14.12.2022 Aufrufe

Herzgesundheit

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

10<br />

Lesen Sie mehr auf gesunder-koerper.info<br />

Cholesterin<br />

verstehen<br />

FOTO: DR. MED. JOHANNES WIMMER, AEMPATHY GMBH<br />

Wie kann man sein individuelles<br />

Cholesterinrisiko und/oder seinen<br />

LDL-Wert bestimmen lassen?<br />

Ihr Arzt oder Ihre Ärztin entnimmt Blutproben,<br />

auf nüchternen Magen. Fallen im<br />

Labor bestimmte Werte zu hoch aus, wird<br />

in der Regel eine zweite Probe veranlasst.<br />

Im Gespräch mit dem Arzt wird dann<br />

das persönliche Risiko ermittelt und das<br />

weitere Vorgehen zur Senkung der Werte<br />

besprochen.<br />

Text Miriam Rauh<br />

Herr Dr. Wimmer, Herzinfarkt<br />

zählt zu den bedeutendsten<br />

Gesundheitsproblemen in<br />

den westlichen Industrienationen<br />

– wie hängen Herzkrankheiten<br />

und Cholesterinwerte zusammen?<br />

Hohe Cholesterinwerte zählen neben<br />

Bluthochdruck, Diabetes mellitus, Übergewicht<br />

und einem ungesunden Lebensstil<br />

zu den größten Risikofaktoren für<br />

Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Das Risiko,<br />

mit der Zeit einen Herzinfarkt oder<br />

einen Schlaganfall zu bekommen, ist also<br />

stark erhöht. Und es ist ja klar: Je mehr<br />

Faktoren auf einen selbst zutreffen, desto<br />

größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass es<br />

irgendwann eng wird.<br />

Ist Cholesterin immer schlecht oder<br />

erfüllt es auch bestimmte Aufgaben<br />

im Körper?<br />

Es gab Zeiten, in denen Cholesterin einen<br />

extrem schlechten Ruf hatte. Heute wissen<br />

wir jedoch, dass Cholesterin als Blutfett<br />

ein lebenswichtiger Bestandteil unserer<br />

Zellen und Grundbaustein vieler Hormone<br />

ist. Kein Wunder also, dass unser schlauer<br />

Körper einen Großteil des Cholesterins<br />

gleich selbst produziert, damit auch immer<br />

genügend Blutfett vorhanden ist. Etwa drei<br />

Viertel stellt er selbst her, den Rest nehmen<br />

wir über unsere Mahlzeiten auf. Wichtig<br />

zu wissen ist aber, dass Cholesterin nicht<br />

gleich Cholesterin ist. Es lässt sich in<br />

mehrere Untergruppen aufteilen. Dazu<br />

gehören unter anderem das LDL- und das<br />

HDL-Cholesterin. Das LDL-Cholesterin,<br />

das auch oft als schlechtes Cholesterin<br />

bezeichnet wird, hat den Job, das Cholesterin<br />

von der Leber über die Blutgefäße<br />

zu den Organen zu transportieren. Dort<br />

wird es für viele wichtige Aufgaben genutzt,<br />

was also erst mal nichts Schlechtes<br />

ist. Das HDL, das als das gute Cholesterin<br />

gilt, dient dem Rücktransport von überschüssigem<br />

Cholesterin aus den Organen<br />

und Gefäßwänden zur Leber, wo es dann<br />

abgebaut und mit der Gallenflüssigkeit<br />

ausgeschieden wird. Ist das Verhältnis<br />

zwischen LDL und HDL in Balance, dann<br />

läuft das alles wie geschmiert und es gibt<br />

keinen Grund zur Sorge. Ungemütlich wird<br />

es erst, wenn zu viel LDL im Körper ist.<br />

Welche Rolle spielt das LDL-Cholesterin<br />

für das Arteriosklerose- und Herzinfarktrisiko?<br />

Ist zu viel LDL-Cholesterin vorhanden,<br />

gelangt es quasi aus dem Blut in die<br />

Gefäßwand. Dadurch kann es zu einer<br />

Arteriosklerose kommen, auch bekannt<br />

als Gefäßverkalkung. Das kann man sich<br />

vorstellen wie bei einem Gartenschlauch,<br />

der mit der Zeit verstopft, sodass irgendwann<br />

immer weniger Wasser durchgeht.<br />

Im Körper nennt man diese Ablagerungen,<br />

die sich an den Gefäßwänden<br />

bilden, Plaques. Und auch hier gilt: Je<br />

enger das Gefäß, desto höher das Risiko,<br />

dass sich die Gefäße im Herzen und<br />

Gehirn irgendwann verschließen.<br />

Kann das LDL-Cholesterin auch bei<br />

Kindern und Jugendlichen Schäden<br />

anrichten?<br />

Ja, sie sind dann in der Regel genetisch<br />

bedingt. Das nennt sich dann familiäre<br />

Hypercholesterinämie, die vererbt wird,<br />

also angeboren ist. Auch in diesem Alter<br />

können schon Gefäßveränderungen entstehen.<br />

Darum ist es hier ganz besonders<br />

wichtig, die Sache gut im Blick zu behalten<br />

und die Werte regelmäßig checken zu<br />

lassen. Aber auch ohne genetisch bedingt<br />

erhöhte Werte steigt das Langzeitrisiko<br />

bei einem erhöhten Cholesterinspiegel im<br />

Körper in jungen Jahren, also das Risiko,<br />

einen Herzinfarkt zu erleiden. Und kommen<br />

dann im Laufe des Lebens auch noch<br />

besagte Faktoren wie Diabetes oder Rauchen<br />

hinzu, steigt das Risiko noch mehr.<br />

Wer ist außerdem von einem erhöhten<br />

Risiko betroffen? Welche Faktoren<br />

spielen eine Rolle?<br />

Jeder Mensch sollte seine Werte im Blick<br />

behalten, denn Arteriosklerose bemerkt<br />

man selbst erst, wenn die Sache ernst wird<br />

oder es zu spät ist, deswegen nennt man<br />

diese Art der Veränderung auch gerne<br />

stiller Killer. Einige Gruppen gelten aber<br />

als besonders gefährdet: Raucherinnen<br />

und Raucher, Menschen, die an Diabetes,<br />

einer Unterfunktion der Schilddrüse<br />

oder einer Herz-Kreislauf-Erkrankung<br />

wie der koronaren Herzkrankheit leiden,<br />

aber auch Personen mit einem sehr ungesunden<br />

und fettlastigen Essverhalten.<br />

Jeder<br />

Mensch<br />

sollte<br />

seine<br />

Werte<br />

im Blick<br />

behalten.<br />

Können die LDL-Werte auch zu niedrig<br />

sein?<br />

Der aktuelle Grundsatz lautet: Lower is<br />

better. Also: Niedriger ist besser. Wie<br />

niedrig die Werte bestenfalls sein sollten,<br />

hängt vom persönlichen Risiko ab. Je<br />

höher das Risiko, desto niedriger sollten<br />

die Werte sein. Wie die Werte aussehen<br />

sollten, erfahren Sie im Gespräch mit<br />

Ihrem Arzt oder Ihrer Ärztin.<br />

Wenn man die Veranlagung hat, viel<br />

LDL-Cholesterin zu bilden oder zu<br />

speichern – kann man dem durch<br />

seinen Lebensstil entgegenwirken?<br />

Das geht grundsätzlich schon. Oft reicht<br />

es schon, an ein paar Stellschrauben zu<br />

drehen. Gerade über die Säulen Ernährung<br />

und Bewegung kann man viel erreichen,<br />

und natürlich kann man sich auch das<br />

Rauchen abgewöhnen. Aber ich kann an<br />

dieser Stelle nur betonen: Sprechen Sie<br />

erst mal mit Ihrer Hausärztin oder Ihrem<br />

Hausarzt und lassen Sie die Werte checken,<br />

damit rechtzeitig bemerkt wird, wenn<br />

die Werte trotz gesunder Lebensweise zu<br />

hoch sind. Und diagnostizieren oder behandeln<br />

Sie sich nicht selbst auf eigene<br />

Faust, sondern lassen Sie Ihre Werte<br />

checken und sich dann in Ruhe beraten.<br />

Dann wissen Sie genau, wo Sie stehen und<br />

was zu tun ist. Ich sage immer, das ist wie<br />

abends beim Autofahren. Da schalten Sie<br />

ja auch die Scheinwerfer ein und fahren<br />

nicht einfach auf gut Glück ohne Licht los.<br />

Die meisten kennen ihre Blutdruckwerte,<br />

auch der Blutzucker wird im Rahmen<br />

von Vorsorgeuntersuchungen gecheckt.<br />

Gilt das auch für das Cholesterin?<br />

Ehrlich gesagt, kennen nur wenige Menschen<br />

all diese Werte. Die meisten Leute<br />

gehen nämlich nur äußerst ungern zu<br />

Vorsorgeuntersuchungen. Und zum Arzt<br />

geht’s erst, wenn’s wehtut. Und da kommen<br />

wir auch schon zum Problem mit dem<br />

Cholesterin – das tut nämlich nicht weh.<br />

Wir können über Jahre hohe Cholesterinwerte<br />

haben, ohne es zu merken. Ohne<br />

dass es uns schlecht geht. Wenn Sie mich<br />

also fragen, ob in der Hausarztpraxis<br />

regelmäßig Blutdruck, Blutzucker UND<br />

Cholesterin gecheckt werden sollten,<br />

auch bei jüngeren Patienten, dann<br />

würde ich sagen: Unbedingt! Warum<br />

warten, bis die Arteriosklerose richtig<br />

schlimm ist, statt so früh wie möglich<br />

darüber zu sprechen, wie man erhöhte<br />

Werte in den Griff bekommen kann?<br />

Man muss sich<br />

im Leben nicht<br />

alles verbieten,<br />

auch nicht die<br />

Pommes oder<br />

die Sahnesoße.<br />

Lassen sich LDL-C-Zielwerte durch<br />

eine Anpassung der Ernährung erreichen?<br />

Oder muss auch zu anderen<br />

Maßnahmen gegriffen werden? Welche<br />

sind das?<br />

Die erste Maßnahme sollte immer der Besuch<br />

in der Arztpraxis sein, damit man<br />

nicht einfach auf gut Glück loslegt. Im<br />

Gespräch mit dem Arzt oder der Ärztin<br />

werden dann die Maßnahmen besprochen.<br />

Dazu gehören zum Beispiel mehr<br />

Bewegung, nicht zu rauchen und weniger<br />

Alkohol. Aber – vor allem – die Umstellung<br />

der Ernährung und, wenn nötig, ein paar<br />

Kilo weniger auf der Waage. Bringen diese<br />

Maßnahmen keine Veränderung und ist<br />

die Lage ernst, wird der Arzt auch über<br />

eine medikamentöse Behandlung sprechen.<br />

Eine Veränderung des Lebensstils<br />

ist aber natürlich immer die erste Wahl<br />

und bringt in der Regel auch gute Erfolge –<br />

für die Cholesterinwerte, aber auch für das<br />

allgemeine Wohlbefinden. Wenn man gesund<br />

lebt, fühlt man sich eben auch besser.<br />

Wie sieht denn die ideale Ernährung<br />

zur Senkung der Werte aus?<br />

Im Prinzip sind es die Basics einer gesunden<br />

Ernährung: Viel Gemüse und Hülsenfrüchte<br />

essen, dazu zwei Portionen Obst<br />

am Tag, Vollkorn- statt Weißmehlprodukte<br />

und hochwertige Pflanzenöle verwenden,<br />

etwa Oliven-, Sonnenblumen- oder Leinöl.<br />

Auch Omega-3-Fettsäuren sind wichtig,<br />

weil unser Körper sie nicht selbst herstellen<br />

kann. Sie stecken in Fisch bzw.<br />

in Fischöl, aber z. B. auch in Leinsamen.<br />

Deutlich reduzieren sollte man tierische<br />

Fette, also Fleisch, Wurst, Butter, Käse,<br />

Sahne. Und die fiesen drei sollte man<br />

auch aus der Küche verbannen: Fast Food,<br />

Fertiggerichte und Zuckerbomben.<br />

Haben Sie noch einen Tipp zur<br />

Vorsorge?<br />

Ich lebe selbst nach dem Motto: Man muss<br />

sich im Leben nicht alles verbieten, auch<br />

nicht die Pommes oder die Sahnesoße ab<br />

und zu als Genuss. Sofern es Ausnahmen<br />

bleiben und man sich im Alltag gesund<br />

ernährt, aktiv und in Bewegung bleibt<br />

und auf sich achtet, ist das alles gar kein<br />

Thema. Dann kann man sich auch Ungesundes<br />

ab und zu genehmigen. Aber:<br />

Egal wie gesund Sie unterwegs sind –<br />

die Vorsorge sollte niemals auf der<br />

Strecke bleiben, ob es nun um Cholesterin-<br />

oder Krebsfrüherkennung geht.<br />

Es ist immer besser, hinzuschauen und früh<br />

zu handeln, als mit verbundenen Augen<br />

durchs Leben zu gehen.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!