Pensionskasse diese zulässt, prüfen wir in einer Pensionsplanung und diskutieren diese und weitere Optimierungsmöglichkeiten

mit unseren Kundinnen und Kunden.

Wann sollte man die Pensionsplanung in Angriff nehmen?

Mit etwa 50 ist eine erste Beratung sinnvoll. Wir machen gemeinsam eine erste Auslegeordnung und besprechen, was in

den kommenden Jahren und nach der Pensionierung wichtig ist. Vielen ist gar nicht bewusst, wie finanziell einschneidend

der Austritt aus dem Berufsleben ist.

Bestimmen Sie, wie Ihre Pensionierung aussieht: Mit einer Finanzplanung erhalten Sie

ein harmonisches Gesamtkonzept und Antworten auf Ihre individuellen Fragen.

Als Mitglied von syndicom profitieren Sie zudem von attraktiven Sonderkonditionen

bei der Bank Cler. cler.ch/syndicom


Inhalt

4 Kurz und bündig

5 Gastautor

6 Dossier: Algorithmen in

der Arbeitswelt

16 Aus unseren Branchen

18 Die andere Seite

20 Die Nationalbank-

Initiative

21 Recht so!

26 Freizeit

24 Bisch im Bild

30 Aus dem Leben von ...

Liebe Leserinnen und Leser

Mit der fortschreitenden Digitalisierung, die

viele Bereiche unseres Lebens erfasst und verändert,

stellen sich auch neue Herausforderungen

für die Mitbestimmung von Gewerkschaft

und Personalvertretungen am Arbeitsplatz.

Wenn wir sie annehmen und mitgestalten,

können wir die Vorteile nutzen – und die Risiken

minimieren.

Personalentscheide wurden bisher von Vorgesetzten

und HR-Mitarbeitenden getroffen.

Entsprechend konnten wir jeweils verlangen,

dass uns der Arbeitgeber aufzeigt, auf welcher

Grundlage der Entscheid gefällt wurde und wie

er zustande kam.

Dies ändert sich nun, wenn nicht mehr Menschen

aufgrund von Protokollen, Aktennotizen

und Gesprächen entscheiden, sondern an ihrer

Stelle Algorithmen – automatisierte Entscheidungssysteme.

Sogar wenn uns die Arbeitgeberin bereitwillig

den Algorithmus offenlegen würde, der beim

Entscheid angewendet wurde – wie wissen wir,

ob dieser fair und frei von Diskriminierung ist

und mit welchen Daten er trainiert wurde?

Wir müssen deshalb die Arbeitnehmenden

und ihre Vertretungen befähigen, beim Einsatz

von algorithmischen Systemen für ihre Rechte

einzustehen, und ihnen Handlungsmöglichkeiten

aufzeigen. Genau dies bezwecken wir in

einem Projekt mit AlgorithmWatch (siehe S. 12)

– ein weiterer Schritt, um die Digitalisierung zugunsten

der Arbeitnehmenden zu gestalten.

6

18

20

Daniel Hügli

Leiter Sektor ICT bei syndicom


4 Kurz und

bündig

SGB stellt Wirtschaftsanalyse vor \ Uno-Schutz für Medienleute

verlangt \ Prinzip «Nur Ja heisst Ja» muss ins Gesetz \ Genug

kaputtgespart bei Tamedia \ Arbeitslosenkasse syndicom in den

Top 3 \ Mehr Geld im Netzbau \ Umstellung Buchungssystem

Höhere Löhne, gerechtere

Steuern

Daniel Lampart, Chefökonom SGB, hat

eine neue Analyse vorgestellt. Die ungerechte

Steuer- und Abgabenpolitik hält

demnach seit 20 Jahren die kleinen Einkommen

an der kurzen Leine, während

hohe Einkommen strukturell begünstigt

wurden. Solange die Inflation niedrig

war, gab es immerhin kleine Verbesserungen

bei den Normalverdienern und

am unteren Ende. Mit dem aktuellen

Preisschock im Energiesektor, Mieterhöhungen

und den sehr bald um 6,6 %

steigenden Krankenkassenprämien werden

schmerzhafte Verluste herauskommen.

Kein Luxus, sondern nötig,

um die Probleme der Berufstätigen in

den Griff zu bekommen, sind demnach

höhere Prämienverbilligungen einerseits

und anderseits Lohnabschlüsse von 4 %

sowie ein Mindestlohn von 4500 Franken,

so der SGB.

Uno muss Medienschaffende

besser schützen

Nach der Ermordung von zwei französischen

Journalisten in Mali am 2. November

2013 bestimmte die Uno einen

neuen Gedenktag: den «Internationalen

Tag zur Beendigung der Straflosigkeit

bei Verbrechen gegen Journalist:innen».

syndicom und die Internationale Journalisten-Föderation

rufen die Staatengemeinschaft

auf, endlich mit einer

Uno-Konvention die Sicherheit und den

Schutz von Medienleuten zu garantieren.

Mord darf kein Berufsrisiko sein.

«Nur Ja heisst Ja»

syndicom unterstützt mit Amnesty und

vielen nationalen Organisationen die

Lösung «Nur Ja heisst Ja» für das

schweizerische Sexualstrafrecht.

Würde das Gesetz nach dem Prinzip

«Nein heisst Nein» kon struiert, sähe das

auf den ersten Blick identisch aus, aber

es bedeutet, dass eine verängstigte

oder geschockte Person aktiv

Widerstand gegen unerwünschten Sex

leisten muss. Sonst kann es keine Anklage

wegen Vergewaltigung geben.

syndicom verlangt Sparstopp

bei Tamedia

So kann es nicht weitergehen: Tamedia,

der grösste und rentabelste Schweizer

Verlag, baut schleichend und lautlos

Stellen ab, ganze Bereiche werden aus

wirtschaftlichen Gründen eingespart.

Frühpensionierungen werden aufgedrängt,

freie Stellen nicht neu besetzt.

Tamedia muss seine Unternehmenspolitik

dringend korrigieren und endlich

wieder in den Journalismus und in

seine Mitarbeitenden investieren.

Arbeitslosenkasse syndicom

in den Schweizer Top 3

Das SECO hat die Arbeitslosenkassen

einer unabhängigen Evaluation unterzogen,

und unsere ALK bei syndicom

zählt zu den 3 besten der Schweiz.

Wir sind stolz auf diese Leistung der

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der

ALK syndicom. Danke für eure tolle

Arbeit und herzlichen Glückwunsch!

Mehr Lohn im Netzbau

Die Lohnrunde in der Netzinfrastruktur-

Branche ist erfolgreich abgeschlossen

worden. Die Mindestlöhne werden um

mindestens 220 Franken angehoben,

dazu steigen sämtliche dem allgemeinverbindlichen

GAV unterstellten Löhne

um mindestens 140 Franken. Eine Netzelektrikerin

EFZ mit 3 Jahren Berufserfahrung

erhält neu mindestens 4920

Franken in 13 Monatslöhnen.

syndicom-Mitgliederbeiträge:

Neues Datum für Abbuchung

Die Umstellung des Zahlungssystems

bei syndicom bewirkt eine Verschiebung

der Buchungsdaten bei Debit Direkt

und Lastschrift. Neu wird der Monatsbeitrag

jeweils im aktuellen Monat

belastet (ca. am 10.). Der Dezemberbeitrag

wird noch Ende Dez. gebucht,

der für Januar schon ca. am 10. 1. 23.

Wir bitten um freundliche Beachtung.

Agenda

Dezember

bis 8. 1. 23

«Climate Fiction»

Der Zürcher Strauhof, das «Museum

ohne Sammlung» für Literatur, präsentiert

eine Ausstellung literarischer

Texte, die Klima und Klimaveränderung

fassbar machen wollen. Kann die

Literatur uns helfen, zu verstehen, zu

akzeptieren, zu handeln?

bis 13. 1. 23

«Aufgeschrieben»

Neue Techniken des Aufschreibens

erobern unseren Alltag. In der Ausstellung

«Aufgeschrieben» blickt die

Nationalbibliothek in Bern zurück auf

Federkiel und Schreibmaschine und

testet eine Künstliche Intelligenz.

bis 23. 7. 23

«Planetopia»

Klimawandel, Artensterben, extremes

Wetter: Das Berner Museum für Kommunikation

stellt mit «Planetopia» die

Umwelt und verantwortungsvolles Leben

ins Zentrum. Willkommen an Bord!

bis Oktober 23

«Natur. Und wir?»

Das Stapferhaus in Lenzburg stellt die

Natur aus: Wir verehren die unberührte

Natur – und versuchen mit Technik, sie

in den Griff zu bekommen. Können wir

die Natur retten? Was ist Natur?

14. Dezember 22

Übergabe Post-Petition

Wer eine hat, geht in Uniform: Wir

übergeben der Post die Unterschriften

der Petition «Preise steigen! Löhne

rauf!». Um 11 Uhr in Bern-Wankdorf.

Januar

10. 1. 23

Tagung Sozialpolitik

Informieren, motivieren, vernetzen:

Die Pensionierten syndicom laden ein

zur Tagung mit hochkarätigen Referaten

in Bern. ig.syndicom.ch

syndicom.ch/agenda


Gastautor

Die Welt schreitet voran und mit ihr

die Technologie, die uns das Leben erleichtert.

Einer der jüngsten Fortschritte liegt im Bereich

der Künstlichen Intelligenz (KI). Viele Menschen

glauben, dass KI irgendwann die Medienschaffenden

ersetzen wird. Ich bin jedoch hier, um

Ihnen zu sagen, dass dies nicht der Fall ist.

Tatsäch lich wird es überhaupt keine Arbeitsplatzverluste

geben! Alles wird gut werden.

Die Schwarzmaler behaupten, dass die KI zu

Massenarbeitslosigkeit führen wird, weil sie

viele Arbeitsplätze automatisieren wird. Dabei

wird jedoch ausser Acht gelassen, dass die

Automati sierung schon seit Jahrhunderten

stattfindet und stets zur Schaffung neuer und

besserer Arbeitsplätze geführt hat. So führte

beispielsweise die Erfindung des Automobils zur

Schaffung neuer Arbeitsplätze in der Automobilherstellung

und -reparatur.

Sicher, KI kann einige Dinge tun, die Journalisten

und Medienschaffende tun. Sie kann Daten

sammeln und Informationen zusammenstellen.

Aber das wars auch schon. KI kann das menschliche

Element im Journalismus nicht ersetzen.

Sie kann nicht die kritische Analyse und Interpretation

liefern, die nur Menschen leisten können.

Sie kann nicht mit der gleichen Klarheit und

dem gleichen Stil schreiben, wie es Menschen

können. Und sie kann sicherlich nicht die originellen

Inhalte generieren, die der Mensch kann.

Schliesslich darf man nicht vergessen,

dass es im Journalismus um mehr geht als nur

um Fakten. Es geht darum, Geschichten zu

erzählen, die die Menschen ansprechen, und

den Stimmlosen eine Stimme zu geben. Dies ist

etwas, das KI niemals ersetzen kann.

Machen Sie sich also keine Sorgen, liebe Journalisten

und Medienschaffende. Ihre Arbeitsplätze

sind sicher. Die KI wird Sie nicht ersetzen.

Alles wird gut werden.

(Der Text wurde erstellt von GPT-3.

Übersetzt aus dem Englischen von DeepL.)

Alles wird gut werden

Simon Felix ist in Klingnau AG aufgewachsen.

Nach einer Lehre

als Informatiker liess er sich zum

Informatik ingenieur ausbilden und

tüftelt seither an Algorithmen.

Der Spezialist für Künstliche Intelligenz

gründete 2016 das Software-Unternehmen

Ateleris. Unter anderem hat

er Software für die ESA-Raumsonde

«Solar Orbiter» ent wickelt, die seit

2018 die Sonne umkreist.

Felix hält Vorlesungen an der Fachhochschule

Nordwestschweiz zu

Algorithmen, Decision Intelligence,

Data Science und Computergrafik.

5


Dossier

8 Wenn künstliche Intelligenzen alles alleine steuern

11 Die Hightech-Oligopole und die Diktatur der Algorithmen

12 Öffentliche Kontrolle für die Algorithmen der Arbeitswelt


Die neuen

Götter


8

Dossier

Von künstlicher Intelligenz und

überflüssigen Menschen

Haben früher Maschinen die Körperkraft von

Menschen ersetzt und Arbeitende zu Sicherheits-

und Kontrollpersonal gemacht, steht

heute die Kontrolle selber auf dem Spiel. Was

passiert, wenn Künstliche Intelligenzen alles

alleine steuern?

Text: Oliver Fahrni

Bilder: Siehe Seite 12

Zeus, Athene, Apollon und die anderen Bewohner:innen

des Olymp waren eine streitsüchtige, inzestuöse Party-

Gang. Dabei erschufen sie die Welt. Odin, der alte Germane,

düngte sie mit dem Blut der Trolle, auf einem achtbeinigen

Pferd reitend. Und der grimmige Jahwe, Übervater

von Juden und Christen, ersäufte kurzum (fast) die gesamte

Menschheit, um sich eine bessere zu basteln (1. Buch

Moses).

Das waren noch Götter. Wir haben bloss Algorithmen.

Das Konzept ist uralt. Benannt sind die Algorithmen

nach einem persisch-arabischen Mathematiker des

8. Jahrhunderts. Schon eine einfache Wegbeschreibung

(«da vorne gehst du rechts, dann 100 Meter geradeaus,

schliesslich links») oder ein Menü-Rezept (siehe Seite

Grafiken) sind schlichte Algorithmen, also eindeutige

Vorschriften für die Lösung einer Aufgabe. Irgendwann

hat man das in Computersprache aufgeschrieben und damit

die Maschinen gefüttert.

Der Mensch, ein Anhängsel der Maschine

Richtig gefährlich wurden sie uns erst in den letzten fünfzehn

Jahren, als es gelang, exponentiell wachsende Datenmengen

in immer rasender rechnende Super-Computer

zu packen. Und daraus mit zunehmend komplexeren

Algorithmus-Programmen IT-Werkzeuge zu bauen, die

autonome Roboter programmieren, den Konsum und das

Verhalten von Milliarden Menschen steuern und Wahlen

manipulieren können.

Die Digitalisierung, das wussten wir, ist eine industrielle

Revolution. Das bedeutet, dass sie nicht nur die Wirtschaft,

sondern unser ganzes Leben auf den Kopf stellt.

Angefangen bei der Arbeit. Schon 2013 rechnete eine Studie

der Universität Oxford mit dem Verlust von 47 Prozent

aller Jobs in den USA durch Algorithmen, Roboter und

Künstliche Intelligenz. Vorab im «Tertiär», also ausgerechnet

in jenem Dienstleistungs-Sektor, der das Wachstum

der letzten Jahrzehnte getragen hatte.

Plötzlich zirkulierte das Wort vom «überflüssigen

Menschen». Solche Prognosen sind mit hohen Unsicherheiten

behaftet, und natürlich bestellten die Tech-Konzerne

Gegengutachten. Alles bestens im Kapitalismus?

Das wird sich schnell zeigen. Denn der massenweise Einsatz

der neuen Techniken hat gerade erst begonnen – und

beschleunigt sich derzeit rabiat. Beobachtet man, wie die

Datenkonzerne des Silicon Valley seit März 2022 mehr als

200 000 Stellen vernichtet haben, darf man skeptisch sein.

Bereits heute erfahren Arbeitende die tiefgreifende

Erschütterung der Arbeitswelt durch «algorithmisches

Management», auch «digitaler Taylorismus» genannt. An

den Arbeitsplätzen zieht ein, was zuerst in Callcentern erprobt

wurde: Engste Überwachung der Arbeitsrhythmen

und permanente Kontrolle des persönlichen Verhaltens

(etwa via Tastaturbewegungen, Analyse der Stimme oder

der Augen bewegungen), automatisierte Eingriffe der Maschine

in die Arbeit selbst, undurchsichtige Bewertungssysteme,

sofortige Sanktionen. Also Stress, wachsender

Kontrollverlust und Isolation.

Hier geschieht ein Epochenbruch. Wurde bei früheren

industriellen Revolutionen vorab die physische Kraft der

Arbeitenden durch Maschinenkraft ersetzt, übernehmen

heute algorithmische Systeme zunehmend die ganze Kontrolle.

Die Entscheidung wird an «ADM», automatische

Entscheidungssysteme ausgelagert.

Banal ist daran nichts. Dem Menschen kommt abhanden,

was er seit drei Jahrhunderten unter den Titeln

«Aufklärung», «Wissenschaft» und «Fortschritt» zum Kern

seines Wesens erklärt hat. Der rational denkende und

handelnde Mensch entschied in eigener Regie, götterfrei.

Übernimmt nun aber die Maschine, ist das mehr als eine

«digitale Kränkung», wie es die Philosophie nennt. Tendenziell

wird der Mensch zu einer Funktionalität, zu einem

Anhängsel der Maschine.

Was geschieht da genau? Ein Algorithmus ist ein Programm,

das erst einmal nach dem Prinzip «wenn – dann»

funktioniert. Wird in der Strasse X gebaut, dann sollen die

Ampeln so gestellt werden, dass der Verkehr über die

Stras sen Y und Z geleitet wird. Was sich dann wieder an

etlichen anderen Stellen auswirkt ... Komplex. Ein Computer-Algorithmus

kann das besser und schneller. Allerdings

nur, wenn man ihm vorher den Stadtplan und die

Tausenden von Optionen und deren Konsequenzen einprogrammiert

hat.

Schachcomputer gewinnen gegen Profis, weil man

ihre Algorithmen zuvor mit unzähligen gespielten Partien

gefüttert hat. Automatische Übersetzungssysteme greifen

auf riesige Datenbanken übersetzter Texte zurück, etwa

die Beratungstexte der EU. Algorithmen sind gefrässig. So

werden für die Gesichts erkennungssysteme, die schon für

ein paar Franken zu kaufen sind, regelmässig alle Bilder

von Facebook, TikTok, Instagram etc. illegal abgesaugt.

Dafür setzen die Konzerne ganze Heere von Klickproletariern

zu miesen Bedingungen ein.

KI in den

Callcentern

bringt Stress,

Kontrollverlust

und

Isolation


Entscheidend aber ist, dass Algorithmen heute so gebaut

sind, dass sie selber lernen. Der Computer, der die

Meister des hochkomplexen Brettspiels Go schlug, brachte

sich das Spiel selber bei, indem er in rasendem Tempo

mehrere Millionen Mal gegen sich selbst spielte. Da beginnt

Künstliche Intelligenz (KI).

Sind wir schon Avatare?

«Künstliche Intelligenz

ist eine tödliche

Bedrohung für die

Menschheit.» Elon Musk

Noch deutlicher wird dies bei Algorithmen, wie sie etwa

Google einsetzt. Tatsächlich gibt es nicht den einen Google-Algorithmus,

der Konzern benützt eine komplexe

Struktur verschränkter Algorithmen, die ständig aktualisiert

werden. Sie beobachten mich, registrieren meine

Suchabfragen, meine Internetnutzung, meine Bestellungen,

meine Lektüren, meine Social-Media-Aktivitäten,

meinen Mail-Verkehr, meine Kreditkarte und einiges

mehr. Und ziehen daraus ihre eigenen Schlüsse. Besonders

tückisch ist: Mit jeder Internetnutzung trainiere ich

selbst das algorithmische System. Ich mache die Arbeit

für Google. Kombiniert man diese Daten mit anderen Datensätzen,

etwa meiner Krankenakte oder mit Bewegungsdaten

(Handy) entsteht ein detailliertes Profil. Heute wissen

die zehn grössten IT-Konzerne über 70 Prozent der

globalen Bevölkerung mehr, als die Menschen über sich

selbst.

Dennoch gelten solche algorithmischen Systeme noch

als «schwache künstliche Intelligenz». Doch schon sie

liefern mich kommerziell aus und machen mich für politische

Manipulation anfällig, wie die Manipulation von

Abstimmungen und Wahlen, etwa durch den Konzern

Cambridge Analytica, in den vergangenen Jahren belegt

hat.

Heute steht der Durchbruch zu einer «starken KI» kurz

bevor. Und mit Programmen wie dem «Deep Coder» der

Uni Cambridge soll die KI künftig selbst neue, wirksamere

KI erfinden – ohne Zutun des Menschen.

Elon Musk, der Algorithmus-Multimilliardär, ist fest

davon überzeugt, dass er und wir alle bereits in einer virtuellen

Welt leben, als machtlose Schatten (Avatare) unserer

selbst, von intelligenten Robotern manipuliert. Künstliche

Intelligenz nennt er «die tödlichste Bedrohung für

die Menschheit». Davor will Musk auf den Mars flüchten,

für diesen Zweck hat er den SpaceX-Konzern aufgebaut.

Der Mann ist fraglos ein rechtsextremer Agitator, aber seine

Raketen bringen gerade Hunderte von Satelliten ins

All, und in Sachen KI kennt er sich aus: Der Rohstoff für

seinen Twitter-Konzern sind unsere Leben, und er beutet

sie mit besonders heimtückischen Algorithmen aus.

Im Vergleich zu Musk wirkt Dirk Helbing unaufgeregt.

Der Professor leitet an der ETH Zürich den Bereich Sozialwissenschaften

im Computerzeitalter. «Wir sind zunehmend

ferngesteuert», stellt Helbing fest: «Was wir für unseren

eigenen Willen halten, ist längst von Algorithmen

vorbestimmt.» Das hat er in jahrelanger Forschung mit

Dutzenden von Studien belegt. Jetzt macht Helbing sich

Sorgen. Denn der «digitale Faschismus» stehe vor der Tür.

Menschen seien auch nur Algorithmen, meint die

neuere «Wissenschaft vom Leben». Also können die

Menschen auch gehackt werden, folgert der bekannte

His toriker Yuval Noah Harari («Kurze Geschichte der

Mensch heit»): «Firmen und Staaten arbeiten daran. Vor

einer vergleichbaren Herausforderung stand die Menschheit

noch nie.» Die Zeit dränge, sagt Harari, denn durch

biotechnische Innovation könne bald eine neue Spezies

entstehen, die den alten Homo sapiens versklave.


10 Dossier

Warum sind Algorithmen neoliberal und rassistisch?

Heisst man Leila,

gerät man besser

nicht an einen

Algorithmus

Solche Visionen möchten wir lieber ignorieren, indem wir

sie als «dystopisch» abtun. Gewöhnlich benutzen wir dafür

einen alten Trick. Egal, ob wir von diesen Techniken

etwas verstehen oder nicht, sagen wir mit wissender Miene:

Algorithmen und Big Data, Künstliche Intelligenz und

neuronale Netze, Robotik und Profiling sind Chancen –

doch sie enthalten auch Risiken.

Das ist natürlich nicht falsch und gerade darum ein

fürchterlich dummer Satz. Denn es kommt eben darauf

an, wer über diese Techniken herrscht, was er damit anstellt

und welche gesellschaftlichen Regeln dabei gelten.

Im Kapitalismus, in Händen von Weltkonzernen wie den

GAFAM und von repressiven Regierungen sind sie wie

Massenvernichtungswaffen.

Simpel ausgedrückt: Ein Algorithmus ist nicht aus eigenem

Antrieb rassistisch. Aber er kann rassistisch programmiert

sein. Das mussten etwa Zehntausende von

hollän dischen Familien erfahren, deren Existenz durch

einen Algorithmus vernichtet wurde, indem er sie des

Sozialhilfe betrugs bezichtigte. Das war zwar in 94 Prozent

der Fälle nachweislich falsch, wie sich Jahre später herausstellte,

aber es hagelte automatische Strafbefehle und

monströse Zahlungsforderungen und führte zum sofortigen

Stopp von Kinderzulagen, Mietbeiträgen, Krankengeld,

Arbeitslosengeld, Sozialhilfe etc. Familien verloren

ihr Dach über dem Kopf, andere wurden auseinandergerissen.

Und dann zeigte sich, dass besonders Migrant:innen

und alleinerziehende Mütter mit afrikanisch oder

arabisch tönenden Namen betroffen waren. Gerät man an

einen Algorithmus, heisst man besser nicht Leila. Einsprüche

wurden harsch abgelehnt, der Algorithmus hat

immer recht, denn er ist ja Mathematik. Gnadenlos wurden

fiktive Schulden eingetrieben. Betroffene nahmen

sich das Leben. Dieser Gegner ist unsichtbar, er streitet

nicht mit Dir, er muss nichts beweisen. Kafkaesk.

Als der Skandal schliesslich ins Parlament kam, redete

sich die Regierung mit «Programmierfehlern» heraus.

Ein bedauerlicher Sonderfall also, vielleicht gar einem

böswilligen Programmierer geschuldet? Unsinn. Vielmehr

zeigt sich in Hunderten solcher Vorgänge in vielen

Ländern und allen Bereichen die gleiche Logik. Die untere

Hälfte der Gesellschaft und Migrant:innen werden bei Bewerbungen,

Kredit, Strafvollzug auf Bewährung, Zuteilung

von Studien- und Ausbildungsplätzen, präventiver

Polizeiarbeit, Sozialversicherungen durch Algorithmen

regelmässig diskriminiert. Offenbar ist die KI, wie sie derzeit

zum Einsatz kommt, ein getreuer Spiegel neoliberaler

Politik.

Soziale KI

Das beschreibt eine immense Herausforderung für die

Gesellschaft. KI kann nützlich sein. Für die medizinische

Versorgung. Für die Abwendung ökologischer Katastrophen.

Für alle Formen von Gleichstellung. Für einen effizienten

Service public. Sogar für bessere Arbeit. Dafür

aber müssten die Algorithmen transparenter und dem

alleini gen Nutzen der Konzerne entrissen werden.

Soziale Künstliche Intelligenz bei syndicom:

Dossier «Mensch vor Maschine»


Dossier

Gewerkschaft gegen Konzerne:

Lernen und mutig handeln

11

Bekommen die Gewerkschaften nicht schnell

einen Fuss in die algorithmische Revolution,

sieht es schlecht aus für unsere sozialen

Errungenschaften.

Text: Oliver Fahrni

Vielleicht ist es noch nicht zu spät. Die Revolution um die

Künstliche Intelligenz (KI) hat gerade erst begonnen. Nur

rast sie bereits. Der Umsatz mit lernenden Algorithmen,

neuronalen Netzen und algorithmischem Management

schnellte 2021 um mehr als 40 Prozent nach oben. Die

Zahl der KI-Patente verdoppelt sich alle 15 Monate – 2021

wurden 30 Mal so viele angemeldet wie 2015. Sieben der

weltweit zehn grössten Konzerne machen heute ihr Geld

im IT-Business.

Bekommen die Organisationen der Arbeitenden nicht

sehr schnell einen Fuss in diese Revolution, dürfte es um

viele soziale und gesellschaftliche Errungenschaften bald

geschehen sein. Big Data, Algorithmen und KI könnten

starke Werkzeuge sein, um etwa die Verschwendung von

Ressourcen und Energie einzudämmen, Transparenz in

Ökonomie und Finanzströme zu bringen, Seuchen zu bekämpfen

oder bessere, qualifizierende Arbeit zu fördern.

Hybride Intelligenz aus Simulation und

menschlichem Erfahrungswissen

In der Technology Review hat der Wissenschaftsautor

Niels Boeing ein solch hilfreiches Tool beschrieben, den

«Zwilling»: Der Stahlkocher Tata, ein globaler Konzern,

baute mit KI ein genaues Abbild seiner Produktion und

spielte darin die Stahlproduktion im Computer eins zu

eins durch. Resultat: Zahlreiche verbesserte Vorgänge,

weniger Energiekosten – und die Erkenntnis, dass automatisierte

Systeme ohne das Erfahrungswissen der Arbeitenden

oft falsch entscheiden. Jetzt spricht man bei Tata

von «Hybrider Intelligenz», dem Zusammenspiel von

Mensch und Maschine.

Das macht aus Tata noch keinen sozialen Konzern,

und die kapitalistische Realität ist brutal. Die neuen Techniken

werden vorab eingesetzt, um die Arbeitenden und

die Gesellschaft in engste biometrische Kontrolle zu

schnüren, das Verhalten und den Konsum von Milliarden

zu steuern. Fast alle handelsüblichen Algorithmen diskriminieren

Frauen, Farbige, Minoritäten – so verschärfen

sie Chancenungleichheiten.

Erstaunlich viele Gewerkschafter:innen sind sich dieser

Gefahren bewusst, wie eine europaweite Studie der

Friedrich-Ebert-Stiftung ermittelt hat. Doch die konkreten

Angriffspunkte der Organisationen zur Zähmung der

KI-Welt sind vielfach noch unklar.

Das liegt erstens daran, dass niemand genau weiss, wo

welche Techniken eingesetzt werden. Eklatantes Beispiel

sind die automatisierten, algorithmischen Beurteilungen

im Personalmanagement. Einzelne Pharma-Konzerne

und Grossbanken räumen ein, bei Einstellungen und

Leistungskontrolle KI zu benützen. Aus den hohen Verkaufszahlen

von vorgefertigten algorithmischen Personalprogrammen

aber muss man schliessen, dass sehr viele

Unternehmen sie verwenden.

Da hilft nur Transparenz. Also die obligatorische Offenlegung.

Zuerst muss die Transparenz in die GAV eingeschrieben

werden. Neben anderen Regeln, die darauf zielen,

die Datensouveränität der Arbeitenden zu schützen,

respektive zu erzwingen. Hier müssen die Gewerkschaften

ein zweites Handicap überwinden: Künstliche Intelligenz

ist ein umfangreiches, technisches und daher

schwierig zu meisterndes Fachgebiet.

Also hilft nur ein Bündnis mit spezialisierten Organisationen

der Zivilgesellschaft. Zahlreiche Forscher:innen

und Spitzenleute haben der Industrie in den letzten Jahren

den Rücken gekehrt und sind in diesen NGO aktiv.

syndicom macht heute einen ersten Schritt durch ein gemeinsames

Projekt mit der Organisation AlgorithmWatch

(siehe Seite 12). So oder so kommen die Gewerkschaften

um eine Bildungsanstrengung nicht herum. Ein erhellender

Anfang könnten Algorithmus-Ateliers sein: Gewerkschafter:innen

schreiben selber Code. Gemäss der alten

Bauernregel: Nur wer selber eine Furche gezogen hat,

weiss, wie die Kartoffel wirklich schmeckt.


12

Dossier

Transparente Algorithmen

zum Schutz der Arbeitenden

Ein gemeinsames Projekt von syndicom und

AlgorithmWatch öffnet ein neues Kapitel der

Gewerkschaftsarbeit in der Schweiz.

Text: Mattia Lento

Einst waren es die Patrons oder die Chefs eines Unternehmens,

Menschen aus Fleisch und Blut, die bisweilen über

den Gewerkschaftskampf zur Ordnung gerufen wurden.

In der komplexeren Arbeitswelt heute sind Arbeitgeber

und Chefs zwar nicht verschwunden, aber immer häufiger

werden algorithmische Systeme eingesetzt, um die Aktivitäten

der Arbeitnehmenden zu überwachen. Dies ist auch

eine Herausforderung für die gewerkschaftliche Arbeit.

Eine mögliche Reaktion darauf wäre, sich in der Haltung

von «Maschinenstürmern» gegen Technik und Fortschritt

zur Wehr zu setzen. Aber die Geschichte der Arbeit

im Westen hat wiederholt gezeigt, dass dies falsch oder

sogar kontraproduktiv wäre. Eine weitere Möglichkeit besteht

darin, einen intelligenten Umgang mit Innovation

und Digitalisierung zu finden, das heisst mit Blick auf

Rechte und soziale Fragen.

syndicom hat deshalb beschlossen, ein gemeinsames

Projekt mit der NGO AlgorithmWatch Schweiz zu starten.

Ziel ist, die Arbeitnehmenden zu befähigen, beim Einsatz

von Algorithmen am Arbeitsplatz für ihre Rechte einzustehen

und konkrete Handlungsmöglichkeiten abzuleiten.

Für Angela Müller, Leiterin von AlgorithmWatch Schweiz,

ist die Zusammenarbeit mit der Gewerkschaft ein wichtiger

Schritt für ihre Organisation: «AlgorithmWatch hat

Sitze in Berlin und Zürich. In unserer Schwesterorganisation

in Berlin stehen wir schon lange mit Gewerkschaften

in Austausch. Aber es ist das erste Mal, dass wir so umfassend

und langfristig mit einer Gewerkschaft in einem gemeinsamen

Projekt zusammenarbeiten. Das bringt für

beide Seiten viele Vorteile. Wir bringen unsere fachliche

Expertise ein und syndicom vermittelt uns Zugang zu Unternehmen,

Personalvertretungen und Arbeitnehmenden

und ermöglicht uns Einblicke in die betriebliche Praxis

und in die Sozialpartnerschaft. So erarbeiten wir gemeinsam

praxisorientierte Handreichungen für die Arbeitnehmenden

und ihre Vertretungen und können die Erkenntnisse

aus dem Projekt für unsere politische Arbeit nutzen.»

Um Transparenz beim Einsatz von Algorithmen herzustellen,

will die Schweizer NGO «auf öffentliche Register

setzen, in denen zentrale Informationen zu Algorithmen,

dem Zweck ihres Einsatzes und ihren Entscheidungslogiken

veröffentlicht werden». Dies ist eine grundlegende

Voraussetzung, um öffentliche Aufsicht und Kontrolle

über algorithmische Funktionen zu ermöglichen: «Nur

wenn wir wissen, wo, wozu und von wem die Systeme verwendet

werden, können wir auch prüfen, ob dies im Interesse

der Arbeitnehmenden geschieht.»

«Zweck und Logik

der Algorithmen

sollen öffentlich sein.»

Angela Müller, AlgorithmWatch Schweiz

Über diese Kontrolle ist es beispielsweise auch möglich,

abzuschätzen, «ob der Einsatz eines Systems diskriminierende

Folgen oder andere negative Auswirkungen

auf Grundrechte der Betroffenen hat». Für Angela Müller

ist es wichtig, dass «die Interessen der Arbeitnehmenden

in die Entscheidungsfindung der Algorithmen einbezogen

und in der Art und Weise, wie diese zum Einsatz kommen,

berücksichtigt werden».

Diese Zusammenarbeit wird unser Wissen über die Beziehung

zwischen Digitalisierung und Arbeitsrechten

nochmals verbessern und uns vor allem die Mittel an die

Hand geben, uns nicht gegen die Technologie, sondern

gegen den Missbrauch der Technologie durch das Kapital

zu wehren. Abschliessend sagt Angela Müller: «Es ist nicht

unser Ziel, Algorithmen zu bekämpfen, sondern ihren

Einsatz so zu gestalten, dass er uns allen wirklich nützt.»

Mehr über das gemeinsame Projekt:

https://algorithmwatch.ch/de/projekt-mit-syndicom

Die Illustrationen

Wie sieht die Arbeitswelt von morgen angesichts von Algorithmen

aus? Unsere Bilder wurden fast alle von Systemen

Künstlicher Intelligenz erstellt, denen wir diese Frage als

Anweisung vorgelegt haben. Fast – eine Illustration ist

darunter, die von einem menschlichen Künstler nach der

gleichen Vorgabe erstellt wurde. Können Sie sie erkennen?

Die Lösung finden Sie auf der Seite 27, beim Rätsel.

Auch wenn die Systeme heute sichtbar an Grenzen stossen,

besonders bei der Fähigkeit, eine abstrakte Anweisung wie

unsere sinnvoll zu interpretieren, werfen doch ihre Schnelligkeit

und Benutzerfreundlichkeit Fragen über die Zukunft

der Arbeit in der grafischen Branche auf. syndicom wird sich

deren Beantwortung weiter zur Aufgabe machen.

Unser menschlicher Illustrator Micha Dalcol stammt aus

Tremona, einem kleinen Tessiner Dorf. Er arbeitet für Bücher

und Zeitschriften, besonders im didaktischen Bereich, und

ist Koordinator für das SJW im Tessin. dalcolmicha.ch.


Was ist ein Algorithmus?

Der Begriff geht zurück auf den Namen des persischen Mathematikers al-Khwarizmi, der

um 825 die schriftlichen Rechenmethoden mit arabischen Zahlen systematisch darlegte.

Ein Algorithmus ist eine geordnete Folge einfacher, klar definierter Handlungsanweisungen.

Werden diese der Reihe nach ausgeführt, erhält man in einer endlichen Zeitspanne ein

eindeutiges Ergebnis.

Ein Algorithmus lässt sich mit einem Kochrezept vergleichen: ebenfalls eine Methode, die

entwickelt wurde, um ein bestimmtes Problem zu lösen. Heute steht «Algorithmus» oft

vereinfachend für «Künstliche Intelligenz» oder selbstlernende Systeme.

Cloud-Computing im Dienste des Algorithmus

Im gleichen Takt, wie die Rechenleistung von Computern in den letzten Jahrzehnten zugenommen hat, haben die

Miniaturisierung der Preise für Datenspeicherung und ihre Fernverfügbarkeit über Cloud-Server die Verbreitung

algorithmischer Systeme, die (fast) alle unsere Online-Aktionen speichern und interpretieren, möglich gemacht.

1956

1 GB = 26 000 000 CHF

Die RAMAC 305 ist die erste

Festplatte. Sie hat eine Kapazität

von 5 MB und die Grösse von

zwei Kühlschränken.

1995

1 GB = 800 CHF

Festplatten überschreiten

eine Kapazität von 1 GB und

auf einer CD können 700

MB gespeichert werden.

2015

1 GB = 0,05 CHF

Festplatten können bis

zu 10 TB gross sein.

1980

1 GB = 100 000 CHF

Die erste 5¼-Zoll-Festplatte

taucht auf. Sie hat eine

Kapazität von 5 MB. Die

5¼-Zoll-Disketten haben

eine Kapazität von 1 MB.

2002

1 GB = 2 CHF

Laufwerke mit 100 GB

werden zum Standard.

Quelle: Le Monde

Spezialisierte Algorithmen sind heute im Alltag allgegenwärtig.

Sie geben in vielen Berufen den Ablauf und Takt der Tätigkeiten vor.

LOGISTIK

Der Paketzusteller wird von seinem

Scanner dirigiert.

ONLINEMEDIEN

In Onlinemedien werden die Lesegewohnheiten

ebenfalls von Algorithmen

ausgewertet und die Vorschläge darauf

abgestimmt.

POSTFINANCE

Die Bankerinnen von PostFinance nutzen

Algorithmen für die Anlageentscheide.

PRESSE

Sportnachrichten von lokaler Bedeutung

werden bereits von KI erstellt, auch im

Datenjournalismus laufen Algorithmen bei

der Auswertung von grossen Datenmengen.

BUCHHANDEL

Im Buchhandel gibt es die Algorithmen,

die einem als Kunde/Kundin neue Bücher

nach den eigenen Lesegewohnheiten

empfehlen.

SWISSCOM

Mitarbeitende von Swisscom haben die

Spracherkennung für die Fernbedienung

der Swisscom-Box trainiert

Quelle: syndicom Sektoren

Machine Learning: Maschinen, die von uns lernen

Maschinelles Lernen (Machine Learning) bezeichnet Prozesse,

bei denen Computeralgorithmen aus Daten und Handlungen

von Menschen lernen. Im Internet werden beispielsweise jede

Minute fast 6 Millionen Anfragen an Google gestellt, die von den

Algorithmen sofort interpretiert werden.

6 Millionen

Quelle: LocaliQ


14

Eine bessere

Arbeitswelt

Die Jugend macht sich Sorgen

um die Zukunft!

Das Jugendbarometer der Credit Suisse 2022 zeichnet ein düsteres

Bild. Noch nie seit Befragungsbeginn vor 10 Jahren sahen

Jugendliche und junge Erwachsene mit so wenig Zuversicht in

ihre eigene und die Zukunft der Gesellschaft wie dieses Jahr.

Jedes Jahr veröffentlicht die Credit

Suisse das Jugendbarometer. In den

USA, Singapur, Brasilien und der

Schweiz wurden jeweils 1000 junge

Leute zwischen 16 und 25 Jahren zu ihren

Nöten und Sorgen befragt.

Generation Realismus

Der Optimismus der letzten Jahre

weicht dem Realismus. Die über 1000

befragten Jugendlichen und jungen

Erwachsenen in der Schweiz sehen

weniger hoffnungsvoll in die Zukunft.

Ein Trend, der sich seit Befragungsbeginn

vor zehn Jahren abzeichnet – die

Werte sinken Jahr für Jahr. Nur 44 Prozent

aller Befragten sehen «eher zuversichtlich»

in die Zukunft. Noch pessimistischer

sind die Befragten, wenn es

um die Zukunft der Gesellschaft geht.

Junge Schweizerinnen und Schweizer

sorgen sich um die Zukunft. Stand

in den letzten zwei Jahren noch die Corona-Krise

an erster Stelle der Sorgen,

so wurde die nun von der Altersvorsorge

verdrängt.

Interessiert, aber nicht engagiert?

Auf Platz 2 steht die Sorge um den

Klima wandel, gefolgt von den Benzinund

Ölpreisen und der Energiesicherheit.

Aber auch Gleichstellungsthemen

beschäftigen die junge Bevölkerung

der Schweiz. Zustimmung zur Inklusion

und ein ausgeprägter Gerechtigkeitssinn

zeichnen die Jugend aus, sie

spricht sich aus für Gleichstellung und

gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit.

Dass diesen Anliegen viel

Gewicht gegeben wird, ist also nicht

erstaunlich. Umso erstaunlicher hingegen

ist, dass das Engagement fürs

Klima und für die Gleichstellung der

Geschlechter leicht gesunken ist.

Allerdings wurde die Frage falsch

gestellt – die Motivation, für diese

Anliegen auf die Strasse zu gehen, ist

gesunken. Noch immer fühlen sich

40 Prozent aller Jugendlichen der

Klimabewegung zugehörig und sind

der Meinung, dass man sich für diese

Anliegen auch einsetzen muss.

Dieser Generation, den Jugendlichen

und jungen Erwachsenen der

Schweiz, ist die Zukunft nicht egal,

und sie sind nicht zu unterschätzen.

Jane Bossard,

Jugendsekretärin syndicom

Und noch eine andere Studie:

Jugend und Politik 2022, vom EDI

Altersrenten und Klimakrise erzeugen aktuell die grösste Sorgenlast bei den Jungen, doch das Engagement scheint zurückgegangen. (© Markus Spiske / unsplash)


«Der Event unterstützt die Ausbildung und fördert die

Vernetzung – wie dies die Gewerkschaft täglich tut.» Melina Schröter

15

Ausgebuchte Journée romande

de la typographie

Nachdem die Veranstaltung 2021 pandemiebedingt abgesagt

werden musste, fand die 18. Journée romande de la typographie

(JRT) am 1. Oktober bei UNI Global in Nyon statt.

Grosses und junges Publikum an der erfolgreichen Rückkehr der JRT nach Corona. (© Virginie Zürcher)

Diese alle zwei Jahre stattfindende

Veranstaltung wird organisiert vom

Berufsverband Swiss Graphic Designers

(SGD) und von syndicom. 2022

bot sich dem Publikum wieder die Gelegenheit,

live den spannenden Vorträgen

von vier international bekannten

Referentinnen und Referenten

beizuwohnen: Félicité Landrivon (Brigade

Cynophile, F), André Baldinger

(André Baldinger-Vu-Huu, CH/F) – der

zum zweiten Mal an der JRT dabei

war –, Ian Party (newglyph, CH) und

Emilie Rigaud (A is for fonts, F).

In der traditionellen Ausstellung

waren die Schönsten Schweizer Bücher

2021 zu sehen, die im Rahmen

eines jährlich vom Bundesamt für

Kultur durchgeführten Wettbewerbs

ausgezeichnet worden sind.

Das vom Komitee der Journée de la

typographie zusammengestellte vielfältige

und qualitativ hochstehende

Programm überzeugte, denn alle 200

Eintrittskarten zur Veranstaltung wurden

verkauft. Wie in den Vorjahren bestand

ein grosser Teil der Besucher:innen

aus Studierenden der Visuellen

Kommunikation in der Romandie.

Für syndicom war dies eine Gelegenheit,

auf diese jungen Berufsleute zuzugehen

und ihnen zu zeigen, wie

wichtig unsere Gewerkschaft für ihre

künftigen Arbeitsbedingungen ist.

Alter Event – neue Website

Für die Veranstaltung 2022 wurde zudem

eine neue Website gestaltet, auf

der das diesjährige Programm und die

Beschreibung der Beiträge sowie das

Archiv aller vorangegangenen Ausgaben

zu finden sind (journeetypo.ch).

Die Journée de la typographie fand

erstmals 1990 statt – damals an der

Ecole romande des arts graphiques.

Sie fördert die Vernetzung und unterstützt

die Ausbildung, eine Arbeit, die

unsere Gewerkschaft täglich leistet –

gerade in der Branche der visuellen

Kommunikation, deren Mitglieder oft

selbständig tätig sind und solche Gelegenheiten,

sich zu treffen, schätzen.

Das Organisationskomitee, dem

die Unterzeichnende vonseiten syndicom

angehört, freut sich bereits darauf,

mit der Vorbereitung für die

19. Journée de la typographie 2024 zu

beginnen.

Melina Schröter

Hier gehts zur

JRT-Website

ILO-Übereinkommen

190 jetzt ratifizieren!

Daniel Hügli, Leiter Sektor ICT

Es ist der 21. Juni 2019 in Genf, als die

Internationale Arbeitskonferenz das

Übereinkommen 190 annimmt. Es

schützt erwerbstätige Personen vor

(auch geschlechtsspezifischer) Gewalt

und Belästigung am Arbeitsplatz,

durch Dritte und auf dem Arbeitsweg

sowie vor den Auswirkungen von häuslicher

Gewalt (z. B. im Homeoffice).

Auch die Schweiz stimmt ihm zu.

Doch erst am 19. September 2022 berät

der Ständerat die Ratifizierung:

Die arbeitgebernahen Ständeräte treten

nicht auf die Vorlage ein, da die

Folgen noch nicht abzuschätzen seien.

Was für Folgen befürchten sie?

Die Ratifizierung verpflichtet einen

Staat, das Recht aller Personen

auf eine Arbeitswelt ohne Gewalt und

Belästigung zu achten, zu fördern und

zu verwirklichen. Unter Beteiligung

der Arbeitenden und ihrer Vertretungen

sind Gefahren zu ermitteln, Risiken

zu bewerten und Massnahmen zu

ihrer Verhinderung und Kontrolle zu

ergreifen. Auch das Recht, sich bei Gefährdung

ohne Nachteile von einer Arbeitssituation

zu entfernen.

Gewalt und Belästigung sind somit

Aspekte der Arbeitssicherheit und des

Gesundheitsschutzes, was Mitspracherechte

nach sich zieht. Stellen sich

die Ständeräte also tatsächlich gegen

wirksame Massnahmen, die die Arbeitgeber

etwas kosten und die sie

gemeinsam mit Arbeitnehmenden

demokratisch im Betrieb ausarbeiten

müssen? Am Nationalrat wird es nun

sein, diesen Fehlentscheid des Ständerats

zu korrigieren.


16 Arbeitswelt

«Gesellschaftspolitische Veränderungen brauchen

einen langen Atem und die Macht der vielen.» Anna Stahl

Bitte einmal

fancy Arbeitsbedingungen!

Was fancy klingt, soll mehr bieten als das Existenzminimum.

Die selbständigen Grafikdesigner:innen fordern Selbstverständliches:

Altersvorsorge, Auftragslosenversicherung und Schutz.

Soziale Absicherung muss es für alle geben – auch die schicken Kreativen brauchen sie. (© Keystone-SDA)

Angefangen hat alles mit einer ebenso

simplen wie existenziellen Frage: Was

ist meine Arbeit wert? Fünf selbständigerwerbende

Grafikdesignerinnen

haben sich auf die Suche nach Antworten

gemacht. Das Ergebnis kann sich

sehen lassen: In einem flammenden

Manifest zeigen sie auf, was schiefläuft

in ihrer Branche, was sich ändern

muss und was sie bewegen wollen.

Ihre Forderungen sind für viele Angestellte

heute schon Realität: eine

Zukunft ohne Altersarmut, dafür mit

einer angemessenen Rente, die tatsächlich

zum Leben reicht. Eine Versicherung,

die in Zeiten fehlender Aufträge

ein Sicherheitsnetz bietet. Und

ein Einkommen, das es erlaubt, Reserven

aufzubauen, sich selber einen

13. Monatslohn auszuzahlen oder

auch mal Urlaub zu nehmen.

Langer Atem und viele

Mitstreiter:innen

Gesellschaftspolitische Veränderungen

brauchen einen langen Atem,

aber vor allem brauchen sie die Macht

der vielen. Mit ihrer Streitschrift

geben die Grafikdesigner:innen der

Berufsgruppe von syndicom den Startschuss

für eine langfristige und breit

aufgestellte Organisation innerhalb

ihrer Branche. Nur wenn aus der kleinen,

aber feinen Gruppe von fünf

Menschen eine ganze Bewegung entsteht,

wird echte, tiefgreifende Veränderung

möglich.

Alle allein mit den gleichen Fragen

Die Vernetzung mit Berufskolleg:innen

ist deshalb ein zentrales Anliegen

der Berufsgruppe: um zu verhindern,

dass jede:r in seinem und ihrem Atelier

mit den immer gleichen Fragen

und Problemen alleine bleibt. Und gerade

dem Nachwuchs bietet die gewerkschaftliche

Organisation nach

dem Abschluss der Ausbildung, wo

der Klassenverband den Studierenden

als Netzwerk diente, einen Anknüpfungspunkt.

Denn wer sein Diplom in

der Tasche hat, steht allzu oft von heute

auf morgen alleine da und verfügt

noch nicht über das Know-how, um

sich im verwinkelten Labyrinth der

Selbständigkeit zurechtzufinden.

Nicht zuletzt ist das Manifest deshalb

ein Appell an alle Grafikdesigner:innen,

über der Liebe zum Handwerk,

zur Kreativität und zur Freiheit

nicht blind zu werden für eine einfache

Tatsache: dass faire Arbeitsbedingungen

und soziale Absicherung für

alle möglich sind und seien müssen.

Anna Stahl

Die Grafikerinnen und Grafiker

auf Instagram

«Gesamtarbeitsvertrag»

für Selbständige

Michael Moser, Zentralsekretär Medien

Der Sektor Medien hat einen «Gesamtarbeitsvertrag»

für Selbständige verhandelt

(siehe Interview Seite 20). Dieser

sieht natürlich etwas anders aus

als bei Angestellten, trotzdem funktioniert

er gleich. Gemeinsam mit dem

Arbeitgeber verhandelten wir Minimalstandards

für die Arbeitsbedingungen,

die in den individuellen Verträgen

nicht unterschritten werden

dürfen. Konkret also in der Zusammenarbeit

zwischen dem Comic-Verlag

Edition Moderne und seinen publizierenden

Illustrator:innen. Darüber

hinaus haben wir in einer Vereinbarung

festgehalten, dass wir diesen Basisvertrag

jedes Jahr weiterverhandeln

und wenn immer möglich verbessern.

Dass sich Selbständige kollektiv

organisieren, ist nicht neu; dass wir

nun die Werkzeuge aus der bekannten

Sozialpartnerschaft zwischen Angestellten

und Arbeitgebern auch für die

Selbständigen interpretieren, erweitert

aber das Spektrum für Verbesserungen

noch einmal. So können Selbständige

von den Erfahrungen und

Errungenschaften ihrer angestellten

Kolleg:innen profitieren, gleichzeitig

gewinnen auch die Angestellten, wenn

die Arbeitsbedingungen der Selbständigen

besser werden. Mit einer immer

stärkeren Flexibilisierung der Arbeitsformen

ist es wichtiger denn je, zu verhindern,

dass «klassische» Arbeitsverhältnisse

in selbständige umgewandelt

werden, nur weil dort keine Sozialabgaben

gezahlt werden, die Absicherung

lückenhaft ist oder die Einkommen

einfach generell tiefer sind.


«Es scheint an der Zeit für eine

Verwarnung an PostNetz.» David Roth

17

Surreale Verkaufs-Ziele münden

in Führungsversagen

Verkaufsziele müssen messbar und änderbar sein. Angstmache und die blosse Weitergabe von Druck

nach unten sind kontraproduktiv. (© Keystone-SDA)

Egal, wen man fragte bei PostNetz:

Alle berichteten, dass die Verkaufsziele

bei weitem verfehlt wurden. syndicom

hatte früh gewarnt, dass die Ziele

unrealistisch seien, und wurde ignoriert.

Bereits im März 2022 war allen

klar, dass sie nicht erreicht werden

können. Und trotzdem gab es keine

Korrekturen, der Druck auf Teamleader

und Kundenberatende wurde konsequent

hochgehalten.

«Rennlisten» und öffentliche

Blossstellung

Einige Teamleader liessen sich von

dem Zielwahnsinn nicht beeindrucken

und haben einfach solide Arbeit

abgeliefert. Unerfahrene Gebiets- und

Teamleader waren verständlicherweise

heillos überfordert und gaben

dem Druck nach. Dies mündete zuerst

in absurden Messmethoden, wahren

Rennlisten, teilweise mit Blossstellung

vermeintlich weniger erfolgreicher

Kolleg:innen. syndicom hat über

hundert Beispiele von problematischen

bis schlicht schockierenden

Führungsmethoden gesammelt und

bei der nationalen Leitung protestiert.

Der Austausch hierzu hat im Mai begonnen,

aber die Wirkung ist nach wie

vor zu zaghaft.

Der Verkauf in den Poststellen ist

eine Teamleistung

Nach wie vor gibt es Teams, in denen

individuelle Ziele gesetzt, Rennlisten

präsentiert oder gar mit Akten notizen

und Verwarnungen operiert wird,

wenn Ziele nicht erreicht werden. Das

steht im kompletten Widerspruch

zum Führungs-1x1, wie es auch kleine

Manager lernen. Und dagegen müssen

wir uns wehren. Ziele müssen beeinflussbar

und messbar sein. Der

Verkauf auf Poststellen ist allerdings

eine Teamleistung. Und Verkäufe

können nur so gut wie die Produkte

sein. Die syndicom-Regionalsekretär:innen

arbeiten mit jenen Teams,

die weiterhin Beispiele melden. Aber

das Problem besteht nicht nur vor Ort,

sondern zieht sich über alle Ebenen.

Mehr Realismus, bessere Führung

Es scheint an der Zeit für eine Verwarnung

an PostNetz. 2023 braucht es realistische

Ziele und bessere Führung

auf fast allen Ebenen. Und Produkte,

die sich besser verkaufen.

David Roth

Bewegter Herbst

für private Paketboten

Urs Zbinden, Zentralsekretär Logistik

Es tut sich etwas in der Schweizer Gewerkschaftswelt

diesen Herbst: In

Genf streiken das Fahrpersonal der

Verkehrsbetriebe TPG und die Staatsangestellten

erfolgreich für mehr

Lohn, die Bauarbeiter:innen protestieren

lautstark gegen Verschlechterungen

des GAV, und am Zürcher

Flughafen werden Streiks der Arbeiter:innen

von Swissport und der Pilot:-

innen von Swiss durch bessere GAV

knapp abgewendet. Diese Schlaglichter

der Entwicklung in der Schweiz reihen

sich ein in eine internationale

Tendenz zu mehr Arbeitskämpfen.

Auch in den privaten Logistikbetrieben

der Schweiz macht sich diese

Tendenz bemerkbar. In den letzten

Monaten haben sich Arbeiter:innen

von Planzer KEP und Quickpac bei

syndicom gemeldet. Bei Planzer KEP

geht es um die Einhaltung der gesetzlichen

Vorschriften, um lange Arbeitstage,

kurzfristige Arbeitsplanung und

Arbeitssicherheit (überladene Fahrzeuge).

Hinter den im Depot Zürich

Altstetten aufgestellten Forderungen

stehen 75 Prozent der Belegschaft.

Auch beim Konkurrenten Quickpac

steht eine übergrosse Mehrheit der

Depots Winterthur und Dietikon hinter

den Forderungen nach einem

13. Monatslohn, gegen Wartetage bei

Krankheit und gegen pauschale Abzüge

bei Schäden am Fahrzeug.

Mit den Verhandlungen zum GAV

Logistik wird in der Branche der privaten

Postdienstleister eine wichtige

Grundlage für eine Regulierung gelegt.

Die zunehmenden kollektiven

Bewegungen in den Betrieben zeigen

aber, dass dieser GAV kein Endziel,

sondern ein Startpunkt für weitere

Verbesserungen sein muss.


18 Politik

Die Milliarden an alle

zurückverteilen

Rentenkrise. Die Erträge der Pensionskassen sind zusammengebrochen,

die Renten reichen nicht mehr zum Leben, der

AHV droht eine Unterfinanzierung. Bundesrat und Parlament

klammern sich an die Idee des immer höheren Rentenalters.

Es gibt eine andere Lösung: Die Schweizerische Nationalbank

häuft weiter Milliardengewinne an. Dieses Geld gehört der

Bevölkerung. Es ist fair, wenn es an uns alle zurückgeht. Eine

Stärkung der AHV mit den Gewinnen der SNB: Das fordert

die SNB-Initiative des Gewerkschaftsbundes. Wir haben mit

Sarah Wyss, SP-Nationalrätin aus Basel-Stadt und Mitglied des

Initiativkomitees, über die SNB-Initiative gesprochen.

Text und Fragen: Federico Franchini

Bilder: Keystone-SDA, Michael Waser (Porträt Sarah Wyss)

Der Franken war in den letzten zehn

Jahren eines der meist exportierten

Produkte der Schweiz und übertraf

damit sogar die Erzeugnisse der

Pharma branche! Die ganze Welt

wollte Franken kaufen – vor allem

wegen der Unsicherheiten in der

Euro zone. Die Schweizerische National

bank (SNB) emittierte enorm

viel Geld und verkaufte den Anlegern

aus aller Welt diese Franken gegen

Euro und Dollar. Und machte damit

noch Gewinne. Die Grössenordnung

dieser Frankenverkäufe ist astronomisch.

Von 2016 bis 2021 erwirtschaftete

die SNB dank dieser Politik

Gewinne von über 26 Milliarden

Franken pro Jahr.

Die heutige Ausschüttungsvereinbarung

mit der SNB (sie ist gültig

bis 2025) hält fest, dass maximal

6 Milliarden Franken an Bund und

Kantone ausgeschüttet werden

können, sofern der «Bilanzgewinn»

der SNB mindestens 40 Milliarden

Franken beträgt. Die SNB-Initiative

schlägt vor, dass bei hohen Gewinnen

und Ausschüttungsreserven ein

Teil der Gewinne an die AHV ausgeschüttet

wird. (ff)

Frau Wyss, weshalb braucht es die

SNB-Initiative?

Es ist allen klar, dass wir ein Problem

mit der Finanzierung der AHV

haben. Das stellt sich nicht heute

oder morgen, aber in etwa zehn Jahren.

Wir haben deshalb Zeit, darüber

nachzudenken, wie wir künftig

eine zusätzliche Finanzierung für

die erste Säule garantieren können.

Die Initiative ist somit nötig, weil sie

eine konkrete und effiziente Lösung

für dieses Problem bietet.

Die Finanzierungslücken der

AHV können durch die Gewinne der

SNB geschlossen werden. Und das,

ohne die Kaufkraft durch neue Abgaben

auf den Löhnen zu schmälern:

Die Gewinnausschüttung der

SNB an die AHV stärkt die Altersvorsorge,

ohne das Portemonnaie

der Arbeitnehmenden zu belasten.

Dieses Jahr aber hat die Nationalbank

hohe Verluste angekündigt

und wird wahrscheinlich keine Gewinne

machen. Das Timing scheint

für die Initiative ungünstig zu sein.

Stimmt das?

Tatsächlich ist das Timing nicht

optimal. 2022 ist für die SNB ein

ausser gewöhnliches Jahr. Aber 2021

hatte sie einen Gewinn von 21 Milliarden

Franken ausgewiesen. Die

Gewinne sind sehr stabil, und langfristig

können wir davon ausgehen,

dass die Nationalbank weiterhin

positive Ergebnisse erzielen und

folglich Geld in die Kassen des Bundes

fliessen wird. Wenn wir analysieren,

was in den letzten Jahren

passiert ist, sehen wir, dass die SNB

jährlich rund 2 Milliarden Franken

an den Bund ausgeschüttet hat –

eine schwache Quote, die nur von

der Obergrenze für die Gewinnausschüttung

vorgegeben wird.

Was geschieht heute mit diesen

Geldern von der Nationalbank?

In der Regel werden zwei Drittel den

Kantonen und ein Drittel dem Bund

zugewiesen. Die Vereinbarung sieht

eine Obergrenze von 6 Milliarden

Franken vor. Vom Geld, das an den


«Es gibt nicht viele Lösungen für

das Finanz problem der AHV.

Für uns ist der Einsatz von SNB-Gewinnen

besonders effizient – und gerecht.»

19

Sarah Wyss, Nationalrätin Basel-Stadt (SP) und aktiv im

Komitee für die Nationalbank-Initiative

Bund fliesst, sind ein Drittel für den

ordentlichen und zwei Drittel für

den ausserordentlichen Haushalt

bestimmt. Dieser Anteil dient derzeit

allein dem Schuldenabbau.

Was keine gute Idee ist! Denn

die Verschuldung der Schweiz ist

bereits sehr tief. Es macht keinen

Sinn, die Schulden mit den zusätzlichen

Erträgen der SNB abzubauen.

Viel sinnvoller wäre es, dieses Geld

in die erste Säule zu investieren, da

dies konkret der gesamten Bevölkerung

zugutekäme. Deshalb bin ich

der Meinung, dass diese Initiative

vor dem Volk bestehen könnte.

Laut Umfragen wäre tatsächlich

eine Mehrheit in der Schweiz für

eine Ausschüttung an die AHV.

Wie ist das zu erklären?

In der Diskussion um die AHV21

hat sich klar gezeigt, dass die

Schweiz bis 2035 eine neue AHV-

Reform braucht. Wir sind mit einer

ausser gewöhnlichen Situation konfrontiert,

und wir müssen uns mit

der langfristigen finanziellen Gesundheit

der AHV beschäftigen.

Dieser Gedanke wird von der

Bevölkerung heute akzeptiert: Alle

sind sich bewusst, dass eine zusätzliche

Finanzierung gefunden werden

muss. Die Parlamentsmehrheit

will aber, dass die Überschüsse der

SNB zur Reduktion der öffentlichen

Verschuldung verwendet werden.

Wie gesagt halte ich dies nicht für

eine gute Idee. Dieses Geld in die

erste Säule zu investieren, käme

hingegen der gesamten Bevölkerung

zugute.

Es werden auch andere Lösungen

vorgeschlagen, etwa die Erhöhung

des Rentenalters …

Eines ist sicher: Die Finanzierung

der AHV muss innert rund zehn Jahren

gestärkt werden. Es gibt nicht

viele Lösungen. Mit der jüngsten

Abstimmung über die AHV21 wurde

das Frauenrentenalter von 64 auf

65 Jahre angehoben. Das knappe

Ergebnis zeigt aber, dass eine weitere

Rentenaltererhöhung es vor dem

Volk nicht leicht haben wird. Eine

andere Lösung wäre die Erhöhung

der Lohnabzüge. Wichtig ist, dass

wir einen Vorschlag – in Form einer

Volksinitiative – auf dem Tisch haben,

wenn die Zeit für eine Debatte

über dieses Thema gekommen ist.

Die Jungfreisinnigen haben

eine Volksinitiative eingereicht, welche

die schrittweise Anhebung des

Rentenalters von Männern und

Frauen auf 66 Jahre verlangt. Das

wird die erste Säule schwächen. Zudem

lassen sich bereits heute viele

vorzeitig pensionieren. Die Leidtragenden

einer Rentenaltererhöhung

sind deshalb Personen mit tiefen

Einkommen, die sich keine Frühpensionierung

leisten können.

Unsere Lösung mit den SNB-Gewinnen

scheint mir geeigneter. Aus

unserer Sicht ist klar, dass wir die

Renten stärken und nicht das Rentenalter

erhöhen müssen.

Die Gegner sagen, es sei gefährlich,

die AHV mit den SNB-Gewinnen zu

verknüpfen, da die erste Säule damit

von der Schweizer Geldpolitik abhängen

würde. Was sagen Sie dazu?

Ich verstehe dieses Argument nicht

ganz. Der Initiativtext ist moderat,

er betrifft die Geldpolitik nicht –

und lässt den Kantonsanteil von vier

Milliarden jährlich unangetastet.

Es scheint mir normal, dass

der Bund entscheiden kann, was er

mit den 2 Milliarden macht, die er

von der SNB erhält. Das hat keinerlei

Zusammen hang mit der Politik

der Nationalbank. Heute dienen

diese Mittel dazu, die öffentliche

Verschuldung abzubauen. Sie könnten

genauso gut für die AHV verwendet

werden.

Sonst wäre es auch problematisch,

die Kantonshaushalte mit den

Gewinnen der SNB zu finanzieren.

Das hat aber noch nie jemanden

gekümmert.

Aus meiner Sicht besteht nur

dann ein Problem, wenn die SNB

wie in diesem Jahr keine Gewinne

ausschütten kann. Aber frühere

Durchschnittswerte und die Zukunftsaussichten

zeigen, dass dies

nur in aussergewöhnlichen Jahren

der Fall sein wird.

Wir haben von der Finanzierung

gesprochen. Ein anderes grosses

Problem sind aber die Altersrenten.

Auch hier hat die Linke bereits eine

Volksinitiative lanciert – für die

13. AHV-Rente –, die zustande gekommen

ist. Ist es wichtig, an zwei

Fronten zu handeln?

Für die Linke ist es sehr wichtig, an

zwei Fronten – Finanzierung und

Rentenerhöhung – zu handeln und

unsere Lösungen für die wichtigste

Sozialversicherung der Schweiz

einzubringen. Allen ist klar, dass

die Renten zu tief sind. Gemäss der

Verfassung müssten diese hoch genug

sein, um davon anständig leben

zu können. Das ist nicht der Fall.

Die Finanzierung ist sicher wichtig.

Da rum geht es in unserer Initiative

zu den SNB-Gewinnen.

Aber auch bei den Renten muss

gehandelt werden. Dafür haben wir

die Initia tive für eine 13. AHV-Rente

lanciert. Sie will denjenigen, die vor

allem von der ersten Säule abhängig

sind, etwas Luft verschaffen. Vor allem

den Frauen, da ein Drittel der

Rentnerinnen allein von der AHV

lebt.

Das Parlament behandelt bald auch

die zweite Säule. Wie geht es weiter?

Es braucht Lösungen für Teilzeitarbeitende

in niedrigen Pensen und

für Personen, die mehrere Jobs

haben und nicht versichert sind.

Aber ich sage nochmals, dass wir

uns immer auf die Stärkung der

ersten Säule konzentrieren müssen,

denn es handelt sich um einen

Generationen vertrag und ein Solidaritätsprojekt

zwischen hohen und

geringen Einkommen. Auch für die

Gewerkschaften ist es wichtig, vor

allem die AHV zu stärken. Darum

wollen wir auch die SNB-Initiative

durchbringen.

Die SNB-Initiative kann sofort

unterschrieben werden


20 Die andere

Seite

Ein «GAV» nach Mass

für Freischaffende

Marie-France Lombardo, Julia Marti und Claudio Barandun

leiten den Verlag Edition Moderne mit Herzblut – und seit

neuestem mit einem «Basisvertrag».

der Zeit, die die Suche nach Papieren

verschlingt, sind die Preise im

Ungleichgewicht, da die Teuerungen

nicht 1:1 weitergegeben werden

können. Dazu kommen die sinkende

Kaufkraft und der tiefe Euro -

Kurs: Wir operieren nun mal international,

unser wichtigster Markt ist

Deutschland.

Es braucht eine grundsätzliche

Diskussion darüber, was uns als

Gesellschaft eine lebendige Buchkultur

wert ist, und den politischen

Willen, diese zu unterstützen. Die

strukturelle Förderung des Bundesamtes

für Kultur für Verlage (die

2021–2024 auch die Edition Moderne

erhält) ist ein Beitrag dazu, aber

leider auch der einzige dieser Art.

Fragen: Michael Moser

Bild: Anne Morgenstern

syndicom und die Edition Moderne

haben soeben einen Basisvertrag

unterzeichnet. Worum geht es?

Mit dem Basisvertrag wollen die Gewerkschaft

syndicom und der Verlag

Edition Moderne gemeinsam die

Arbeitsbedingungen für Comicschaffende

verbessern. Beide Seiten

wollen zeigen, dass die Arbeit der

Schaffung und Publikation von Comics

entlang der Wertschöpfungskette

fair und zum Vorteil aller

Parteien gestaltet werden kann und

soll. Die Edition Moderne hat mit

dem Basisvertrag ein wichtiges Vermittlungsinstrument

gewonnen,

das künftig auch klarer macht, was

wir als Verlag leisten.

Was enthält die zum Basisvertrag

gehörende «Vereinbarung über die

weitere Zusammenarbeit»?

Diese Vereinbarung hält unsere

gemeinsamen Ziele fest und dass

Edition Moderne und syndicom den

Basisvertrag jährlich verlängern,

aufgrund unseres Geschäftsganges

neu verhandeln oder beenden können.

Als Verlag verpflichten wir uns,

die Bedingungen des verhandelten

Basisvertrages vor Verhandlungsbeginn

zu kommunizieren und in den

individuellen Verhandlungen anschliessend

nicht zu unterschreiten.

Was genau ist die Edition Moderne

eigentlich und was macht ihr?

Die Edition Moderne ist der einzige

Verlag für Comics und Graphic

Novels der Deutschschweiz und der

älteste im deutschsprachigen Raum.

Er ist inhaltlich und gestalterisch

hoch stehenden Büchern verpflichtet,

die politisch relevant sind:

Auch marginalisierte Stimmen und

The men bekommen eine Plattform.

2021 erhielt die Edition Moderne

einen Swiss Design Award für «Vermittlung»

und wurde zum Schweizer

Verlag des Jahres gekürt.

Der gesamte Buchmarkt ist aktuell

sehr angespannt. Wo seht ihr die

grössten Herausforderungen?

Die Papierknappheit, die Unterbrechung

von Lieferketten und die

Preisexplosion bedrohen auch die

Edition Moderne existenziell. Neben

Seit 2020 sind die Illustrator:innen

bei syndicom organisiert. Wie habt

ihr diesen Prozess beobachtet?

Bevor wir quer in die Verlagsbranche

eingestiegen sind, waren Julia

und Claudio als Grafiker:innen und

Illustrator:innen und Marie-France

in der Designförderung tätig – die

Lage von selbständig erwerbenden

Einzelkämpfer:innen kennen wir

gut. Wir freuen uns für die Illustrationsbranche,

dass sie sich nun bei

syndicom kollektiv organisiert und

den Diskurs um die Wertschöpfung

dieser Arbeit anregt.

Inwiefern passt das alles zu den

Werten der Edition Moderne und

zur Buchkultur, die ihr postuliert?

Die letzten zwei Jahre haben wir den

Verlag aus einer One-Man-Show zu

einer kleinen kollektiven Struktur –

uns dreien und unserem Lernenden

Manuel – umgebaut. Unser Ziel ist,

trotz bescheidenen 220 Stellenprozenten

gute Bücher und ein wertschätzendes,

inspirierendes Arbeitsklima

zu schaffen. Wir begleiten die

Bücher oft vom ersten Storyboard

bis zur Gestaltung, Herstellung und

Vermittlung. Mehr denn je sind wir

überzeugt vom Wert des Mediums

Buch: Vieles in der «Welt da

draussen» ist in Veränderung und

schafft Verunsicherungen. Die

Welten, die wir in Büchern finden,

können helfen, reflektierter, gelassener

und humorvoller durch diese

Aussenwelt zu gehen. Dafür brennen

wir.


Recht so!

21

Guten Tag miteinander

Ich war über 30 Jahre in der Druckerei.

Diese musste schliessen, und ich habe

mich bei der Arbeitslosenkasse angemeldet.

In einem Kurs habe ich ein Bewerbungsdossier

erstellt. Trotz zahlreicher

Bewerbungen erhalte ich nur Absagen.

Ich weiss, dass es in meinem Alter, 55, und

mit meinem Beruf schwierig ist. Doch habe

ich nun gelesen, dass in vielen grösseren

Firmen die Bewerbungen gar nicht mehr

angeschaut werden, sondern ein Algorithmus

das macht. Stimmt das?

Antwort des syndicom-Rechtsdienstes

Ja, Algorithmen werden in der Arbeitswelt immer häufiger

eingesetzt. Gerade im Bewerbungsprozess werden dafür

Kriterien vordefiniert (sogenannte Keywords), um die

offene Stelle optimal besetzen zu können. Erfüllt dein

Lebenslauf gewisse Kriterien nicht, so wird dein Dossier

automatisch ausgeschieden. Dies erhöht die Gefahr der

Diskriminierung bei der Stellensuche aufgrund des Alters,

des Geschlechts, der Nationalität, Familiensituation

(verheiratet, Kinder) etc.

Darauf haben sie uns im Bewerbungskurs

nicht hingewiesen. Ich weiss nicht, ob mein

Dossier von einem Algorithmus oder von

der Personalabteilung geprüft wird und

welche Kriterien bei der Auswahl gelten.

Könnte ich denn mein Dossier entsprechend

anpassen und z. B. das Alter und die

Nationalität nicht angeben?

Wenn das so ist, habe ich kaum eine

Chance, eine Stelle zu finden. So ein

Algorithmus ist doch diskriminierend.

Kann man sich nicht juristisch dagegen

zur Wehr setzen?

Grundsätzlich gibt es da keine Vorschriften. Aber diese

Angaben können für den Arbeitgeber wichtig sein. Die Algorithmen

suchen also anhand dieser Keywords. Fehlen

sie in den Unterlagen, wird die Bewerbung ausgeschieden.

Hast du zudem ein Foto im Lebenslauf, kann der

Algo rithmus bei Verwendung einer automatisierten Gesichtserkennung

Rückschlüsse auf dein Alter machen.

Diese Software wird immer häufiger eingesetzt, obschon

bekannt ist, dass sie bloss Stereotypen erkennt und daher

nicht aussagekräftig ist. Letztlich übernimmt der Algorithmus

die Vorurteile der Personen, die die Kriterien

festlegen. Und ein Algorithmus erkennt nur diejenigen

Daten, die ihm zur Verfügung stehen. Je weniger dies

sind, desto subjektiver wird das Auswahlverfahren.

Du hast die Möglichkeit, gestützt auf Art. 28 ZGB eine

Persönlichkeitsverletzung geltend zu machen. Diese muss

widerrechtlich sein und hängt somit davon ab, ob der

potenzielle Arbeitgeber überwiegende Interessen geltend

machen kann oder nicht. Selbst wenn du beweisen

kannst, dass die Absage nur wegen deines Alters erfolgt

ist, hast du keinen Anspruch auf eine Anstellung. Du

kannst nur eine Genugtuung gestützt auf Art. 28a ZGB verlangen.

Doch gibt es diesbezüglich noch keine Entscheide

des Bundesgerichts. Dies, weil der Arbeitgeber seine Absage

nicht begründen muss, und eine Diskriminierung

daher kaum beweisbar ist.

syndicom.ch/rechtso


22 Freizeit

Tipps

© diaphanes

Kurse bei Movendo: Der frühe

Vogel fängt den Wurm

Umgang mit Stress in Beruf und

Alltag, Basiswissen Schlaf, Vorbereitung

auf die Pensionierung, Word

und Excel für Einsteiger:innen,

Körper sprache lesen: Alle diese

spannenden und nützlichen Kurse

finden Anfang des Jahres bei Movendo,

dem Bildungsinstitut der

Gewerk schaften, statt. Und: Alle

diese Kurse sind bereits belegt und

höchstens noch über die Warteliste

zugänglich. Gerade jetzt, wo das

Jahres programm 2023 herausgekommen

ist, lohnt es sich, das Programm

durchzustudieren und sich

für interessante Kurse schon anzumelden.

«Der Arbeitsmarkt, mein Lebenslauf

und ich», so der Titel des Kurses

am 20. März 23. Er findet ganztägig

in Bern statt, und Movendo gibt

dazu die folgende Beschreibung:

«Der Arbeitsmarkt verändert sich

immer schneller. Viele Berufe gibt

es nicht mehr, neue kommen laufend

hinzu. Damit steigen auch die

Anforderungen an die Arbeitnehmenden.

Wir befassen uns mit der

Arbeitsmarktfähigkeit der Teilnehmenden,

mit ihren Bildungsmöglichkeiten,

und wir erarbeiten kreative

Ideen für die Suche nach einer

neuen Stelle.» Gibt es ein besseres

Gefühl, als für alle Fälle (oder auch

für einen sehr konkreten Fall) einen

aufdatierten, ansprechenden, fixfertigen

Lebenslauf in der digitalen

Schublade zu haben?

Für alle Mitglieder kostenlos

inkl. Verpflegung, für alle andern

Interessierten 410 Franken, Verpflegung

zuzügl. 50 Franken.

(Red.)

«Unrueh»

© Filmcoopi

Mit Anarchismus verbinden die

meisten Menschen vor allem eines:

Lärm, Protest, Widerstand. Nicht so

im Film von Cyril Schäublin («Dene

wos guet geit»).

Er erzählt in ruhigen Bildern die

Geschichte der jurassischen Uhrmacher:innen

Ende des 19. Jahrhun

derts, die den Anarchisten Piotr

Kropotkin entscheiden prägen sollten.

Ganz im Geiste des Anarchismus

folgt der Film einer dezentralen

Erzählweise: Es gibt keine

eigentliche Handlung und die Figuren

halten sich meist an den Bildrändern

auf. Obwohl ein Historienfilm,

ist die Thematik an Aktualität

kaum zu überbieten. Wer kann sich

nicht mit den Uhrmacher:innen

identifizieren, deren Produktivität

von ihren Vorgesetzten mit der

Stopp uhr gemessen wird?

Die leise Kapitalismuskritik in

Form von tickenden Uhren durchzieht

den gesamten Film. So geht

die Uhr in der Uhrenfabrik immer

8 Minuten vor, was als Metapher auf

das ungebremste Wirtschaftswachstum

interpretiert werden kann.

Solidarität untereinander, selbst

mit Anarchist:innen aus anderen

Weltregionen, durchbricht den eintönigen

Alltag in der Uhrenfabrik

und hält die Bewegung zusammen.

Der Film lässt durch die entschleunigte

Erzählweise den eigenen Gedanken

viel Platz. Obwohl geradezu

experimentell, fliesst alles zu einem

grossen Ganzen zusammen.

«Unrueh» ist Anarchismus in

seiner reinsten Form zu einer Zeit

des technologischen Fortschritts,

als Träume von einer besseren,

ganz anderen Welt noch möglich

schienen.

Catalina Gajardo

Eine neue Schweiz

Wir haben es vielleicht spät bemerkt,

aber die Schweiz hat sich

definitiv verändert. Die Unterscheidung

in Schweizerinnen und Ausländer

existiert nur noch für Populisten,

Traditionalisten, leider auch

für das Ausländerrecht und teilweise

den Arbeitsmarkt. Demografischen

Daten zufolge haben 40 Prozent

der Personen, die dauerhaft in

der Schweiz leben, eine Migrationsgeschichte.

Bei den Kindern sind es

über 50 Prozent.

Zweifelsohne gibt es neue Herausforderungen

zu bewältigen, auch

wenn diese Vielfalt grundsätzlich

eine Bereicherung und sicher kein

Problem ist, wie das Institut Neue

Schweiz (INES) seit längerem immer

wieder sagt. INES, dem einige der

brillantesten Köpfe der antirassistischen

und postkolonialen Schweiz

angehören, hat jetzt das Handbuch

Neue Schweiz herausgegeben – eine

Orientierungshilfe in unserer komplexen,

postmigrantischen Gesellschaft.

Migration wird hier als Prozess

gesehen, der erheblich zur Gestaltung

der Gesellschaft beiträgt. Das

Handbuch befasst sich intensiv mit

dem Diskurs und liefert historische

Schlüssel. Daneben enthält es bewegende

poetische Beiträge, starke

Stimmen der Schwarzen Schweiz

und eine Vielfalt von Bildern. Die

Aktivist:innen von INES haben

Recht: die neue Schweiz ist bereits

da. Wir müssen nur noch den systemischen

Rassismus überwinden,

der unsere Gesellschaft prägt.

Mattia Lento

Das ganze Jahresprogramm 2023:

Movendo.ch

«Unrueh» läuft jetzt in den Schweizer

Programmkinos.

INES Institut Neue Schweiz (Hg.): Handbuch

Neue Schweiz, 384 Seiten, ca. 40 Fr.


1000 Worte

Ruedi Widmer

23


24 Bisch im Bild Ein Querschnitt durch die zahlreichen externen Aktivitäten von syndicom.

Betriebsbesuche, Veranstaltungen, Schulungen, Pressekonferenzen

und sogar Ausflüge. Und die Unterschriftensammlung für die Petition

«Preise steigen! Löhne rauf!» geht weiter.

1

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1–6 Im Rahmen der Unterschriftensammlung für die Petition «Preise steigen! Löhne rauf!» gab es zahlreiche Betriebsbesuche im Sektor Logistik. (© syndicom)

7 Medienkonferenz des Gewerkschaftsbunds, hier mit Matteo Antonini von syndicom, Pierre-Yves Maillard und Daniel Lampart (beide SGB)

zu den Lohnforderungen 2022. (© SGB)

8 Patrizia Mordini, Leiterin Gleichstellung bei syndicom, rechts, an der Konferenz der Digital Nomads Switzerland (1. Oktober, Bern). (© syndicom)

9 Die Teilnehmenden des ICT-Seminars der Sektion Zürich. (© syndicom)

10 Zürcher Velokurier:innen überbringen eine Petition an die Firma FWG. (© syndicom)

11 27. August 2022: Gruppenbild vom Ausflug der Sektion Rhätia ins Valle di Lei. (© syndicom)

12 Die Teilnehmenden am Vertrauensleute-Kurs im Tessin hatten sichtlich Spass. (© syndicom)

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26

Aus dem

Leben von ...

Mensur Memedi: «Ich schlafe nur gut,

wenn ich anderen helfen konnte»

Mensur Memedi ist 39 Jahre alt und

Familienvater. Kurz nach der Jahrtausendwende

migrierte er als 19-Jähriger

aus Mazedonien in die Schweiz, wo

sein Vater schon seit einem Jahrzehnt

gearbeitet hatte. Er kam damals frisch

vom Gymnasium und schrieb sich an

der Universität Bern ein. Sein Fach:

die Politikwissenschaften. Doch nach

sechs Semestern fehlte seiner Familie

das Geld. Um seine Familie zu unterstützen,

suchte er sich einen Job –

er fand diesen beim Arbeitgeber seines

Vaters, der Schweizerischen Post. Dort

ist Memedi in verschiedenen Funktionen

bis heute tätig. Er arbeitet in der

Agglomeration Bern und wohnt im

Kanton Freiburg. Memedi ist aktives

Mitglied von syndicom.

Text: Basil Weingartner

Bild: Alexander Egger

«Ich möchte mich gern

politisch einbringen»

Ohne Gewerkschaften geht es nicht.

Denn letztlich wollen alle Unternehmen

ihrem Personal möglichst wenig

bezahlen. Überall bei der Arbeit werden

Menschen ungerecht behandelt.

Ich habe Bekannte mit einer Migrationsgeschichte,

die für dieselbe

Arbeit viel weniger verdienten als

Kolleg:innen mit Schweizer Pass.

Deshalb braucht es Institutionen,

die helfen. Bei meinen Bekannten

hat die Gewerkschaft interveniert

und Lohnerhöhungen herausgeholt.

Ich bin einer, der probiert, überall zu

helfen, wo er kann.

Ich bin nicht nur Gewerkschafter,

sondern auch Teamleiter bei der

Post. Zu meiner Stelle bin ich durch

Zufall gekommen. Als temporärer

Angestellter konnte ich meine Fähigkeiten

unter Beweis stellen.

Ich kümmerte mich zunächst um

das Verteilsystem und pflegte speziell

Kundenwünsche ein. Schon bald

war ich für die Planung der gesamten

Touren in der Region Bern verantwortlich

– und festangestellter stellvertretender

Teamleiter. Später rückte

ich zum Teamleiter nach. Nun

führe ich 18 Angestellte. Die eine

Gruppe besteht aus Frühaufstehern.

Die andere Gruppe besteht aus Paketzustellern.

Daneben leite ich auch Teamworkshops

und bin Verantwortlicher

für Lean Management. Dieses wird

auch Kaizen genannt und hat seinen

Ursprung in den Autowerken von

Toyota in Japan. Kaizen versucht das

Potenzial aller Angestellten zu nutzen,

um den Betrieb erfolgreich zu

machen. Die Leute an der Front wissen

besser, was es braucht, um Abläufe

zu optimieren. Die Philosophie

ist folgende: Verschwendung eliminieren

– aber nicht, um Personal einzusparen,

sondern um die Zeit des

Personals sinnvoller zu nutzen. Lean

Management ist wertschätzend gegenüber

den Angestellten. Diese können

sich einbringen und empfinden

Stolz, wenn die Ideen umgesetzt werden.

Auch wird so eine konstruktive

Fehlerkultur geschaffen.

Das passt auch zu meiner eignen

Lebensphilosophie und meinem

muslimischen Glauben: Abends

kann ich nur gut schlafen, wenn ich

anderen geholfen habe. Wir sollten

alle gemeinsam an einem Strang

ziehen. Jeder bringt etwas mit, von

dem du selber lernen und profitieren

kannst. Nur so entsteht eine friedliche

Welt.

Zusammen mit meiner Familie

habe ich mich vor einigen Jahren einbürgern

lassen. Dabei habe ich gesehen,

dass die Einbürgerung in der

Schweiz nicht nur teuer ist, sondern

auch von Kanton zu Kanton, von

Gemeinde zu Gemeinde sehr unterschiedlich

funktioniert. Das ist willkürlich.

Ich möchte mich gerne politisch

einbringen, um das zu ändern.

Auch Einbürgerungen müssen gerecht

sein. Gerechtigkeit ist überall

entscheidend.

Die Leute gehen arbeiten, damit

sie genug Geld für sich und ihre Familie

haben. Doch viele werden einfach

nur ausgebeutet. Wenn man das

mitbekommt, muss man den Leuten

helfen, sonst macht man sich zum

Mittäter.


Impressum

Redaktion: Robin Moret und Giovanni Valerio

(Co-Leitung), Rieke Krüger, Lydia Schebesta

Tel. 058 817 18 18, redaktion@syndicom.ch

Übersetzungen: Alexandrine Bieri,

Laurence Strasser, Gabriele Alleva

Porträtzeichnungen: Katja Leudolph

Layout und Druck: Stämpfli Kommunikation, Bern

Adressänderungen: syndicom, Adressverwaltung,

Monbijoustrasse 33, Postfach, 3001 Bern

Tel. 058 817 18 18, Fax 058 817 18 17

Inserate: priska.zuercher@syndicom.ch

Das Abo ist für Mitglieder kostenlos. Für Nichtmitglieder:

Fr. 35.– (Inland), Fr. 50.– (Ausland)

Abo-Bestellung: info@syndicom.ch

27

Verlegerin: syndicom – Gewerkschaft

Medien und Kommunikation, Monbijoustr. 33,

Postfach, 3001 Bern

Das syndicom-Magazin erscheint sechsmal im Jahr.

Die Nummer 33 erscheint am 10. Februar 2023.

Das syndicom-Kreuzworträtsel

Zu gewinnen gibt es einen Einkaufsgutschein

im Wert von 40 Franken, gespendet

von Coop. Das Lösungswort wird in

der nächsten Ausgabe zusammen mit

dem Namen der Gewinnerin oder des

Gewinners veröffentlicht.

Lösungswort und Absender an:

admin@syndicom.ch oder per Postkarte

an: syndicom-Magazin, Monbijoustrasse

33, Postfach, 3001 Bern.

Einsendeschluss: 24. 12. 22 (wirklich)

Der Gewinner

Die Lösung des Rätsels aus dem syndicom-Magazin

Nr. 31 lautet: INFLATION.

Gewonnen hat Edwin Gisler aus Küsnacht.

Der Silberbarren der Bank Cler ist

unterwegs. Wir gratulieren herzlich!

Des Rätsels Lösung:

Das Bild auf Seite 6/7 stammt nicht von

einer KI, sondern vom Illustrator Micha

Dalcol. Das war einfach, gell?

Anzeige

Ein Auslandeinsatz

macht‘s möglich!

Gemeinsam bewirken wir echte Veränderungen! Im Rahmen von ein- bis

dreijährigen Entwicklungseinsätzen vermitteln wir qualifizierte Berufsleute wie

dich an unsere Partnerorganisationen in Afrika und Lateinamerika. Vor Ort hilfst

du mit Lösungen zu finden für bessere Lebensbedingungen von Kindern,

Jugendlichen und alten Menschen.

comundo.org


28 Inter-aktiv

syndicom social

Entschädigung der Zwangsarbeiter der WM 13.11.2022

Mehr als 6500 moderne Sklaven starben bei den Vorbereitungen

für die Fussballweltmeisterschaft, die jetzt

in Katar stattfindet. Tausende von Arbeitern schuften

dort immer noch unter unmenschlichen Bedingungen

für 1 Dollar pro Stunde. Die FIFA wird Milliardengewinne

erzielen, weigert sich jedoch, die Arbeiter und ihre

Familien zu entschädigen. Daher wurde eine Online-

Petition gestartet, der sich Tausende von Menschen aus

aller Welt spontan angeschlossen haben.

secure.avaaz.org/page/de/

Schockbericht über Amazon

07.11.2022

256 Bestellartikel pro Tag, das sind

32 pro Stunde, weniger als 2 Minuten

pro Artikel. Das sind Zahlen von

Amazon-Mitarbeitenden, die von der

L’Humanité veröffentlicht wurden.

Unerträgliche Stresslevel mit repetitiven,

anstrengenden Bewe gungen.

Eine:r von 5 Beschäftigten kündigt,

während Amazon zuneh mend auf

prekäre Arbeitsverhältnisse setzt:

42 % der Angestellten sind Temporäre.

Stopp für selbstfahrende Autos? 30.10.20220

Nach fast 4 Milliarden US-Dollar, die in die Entwicklung

autonomer Autos investiert wurden,

erklärten Ford und Volkswagen, das Geschäft

mit ihrem Jointventure Argo IA einzustellen.

Der Anfang vom Ende dieser Art Mobilität?

Medienfreiheit und Demokratie in Gefahr 30.10.2022

In Chile ist, wie in vielen Ländern, eine Konzentration

des Verlagsmarktes zu beobachten, die zu einem regelrechten

ideologischen Monopol führt. Die Demokratie

selbst ist in Gefahr, ebenso wie die Zeitung El Clarín,

eine der wenigen unabhängigen Stimmen. Um sie zu

unterstützen, ruft syndicom zur Unterzeichnung der

Petition auf: syndicom.ch/9slze

UN muss Sicherheit der Medien garantieren 02.11.2022

Zum Internationalen Tag zur Beendigung der Straflosigkeit

für Verbrechen gegen Journalist:innen fordern

syndicom und die Internationale Journalistenföderation

(FIJ) die internationale Gemeinschaft auf, endlich die

Sicherheit und den Schutz der Medienschaffenden

durch ein UN-Übereinkommen zu gewährleisten.

Ständeratskommission schafft Chance

für Konzernverantwortungs-Gesetz 07.09.2022

Der Gegenvorschlag zur Konzernverantwortungs -

Initiative soll ergänzt werden mit einer Sorgfaltsprüfungs-Pflicht

über Zwangsarbeit. Damit geht

die Tür für eine umfassende Reform auf, mit der

die Schweiz auf EU-Niveau aufschliessen kann.

@Koalition für Konzernverantwortung

syndicom ist auf Mastodon! 15.11.2022

Wir sind ab sofort auch bei Mastodon!

Vorerst findet ihr dort dieselben Inhalte wie

auf unserem Twitter, aber wer weiss, was die

Zukunft bringt. Bist du auch auf Mastodon?

Folge uns!

@gewerkschaftsyndicom@swiss.social

Neuer syndicom-Podcast 15.11.2022

Auch in der Deutschschweiz sind wir

neu mit einem Post-Podcast am

Start. Dominik Dietrich und Senol Kilic

beleuchten einmal im Monat den Arbeitsalltag

der Post-Angestellten. Zu finden auf Spotify,

hört rein!

Algorithmen bei der Arbeit:

Ressource oder Bedrohung? 18.11.2022

Algorithmen werden zunehmend bei der Personalbeschaffung

eingesetzt. Dies wurde bei RTS in einer

TV-Debatte diskutiert, an der auch Daniel Hügli, Zentralsekretär

ICT, teilnahm, kurz nach der Einigung zwischen

syndicom und AlgorithmWatch! syndicom.ch/n0fr6

Folge uns auf allen

gängigen Kanälen!

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