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Stein 1/2023

Schwerpunkt Küche

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S 01 | <strong>2023</strong><br />

STEIN<br />

MINERALISCHE WERKSTOFFE FÜR ARCHITEKTUR UND HANDWERK<br />

SCHWERPUNKT<br />

KÜCHE<br />

IM BLOCK<br />

Immer öfter kommen in Küchen jetzt<br />

ganze Monolithe aus Naturstein zum<br />

Einsatz und setzen ein Statement<br />

MIT CNC<br />

Wer vom Küchenboom profitieren<br />

will, sollte über den entsprechenden<br />

Maschinenpark verfügen<br />

IN FORM<br />

In Deutschlands Unternehmen ist<br />

Resilienz das neue Modewort. Ohne<br />

Robustheit geht derzeit gar nichts


EDITORIAL<br />

LIEBE LESERINNEN<br />

UND LESER,<br />

der Küchenmarkt in Deutschland boomt. Und das trotz widriger<br />

Umstände. Im ersten Halbjahr stieg der Umsatz um<br />

mehr als zehn Prozent auf 3,62 Mrd. Euro, auch bedingt<br />

durch die Preisanstiege. Der Verband der deutschen Küchenindustrie<br />

(VdDK) geht davon aus, dass das gute Auftragspolster<br />

die positive Entwicklung bis zum Jahresende<br />

stützen wird, weist aber zugleich auf die „aktuell zunehmende<br />

Verunsicherung der Konsumenten“ hin. Mit maximal<br />

bis zu zehn Prozent plus könnte das Gesamtjahr 2022<br />

am Ende zu Buche stehen.<br />

Ab Seite 6 stellt uns Alexandra Nyseth eine Küche vor, die<br />

unkonventionell geplant und gebaut wurde. Belgischer<br />

Kalkstein diente in dieser besonderen Kreation als ebenso<br />

solider wie auch edler Werkstoff.<br />

Ein paar Seiten später stoßen Sie auf einen „Star, der die<br />

Küche rockt“. Der außergewöhnliche Monolith aus einem<br />

Küchenstudio in Frankfurt stammt aus der thüringischen<br />

Manufaktur MCR-<strong>Stein</strong>. Dieser Natursteinblock steht<br />

dabei nicht nur für Eleganz, sondern zugleich auch für das<br />

Erleben echter Handwerkskunst.<br />

Auch die Küchen von <strong>Stein</strong>metz Uwe Ströhman, die er<br />

uns im Interview ab Seite 24 vorstellt, können sich sehen<br />

lassen. Was man dabei auch wieder eindrucksvoll erkennt:<br />

Ob Krise oder nicht, wer sein Handwerk beherrscht,<br />

hat gute Chancen, auch in Zukunft Aufträge zu<br />

erhalten.<br />

Titelbild: MCR-<strong>Stein</strong><br />

Das Frankfurter Küchenstudio Valcucine hat<br />

derzeit einen Küchenblock aus der Thüringer<br />

Manufaktur MCR <strong>Stein</strong>e in seinem Showroom<br />

stehen: eine 4,20 Meter lange Kombination<br />

aus Küchenblock und Tisch aus einem blaugrauen<br />

brasilianischen Quarzit. Der Block<br />

wurde nach Anweisungen von Valcucine<br />

gefertigt und steht als Monolith neben<br />

Küchenfronten aus Ulme. Mit dieser außergewöhnlichen<br />

Komposition will das Küchenstudio<br />

zeigen, was bei der modernen Küchengestaltung<br />

alles möglich ist. „Der Küchenblock<br />

ist ein echter Hingucker“, freuen sich<br />

die Einrichtungsexperten in Frankfurt. „Viele<br />

Passanten bleiben vor dem Schaufenster<br />

stehen und bewundern das einzigartige und<br />

überraschende Prachtstück aus Naturstein.“<br />

Wie Sie sich dabei als Unternehmer am besten aufstellen,<br />

erklärt Annette Mühlberger ab Seite 40. Ihr Credo für<br />

<strong>2023</strong>: Resilienz. Will heißen, in herausfordernden Zeiten<br />

müssen Betriebe nicht nur Flexibilität und Agilität, sondern<br />

auch eine gewisse Robustheit und Widerstandskraft<br />

an den Tag legen.<br />

Zu einer proaktiven Zukunftsgestaltung kann darüber hinaus<br />

beitragen, bei der Mitarbeiterakquise nun auch vermehrt<br />

auf Quereinsteiger zu setzen. Warum sich das<br />

lohnen kann, berichtet Bärbel Daiber ab Seite 50.<br />

Viel Spaß bei der Lektüre von STEIN wünscht Ihnen<br />

Ihre <strong>Stein</strong>redaktion<br />

Redaktion@stein-magazin.de<br />

S01| <strong>2023</strong> 3


INHALT<br />

SCHÖNE WELT DER<br />

STEINE<br />

06 Unkonventionell integriert<br />

In einer Wiener Dachwohnung<br />

ist eine Küche der besonderen<br />

Art entstanden<br />

12 Ein Star, der die Küche rockt<br />

Maßgefertigte Küchenblöcke<br />

werten den Platz am<br />

Herd zunehmend auf<br />

STEINE BEARBEITEN<br />

16 Nachhaltigkeit ist auch<br />

dauerhaft<br />

Natursteinpreisgewinner<br />

Paul Stampa im Gespräch<br />

über sein „Haus der <strong>Stein</strong>e“<br />

21 Calanca<br />

Die STEINKUNDE stellt<br />

einen Naturstein aus<br />

der Schweiz vor<br />

24 Atemberaubende Farbigkeit<br />

Uwe Ströhmann über seinen<br />

Küchenblock, der den Best<br />

Projekt Award 2022 von<br />

Mapei gewonnen hat<br />

30 Platz für <strong>Stein</strong> in der Küche<br />

Welche Großmaschinen<br />

dem <strong>Stein</strong>metz helfen,<br />

wenn er am Küchenboom<br />

teilhaben will<br />

KUNDEN<br />

GEWINNEN<br />

40 So kommen Sie gut<br />

durchs neue Jahr<br />

Resilienz ist das Wort der<br />

Stunde. Was man braucht,<br />

um Krisen gut zu meistern<br />

CHANCEN NUTZEN<br />

50 Talentierte Handwerker<br />

gesucht<br />

Quereinsteiger einzustellen,<br />

kann im Handwerk auch<br />

eine Lösung des Fachkräftemangels<br />

sein<br />

PANORAMA<br />

58 Termine, Produkte<br />

und mehr<br />

RUBRIKEN<br />

59 Vorschau<br />

60 Impressum<br />

4 S01| <strong>2023</strong>


MODERNER KÜCHENBAU<br />

UNKONVENTIONELL<br />

INTEGRIERT<br />

6 S01| <strong>2023</strong>


SCHÖNE WELT DER STEINE<br />

Die Küche einer umgebauten Wiener Dachgeschosswohnung präsentiert<br />

sich als Raum-im-Raum-Installation: mit dunklem Naturstein verkleidet<br />

und einer Arbeitsplatte als Werkbank. Eine handwerklich aufwendige Arbeit,<br />

die mit viel Perfektionismus von einem <strong>Stein</strong>metz realisiert wurde.<br />

Von Dr. Alexandra Nyseth<br />

Über den Dächern von Wien sanierte das Wiener Architekturbüro<br />

<strong>Stein</strong>kogler Aigner Architekten in einem<br />

Gründerzeitbau eine zweigeschossige Wohnung von<br />

186 Quadratmetern. Dabei bauten sie die Wohnung auf<br />

die tragende Grundstruktur zurück und errichteten sie<br />

mit einer neuen Raumaufteilung neu.<br />

KLARE UND OFFENE GESTALTUNG<br />

Der ursprüngliche Grundriss der Penthouse-Wohnung<br />

war unstrukturiert und verwinkelt. Vor allem die zweite<br />

Dachgeschossebene ließ Großzügigkeit vermissen, sodass<br />

sich die Bauherren mehr Klarheit und Offenheit<br />

wünschten. Die Architekten behielten in der ersten<br />

Dachgeschossebene die Raumaufteilung mit drei<br />

Schlafzimmern und einem großzügigen Bad bei, öffneten<br />

diese Schlafebene allerdings durch den Einsatz von<br />

horizontalen Glasbändern, die sich in der Dachschräge<br />

fortsetzen. In der zweiten Ebene schufen sie einen<br />

großzügigen Wohnbereich, der durch eine bestehende<br />

Kamingruppe geteilt ist, und den sie durch eine neu<br />

geschaffene und allseits verglaste Dachgaube bestmöglich<br />

ausnutzten.<br />

RAUM-IN-RAUM-INSTALLATION<br />

Fotos: Gebhard Sengmüller<br />

In dieser zweiten Etage liegt außer dem Wohnbereich<br />

eine Küche der besonderen Art: Die Architekten entwarfen<br />

einen dunklen, schweren monolithischen Küchenblock<br />

aus „Pierre Bleu“ als Raum-im-Raum-Installation.<br />

Alle Küchengeräte inklusive Weinkühlschrank<br />

integrieren sich in die mit dem dunklen Naturstein verkleidete<br />

Fassade mit eingearbeiteter Tür, hinter der<br />

sich ein begehbarer großzügiger Stauraum verbirgt.<br />

„Damit wird die dahinterliegende Dachschräge ausgeblendet“,<br />

erklärt Architekt Rudolf <strong>Stein</strong>kogler. Gegenüber<br />

des Blocks in der Nische komplettiert eine über<br />

drei Meter lange und drei Zentimeter dicke Arbeitsund<br />

Abstellfläche aus dem gleichen Naturstein mit<br />

Spüle und Herd die unkonventionelle Küchenlösung.<br />

S01| <strong>2023</strong> 7


MODERNER KÜCHENBAU<br />

Blick von hinten: Die Küchenplatte ist auf einen schwebenden<br />

Holzsockel montiert, der um die Kamingruppe<br />

herumgeführt wird<br />

Diese Küchenplatte ist auf einen schwebenden Holzsockel<br />

montiert, der um die Kamingruppe herumgeführt<br />

wird. „Hier war die Idee, eine Art schwebende<br />

‚Werkbank‘ zu kreieren, die Richtung Wohnzimmer den<br />

erforderlichen Stauraum bietet, z. B. die Musikanlage<br />

aufnimmt und zur Küche hin als Arbeitsfläche funktioniert“,<br />

erklärt der Architekt. Die um die Kamingruppe<br />

greifende „Werkbank“ wird zum zentralen und verbindenden<br />

Element in der Wohnebene.<br />

aushalten müssen, wie bei Arbeitsplatten in Küchen.<br />

Die leichte flockige Musterung wirkt sehr homogen,<br />

was, wie hier, beim Einsatz von großflächigen Wänden<br />

viel Ruhe und eine gewisse Zeitlosigkeit vermittelt“, erklärt<br />

<strong>Stein</strong>metz Breitwieser. Außerdem biete die dunkle<br />

Oberfläche die Möglichkeit, die Elektrogeräte bestmöglich<br />

zu integrieren.<br />

NATÜRLICHE OBERFLÄCHE<br />

STRAPAZIERFÄHIGER NATURSTEIN<br />

„Der Bauherr hat sich explizit für <strong>Stein</strong> entschieden.<br />

Wir haben ihn gemeinsam mit <strong>Stein</strong>kogler Aigner Architekten<br />

ausgewählt“, erinnert sich Manfred Breitwieser,<br />

Juniorchef des ausführenden <strong>Stein</strong>metzbetriebs im österreichischen<br />

Tulln. Für Architekt Rudolf <strong>Stein</strong>kogler<br />

war die Materialwahl dem Entwurfsziel des monolithischen<br />

Blocks geschuldet. „Der <strong>Stein</strong> aus Belgien ist<br />

einer der härtesten Kalksteine und damit extrem gut<br />

geeignet für alle Bereiche, die eine hohe Belastung<br />

Sowohl die Oberflächen der Natursteinplatten an den<br />

Wänden des Blocks als auch die der Küchenarbeitsplatte<br />

sind mit Wasserstrahl bearbeitet. Es entstanden<br />

zunächst grobe, raue und leicht hügelige Flächen, anschließend<br />

wurden die Platten gebürstet und handgeschliffen.<br />

Die Oberflächenveredelung findet im Hause<br />

Breitwieser so gut wie immer in Handarbeit statt. Die<br />

so entstandene rohe Haptik des <strong>Stein</strong>s vermittelt Natürlichkeit<br />

an Fläche und Wand sowie eine gewisse<br />

Arbeitsatmosphäre. Die Firma Breitwieser schnitt aus<br />

15 Quadratmetern Rohmaterial die Platten für die<br />

Foto: Gebhard Sengmüller<br />

8 S01| <strong>2023</strong>


SCHÖNE WELT DER STEINE<br />

Der Küchenblock als Raum-im-Raum-Installation ist mit<br />

dem Kalkstein „Pierre Bleu“ verkleidet. Die Arbeitsfläche<br />

besteht aus dem gleichen Material<br />

Foto: Gebhard Sengmüller<br />

Fronten aus großformatigen Natursteinplatten mit<br />

einer Stärke von drei Zentimetern, die auf 2,8 Zentimeter<br />

kalibriert wurden, unter Berücksichtigung der<br />

späteren Fugenbreiten. Dabei beachteten die Handwerker,<br />

dass Maserungen und zarte Strukturierung in<br />

Form einer leichten, flockigen Musterung über die Einzelfronten<br />

von Platte zu Platte weiterlaufen. So wurde<br />

der monolithische Eindruck verstärkt, und es entstanden<br />

keine „Brüche“.<br />

ANSPRUCH AN PERFEKTION<br />

„Herausfordernd ist immer unser Anspruch an Perfektion“,<br />

erklärt Manfred Breitwieser jun. „Die Fräsungen,<br />

Materialübergänge oder homogen verlaufende Musterungen<br />

setzen den <strong>Stein</strong> in seiner Individualität in Szene.<br />

Besonders und aufwendig ist an diesem Projekt die<br />

Oberflächenbearbeitung: Mittels Waterjet blieben die<br />

Struktur und die Farbe des <strong>Stein</strong>s naturnah und etwas<br />

gröber. Zusätzlich wurde die Oberfläche noch gebürstet<br />

und handveredelt.“ Die Montage der großformatigen<br />

Platten erfolgte in einem Spezialverfahren mit Leichtbauweise,<br />

und die Fugen stellten die Handwerker mit<br />

einem Spezialpolymer her.<br />

PERFEKTE ZUSAMMENARBEIT<br />

Rudolf <strong>Stein</strong>kogler erinnert sich vor allem an die Einbringung<br />

der Natursteinplatten als besondere Herausforderung,<br />

denn für das Badezimmer – hier wurde brasilianischer<br />

„Negresco Leather“ verbaut – wurden die<br />

großformatigen Platten per Kran eingehoben und in die<br />

Geschosse getragen. Die Abstimmung zwischen dem<br />

ausführenden Tischler und <strong>Stein</strong>metzbetrieb Breitwieser<br />

funktionierte laut Architekt hervorragend – vom<br />

Datenaustausch in der Planung, über die Montagevorbereitung<br />

bis hin zur eigentlichen Montage vor Ort.<br />

NATURSTEIN FÜR DIE KÜCHE<br />

Die Firma Breitwieser verwendet für ihre Küchen hauptsächlich<br />

Natursteine, die säurebeständig sind. Andern-<br />

S01| <strong>2023</strong> 9


INTERVIEW MIT PAUL STAMPA<br />

NACHHALTIG IST<br />

AUCH DAUERHAFT<br />

Erstmals gab es beim diesjährigen Deutschen Naturstein Preis auch<br />

eine Auszeichnung für den studentischen Nachwuchs. Als Sieger ging<br />

Paul Stampa mit seinem Entwurf des „Hauses der <strong>Stein</strong>e“ hervor, das<br />

die <strong>Stein</strong>industrie der Region Solnhofen repräsentiert. Wir sprachen mit<br />

dem angehenden Architekten, der das Studium an der TU Dresden<br />

voraussichtlich in diesem Jahr mit dem deutsch-französischen Doppeldiplom<br />

abschließen wird.<br />

Auszeichnung für den studentischen Nachwuchs: Paul Stampa fertigte<br />

seinen Entwurf des Hauses der <strong>Stein</strong>e im Seminar von Ansgar und<br />

Benedikt Schulz „Entwerfen und Konstruieren“ an der TU Dresden<br />

Foto: Paul Stampa<br />

16 S01| <strong>2023</strong>


STEINE BEARBEITEN<br />

STEIN: „Haus der <strong>Stein</strong>e“ – dieser Name hat etwas<br />

sehr Grundsätzliches, Herr Stampa. Was müssen wir<br />

uns konkret darunter vorstellen?<br />

Paul Stampa: Dieses Haus repräsentiert die <strong>Stein</strong>industrie<br />

der Region Solnhofen. Räumlich und thematisch gliedert<br />

sich das Ensemble in vier Bereiche: Museum, Werkstätten,<br />

Seminar und Café. Die Gebäude gruppieren sich<br />

um einen öffentlichen Platz, der sich leicht abfallend zu<br />

Landschaft ins Tal hin öffnet. Die bereits bestehenden<br />

Wege werden über den Platz gelenkt. Dadurch wird die<br />

Anlage Teil des vorgefundenen Wegenetzes.<br />

STEIN: Womit wir schon bei Ihrem preisgekrönten<br />

Projekt wären. Wie kam es dazu?<br />

Stampa: Die Aufgabe, das Haus der <strong>Stein</strong>e in Mörnsheim<br />

zu entwerfen, hatten meine Professoren Ansgar und Benedikt<br />

Schulz gestellt (Büro Schulz & Schulz). Das war im<br />

sechsten Semester meines Studiums an der TU Dresden,<br />

genauer am Lehrstuhl Entwerfen und Konstruieren.<br />

Mit dem Motiv des Bergfrieds schafft<br />

Paul Stampa eine moderne Landmarke<br />

STEIN: Das Museum erinnert an eine mittelalterliche<br />

Burg ...<br />

Stampa: Ja, das ist meine Intention. Die Region ist geprägt<br />

von Hängen, auf denen alte verfallene Burgen<br />

thronen, etwa die Burgruinen Mörnsheim, Wellheim<br />

oder Obere Veste. Aufgrund der topografischen Situation<br />

– auch das Areal des alten <strong>Stein</strong>bruchs liegt auf<br />

einem Hügel oberhalb eines Dorfes – habe ich das Motiv<br />

des Bergfrieds aufgenommen und mit meinem Entwurf<br />

eine moderne fernwirksame Landmarke geschaffen, die<br />

sich in die landschaftliche Logik des Altmühltals einfügt.<br />

STEIN: Ins Zentrum haben Sie einen Platz gesetzt, der<br />

ein bisschen an eine Piazza erinnert. Welche Rolle<br />

spielt er im Ensemble?<br />

Stampa: Tatsächlich ist die Idee des dichten Platzes an<br />

die Struktur eines italienischen Bergdorfs angelehnt. In<br />

Italien spielt es eine große Rolle, wie die Plätze mit der<br />

Landschaft agieren, wie sie sich öffnen. Mir gefällt dieses<br />

Konzept der Dichte. Der Campus des Hauses der<br />

<strong>Stein</strong>e hat ja etwas sehr Urbanes: Quasi mitten im<br />

Nichts entsteht ein offenes Zentrum mit Aufenthaltsqualität.<br />

Ich finde es wichtig, dass der repräsentative<br />

Ort jederzeit zugängig ist, also dass es keinen Zaun gibt<br />

und keine eingeschränkten Öffnungszeiten. Hier kann<br />

etwas Neues entstehen, auch außerhalb des musealen<br />

Kontextes oder der Werkstätten. Ansonsten gibt es<br />

drumherum nur einige vereinzelt Häuser und Hallen.<br />

Foto: Paul Stampa<br />

STEIN: „Der ortsprägende Jura-Kalkstein wird mit großer<br />

Selbstverständlichkeit materialgerecht eingesetzt“,<br />

heißt es in der Begründung der Jury des Deutschen<br />

Naturstein-Preises. Hatten Sie sich vorher<br />

S01| <strong>2023</strong> 17


INTERVIEW MIT UWE STRÖHMANN<br />

ATEMBERAUBENDE<br />

FARBIGKEIT<br />

Fotos: Paul Stampa<br />

24 S01| <strong>2023</strong>


STEINE BEARBEITEN<br />

Mit einem frei stehenden Küchenblock bewarb sich Ströhmann <strong>Stein</strong>design<br />

um den Mapei Best Project Award 2022. Bei diesem repräsentativen<br />

Projekt wurde eine außergewöhnliche Optik mit einer handwerklich<br />

hochwertigen Arbeit verbunden. STEIN sprach mit <strong>Stein</strong>metz- und<br />

<strong>Stein</strong>bildhauermeister Uwe Ströhmann.<br />

STEIN: Herr Ströhmann, haben Sie sich über die Auszeichnung<br />

von Mapei gefreut?<br />

Uwe Ströhmann: Ja, sehr. Dieser frei stehende Küchenblock<br />

in einem privaten Objekt im Taunus hat wirklich<br />

ganz ungewöhnliche Farben und Muster. Aber auch in<br />

handwerklicher Hinsicht ist er außergewöhnlich.<br />

Fotos: Ströhmann <strong>Stein</strong>design<br />

Mit Leidenschaft für Naturstein: <strong>Stein</strong>metz- und <strong>Stein</strong>bildhauermeister<br />

Uwe Ströhmann, Inhaber Ströhmann <strong>Stein</strong>design<br />

aus Hofheim im Taunus<br />

STEIN: Wie kam es dazu, dass Sie diesen Naturstein<br />

ausgewählt haben?<br />

Ströhmann: Eine grobe Küchenplanung lag bereits vor.<br />

Ich bin dann mit den Kunden nach Italien in die Nähe von<br />

Verona gefahren. Nikolaus Bagnara, einer der führenden<br />

Natursteinbetriebe mit eigenen <strong>Stein</strong>brüchen, führt eine<br />

wirklich sehr große Auswahl an Natursteinen.<br />

Der ausdrucksstarke Quarzit aus Brasilien mit seiner<br />

starken Maserung und seinen Karamell-Braun-Tönen<br />

hat dem Kunden spontan gefallen. Dieses Unikat<br />

passt sehr gut zu den dunklen Holzmöbeln und der<br />

hellen, offenen Küche mit ihrem Travertinboden und<br />

vielen Fenstern.<br />

Die Natursteinplatten haben ein Maß von 2,70 auf 1,10<br />

Meter und waren für den Küchenblock und die Spüle<br />

ausreichend. Im Rendering ermittelten wir vorab die<br />

Plattenoptimierung und die ideale Anordnung der Platten,<br />

damit ein schöner Maserungsverlauf und möglichst<br />

wenig Verschnitt gewährleistet waren. Die Plattenstärke<br />

liegt bei zwei Zentimetern. Die Kanten außen<br />

wurden optisch – bei den Arbeitsplatten auf vier Zentimeter<br />

bzw. bei der Theke auf acht Zentimeter – mit auf<br />

Gehrung verklebten Kanten erhöht. Dies ist wegen des<br />

Gewichts üblich und sinnvoll.<br />

S01| <strong>2023</strong> 25


RESILIENZ<br />

SO KOMMEN SIE<br />

GUT DURCHS NEUE<br />

JAHR<br />

40 S01 | <strong>2023</strong>


KUNDEN GEWINNEN<br />

Die Zeiten sind anstrengend und bleiben es. Unternehmen und Teams<br />

brauchen eine gewisse Robustheit und Widerstandskraft – die Psychologie<br />

spricht von Resilienz. Was hierfür wichtig ist, lesen Sie in diesem<br />

Schwerpunkt.<br />

Von Annette Mühlberger<br />

Foto: Pixabay<br />

Wir leben in einer Zeit multipler Krisen. Die Komplexität,<br />

Pandemie, Mangelwirtschaft, Energiekrise und rückläufige<br />

Konjunktur vor dem Hintergrund gesellschaftlicher,<br />

ökologischer und geopolitischer Verwerfungen zu meistern,<br />

fordert Unternehmen, Mitarbeitende und Führungskräfte<br />

heraus. Auch das Handwerk ist nicht ausgenommen,<br />

wenngleich das Gewerk wirtschaftlich gut durch<br />

die vergangenen Jahre kam.<br />

WIE REAGIEREN SIE AUF VERÄNDERUNGEN?<br />

Die Sicherung der Zukunftsfähigkeit verlangt Robustheit,<br />

genauso wie die Fähigkeit, sich agil an neue Situationen<br />

anzupassen. Gelingt dies, spricht man von Resilienz.<br />

Eigentlich kommt der Begriff aus der Psychologie.<br />

Er beschreibt die Fähigkeit von Menschen, auf Veränderungen<br />

zu reagieren, indem sie umdenken und ihr Verhalten<br />

adaptieren, um sich vor negativen Einflüssen zu<br />

schützen. Solche individuellen Bewältigungsstrategien<br />

lassen sich auch vorbeugend für die Stressprävention<br />

und das Gesundheitsmanagement nutzen.<br />

Im betriebswirtschaftlichen Zusammenhang taucht der<br />

Begriff erst seit einigen Jahren auf, aktuell insbesondere<br />

rund um die Lieferketten und ihre weltweiten Probleme.<br />

Seitdem scheint Resilienz das Allheilmittel gegen die<br />

Dauerkrise zu sein – sowohl auf individueller, als auch<br />

auf organisatorischer und gesellschaftlicher Ebene.<br />

DAS MANAGEMENT IST ENTSCHEIDEND<br />

Das Bonner Institut für Mittelstandsforschung (IfM)<br />

fand heraus, dass die individuelle Resilienz von Unternehmerpersonen<br />

in KMU eng mit der Widerstandskraft<br />

der Unternehmen selbst zusammenhängt. Wie resilient<br />

Unternehmer und Unternehmerinnen sind, hängt<br />

dabei von zahlreichen Faktoren ab - etwa ihrer psychischen<br />

Gesundheit, ihrer allgemeinen Lebenszufriedenheit,<br />

von ihren Gefühlen und Sorgen, ihren persönlichen<br />

und gesellschaftlichen Einstellungen sowie an<br />

ihrem sozialen und familiären Netzwerk.<br />

Anders als das betriebliche Risikomanagement, bei<br />

dem Firmen mit Blick auf die Zukunft mögliche Szenarien<br />

analysieren und eine entsprechende Vorsorge<br />

treffen, geht es bei Resilienz um die Fähigkeit zur Anpassung.<br />

Wie wichtig dies ist, zeigt der Forschungsstand,<br />

den das Institut für Mittelstandsforschung zusammengefasst<br />

hat:<br />

• Das Resilienz-Profil eines Betriebes ist entscheidend<br />

dafür, mit welchem Handlungsspielraum Firmen<br />

Unvorhergesehenes bewältigen und eine<br />

Krise sogar als Sprungbrett für mehr Wachstum,<br />

zum Beispiel die Entwicklung neuer Geschäftsfelder<br />

nutzen.<br />

• Resiliente Führungskräfte erhöhen die Anpassungs-<br />

und Lernfähigkeiten von Unternehmen.<br />

• Resiliente Chefinnen und Chefs suchen eher nach<br />

Alternativen und kreativen Lösungen zur Problembewältigung.<br />

TEAMS NICHT ÜBERFORDERN<br />

Trotzdem unterschätzen Führungskräfte durchaus,<br />

welche Unterstützung und welches Durchhaltevermögen<br />

Veränderung aufseiten der Mitarbeitenden<br />

braucht. Fachkräfte im eigenen Team, aber auch Kollegen<br />

oder Kolleginnen, mit denen extern zusammengearbeitet<br />

wird, sind gegenüber neuen Prozessen oftmals<br />

skeptisch, wenig motiviert und schnell überfordert.<br />

Hinzu kommt: Nicht alle sind gleich alt, gleich schnell,<br />

gleich offen, ähnlich digital oder qualifiziert, um Umstellungen<br />

flexibel und offen zu begegnen. Die Diversität der<br />

verschiedenen Persönlichkeiten, die unterschiedlichen<br />

Geschwindigkeiten und Qualifikationen in einem Team<br />

als guten Startpunkt zu begreifen (und nicht als Hindernis),<br />

gilt deshalb ebenso als Voraussetzung dafür, sich<br />

erfolgreich an neue Situationen anpassen zu können.<br />

ANPASSUNG IST ANSTRENGEND<br />

Anpassung braucht Ausdauer. Schließlich muss sich der<br />

Mensch von lieb gewonnen Gewohnheiten und funktionierenden<br />

Abläufen verabschieden. Innere Widerstände<br />

S01| <strong>2023</strong> 41


QUEREINSTEIGER<br />

TALENTIERTE<br />

HANDWERKER<br />

GESUCHT<br />

50 S01 | <strong>2023</strong>


CHANCEN NUTZEN<br />

Es gibt nicht genügend Fachkräfte in Deutschland, daher müssen Handwerksunternehmer<br />

kreativ werden. Eine Möglichkeit ist, bewusst auf<br />

Quereinsteiger zuzugehen. Menschen mit anderen beruflichen Hintergründen,<br />

die sich mit dem <strong>Stein</strong>metz- und <strong>Stein</strong>bildhauerhandwerk identifizieren<br />

und entsprechende Kompetenzen oder Potenziale haben.<br />

Von Bärbel Daiber<br />

Foto: Schweizer Naturstein GmbH<br />

<strong>Stein</strong>metzlehre, Gesellenjahre, Meister und dann mit 65<br />

in Rente gehen – die Zeiten, in denen Menschen einen<br />

Beruf erlernten und diesen ihre gesamte Berufslaufbahn<br />

ausübten, nicht selten in ein und demselben Unternehmen,<br />

sind vorbei. 65 Prozent aller Kinder, die heute eingeschult<br />

werden, werden später Berufe ausüben, die<br />

heute noch nicht einmal existieren, stellt das World Economic<br />

Forum in seinem „Future of Jobs Report“ fest.<br />

Neue Berufe zu erlernen oder sich darin einzuarbeiten,<br />

gehört immer mehr zum Berufsleben. Menschen, die<br />

das gut können, sind gesucht: „Quereinsteiger/in gehört<br />

zu den Top-Suchbegriffen bei uns auf der Plattform“,<br />

sagt Tobias Zimmermann, Arbeitsmarktexperte<br />

bei der globalen E-Recruiting-Plattform StepStone.<br />

BETRIEBE SIND GUT BERATEN, QUEREINSTEI-<br />

GER EINZUSTELLEN<br />

„Die aktuelle Jobsituation ist ideal für alle, die sich<br />

überlegen, einmal etwas völlig anderes zu machen“,<br />

weiß Tobias Zimmermann. Das komme all jenen entgegen,<br />

die sich während der Pandemie Gedanken darüber<br />

gemacht haben, wie sie sich beruflich weiterentwickeln<br />

wollen. „Generell stehen die Chancen gut für<br />

Quereinsteiger/-innen. Warum? Wir erleben einen<br />

überraschend stabil boomenden Arbeitsmarkt. Wir<br />

sehen zum Beispiel gut 35 Prozent mehr offene Stellen<br />

bei uns auf der Plattform als noch vor einem Jahr. Im<br />

Vergleich zum Februar 2020 und damit Vor-Corona<br />

sind es ganze 68 Prozent mehr. Darüber hinaus wird<br />

sich der Wettbewerb um Personal immer weiter verschärfen.<br />

Die Baby-Boomer gehen jetzt in Rente, schon<br />

bald werden Millionen Arbeitskräfte fehlen. Und deshalb<br />

sind Betriebe gut beraten, auf Quereinsteiger zu<br />

setzen“, sagt der Arbeitsmarktexperte.<br />

GUTE ERFAHRUNGEN MIT QUEREINSTEIGERN<br />

So wie die Schweizer Naturstein GmbH in Empfingen,<br />

die auf ihrer Homepage unter dem Menüpunkt „Karriere“<br />

„Facharbeiter (m/w/d) für Natursteinarbeiten im<br />

<strong>Stein</strong>metzhandwerk, lernwillige Quereinsteiger mit<br />

handwerklichem Geschick“ sucht. <strong>Stein</strong>metz und Bauingenieur<br />

Manuel Schweizer und seine Mutter Gabi<br />

Schweizer führen das 1960 gegründete Unternehmen<br />

mit zehn Mitarbeitern. Sie haben mit mehreren Bewerbern,<br />

die berufsfremd waren, bereits gute Erfahrungen<br />

gemacht. „So haben wir beispielsweise gelernte Maler,<br />

Maurer oder aber Kfz-Mechaniker eingestellt. Bei allen<br />

ist eine super Entwicklung nach nur kurzer Zeit zu verzeichnen“,<br />

berichtet Manuel Schweizer.<br />

Er sagt, dass ihnen bei Quereinsteigern Zuverlässigkeit,<br />

Lernbereitschaft und handwerkliches Geschick wichtig<br />

seien. „Bei den Bewerbern achten wir auf handwerkliche<br />

Fähigkeiten und Interesse an handwerklichen Tätigkeiten.“<br />

Um die Kompetenzen und Talente von berufsfremden<br />

Bewerben festzustellen, setzen sie bei 90 Prozent<br />

ein Praktikum voraus: „Im Betrieb sieht man bereits<br />

nach wenigen Tagen bzw. Stunden, ob und in welchem<br />

Umfang die oben genannten Fähigkeiten vorhanden<br />

sind. Der Bewerber wünscht das Probearbeiten meist<br />

auch selbst. Er ist schließlich Quereinsteiger.“<br />

S01 | <strong>2023</strong> 51

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