LE-5-2022
LOGISTIK EXPRESS JOURNAL 5/2022
LOGISTIK EXPRESS JOURNAL 5/2022
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
AUSGABE 5/2022
KRISE BESCHLEUNIGT DIGITALISIERUNG
OMNICHANNEL ALS CHANCE FÜR DEN LOKALEN HANDEL
PLANEN SIE MIT UNS IHRE MEDIENARBEIT
Mehr auf logistik-express.com
LOGISTIK express 5/2022|S2
HOLEN SIE SICH IHR
INDIVIDUELLES
LOGISTIK EXPRESS -
PRESSEPACKAGE
• MEDIENPAKET
• SPECIAL
• JOBSERVICE
• FIRMENSERVICE
• PRESSESERVICE
WERBEFENSTER
U2
INHALT / EDITORIAL / IMPRESSUM
INHALTE
LE 5/2022
03 Inhalt / Editorial / Impressum
04 Kann wirklich Interventionismus die Rettung sein?
08 Rohstoffnachfrage: Verfügbarkeit steht über allem
12 Krise beschleunigt Digitalisierung und Omnichannel-Integration
16 Omnichannel als Chance für den lokalen Handel
20 Die erste eCommerce-Landkarte für Österreich
24 TECH DAY 2022: Gipfeltreffen der heimischen Retail-Tech-Szene
28 eCommerce boomt, aber Österreich hat (fast) nichts davon
32 Wie viel Energie uns Kaufentscheidungen kosten und wie KI helfen kann
36 KNAPP ist Technologie-Partner für effiziente E-Commerce-Logistik
40 Pick-Buddies – die neue Welt der kollaborativen Lager-Roboter
44 Cyber Days – Effizientes Omnichannel Fulfillment auch in Peak-Zeiten
48 Von Anfang an richtig: Ganzheitliche Fabriksplanung
52 IDIH Logistikreise unterstützt durch die logistic-natives ein voller Erfolg
56 Auf die Terminals kommt es an
60 In allen Häfen war Österreich
64 Zentralverband Spedition & Logistik setzt auf Kontinuität
66 Großteil der Deutschen blickt düster in die Zukunft
68 Energie- und Rohstoffpreise für einige Unternehmen ein Betriebsrisiko
70 Taiwan-Konflikt: 6 Maßnahmen gegen Lieferengpässe bei Mikrochips
72 Vielfältige Krisen machen Österreichs Finanzvorständen zu schaffen
74 Kapitalmarktausblick 2023: Zwischen Resilienz und Rezession
78 Digitale Diktatur – Digitalisierung der Währungen
82 Vielen Dank für Ihr Interesse an unseren Leistungen & Services
HERZLICHES DANKESCHÖN AN UNSERE MEDIENPARTNER:
Wir steigern das Bruttosozialprodukt…
Ein turbulentes Jahr neigt sich dem Ende
zu und mit großen Schritten gehen wir
dem Jahr 2023 entgegen, das sich nicht
wohlwollender präsentieren wird. Denn die
Inflation ist gekommen, um zu bleiben und
Unternehmer sowie Arbeitnehmer zahlen
die Zeche. Damit einhergehend schlittern
wir in eine herausfordernde Rohstoff- und
Energiekrise, verbunden mit so manchem
Jobverlust und Mangel an qualifiziertem
Personal. Unabhängig, mit Blick auf die
kostenintensiven und sozialen Herausforderungen
von den (nicht erwünschten)
jährlichen Massenaufläufen an unseren
Landesgrenzen. Hinzu kommt, dass sich die
europäische Autoindustrie mit dem Verbrenner-Verbot
selbst aus dem Spiel nimmt,
da sämtliche Teile von Elektromobilen andernorts
durchaus gut und preiswerter
produziert werden können als in Europa.
Zudem treibt die geopolitische Lage eine
Unsicherheit voran, wobei Chinas Seidenstraßentransporte
stocken. Doch vielleicht
drückt der liebe Herr/Frau/Sonstiges im Himmel
ein Äuglein zu und verleiht den Playern
eine friedvolle Hand, sodass sich das Blatt
zumindest bis Mitte des Jahres zum Guten
wendet... China seine Null-Covid Position
ad acta gelegt, Peking seine Meinungsfreiheit
wiedererlangt, China Taiwan
nicht mehr unmittelbar bedroht und der
russisch-ukrainische (Stellvertreter)krieg in
Europa nicht eskaliert oder für beendet
erklärt ist. Ungeachtet davon, dass Hunderttausende
bislang unnötig aufgrund europäischer
"Ignoranter-Politik" gestorben sind.
Lassen wir uns überraschen, was das neue
Jahr bringt und vielleicht erspart es uns künftig
weitere Polit-Narren, mit schelmischem
Blick zu unserem Lieblingsnachbarn. Kurzum,
jetzt wird wieder in die Hände gespuckt…
Markus Jaklitsch | MJR MEDIA WORLD
LOGISTIK EXPRESS & UMWELT JOURNAL
Hameaustraße 44, 1190 Wien
T: +43 (0)676 7035206 / E: info@logistik-express.at
StV. | Redaktion: Peter Nestler, Angelika Gabor,
Dirk Ruppik, Peter Baumgartner
Fotos: istockphoto.com
Print Kiosk: www.blurb.de/user/LOGEXP
www.logistik-express.com
Lesen Sie jetzt unsere 5. LOGISTIK express
Ausgabe. In diesem Sinne wünschen wir
Ihnen frohe Weihnachtstage sowie ein
Gutes, Neues Jahr und holen Sie sich Ihre
News & Zeitschriften App - MJR MEDIA WORLD
für Ihren Informationsvorsprung.
Markus Jaklitsch
LOGISTIK express 5/2022 | S4
WIRTSCHAFT POLITIK
Kann wirklich
Interventionismus
die Rettung sein?
Österreich und viele andere europäische
Länder stöhnen unter den Energiepreisen,
ein Preisdeckel soll das Problem
lösen. Ob das so schlau ist? Die Verhandlungen
dazu sind zäh – ebenso
wie die der Kollektivvertrags-„Partner“.
Erste Streiks lähmen bereits Wirtschaft und
Alltagsleben, während man sich in anderen
Ländern bereits die Hände reibt: ist Österreich
als Industriestandort bald Geschichte?
REDAKTION: ANGELIKA GABOR
Beim Blick auf die Energiekostenabrechnung
kommt derzeit vielen Österreichern
das Grauen. Statt für Geschenke
wird bei mehr Haushalten als
je zuvor die Weihnachtsremuneration zur Abdeckung
laufender Kosten herhalten müssen.
Laut aktueller Umfrage des Instituts für Handel,
Absatz und Marketing der Johannes Kepler Universität
(JKU) Linz will mehr als ein Drittel (38 %)
der Befragten bei Geschenken sparen und
weniger ausgeben als zuletzt – und das, wo
in der Weihnachtssaison 2021 der stationäre
Handel teilweise aufgrund der Pandemie geschlossen
war.
Einzelne Bundesländer – wie beispielsweise
Wien – haben Unterstützungsprogramme für
Private, wie den Energiebonus oder die Energiekostenpauschale.
Auf Europäischer Ebene
wird weiter um eine Lösung zur Eindämmung
der Großhandelspreise für Gas gerungen.
Auch beim letzten Treffen der EU-Energieminister
im Sonderministerrat kam es (wie erwartet)
zu keiner Einigung, zu sehr sind die Standpunkte
der Mitgliedsblöcke voneinander entfernt.
Damit steht auch die internationale Wettbewerbsfähigkeit
der EU-Länder auf dem Spiel,
es droht eine industrielle Abwanderung – und
damit direkt und indirekt der Verlust tausender
Arbeitsplätze.
So prophezeit etwa Harald Mahrer, u.a. Präsident
der österreichischen Bundeswirtschaftskammer,
dass die Wettbewerbsfähigkeit mit
dem Rest der Welt in vielen zentralen Bereichen
verloren ginge, wenn nicht rasch gemeinsame
Schritte aller EU-Staaten erfolgten.
Alternativ müsste es seiner Meinung nach in
Österreich ähnlich wie in Deutschland, mit
dessen Wirtschaft wir besonders eng verbunden
sind, ein nationales Rettungsprogramm
geben. Im am 22. November präsentierten
Vorschlag der EU-Kommission beinhaltet die
Einführung eines „Preiskontrollmechanismus“
im Großhandel: im Unterschied zum von beispielsweise
Frankreich, Griechenland und
Spanien geforderten absoluten Gaspreisdeckel
mit direkter staatlicher Subvention der
Verbraucherpreise für Industrie und Haushalte
sieht dieser Mechanismus erst dann ein Eingreifen
vor, wenn der Referenzmarktpreis für
LNG-Gas in den Niederlanden bei 275 Euro
pro Megawattstunde liegt – und zwei Wochen
lang 58 Euro über der globalen Benchmark.
Das dann vorgesehene automatische Aussetzen
des Großhandels mit Gas soll zu einer
Marktberuhigung führen. Denn ein absoluter
Preisdeckel könnte zu Versorgungslücken führen,
wenn Händler aufgrund des aus ihrer Sicht
zu geringen Gewinnes die Belieferung einfach
einstellen würden, weshalb sich Deutschland,
Österreich, Ungarn, Bulgarien und die Niederlande
vehement dagegen aussprechen.
Am Schluss war man sich einig, dass man sich
nicht einig war – und dass im Dezember der
nächste Sonderministerrat zum Thema „Gaspreisdeckel/Marktkorrekturmaßnahme“
stattfindet.
Einzige Ergebnisse: eine Beschleunigung der
Genehmigungsverfahren für die Erzeugung
erneuerbarer Energie und ein Solidaritätsplan,
quasi eine Beistandspflicht bei schweren Gasversorgungskrisen.
Man hat fast den Eindruck,
dass so lange gewartet wird, dass sich das
Problem von selbst löst. Vielleicht haben die
Entscheidungsträger die Hoffnung, dass Putin
sich noch vor Wintereinbruch komplett zurückzieht
und erklärt, es habe sich um ein Missverständnis
gehandelt. Die Sanktionen enden,
Gas fließt wieder normal, die Preise sinken und
alle stoßen mit einem zünftigen Sbiten (traditionelles
russisches Getränk auf Honigbasis)
auf das gegenseitige Wohl an. Noch ein paar
nette Schulterklopfer und der Wiederaufbau
kann beginnen.
Mehr Staat vs. freier Markt
Die erfolgreiche freie Marktwirtschaft beruht
darauf, dass Angebot und Nachfrage sich
selbst und damit die Preise regulieren. Das
stimmt auch, wenn allerdings ein unvorhergesehenes
Ereignis wie der Krieg in der Ukraine
und damit einhergehendes Chaos auf gewissen
Märkten samt eklatanter Verknappung die
Preise unverhältnismäßig in die Höhe schnellen
lassen, wird der Ruf nach „mehr Staat“ und
Regulierung von oben laut. Denn eigentlich
soll der Staat im System der freien Marktwirtschaft
lediglich die Bürger vor gewaltsamen
Angriffen von innen und außen verteidigen.
In gewisser Weise könnte man aber sagen,
dass unleistbare Energiepreise ein Angriff auf
das Wohl und den Lebensstandard des Einzelnen
bedeuten und ein Eingreifen durchaus
gerechtfertigt ist. Ähnlich wie früher ein weiser
König die Geschicke seiner Untertanen lenkte,
wird nun eine staatliche Lösung für wirtschaftliche
Probleme herbeigesehnt. Diese Eingriffe
weit über die Erhaltung der Rechtsstaatlichkeit
hinaus nennt man Interventionismus. Was
verlockend klingt, birgt durchaus Gefahren:
der Eingriff in die Preisbildung und Gewinne –
Stichwort Übergewinnsteuer – unterbricht den
reibungslosen Ablauf der Marktwirtschaftsprin-
LOGISTIK express 5/2022 | S6
zipien. Was zu mehr Angebot führen soll, kann
den gegenteiligen Effekt bewirken und einen
ganzen Rattenschwanz an Folgen nach sich
ziehen. Im aktuellen Fall würde das bedeuten,
dass einfach weniger Gas nach Österreich
geliefert wird. Würde die Regierung allerdings
die Differenz zum Marktpreis aus Steuermitteln
finanzieren, wäre zwar im ersten Moment
dem einzelnen Verbraucher geholfen – aber
im Endeffekt müssen wir es auf lange Sicht
doch durch Steuererhöhungen ausbaden. So
schätzt beispielsweise die deutsche Gas-Kommission
die Kosten für die geplanten Entlastungen
auf etwa 96 Mrd. Euro von März 2023 bis
Ende April 2024. Wie man es auch dreht und
wendet, die Situation ist verfahren. Gewinnabschöpfungen
und Energierationalisierungen
sind Gift für den Wirtschaftsstandort – welches
Unternehmen siedelt sich freiwillig bei solchen
Bedingungen an? Österreich gilt ohnehin als
Hochpreisland – hohe Steuern, hohe Lohnnebenkosten.
Und der Plafond ist nicht erreicht…
Kollektivvertrag und Streiklust
Zum Glück leben wir nicht in Frankreich: dort
gehen laut Statistik (datawrapper) pro Jahr
durchschnittlich 150 Arbeitstage pro 1.000
Beschäftigte durch Streiks verloren. Während
es bei unseren deutschen Nachbarn 16 Tage
sind, rangiert Österreich aktuell mit 2 Streiktagen
am unteren Ende der Tabelle. Sieht man
sich die momentanen Kollektivvertragsverhandlungen
an, könnte sich dieser Wert bald
unangenehm erhöhen. Die Warnstreiks bei
Brauern, Personal in Ordensspitälern und den
Schienenbahnen (Personen- und Güterverkehr)
sind nur der Anfang. Auch wenn in Österreich
das Recht auf Streik im Arbeitskampf
verfassungsrechtlich geschützt ist (Artikel 11
EMRK), hält sich das Verständnis dafür in der
Bevölkerung oft in Grenzen. Sieht man sich die
Diskrepanz zwischen den Positionen der Verhandler
an, fragt man sich manchmal, in welcher
Realität diese sich bewegen. Das Gefühl,
dass der Stolz einzelner Beteiligter eine rasche
Einigung verhindert, lässt sich nicht so leicht
abschütteln. Fast so, als ob eine Gewerkschaft
ihre Daseinsberechtigung daraus schöpft, in
den Kampf zu ziehen – koste es, was es wolle.
Dabei ist die Ursprungsidee des Kollektivvertrags,
der für gewöhnlich zwischen den
Fachgewerkschaften des Österreichischen
Gewerkschaftsbunds (ÖGB) und den Fachorganisationen
der Wirtschaftskammer ausverhandelt
wird, durchaus praktisch: statt dass
jedes Unternehmen sein eigenes Süppchen
kochen muss, gibt es eine Leitlinie für die gesamte
Branche. Die KV-Verhandlungen für die
Metallindustrie, traditionell richtungsweisend
für alle rund 450 Verträge, die jährlich neu ausverhandelt
werden, hatten ein sattes Plus von
bis zu 8,9 Prozent der Ist-Einkommen ergeben.
Die Forderungen der Handelsangestellten,
Brauer und Beschäftigten der Privatkrankenanstalten
liegen bei mindestens 10 Prozent
Gehaltsplus. So sehr ich dieses Bedürfnis
nach mehr Gehalt nachvollziehen kann – eine
tote Kuh kann man nicht melken. Die Auswirkungen
der Pandemie sind längst nicht vorbei.
Alleine in den ersten drei Quartalen sind in Österreich
3.482 Unternehmen in eine Insolvenz
geschlittert, Tendenz steigend. Man darf nicht
vergessen, dass die Arbeitgeber ja nicht nur
das Gehalt, sondern auch die hohen Lohnnebenkosten
stemmen müssen. Ein Hebel, mit
dem der Staat übrigens sehr viel bewegen
könnte: durch die schon lange geforderte
Senkung dieser Nebenkosten könnte man auf
einen Schlag die Einkommen erhöhen und
sich somit die Regulierung sparen. Durch die
damit einhergehende Steigerung der Kaufkraft
ist auch der Wirtschaft geholfen – und
das ohne Zinsanpassung.
Wirtschaftsstandort sichern
Im World Competitiveness Ranking des International
Institute for Management Development
IMD belegt Österreich im Jahr 2022 international
Rang 20, Rang 11 in Europa. Das
ist um einen Platz schlechter als 2021. Aktuell
investiert der Chemieriese BASF gerade 10 Milliarden
Euro in einen neuen Verbundstandort
in der südchinesischen Provinz Guangdong.
Warum nicht in Europa? Die Gründe dafür liegen
klar auf der Hand: Regulierungen im Rahmen
des Green Deals der EU, die gestiegenen
Energiepreise und das rückläufige Wachstum
in Europa machen Werke hierzulande unlukrativ.
Andererseits sind Maßnahmen zum
Klimaschutz dringend nötig, man kann nicht
einfach darauf verzichten. Gesamtglobal betrachtet,
ist es wohl egal, wo Emissionen durch
Industrieanlagen entstehen. Aber im Hinblick
auf den gewohnten Wohlstand können wir es
uns in Österreich nicht leisten, sämtliche Produzenten
zu vergraulen und somit unzählige
Arbeitsplätze zu verlieren. Es ist ein schmaler
Grat. Hoffentlich stürzen wir nicht ab. (AG)
HOLEN SIE SICH IHREN INFORMATIONSVORSPRUNG
LOGISTIK EXPRESS INFORMIERT SACHLICH | FACHLICH | AKTUELL
www.logistik-express.com
LOGISTIK EXPRESS NEWS & ZEITSCHRIFTEN APP MJR MEDIA WORLD
LOGISTIK express 5/2022 | S8
WIRTSCHAFT POLITIK
Rohstoffnachfrage:
Verfügbarkeit steht
über allem
Der hohen Rohstoffnachfrage in der Industrie
stehen nicht unberechenbare Lieferketten
gegenüber. Mehr Lieferanten statt nur einen
zu haben ist für produzierende Unternehmen
das Gebot der Stunde.
TEXT: REDAKTION
Viele heimische Industrieunternehmen
stehen derzeit in Sachen Logistik
vor großen Herausforderungen.
Nach den Behinderungen bei der
Rohstoffbeschaffung infolge der Corona-Pandemie
und den Ukraine-Krieg wurde offensichtlich,
wie von einem Tag auf den anderen
eingespielte Lieferketten zerbrechen können.
War in der „normalen“ Vergangenheit meist
der Preis das Maß aller Dinge, so hat sich das
Blatt infolge gleich mehrer Krisen gewandelt,
steht heute die Verfügbarkeit von Rohstoffen
und Transportkapazitäten eindeutig über dem
Preis, so der Tenor in Industriekreisen.
„In der Inbound-Logistik müssen wir die Logistikketten
vom Lieferanten bis zu unseren
Werken weltweit aufrechterhalten. Bei Abweichungen
wie Lieferausfällen müssen neue
Wege gefunden und schnell bedient werden.
Die Ukraine Krise erforderte zudem eine besonders
rasche Umstellung von Lieferungen aus
den betroffenen Regionen hin zu alternativen
Quellen“, erklärt Christian Janecek, Geschäftsführer
des Voestalpine-eigenen Logistik-Dienstleisters
LogServ.
Im Outbound-Verkehr geht es um Sicherung
von Transportressourcen, Reaktion auf tägliche
Änderungen und professionelles Management
von Ungewissheiten. Voestalpine Stahl
benötigt pro Jahr an die 12 Mio. t Rohstoffe wie
beispielsweise Eisenerz, Kohle, Schrott, Kalk,
Legierungen, Metalle etc. Den Transport dieser
Rohstoffe zu organisieren ist Job der LogServ
gemeinsam mit ihrer Tochter CargoServ. Im Export
gehen vom Linzer Werk jährlich rund 5 Mio. t
Fertigprodukte wie etwa Coils oder Grobbleche
in die Welt hinaus. Das Gros der Transporte
von rund 55 Prozent erfolgt auf der Schiene, mit
dem Lkw werden 35 Prozent transportiert und
mit dem Binnenschiff rund zehn Prozent. Bei der
Beschaffung der Rohstoffe setzt Voestalpine-
Stahl auf Multiple-Sourcing oder zumindest
Dual-Sourcing. „Da dies aber nicht immer und
überall möglich ist gibt es auch wenige Single-
Sourcing-Lieferanten“, merkt Markus Schinko,
ebenfalls Geschäftsführer von LogServ an.
Turbulente Lieferketten lassen sich seiner
Meinung nach am besten beruhigen durch
langjährige Partnerschaffen mit Lieferanten,
innovativen Logistik-Konzepten wie beispielsweise
mit dem Erz-Container-Shuttle und
Nutzen eigener Assets, die im LogServ eigenen
Bahnunternehmen CargoServ zur
Verfügung stehen. Und Schinko betont:
„Logistik ist kein reiner Kostenfaktor, sondern
ein wichtiger Wettbewerbsfaktor“. Im Werk
Linz gibt es ein Rohstofflager wie es auch
entlang der Logistikketten solche gibt.
Janecek: „Die Verwerfungen in der Logistik
in diesem Jahr wären ohne entsprechende
KONZENTRIEREN SIE SICH AUF DAS WESENTLICHE.
MIT LOGISTIK-OUTSOURCING VON LOGSERV.
Wir verbinden, was zusammen gehört. Wirtschaftliche
Abläufe und effiziente Transporte sind heute wichtiger
denn je. Als Full-Service-Spezialist für industrielle Logistik
sind Ihre Herausforderungen bei uns bestens aufgehoben.
Kontrakt- und Projektlogistik
Zolldienstleistungen
Eisenbahn-Sicherungstechnik und -Bautechnik
Instandhaltung Lokomotiven und Waggons
Werkstätten Schwer- und Sonderfahrzeuge
Fuhrparkmanagement
Werksinterne Logistik
Verkehrsakademie
Private Eisenbahntraktion via CargoServ
Logistik Service GmbH, Lunzer Straße 41, A-4031 Linz
Tel: +43-732-6598-2000, E-Mail: office@logserv.at
www.logserv.at
Logistik in Bewegung.
LOGISTIK express 5/2022 | S10
Vorkehrungen nicht zu bewältigen gewesen.
Die aufeinander abgestimmte Taktung der
Rohstoffverkehre inklusive Lagermenge stellt
die Versorgung sicher.“ Beide Manager wissen:
Natürlich sind Transportpreise nach wie vor
wichtig, doch Zuverlässigkeit und Logistik-
Qualität sind nicht weniger wichtige Kriterien.
LogServ ist eine 100%ige Tochter der Voestalpine
Stahl GmbH und organisiert als Logistikdienstleister
der Steel Division des Voestalpine
Konzerns jährlich den Transport von
rund 68 Mio. t Cargo. Darunter fallen auch
Werksverkehre sowie Importe und Exporte.
Ein Teil der In- und Outbound-Verkehre
werden durch die hauseigene CargoServ abgefahren,
die über 13 eigene Lokomotiven verfügt.
LogServ designt Logistikketten und kauft
und managt die Transportdienstleistungen.
Außerhalb der Voestalpine betreut LogServ
als Full-Service-Provider zahlreiche Industriekunden
sowie im Bahnbereich Betreiber von
Anschluss- und Werksbahnen, private Bahngesellschaften
und Privatgüterwagenvermieter.
Am Voestalpine-Standort in Linz betreibt LogServ
Österreichs größte Anschlussbahn sowie
einen eigenen Donauhafen mit entsprechenden
Umschlagsanlagen.
Globalisierung stößt an ihre Grenzen
Auch der Industriekonzern RHI Magnesita ist in
der Inbound und Outbound-Logistik mit großen
Herausforderungen konfrontiert. „In den letzten
beiden Jahren waren die Verfügbarkeit
von Schiffskapazitäten und verlängerte
Durchlaufzeiten aufgrund von Aufhäufungen
präsent“, berichtet Daniel Prutti, Head of
Global Logistics bei RHI Magnesita, aus der täglichen
Praxis. Aber auch das Niedrigwasser auf
den Binnenwasserstraßen, Lagerkapazitäten
in den Häfen, Preisvolatilität im Seefracht-und
Verpackungsbereich sowie Konkurrenzfähigkeit
von Bahnlösungen aufgrund gestiegener
Energiekosten sind große Herausforderungen.
Die Auswahl der Dienstleister erfolgt nach
einem holistischen „Total Cost of Ownership
Modell“, und bei RHI Magnesita steht Choice
& Value im Zentrum, „daher gibt es auf vielen
Routen zwei bis drei Servicemodelle und Servicelevels.
Transportdienstleistungen werden
laufend innerhalb eines strikten Performance-
managements validiert und verbessert“, erklärt
der Logistikmanager. RHI Magnesita betreibt
Werke in verschiedenen Ländern und
setzt dabei auf Multiple Sourcing sowohl beim
Rohstoffeinkauf als auch bei der Wahl der logistischen
Infrastruktur. Exporte werden z. B. via
Koper, Hamburg, Bremerhaven, Rotterdam,
Antwerpen oder Triest abgewickelt.
Prutti: „Bei der Auswahl der Transportdienstleister
haben strategische Allianzen Vorrang, da
vor allem im Seefrachtbereich die Marktmacht
einiger weniger Reedereien signifikant ist.“ Die
Absicherung der Lieferketten erfolgt ebenso
durch strategische Allianzen, integrierte
Planung (IBP), resiliente Transportrouten und
ein optimiertes Produktionsnetzwerk. Rohstoffe
werden in verpackter und unverpackter Form
vorrangig aus Österreich, China, Brasilien und
der Türkei lokal per Bahn oder Lkw und international
auf Bulkschiffen und in Containern
herbeigeschafft, Fertigprodukte hauptsächlich
in verpackter Form transportiert. Seeseitig
transportiert RHI Magnesita jährlich 40.000 bis
45.000 Container, wobei der intensivste Austausch
zwischen Europa-USA, China-Indien
und Europa-Indien erfolgt.
In Sachen Logistikdienstleister hat RHI Magnesita
in diesem Jahr eine Allianz mit Kühne
+Nagel, JAS und MSC gestartet. Strategisch
gesteuert wird die Haus-Haus-Logistik aus den
definierten Regionen China, Ostasien, Europa,
CIS & Türkei, Indien, Westasien und Afrika sowie
Nord-und Südamerika. RHI Magnesita betreibt
eine Schmalspurbahn an seinem Standort
Breitenau und einen Containerterminal in
Hochfilzen. An diesem Standort wurden 2021
sämtliche Transporte von der Straße auf die
Schiene verlagert. Um resilient zu sein, leistet
man sich auch wieder ein gutes altes Pufferlager,
um Störungen entgegenzuwirken.
Für Prutti hat die Globalisierung aktuell ihre
Grenzen erreicht: "Wir stehen ein für eine intelligente
Globalisierung, bei der ein regionaler
Unterschied nicht gleich zu einem massiven
Wettbewerbsnachteil wird." In Europa sollten
die Energie sowie der CO2-Ausstoß vernünftig
bepreist werden, damit die in Europa
hergestellten Produkte für den Kunden günstiger
sind als Waren aus Asien, so Prutti.
(RED)
HOLEN SIE SICH IHREN INFORMATIONSVORSPRUNG
LOGISTIK EXPRESS INFORMIERT SACHLICH | FACHLICH | AKTUELL
www.logistik-express.com
LOGISTIK EXPRESS NEWS & ZEITSCHRIFTEN APP MJR MEDIA WORLD
LOGISTIK express 5/2022 | S12
WIRTSCHAFT POLITIK
Krise beschleunigt
Digitalisierung und
Omnichannel-
Integration
Der chinesische Logistikmarkt erholt sich
rasant von der Pandemie. Die Krise führt zu
einer Beschleunigung der Digitalisierung in
der Logistikbranche, Omnichannel-Integration
und zu einer Zunahme von Fusionen.
REDAKTION: DIRK RUPPIK
Der chinesische Logistikmarkt hat
sich nach dem massiven Einbruch
durch die Lockdowns in 2020 mit
großer Geschwindigkeit wieder erholt.
Neben beschleunigten Logistikprozessen
hat die Pandemie zudem zu einer komplexeren
Logistik und zu einer zunehmenden Digitalisierung
und Automatisierung von Logistikprozessen
besonders im E-Commerce geführt.
Konsolidierung bei 3PL- und Express-
Dienstleistern
Die ungeheuer schnelle Erholung der Nachfrage
führt laut McKinsey (1) auch zur Umstrukturierung
des 3PL-Dienstleistungs-Bereichs.
Einerseits sind mehr Fusionen und Übernahmen
zu verzeichnen, anderseits fokussieren die
Unternehmen zunehmend auf Digitalisierung
und Omnichannel-Integration. Ein Beispiel ist
die Gründung der China Logistics Group im
Februar 2022 aus der Fusion von fünf Staatsunternehmen
- darunter die ehemalige China
Railway Materials Group.
Als strategische Investoren sind zudem die
China Eastern Airlines, die China COSCO Shipping
Group und die China Merchants Group
beteiligt. Der neue Logistikriese soll internationale
Handelsverbindungen und Frachtdienstleistungen
entwickeln und so die globalen Lieferketten
(re-)organisieren. Andere Beispiele
sind der Kauf eines Anteils von 15 Prozent in Air
China Cargo durch Alibabas Logistikunternehmen
Cainiao und die Akquisition eines Mehrheitsanteils
von 51,8 Prozent in Kerry Logistics
durch SF Holding. Auf dem Expressmarkt hat
die enorme Zunahme an Paketen (rund 30 Prozent)
zu einem extremen Preiskampf geführt,
der zu einer Senkung der Preise zwischen zwölf
und 27 Prozent und zu schrumpfenden Profiten
führte. Auch hier wird eine weitere Konsolidierung
der Unternehmen erwartet. Kleinere Expressdienstleister
werden zunehmend von den
größeren gefressen.
Luftfracht wird für E-Commerce bedeutender
In bestimmten E-Commerce-Branchen wie der
Modebranche verändert sich die Lieferstrategie.
Früher wurden die Güter massenhaft auf
Containerschiffen versendet, allerdings wird
jetzt der Luftweg aufgrund von kundenindividueller
Massenproduktion wichtiger. Z. B. sendet
das chinesische Modeunternehmen Shein
seine Ware in Großmengen via Lufttransport
in den Zielmarkt (Direkt Line Modell) und versendet
sie dann lokal über Postunternehmen.
Viele E-Commerce-Giganten und deren Logistiker
wie JD Logistics, Cainiao, SF Express und
YTO Express bauen aufgrund des Direkt Line
Modells zunehmend ihre Luftfrachtflotte aus.
Omnichannel-Integration und Lagerhaus-
Automatisierung stehen im Fokus
Beim Omnichannel-Vertrieb werden alle
Verkaufskanäle konsistent miteinander verschmolzen
und ein leichter Wechsel der Kanäle
ist möglich. D. h. der Kunde kann online
bestellen und die Ware z. B. im Ladengeschäft
abholen (Click & Collect). Auf allen Kanälen
sind die erhobenen Kundeninformationen
gleichermaßen vorhanden. Dies können beispielsweise
Daten über vorhergehende Käufe,
verlassene Warenkörbe, Kundendienst-Anfragen,
Verweildauer auf Produktseiten im Web,
etc. sein. Alle Kanäle werden miteinander mit
dem Ziel verschmolzen, Verkäufe zu generieren.
Der Kunde steht dabei im Mittelpunkt und
die sog. Customer Experience soll sukzessiv optimiert
werden. Es ensteht ein durchgehendes
kanalübergreifendes Markterlebnis. Die Omnichannel-Strategie
stellt allerdings u. a. große
Anforderungen an die Intralogistik und Logistik.
LOGISTIK express 5/2022 | S14
LITERATUR:
1 Five Crucial Things About
the Chinese Logistics
Market Heading into 2022:
McKinsey, Logistics Asia
2 JD.com ramps up
omnichannel approach
as it looks beyond e-commerce,
SupplychainDive,
Industry Dive
3 JD.com Operates Automated
Warehouses in
Europe, JD.com Corporate
Blog
4 Harry Liu, Logistik-Trends in
China: Die Vergangenheit
würdigen – Die Zukunft gestalten,
Wisetech Global
5 Guide to the Regional
Comprehensive Economic
Partnership, International
Cargo Express, Oktober
2022
6 Yi Wu, How the RCEP Has
Benefitted China: Initial
Findings from 2022, China
Briefing, May 2022
Neben einer Vielzahl an Produkten in geringer
Losgröße ist auch die im E-Commerce
übliche hohe Retourenquote zu bewältigen.
Eine große Mehrheit der Konsumenten in
China bestellt On- und Offline. Daher steht
auch im Land der Mitte die Omnichannel-Integration
im Fokus. In der Intralogistik
bedeutet das in erster Linie die Zusammenführung
von Off- und Online-Bestellungen
im Lager. Aufgrund steigender Arbeitskosten
und Landpreise auch in China sowie der
enormen Geschwindigkeit mit der Bestellungen
heutzutage bearbeitet und ausgeliefert
werden müssen, muss die gesamte
Supply Chain digitalisiert werden. Die Digitalisierung
ermöglicht zusammen mit Industrie
4.0, Künstlicher Intelligenz und Automatisierung
eine Optimierung der Lieferketten.
Die chinesische Online-Handelsplattform JD.
com (2) hat in den letzten Jahren massiv auf
hochautomatisierte Lagerhäuser gesetzt, um
die Logistik zu beschleunigen. Zudem baut das
Unternehmen auch seinen eigenen Omnichannel-Service
für Millionen von konventionellen
Händler aus, über die JD auch seine
Waren vertreibt. Das eigene Omnichannel
Fulfillment wählt den Einzelhändler in Echtzeit,
der die Waren der Kundenbestellung vorhält
und am nächsten zum Kunden liegt. Ein Kurier
bringt die Ware dann auf optimierten Routen
zum Besteller. Laut der Leiterin der Finanzabteilung
von JD.com Sandy Xu sind Kosteneffizienz
und positive Kundenerfahrung entscheidende
Faktoren beim Langzeiterfolg im
Einzelhandel. Diese werden besonders von
einer leistungsfähigen Logistik beeinflusst.
Die Lagerhausfläche des Handelsriesen hat
sich in den letzten fünf Jahren (2016-2021)
verfünffacht und er betreibt nun 1200 Lagerhäuser
im gesamten Land. Das Unternehmen
bezeichnet sich seit kurzem als führenden
Supply Chain-basierten Technologie- und
Serviceanbieter und will diese Position zusammen
mit Lieferanten und Partnern ausbauen.
JD.com hat zudem damit begonnen seine
Technologie zu exportieren und eröffnete im
April 2021 zwei hochautomatisierte Lagerhäuser
in Polen an der Grenze zu Deutschland
und in Frankfurt (3). Durch sie kann ganz
Europa extrem schnell beliefert werden. Zudem
sollen sie als Vorbilder für andere State
of the Art-Lagerhäuser in Europa dienen. Das
Kernstück des Lagerhauses besteht aus einem
Fahrerlosen Transportsystem, das den Kommissionierprozess
revolutioniert und zweieinhalb
Mal effizienter ist als übliche Pick-Systeme.
Auch in anderen Bereichen wird
kräftig digitalisiert
Die Pandemie hat auch dazu geführt, dass
digitale Frachtplattformen wie Cargowise von
manchen Firmen im Land der Mitte implementiert
wurden (4). Der chinesische Spediteur
Sanco International nutzt die cloud-basierte
Plattform zur Prozessintegration und Steigerung
der Daten- bzw. Informationstransparenz
im Frachtbereich. Darüber hinaus ermöglicht
sie eine bessere globale Kommunikation in
Echtzeit und führt besonders in Krisenzeiten
zur Aufrechterhaltung eines hohen Standards
bei den Logistikdienstleistungen des Unternehmens.
Während der Pandemie konnte
dadurch die Panik und Unsicherheit im Zaum
gehalten werden. Laut der Geschäftsführerin
Daphne Ma hat die Einführung der Plattform
zu mehr Effizienz, Steigerung des Geschäftsvolumens
und Profits sowie zu einer Begrenzung
der Arbeitskosten geführt.
Regionale Zusammenarbeit
wird immer wichtiger
Im ersten Quartal 2020 wurden die ASE-
AN-Staaten zum wichtigsten Handelspartner
Chinas und überholten damit die USA und
die EU. In diesem Zusammenhang ist auch die
Ratifizierung des größten Freihandelsabkommens
der Welt, der Regionalen umfassenden
Wirtschaftspartnerschaft (Regional Comprehensive
Economic Partnership, RCEP, 5) der
ASEAN-Staaten, durch das chinesische Handelsministerium
Anfang März 2021 wichtig.
Durch das RCEP wird u. a. eine Steigerung des
Handels zwischen den Mitgliedsstaaten und
eine schnellere Erholung von der Pandemie,
eine Zunahme an Investitionen und Dienstleistungen,
eine höhere Rechtssicherheit und
Schutz des intellektuellen Eigentums sowie eine
Zunahme des E-Commerce erwartet. Im ersten
Quartal 2022 nahm der Handel zwischen
dem Land der Mitte und den ASEAN-Staaten
um 6,9 Prozent gegenüber dem Vorjahr auf
448,6 Milliarden US-Dollar (433 Milliarden Euro)
zu. Nutznießer davon sind insbesondere der
Maschinenbau und die Elektroindustrie, der
E-Commerce und generell kleine und mittlere
Unternehmen. (DR)
HOLEN SIE SICH IHREN INFORMATIONSVORSPRUNG
LOGISTIK EXPRESS INFORMIERT SACHLICH | FACHLICH | AKTUELL
www.logistik-express.com
LOGISTIK EXPRESS NEWS & ZEITSCHRIFTEN APP MJR MEDIA WORLD
LOGISTIK express 5/2022 | S16
HANDEL LOGISTIK
Omnichannel als
Chance für den
lokalen Handel
Heutzutage gehört die Nutzung von Online-
Handelswegen genauso zum täglichen Einkaufsverhalten
wie Einkäufe vor Ort in den
Filialen. Entscheiden sich Unternehmen,
beide Vertriebswege zu nutzen, handeln
Sie in moderner Weise nach den Anforderungen
des Marktes und ihrer Kunden.
BEITRAG: REDAKTION
Zum Erreichen der Kundenzufriedenheit
ist es heute unabdingbar,
alle zur Verfügung stehenden Verkaufskanäle
anzubieten. Gerade
die jüngere Generation wächst in einem
Verständnis der permanenten, Rund-umdie-Uhr-Verfügbarkeit
an Waren auf. Ohne
einen schnellen und unkomplizierten Betrieb
eines Online-Shops können Händler,
egal welcher Branche, heute fast nicht
mehr profitabel im Marktgeschehen agieren.
Dies aber bringt ganz neue Herausforderungen
mit sich, insbesondere hinsichtlich
der Frage, wie man die Investitionen in
beide Kanäle optimiert.
Im Kontext des modernen Handels stellt
sich die Frage, inwieweit eine geschickte
Verzahnung von Online- und Filialgeschäft
in diesen Tagen für Unternehmen die gewinnbringendste
und zukunftsreichste
Variante darstellt. Dass es in den meisten
Fällen nicht mehr genügt, lediglich ein
stationäres Geschäft zu betreiben, über
welches den Kunden die Waren und/oder
Dienstleistungen angeboten werden, zeigt
sich natürlich auch anhand der Erfolgsgeschichten
bekannter Online-Giganten wie
Amazon und Co., welche die Welt des Online-Handels
revolutioniert bzw. sozusagen
erst so richtig ins Rollen gebracht haben.
Der enorme Erfolg und die bereitwillige
Annahme des E-Commerce-Angebots
durch die Kunden zeigen deutlich, dass
Online-Marktplätze gefragt und gefordert
sind. Wie in allen Geschäftsfeldern gibt es
bei einer Verflechtung diverser Handelswege
auch Herausforderungen zu bewältigen
und Punkte zu berücksichtigen, die
anhand der Markterfordernisse auf die
Händler zukommen. Eine geschickte Handhabung
all dessen, soll im Folgenden näher
beleuchtet werden.
Keine unbegrenzten Kapazitäten
im Online-Handel
Prinzipiell haben beide Handelswege
─ stationär und online ─ ihre jeweiligen
Vor- und Nachteile. „Online-Handelswege
bestechen durch ihre Effizienz,
das One-Click-Shopping, eine enorme
Produktvielfalt, ein Nichtvorhandensein
von physikalischen Grenzen, was
sich vor allem bei nicht digitalisierten
Produkten wie beispielsweise Kleidung
als äußerst wichtig erweist, sowie eine
globale 24/7-Erreichbarkeit“, erläutert
Dr. Jürgen Brock, CEO von fulfillmenttools,
einem Kölner Softwareanbieter,
der sich auf Omnichannel Order
Fulfillment im Handel spezialisiert hat.
„Die Schwächen des E-Commerce
sind dabei wiederum die Stärken
des stationären Handels. Im Filialgeschäft
kann der Kunde die Waren
anfassen, riechen, anprobieren.
Als Kunde kann man vor Ort mit seinen
Sinnen das Shopping genießen.“
Als wichtige Entwicklung ist auch zu beobachten,
dass beispielsweise Online-
Giganten sich mehr und mehr auch örtliche
Niederlassungen aneignen und im
Gegenzug alteingesessene Filialriesen
ihre ersten Online-Shops eröffnen. Es
zeichnet sich also ein Trend ab in Richtung
Omnichannel, die intelligente Verzahnung
von On- und Offlinekanälen.
„Zum einen ist es ein großer Vorteil des
stationären Einzelhandels, in der (physikalischen)
Nähe seiner Kunden zu
sein und dass er sofortige Erreichbarkeit
und Verfügbarkeit Kunden anbieten
kann. Im Vergleich hierzu ist die
kurzfristige Verfügbarkeit bei global
agierenden Online-Händlern, die ein
Zentrallager an einem kostengünstigen
Standort betreiben, oft verhält-
Intelligente Technologien
für erfolgreiche
Wertschöpfungsketten
#ValueChainTechPartner
LOGISTIK express 5/2022 | S18
nismäßig schlechter und der Kunde wartet
länger auf das Produkt, als wenn er es im
Geschäft um die Ecke erwirbt“, so Brock.
Hinsichtlich des viel diskutierten Sterbens der
Filialgeschäfte bzw. Aussterbens der Innenstädte,
lassen sich die gewichtigen Vorteile für
Händler erkennen, ein in guter Lage angesiedeltes
Filialgeschäft weiterhin zu betreiben und
den Kunden als Omnichannelkanal anzubieten.
Denn es zeigt sich im direkten Warenzugriff
ein Vorteil gegenüber dem Online-Handel.
Verzahnung der Vertriebswege
„Ein äußerst wichtiger Aspekt, den es zu diskutieren
gilt, ist die richtige und wichtige intelligente
Verzahnung von physikalischem
Handel und Online-Handel. Als Beispiel sei hier
‚Click&Collect‘ zu erwähnen. Darin lässt sich
sehr gut der Nutzen eines gut funktionierenden
Ineinandergreifens beider Kanäle erkennen
wie auch die Vorteile von standortmäßig
gut filialisierten Geschäften“, fügt Brock hinzu.
Langfristig wird die optimierte Verzahnung
beider Verkaufskanäle für die Unternehmen
essenziell werden. Ein gut aufgestelltes Omnichannel-Modell
wird in Zukunft notwendig
sein, um alle Kundenbedürfnisse zuverlässig
zu erfüllen. Der Retail-Markt ist zudem durch
sich ändernde Marktverhältnisse und Kundenwünsche
gezwungen, sich immer wieder neu
zu erfinden. Auch hinsichtlich der Vermarktungsstrategie
ist dies zu beachten. In Zukunft
werden diese Marktentwicklungen und auch
Entwicklungsströme im Kaufverhalten der Kunden
noch mehr Aufmerksamkeit seitens der
Händler erfordern. Ein „Verschlafen“ neuer
Erfordernisse und Entwicklungen ist in der Vergangenheit
den großen traditionellen Warenhäusern
bereits zum Verhängnis geworden.
Neue Potenziale durch Zusammenspiel der
Vertriebswege
Durch Nutzen beider Vertriebskanäle sollen
zuerst natürlich die Vorteile beider vereint
und zugleich die Schwächen der jeweiligen
Channels ausgemerzt werden. „Trotzdem ist
es leider der Fall, dass bei klassischen Business-
Modellen, bei welchen der Kunde online ‚Click
& Collect‘ bestellt, oft die Ware erst aus dem
Zentrallager zur örtlichen Zweigstelle geschickt
werden muss und hierbei einfach eine zu lange
Lieferzeit entsteht. Erfahrungsgemäß führt dies
ab Tag 5 zu erhöhten Stornierungsquoten, weil
die Kunden nicht so lange warten möchten“,
erörtert Brock die Problematik. „Dem kann
durch eine Verzahnung der Kanäle entgegengewirkt
werden. Mit einem modernen
‚ship-from-store‘ Ansatz wird zum Beispiel das
Filialgeschäft mobilisiert, das sich in unmittelbarer
Nähe zum Wohnort des Kunden befindet.
Dort hat man die bestellte Ware im Lager
und könnte diese dem Kunden sofort anbieten,
was eine erhöhte Servicequalität und dadurch
einen zufriedenen Kunden ermöglichen
würde.“ Die Umschlagsgeschwindigkeit ist hier
ein wichtiger Aspekt − gerade auch im Bereich
Fashion, in der die Ware saisonbedingt eine
begrenzte Vermarktungszeit hat. Eine Optimierung
der Liefergeschwindigkeit führt eben
nicht nur zum explizit erwünschten Aspekt der
Kundenzufriedenheit, sondern optimiert auch
den Warenbestand.
„Im Bereich Omnichannel ist auch der Begrifff
‚One-Voice‘ bedeutend, versichert er doch
dem Kunden, dass ihm online das gleiche versprochen
und kommuniziert wird wie offline
bzw.im Filialgeschäft.“, erklärt Brock. Dies vermittelt
eine Übereinstimmung des Online-Angebots
und des Angebots vor Ort. Auch das
Unternehmen soll sich so als Einheit präsentieren,
also in sich stimmig, was es so nach
außen repräsentiert. Diese Verzahnung wirkt
sich positiv auf die Customer Journeys aus,
wenn beispielsweise ein Artikel online erworben
wird, und im Falle eines Umtauschs oder
einer Rückgabe die Möglichkeit besteht, dies
im Filialgeschäft abzuwickeln. Demnach ist
auch eine Interaktion zwischen den einzelnen
Filialen unabdingbar, da hierdurch dem Kunden
ein Mehrwert an Serviceleistungen angeboten
werden kann.
„Grundsätzlich ist es extrem wichtig für Händler,
sich als ‚eine einheitliche Firma bzw. Marke‘
zu präsentieren. Nichts ist für die Kunden ärgerlicher
und schädigt das Vertrauen nachhaltiger,
als wenn auf einem Kanal des Händlers,
zum Beispiel per E-Mail, die eine Botschaft verbreitet
wird, aber über einen anderen Kanal,
zum Beispiel via klassischer Werbung in der
Filiale, eine ganz andere. Das irritiert den Kunden,
schädigt das Image und sollte unbedingt
verhindert werden“, so Brock.
Neue Umsetzungsmöglichkeiten
„Ein wichtiges Element zur Umsetzung sind
zum Beispiel Distributed Order Management
Systeme, kurz DOMS, die die verschiedenen
Vertriebswege und Optionen intelligent verwalten.
Ein Beispiel: Eine Bestellung geht über
den Online-Weg ein. Dann ist es im Folgenden
die Aufgabe des Systems, zu prüfen, wie diese
Bestellung am besten erfüllt, also fulfilled, werden
kann ─ sprich, wo beispielsweise das Produkt
am für den Kunden günstigsten Ort abgeholt
werden kann“, merkt Brock an.
Ein anderes wichtiges Element ist die Aktivierung
und Befähigung der Filialen. Das heißt,
dass via App von Mitarbeitern in der Filiale
geprüft wird, ob z. B. der bestellte Artikel vorhanden
ist. Danach wird dies dem Kunden auf
dem gleichen Kanal kommuniziert. Bei Bedarf
wird ein Versanddienstleister hinzugeschaltet.
Click & Collect oder Click & Reserve können
hierbei als weitere Beispiele herangezogen
werden: Der Kunde kann an einem bestimmten
Tag die Ware bestellen und dann am
nächsten oder auch am gleichen Tag auf unkomplizierte
Weise und ohne lange Wartezeit
die Ware, bei Click&Collect sogar bereits bezahlt,
abholen.
Benefits für Online- und Filialhandel
„Die Vorzüge lassen sich wie bereits angesprochen
an den jeweiligen spezifischen Stärken
der Kanäle festmachen, so wie beispielsweise
die Ortsunabhängigkeit beim Online-Handel.
Der Kunde kann von zu Hause oder vom Urlaubsort
aus bestellen. Dagegen kann der
Kunde sich beim Händler vor Ort von der Ware
ein besseres Bild machen und diese bei Gefallen
sofort erstehen und mitnehmen“, erläutert
Brock. Auch die einfache Abwicklung der Bezahlung
ist im E-Commerce ein großer Nutzen.
Der Kunde kann aus verschiedenen Zahlungsmethoden
die für sich am besten geeignete
wählen.
„Wenn der Kunde online kauft, hat er zudem
den Vorteil ganz anderer, weitaus besserer
Retouren- und Umtauschbedingungen“,
merkt Brock an. „Heute ist ein Umtauschrecht
von 30 Tagen plus keine Seltenheit mehr. Diese
Regelungen können für die Kunden um einiges
attraktiver als im Filialgeschäft sein.“
Für die Händler ist die Nutzung von Omnichannel
außerdem hinsichtlich der Mitarbeiter von
Vorteil, denn hierdurch erweitert sich deren
Aufgabenspektrum, da sie auch den Fulfillment-Gedanken
maßgeblich mitgestalten.
Zudem können die Kosten, die im Filialgeschäft
ohnehin anfallen, durch Omnichannel
besser ausgeglichen bzw. kompensiert werden.
Die Filialen untereinander werden so auf
Dauer optimal aufeinander abgestimmt und
miteinander vernetzt, wodurch sich die Kundenfrequenz
in den Geschäften erhöht.
Wichtig für den Mehrwert für Kunden und Anbieter
ist es zudem, alles so einfach wie möglich
zu gestalten. So sollten zum Beispiel die
verwendeten Apps einfach zu bedienen sein.
Gerade in der Logistik ist darauf zu achten, die
Arbeitsmittel so nutzerfreundlich wie möglich
zu gestalten. Im Filialgeschäft soll für den Endanwender
die Prozessgestaltung schnell umsetzbar
sein, trotz vorhandener Komplexität.
Neue Kundensegmente und Kundenbindung
„Wenn den Kunden neue Kanäle zur Verfügung
gestellt werden, geben sie im Durchschnitt
etwas mehr an Geld aus. Omnichannel-Customer
sind also bereit, mehr Geld beim
Shopping in die Hand zu nehmen. Auch wechseln
moderne User schneller den Händler bei
Unzufriedenheit ─ Omnichannel Marken dagegen
werden nicht so schnell vom Kunden
aufgegeben“, erörtert Dr. Brock. „Bei Click &
Collect Angeboten hat dies auch einen Vorteil
aus Kundensicht. Die Verzahnung von diversen
Vertriebszielen und die Omnichannel-
Präsenz zielt unter anderem auch auf die
Gewinnung von Kunden aus der ‚Next Generation‘
wie Millenials und Gen-Z.“
„In Zukunft wird der Omnichannel-Handel eine
immer größer werdende Rolle spielen. Konsumenten
fordern vom Handel eine intelligente
Verzahnung des Online- und des Offline- Filialgeschäftes“,
resümiert Brock. „Der Vor-Ort-Service
eines Händlers bietet diverse Vorteile, die
durch den reinen Online-Handel nicht abgebildet
werden können. Daher ist ein intelligenter
Mix aus Online und Offline für Handelsunternehmen
zukünftig ein Muss.“
(RED)
LOGISTIK express 5/2022 | S20
HANDEL LOGISTIK
Die erste
eCommerce-Landkarte
für Österreich
Der Handelsverband hat gemeinsam mit der
Österreichischen Post und der OTTO/UNITO
Gruppe die erste eCommerce-Map des
Landes präsentiert. 11 Segmente und 160
führende Dienstleister sind darin abgebildet.
9.000 heimische Webhops setzen auf die
Digitalisierung und trotzen dem ersten Umsatzrückgang
im Onlinehandel seit knapp
zwei Jahrzenten. BEITRAG: GERALD KÜHBERGER
Der österreichische Onlinehandel
durfte sich 2021 über ein Allzeit-Ausgabenhoch
freuen, erstmals
konnte bei den privaten
Haushaltsausgaben (ohne KFZ-Handel) die
Marke von 8,315 Milliarden Euro geknackt
werden (+10% Wachstum). Heuer ist alles
anders: Allein im zweiten Quartal sind die
eCommerce-Umsätze hierzulande laut
Statistik Austria inflationsbereinigt um -4,8
Prozent zurückgegangen. Für das Gesamtjahr
2022 erwarten der Handelsverband und
Kreutzer, Fischer & Partner einzelhandelsrelevante
Online-Ausgaben von rund 8,5 Milliarden
Euro – und damit erstmals seit fast zwanzig
Jahren ein reales Minus von 3 Prozent.
Die Onlinequote im Bereich der einzelhandelsrelevanten
Ausgaben wird von 11,9 Prozent
im Jahr 2021 auf 11,6 Prozent schrumpfen.
Substanzielle Anteilsgewinne sind lediglich im
Bereich Health Care, Körperpflege und Kosmetik
zu erwarten, ein moderates Plus wird
es bei Elektrogeräten & IT sowie Druckwerken
geben. Rückläufig entwickelt sich der eCommerce
heuer insbesondere bei Mode- und
Sportartikel. So fällt beispielsweise die Onlinequote
im Bekleidungssegment von 30% auf
25%, bei Sportartikel von 18% auf 16%. Der
Onlinehandel kämpft aber nicht nur mit stagnierenden
Umsatzzahlen, sondern auch mit
der hohen Inflation (zuletzt +11%), Personalmangel
(44%) sowie explodierenden Energieund
Logistikkosten.
RAINER WILL, PETER UMUNDUM, HARALD GUTSCHI
Zahl der aktiven Webshops steigt auf 9.000
Die positive Nachricht: Trotz aller Herausforderungen
und multipler Krisen setzen immer mehr
heimische Händler auf die Digitalisierung.
"9.000 heimische Webshops bilden den Kern
Enterprise & B2B
eCommerce Partners Payment Bonität, Identität & Loyalty
eCommerce
Landkarte Österreich 2023
KMU Forschung Austria auf 5,4 Millionen angestiegen
Zustellung (+3% im Vergleich zu 2021). Die durchschnittlichen
eCommerce- Ausgaben der
Österreicher liegen aktuell pro Kopf bei 1.930
Euro im Jahr. Die Top-Warengruppen sind Bekleidung/Textilien,
Elektro sowie Möbel/Deko.
Marktplätze,
ttformen & Visibility
Analytics
Kundenservice
der österreichischen eCommerce-Szene, die
den aktuellen Krisen trotzt. Erstmals in seiner
Geschichte muss der heimische Onlinehandel
heuer ein reales Umsatzminus verkraften. Dennoch
betreiben mittlerweile 84 Prozent aller
Einzelhandelsunternehmen des Landes eine
eigene Website, um digital auffindbar zu sein
und mehr als 35 Prozent verkaufen via Internet
erfolgreich - auch Cross-Border", bilanziert
Handelsverband-Geschäftsführer Rainer
Will. Die österreichischen Webshops erwirtschaften
damit einen Brutto-Jahresumsatz von
4,8 Milliarden Euro. Auf Konsumentenseite ist
die Zahl der Online-Shopperinnen zuletzt laut
ols, Tipps, Themen, Events und Rechtsupdates für den Handel? | Jetzt registrieren auf kmu-retail.at
72% kämpfen mit Lieferverzögerungen –
Entspannung in Sicht
Gütesiegel, Vertrauen &
Auch in
Rechtssicherheit
puncto Lieferverzögerungen und
-engpässe hat sich die Lage im Vergleich
zum Vorjahr laut einer aktuellen Händlerbefragung
des Handelsverbandes leicht entspannt.
Aktuell kämpfen zwar immer noch 72 Prozent
der heimischen Online- und Omnichannel-Händler
mit Lieferverzögerungen und Lieferantenausfällen.
Knapp zwei Drittel erwarten
in ihrem Segment Lieferengpässe im Weihnachtsgeschäft.
Allerdings betrifft dies nur einige
wenige Produkte im Sortiment, beispielsweise
Heizdecken, Elektro-Heizstrahler oder
neue iPhones. Die Verbraucher sind weiterhin
gut beraten, ihre Weihnachtsgeschenke möglichst
frühzeitig zu besorgen.
Die eCommerce-Landkarte
2023 ist hier kostenfrei
erhältlich:
http://bit.ly/3GX7T5x
TEMPOMACHERIN
Post Express – Pünktlich
und schnell für Ihr Business
post.at/postexpress
Ihre Post Express-Sendung ist nicht nur auf den letzten Metern schnell unterwegs, sondern
von Anfang an. Deshalb kommen wichtige Dokumente oder Waren innerhalb Österreichs am
nächsten Werktag bis spätestens 13 Uhr an. Und das sogar mit Geld-Zurück-Zusage.
Zuverlässige Expresslösungen bieten wir Ihnen auch international!
025675R12 Post Post Express 190x100 LogistikExpress ET15.11. COE.indd 1 20.10.22 15:11
LOGISTIK express 5/2022 | S22
Black Friday - Weihnachtsgeschäft Start
Apropos frühzeitig: November und Dezember
sind für den heimischen Handel traditionell die
umsatzstärksten Monate, die in vielen Branchen
über ein erfolgreiches Geschäftsjahr entscheiden.
"Black Friday" (25.11.2022) und "Cyber
Monday" (28.11.2022) heißen die beiden
Aktionstage, die hierzulande mittlerweile zu
den wichtigsten Shoppingterminen des Jahres
zählen und das Weihnachtsgeschäft einläuten.
Heuer haben zwei Drittel der Österreicher
in der Black Week Aktionsprodukte gekauft,
mehr als drei Viertel davon haben auch schon
erste Weihnachtsgeschenke gekauft. Im
Schnitt haben die heimischen Konsumenten in
der Black Friday- und Cyber Monday-Woche
2022 297 Euro ausgeben – exakt gleich viel wie
schon im Vorjahr. Das ergibt einen bundesweiten
Handelsumsatz von rund 450 Millionen Euro.
"Der Onlinehandel hatte mit 2020 und 2021
zwei unglaublich gute Jahre. Definitiv kann
man es jetzt zwar noch nicht sagen, aber 2022
wird auf dem Online-Markt wahrscheinlich
mit einer Stagnation oder einem Rückgang
beendet werden. Es ist eine komplett normale
Entwicklung, dass es nach zwei Jahren,
in denen der Onlinehandel wie verrückt gewachsen
ist, ein Jahr stagniert oder wieder
runtergeht", so Harald Gutschi, Vizepräsident
des Handelsverbandes und Geschäftsführer
der UNITO/OTTO Gruppe. Für 2023 ist Gutschi
optimistisch und rechnet mit einer normalen
Entwicklung mit 5 bis 8 Prozent Online-Wachstum
und eCommerce-Umsätzen sehr deutlich
über Vor-Pandemie-Niveau. "Momentan wird
im Non-Food-Bereich jeder fünfte Euro im Onlinehandel
ausgegeben, perspektivisch in drei
bis fünf Jahren wird es jeder dritte Euro sein", ist
er überzeugt.
B2C Paketvolumen bewegt sich auf hohem Niveau
des Vorjahres
Mit Blick auf das Weihnachtsgeschäft stellt
sich auch Jahr für Jahr die Frage nach der Entwicklung
des Paketvolumens im B2C-Bereich.
Dieses kannte in der letzten Dekade nur eine
Richtung: steil nach oben. 2021 wurden in
Österreich laut Branchenradar.com insgesamt
mehr als 139 Millionen Pakete an Privathaushalte
zugestellt. Das B2C-Paketvolumen
bewegt sich auch 2022 auf dem hohen
Niveau des Vorjahres. "In den letzten beiden
Pandemiejahren sind unsere Paketmengen
lockdownbedingt um 40 Prozent auf 184 Millionen
Pakete angestiegen. Mittlerweile haben
sich die Zahlen auf einem hohen Niveau
eingependelt", bestätigt Peter Umundum, Vorstandsdirektor
für Paket & Logistik der Österreichischen
Post AG.
Brandneu: "eCommerce-Landkarte
Österreich 2023"
Im Rahmen einer Pressekonferenz wurde
am 17. November im Rahmen des HV TECH
DAY auch erstmals die brandneue "eCommerce-Landkarte
Österreich 2023" mit den 160
führenden heimischen eCommerce-Dienstleistern
präsentiert. Die Karte deckt 11 zentrale
Bereiche des Onlinehandels ab: Shop-Systeme;
Shop-Verzeichnisse; Marktplätze &
Plattfor-men; Payment; Bonität, Identität &
Loyalty; Fulfillment; Zustellung; Analytics; Kundenservice;
Gütesiegel & Rechtssicherheit
sowie Enterprise & B2B Partner. Sie soll den
Händlern einen kompakten Überblick über
das österreichische Ökosystem Onlinehandel
geben und die wichtigsten Player abbilden.
Die gemeinsam von Post und Handelsverband
erstellte Karte soll regelmäßig aktualisiert
und weiterentwickelt werden. Dienstleister
haben die Möglichkeit, sich und ihre Leistungen
in kommenden Ausgaben der "eCommerce-Landkarte
Österreich" zu verorten. "Wir
wollen die Österreich-Quote im eCommerce
anheben. Damit der heimische Handel stärker
von den hohen Paketmengen profitiert,
haben wir gemeinsam mit dem Handelsverband
die eCommerce-Landkarte ins Leben
gerufen. Händler erhalten damit einen kompakten
Überblick zu rot-weiß-roten Dienstleistern
im Onlinehandel", erklärt Peter Umundum.
(GK)
WAS WOLLTEN SIE
HANDELSEXPERT:INNEN
IMMER SCHON
FRAGEN?
HV-Geschäftsführer Rainer Will spricht
mit Expert:innen, Händler:innen und
Innovator:innen über die Gegenwart und
Zukunft des österreichischen Handels.
Jetzt reinhören
auf
BISHERIGE GÄSTE
Roland Fink
(niceshops)
Gerhard Drexel
(SPAR)
Katharina Schneider
(Mediashop)
Claus Kahn
(Innenministerium)
Carsten Keller
(Zalando)
Jasmin Turek-Rezac
(Turek)
Heini Staudinger
(GEA)
Georg Pölzl
(Österreichische Post)
Eugen Prosquill
(WARDA)
Marco Pogo
(Bierpartei)
Thomas Tauchner,
Philipp Gersing
(Jentis & Ireen)
Nick Holscher,
Rainer Rauch
(Zalando & Mode Roth)
Hagen Höhl
(GLORY)
Marcel Harastzi
(REWE)
Daniel Schlögl
(Wiener Tafel)
LOGISTIK express 5/2022 | S24
HANDEL LOGISTIK
TECH DAY 2022:
Gipfeltreffen der
heimischen Retail-
Tech-Szene
Das digitalaffine Who is Who der österreichischen
Handelsbranche hat sich am 17.
November beim alljährlichen TECH DAY des
Handelsverbandes im 35. Stock des Thirty
Five am Wienerberg getroffen.
BEITRAG: GERALD KÜHBERGER
Der traditionelle Pflichttermin für die
(Online)Handelsszene sowie Brancheninteressierte
fand bereits zum
11. Mal statt. 230 Teilnehmer verfolgten
das von Handelsverband-Präsident
Stephan Mayer-Heinisch und Handelsverband-Geschäftsführer
Rainer Will eröffnete
Tech-Event – ein neuer Besucherrekord. Die
begehrten "Retail Innovation Awards" gingen
an IKEA, Decathlon, Fressnapf, Augenstern
Kindermode und Refurbed.
Unter dem Kongressmotto "The Future of Retail
Technology" durfte das Publikum des TECH
DAY 2022 dem Best Practice Beispiel von
Hermann Erlach (Microsoft Österreich) und
Andreas Kranabitl (SPAR Österreich) lauschen,
gefolgt von Jan Königstätter (Otago), der
den brandneuen "Digital Visibility Report 2022
(DiVi)" präsentierte – ein Überblick der Performance
und Sichtbarkeit heimischer Handelsbetriebe
auf Google. Die Kundenperspektive
übernahm Josef Grabner (LINK Mobility). Er
sprach über die digitale Zukunft der Customer
Journey – konkret darüber, was moderne Kunden
wirklich wollen. Kremena Irinkova (Payment
Services Austria) präsentierte in ihrem
Vortrag die Mehrwerte der neuen ich.app für
den österreichischen Handel. Für Begeisterung
sorgte auch die Keynote "DevOps in Retail"
der bekannten Influencerin Nana Janashia
(TechWorld with Nana).
RAINER WILL
Durch das alljährliche Startup Zapping führte
Markus Kuntke, Leiter des Trend- und Innovationsmanagements
bei REWE International
und Ressortleiter der Handelsverband-Plattform
"Omnichannel, Innovation & Startups".
Sechs ausgewählte Retail-Startups durften ihre
digitalen Lösungen für den Handel präsentieren.
Heuer am Start: Rainer Franke und Martin
Schmutterer von IOSS Europe, Miriam Jonas
von Prewave, Felix Kogler von Systempilot,
Stefan Kohlbacher von fiskaly, Mark Lützner
von exonode und Philip Tropper vom Handelsverband
E-Mobilitätspartner ELOOP.
Potenzial: Mit Digitaler Identität könnte Österreich
8 Mrd. Euro jährlich einsparen
Eines der Highlights beim TECH DAY war die
Podiumsdiskussion zu Digitaler Identität und
self-sovereign identity. Dabei wurden u.a. die
Plattform-Lösung von CRIF, die ich.app der
PSA und die European netID Foundation vorgestellt.
Live on Stage diskutierten Gerald Eder
(CRIF), Sabine Walch (danube.ai), Harald
Flatscher (PSA), Jörn Strehlau (netID), Alfred
Taudes (WU Wien), Martin Sprengseis (bluesource)
und der bekannte Datenschützer
Thomas Lohninger von epicenter.works. Spannend:
Schätzungen der estnischen Regierung
Bereit für
die Zukunft?
Mit Dematic als Partner lösen Sie die entscheidenden intralogistischen Herausforderungen.
So stellen Sie die Zukunftsfähigkeit Ihres Unternehmens sicher. Unsere Automatisierungsund
Software-Lösungen optimieren für Sie die Arbeitsleistung, sichern Ihre Lieferketten und
erzielen maximale Kosteneffizienz.
Erfahren Sie in unserem Kundenmagazin, wie Sie die Intralogistik Ihres Unternehmens
erfolgreich für die Zukunft aufstellen: www.dematic.com/bringiton
www.dematic.com
LOGISTIK express 5/2022 | S26
zufolge spart allein die Nutzung elektronischer
Unterschriften jährlich rund 2% des BIP ein.
Umgelegt auf Österreich wären das mehr als
8 Milliarden Euro pro Jahr – das Potenzial der
Digitalen Identität ist also riesig.
Wie können Payment-Technologien den Handel
positiv beeinflussen? Darüber sprach Jürgen
Schübel (VISA) in seinem vielbeachteten
Best Practice Vortrag. Der Fokus lag dabei auf
sog. "In Car Payments" die dafür sorgen könnten,
dass unsere Autos künftig zur fahrenden
digitalen Geldbörse werden. Spannend war
auch der Vortrag von Andreas Thöni (Österreichische
Post) und Harald Gutschi (UNITO/
OTTO Gruppe). Die beiden Branchenexperten
gaben nicht nur ein Update zur Lage
des Onlinehandels in der DACH-Region, sie
stellten auch die "Austrian eCommerce Map
2023" vor. Zu den weiteren Schwerpunkten
des Events zählten dieses Mal: Zahlungstrends,
digitale Cloudlösungen, Customer Loyalty,
Blockchain und innovative Logistiklösungen.
30 Nominierte, 5 Gewinner:
Retail Innovation Awards
Darüber hinaus wurden bereits zum 7. Mal die
begehrten Retail Innovation Awards vergeben.
Mit dem Preis werden in Österreich tätige
Handelsunternehmen für den Einsatz herausragender,
innovativer Technologie-Lösungen
ausgezeichnet. Nikolaus Köchelhuber und
Florian Haas von der Unternehmensberatung
EY (Ernst & Young) übergaben die Auszeichnungen
gemeinsam mit HV-Geschäftsführer
Rainer Will an die fünf Gewinner: IKEA und
DECATHLON (Best In-Store Solution) – FRESS-
NAPF (Best Online bzw. Mobile Solution) –
AUGENSTERN KINDERMODE (Best Omnichannel
Innovation) – REFURBED (Best Green Innovation).
Verena Schneider (Puls 4) glänzte als
Moderatorin und führte charmant durch den
Nachmittag. Bevor es dann am Abend zum
Ausklang und Networking mit Drinks bei der
Afterparty powered bei FIEGE ging, warteten
tolle Tech-Preise und exklusive Tickets für
ausgewählte HV Events auf die glücklichen
Gewinner:innen der Retail Rallye. Unter den
hochkarätigen Gästen des TECH DAY 2022
waren u.a. Cathryn Binder-Taisser (Decathlon),
Joel Hornstra (Hervis), Michael Bratl (Visa),
Klaus Slamanig (Nespresso), Robert Hadzetovic
(shöpping.at), Roman Koch (Gebr.
Heinemann), Alexandra Dürr und Niklas Larsson
(beide IKEA Austria), Klaus Magele (Morawa),
Rainer Friedl (Emakina), Peter Umundum,
Michael Andrae, Markus Leitgeb (alle Österreichische
Post), Ruth Moss (CRIF), Thomas Von
der Gathen und Armin Timmerer (beide PSA)
sowie Victoria Neuhofer und Stephanie Sinko
(beide DAMN PLASTIC). (RED)
DAS
HANDELSVERBAND
JAHRESTICKET
2023
Erhältlich bis 31. Jänner 2023
VARIANTE
2
JAHRESTICKET WIEN - 3+1 GRATIS
Der Besuch folgender Großveranstaltungen ist inkludiert:
- Handelskolloquium
- eCommerce Day
- Consumer Day
- Tech Day
Regulärer Tarif € 1.320,-
HV Preis € 660,-
VARIANTE
1
JAHRESTICKET WIEN & GMUNDEN - 5 FÜR 3
Der Besuch folgender Großveranstaltungen ist inkludiert:
- Handelskolloquium
- eCommerce Day
- Consumer Day
- Tag des Handels
- Tech Day
Regulärer Tarif € 2.230,-
HV Preis € 1.115,-
Nähere Infos zu den
Events sowie zur
Ticketbuchung auf
handelsverband.at/events
*Alle Preise netto zzgl. MwSt
LOGISTIK express 5/2022 | S28
HANDEL LOGISTIK
eCommerce boomt,
aber Österreich hat
(fast) nichts davon
Die Lockdowns haben dem eCommerce
einen Boost verpasst, der teilweise immer
noch anhält. Black Friday und Cyber Monday
begeistern Massen. Das Problem: 75 % der
Paketmengen kommen aus dem Ausland,
die Kaufkraft fließt ab. Schaffen wir uns mit
dem Kaufverhalten selbst ab?.
REDAKTION: ANGELIKA GABOR
Kauf Regional! „Proximus sum egomet
mihi“ – frei übersetzt: jeder ist sich
selbst der Nächste – schrieb der antike
Komödiendichter Terenz. Die Auswirkungen
sind allerdings weniger komisch.
Knapp 400.000 Menschen arbeiten in Österreich
im Einzelhandel. Viele der heimischen
Ketten bieten inzwischen auch Onlineshops,
Lieferung oder Abholung im Geschäft an.
Aber gerade angesichts der hohen Inflation
und gestiegenen Lebenserhaltungskosten
sehen sich immer mehr Konsumenten gezwungen,
das billigste Angebot zu wählen – und
das findet sich leider viel zu häufig bei Amazon.
Die Ersparnis des Einzelnen kann uns aber bald
alle teuer zu stehen kommen, denn wenn die
Kaufkraft abfließt, gehen Arbeitsplätze im Inland
verloren. Das Sozialsystem wird weiter
belastet, die Gesamtkosten für alle steigen.
Dabei gibt es genug heimisches Angebot:
„Rund 9.000 Händler betreiben bereits aktiv
einen Webshop, das ist mehr als ein Drittel aller
Händler in Österreich“, erklärt Rainer Will,
Geschäftsführer des Österreichischen Handelsverbands.
Die gerade eben präsentierte
eCommerce-Landkarte gibt einen Überblick
darüber, wer was wo online anbietet, Dienstleister
inklusive.
PETER UMUNDUM, RAINER WILL, HARALD GUTSCHI
Extreme Volatilität
Nach einem Allzeit-Ausgabenhoch im Onlinehandel
2021 – die privaten Haushaltsausgaben
überstiegen erstmals 8,315 Milliarden
Euro – verlief das Jahr 2022 deutlich schaumgebremst.
„In den Jahren 2020/2021 war der
stationäre Handel 152 zumindest teilweise im
Lockdown, die hohen Umsätze waren die
logische Folge. Und auch die aktuelle Delle
ist durchaus verständlich, wenn man die Zahlen
im 3-Jahres-Kontext sieht, dann liegt das
durchschnittliche Wachstum noch immer bei
9 Prozent“, ist Harald Gutschi, Geschäftsführer
der UNITO/OTTO Gruppe, durchaus zufrieden.
Gerade wurde sein Unternehmen als nachhaltigster
Möbelhändler Europas ausgezeichnet,
außerdem bietet die Gruppe durchaus erfolgreich
Amazon die Stirn. Das Problem: in Erwartung,
dass die Lieferkettenprobleme anhalten
und der Onlinehandel wieder zweistellig zulegt,
haben sich viele Händler große Mengen
auf Lager gelegt. Dann kamen jedoch der
Krieg und die Inflation, angesichts eines Reallohnverlustes
von durchschnittlich vier Prozent
sparen die Menschen. Als einziger Ausweg
findet – beispielsweise in der „Black Week“
- eine wahre Rabattschlacht statt, um die
Lager zu leeren, und das auf Kosten der Margen.
„Auch wir bei OTTO haben doppelt so viel gekauft
wie 2021, aber in manchen Bereichen
kaufen die Leute fünf Mal so viel, und wir können
den Bedarf gar nicht decken“, so Gutschi.
Das gelte insbesondere für Öfen, Infrarotheizungen,
Heizlüfter, Elektrodecken und Trachtenmode,
aber auch klimafreundliche Geräte,
die insbesondere nach Auszahlung des
Klimabonus vermehrt bestellt wurden. Und:
„Brennholz ist das neue Klopapier.“ (es wird
E-COMMERCE IN ÖSTERREICH:
3 VON 4 EURO GEHEN INS AUSLAND
Cross-Border E-Commerce-Anteil in europäischen
Ländern 2021
[% der Kund*innen, die in den letzten 3 Monaten
online gekauft haben]
• …
< 10%
11-20%
21-30%
31-40%
41-50%
51-60%
61-70%
71-80%
81-90%
Quelle: EUROSTAT, Daten 2021 außer Italien, Großbritannien, Nord Mazedonien, Kosovo: 2020
14
Allgemein
LOGISTIK express 5/2022 | S30
gehortet, Anm.) „Ohne künstliche Intelligenz
wäre es unmöglich, den Kunden die Ware zur
Verfügung zu stellen, das Kundenverhalten ist
teilweise wirklich nicht vorhersehbar“, meint
Gutschi. Und weiter: „Das Beste am Jahr 2022
ist, dass es bald vorbei ist.“ Dann jedoch könne
man durchaus wieder optimistisch Richtung
2023 blicken: „Die Monate bis zum Ende des
Winters werden noch anspruchsvoll, aber
danach wird die Sonne wieder aufgeh’n.
Ab Mitte 2023 werden dann sinkende Inflationsraten
auf steigende Kaufkraft treffen und
wir bekommen die Probleme in den Griff.“ Zudem
rechnet er mit einer leichten Rezession
– allerdings bei quasi Vollbeschäftigung.
Sinkende Transportpreise aus Fernost und Rohstoffpreise
auf Vor-Corona-Niveau werden ihr
Übriges tun. Gutschi: „Wenn geopolitisch alles
in Ordnung ist, wird 2023 ein richtig gutes Jahr
für den Handel.“
Angebot hofft auf Nachfrage
Der Marktanteil der Post am Paketmarkt in
Österreich beträgt im B2C Bereich rund 62
Prozent. Durch den flächendeckenden Ausbau
des Zustellnetzes gewinnt Amazon ständig
Anteile hinzu. „Aktuell stagniert der Paketmengenanteil
aus dem Ausland“, erklärt Peter
Umundum, Vorstand Paket & Logistik Österreichische
Post AG. 2021 wurden in Österreich
laut Branchenradar.com stolze 139 Millionen
Pakete an Privathaushalte zugestellt. Nach
einem schwachen 1. Quartal 2022 wird wieder
deutlich mehr bestellt – aber halt eben im
Ausland. Umundum verspricht sich daher viel
von der eCommerce-Landkarte: „Händler erhalten
damit einen kompakten Überblick zu
rot-weiß-roten Dienstleistern im Onlinehandel.“
Die neue Online-Plattform präsentiert die 160
führenden heimischen eCommerce-Dienstleister
in den 11 Bereichen Shop-Systeme;
Shop-Verzeichnisse; Marktplätze & Plattformen;
Payment; Bonität, Identität & Loyalty; Fulfillment;
Zustellung; Analytics; Kundenservice;
Gütesiegel & Rechtssicherheit sowie Enterprise
& B2B Partner. Das Ziel: die Österreich-Quote
im eCommerce anheben. Zumindest kann
nun niemand mehr behaupten, es gäbe keine
Alternative – bleibt zu hoffen, dass es funktioniert.
(AG)
KONZERN: MEHR ALS 450 MIO PAKETE IN 2021
in Mio Stück
453
417
269
298
312
206
217
TR 1
57
7
50
73
16
57
77
18
59
84
19
65
186
95
22
70
204
106
24
74
219
112
27
80
230
120
29
81
139
33
97
156
34
108
150
35
127
44
166
52
184
CEE
AT
2009
2010
2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017
2018
2019
2020
2021
1 inklusive Dokumente; Vollkonsolidierung der Gesellschaft ab 25. August 2020 (davor 25% Beteiligung)
11
HOLEN SIE SICH IHREN INFORMATIONSVORSPRUNG
LOGISTIK EXPRESS INFORMIERT SACHLICH | FACHLICH | AKTUELL
www.logistik-express.com
LOGISTIK EXPRESS NEWS & ZEITSCHRIFTEN APP MJR MEDIA
LOGISTIK express 5/2022 | S32
SPECIAL
Wie viel Energie kosten
uns Kaufentscheidungen
und wie künstliche
Intelligenz helfen kann
Im Jahr 2000 ließen Amerikanische Forscher
zwei Gruppen von Probanden Marmelade
verkosten [1]. Ihr Ziel: untersuchen,
wie sich zu viel Auswahl auf den Verkauf
auswirkt. Am Ende ihrer Studie war klar,
dass viele Regeln im Verkauf und Vertrieb
neu geschrieben werden müssen.
BEITRAG: PHILIPP WISSGOTT
PHILIPP WISSGOTT
Kleidung, Essen, Reisen, Freizeit? Menschen
treffen über 20.000 kleinere
und größere Entscheidungen jeden
Tag. Mit einer Entscheidung ist immer
eine Auswahl von zumindest 2 Alternativen
verbunden, oft gibt es aber auch hunderte
Produkte - was es nicht gerade leichter macht
eine Wahl zu treffen.
Wer kennt nicht das Gefühl, von so einer Produktauswahl
überwältigt zu sein? Übersehe
ich etwas? Habe ich alle Optionen im Blick?
Soll ich die Entscheidung später treffen? Das
Verschieben von Kaufentscheidungen ist
wahrscheinlich der größte dämpfende Faktor
für den Konsum. Oder anders formuliert: Hilf
dem Kunden das Zögern beim Kauf zu überwinden
und du steigerst den Verkauf um einen
riesigen Faktor.
Wie laufen (Kauf-)Entscheidungen im Gehirn
ab? Jede Auswahl kostet “Denkenergie”
und Konzentration und zapfen den täglichen
Vorrat davon an, den jeder Mensch zur Verfügung
hat. Apple-Gründer Steve Jobs hatte
eine elegante Lösung, um Energie zu sparen:
Indem er jeden Tag faktisch dieselbe Kleidung
trug, argumentierte er, könne er sich ganz auf
die relevanten Entscheidungen des Tages
konzentrieren.
SABINE WALCH
Für einen Händler stellt sich dabei die Frage:
Wann kommen die Kunden zu mir in den
(Online-)Shop? Wenn es mehrheitlich abends
nach der Arbeit ist, werden Kunden ihre
“Entscheidungsenergie” bereits ziemlich aufgebraucht
haben. Dies sollte man jedenfalls
in der angebotenen Kaufberatung berücksichtigen.
Wenn Entscheidung so viel Energie
kostet, wie kommen Menschen dann überhaupt
durch den Tag? Glücklicherweise sind die meisten
Entscheidungen “Formsache”: Welchen
Weg nehme ich, wenn ich meine Kinder in den
Kindergarten bringe? Überall wo wir Erfahrung
haben, fällt uns eine Wahl leicht.
Als Experte können wir Vor- und Nachteile
schnell analysieren - viele dieser Entscheidungen
laufen dann gänzlich unterbewusst
ab. Ins Zögern kommt man also nur, wenn
man sich nicht so gut auskennt. Der Kunde
ist in den meisten Bereichen seines Einkaufs
kein Experte? Das ist glücklicherweise
für den Handel nichts Neues. Ausgewählte Angebote
und persönliche Beratung vor Ort - nah
am Kunden dran sein, seine Bedürfnisse verstehen
und Empfehlungen anbieten. Nur was,
wenn der Kunde nicht ins Geschäft, sondern
online einkaufen will? Im Online-Geschäft kommen
einige Gründe zusammen, die eine gute
(digitale) Beratung noch wichtiger machen:
* Kunden haben weniger Zeit und wollen
schneller einkaufen.
* Das Sortiment ist meist größer, da man
räumlich nicht durch die Geschäftsfläche
begrenzt ist.
* Kunden können den Online-Shop viel
einfacher “verlassen” als ein echtes
Geschäft.
Aber ist eine gute Entscheidungshilfe
beim Online-Kauf überhaupt möglich?
Obwohl eine redaktionelle Vorauswahl
von Produkten auch online denkbar
ist, kann sie leider nicht auf die persönlichen
Bedürfnisse von Kunden eingehen.
Eine wirklich zielgerichtete Kaufberatung
kann deshalb nur automatisiert, meist durch
künstliche Intelligenz (KI), durchgeführt werden.
Aber kann sich KI-unterstützte Entscheidungshilfe
wirklich mit persönlicher Beratung
messen? Während das direkte Gespräch zwischen
MitarbeiterIn und Kunde auf emotionaler
Ebene unübertroffen ist, hat die KI einige
entscheidende Vorteile:
Philipp Wissgott ist Chief
Research Officer bei
danube.ai. Er erforscht
menschliche
Entscheidungsprozesse
und entwickelt
neue Formen von
Künstlicher Intelligenz
(KI). Im Moment steht
im Zentrum seiner
Forschung Automatisierung
und Personalisierung
für den Web-
Shop der Zukunft.
TEAM: DANUBE.AI
LOGISTIK express 5/2022 | S34
*_Die KI kann jederzeit das gesamte
Sortiment überblicken.
* Die KI kann sich individuelle Bedürfnisse
und Vorlieben aller Kunden merken und
jederzeit ins Spiel bringen.
* Die KI kann Kunden- und Händlerinteressen
zu jedem Zeitpunkt
berücksichtigen und für jede
Kaufentscheidung den optimalen,
individuellen Vorschlag machen.
* Die KI kann die optimale Auswahl
Angeboten zu jeder Tageszeit und
innerhalb eines Augenblicks berechnen.
Obwohl KI somit viele Chancen im Online-
Handel bietet, sind die Qualitätskriterien guter
KI in den letzten Jahren dramatisch gestiegen.Kunden
haben einfach nicht mehr die
Geduld, schlechte Kaufberatung zu akzeptieren
- insbesondere, wenn der nächste
Shop nur einen Klick entfernt ist. Und ist das
Vertrauen in Produktvorschläge oder Ähnlichem
mal verloren, kann man es als Online-
Händler nur schwer wieder zurückgewinnen.
Welchen Effekt hat der Einsatz von KI auf
den Händler? Beim größten Online-Händler
Amazon generieren Produktempfehlungen
allein 35% des gesamten Umsatzes [2]. Ein
kluger Einsatz von KI kann schon mal zu einer
Verdopplung der Klick-Conversion führen.
Dafür notwendig ist neben einer guten KI
aber auch ein tiefes Verständnis des Kunden,
der den Online-Shop besucht.Sind
wir bereit für eine KI, die unsere Bedürfnisse
versteht und unsere Entscheidungen
autonom unterstützt? Obwohl es in einigen
Bereichen, oft auch berechtigte Kritik am
Einsatz von KI gibt, ist die Entwicklung insbesondere
im Online-Handel wohl nicht aufzuhalten.
Zu viel einfacher und angenehmer ist
das Einkaufen mit KI-Unterstützung. Laptop,
Waschmaschine, Saugroboter. Kein Mensch
kann Experte in allen Konsumbereichen werden
und darüber hinaus noch allen Marktentwicklungen
und Innovationen folgen.
Künstliche Intelligenz, die mein Wunschprodukt
findet und mich bei der Kaufentscheidung
berät? Diese Technologie muss nicht
immer von großen (amerikanischen) Unternehmen
kommen. In Österreich entwickelt
danube.ai KI, bei der individuelle Kundeninteressen
im Vordergrund stehen. Das Ziel ist
es, KI möglichst vielen Unternehmen in Österreich
zugänglich zu machen und ihnen so
einen Wettbewerbsvorteil zu ermöglichen.
Und was passierte bei der eingangs erwähnter
Verkostung von Marmeladen? Eine Gruppe
verkostete 6, die andere 24 Produkte - den
TeilnehmerInnen wurde danach angeboten,
eine Marmelade zu kaufen. In der Gruppe mit
6 Marmeladen entschieden sich 12% für den
Kauf. Von den TeilnehmerInnen, die 24 Produkte
verkosten durften, kauften am Ende nur
1,8% eine Marmelade. (PW)
danube.ai “Made in Austria" entwickelt
innovative KI für Onlineshops. danube.
ai ermöglicht es den Kunden instant
zu verstehen und in kürzester Zeit zum
Wunschprodukt zu führen - und das völlig
DSGVO-konform. Referenzen:
• https://bit.ly/3F6zNJD
• https://bit.ly/3iGUxQH
HOLEN SIE SICH IHREN INFORMATIONSVORSPRUNG
LOGISTIK EXPRESS INFORMIERT SACHLICH | FACHLICH | AKTUELL
www.logistik-express.com
LOGISTIK EXPRESS NEWS & ZEITSCHRIFTEN APP MJR MEDIA WORLD
LOGISTIK express 5/2022 | S36
INTRALOGISTIK
KNAPP ist Technologie-
Partner für effiziente
E-Commerce-Logistik
Online-Handel liegt im Trend, und das
auch abseits der bekannten E-Commerce-
Giganten. Erst kürzlich eröffnete eMAG.ro,
der größte Online-Retailer in Rumänien, ein
neues, vollautomatisches Auslieferungslager
in Bukarest. Mit eMAG in Rumänien und
weiteren Kunden wie MALL.CZ, HP TRONIC
und Alza.cz in Tschechien, hat sich KNAPP
als Technologie-Partner für E-Commerce-Logistik
auch in Mittel- und Südosteuropa stark
positioniert. BEITRAG: PI REDAKTION
Die Erfolgsstory begann bereits 2015
als sich auf der CeMAT in Hannover
Gespräche mit dem tschechischen
Online-Pionier MALL.CZ ergaben.
Innerhalb von sechs Monaten erarbeitete das
KNAPP-Team eine Lösung, die MALL.CZ durch
die hohe Flexibilität und Skalierbarkeit überzeugte.
Die Lösung wurde bereits so ausgelegt,
dass sie im Lauf der Jahre mit steigenden
Leistungsanforderungen mitwachsen konnte.
Gut vorausgedacht, denn aktuell beliefert die
MALL Group 18 osteuropäische Länder mit insgesamt
130 Millionen Personen und plant weiteres
Wachstum.
E-Commerce-Herausforderung
Hundefutter & Elektronik-Artikel
„Um das breite Warenspektrum effizient zu
bearbeiten, mussten wir sicherstellen, dass
schwere Artikel wie große Säcke mit Hundefutter
genauso automatisch transportiert und
sortiert werden können wie kleine Elektronik-
Artikel“, erzählt Lenka Neuhold, Director Mobile
Subsidiary bei KNAPP, von den Herausforderungen.
Ihr war wichtig, für MALL.CZ maximale
Kosteneffizienz bei maximaler Flexibilität und
Leistung zu erzielen und auch das Bottleneck bei
der Konsolidierung und Verpackung zu lösen.
LENKA NEUHOLD, DIRECTOR MOBILE
SUBSIDIARY, KNAPP AG (© KNAPP/
KANIZAJ)
„KNAPP hat erkannt, dass es im E-Commerce-Geschäft
starke Peaks gibt, in denen
hohe Leistungen gefragt sind – und die Lösung
spiegelt dies wider. Andere Anbieter haben
uns Lösungen mit linearem Durchsatz angeboten,
das entspricht aber nicht der Realität. Das
hat uns gezeigt, dass KNAPP unser Geschäft
und unsere Anforderungen versteht – auch
ROI und die Kosteneinsparungen waren besser
als bei anderen Lösungen“, sagt Oldřich
EMAG.RO ERÖFFNETE AM 7. NOVEMBER 2022
SEIN NEUES, VOLLAUTOMATISIERTES LAGER MIT
KNAPP-TECHNOLOGIE IN RUMÄNIEN (© EMAG)
Petránek, inLogistics, Consultant, über die Zusammenarbeit.
Nur 10 Monate nach Vertragsunterzeichnung
ging die erste Ausbaustufe in
der Nähe von Prag live. Die Lösung aus OSR
Shuttle-System und Taschensorter-Technologie
hat sich hervorragend bewährt, war
es doch der erste Einsatz des Taschensorters
EcoPocket außerhalb der Fashion-Logistik. In
den folgenden Jahren wurde das Lager laufend
erweitert: Im Herbst 2018 ging die letzte
Ausbaustufe mit einer Auslieferleistung von
150.000 Stück pro Tag in Betrieb.
eMAG eröffnet vollautomatisches
E-Commerce-Lager in der Nähe von Bukarest
Auch in Rumänien ist KNAPP als Technologie-Partner
etabliert. Eine logische Entwicklung,
denn laut European E-Commerce-Report verfügt
Rumänien über eine der größten E-Commerce-Branchen
in Südosteuropa. Flaggschiff
ist der Online-Händler eMAG. Das Unternehmen
eröffnete Anfang November 2022 feierlich
sein neues, vollautomatisches Distributionszentrum
in Joita, in der Region Giurgiu.
Technologie-Partner KNAPP lieferte dafür 18
Gassen OSR Shuttle Evo, die 29 Pick-it-Easy-
Stationen und den Pick-Roboter Pick-it-Easy
Robot mit Waren versorgen. Für die Sortierung
der Versandkartons ist ein Hochleistungssorter
im Einsatz. Dieser sorgt dafür, dass 15.000
Kartons pro Stunde ausgeliefert werden
können. Damit der Lagerbetrieb immer reibungslos
verläuft, ist ein Team von KNAPP-Service-Techniker:innen
direkt vor Ort im Einsatz.
Diese sogenannten Resident Engineers sorgen
auch dafür, dass die Anlage laufend optimiert
wird. Auch eMAG hat bereits Erweiterungspläne
und Platz für weitere 18 Shuttle-Gassen vorgesehen.
Modernste Automatisierungstechnik
trifft intelligente
Software: Technologien
wie das Shuttle-System OSR
LOGISTIK express 5/2022 | S38
DIE OSR SHUTT-
LE-TASCHENSOR-
TER-LÖSUNG VON
KNAPP ÜBERZEUGTE
MALL.CZ DURCH
HOHE FLEXIBILITÄT
UND SKALIERBAR-
KEIT (© KNAPP/
NIEDERWIESER)
Vom ersten Konzept bis zur langjährigen
Zusammenarbeit
Technologie-Partnerschaften für E-Commerce-
und Retail-Logistik bestehen in Südosteuropa
bereits seit vielen Jahren. Für Alza.cz
lieferte KNAPP eine Fördertechnik-Lösung für
ein zentrales Lager in Prag. Mit dem Elektronik-Händler
HP TRONIC arbeitet KNAPP bereits
seit 2016 zusammen. Hier ist eine klassische
Omnichannel-Lösung mit OSR Shuttle und
Ware-zur-Person-Arbeitsplätzen im Einsatz.
Ausgeliefert wird sowohl an eigene Shops als
auch direkt an Online-Kunden.
Automatisierung für E-Commerce
muss nicht aufwändig sein
Der Zeitpunkt und der Einstieg in die Automatisierung
der E-Commerce-Logistik sollten
vorausschauend und schrittweise geplant
werden und sind abhängig von individuellen
Umschlagszahlen und Wachstumsprognosen.
Eine, die seit Jahren Unternehmen bei Einstieg
und Weiterentwicklung ihrer E-Commerce-Logistik
betreut, ist Lenka Neuhold, Director Mobile
Subsidiary, KNAPP AG: „Wir erarbeiten
mit unseren Kunden Szenarien und Ausbauschritte.
Die Lösung muss zu jeder Zeit maximal
wirtschaftlich sein. Häufige Kriterien zu automatisieren
sind wachsende Auftragsvolumina
und Artikelanzahl, aber auch Qualität und
Ausliefergeschwindigkeit. Die Bestellungen
müssen immer schneller und in sehr guter Qualität
zusammengestellt werden, denn kein Online-Kunde
soll durch einen Fehler oder lange
Wartezeit enttäuscht sein“, erklärt sie. Lieferung
am nächsten Tag ist ein Service, das viele
E-Commerce-Kunden bieten oder anstreben.
KNAPP-Technologien helfen, dieses Ziel zu erreichen.
„Zum Beispiel unser Lagersystem OSR
Shuttle Evo, aus dem alle Waren jederzeit
abrufbar sind, One-Touch-Kommissionierung
oder die Vorsortierung von Versandtouren,
zum Beispiel mit dem Taschensorter. Eine
Schlüsselkomponente ist hierbei auch eine
umfassende, intelligente Software-Lösung, wie
wir sie mit unserer KiSoft-Software bieten“, so
Lenka Neuhold abschließend. (RED)
HOLEN SIE SICH IHREN INFORMATIONSVORSPRUNG
LOGISTIK EXPRESS INFORMIERT SACHLICH | FACHLICH | AKTUELL
www.logistik-express.com
LOGISTIK EXPRESS NEWS & ZEITSCHRIFTEN APP MJR MEDIA WORLD
LOGISTIK express 5/2022 | S40
INTRALOGISTIK
Pick-Buddies –
die neue Welt der
kollaborativen und
mobilen Lager-Roboter
Pick-Buddies oder Collaborative Mobile
Robots sorgen als autonome Roboter für
eine smarte Automatisierung bei der Person-zur-Ware
Kommissionierung. Sie sind
einfach zu bedienen, einfach einzuführen,
benötigen in der Regel nur geringe Investitionen
und schließen die Automatisierungslücke
zwischen einer manuellen Kommissionierung
und vollständig automatisierten
Ware-zur-Person-Lösungen auf ihre sehr
smarte Weise. BEITRAG: WOLFGANG KEPLINGER
1. Smarte Lager-Autonomisierung: Smarte
Roboter sorgen für einen Produktivitäts- und
Agilitäts-Booster im Lager
Die Roboterisierung ist eines der wichtigsten
Top-Logistik-Themen der letzten Jahre. Durch
ihre vielfach smarten Eigenschaften haben
die Roboter sehen gelernt, was ihnen nicht
nur beim Fahren selbst sondern auch beim
Aufnehmen bzw. Absetzen der von ihnen
transportierten Materialien sehr hilft. Durch
ihre Sensoren können sie nun eng und ohne
jegliche Gefährdung mit Menschen zusammenarbeiten.
Durch ihre künstliche Intelligenz
lernen sie, jeden Tag etwas besser, zuverlässiger
und sicherer zu werden.
WOLFGANG KEPLINGER
Automatisierte Läger waren jahrzehntelang
durch eine mechanisch basierte Automatisierung
geprägt. Regalbediengeräte lagern
produktiv ein und bedienen die Lagermitarbeiter
zuverlässig mit Material (Ware-zur-Person),
wenn … … ja wenn die Bedarfe recht
konstant anfallen, das Sortiment nicht riesengroß
ist, kurzfristige Veränderungen nicht
stattfinden und Anforderungen wie hohe Lagerdichte
oder geringer Energieverbrauch
eine eher untergeordnete Rolle spielen. Auch
wenn die Einführung der shuttle-basierten Lagertechnologie
einige dieser negativen Aspekte
verringert hat – die Lagerlast wird ja auf
viele kleine Einheiten verteilt und man ist nicht
mehr so sehr von der Verfügbarkeit einiger
weniger Regalbediengeräte abhängig – eine
gewisse Starrheit und geringe Anpassbarkeit
sowohl was Bauraum, Lagerplätze oder Ein-/
Auslagerleistung betrifft, ist auch bei den
shuttle-Systemen erhalten geblieben. Da bedurfte
es der Einführung gänzlich neuer, autonomer
Lagersysteme, um diese Nachteile
wettzumachen. Cube-Systeme stellen die Behälter
direkt aufeinander und zeichnen sich
durch ihre hohe Lagerdichte aus (teilweise bis
zu vierfach so hoch wie manuelle Standardsysteme).
Das inzwischen seit einem Vierteljahrhundert
am Markt verfügbare Autostore nutzt
smarte Roboter zum Ein- und Auslagern der
Behälter von oben, während das neue Powercube-System
von Jungheinrich die Behälter
von unten einschiebt bzw. wieder herausholt.
Systeme wie die Sky-Bots von Exotec zeichnen
sich dadurch aus, dass die Roboter
nicht nur am Hallenboden verfahren können,
sondern auch selbst am Regal die dritte
Dimension (Höhe) bewältigen können – ohne
zusätzliche Regalbediengeräte.
Wieder andere Systeme wie Servus fahren auf
Schienen und können so auch die gelagerten
Materialien nicht nur am Lager selbst bereitstellen,
sondern bis an die Produktionslinie bringen
und dort direkt den Produktionsmitarbeitern
andienen. Alle diese Roboter-basierten
Lagersysteme sind sehr viel flexibler geworden,
nicht nur was den Lageraufbau und die
Nutzung des verfügbaren Raumes angeht, sie
sind auch autonom bezüglich der Steuerung
und flexibel bezüglich Einsatz und Lagerleistung
geworden. Und auch nachhaltig, denn
durch ihre smarte Energierückgewinnung sind
sie auch deutlich energieärmer und sparsamer.
Dies alles führt dazu, dass moderne Lagertechnologien
heute wirklich autonom geworden
sind. Sie passen in fast jeden Raum,
brauchen nicht immer eine gänzlich neue, dedizierte
Lagerhalle, sie sind in kurzer Zeit aufgebaut
und können bei Bedarf flexibel sowohl in
Richtung zusätzlicher Lagerplätze aber auch
zusätzlicher Roboter-Leistung angepasst werden
– und das in beide Richtungen, d.h. es ist
egal ob das Lager vergrößert oder verkleinert
wird. Dabei liegen die Kosten nicht trotz, sondern
vor allem wegen der guten Skalierbarkeit
der autonomen Lagertechnologien nicht nur
maximal im Bereich der mechanisch automatisierten
Technologien, sondern in vielen Fällen
sogar (merkbar) darunter.
2. Seite an Seite: Pick-Buddies – die wirklich
kollaborativen Roboter-Kollegen
Wenn Sie also im E-Commerce oder im Distributionsbereich
tätig sind, wenn sie heute
Ihr Lager vor allem manuell betreiben, wenn
Sie tendenziell ein eher großes Sortiment mit
nicht allzu hoher Spitzenleistung bedienen,
dann sollten Sie über eine smarte Automatisierung
ihres Lagers nachdenken. Dazu
müssen Sie nicht gleich eine nicht zu unterschätzenden
Investition in ein smartes und
autonomes Ware-zur-Person System im Fokus
haben. Denn es gibt nun mit den Pick-Buddies
oder den Collaborative Mobile Robots
wie sie offiziell richtig bezeichnet werden eine
smarte und autonome Automatisierung im
Mann-zur-Ware-Bereich. Die Collaborative
Mobile Robots schließen somit die Automatisierungslücke
zwischen vollständig manuell
LOGISTIK express 5/2022 | S42
operierten Lägern (Mann-zur-Ware) und einer
vollständigen Automatisierung auf Basis
eines Ware-zum Mann-Systems. Die bekanntesten
Anbieter von Pick-Buddies sind Locus,
6 River Systems, Fetch Robotics und Geek+.
Die Pick-Buddies unterstützen dabei die Kommissionierer,
in dem Sie ihnen die vielen langen
Wege zwischen dem Kommissionierbereich
und dem Konsolidierungs- bzw. Versandbereich
abnehmen. Pick-Buddies helfen den
Kommissioniern auch, indem Sie die Bilder von
den zu pickenden Waren anzeigen, den Kommissionierer
zum entsprechenden Lagerfach
hinführen oder dort bereits auf den Kommissionierer
warten. Durch einen Scanner ermöglichen
die Pick-Buddies die Bestätigung des
erfolgreichen Pickens und mittels eines Put-by-
Light-Systems zeigen Sie dem Kommissionierer
auch an, in welchen von den mitgeführten Behältern/Kartons
er die Ware ablegen soll, um
sie der richtigen Auftragsposition zuzuführen.
Dabei sind die Pick-Buddies praktisch bei allen
Anbietern so konzipiert, dass sie einfach und
intuitiv zu bedienen sind. Für die meisten
Pick-Buddies genügt deshalb ein Training im
Bereich von wenigen Minuten. Wie sie bereits
erkannt haben, ist die enge Mensch-Maschine-Kooperation
für die Pick-Buddies ein
Grundprinzip. Über die Sicherheit dieser Zusammenarbeit
brauchen Sie sich keine Gedanken
machen, sie ist in vielen realisierten
Anwendungen nachgewiesen.
Wirtschaftlich wird ein eine Unterstützung mit
Pick-Buddies vor allem, wenn sie mindestens
10 Kommissionierer im Einsatz haben, ihr manuelles
Lager über 3.000 m2 groß ist und Ihr
tägliches Volumen von Kunden-Auftragspositionen
über 2.000 Positionen liegt. Denn
daraus ziehen die Pick-Buddies den zweiten
großen Optimierungshebel neben der Eliminierung
der Wegezeiten für die Kommissionierer:
Sie arbeiten mit dynamisch veränderbaren
Pick-Zonen und sorgen dafür, dass ein
Kommissionierer innerhalb von einer Pick-Zone
möglichst wenige und möglichst kurze Wege
hat. D.h. sie durchforsten ständig den gesamten
Auftragspool auf lokal nahe beisammen
liegende Materialien, um Ihr Optimierungspotential
hoch zu halten. Zumeist wird diese Optimierung
durch künstlich intelligente Optimierungstools
unterstützt.
Damit die Pick-Buddies den Kommissionierern
wirklich helfen können, und die Kommissionierer
nicht ständig auf die Pick-Buddies
warten müssen, arbeiten die meisten Systeme
mit mehreren Robotern pro Kommissionierer.
Dabei reicht der Range von 2 Robotern pro
Kommissionierer bei tendenziell kleinen Lägern
und kleinem Sortiment bis zu 5 Robotern pro
Kommissionierer bei großen Lagerbereichen
und einem großen und deshalb teilweise eher
langsamdrehenden Sortiment. Die Zahl der
notwendigen Roboter ist insofern wichtig, als
sie der wichtigste Kostentreiber bei der Installation
eines Pick-Buddy Systems ist. Die Anbieter
von Pick-Buddies weisen in einer Vielzahl
von Veröffentlichungen deutliche Produktivitätssteigerungen
vor. Vielfach wird von einer
Verdoppelung der Anzahl der kommissionierten
Kundenaufträge durch CMR-Einführung
gesprochen. Ob das für sie wirtschaftlich
ist, werden wir im nächsten Kapitel gleich
besprechen.
3. Robotic-as-a-Service: Eine Technologie fast
ohne kommerzielles Risiko?
Wenn Sie also ein manuelles Lager betreiben,
die beschriebenen Randbedingungen von
Größe, Mitarbeiteranzahl und Auftragspositionen
erfüllen, und über eine smarte Automatisierung
nachdenken, dann sollten sie zunächst
einmal die Gespräche mit einigen (wenigen)
CMR-Anbietern suchen, um selbst besser mit
der Technologie vertraut zu werden. Und um
durch 2 – 3 Angebote die möglicherweise auf
sie zukommenden Investitionen bzw. kontinuierlich
anfallenden Service-Kosten besser
abschätzen zu können. Bezüglich Sicherheit,
Integration der Roboter in Ihre Lagerabläufe
und die Akzeptanz der Roboter durch ihre
Mitarbeiter sollten sie möglichst rasch einen
Vor-Ort-Piloteinsatz durch einen der Anbieter
organisieren. Denn es gibt kaum eine Automatisierungstechnologie,
die man so rasch
und einfach vor Ort testen kann wie die der
Pick-Buddies.
In der Regel brauchen Sie keine physischen Umbauten
ihres Lagers, sie brauchen nur eine einfache
Integration mit Ihrem WMS und deshalb
auch keine Umprogrammierungen. Das physische
Equipment selbst, d.h. die Roboter sind
klein und einfach zu transportieren und in den
meisten Fällen steht einem ein-/zweiwöchigen
Test mit 1 – 2 Robotern ganz wenig entgegen.
Damit sehen Sie gleich in ihrer tatsächlichen
Lagerwelt, ob und wie die Roboter funktionieren,
ob und wie sie sich in ihre Prozesse einbinden
lassen, ob und wie die Mitarbeiter die
„neuen Kollegen“ akzeptieren oder nicht. Und
sie werden sehen, dass sie selbst in der kürze
der Zeit ganz viel über die neue Technologie
lernen und Ängste vor dem Einsatz reduzieren
werden. Bevor Sie dann aber über den Einsatz
dieser Technologie final entscheiden, sollten
Sie mit ihren 2 – 3 Anbietern auch die notwendigen
Investitionen (CAPEX) bzw. die notwendigen
dauerhaft anfallenden Kosten (OPEX)
abgeklärt haben. Und zwar so, dass auch für
Sie ein positiver Business Case daraus wird.
Die meisten Anbieter von Pick-Buddies präferieren
eine Bezahlung in Form eines Robots-as-a-Service
Modells. Die einmaligen
Projekteinführungskosten liegen in der Regel
in einem niedrigen sechsstelligem Bereich
(hängt vielfach von der Größe des Lagers
ab) und somit sind die CAPEX für diese
Form der Automatisierung gering. Das Robotics-as-a-Service-Modell
(RaaS) klingt
am Anfang auch vielversprechend. Denn
die Anbieter sind geübt, Ihnen eine kurze
Amortisationszeit vorzurechnen. Allerdings
lohnt es sich in den meisten Fällen - gerade
bei einem RaaS-Modell - auf die wirklichen
Kosten und ihre tatsächlich langfristig erzielten
Kostenvorteile zu schauen. Bei einem meiner
kürzlich durchgeführten Kundenprojekte hatten
wir den Fall, dass die Pick-Buddy-Anbieter
eine monatliche Fee pro Roboter in der
Größenordnung von 1.200 – 1.500 € erzielen
wollten. Das klingt nicht hoch, denn es kreiert
jährliche Kosten zwischen 15.000 € und
18.000 €. Der Nachteil bei einem RaaS-Modell
liegt darin, dass die Anbieter diesen Betrag
unendlich lange, d.h. über den gesamten
Lebenszyklus des Roboters verlangen.
Wenn sie also ein System haben, bei dem
sie 3 Roboter pro Kommissionierer einsetzen,
dann entstehen rasch jährliche Kosten in der
Größenordnung von 45.000 € bis 50.000 €.
Das zahlen in Deutschland mittlerweile viele
Firmen auch für einen operativen Logistik-Mitarbeiter
in Form von dessen Lohnkosten. Wenn
sich also die mit den Pick-Buddies erzielte
Kommissionierleistung verdoppelt (was viele
CMR-Systeme auch erreichen), dann haben
Sie vordergründig nichts gewonnen.
Sie haben die jährlichen Mitarbeiterkosten
gegen jährliche RaaS-Kosten für einen Roboter
ausgetauscht. Jetzt werden Sie argumentieren:
eigentlich kein schlechter Deal,
denn die meisten Firmen haben mittlerweile
Probleme, gute und zuverlässige Logistik-Mitarbeiter
zu finden und für sich zu begeistern.
Der Markt an zuverlässigen Mitarbeitern ist
nämlich zur Zeit in den meisten Regionen sehr
knapp. Der tatsächliche Vorteil des Pick-Buddies
liegt aber bei dieser Rechnung darin, dass
der Roboter-Kollege weniger rasch ermüdet.
Er arbeitet nämlich für das gleich Geld nicht
nur eine, sondern sogar drei Schichten. Kurzum:
für meinen Klienten hat sich das RaaS-Modell
mit der Einführung eines 3-Schicht-Betriebes
gelohnt. Damit braucht man nämlich für
die notwendige Anzahl von Kundenauftragspositionen
insgesamt weniger Kommissionierer
und mit einem Verhältnis von 2 – 5 Robotern pro
Kommissionierer auch weniger Roboter für die
die monatliche Service-Rate zu bezahlen ist.
Und damit rechnet sich dann die Pick-Buddy-
Einführung innerhalb von wenigen Jahren.
Aber noch erfolgreicher kaufen Sie Ihren
Pick-Buddy, wenn Sie mit Ihrem CMR-Lieferanten
nicht eine Bezahlung auf dem Robotic-asa-Service
Prinzip (RaaS) vereinbaren, sondern
ein RaaT, eine Bezahlung der monatlichen
Service-Rate nur für den Fall, wenn zuvor
vereinbarte Leistungsziele erreicht wurden,
also auf dem Prinzip Robotics-at-achieved-
Targets. (RED)
Info eMail: wolfgang.keplinger@eccell.online
LOGISTIK express 5/2022 | S44
INTRALOGISTIK
Cyber Days –
Effizientes Omnichannel
Fulfillment auch
in Peak-Zeiten
Die Dynamik des E-Com-Marktes und die
Kleinteiligkeit der Sendungen ist nur mit leistungsfähigen
Omnichannel Logistikkonzepten
zu bewältigen.
BEITRAG: PI REDAKTION
Das finnische Einzelhandelsunternehmen
Stockmann wickelt sämtliche Lieferungen
an Filialen und E-Commerce-
Kunden aus einem hochautomatisierten
Logistikzentrum im Großraum Helsinki ab.
Das Sortiment umfasst Hängeware, Liegeware
und weitere Artikel, die alle in
dem automatisierten, multifunktionalen
Distributionszentrum gelagert werden.
Alle Jahre wieder läutet der Black
Friday inzwischen global die umsatzstarke
Peak Saison im Handel
ein. Die Zeiten, in denen diese Verkaufsaktion
mit vielen Rabatten auf den Freitag
nach Thanksgiving und ausgesuchte Produkte
oder Produktgruppen beschränkt war,
sind jedoch vorbei. Immer häufiger weiten die
Anbieter ihre Verkaufsmaßnahmen und Rabattschlachten
über eine ganze Black Week
aus und gehen mit dem Cyber Monday und
weiteren Angeboten nahtlos in die heiße Endphase
des Weihnachtsgeschäfts über.
Wie wird sich das Kaufverhalten in herausfordernden
Zeiten entwickeln?
In diesem Jahr setzen viele Einzelhändler auf
einen größeren Lagerbestand. Sie haben früh
bestellt, um im Gegensatz zum letzten Jahr
genügend Vorräte zu haben. Vor allem in den
USA und Asien rechnet die Branche zum Weihnachtsgeschäft
traditionell mit einer erhöhten
Nachfrage der Verbraucher. In Europa ist die
Konsumlaune aufgrund der gestiegenen Ener-
gie- und Lebenskosten, der hohen Inflation sowie
einer generellen Unsicherheit im Hinblick
auf den Krieg in der Ukraine teilweise eingetrübt.
Mit der Rabattschlacht anlässlich des
Black Friday erwartet die Branche trotzdem
eine erhöhte Nachfrage, die es möglichst
schnell und effizient zu bewältigen gilt.
Effiziente Intralogistik für Standard- und Peak-Zeiten
In der Kommissionierung und im Versand konnten
saisonale Spitzen bisher über Umorganisationen
im Lager und der Einrichtung von
Schnelldreher-Pickzonen inklusive Aufstockung
des Personals realisiert werden. Insbesondere
Letzteres wird zunehmend schwieriger. Aber
auch die Ausweitung von Rabattaktionen auf
weite Teile des bestehenden Sortiments oder
saisonal zusätzlich eingekaufte Ware erhöht
die Komplexität und Dynamik im Lager. Hinzu
kommen Probleme im Nachschub durch Lieferschwierigkeiten
oder Transportengpässe,
Preissteigerungen sowie erhöhte Krankheitsausfälle
im Lager.
Erfolgreich agierende E-Commerce- und Omnichannel-Händler
haben ihre Lagerlogistik
entsprechend zukunftsfähig aufgestellt. Um
höhere Durchsätze erzielen zu können, werden
Lager-, Transport- und Kommissionierprozesse
möglichst passgenau, flexibel und
nachhaltig automatisiert. SSI Schäfer unterstützt
Unternehmen auf der ganzen Welt als
Intralogistikpartner mit jahrzehntelanger Erfahrung
und einer enormen Produktbreite – vom
Lagerlift SSI LOGIMAT® über FTS (Fahrerlose
Transportsysteme) und Robotik-Anwendungen,
der SSI Carrier Hängefördertechnik bis
hin zum hochleistungsfähigen 3D-MATRIX Solution®
Automatik-Lager und den modernen
Software-Lösungen mit WAMAS® und SAP.
E-Grocery – Omnichannel-Logistiklösung für
Lebensmittelhändler Lotus’s in Thailand
Ein Best Practice Beispiel aus dem weltweit
wachsenden E-Commerce-Segment Lebensmittel
ist der mit über 2.000 Filialen, 15 Mio.
Kunden und einer Online-Plattform in Thailand
agierende Hypermarkt Lotus‘s. Um auf die
LOGISTIK express 5/2022 | S46
Elektrotechnik-Anbieter Fust investiert in Omnichannel-Lösung
Um sich für das wachsende E-Commerce-Geschäft
zu rüsten, hat die Schweizer Coop-Tochter
Dipl.-Ing. Fust AG, größter Anbieter
für Elektrohaushaltsgeräte, Unterhaltungselektronik
und Computer in der Schweiz, in die
Modernisierung und den Ausbau des Logistikstandorts
Oberbüren im Kanton St. Gallen investiert.
Das Ziel war, die Lagerkapazitäten zu
zentralisieren sowie das zuvor im Kern auf die
Filialbelieferung ausgerichtete Logistikkonzept
auf die geänderten Anforderungen sowohl im
B2B als auch im B2C-Geschäft auszurichten.
Zusammen mit SSI Schäfer hat das Unternehmen
eine höchst effiziente und äußerst flexible
Omnichannel-Lösung realisiert, die sich in der
Corona-Pandemie mit dem rasanten Anstieg
der Online-Bestellungen bereits mit hoher Prozess-
und Ausfallsicherheit bewährt hat.
wachsende Nachfrage und das Omnichannel-Konsumentenverhalten
zu reagieren, hat
der Lebensmittelhändler in seinem größten
Stückgutverteilzentrum in WangNoi zusammen
mit SSI Schäfer ein innovatives Materialflusskonzept
mit Teilautomatisierung umgesetzt.
Das Hauptziel des Projekts war es, eine kosteneffizientere
Lösung für die Stückgutlagerung
und Einzelstückkommissionierung auf der bestehenden
Grundfläche zu entwickeln, um
die Arbeitsproduktivität zu erhöhen und die
Aufträge effizienter abzuwickeln. Die Lösung
beinhaltete eine mehrgeschossige manuelle
Pickanlage mit Kartondurchlaufregalen für
die Lagerung von schnelldrehenden Artikeln
und eine sämtliche Kommissionierzonen und
Arbeitsplätze verbindende Karton- und Behälterfördertechnik.
Neben der Umrüstung der
Hardware des Lagers wurden die gesamten
Prozesse innerhalb der bestehenden Oracle
WMS-Umgebung über eine IT-Schnittstelle in
WAMAS integriert, ohne ein Re-Engineering für
ein komplett neues WMS durchzuführen. Das
Ergebnis ist eine flexible Logistiklösung vom
Auftragsstart über die Kommissionierung und
Versand-Sortierung.
In einer Bauzeit von nur zwei Jahren wurde
die logistische Nutzfläche auf 50.000 m² verdoppelt.
Parallel dazu sind die erforderlichen
Lagerkapazitäten verdreifacht worden. Der
skalierbare Lösungs-Mix besteht aus einem Behälterlager
mit dem Einebenen-Shuttle-System
SSI Cuby, einem Hochregallager, Lösungen für
manuelle Bereiche sowie der Logistiksoftware
WAMAS inklusive Warehouse Control System,
um alle automatisierten Lagerressourcen sequenziert
und synchronisiert zu steuern. Durch
optimierte Prozesse konnte die Produktivität
in der Kleinteilekommissionierung um beachtliche
40 % gesteigert werden. Das SSI Cuby
leistet hier einen wichtigen Beitrag durch die
passgenaue und effiziente Bereitstellung der
Kommissionierbehälter an die Arbeitsplätze.
Während zuvor für die Filialbelieferung und das
Online-Geschäft zusammengefasst etwa 1.800
Versandpakete pro Tag produziert werden
konnten, ist Fust heute in der Lage, für beide
Absatzkanäle in Summe 4.000 Sendungen
täglich auf den Weg zu bringen.
Kaufhaus-Betreiber Stockmann wickelt Verkaufskampagnen
online und offline dank
hochverfügbarer Logistik erfolgreich ab
Seit 2016 wickelt das finnische Einzelhandelsunternehmen
Stockmann sämtliche Lieferungen
an Filialen und E-Commerce-Kunden aus
einem hochautomatisierten Logistikzentrum im
Großraum Helsinki ab. Das Sortiment umfasst
Hängeware, Liegeware und weitere Artikel,
die alle in dem automatisierten, multifunktionalen
Distributionszentrum gelagert werden.
Die von SSI Schäfer entwickelte Anlage ist für
einen Durchsatz von 55.000 Auftragspositionen
mit 180.000 Einzelteilen pro Tag ausgelegt.
Während die gesamte Hängeware über
die energieeffiziente Hängefördertechnik
transportiert und sortiert wird, hat SSI Schäfer
für das flexible Handling der Liegeware die
3D-MATRIX Solution implementiert. Dabei handelt
es sich um ein 8-stöckiges Shuttle-Lager
mit 130.500 Lagerplätzen für die doppelttiefe
Lagerung und 45 Lifte für die parallele Ein- und
Auslagerung von Behältern. Die angeschlossene
Kommissionierzone für Liegeware beherbergt
9 Kommissionier-Arbeitsplätze. Die Kommissionierung
der Hängeware ist auf 3 Ebenen
angeordnet und bietet Platz für über 350.000
Kleidungsstücke.
Die gesamte Lösung wurde mit Blick auf mögliche
Erweiterungen konzipiert. Das bedeutet,
dass das Layout des Lagers in der Lage
ist, bei Bedarf weitere Anlagenteile sowohl
für Hängeware als auch für Liegeware in das
System zu integrieren, um dem Wachstum des
Unternehmens und möglichen zukünftigen
Veränderungen Rechnung zu tragen. Des
Weiteren setzt Stockmann auf den umfassenden
Wartungs- und Instandhaltungsservice
"Schäfer Maintenance Philosophie (SMP)" von
SSI Schäfer, der sowohl bei saisonalen Verkaufsspitzen
als auch bei der Abwicklung der
täglichen Standardmengen unterstützt. Das
Residence Maintenance (RM) Team von SSI
Schäfer ist jeden Tag vor Ort, überwacht die
Leistungsfähigkeit der Systeme und ist bereit,
jede auftretende Herausforderung sofort zu
lösen, um eine Unterbrechung der Anlage zu
verhindern. In der Haupt- und Nebensaison
sind 5 bis 6 RM-Mitarbeitende für Stockmann
im Einsatz, in Spitzenzeiten wird das Team auf
6 bis 8 Techniker:innen erweitert.
Fazit: Eine intralogistische Gesamtlösung zur
Bedienung sämtlicher Vertriebskanäle aus einem
System bietet für Omnichannel-Anbieter
viele Vorteile. So haben sie zu jeder Zeit Zugriff
auf ihren gesamten Bestand und können jede
Bestellung, unabhängig davon, ob sie aus der
Filiale oder von einem E-Com-Kunden stammt,
bedienen. Mit Hilfe leistungsfähiger und flexibler
Automationslösungen lassen sich Lager-, Transport-
und Kommissionierprozesse effizient abwickeln
und auch veränderte Anforderungen
und saisonale Spitzen zuverlässig bewältigen.
Ein wichtiger Vorteil für die Mitarbeitenden
sind zudem ergonomische Arbeitsplätze mit
IT-gestützten und intuitiv gestalteten Prozessen
und die automatische Unterstützung bei besonders
belastenden Tätigkeiten. Um höchste
Verfügbarkeit der Systeme zu gewährleisten,
bietet SSI Schäfer ein breites Portfolio
an Serviceleistungen unter Nutzung smarter
Technologien, die individuell auf die Bedürfnisse
des Kunden zugeschnittenen werden.
Mit Blick auf die Zukunft wird die Effizienz in der
Abwicklung von Online-Bestellungen immer
wichtiger, um den gestiegenen Anforderungen
des Onlinehandels zu begegnen, denn die höheren
Energie- und Einkaufspreise drücken zusammen
mit den Transportkosten zunehmend
auf den Gewinn der Einzelhändler.(RED)
LOGISTIK express 5/2022 | S48
INTRALOGISTIK
Von Anfang an richtig:
Ganzheitliche Fabriksplanung
von innen
nach außen
Gestörte Lieferketten, explodierende Energiepreise
und instabile Marksituationen
machen den Produktions- und Logistikbereichen
vieler Unternehmen branchenübergreifend
derzeit schwer zu schaffen.
BEITRAG: PI REDAKTION
„Die ganzheitliche Fabrikplanung
erfolgt nach dem
Line-Back-Prinzip: Geplant
wird rückwärts vom Bedarf
des Bauortes und von den
Bedarfen der Prozesse und
Materialflüsse, bis an die
Fabrikhülle und weiter in die
Anlieferung und Entsorgung
der Fabrik.“
Um darauf zu reagieren, gilt es für
Unternehmen, die eigenen Prozesse
auszurichten, sich bestmöglich
im Netzwerk zu positionieren und
die Kostensituation zu verbessern. Daraus resultierend,
kann es zur Überlegung bzgl. eines
weiteren oder neuen Standortes bzw. Fabrik
oder zur Umgestaltung eines bestehenden
Werkes kommen. Zum Teil setzen Unternehmen
diese komplexen und anspruchsvollen
Planungsaufgaben häufig in Eigenregie um,
ohne die jahrelange Expertise, die nötigen
Ressourcen und das Wissen zu haben. Denn
sowohl aus inhaltlicher als auch aus planerischer
Sicht ergeben sich bei der Gestaltung
einer neuen Fabrik große Herausforderungen.
Diesen können Unternehmen mit professionaler
Expertise und methodisch systematischem
Vorgehen begegnen. Schon im privaten Bereich
beim Bauen oder Erneuern, setzen viele
auf das professionelle Know-how von Experten
und Fachleuten. Vor allem, wenn Fachwissen
und Erfahrung oder schlichtweg die Kapazität
fehlt, ist man gut beraten, sich die Arbeits- und
Planungsleistung extern zu holen. Denn die
Planungsexperten wissen, was methodisch zu
tun ist und arbeiten systematisch unter Anwendung
von Tools besser als man es selbst neben
dem eigenen operativen Agieren her könnte.
Ein Projekt wird mit Experten, die auch branchenübergreifende
Erfahrung mitbringen und
wissen was State-of-the art ist, deutlich effizienter
und so letztlich auch professioneller umgesetzt
als durch die Arbeit im Eigenbetrieb.
Was im Kleinen, nämlich beim Eigenheim gilt,
trifft umso mehr auf das Große, nämlich eine
Fabrik, zu: Gut beraten ist, wer für die Fabrikplanung,
die im Idealfall von Innen nach Außen
erfolgt, Experten hinzuzieht.
Fabrik um Prozessabfolge und Materialflüsse
herum planen
Um eine neue Fabrik zu planen oder eine bestehende
umzugestalten, ist der Ansatz der
ganzheitlichen Fabrikplanung von innen nach
außen der beste Weg, der dauerhaft und
nachhaltig zum Erfolg führt. Denn nicht nur die
Gebäudestruktur an sich ist das Ziel, sondern
es gilt, den Standort bestmöglich in den Produktionsverbund
und das logistische Netzwerk
zu integrieren, sowie die Prozesse und Materialflüsse
innerhalb der Fabrik optimal abzubilden.
Der Ansatz verfolgt hierbei deshalb das
Line-Back-Prinzip, und zwar wird rückwärts geplant:
vom Prozessschritt des Verbau- oder Bedarfsortes,
über die vor- und nachgelagerten
Prozessschritte und Materialflüsse, bis an die
Fabrikhülle oder Standortgrenze und weiter
in die Anlieferung (Inbound) und Ablieferung
(Outbound)der Fabrik – also von innen nach
außen.
In einer ersten strategischen Projektphase
müssen zunächst das zu fertigende Produktportfolio,
Mengengerüst, Veränderungen der
Kundenanforderungen, Marktanforderungen,
die Beschaffungssituation und weitere Aspekte
der Zukunft analysiert und die Einflüsse
auf Fertigungstechnologien, Prozesse und
Materialflüsse für die Produktion identifiziert
werden. Zusätzlich werden bestimmte Parameter
festgelegt, wie beispielsweise das Zieljahr
der Fertigstellung, der SOP-Meilenstein,
der Hochlauf, die Betriebsdauer der Fabrik
bzw. Produktionsstätte, die zukünftige Einbettung
in die Unternehmensstrategie sowie Rahmenbedingungen,
Fixpunkte und Prämissen.
Fabrik vom Produktions- und Logistikprozess
über die Materialfluss-, Aufstellungs- und Industriebauplanung
bis hin zur Erstellung von Lastenheften,
Ausschreibungen und Vergaben.
Sobald sämtliche Parameter bei der Planung
definiert wurden, beginnt die bauliche Phase
der Fabrikerstellung. Dieser Projektschritt umfasst
auch die Planung, Integration und Steuerung
der Lieferanten von Maschinen, Anlagen
sowie die Vorbereitung des Serienlaufs. An
die Inbetriebnahme der Fabrik kann sich eine
Anpassung bzw. Optimierung der Produktions-
und Logistikbereiche anschließen und
es können gegebenenfalls weitere oder neue
Produkte mit dem Augenmerk auf weitere
Verbesserungen, Produktivitätssteigerungen,
Kostensenkungen oder auch Digitalisierungsvorhaben
implementiert werden.
Einklang von Gebäuden, Prozessen, Liefernetzwerken
und Digitalisierung
Mit der Fabrikplanung von innen nach außen
mit dem Line Back Ansatz ist es möglich, die
Planung des Gebäudes, der Prozesse und
„Wagen Unternehmen die Fabrikplanung
allein und ohne Unterstützung,
zeigt die Erfahrung
von Experten, dass die neue Fabrik
oftmals den erforderlichen
Ansprüchen nicht genügt, Fehler
begangen werden und auch die
Budgetplanung falsch durchgeführt
wurde.“
Aus der Analyse heraus lassen sich Konzepte
für die Produktions- und Logistikprozesse innerhalb
der neuen Fabrik ableiten, die wiederum
ein Bestandteil des Masterplans für Fertigung,
Logistik und Gebäude sind. Wie sich beispielsweise
Logistikkosten oder die Verfügbarkeit
von Mitarbeitern auf den neuen oder zu beplanenden
Standort auswirken, lässt sich vorab
simulieren; die Ergebnisse und die daraus
resultierenden Entscheidungen fließen in den
Masterplan mit der Beschreibung der Konzepte
ein. Auf dieser Grundlage erfolgt zum späteren
Zeitpunkt die detaillierte Ausplanung der
LOGISTIK express 5/2022 | S50
Materialflüsse, die Integration in Liefernetzwerke
sowie die Digitalisierung miteinander
in Einklang zu bringen. Dafür werden tiefergehende
Analysen zu den Bereichen Produktion
und Logistik, IT-Systeme und Gebäude
durchgeführt. Dabei betrachten Experten
die einzelnen Bereiche sowohl für sich als
auch in Relation zu den anderen sowie hinsichtlich
der Prozessabfolge im Unternehmen.
Während der Phase der Produktentwicklung
zum Beispiel setzt in den Bereichen Produktion
und Logistik die Produktberatung an.
Analyseschwerpunkte bilden hier die Produktbaubarkeit,
das Produkthandling in der
Produktion sowie die Fertigung. Die Ergebnisse
der Phase Produktdesign sind die Prüfung des
Einsatzes von zukunftsfähigen und innovativen
Technologien und die Sichererstellung
effizienter Baubarkeit. Überschneidungen
gibt es zwischen Produktion und Logistik in der
Phase Produktdesign bereits mit dem Bereich
IT-System, aufgrund der Entwicklung einer
Digitalisierungsstrategie. Die Digitalisierungsstrategie
wiederum überschneidet sich auch
mit der Konzeptberatung, die sich im Unternehmensprozess
Produktions- und Logistikplanung
an die Produktberatung anschließt.
Vielfältige Herausforderungen an ganzheitliche
Fabrikplanung
Von der Produktions- und Logistikplanung über
die Vorbereitung der Fertigung von Prototyp
und Vorserie bis hin zur Serienproduktion ziehen
sich die Analysen in den drei Bereichen
Produktion und Logistik, IT-Systeme und Gebäude
überschneidend hindurch. Einzelne
Analysen sind mit anderen vernetzt und bedingen
sich. Entsteht beispielsweise in der
Phase Produktions- und Logistikplanung ein
Automatisierungskonzept, so hat dies Auswirkungen
auf den Bereich IT, weil es in das Digitalisierungskonzept
einfließen muss; und auch
auf den Bereich Gebäude, weil sich das neue
Gebäude an den Bedürfnissen der Produktion
und Logistik orientieren soll. Die Entwurfsplanung
des Gebäudes bezieht daher die Maschinen-
und Anlagenplanung mit ein. Für die
Ausschreibung und Vergabe der Anlagen
müssen deshalb vorab Lastenhefte mit entsprechenden
Anforderungen an die Errichter
erstellt werden, um das Automatisierungsund
die Digitalisierungskonzept umsetzen zu
können. Bevor die Maschinen aber tatsächlich
in Betrieb genommen werden, erfolgt
im Bereich Produktion und Logistik zunächst
eine virtuelle Inbetriebnahme, um Verbesse-
Der Prozess der gesamtheitlichen Fabrikplanung gestaltet sich komplex: Zu den einzelnen Phasen im Unternehmen – vom Produktdesign,
über die Produktions- und Logistikplanung sowie die Fertigung der Vorserie bis hin zu Serienproduktion, finden in den Bereichen Produktion/
Logistik, IT-Systeme, Gebäude und Ergebnisse tiefergehende Analysen statt, die sich überschneiden.
ungspotenziale noch vor dem Start der Serienproduktion
erkennen und realisieren zu
können. Der Bereich IT unterstützt die Inbetriebnahme
der Anlagen – auch hinsichtlich
ihres Digitalisierungskonzeptes –, was wiederum
Einfluss auf die Realisierung und Inbetriebnahme
des Gebäudes sowie die Installation
der Anlagen hat. Zu den inhaltlichen Herausforderungen,
die die ganzheitliche Fabrikplanung
mit sich bringt, zählen unter anderem:
• Optimierung der Logistik und Fertigung
• Optimierung der Materialflüsse
• Veränderung des Automatisierungsgrades
• Steigerung der Produktivität
• Entwicklung und Umsetzung einer
Digitalisierungsstrategie
• Entwicklung und Umsetzung einer
unternehmensweiten CO2-Strategie
• Einheitliches Vorgehen bei der Planung
des Werks und der Gebäude
• Senkung der Betriebskosten
•.Suche nach einem geeigneten
neuen Standort
• Auswahl flexibler Standorte und Fabriken
• Anpassungen des Gebäudes im
laufenden Betrieb
• Integration neuen Produkte
• Auslaufen abgekündigter Produkte
Je nach Unternehmen variieren diese Anforderungen
und treffen in unterschiedlichem
Ausmaß auf die jeweilige Situation zu. Hinzu
kommt, dass die Projekte in den vergangenen
Jahren immer komplexer geworden sind und
sich der Kapazitätsbedarf und die Ressourcen
aufgrund von der Dynamik im Markt, immer
kürzeren Innovationszyklen, sich wandelnden
Kundenerwartungen und eingeschränkter
Materialverfügbarkeiten gewandelt haben.
Selbst wenn ein Unternehmen vor etlichen Jahren
bereits in Eigenregie erfolgreich eine Fabrik
geplant und gebaut hat, ist das Wissen darüber
längst überholt. Wagen Unternehmen die
Fabrikplanung ohne Unterstützung, zeigt die
Erfahrung der Experten, dass die neue Fabrik
oftmals nicht alle Anforderungen ganzheitlich
erfüllt. Nicht selten stellen Unternehmen nach
Fertigstellung des Gebäudes fest, dass sie ihre
Prozesse und Materialflüsse nun irgendwie in
die neue Hülle integrieren und quasi „hineinpressen“
müssen – dabei wäre der umgekehrte
Weg von innen nach außen der bessere gewesen,
bei dem man die Gebäudestruktur um
Prozesse, Materialflüsse und Anlagen herum
plant. Muss eine fehlgeleitete Fabrikplanung
im Nachhinein korrigiert werden, sind hohe
Aufwände und Kosten die Folge.
Fazit: Um auf die Risiken und Unwägbarkeiten,
die vor allem derzeit die Produktion und Logistik
beschäftigen, bestmöglich und flexibel reagieren
zu können, braucht es eine Fabrik, die
sich an den inneren Prozessen orientiert. Es bedarf
daher einer gesamtheitlichen Fabrikplanung,
die auf dem Line-Back-Prinzip basiert.
Um diese sicherzustellen, müssen Experten
frühzeitig eingebunden werden. Sie unterstützen
von der Phase der Produktentwicklung,
über die Produktions- und Logistikplanung,
die Vorbereitung der Fertigung bis hin zur
Serienproduktion und stellen die Umsetzung
der ganzheitlichen Fabrikplanung sicher.
(RED)
LOGISTIK express 5/2022 | S52
ECOMMERCE LOGISTIK
IDIH Logistikreise 2022
unterstützt durch die
logistic-natives ein
voller Erfolg
Logistik ist systemrelevant - gerade in den
aktuellen Zeiten, in denen die Lieferketten
durch CO-VID-19 und durch den Ukraine-
Krieg gestört oder gar ganz unterbrochen
sind, wird dies nur all-zu deutlich.
BEITRAG: FLORIAN SEIKEL
Logistik ist systemrelevant - gerade in
den aktuellen Zeiten, in denen die Lieferketten
durch CO-VID-19 und durch
den Ukraine-Krieg gestört oder gar ganz
unterbrochen sind, wird dies nur allzu deutlich.
Insbesondere die Logistik im eCommerce und
OmniChannel-Handel gewinnt dabei immer
stärker an Bedeutung. Auch wenn durch die
abgekühlte Konjunktur seit Kriegsbeginn im 2.
Quartal 2022 beim E-Commerce mit Waren
ein Umsatzrückgang von 9,6 Prozent zum Vorjahreszeitraum
zu verzeichnen ist, liegen die
Gesamtumsätze der Branche noch immer
acht Prozent über dem Vergleichswert 2020
und ganze 25 % über dem Vergleichswert
im Vorcorona-Jahr 2019. Diese Situation führt
zwangsläufig dazu, dass Supply-Chains und
auch logistische Abwicklungen in dieser Branche
überdacht, angepasst oder komplett neu
konzipiert werden müssen.
Vor diesem Hintergrund startete IDIH in Zusammenarbeit
mit den logistic-natives im September
2022 die dritte Logistikreise. Unter dem
Motto Sehen – Lernen – Netzwerken besuchten
20 Fachleute aus eCommerce- und Omni-
Channel-Handel insgesamt neun Betriebe in
drei Tagen. Ob B2B oder B2C, manuelles Fulfillment
oder Automatisierung und Robotik - alles
war dabei. Abgerundet wurde die Tour durch
Fachvorträge im Bus während der Fahrten. Besonderer
Be-standteil war darüber hinaus der
abendliche Erfahrungsaustausch.
Zunächst ging es nach Altenkunstadt zur Baur
Hermes Fulifilment. Hier errichtet die Otto
Gruppe gerade ein neues hochmodernes Logistikzentrum
zur Ergänzung der bestehenden
Kapazitäten. Derzeit wird hier in beeindrucken-
den Dimensionen der Versand für das eCommerce-Geschäft
von „About You“ mit bis zu
über 500 TSD Textilien pro Tag abgewickelt.
Das starke Wachstum erfordert die Investition
in modernste Kommissioniertechnik. Die Führung
durch das bestehende Logistikzentrum
übernahm CEO Kamil Christoph Kasprowicz
und erläuterte die Steuerung dieses ungemein
komplexen Standorts und die Herausforderungen
eines Neubau-projektes.
Zweiter Halt war die Sulky GmbH in Münchberg,
dem Lager- und Versandlogistik-Dienstleister
der Goldner Gruppe. Geschäftsführer
Frank Brünnler gab bei einem Mittagsimbiss
einen Über-blick über das Mutter-Unternehmen
Goldner GmbH und deren dynamische
Entwicklung der letzten Jahre. Danach ging
es in die Logistik. Hier produziert Sulky jährlich
mehrere Millionen Sendungen aushängender
und liegender Ware. Neben den Artikeln
für Goldner werden auch Produkte für dritte
Mandanten in höchster Qualität kommissioniert,
verpackt und versandt. Zum Abschluss
des ersten Tages führte der Weg zur dennree
GmbH nach Töpen. Die Logistik des führenden
Bio-Fachhandelshauses im deutschsprachigen
Raum ist nach dem Motto „heute bestellt
– morgen geliefert“ ausgerichtet. Auf über
90.000 qm werden die rund 13.500 Produkte
in verschiedenen Temperaturzonen kommissioniert
und mittels eigenem Fuhrpark von rund
260 LKW täglich über die Regionalläger an
die Kunden geliefert. Der Bereichsleiter Intralogistik
Dieter Wirth und Projektleiter Jens Limmer
übernahmen die Führung durch die B2B-
Lebensmittellogistik nebst der Anlage zur
Reifung von Bananen höchstpersönlich.
Der Morgen des zweiten Tages begann gleich
mit einem Highlight. Es ging zum BMW-Werk
Leipzig. Die IDIH-Reisegruppe konnte bei einer
der ersten Werksbesichtigungen nach der
Coronapause einen Blick „über den Zaun“
werfen. Das zentralisierte Fabriklayout – eigens
für maximales Involvement der Mitarbeiter
von Stararchitektin Zara Hadid entwickelt –
zeigt, dass „Architektur die Zusammenarbeit
LOGISTIK express 5/2022 | S54
Kirchner demonstrierte wie auf dem hochmodernen
Crossbelt-Sorter von BEUMER bis zu
200 TSD Sendungen pro Tag sortiert und umgeschlagen
werden. Weiter ging die wilde
Hatz in den letzten Tag der Reise mit einem
frühen Start in Leipzig, um rechtzeitig in
Berlin-Siemensstadt bei Mister Spex einzutreffen.
In 2007 als Startup gegründet,
ist Mister Spex heute der führende Omni-
Channel-Optiker in Europa.
von Menschen und die Produktivität einer gesamten
Fabrik fördern“ kann. Der hohe Automationsgrad
und weitverbreitete Einsatz von
Robotern hat beeindruckt. Robotik stand
auch im Mittelpunkt der nächsten Station bei
MakroSolutions in Leipzig. Das Unternehmen
bietet individuelle Intra-Logistiklösungen. Geschäftsführer
Gideon Martz und sein Team
lieferten tiefe Einblicke in die Forschung und
Entwicklungsarbeit des Unternehmens. Besonders
anschaulich war der Testaufbau für Einsatz
fahrerloser Transportsysteme.
Future Electronics Deutschland GmbH ist weltweit
führender Großhändler von elektronischen
Bauteilen und war der nächste Halt. Das
Leipziger Logistikzentrum ist zentraler Standort
für den Versand empfindlicher und kostbarer
Produkte an B2B-Kunden in Europa, Afrika
und im mittleren Osten. Das Team von Operations-Direktor
Sebastian Klenner führte durch
die hoch automatisierte Logistik mit Hochregallager
und Kommissionierung, die nach
dem Ware-zum-Mann-Prinzip und auf eine
Null-Fehler-Toleranz ausgelegt ist. Spezielle
Installationen und Bekleidung der Mitarbeiter
sorgen dafür, dass beim Handling mit den
bis zu 6.000 Sendungen pro Tag kein Schaden
durch statische Aufladung entsteht.
Zum Tagesabschluss und vor dem wohlverdienten
Bier ging es anschließend in das
Leipziger Logistikzentrum von Hermes Germany.
Area-Manager Sebastian Schulze-
Logistik-Direktor Alexander Börner zeigte, wie
aus dem 6.500 qm großen zentralen Logistiklager
täglich über 20.000 Bestellungen an
insgesamt mehr als 5,8 Mio. Kunden in ganz
Europa verschickt werden. Ganz besonders
beindruckten der nagelneue Kommissionier-
Roboter für Kontaktlinsen und die Maschinen
für das automatisierte In-line-Fräsen der Brillengläser.
Letzte Station der Reise, die mal wieder viel
zu schnell zu Ende ging, war die Logistik von
Aponeo, eine der größten Onlineapotheken
Deutschlands. Am Standort in Berlin-Hohenschönhausen
wird APONEO sowohl direkt als
auch über den pharmazeutischen Großhandel
mehrfach täglich beliefert. Für den Großteil
der gelieferten Artikel hat APONEO eine
automatisierte Prozesslösung installiert. Der
Wareneingang läuft überwiegend mit einer
automatisierten Anlage. Diese scannt, fotografiert
und übernimmt die Vorkommissionierung
von Artikeln. Die Feinkommissionierung
geschieht händisch: Die Qualitätskontrolle
übernimmt pharmazeutisches Personal. Erst
dann gelangen die Pakete zurück in den automatisierten
Prozess. Abschied nehmen war
nun angesagt, es fiel allen schwer. Die Tage
des Kennenlernens, Austauschs und Inputs
haben allen Teilnehmern sehr gefallen. Aber
nach der Reise ist vor der Reise. Die Organisatoren
von IDIH Events freuen sich schon auf
die nächste Tour im Juni 2023. Die Planungen
laufen auf Hochtouren.
Wer Details zu den Anstehenden Aktivitäten
des IDIH und der logistic-natives erfahren
möchte, wendet sich bitte an Florian Seikel
(florian.seikel@logistic-natives.com).
HOLEN SIE SICH IHREN INFORMATIONSVORSPRUNG
LOGISTIK EXPRESS INFORMIERT SACHLICH | FACHLICH | AKTUELL
www.logistik-express.com
LOGISTIK EXPRESS NEWS & ZEITSCHRIFTEN APP MJR MEDIA WORLD
LOGISTIK express 5/2022 | S56
TRANSPORTLOGISTIK
Auf die Terminals
kommt es an
Mit dem Terminalkonzept 2022 zeigt das
Verkehrsministerium Perspektiven auf, wie
die Kombi-Terminals in Österreich weiterentwickelt
werden sollen. Die Verlagerung des
Güterverkehrs von der Straße auf die Schiene
hat Priorität. BEITRAG: REDAKTION
Auf 106 DIN A4-seiten Seiten wird in
dem vom Verkehrsministerium vorgelegten
„Teminalkonzept 2022“
detailreich beschrieben wie es
bei der Entwicklung der Intermodal-Terminals
in Österreich in den nächsten Jahren weitergehen
soll. Von November 2021 bis Mai 2022
wurde eifrig das Konzept aus dem Jahr 2016
überarbeitet und kürzlich als „Terminalkonzept
2022“ vom Bundesministerium für Klimaschutz,
Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und
Technologie (BMK) auf dessen Website online
publiziert. Bei der inhaltlichen Aktualisierung
des Konzepts waren die Econsult Betriebsberatung
und Herry Consult involviert, die in der
aktualisierten Auflage zum einen den aktuellen
Zustand beleuchten und Empfehlungen für
die weitere Entwicklung der Terminals formulieren.
Die großen Themen im Konzept 2022 sind
Umfeld- und Marktanalyse, Wettbewerbssituation,
Einfluss der Reedereien im Hinterlandverkehr,
Bedeutung europäischer Seehäfen für
österreichische Kombi-Terminals, Seidenstraße-
Initiative, Kombi-Trassen, Strategieoptionen
und last but not least Klimaschutzmaßnahmen
rund um die Terminals.
„Die österreichischen Terminals sind für den
Kombinierten Verkehr aktuell und mittelfristig
gut aufgestellt und infrastrukturell gut ausgestattet“,
lautet der Befund der Autoren gleich
auf Seite sieben. Wächst der Kombi-Verkehr
weiterhin, was politisch in Österreich stark gewollt
wird, so wird man um Ausbaumaßnahmen
nicht umhinkönnen. Das deshalb, weil Österreich
klein ist und leistungsfähige Terminals
rund um Österreich in nicht großen Distanzen
von der Grenze entfernt liegen, die in Konkurrenz
zu den heimischen Terminals stehen. „Ein
mögliches Hemmnis für eine massive Zunahme
von Kombi-Verkehren wird vorrangig in den
verfügbaren Kapazitäten im internationalen
Bahnnetz gesehen“, beschreiben es die Autoren
des Konzepts. Gerade die verfügbaren
Kapazitäten sind aber notwendig, um mehr
Güterverkehr von der Straße auf die Schiene
zu verlagern. Die Förderungen in Österreich zugunsten
des Kombi-Verkehrs seien ein „gutes,
wirksames und notwendiges Unterstützungswerkzeug“
für die verladende Wirtschaft und
sollten weiterhin als Anreiz beibehalten werden“,
so eine der zentralen Aussagen.
Die Konkurrenz lauert in den Nachbarländern
Im aktualisierten Konzept stehen vier österreichische
Regionen mit 29 Terminals im Fokus,
wobei sich 14 Standorte in Österreich befinden
und die restlichen im benachbarten Ausland
wie beispielsweise Terminals in Budapest, München,
Ljubljana, Burghausen, Cervigniano,
Ulm oder Bratislava. Wenn es um die künftige
Entwicklung des unbegleiteten Kombi-Verkehrs
(UKV) in Österreich geht, dann zeigen
Prognosen Wachstumsraten von mehr als drei
Prozent pro Jahr. Diese Zahlen leiten sich aus
der bisherigen Entwicklung seit dem Jahr 2019
ab. Bis 2040 könnte der innerösterreichische
UKV auf mehr als 580.000 TEU steigen (2019:
347.000 TEU). Bilaterale Verkehre könnten sich
auf beinahe eine Mio. TEU (2019: 447.000 TEU)
erhöhen und die maritimen Verkehre lassen bis
2040 einen Zuwachs auf mehr als 600.000 TEU
erwarten (2019: 310.000 TEU). „Dabei wird davon
ausgegangen, dass die Steigerungen ab
dem Jahr 2030 stärker sein werden als in den
Jahren bis dahin“, liest man im Terminalkonzept
2022. Der Grund dafür: Werden die Terminals
weiter ausgebaut so steigen auch die
Umschlagsvolumina. Eine Annahme ist auch,
dass der UKV stärker als der restliche Bahngüterverkehr
steigen wird und der grenzüberschreitende
UKV wiederum stärker zulegen
wird als der nationale. Interessant ist auch: Die
derzeit starke Dominanz des maritimen UKV
wird sich umkehren in Richtung kontinentaler
Verkehre innerhalb Europas.
Anbieterwettbewerb auf allen Wertschöpfungsebenen
Der Kombi-Verkehr befindet sich in Österreich
derzeit in einer bipolaren Situation: Der maritime
KV ist im Tiefsee-Bereich ein Verkäufermarkt,
in allen anderen Bereichen ist der KV
hingegen durchgehend ein Käufermarkt.
Daraus folgt, dass der „Anbieterwettbewerb
auf allen Wertschöpfungsebenen zunimmt“,
liest man Konzept auf Seite 35. Wichtiger als
Prognosen der extrem volatilen Kurz- und Mittelfristentwicklungen
für Strategieentscheidungen
sind die Erwartungen zur langfristigen
Marktentwicklung. Die Dominanz ausländischer
Operateure – und zunehmend auch
LOGISTIK express 5/2022 | S58
Reedereien – ist ungebrochen und eine strategische
Herausforderung. Das Wachstumspotenzial
im kontinentalen Verkehr erklärt sich
damit, dass in Europa bei weitem noch nicht
alle Potenziale in diesem Bereich ausgeschöpft
sind. Dazu kommen Lkw-Fahrer-Mangel, Staus
auf den Straßen, steigende Treibstoffkosten,
die allesamt eine Verlagerung weg von der
Straße und hin zur Schiene befördern. Auf der
Schiene ist die Welt aber nicht in Ordnung: Auf
vielen Achsen gibt es Engpässe, Baustellen und
stehen die Bahnen vor Produktionsproblemen.
Steigende Produktionskosten schlagen auf die
Qualität des Kombi-Verkehrs durch und hemmen
wiederum das Wachstum. „Wenn durch
diese Probleme die Marktchancen nicht wahrgenommen
werden können, kann dies eine
langjährige Wachstumsbremse für den KV ein“,
liest man im Konzept.
Reedereien beackern das Hinterland
Ein heißes Thema ist die steigende Einflussnahme
der Reedereien im Hinterlandverkehr.
Sie expandieren entlang der gesamten Wertschöpfungskette
und strecken ihre Fühler bis
zum Urversender aus. Reeder übernehmen
Operator-Aufgaben, die Bedeutung der Spediteure
sinkt. Dabei haben Reeder auch Probleme
mit ihren Fahrplänen, weil durch die
überlasteten Häfen infolge der Corona-Pandemie
die Schiffe vor den Häfen stauen, was
für die nachgelagerten Marktteilnehmer gravierende
Folgen hat. Daraus ergeben sich
Chancen für Terminalbetreiber, weil sie für
Seehäfen günstiger Depotaufgaben im Hinterland
übernehmen können. Ebenso kann
das Leercontainer-Management in Terminals
im Hinterland verlegt werden. Wenn es um
künftige Stärkung der Terminals geht, spielen
die Rahmenbedingungen eine wichtige Rolle.
„Die in Österreich möglichen Prozentsätze der
Terminalförderung sind im Vergleich zum Ausland
relativ gering und sollten verbessert werden,
weil es ausländischen Terminals leichter
gemacht wird, in Erweiterungen oder neue
Standorte zu investieren“, heißt es dazu. Die
bestehenden Regelungen sollten beibehalten
werden und im Vor- und Nachlauf zu den
Terminals sollten die Gewichte auf 44 t erhöht
werden, um die Container besser auszulasten.
(RED)
HOLEN SIE SICH IHREN INFORMATIONSVORSPRUNG
LOGISTIK EXPRESS INFORMIERT SACHLICH | FACHLICH | AKTUELL
www.logistik-express.com
LOGISTIK EXPRESS NEWS & ZEITSCHRIFTEN APP MJR MEDIA WORLD
LOGISTIK express 5/2022 | S60
TRANSPORTLOGISTIK
In allen Häfen war
Österreich
Der aktuelle Anspruch österreichischer
Transportpolitikerinnen an die Zukunft in der
Logistik ist der sogenannte „Trockenhafen“. Ein
Euphemismus für LKW-Abstellplatz. Klingt
irgendwie netter. Man sagt heutzutage ja
auch nicht mehr Bilanzfälschung, sondern kreative
Buchführung. Ungebildete sind höchstens
bildungsfern. Dank kreativer Wortschöpfungen
kann man also jede Dummheit in
einen blühenden Garten Eden verwandeln.
Und es wird überall reger Gebrauch davon
gemacht. REDAKTION: PETER BAUMGARTNER
Über viele Jahrhunderte hinweg,
wehte die Österreichische Handelsflagge
auf den Schiffen, die nahezu
ausnahmslos für den Wohlstand des
gesamten Reiches sorgten. „Flagge zeigen“
war in der Monarchie sprichwörtlich noch untrennbar
mit Ansehen und Hochachtung verbunden.
Untrennbar damit im Zusammenhang
steht auch die Adria-Stadt Triest, wo Österreichs
Geschichte in vielfacher Hinsicht noch
lebendig ist. Triest ist bekanntlich wie die Wiener
Ringstraße – nur mit Meerblick. Hier stand
einst das maritime Monument „Österreichischer
Lloyd“ und Josef Ressel, einer der wichtigsten
Erfinder, hat hier am 1. Juli 1829 seine
Schiffsschraube präsentiert. Sogar der Bau einer
Wasserstraße von Wien nach Triest wurde
1795 begonnen und direkt von Kaiser Franz unterstützt.
Fertig wurde der „Wiener Neustädter
Kanal“ leider nie, aber noch heute ist er ein
Wahrzeichen für die damalige Bestrebung
die nur eine Richtung kannte: „Vorwärts“.
Die italienische Wasserstraße vom Lago Maggiore
bis Venedig. Quelle: Association Locarno
Mailand Venedig
Bald nach dem Ende der Monarchie verschwand
die Österreichische Flagge nicht
nur von der Adria. Heute ist sie selbst auf der
Donau kaum noch zu finden und in Österreich
gilt die Devise „vorwärts nimmer – rückwärts
immer“. Studieren können wir diese
Entwicklung ausgehend von der einstigen Logistikmetropole
Triest. Nach einigen zaghaften
Versuchen und politischen „Meisterstücken“
schickt sich der einstige Habsburger-Hafen
an, wieder an Bedeutung zu gewinnen. Und
die Aussichten sind gut. Schließlich haben sich
die Grundvoraussetzung für den wirtschaftlichen
Erfolg eines derartigen Standortes für
den Welthandel ja nicht verändert. Aber, anstatt
die Gunst der Stunde zu nutzen und im
Hafen einen Anker zu setzen, begnügt sich Österreich
mit der Rolle des „Hinterlandes“ und
freut sich, als „Trockenhafen“ für die Adria
dienen zu können. Triest, sagt Österreichs
Bahnchef, ist das Tor zur Welt. Richtig erkannt,
aber Österreich ist nur der Türsteher. Wir halten
anderen Ländern die Tür auf, damit sie
schneller hindurch können. Schlimmer noch,
alles was einen raschen Hafenbetrieb behindert,
wird von Triest nach Österreich „ausgelagert“
und wir freuen uns als „Zollfreikorridor“
für den Hafen herhalten zu dürfen. Das wird
insbesondere die Guardia di Finanza freuen,
die sich noch mit dem wachsenden Problem
von Drogen- und Waffenhandel im Hafen
herumschlagen muss. 730 kg Kokain wurden
erst vor wenigen Tagen in einem Kaffee-Container
entdeckt. Diese „Waren“ werden künftig
wahrscheinlich im „Trockenhafen“ Villach
landen. Friendshoring nennt man das jetzt
unter Logistikpartnern. Für Kärntens Landeshauptmann
ist es auch ein „Geheimrezept“.
LOGISTIK express 5/2022 | S62
Ungarischer Terminal in Triest. Quelle: Adria Port
Dass es intelligenter geht, zeigt uns ausgerechnet
unser Monarchie-Bruder Ungarn. Orban
hat bereits 2019 ein 34 Hektar großes Hafenareal
in Triest gekauft und ist gerade dabei,
dieses zu einem modernen Logistikzentrum
für ungarische Unternehmen auszubauen.
Bezahlen lässt sich Orban das natürlich wie immer
von der EU und er feiert den Erfolg im eigenen
Land mit „Ungarn liegt an der Adria!“.
Auch die ungarische Schifffahrt hatte einst bereits
eine große Bedeutung an der Adria. Das
Motto der „Ungarischen Seeschiffahrts AG
ADRIA“ lautete: „Sei deinem Land nützlich“.
Die neue ungarische Hafen-Gesellschaft in
Triest heißt auch ADRIA und die Zielsetzung
ist wie damals: Sei deinem Land nützlich.
Österreich gibt sich inzwischen „Grün“ und versucht
das Gesicht wenigstens in der Öffentlichkeit
zu wahren. „Wir schaffen Arbeitsplätze“.
Ja, ganz sicher werden wir einigen Spürhunden
einen gesicherten Arbeitsplatz bieten müssen.
Der Verkehr wird von der Straße auf die Schiene
verlagert, lautet ein anderer Slogan. Auch
das ist nicht ganz falsch. Einige Container werden
zur Entlastung Italiens zwischen Triest und
Villach mit dem Zug fahren und nur auf Österreichs
Straßen ihren Fußabdruck hinterlassen.
Eine wirklich große Verlagerung von der Straße
auf die Schiene ist das nicht. Schon gar nicht,
wenn ein neu zu schaffender „RailLog Park“
entstehen soll, der gar keine Gleise hat. Dafür
werden hier die Schmuggel-Container hoffentlich
gleich durchgewunken, wenn sie auf
dem Weg nach Nord oder Süd am Rande
des Naturschutzgebietes landen. Umweltschützer
(„Rett ma die Schütt“) kämpfen noch
dagegen an. Die Aussicht auf Erfolg ist jedoch
gering, denn die Zielsetzung der sozialdemokratischen
Logistikpolitik lautet, banchina allungata,
wir sind der verlängerte Kai Italiens.
Freundschaft! Triest entlasten und Kärnten belasten.
So schaut „gute Nachbarschaft“ aus.
Warum das alles so ist? Weil es so ist und so
bleiben soll. In Österreich bestimmen noch
immer ein paar kompetenzbefreite Bürgermeister
mit ihrer Raumordnung und mit ihrer
Schwergut Umschlag vom Binnenschiff auf das
Seeschiff. Quelle: FAGIOLI
Ansiedlungspolitik, wohin die Reise in der österreichischen
Verkehrspolitik geht. Gleichzeitig
hat der Bund außer Ankündigungen
und Sonntagsreden nichts zu bieten. Entwicklern
von Logistikimmobilien wird der rote
Teppich ausgerollt. Dank ihrer „Erfahrung“
wächst der Straßenverkehr ungebremst, die
Lokomotive stampft am Stand und die Wasserstraßenlogistik
plätschert knapp über der
Wahrnehmungsgrenze dahin. Die besondere
„Leistung“ von Qualitätsentwicklern für Logistikimmobilien
besteht darin, die größten Logistikstandorte
dort zu entwickeln, wo garantiert
kein Schiffsumschlag möglich, aber dennoch
ein „sicherer Hafen“ für Investoren entsteht.
Die Schweiz, wie Österreich und Ungarn, traditionell
eng mit Italien verbunden, nützt das
„Tor zur Welt“ aktiv. In der Schwergutlogistik,
ein Bereich, der bekanntlich hochspezialisiert
und extrem profitabel ist, schafft die Schweiz
gemeinsam mit Italien die logistische Infrastruktur
auf der Wasserstraße und leistet so
nebenbei einen enormen Beitrag zum Klimaschutz.
Über das EU-geförderte Interreg Projekt
„Slowmove“, entsteht eine Wasserstraße von
Locarno am Lago Maggiore über Mailand,
Cremona, Ferrara bis nach Venedig, die
nebenbei auch von hoher touristischer Bedeutung
ist. Der italienische Weltmarktführer
in der Schwergutlogistik, FAGIOLI, zeigt eindrucksvoll,
wie man die Wasserstraße als echte
Transportalternative nutzen kann. Der trimodale
lombardische Flusshafen Cremona,
280 Kilometer von der Adria entfernt, ist für
FAGIOLI das nasse Logistikzentrum. Zuletzt
hat der deutsche Kunde Kahl & Jansen hier
einen besonders „dicken“ Transformator auf
das Schiff mit Bestimmungsland USA verladen.
(PB)
FAGIOLI-S. Marco-Shipping Schwergutverladung
LOGISTIK express 5/2022 | S64
TRANSPORTLOGISTIK
Zentralverband
Spedition & Logistik
auf Kontinuität
Die Mitglieder des Zentralverbands Spedition
& Logistik haben in ihrer Generalversammlung
2022 das zehnköpfige Präsidium
mit Alexander Friesz als Präsidenten sowie
Wolfram Senger-Weiss und Peter Umundum
als Vizepräsidenten an der Spitze für vier
weitere Jahre gewählt. BEITRAG: PI REDAKTION
In einer Zeit multipler Krisen – von der Corona-Pandemie
über das Stocken globaler
Lieferketten bis zum Angriffskrieg Russlands
auf die Ukraine mit seinen weitreichenden
Folgen – habe sich der Zentralverband als
aktive und konsequente Branchenvertretung
erwiesen, was auch durch eine kontinuierliche
Zunahme der Mitgliederzahlen honoriert
wurde. Das stärke die Position gerade in einer
Zeit, da dem Logistikstandort Österreich
mit dem Masterplan Güterverkehr und der
drängenden Ökologisierung des Transportbereichs
maßgebliche Weichenstellungen
bevorstehen. Präsident Alexander Friesz: „Wir
werden uns auch in Zukunft mit Nachdruck
für die Weiterentwicklung und Wettbewerbsfähigkeit
des Logistik-Standortes Österreich
einsetzen.“ Als weitere Präsidiumsmitglieder
der freiwilligen und unabhängigen, sowie
verkehrsmittelneutralen Interessenvertretung,
deren Unternehmen die heimische Speditionsund
Logistikbranche repräsentieren, wurden
gewählt: Franz Braunsberger (Kühne + Nagel
GmbH), Klaus Hrazdira (Quehenberger Logistics
GmbH), Walter Konzett (Gebrüder Weiss
GmbH), Alfred Schneckenreither (Internationale
Spedition Schneckenreither GesmbH),
Philipp Traußnig (TRAUSSNIG Spedition),
Markus Walke (DSV Road GmbH) und Alexander
Winter (Schenker & CO AG).
Appell an Politik für Weitsicht
und Zusammenarbeit
In einer Diskussionsveranstaltung anlässlich
der Generalversammlung zum Thema Versorgungssicherheit
hat Friesz erneut mehr Weitsicht
und Kooperationswillen der Politik gefordert:
„Der Logistiksektor ist mit knapp 250.000
Arbeitsplätzen eine der wichtigsten Branchen
unseres Landes. Er ist das Rückgrat von Wirtschaft
und Industrie und Basis für die Wettbewerbsfähigkeit
Österreichs. Dies gemeinsam
nachhaltig abzusichern, muss auch ein Anliegen
verantwortungsbewusster Politik sein.
Die Bundesregierung hat das auch in ihrem
Regierungsprogramm verankert. Was allerdings
fehlt sind entsprechende konkrete Maßnahmen.
Das Spektrum reicht vom fehlenden
Masterplan Güterverkehr über konkrete
Förderprogramme bei der Dekarbonisierung
bis hin zu einem bundesweit einheitlichen
Flächenwidmungsplan“. (RED)
HOLEN SIE SICH IHREN INFORMATIONSVORSPRUNG
LOGISTIK EXPRESS INFORMIERT SACHLICH | FACHLICH | AKTUELL
www.logistik-express.com
LOGISTIK EXPRESS NEWS & ZEITSCHRIFTEN APP MJR MEDIA WORLD
LOGISTIK express 5/2022 | S66
WIRTSCHAFT POLITIK
Großteil der
Deutschen blickt
düster in die
Zukunft
Mehr als zwei Drittel der Deutschen fürchten
sich vor den Folgen einer möglichen Rezession
und ändern ihr Kaufverhalten. Auch Unternehmen
treffen Vorkehrungen, um eine
schwere Krise zu überstehen. Weitere Preiserhöhungen
sind wahrscheinlich und auch eine
Reduktion der Personalkosten ist möglich.
BEITRAG: PI REDAKTION
Die aktuell angespannte Wirtschaftslage
hat die globale Strategieberatung
Simon Kucher & Partners zum
Anlass genommen, Konsumenten
als auch Entscheider in Unternehmen in
Deutschland zum Thema Rezession zu befragen.
Die aktuelle Studie*zeigt, dass über zwei
Drittel (74 Prozent) der befragten Konsumenten
in Deutschland Angst vor einer Rezession
haben. Unternehmen bereiten sich auf eine
mögliche Rezession vor, 60 Prozent der Unternehmen
verfügt über eine vollständige oder
zumindest teilweise ausgearbeitete Strategie,
um auf einen wirtschaftlichen Abschwung zu
reagieren. Andreas von der Gathen, Co-CEO
von Simon Kucher & Partners dazu: „Unternehmen
müssen sich jetzt dringend mit dem
Thema auseinandersetzen und eine klare Strategie
entwickeln, um die Folgen einer möglichen
Rezession abzufedern.“
Laut der Studie würden Konsumenten besonders
in den Bereichen Kleidung (58 Prozent),
Urlaub (55 Prozent), Freizeitaktivitäten (52 Prozent)
und Restaurantbesuchen (49 Prozent)
Einsparungen vornehmen. Um diese Einsparung
zu erreichen, können Konsumenten die
Menge der gekauften Waren reduzieren, günstigere
Produkte kaufen oder auf Angebote
zurückgreifen. Die Studie zeigt, dass knapp 70
Prozent der Konsumenten bei Lebensmitteln
und Getränken für den eigenen Haushalt auf
günstigere Alternativen umsteigen würden.
Über 60 Prozent der Befragten würden ihre
Restaurantbesuche reduzieren, Freizeitaktivitäten
einschränken oder die Menge der Kleidungsartikel
reduzieren. Angesichts der steigenden
Preise beabsichtigen 60 Prozent der
Befragten weniger als bisher auszugeben und
den Konsum zu reduzieren. „Bei Alltagsprodukten
ist der Spielraum für eine Preiserhöhung
groß. Kunden gewöhnen sich recht schnell
an höhere Preise. Viele Konsumenten haben
jedoch ein festes Budget für den Wocheneinkauf,
welches sie nicht überschreiten können.
Sie sind gezwungen zu sparen und greifen daher
zu günstigeren Alternativen“, kommentiert
von der Gathen.
Die größten Herausforderungen für Unternehmen
mit Blick auf eine mögliche Rezession sind
Kosteneinsparungen (43 Prozent), Kundenbindung
(35 Prozent) und die Aufrechterhaltung
der Gewinnspannen (28 Prozent), gefolgt von
Mitarbeiterbindung in einem angespannten
Arbeitsmarkt (28 Prozent) und Rohstoffkosten
(25 Prozent). Im Falle einer beginnenden Rezession
würden 32 Prozent der Unternehmen
ihre Preise erhöhen und 24 Prozent die Personalkosten
reduzieren. 50 Prozent der Entscheider
in Unternehmen geben an, dass ihr
Unternehmen eine Rezession nur mit Einbußen
überstehen würde. Immerhin sechs Prozent
geben an, dass sie von einer Rezession sogar
profitieren würden.
*Über die Studie: Die Studie zum Thema Rezession
wurde von Simon-Kucher & Partners
Ende September 2022 in Deutschland über
das Forschungsinstitut YouGov durchgeführt.
Dabei wurden 2035 Konsumenten und
520 Entscheider in Unternehmen befragt.
Die Umfrage basiert auf Online-Interviews.
Simon-Kucher & Partners, Strategy & Marketing
Consultants: Simon-Kucher ist eine globale
Unternehmensberatung mit über 2.000
Mitarbeitenden in 27 Ländern weltweit, die
Umsatzsteigerungen und Wachstum für ihre
Kunden erzielt, indem sie deren Pricing-, Salesund
Marketingstrategien optimiert – langfristig
und nachhaltig. Mit über 35 Jahren Erfahrung
in Monetarisierung und Pricing beraten Simon-Kucher
Expertenteams weltweit Unternehmen
aller Art und aus den unterschiedlichsten
Branchen. (RED)
LOGISTIK express 5/2022 | S68
WIRTSCHAFT POLITIK
Energie- und Rohstoffpreise
für einige
Unternehmen ein
Betriebsrisiko
Ein beachtlicher Teil der österreichischen KMUs
hat für den kommenden Winter düstere Aussichten,
wobei es gleichzeitig auch einen
großen Teil gibt, der den Herausforderungen
gelassen entgegensieht. 40 Prozent der Unternehmen
kämpfen dieses Jahr mit schrumpfenden
Gewinnen. Rund die Hälfte fordert einen
Strompreisdeckel. BEITRAG: PI REDAKTION
Die gegenwärtige wirtschaftliche
und geopolitische Lage trübt bei
einer großen Anzahl der österreichischen
KMUs die Erwartungen für
den kommenden Winter. 37 Prozent der Unternehmen
schätzen das Risiko, dass es wegen
wirtschaftlicher Schwierigkeiten zu Einschränkungen
bei der Betriebstätigkeit kommt, als
hoch oder eher hoch ein. Demgegenüber bestehen
aber auch Hoffnungen, dass die Auswirkungen
des Ukraine-Krieges nicht so dramatisch
sind. 22 Prozent schätzen das Risiko für
Betriebseinschränkungen als eher gering und
36 Prozent als gering ein. „Die österreichischen
KMUs blicken dem kommenden Winter mit
gemischten Gefühlen entgegen. Die aktuellen
Herausforderungen werden zwar ernst genommen,
aber nicht überdramatisiert“, sagt
Peter F. Schmid, CEO von Visable.
PETER F. SCHMID
Energiekosten und Rohstoffpreise als größte
Problemfelder
Das größte Risiko stellen für die Unternehmen
mit 38 Prozent die steigenden Energiekosten
dar. Aber auch Corona ist nach wie vor
ein Risikofaktor. Denn 34 Prozent der Befragten
rechnen mit Personalausfällen wegen
Krankheit oder Quarantäne. Ein Drittel der
KMU-Entscheider (33%) sieht den Fach- und
Arbeitskräftemangel als größtes Problem an.
Steigende Preise bei Rohstoffen und Vorprodukten
werden von 29 Prozent gefürchtet.
Dicht gefolgt von der Inflation (27%). Nach wie
vor ein Thema sind auch die Lieferkettenprobleme
(22%). Rund ein Fünftel (21%) rechnet mit
einem Einbruch der Nachfrage. Kriegssanktionen
werden von 11 Prozent als Risiko betrachtet.
Als geringste Probleme werden die
fehlende Digitalisierung (7%) und wegfallende
Messen (6%) genannt. „Wir sehen eine starke
Verkettung verschiedener Krisenfelder: Die
Energieproblematik, verschärft durch die Folgen
des Ukraine-Kriegs, die Inflation, nach wie
vor ein Stocken der globalisierten Lieferketten
sowie die Auswirkungen einer noch nicht
überwundenen Corona-Krise führen zu einer
sehr schwierigen kurzfristigen wirtschaftlichen
Perspektive“, kommentiert Peter F. Schmid das
Umfrage-Resultat.
Hälfte der KMU-Entscheider fordert Strompreisdeckel
Die Energiekrise hat laut der Umfrage akzentuierte
Forderungen an die Politik wach gerufen.
So fordert für den kommenden Winter rund die
Hälfte der KMU-Entscheider (49%) einen Strompreisdeckel.
Der Ruf nach Steuersenkungen
liegt bei 35 Prozent. Ein Gaspreisdeckel wird
von 31 Prozent der Befragten verlangt. Und je
ein Fünftel wünscht sich einen Bürokratieabbau
und einen schnelleren Ausbau der erneuerbaren
Energien. Die Unternehmen bleiben
angesichts der aktuellen Herausforderungen
nicht untätig. Gefragt nach den geplanten
Massnahmen, um möglichst gut durch den
Winter zu kommen, stehen deutlich an erster
Stelle die Energiesparmaßnahmen (40%). Für
den Verlauf der Wirtschaft besorgniserregend
ist, dass rund ein Fünftel der KMUs (19%) die
Aussetzung von bislang geplanten Investitionen
ins Auge fasst. Gleichzeitig planen aber
16 Prozent der Unternehmen die Einstellung
neuer Mitarbeiter. Verstärkte Digitalisierung
und die Umstellung auf erneuerbare Energien
werden je von 14 Prozent genannt. Kurzarbeit
ist für 10 Prozent ein Thema. Für 8 Prozent kommen
Personalabbau oder Lohnkürzungen in
Frage.
Schrumpfende Gewinne und auch drohende
Insolvenz
Bereits zeichnet sich ab, dass der Ausbruch des
Ukraine-Krieges sich auf den Jahres-Gewinn
eines beachtlichen Teils der Unternehmen
negativ auswirkt. 29 Prozent der KMUs gaben
an, dass die Gewinne 2022 gegenüber dem
Vorjahr etwas sinken werden. Und rund jedes
zehnte Unternehmen (11%) rechnet gar mit
stark sinkenden Gewinnen. Für das nächste
Jahr sind die Aussichten leicht besser. Rund
ein Viertel der Unternehmen (26%) befürchtet
2023 etwas sinkende Gewinne. Stark sinkende
Gewinne werden wiederum von 11 Prozent
der Befragten genannt. Für einige Unternehmen
könnte der Winter existenzbedrohend
werden. 15 Prozent der KMUs schätzen das Risiko
für eine Insolvenz diesen Winter als hoch
oder eher hoch ein. Im Grundsatz sind die Unternehmen
aber robust aufgestellt. Für 83 Prozent
ist das Risiko einer Insolvenz eher gering
oder gering. (RED)
LOGISTIK express 5/2022 | S70
WIRTSCHAFT POLITIK
Taiwan-Konflikt:
6 Maßnahmen gegen
Lieferengpässe bei
Mikrochips
Mit Blick auf den China-Taiwan-Konflikt veröffentlicht
die auf Lieferketten spezialisierte
Unternehmensberatung Kloepfel Consulting
die wichtigsten Handlungsempfehlungen,
die Unternehmen helfen sollen, ihre Versorgung
mit Mikrochips abzusichern.
BEITRAG: PI REDAKTION
Sollte China Taiwan angreifen, droht
eine internationale Wirtschaftskrise,
denn Taiwan ist der weltweit größte
Lieferant von Mikrochips. Fällt Taiwan
als Mikrochip-Lieferant aus, könnte es auch in
Deutschland zu massiven Produktionsausfällen
kommen. Die nachfolgenden Tipps sollen Unternehmen
helfen, sich gegen Versorgungsengpässe
von Mikrochips zu wappnen.
1. Versorgungslage transparent machen
Unternehmen sollten ihre Lieferkette auf die
Menge an Mikrochips, welche aus Taiwan
kommen, hin untersuchen. Dazu gehört auch,
sich von den Lieferanten laufend die entsprechenden
Versorgungs-Kennzahlen geben
zu lassen: Bestellte Menge, Menge auf dem
Weg, Menge im Lager. Das betrifft zum einen
die Fertigungsdienstleister, die im Auftrag des
Unternehmens elektronische Baugruppen,
Geräte und Systeme fertigen. Zum anderen
müssen auch wichtige (Vor-)Lieferanten von
verbauten elektronischen Komponenten betrachtet
werden.
Dieses enge Monitoring über die eigene Versorgungslage
mit Mikrochips sowie der von
den (Vor-)Lieferanten hilft bei einer kritischen
Versorgungslage, zeitnah die richtigen Maßnahmen
abzuleiten, um die Versorgung mit
Mikrochips sicherzustellen.
Aus den Ergebnissen des Monitorings sind Antworten
auf folgende Fragen abzuleiten: Wie
lange können die Unternehmen mit den aktuellen
Mengen produzieren und ihre Kunden
ohne Störungen in der Lieferkette versorgen?
Wie und wann planen sie mit ihren Kunden zu
kommunizieren, um Notfallszenarien durchzuspielen?
2. Transparente Kommunikation
mit allen Beteiligten
Grundsätzlich muss ein klarer und transparenter
Ablauf der Lieferkette erstellt und offen mit
allen Beteiligten kommuniziert werden. Dazu
gehört auch, die Versorgungslage mit Mikrochips
gegenüber den eigenen Kunden transparent
zu machen, damit auch diese rasch
auf eine kritische Versorgungslage reagieren
können.
3. Task Force einrichten
Es sollte eine Task Force aus den Bereichen Finanzen,
Technik, Produktionsplanung, Vertrieb
und Einkauf gebildet werden, die sich kontinuierlich
austauschen.
4. Alternative Beschaffungsquellen aufbauen
Auf Basis der transparenten Versorgungslage
muss die Task Force Maßnahmen überlegen,
um die Versorgung mit Mikrochips durch
Alternativlieferanten aus anderen Ländern
zu ersetzen. Hierzu sollte ein rasches und effizientes
Verfahren etabliert werden, um neue
Bezugsquellen zu erschließen. Dazu muss die
Finanzabteilung Gelder bereitstellen, um
die Qualifizierung von neuen Lieferanten zu
beschleunigen. Beispielswiese durch externe
Labors oder Prüfstellen. Bei komplexeren Komponenten
ist oft ein Redesign der Hardware
und der Software notwendig. Dazu müssen die
Endkunden ins Boot geholt werden. Mittel- bis
langfristig können sich Unternehmen mit Startups,
Universitäten und Instituten in Verbindung
setzen, die auf dem Gebiet der Mikrochips forschen,
um alternative Technologien einsetzen
zu können.
5. Anforderungen runterschrauben
Unternehmen dürfen sich nicht selbst im Weg
stehen, weil ihre Anforderungen zu hoch sind
und diese keine Alternativen erlauben. Vielmehr
sollten sie mit ihren Kunden eine pragmatische
bzw. alternative Produktpolitik abstimmen.
6. Hamsterkäufe vermeiden
Wir raten dazu, offen und fair zu planen.
„Hamsterkäufe“ sollten vermieden werden, da
diese zu massiven Störungen in der Lieferkette
können.
(RED)
LOGISTIK express 5/2022 | S72
WIRTSCHAFT POLITIK
Vielfältige Krisen
machen Österreichs
Finanzvorständen zu
schaffen
Bereits im Frühling hat sich laut dem Beratungsunternehmen
Deloitte zunehmender
Pessimismus unter den europäischen
Finanzvorständen abgezeichnet. Die aktuelle
Analyse bestätigt nun: Die Stimmung in
den Unternehmen hat sich im Herbst weiter
verschlechtert. Das gilt auch für Österreich..
BEITRAG: PI REDAKTION
Der anhaltende Arbeitskräftemangel
beschäftigt die Betriebe derzeit
ebenso wie die ungewisse
Entwicklung der Weltwirtschaft
und die steigende Inflation. Zwar reagieren
die Unternehmen mit strategischen Maßnahmen,
die Zukunftsaussichten sind aber getrübt.
Mit dem CFO Survey analysiert das Beratungsunternehmen
Deloitte halbjährlich die Stimmung
unter europäischen Finanzvorständen.
Für die aktuelle Umfrage haben rund 1200
CFOs in ganz Europa, darunter auch 60 österreichische
Finanzvorstände, ihre Meinung geteilt.
Dabei zeigt sich: Die angespannte weltwirtschaftliche
Lage ist deutlich spürbar. „In ganz
Europa lässt sich ein merklicher Stimmungsabfall
beobachten. Laut unserer Studie hat die
Unsicherheit unter den europäischen Finanzvorständen
ein Rekordhoch erreicht“, erklärt
Gerhard Marterbauer, Partner bei Deloitte Österreich.
Im Vergleich zu Nachbarstaaten wie
der Schweiz (90 %) oder Deutschland (85 %)
befindet sich das Unsicherheitsniveau hierzulande
mit 63 % im europäischen Mittelfeld.
Neben dem anhaltenden Fachkräftemangel
(72 %) bereiten den österreichischen Befragten
derzeit vor allem die unklaren Konjunkturaussichten
(69 %), in die Höhe schnellende
Strom- und Gaspreise (59 %) sowie geopolitische
Risiken (56 %) große Sorgen. Die noch vor
einem Jahr dominierenden Risikofaktoren CO-
VID-19 und Klimawandel haben angesichts
der aktuellen Lage an Bedeutung verloren.
Steigende Inflationsrate bereitet
Kopfzerbrechen
Die Folgen des Ukraine-Krieges sind für die europäische
Wirtschaft enorm. Eine zeitnahe Entlastung
ist nicht in Sicht: Im kommenden Jahr
rechnen die CFOs hierzulande mit einer Inflationsrate
von 8 %, für die Eurozone werden 6 %
erwartet. Mit dieser Prognose zeigen sich die
österreichischen Befragten im Europavergleich
besonders pessimistisch. Nur in Griechenland
erwartet man noch höhere Inflationsraten.
Die heimischen Unternehmen begegnen der
aktuellen Lage mit Pragmatismus. Um die Auswirkungen
der Inflation abzufedern, ist die Weitergabe
der gestiegenen Kosten an die Endverbraucherinnen
und -verbraucher sowohl in
Österreich als auch europaweit die gängigste
Strategie. Die Reduktion der Energienutzung
sowie die Fokussierung auf Märkte, Produkte
oder Dienstleistungen mit höheren Margen stehen
hierzulande ebenfalls hoch im Kurs. „Trotz
aller Bemühungen können die Unternehmen
die finanzielle Mehrfachbelastung auf Dauer
nicht alleine schultern. Was es jetzt braucht,
sind EU-weite wirtschaftspolitische Interventionen,
um die derzeit vorherrschende fragile
Situation abzumildern“, ergänzt Marterbauer.
Investitionen verlieren an Bedeutung
Die unsichere Lage macht sich auch bei
der Investitionsbereitschaft bemerkbar. So
rechnet mit 86 % die deutliche Mehrheit der
österreichischen Befragten in nächster Zeit
mit einer Verschlechterung des Investitionsklimas.
Nur 14 % glauben, dass der aktuelle
Status quo bestehen bleibt – im heurigen Frühjahr
waren es immerhin noch 25 %.
Vor diesem Hintergrund verwundert es nicht,
dass aktuell nur rund ein Viertel der österreichischen
Betriebe ernsthaft darüber nachdenkt,
seine Investitionen zu erhöhen. Digitalisierung
(92 %), das Wachstum in bestehenden Märkten
(85 %) und die Akquisition neuer Talente
(83 %) haben aktuell strategische Priorität.
Auch das Thema Nachhaltigkeit (79 %) ist
mittlerweile zu einem bedeutenden Bestandteil
der Unternehmensstrategien geworden.
Aussichten für die kommenden Monate
sind pessimistisch
Die Unternehmen kämpfen derzeit mit Krisen
auf allen Ebenen, dementsprechend negativ
sind die Geschäftsaussichten. Die Mehrheit
(56 %) der Finanzchefinnen und -chefs ist laut eigenen
Angaben hinsichtlich der finanziellen Erfolgsaussichten
pessimistischer geworden. Damit
sind die österreichischen CFOs nur minimal
positiver eingestellt als der Europaschnitt (60 %).
Zumindest hinsichtlich der Umsatzentwicklung
ist die Einschätzung etwas besser: Fast ein Fünftel
der heimischen Befragten geht von einem
starken Anstieg der Umsätze aus, 41 % rechnen
mit einem leichten Plus. Ein Drittel erwartet im
nächsten Jahr jedoch einen Umsatzrückgang.
„Die Entwicklung der letzten Monate hat bei
den Finanzvorständen keine Freudensprünge
ausgelöst. Nach den überstandenen Corona-Lockdowns
wollten im Vorjahr viele Unternehmen
endlich auf expansive Maßnahmen
setzen. Jetzt wurden sie erneut in die Defensive
gezwungen. Mit gezielter Unterstützung
werden sie aber auch diese Krise überstehen –
der Ball liegt bei der Politik“, resümiert Gerhard
Marterbauer. (RED)
LOGISTIK express 5/2022 | S74
WIRTSCHAFT POLITIK
Kapitalmarktausblick
2023: Zwischen
Resilienz und Rezession
Die Deutsche Bank blickt in ihrem Kapitalmarktausblick
2023, den sie heute in Frankfurt
am Main vorgestellt hat, verhalten optimistisch
auf das kommende Jahr.
BEITRAG: PI REDAKTION
Die zu erwartende Rezession in den
USA und Europa dürfte moderat
ausfallen. Die Inflation wird zwar
unter anderem aufgrund der Energiepreise
voraussichtlich zunächst hoch bleiben;
die Leitzinsen sollten jedoch im Sommer
ihren Höchststand erreichen. Anleiherenditen
in den USA dürften bereits im ersten Halbjahr
ihren maximalen Wert erzielen. Die Deutsche
Bank erwartet, dass der Renditeanstieg
in der Eurozone in der zweiten Jahreshälfte
ausläuft. Aktien bleiben aufgrund niedriger
Bewertungen bei stabilen Unternehmensgewinnen
eine interessante Anlageoption.
Russland-Ukraine-Krieg, Energiekrise, Inflation
Selten zuvor gab es so viele Risikofaktoren an
den Märkten wie in den vergangenen Monaten.
"Das Wachstum der Weltwirtschaft wird
sich vermutlich weiter abschwächen - nach
gut 3 Prozent in diesem Jahr auf etwas mehr als
2 Prozent im Jahr 2023", sagt Marc Schattenberg,
Volkswirt bei Deutsche Bank Research.
"Der konjunkturelle Einbruch in der Eurozone
dürfte nach derzeitigen Prognosen weniger
stark ausfallen als noch vor wenigen Monaten
befürchtet, da das Risiko für Gasrationierungen
deutlich gesunken ist." Ein Grund dafür sei der
bisher milde Herbst, durch den sich der Beginn
der Heizperiode nach hinten verschoben hat.
Moderate Rezession in den USA und Eurozone
"Wir erwarten weder in den USA noch in Europa
eine im historischen Vergleich starke Rezession",
sagt Schattenberg. Es sollte keinen so
starken Konjunktureinbruch geben wie während
der Corona-Krise. Für die USA erwartet
die Deutsche Bank im kommenden Jahr ein
Wachstum von 0,6 Prozent nach 2 Prozent im
Jahr 2022. Die Eurozone dürfte mit einem Minus
von bis zu einem Prozent davonkommen, nach
einem Wachstum von 3 Prozent im laufenden
Jahr. Chinas Wirtschaft könnte nach dem
Volkskongress im März 2023 von einer zu erwar-
tenden allmählichen Lockerung der Null-CO-
VID-Politik profitieren; das BIP dürfte bis zu 5
Prozent wachsen. Ein Risiko in China bleibt die
zögerliche Erholung des Immobilienmarktes.
Um diesen zu stützen, hat die Regierung bereits
unterschiedliche Maßnahmen vorgestellt.
Inflation - gekommen, um zu bleiben
Obwohl die Inflation nur allmählich sinkt, erwarten
die Experten der Deutschen Bank,
dass die Leitzinserhöhungen der US-Notenbank
Fed und der Europäischen Zentralbank
(EZB) im nächsten Jahr enden. Die straffere
Geldpolitik der Notenbanken zeigt langsam
Wirkung und die Gas- und Strompreise haben
zuletzt leicht nachgegeben. Eine anhaltend
milde Witterung und hohe Speicherstände
sollten sich positiv auf die Preise auswirken. "In
den USA könnte die Inflation ihren Höhepunkt
bereits erreicht haben. Sie dürfte nun langsam
sinken und im Laufe des nächsten Jahres unter
6 Prozent fallen", sagt Schattenberg.
In Europa sollte die Inflation ab dem Frühjahr
2023 allmählich nachlassen und im kommenden
Jahr für Deutschland und die Eurozone
bei 7,5 Prozent liegen. "Die Inflation dürfte
jedoch aufgrund nachlassender Globalisierungsgewinne,
demografischer Belastungen
und einer strukturell expansiveren Fiskalpolitik
nicht auf ihr Vorkrisenniveau sinken", so Schattenberg.
Druck dürfte auch weiterhin von den
hohen Rohstoffpreisen ausgehen. Deshalb
erwartet die Deutsche Bank, dass die Notenbanken
zunächst restriktiv bleiben. Die Fed
könnte die Zinsen bis zum Frühjahr auf fast 5
Prozent erhöhen. Dann sollte die rückläufige
Inflation - im Zuge einer milden Rezession - den
Zinsanhebungszyklus beenden. Die EZB dürfte
auf 3 Prozent gehen; wobei das Risiko weiterer
Zinsanhebungen bestehen bleibt. Diese Notenbankpolitik
sollte die Renditen risikoärmerer
Anleihen von Staaten und Unternehmen
mit "Investment Grade" weiter steigen lassen.
Für Anleger ist es eine Herausforderung, Renditen
oberhalb der Inflationsrate zu erzielen.
"Beunruhigende Faktoren sind weiterhin der
Verlauf des Russland-Ukraine-Krieges, die europäische
Energieversorgung oder der Handelskonflikt
zwischen den USA und China.
Es gibt aber auch Chancen", sagt Dr. Ulrich
Stephan, Chefanlagestratege für Privat- und
Firmenkunden der Deutschen Bank. Die Aktienmärkte
dürften sich 2023 stabilisieren.
Alles teuer außer Aktien
Die Deutsche Bank erwartet mittlere einstellige
Renditen an den Aktienmärkten. Die Prognose
für den Dax liegt bei 15.000 Punkten
zum Jahresende 2023. Den S&P 500 sehen
die Experten bei 4.100 Punkten und den Stoxx
600 bei 445 Punkten. Obwohl das kommende
Jahr wirtschaftlich etwas schwieriger werden
könnte, spricht für die Anlageklasse, dass die
Börse der Konjunktur vorausläuft. Daher dürfte
bereits eine leichte Rezession eingepreist
sein. "Sobald sich eine wirtschaftliche Erholung
abzeichnet, sollten die Kurse steigen", so
Stephan. "Rücksetzer könnten gute Einstiegschancen
bieten." Zyklische Aktien, die heute
günstig sind, dürften sich besser entwickeln.
LOGISTIK express 5/2022 | S76
"Das hängt unter anderem mit den immensen
Investitionen zusammen, die für die grüne
Transformation der Wirtschaft notwendig sind",
so Stephan. Themen wie Künstliche Intelligenz,
Elektromobilität oder Cybersecurity sollten
auf der Agenda von Unternehmen stehen.
Fokus auf europäische Aktien
Vor allem die zurzeit niedrigen Bewertungen
sprechen für Aktien. "Wir haben in den vergangenen
Monaten eine deutliche Anpassung
der Bewertungen gesehen", sagt Stephan.
Unternehmensgewinne sind in diesem
Jahr teilweise deutlich gestiegen, Aktienkurse
jedoch stark gefallen.
Das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) für den
amerikanischen S&P 500 ist von 22,7 auf aktuell
16,5 und für den Stoxx Europe 600 von 17,7 auf
11,3 gefallen. "Vor allem europäische Aktien
sind wieder günstig", erklärt der Chefanlagestratege.
Deshalb würden die Experten der
Deutschen Bank europäische Aktien übergewichten;
den US-Aktienmarkt würden sie dagegen
neutral halten. Für eine Übergewichtung
Europas spricht neben den niedrigen Bewertungen
auch die Entwicklung der Gewinne.
Sie mussten in diesem Jahr immer wieder nach
oben revidiert werden. Die Kurse spiegelten
das jedoch nicht wider. Profitieren sollten europäische
Titel auch von der Erholung in China,
wo 2023 ein stärkeres Wachstum erwartet
wird. Allerdings birgt die hohe Exportabhängigkeit
europäischer Unternehmen auch ein
Risiko; so könnte der Wettlauf um die technologische
Vorherrschaft zwischen den USA
und China für sie zu einer Belastung werden.
Chancen sieht Stephan nach dem Ausverkauf
der vergangenen Monate in Asien - in China,
Korea und Taiwan seien die Bewertungsrückschläge
hoch. Diese Märkte sollten von einer
Erholung profitieren. Indiens Aktienmarkt hat
sich vergleichsweise gut gehalten. Das KGV ist
mit 20 noch immer hoch. Allerdings ist Indien
auch die am stärksten wachsende Volkswirtschaft
der Welt: Der Internationale Währungsfonds
(IWF) prognostiziert für 2023 ein Wachstum
von 6 Prozent.
Unternehmen trotzen der Rezession
Die Experten der Deutschen Bank gehen davon
aus, dass viele der börsennotierten Unternehmen
gut durch die konjunkturell schwierigere
Phase kommen werden. "Die Gewinne
sollten sich deutlich solider entwickeln als in früheren
Rezessionen", sagt Chefanlagestratege
Stephan. In Europa werden fiskalpolitische Programme
den Konsum voraussichtlich stützen.
Einige Sektoren, in denen die Gewinne in wirtschaftlich
schwachen Phasen üblicherweise
stark einbrechen, dürften gut durch die Rezession
kommen. Banken, zum Beispiel, profitieren
vom veränderten Zinsumfeld. Die Energie- und
die Grundstoffbranche sowie der Bergbau,
die bislang in Rezessionen Einbußen erlitten,
sollten aufgrund der hohen Energie- und Rohstoffpreise
sowie der starken Nachfrage ebenfalls
gut durch den Abschwung kommen.
Infrastruktur - Grundlage für
nachhaltiges Wachstum
Öffentliche und private Investitionen werden
vor allem in Infrastrukturprojekte fließen. Die
USA, die Europäische Union, China und weitere
Länder haben entsprechende Programme
auf den Weg gebracht. Damit werden
Unternehmen, die in den entsprechenden
Branchen aktiv sind, für Anleger interessant.
Bei den Projekten geht es um den Aufbau
einer Infrastruktur für erneuerbare Energien,
um Stromnetze, Wasser und Transportwege,
darunter auch Straßen und Häfen.
Energie und Rohstoffe bleiben teuer.
"Die Zeit günstiger Energie dürfte erst einmal
vorbei sein", sagt Volkswirt Schattenberg. "Preise
wie vor der Krise werden wir wohl vorerst
nicht mehr sehen." Die Deutsche Bank erwartet
für die europäische Sorte Brent Preise von
rund 100 Dollar pro Barrel; für die amerikanische
Sorte WTI dürfte der Preis etwas darunter
liegen. Auch Gas, dessen Preis sich in den
vergangenen Wochen recht stabil bei knapp
über 100 Euro pro Megawattstunde eingependelt
hat, bleibt teuer. "Die Energiekrise bietet
für einige Industrien aber auch Chancen",
sagt Schattenberg. Sie sei ein Treiber für die
Grüne Transformation der Wirtschaft. Auch bei
Industriemetallen dürfte das Preisniveau mittelfristig
hoch bleiben. Hier treibt der wirtschaftliche
Wandel zu mehr Nachhaltigkeit die Kurse.
Gold gilt zwar als "sicherer Hafen" und dient
der Diversifikation eines Portfolios, doch zuletzt
haben die Zinsanhebungen und der damit
verbundene Anstieg der Renditen für Staatsanleihen
den Goldpreis in den USA belastet.
Wenn der Zinszyklus im Laufe des Jahres 2023
wie erwartet endet und für 2024 sogar wieder
Zinssenkungen in Aussicht stehen, dürften
auch die Goldpreise moderat steigen. "Gegen
ein Investment sprechen jedoch ein schwächerer
Dollar und die Opportunitätskosten", so
Stephan. "Aber ein gewisser Anteil Gold kann
in geopolitischen Krisenzeiten sinnvoll sein."
Quo vadis, Anleihen?
Mit der Zinswende sind die Anleihekurse in diesem
Jahr stark gefallen und die Renditen entsprechend
gestiegen. Auch im kommenden
Jahr dürften die Renditen noch ansteigen.
Die "Spreads" sollten jedoch sinken - eine
mäßige Rezession vorausgesetzt. "Die große
Anpassung am Rentenmarkt haben wir jedoch
hinter uns, zunehmend werden Zinskupons
wieder interessant", sagt Stephan.
Europäische Unternehmensanleihen mit "Investment
Grade" rentieren aktuell mit 4,3
Prozent, amerikanische sogar mit knapp
sechs Prozent. Europäische Hochzinsanleihen
(High Yield) bringen 8,4 Prozent Rendite
und amerikanische sogar 9,3 Prozent. "Solange
wir jedoch eine Rezession erwarten,
wäre ich bei High Yields zurückhaltend", sagt
Stephan. "Die Ausfälle sollten steigen und die
Risikoprämien insgesamt nach oben ziehen."
Für das kommende Jahr erwarten die Experten
eine leichte Ausweitung der Risikoaufschläge
für hochverzinsliche Anleihen in
Europa auf 550 Basispunkte und in den USA auf
500 Basispunkte. "Bei Investment Grade-Anleihen
halten wir die Risikoaufschläge für stabil,
in Europa sogar für leicht fallend angesichts
solider Fundamentaldaten der Unternehmen."
Die größte Gefahr für den Rentenmarkt ist,
dass die erwarteten Zinserhöhungen in den
USA und in Europa nicht ausreichen. Sollten
größere Zinsschritte als erwartet nötig werden,
um die Inflation einzudämmen, könnte
ein Ausverkauf am Rentenmarkt drohen. "Das
wäre nicht nur für die Rentenmärkte ein Risiko,
sondern auch für die Aktienmärkte und vor allem
für die Technologiewerte", erklärt Stephan.
Die Experten erwarten für Staatsanleihen
steigende Renditen. Bis Ende 2023 sollten
die Renditen zehnjähriger US-Treasuries bei 4,2
Prozent liegen und bei zehnjährigen Bundesanleihen
bei 2,4 Prozent.
Immobilien - je nachhaltiger, desto besser.
Immobilien sind eine klassische Anlageklasse
in Zeiten hoher Inflation. Die Preise dürften
hoch bleiben, obwohl Finanzierungskosten
steigen und Finanzierungen insgesamt schwieriger
werden. Vor allem steigende Baukosten
und gesetzliche Vorschriften verteuern das
Bauen in Deutschland stark. Die Experten der
Deutschen Bank rechnen damit, dass sich der
Preisanstieg auf hohem Niveau stabilisiert. Bei
Wohnimmobilien steht eine hohe Nachfrage
einem begrenzten Angebot gegenüber. Der
Neubau stockt aufgrund fehlender Materialien,
Arbeitskräftemangel und steigender
Finanzierungskosten. In den USA hingegen
sinkt die Nachfrage ebenso wie die Stimmung
der Hausbauer. Die Zahl der verkauften Häuser
ist seit 2020 um 20 Prozent gesunken. Die
Wohnmieten in den USA sind im Vergleich
zu 2021 um 7 Prozent gestiegen. Auch in
Deutschland dürften die Mieten langfristig
steigen, vor allem in den Ballungsräumen.
Bei den Gewerbeimmobilien sind aktuell vor
allem Logistikflächen gefragt. Die Leerstände
nähern sich historischen Tiefs. Der Grund:
Unternehmen produzieren weniger "just in
time" und bauen wieder Lager auf. Die hohe
Nachfrage lässt die Mieten leicht steigen.
"Logistikimmobilien sollten einen Schutz gegen
höhere Inflation bieten", sagt Chefanlagestratege
Stephan. "Bei Büroimmobilien ist
Vorsicht geboten. Die Leerstände steigen und
Mieterhöhungen sind aktuell kaum möglich."
Für alle Immobiliensegmente gelte: Je nachhaltiger,
desto besser. Energieeffiziente
Immobilien hätten teilweise Preisaufschläge
von 20 Prozent. Energetisch sanierte beziehungsweise
neu gebaute Wohnungen
und Häuser seien gefragter als andere Immobilien.
Die Energiekrise sei ein Katalysator für
energieeffizientes Bauen. (RED)
*-Zukunftsgerichtete Aussagen
sind Aussagen,
die nicht Tatsachen der
Vergangenheit beschreiben,
sie umfassen auch
Aussagen über die Annahmen
und Erwartungen
von der Deutschen
Bank sowie die zugrunde
liegenden Annahmen.
LOGISTIK express 5/2022 | S78
WIRTSCHAFT POLITIK
Digitale Diktatur –
Digitalisierung der
Währungen
Eigentlich ist unser Geldsystem schon fast
digital und der digitale Euro nichts anderes
als das ungedeckte Fiatgeld-System.
BEITRAG: MARC FRIEDRICH
Um das Spiel in die Länge zu ziehen,
werden die verzweifelten Notenbanken
als Nächstes die Digitalisierung
des Geldsystems vorantreiben. Damit
erschlagen sie mehrere Fliegen mit einer
Klappe:
1. Sie erhalten einen kompletten Überblick in
Echtzeit zur Steuerung der monetären und fiskalischen
Politik.
2. Sie erreichen einen Schutz vor Geldwäsche
und kriminellen Machenschaften.
3. Sie können die Zinsen problemlos in den Minusbereich
senken, ohne dass die Bürger das
Geld von der Bank abheben und sich dem
Negativzins entziehen können. Ein Bank Run
wird damit in Zukunft unmöglich sein.
4. Jeder Kunde, jede Transaktion ist dann komplett
transparent und nachvollziehbar. Eine
digitale Währung kann unzählige Daten über
die Zahlungsströme und das Nutzerverhalten
der Bürger liefern. Der wahre feuchte Traum
der Stasi und der Albtraum, vor dem uns George
Orwell gewarnt hat.
5. Strafzinsen oder eine Strafsteuer (Vermögensabgabe/Vermögenssteuer)
können
schnell und effizient eingesetzt und von jedem
Konto eingezogen werden.
MARC FRIEDRICH
6. Die EZB baut ihre Befugnisse und Macht aus.
Seit Jahren sagt die Notenbank, Europa sei
„overbanked“, habe also zu viele Banken. Mit
dem digitalen Euro wird sie sich so einiger Banken
entledigen und in Zukunft dann ganz praktisch
den Bürgern direkt ein EZB-Konto anbieten
können, sodass sie die komplette Macht
und Übersicht hat.
Eigentlich ist unser Geldsystem ja schon fast
komplett digital, weil das meiste über digitale
Prozesse läuft. Über Onlinebanking, Handy-
Zahlungen, Plastikgeld und über Giralgeld.
Natürlich versuchen die Beteiligten jetzt schon
von allen Seiten, uns diese schöne neue Welt
des Bezahlens schmackhaft zu machen: praktisches,
hygienisches, kontaktloses Bezahlen:
effizienter, günstiger, schneller.
Im Endeffekt ist der digitale Euro nichts anderes
als das ungedeckte Fiatgeld-System, das
zu 100 Prozent digitalisiert ist. Für uns Bürger
hat es nur Nachteile, weil wir dann problemlos
überwacht und enteignet werden. Es können
Negativzinsen installiert werden, ohne dass wir
uns davor schützen können. Denn in einem
solchen Fall ist der Fluchtweg versperrt, nämlich
Bargeld abzuheben, es dem Bankenkreislauf
herauszunehmen und es damit legal der
Überwachung und dem Zugriff der Staaten
zu entziehen. Das muss jedem klar sein. Diese
Entwicklung wird auf jeden Fall weltweit kommen,
die Notenbanken arbeiten daran, CBD-
Cs (Central Bank Digital Currencies) heißt die
Maßnahme, mit der das mathematisch sterbende
Geldsystem in die Verlängerung bugsiert
wird.
Vorreiter und Vorbild China – der ultimative
Überwachungsstaat
China ist da natürlich schon einen Schritt weiter.
Wenn es um Überwachung geht, steht
China immer auf dem ersten Platz. Jedes autoritäre
System, egal ob sozialistisch-kommunistisch
oder faschistisch, braucht zum Erhalt
einen feinmaschigen Überwachungsapparat,
weil der Mensch immer nach Freiheit und
Gerechtigkeit strebt. Für beides stehen die Extreme
nicht. Um Chinas 1,3 Milliarden Bürger
in Schach zu halten und zu überwachen, wird
es immer notwendiger, einen immer komplexeren
Überwachungsstaat zu implementieren.
Dies soll beim Geld nicht anders sein, denn ein
digitaler Yuan würde Chinas Überwachungsapparat
extrem stärken. Eine erfolgreiche Einführung
des digitalen Yuan würde die Macht
über das Geld wieder in die Staatshände bringen,
weg von den bekannten kommerziellen
digitalen Zahlungssystemen wie WeChat Pay
und Alipay. Das wäre mit vielen Vorteilen zur Festigung
der kommunistischen Partei verbunden.
In keinem anderen Land der Welt wird so viel
mit dem Handy bezahlt wie in China. 900 Millionen
Nutzer oder mehr als 80 Prozent benutzen
ihr Smartphone zum Bezahlen. Chinesische
Konsumenten und Händler repräsentieren fast
LOGISTIK express 5/2022 | S80
die Hälfte der weltweiten Nutzer der digitalen
Wallets. Alibaba und Tencent sind in China führend
und kontrollieren 94 Prozent des Marktes
mit einem Volumen von 50 Billionen US-Dollar.
Die daraus resultierenden Datenströme ermöglichen
einen beispiellosen finanziellen Einblick
in Echtzeit in die Geld- und Wirtschaftslage
des Landes, liefern die Rohdaten für
wertvolle Analysen und erlauben Rückschlüsse
auf das individuelle Konsumverhalten.
Pures Datengold. Und genau diese Daten will
auch die Kommunistische Partei natürlich abgreifen.
Ein von der kommunistischen Partei kontrolliertes
digitales Geld, gepaart mit dem Sozialkredit-System
(Social Credit Programme) ist
die perfekte, perfide Lösung, um die eigenen
Bürger in Schach zu halten, allzeit zu kontrollieren
und sie abzustrafen, falls sie sich nicht
an die kommunistischen Regeln halten. Wer
dann aus der Reihe tanzt, bekommt neben
dem Abzug an sozialen Kreditpunkten dann
gleich noch eine Strafe aufgebrummt in Form
von Abhebungslimitierungen, Strafzahlungen,
die sofort abgebucht werden. Sogar zur
Kontensperrung kann es kommen.
Wer sich jetzt schon mental auf
dieses Szenario vorbereiten kann,
ist einen Schritt weiter als die breite
Masse. Zudem ist es jetzt noch
möglich, Geld aus dem Geld- und
Bankenkreislauf herauszuziehen
und es in die eigene Obhut zu
bringen. Wie lange das noch der
Fall ist, weiß keiner, aber das Zeitfenster
wird sicherlich nicht größer.
Werden Sie jetzt schon aktiv, um
nicht nachher vor vollendeten Tatsachen
zu stehen und handlungsunfähig
zu sein.
Der digitale Yuan wird bereits in der südchinesischen
Sonderwirtschaftszone Shenzhen
getestet und ist bereit für den landesweiten
„Roll-out“, sobald die Testphase abgeschlossen
ist. China erhofft sich zudem mehr Unabhängigkeit
vom SWIFT-System und will mit der
Digitalisierung des Yuan das globale Monopol
des Dollars brechen.
Global wird bei allen Notenbanken mit Hochdruck
an digitalen Währungen gearbeitet, da
die Vorteile auf der Hand liegen und sich das
Geldkarussell auf diese Weise noch eine Weile
weiterdrehen kann. Das wird natürlich öffentlich
nicht so kommuniziert, da wird gesagt,
„Wir gucken mal“, aber insgeheim wissen alle,
dass dies der einzige Ausweg ist, um noch mal
ein bisschen Zeit herauszuschinden.
Bargeldverbot
Bargeld ist Freiheit! Doch diese Freiheit ist seit
Jahren unter Beschuss von allen Seiten. Neben
den Staaten, Notenbanken und Banken sind
es auch Organisationen wie die „Better Than
Cash Alliance“, eine weltweite Vereinigung
von Regierungen, Unternehmen und internationalen
Organisationen, die den Übergang
des Barzahlungsverkehrs zu digitaler Zahlungsweise
beschleunigen wollen. Mitglieder sind
– wenig überraschend! – die Kreditkartengiganten
Visa und Mastercard, die Citibank,
aber auch die Bill und Melinda Gates Stiftung.
Spannend finde ich folgenden Fund meiner
Recherche: Die Anti-Bargeld-Allianz hat von
unserer Bundesregierung deutsche Steuergelder
erhalten. Von 2016 bis 2018 waren
es 500.000 Euro und seit 2019 sind es jährlich
200.000 Euro. Interessant wäre zu wissen, mit
welchem Hintergedanken über 1 Million Euro
„gespendet“ wurden.
Seit Jahren wird jede Krise genutzt, um den
Menschen das Bargeld auszureden, es ihnen
madig zu machen und in ein schlechtes Licht
zu stellen. Wer bar bezahlt, macht sich verdächtig,
denn vermeintlich verwenden nur
Kriminelle Bargeld. So wird es uns immer wieder
suggeriert. Die Schlagworte sind Rotlichtmilieu,
Drogen, Schwarzgeld, Steuerhinterziehung
oder zuletzt die Bekämpfung eines Virus.
Die Banken nehmen diese Argumente gerne
auf, und dann kommt gleich der Hinweis:
„Hier – so geht bargeldloses Bezahlen! E-Cash,
Karte oder Smartphone hinhalten, fertig!“ So
sieht aktuell der Kampf, oder Krieg, wie manche
es sehr drakonisch nennen, gegen das
Bargeld aus. Dieser Krieg findet statt, und das
Bargeld wird irgendwann sein Ende finden.
Darüber haben wir ja schon gesprochen.
Die Zentralbanken arbeiten mit Hochdruck an
ihren digitalen Lösungen. Am digitalen Euro,
Dollar oder welcher Währung auch immer,
wenn die Zeit noch reicht und nicht der Crash
schneller kommt. Bargeld ist aktuell die einzige
Möglichkeit, das eigene Ersparte noch legal
aus der Überwachung durch den Staat, aber
auch aus der Überwachung durch die Banken
und aus dem Bankenkreislauf herauszuziehen,
ohne dass jemand weiß, was der Besitzer damit
macht, wo er es investiert, wo er es womöglich
auch versteckt. Und das ist natürlich vielen ein
Dorn im Auge. Vor allem, wenn wir dann in die
eine oder andere politische Richtung umkippen
sollten, wird dieses Fluchtfenster natürlich
ganz schnell geschlossen werden. In Griechenland
wurde die letzte Krise schon aktiv von
der Politik genutzt und man darf nur noch
bis 500 in bar bezahlen. Im ebenso krisengeplagten
Italien liegt die Barzahlungsgrenze bei
1000 Euro. In Deutschland darf man noch so
viel in bar bezahlen, wie man möchte. Doch
dies will die EU unterbinden. Mit einer einheitlichen
Richtlinie soll die Bargeldobergrenze
in der EU vereinheitlicht werden auf 10.000
Euro. Wenn es so kommt, ist der Schritt nicht
mehr weit, das Bargeld ganz abzuschaffen.
(RED)
LOGISTIK express 5/2022 | S82
MEDIENSERVICE
Vielen Dank für Ihr
Interesse an unseren
Leistungen & Services
Mehr als 400.000 Nutzer zu 600.000 Sitzungen
und 2 Millionen Seitenaufrufen konnten wir
2022 laut Google Analytics verzeichnen. In
diesem Sinne bedanken wir uns herzlich für
Ihr entgegengebrachtes Vertrauen in unsere
Leistungen und Services.
BEITRAG: MARKUS JAKLITSCH
Seit über 15 Jahren informiert LOGISTIK
EXPRESS Entscheidungsträger aus Industrie/Handel,
Umwelt/Logistik fachlich,
sachlich, aktuell und mit Blick auf das
Jahr 2023, haben wir für die Fachmesse LogiMAT
zwei besondere Special bis Ende Jannuar für Sie
im Angebot:
KLEINES MEDIENPAKET: Zu Ihrer LogiMAT Pressemitteilung
beinhaltet unser Firmenservice ein
multimediales Firmenprofil mit Firmenlogo-
Platzierung für 6 Monate auf unseren Newsportal-Startseiten
inklusive Presseservice für
eine exklusive Pressemeldung mit Push-Mail
und Presseservice Newsletter Aussendung plus
Social Media Posting über Twitter, Xing, LinkedIn,
Facebook. Als Goody erhalten Sie ein Werbefenster
in unserem wöchentlichen Presseservice-
Newsletter oder alternativ eine weitere exklusive
Pressemeldung. Special: 980 EUR statt 1.820 EUR
MARKUS JAKLITSCH
GROSSES MEDIENPAKET: Zu Ihrer LogiMAT Pressemitteilung
beinhaltet unser Firmenservice ein
multimediales Firmenprofil mit Firmenlogo-
Platzierung für 12 Monate auf unseren Newsportal-Startseiten
inklusive Presseservice für
zwei exklusive Pressemeldungen mit Push-Mail
und Presseservice Newsletter Aussendungen plus
Social Media Posting über Twitter, Xing, LinkedIn,
Facebook. Als Goody erhalten Sie zwei Werbefenster
in unserem wöchentlichen Presseservice-
Newsletter oder alternativ zwei weitere exklusive
Pressemeldungen. Als Highlight organisieren
wir ein Messevideo oder ein Videointerview
auf der LogiMAT mit der Option, dass wir das
Interview in unsere Zeitschrift LOGISTIK express
redaktionell einbinden. Special: 2.600 EUR statt
3.800 EUR
HOLEN SIE SICH IHREN INFORMATIONSVORSPRUNG
LOGISTIK EXPRESS INFORMIERT SACHLICH | FACHLICH | AKTUELL
www.logistik-express.com
LOGISTIK EXPRESS NEWS & ZEITSCHRIFTEN APP MJR MEDIA WORLD
LOGISTIK EXPRESS
STRATEGIE
wikifolio-Indexzertifikat
Der Markt zur privaten
Kapitalanlage befindet
sich in einem Umbruch.
FinTech-Unternehmen fordern
die klassischen Anbieter heraus.
Mit der LOGISTIK express
Strategie wollen wir in die
Branche investieren und mit
aktivem Trading ein alternatives
Portfolio anbieten...
E-Mail: info@logistik-express.at
http://www.logistik-express.com