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La Palma_Wissen

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AUSGABE 47 20. November 2021

EUROPEAN MAGAZINE AWA R D WINNER 2021 POLITICS & SOCIETY /// INFOGRAPHIC

POLITIK

Wer wird was

im Kabinett von

Olaf Scholz?

WIRTSCHAFT

So bleiben Sie

mental gesund

KULTUR

Herzschmerz

mit Adele

Klinik-

Kollaps

Lockdown-

Angst

Impfpf licht

Plus: Lesen Sie

dazu auch

Jan Fleischhauer

und ein Interview

mit Sahra

Wagenknecht

WIE GEFÄHRLICH

SIND DIE

UNGEIMPFTEN?


WISSEN

BLINDBLIND

Lodernder Berg

Bisher hat der Vulkan noch

keinen Namen. Entstanden

ist der neue Krater

auf dem Cumbre Vieja

genannten Höhenzug

Natur als Spektakel

Der Lavastrom auf

La Palma zieht mehr

und mehr Touristen an.

Sie verfolgen das

Schauspiel meist aus

sicherer Entfernung

von zahlreichen Aussichtspunkten

aus,

wie hier mit einem

Gläschen Wein am

Mirador del Time

68


BLINDBLIND

Dröhnen im Ohr, Asche im Hals

Für Forscher ein Faszinosum, für Hausbesitzer ein Monstrum:

Vor zwei Monaten brach ein Vulkan auf La Palma aus. Wie leben die

Bewohner der Insel mit einem Berg, der Feuer spuckt?

TEXT VON KATHARINA HAHN

FOTOS VON JENS OELLERMANN

FOCUS 47/2021

69


WISSEN

„Der

Vulkan hat

einen

Pulsschlag

ähnlich wie

unser Herz.

Er lädt

Magma auf

und stößt

sie rhythmisch

aus“

Geliehenes Gotteshaus Pfarrer Alberto Hernández

hat durch den Ausbruch seine Kirche San Pio X

in Todoque verloren. Nun predigt er in einer Kapelle,

die er sich mit einem Kollegen teilt

Feurige Party

„Das war die XL-Kerze auf

meinem Kuchen“, sagt

Vulkanologin Alba

Martín-Lorenzo über

dieses Foto. Es ist an

ihrem Geburtstag, dem

24. Oktober, am

Vulkankrater entstanden

Gefährlicher Feinstaub In ihrem Labor

untersuchen Vulkanologin Alba Martín-

Lorenzo und ihr Team die Asche des Vulkans

Seine Reusen

bleiben trocken

Fischer Luciano Gonzales

Acosta kann seit über

zwei Monaten nicht aufs

Meer hinaus. Seebeben

verschrecken die Fische,

Ein Teil der Küste ist gesperrt.

Staatliche Unterstützung

hat er noch

nicht bekommen

Neue Bleibe

Seit der Lavastrom ihr

Haus zerstört hat, leben

der gebürtige Schwabe

Michael „Miki“ Nguyen

und seine Partnerin Heidrun

Schumann in einer

Hütte in den Bergen von

La Palma. „Der Vulkan soll

sein Ding machen“, sagt

Miki. „Ich mache meins“

Muskelkraft

kontra Naturgewalt

Aussiedler Walter Blau

schippt im Dorf Las Manchas

als freiwilliger Helfer

tonnenweise Asche. Ein

70-Jähriger kam bei dieser

Arbeit zu Tode, als das Dach

seines Hauses einstürzte

Fotos: privat (1)

70 FOCUS 47/2021


VULKAN

FOCUS 47/2021

Wälder auf den Berggipfeln, Palmen am

Straßenrand, ein knallblauer Postkartenhimmel.

Das Video schreit „Idylle!“, wäre

darauf nicht eine gewaltige, dunkelgraue

Säule aus Rauch und Asche zu sehen.

Mehrere Kilometer schießt sie senkrecht

in die Atmosphäre hoch. Ein Ehepaar

fährt mit seinem weißen Seat rechts ran,

um das Spektakel zu bestaunen. Eine

Stimme ruft auf Spanisch: „Er bricht aus,

ich fasse es nicht!“ Die Stimme gehört

Alba Martín-Lorenzo. Die Geologiedoktorandin

ist gerade dabei, Gasproben aus

dem Boden zu entnehmen, als das Inferno

beginnt, und hat die Szene mit ihrem

Handy gefilmt. Noch am gleichen Tag

geht ihre Aufnahme auf Twitter viral –

als eines der ersten und eindrucksvollsten

Dokumente des Vulkanausbruchs auf

La Palma.

Am 19. September um 15.13 Uhr Ortszeit

reißt auf dem Höhenkamm Cumbre

Vieja im Süden der Kanareninsel die Erde

auf. Die Eruption lässt einen neuen Krater

entstehen, neben Rauch und Asche speit

der Berg glühende Lava. Noch hat der

neue Vulkan keinen Namen, doch noch

immer demonstriert er den Bewohnern

von La Palma seine Macht und zwingt

sie, sich mit einer zerstörerischen und

launischen Natur zu arrangieren.

Ein Ausbruch mit Ansage

Zwei Monate nachdem ihr Video entstanden

ist, sitzt Alba Martín-Lorenzo,

eine kleine, zierliche Frau mit Nasenring

und Flechtfrisur, in einer provisorischen

Forschungsstation am Rande der

Stadt Los Llanos de Ariadne, knapp acht

Kilometer nordwestlich des brodelnden

Kraters. Sie ist umgeben vom Auswurf

des Vulkans, von Dutzenden faust- bis

fußballgroßen Gesteinsbrocken in Pappkartons.

Im Hauptlabor auf Teneriffa will

sie die Blöcke analysieren, doch immer

wieder wird sie zurück nach La Palma

gerufen, um neue Lavaproben einzusammeln:

„Es muss immer schnell gehen und

hat kein Ende.“ Entdeckerdrang mischt

sich bei ihr mit Entsetzen: „Auf professioneller

Ebene war der 19. September

der beste Tag meines Lebens.

„Ich bleibe

hier,

jetzt und in

Zukunft.

Und

ich helfe“

Walter Blau,

Ascheschipper

in Las Manchas

Auf persönlicher Ebene war

es ein Desaster“, sagt sie.

„Ich arbeite schon viele

Jahre auf La Palma und habe

Freunde hier. Von unseren

Stammrestaurants und Lieblingssupermärkten

ist nichts

mehr übrig.“

Es war eine Katastrophe

mit Ansage. Bereits in der

zweiten Septemberwoche registrierten

die Sensoren der

Geologen Hunderte Erdbeben.

Die Forscher bemerkten

eine Verformung des Bodens und geochemische

Anomalien in Gasproben. Alles

deutete auf einen baldigen Ausbruch hin.

Alba und ihre Kollegen des Kanarischen

Instituts für Vulkanologie wurden losgeschickt:

Ein „Dass“ war klar, aber kein

„Wo“ und „Wie“.

Erste Prognosen legten nahe, unbewohnte

Gebiete würden betroffen. Aber

es kam anders. Die Lavaströme wälzten

sich mit einer anfänglichen Geschwindigkeit

von 700 Metern pro Stunde den

Hang hinunter, direkt auf die Ortschaften

El Paraiso, Todoque und La Laguna zu.

Die Wette mit dem Vulkan

In La Laguna stand noch bis vor Kurzem

das Haus des deutschen Auswandererpaars

Michael „Miki“ Nguyen und Heidrun

Schumann. Wenn Miki von seinem

ehemaligen Zuhause erzählt, von sonnengelb

gestrichenen Mauern, den Terrakottakübeln

mit Lorbeersträuchern und den

Strandliegen auf der Terrasse, schwäbelt

er etwas leiser als sonst. Heute lebt er

mit Heidrun und den drei Hunden Tina,

Emma und Finn-Horst in einer Einzimmerhütte

mit Plumpsklo und Solarstrom

in den Bergen von La Punta, nördlich des

Vulkans. Weit weg von Lavaströmen und

Ascheregen. Aber nicht weit genug, um

den Berg vergessen zu können. Für den

Newsticker seiner Website „La-Palma-24.

info“ fährt Miki jeden Morgen ins Tal, um

den Vulkan zu fotografieren. Zunächst

war er fasziniert von ihm, mittlerweile ist

er genervt von dem ständigen Dröhnen

im Ohr und der Asche im Hals.

An Mikis Bart lässt sich ablesen, wie

lange der Ausnahmezustand auf La Palma

schon andauert: „Ich habe eine Wette

mit dem Vulkan laufen“, sagt er. „Erst

wenn er erlischt, rasiere ich mich wieder.“

Dass sein Leben im ewigen Frühling

La Palmas stets dem sprichwörtlichen

Tanz auf einem Vulkan glich, hat er lange

verdrängt. „Alles hier ist vulkanisches

Gebiet. Aber trotzdem denkt niemand

daran, dass so etwas passieren

kann“, sagt er. „Du

siehst nur das Haus, das

du dir aufgebaut hast und

in dem dein Kind großgeworden

ist.“

Vulkaninsel La Palma

Das gesamte kanarische

Archipel hat seine Entstehung

dem Vulkanismus

zu verdanken. Die sieben

Hauptinseln entstanden

in vier Phasen. Fuerteventura

ist mit 22 Millionen

Jahren das älteste Eiland, El Hierro mit

1,2 Millionen Jahren und La Palma mit

zwei Millionen Jahren sind die jüngsten

und geologisch aktivsten Inseln. Vor El

Hierro brach 2011 ein Unterwasservulkan

aus. Auf La Palma ereignete sich die

letzte große Eruption vor genau 50 Jahren.

1971 spuckte an der Südspitze der

Insel der Vulkan Teneguía drei Wochen

lang Lava. Rund 40 Millionen Kubikmeter

Material hat er ausgestoßen.

71


WISSEN

VULKAN

Nachts scheint der

Himmel über

dem Berg zu glühen

Der derzeit aktive namenlose

Vulkan hat schon Ende Oktober

schätzungsweise die dreifache

Masse produziert.

Das Schauspiel, das mittlerweile auch

viele Touristen anzieht, geht ohne Pause

in immer neuen Akten weiter. Mehrmals

stürzte der Krater ganz oder teilweise

ein, aus immer neuen Schloten fließt die

Lava ins Tal. Mittlerweile bedeckt sie

eine Fläche von mehr als 1000 Hektar

und wirkt von Weitem wie ein riesiger

Erdwall. Doch in seiner Mitte ist die noch

flüssige Gesteinsmasse ganz deutlich zu

erkennen. Zuletzt ergoss sie sich in den

Atlantik und formte dort eine mehr als

40 Hektar große Halbinsel.

Der Dampf, der sich dabei bildet, und

der Rauch, der aus den Lavaströmen

entweicht, werden nachts von der Glut

beleuchtet, und es scheint, als stünde

der Himmel rund um den

Berg in Flammen. Ein

mittelalterliches Bild der

Hölle drängt sich auf, als

sei man direkt in einem

Gemälde von Hieronymus

Bosch gelandet.

Pfarrer ohne

Gotteshaus

Mit Gott oder gar dem

Teufel habe das aber ab -

solut nichts zu tun, die

Natur sei eben so, sagt

Alberto Hernández, den

sie auf der Insel den

„Pfarrer des Vulkans“

nennen. Seine vier Gemeinden

Todoque, El

Paraiso, El Remo und La Bombilla wurden

entweder von der Lava verschlungen oder

sie liegen in der Sperrzone und sind derzeit

nicht erreichbar.

1981, zehn Jahre nach dem Teneguía-

Ausbruch, kam Alberto auf die Welt.

„Natürlich wollte auch ich mal einen aktiven

Vulkan sehen“, erzählt er. „Anfangs

dachte ich, er bleibt harmlos – bis ich

gesehen habe, was er anrichtet.“ Der Tsunami

aus flüssigem Gestein erfasste die

Kirche San Pio X in Todoque. Videoaufnahmen

zeigen, wie ihr Glockenturm in

einer Wolke aus Asche und Rauch verschwindet.

Vergeblich hatten Feuerwehrleute

versucht, den Lavastrom fort von der

Zerstörerische Kraft

Ein Video im Netz zeigt, wie die Lavalawine

das bei den Einheimischen beliebte Restaurant

„Altamira“ in Todoque unter sich begräbt

Wie schwarzer

Schnee

Asche erstickte

auch diesen

Orangenbaum

Adrenalinrausch Marc McClelland wanderte illegal durch die Sperrzone,

um auf den Lavastrom zu steigen – nur mit einem Stofftuch vorm Mund

Feuerwerk In bis zu 600 Meter hohen Fontänen

schoss die über 1000 Grad heiße Lava aus

dem Vulkan. Nun hat er sich etwas beruhigt

Kirche und in eine Schlucht umzuleiten.

Die Gemeindemitglieder

retteten rechtzeitig Talar, Monstranz,

Heiligenbilder und Bänke

aus dem heiligen Haus.

Die meisten Gläubigen haben

ihre Bleibe verloren. Alberto er--

zählt von einem kleinen Mädchen,

das nächtelang geweint hat,

weil es seinen Schulranzen im zerstörten

Haus vergessen hat. Heute

trifft sich die Gemeinde in der Kapelle

Ermita de Fátima in Los Llanos, zur gleichen

Stunde wie einst in der zerstörten

Kirche. „Am Ende war es auch nur ein

Gebäude“, tröstet der Pfarrer. Sein Blick

ist dabei durchdringend und ruhig, seine

Augen sind fast schwarz. „Die Kirche sind

nicht ihre Wände. Die

„Ich glaube,

nach diesem

Trip

will sich

meine Frau

scheiden

lassen“

Kirche sind wir, die Menschen.

Egal, ob wir uns

auf einem Fußballplatz

oder unter einem Pinienbaum

treffen.“ Es wäre

dramatisch, wenn im

Zentrum Madrids ein

Vulkan ausbräche, sagt

er, aber hier, auf einer

Vulkaninsel, sei es ein

Teil des Spiels. Alberto

Marc McClelland, will seiner Gemeinde,

risikofreudiger die so viel verloren hat,

Tourist etwas geben. Deshalb

hilft er ehrenamtlich

beim Ascheschippen.

Die Asche wird auf La Palma zu einem

wachsenden Problem, auch für viele

Bewohner, die vom Lavastrom verschont

geblieben sind. Wie schwarzer Schnee

bedeckt sie die Landschaft. Sie legt

sich auf die Kopfhaut, kriecht unter die

Fingernägel und knirscht zwischen den

Zähnen.

Asche zu Asche

Weil der feine Staub die Lungen schädigen

kann, rufen die Behörden die Menschen

rund um den Vulkan immer wieder

dazu auf, ihre Häuser nur in dringenden

Fällen zu verlassen. Zeitweise fiel der

Schulunterricht aus. Sobald der Wind auf

die Ostseite der Insel dreht, muss der

Flughafen schließen. Auf den Straßen

sieht man kaum jemanden ohne Schutzbrille

und FFP2-Maske. Vor allem südlich

der Lavaströme, in dem Ort Las Manchas,

türmt sich die Asche meterhoch in

den Vorgärten und auf den Terrassen.

Die Hausbesitzer und ihre Unterstützer

versuchen, ihre Muskelkraft dagegenzusetzen.

Sie befreien vor allem die

Dächer von der Last, weil sie einzustürzen

drohen. Dabei forderte der Ausbruch

72 FOCUS 47/2021


WISSEN

VULKAN

Faktenreport: Vulkanismus auf den Kanaren

Höhe

4000 m

2000

0

-2000

-4000

El Hierro

Cumbre Vieja

weniger als 2

Millionen Jahre alt

La Palma

Aus dem Meer geboren: Die Entstehung der Urlaubsinseln liegt

Millionen Jahre zurück. Ruhe gibt die Erde hier jedoch noch nicht

Geburt

Krater 1

gibt Lava ab,

Gase werden freigesetzt

La Palma

Atlantischer Ozean

Teneriffa

La

Gomera

El

Hierro

Krater 3

gibt eine

Aschesäule ab

La Gomera

maximales Wachstum

Teneriffa

9,4 14,5 20

Lanzarote

Gran

Canaria

Fuerteventura

2021

1585 Tahuya

1712 El Charco

El Teide 3715 m

1971 Teneguía

Krater 2

stößt Lava und

Pyroklasten aus,

La Palma

Abbau

Gran Canaria

Nationalpark

Caldera de Taburiente

Cumbre

Vieja

gibt Wasserdampf,

Gase und Asche ab

Fuerteventura

Lanzarote

Werden und Vergehen Die beiden jüngsten Inseln La Palma und El Hierro sind vulkanisch am

aktivsten. Die ältesten, Fuerteventura und Lanzarote, hat die Erosion bereits stark abgetragen

Bewegung der

ozeanischen Kruste

Inselkette

Die Kanaren sind

entstanden, weil sich

der Ozeanboden über einen

„Hotspot“ hinwegbewegt, an dem

Magma aus dem Erdinneren an

die Oberfläche dringt. Lanzarote und

Fuerteventura liegen mittlerweile

weit von dieser Schwachstelle im

Erdmantel entfernt. Auf La Palma

bricht sich das flüssige Gestein

bis heute Bahn – nun wieder

an verschiedenen Stellen um den

Höhenzug Cumbre Vieja

Afrika

200 m 300 m

Eruption

1646

Martín

5 km

1667

San Antonio

1430

Tacande

1949

San Juan

Quelle: El País, Vulkane.net, Volcanesdecanarias.org

vor Kurzem sein erstes Todesopfer. Ein

70-jähriger Mann starb, als er sein Haus

freischippen wollte.

Ein Job für Sisyphos

Walter Blau ist ein Helfer, der sich davon

nicht abschrecken lässt. Der gebürtige

Trierer lebt seit 2017 mit seinem Wolfshund

Angus auf La Palma. Mit ihm fährt

er in seinem Land Rover regelmäßig

an den Ordnungskräften vorbei in die

Sperrzone hinein. Den nötigen Passierschein

besitzt er, man kennt ihn. Vor

dem 19. September traf er sich mit seinen

Freunden regelmäßig in der Bar

Las Tejas“ in Todoque. Jedermann sei

hier willkommen gewesen, egal ob Bau -

unter nehmer oder Bananenarbeiter.

Unter allen verschwundenen Orten vermisst

Walter die Bar am meisten.

Heute trifft er sich mit einigen Kumpels

zum Schippen. Tonnen von Asche

wuchten sie vom Dach eines Ferienhauses

in einen Container. Er schuftet mit

Gleichmut und freiem Oberkörper und

ohne Maske. Es ist ein Knochenjob und

eine Sisyphosarbeit, schließlich jagt der

Vulkan im Sekundentakt immer neuen

Staub in die Luft.

Sich am unendlichen Aufräumen zu

beteiligen, ist für den Aussteiger aber

selbstverständlich. „Für mich ist das hier

meine Heimat. In einer solchen Situation

zeigt sich Charakter. Wie bei einer Ehe,

wenn es heißt: in guten wie in schlechten

Tagen. Ich bleibe hier, jetzt und in

Zukunft. Und ich helfe“, sagt er. Über

die latente Gefahr auf der Insel macht er

sich keine Illusionen: „Wer denkt, er baut

auf La Palma sein Haus und ist 100 Jahre

lang sicher, ist hier fehl am Platz.“ Walter

selbst lebt in einem Wohnmobil.

Der Berg bleibt ruhelos

Die Vulkanologen messen immer wieder

neue Erdbebenschwärme rings um die

Gebirgskette Cumbre Vieja. Sie können

nicht sagen, wie lange der namenlose

Vulkan auf der Kanareninsel La Palma

noch aktiv bleiben wird. Wie oft also

Alba die Untersuchung ihrer Proben noch

unterbrechen muss, bis zu welcher Länge

Miki seinen Bart wachsen lassen wird,

wann Alberto zurück zu seinen Kirchen

in der Sperrzone kann, und an welchem

Tag Walter zum letzten Mal Asche schippen

wird. Und auch wenn der Vulkan in

wenigen Wochen erlischt, ist es denkbar,

dass bald wieder eine neue Aschesäule

senkrecht in den knallblauen Postkartenhimmel

steigen wird.


MITARBEIT: ASIA MARTIN LOPEZ

74 Tiefenmagma

FOCUS 47/2021

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