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K lima w a n d e l & W a sse rk ra ft - SWV

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Totensee/Grimsel, Bild: KWO, Foto R. Bösch<br />

Totensee/Grimsel, Bild: KWO, Foto R. Bösch<br />

4-2011<br />

8. Dezember 2011<br />

· K<strong>lima</strong>wandel und Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong><br />

· Integ<strong>ra</strong>les Flussgebiets-<br />

Management «Teil 2»<br />

· Ju<strong>ra</strong>gewä<strong>sse</strong><strong>rk</strong>orrektion<br />

· 100. Hauptversammlung <strong>SWV</strong>


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II «Wa<strong>sse</strong>r Energie Lu<strong>ft</strong>» – 103. Jahrgang, 2011, He<strong>ft</strong> 4, CH-5401 Baden<br />

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Roger Pfammatter<br />

Geschä<strong>ft</strong>sführer <strong>SWV</strong>,<br />

Directeur ASAE<br />

Gewinner und Verlierer<br />

Prognosen sind schwierig, besonders wenn sie<br />

die Zukun<strong>ft</strong> betreffen – dieses unter anderem dem<br />

früheren britischen Premierminister Winston Churchill<br />

zugeschriebene Zitat passt auch auf den K<strong>lima</strong>wandel<br />

und seine Auswi<strong>rk</strong>ungen. Die Unsicherheiten über die<br />

vo<strong>ra</strong>ussichtlichen Veränderungen sind gross und die<br />

Zusammenhänge komplex. Klar und augenscheinlich<br />

ist eigentlich nur, dass der Wandel stattfindet. Gut zu<br />

beobachten ist das beispielsweise am <strong>ra</strong>sant vo<strong>ra</strong>nschreitenden<br />

Abschmelzen unserer Gletscher. Bis<br />

Ende des 21. Jahrhunderts werden die Eisma<strong>sse</strong>n<br />

in der Schweiz vo<strong>ra</strong>ussichtlich verschwunden sein.<br />

Das ergibt nicht nur ein komplett neues Bild unserer<br />

Berglandscha<strong>ft</strong>, sondern hat auch weit ernstha<strong>ft</strong>ere<br />

Folgen.<br />

Die Relevanz des K<strong>lima</strong>wandels in der Wa<strong>sse</strong>rwirtscha<strong>ft</strong><br />

ist vielfältig. Auf der einen Seite weist die<br />

Nutzung der Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong>rä<strong>ft</strong>e unter allen Stromquellen<br />

die geringsten Emissionen von Treibhausgasen auf<br />

und trägt damit am wenigsten zur Erwärmung bei.<br />

Auf der anderen Seite bewi<strong>rk</strong>t der Wandel relevante<br />

Veränderungen am Wa<strong>sse</strong>rhaushalt: höhere Tempe<strong>ra</strong>turen,<br />

Gletscherschmelze und veränderte Niederschlagsmuster<br />

haben direkte Folgen für die Menge<br />

und zeitliche Verteilung der Abflü<strong>sse</strong> in unseren Ge-<br />

Des gagnants et des perdants<br />

Les pronostics sont difficiles, surtout lorsqu’ils<br />

concernent l’avenir – cette citation de l’ancien Premier<br />

ministre britannique Winston Churchill est aussi valable<br />

pour le changement c<strong>lima</strong>tique et ses consé-quences.<br />

Les incertitudes liées aux changements attendus sont<br />

élevées et les liens complexes. En réalité, seul est clair<br />

et évident que le changement ait lieu; ce qu’on peut<br />

observer par la fonte inexo-<strong>ra</strong>ble de nos glaciers.<br />

Ainsi, au rythme actuel, les ma<strong>sse</strong>s de glace auront<br />

probablement disparu de la Sui<strong>sse</strong> à la fin du 21 ème<br />

siècle. Non seulement cela modifie<strong>ra</strong>it profondément<br />

l’image de nos monta-gnes, mais des conséquences<br />

bien plus fâcheuses sont à prévoir.<br />

Les effets du changement c<strong>lima</strong>tique pour<br />

l’aménagement des eaux sont divers. D’un côté,<br />

l’utilisation des énergies hyd<strong>ra</strong>uliques est la source<br />

de cou<strong>ra</strong>nt présentant la plus faible émission en gaz à<br />

effet de serre, contribuant ainsi le moins au réchauffement.<br />

D’un autre côté, le changement modifie considé<strong>ra</strong>blement<br />

le régime des eaux: la hau<strong>sse</strong> des tempé<strong>ra</strong>tures,<br />

la fonte des glaciers et les modifications<br />

du schéma des précipitations ont des conséquences<br />

directes sur la quantité et sur la distribution temporelle<br />

des écoulements dans nos cours d’eau. Cela<br />

concerne en particulier la protection contre les crues<br />

(accumulation des événements extrêmes), la conser-<br />

Editorial<br />

wä<strong>sse</strong>rn. Das betrif<strong>ft</strong> insbesondere den Hochwa<strong>sse</strong>rschutz<br />

(Häufung von Extremereigni<strong>sse</strong>n), den Erhalt<br />

wertvoller Gewä<strong>sse</strong>rlebensräume (längere Trockenperioden,<br />

höhere Wa<strong>sse</strong>rtempe<strong>ra</strong>turen) und die Nutzung<br />

der Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong> (Geschiebebewegungen, Veränderung<br />

Abflussmengen und Produktion).<br />

Die Auswi<strong>rk</strong>ungen auf den K<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>sbetrieb<br />

wurden während der letzten drei Jahre mit der bisher<br />

umfa<strong>sse</strong>ndsten Studie untersucht (vgl. dazu die<br />

Artikelserie ab Seite 265 in diesem He<strong>ft</strong>). K<strong>lima</strong>-, Abfluss-<br />

und Gletschermodellierungen wurden mit Betriebsdaten<br />

zusammengeführt und da<strong>ra</strong>us die Veränderung<br />

der Stromproduktion abgeschätzt. Entgegen<br />

früher prognostizierter gro<strong>sse</strong>r Verluste kommen die<br />

Forscher zum Schluss, dass bis 2050 unter dem Strich<br />

keine wesentliche Veränderung der Jahresproduktion<br />

zu erwarten ist. Allerdings ist mit einschneidenden saisonalen<br />

und regionalen Umverteilungen zu rechnen.<br />

Es wird Produktionsgewinner und -verlierer geben.<br />

Zu Ersteren werden vermutlich die Laufk<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>e an<br />

den Mittellandflü<strong>sse</strong>n gehören, zu Letzteren die Speiche<strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>e<br />

im südlichen Wallis und Tessin. Es ist<br />

dies nicht die letzte Wahrheit – aber die Daten sind gut<br />

genug, um sich mit möglichen Anpassungsmassnahmen<br />

auseinanderzusetzen.<br />

vation des biotopes aquatiques d’intérêt (périodes de<br />

séchere<strong>sse</strong> plus étendues, tempé<strong>ra</strong>tures plus élevées<br />

de l’eau) et l’utilisation de l’énergie hyd<strong>ra</strong>ulique (mouvement<br />

des alluvions, modification des écoulements<br />

et production hyd<strong>ra</strong>ulique).<br />

Au cours des trois dernières années, les conséquences<br />

sur les cent<strong>ra</strong>les hyd<strong>ra</strong>uliques ont été examinées<br />

par la plus vaste étude menée jusqu’ici (cf. la<br />

série d‘article dès la page 265 de cette revue). Des modélisations<br />

du c<strong>lima</strong>t, de l’écoulement et des glaciers<br />

ont été réunies avec les données des exploitations, de<br />

sorte que l’on pui<strong>sse</strong> estimer la modification de la production<br />

électrique. En fin de compte, à l’encontre de<br />

résultats antérieurs pronostiquant de g<strong>ra</strong>ndes pertes,<br />

les chercheurs sont arrivés à la conclusion qu’aucune<br />

modification e<strong>sse</strong>ntielle de la production annuelle<br />

n’est à attendre d’ici 2050. Toutefois, d’importantes<br />

redistributions saisonnières et régionales sont à prévoir.<br />

En termes de production, il y au<strong>ra</strong> des gagnants<br />

et des perdants. Les aménagements le long des fleuves<br />

du Plateau feront probablement partie du premier<br />

groupe, les aménagements à accumulation au sud du<br />

Valais et au Tessin du deuxième groupe. Ces faits ne<br />

sont pas inéluctables – néanmoins ces données doivent<br />

être considérées afin d’y faire face avec des mesures<br />

d‘adaptation adéquates.<br />

«Wa<strong>sse</strong>r Energie Lu<strong>ft</strong>» – 103. Jahrgang, 2011, He<strong>ft</strong> 4, CH-5401 Baden III


265<br />

267<br />

273<br />

278<br />

285<br />

292<br />

300<br />

308<br />

Inhalt 4l2011<br />

Auswi<strong>rk</strong>ungen der K<strong>lima</strong>änderung auf die Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>nutzung –<br />

Einleitung und Überblick über das Projekt<br />

Bruno Schädler, Rolf Weingartner, Massimiliano Zappa<br />

Lokale K<strong>lima</strong>szenarien für die K<strong>lima</strong>impaktforschung in der Schweiz<br />

Thomas Bosshard, Sven Kotlarski, Christoph Schär<br />

Veränderung der Gletscher und ihrer Abflü<strong>sse</strong> 1900–2100 – Fallstudien<br />

Gornergletscher und Mattma<strong>rk</strong><br />

Daniel Farinotti, Andreas Bauder, Martin Funk<br />

Auswi<strong>rk</strong>ungen der K<strong>lima</strong>änderung auf die Geschiebef<strong>ra</strong>cht in Einzugsgebieten<br />

von K<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>sanlagen im Kanton Wallis<br />

Mélanie Raymond P<strong>ra</strong>long, Jens Martin Turowski, Dieter Rickenmann<br />

Alexander Beer, Valentin Mét<strong>ra</strong>ux, Thierry Gla<strong>sse</strong>y<br />

Auswi<strong>rk</strong>ungen auf die Wa<strong>sse</strong>rverfügba<strong>rk</strong>eit und Stromproduktion an<br />

den Beispielen Oberhasli und Mattma<strong>rk</strong><br />

Manfred Stähli, Mélanie Raymond-P<strong>ra</strong>long, Massimiliano Zappa<br />

Andreas Ludwig, F<strong>ra</strong>nk Paul, Thomas Bosshard, Christian Dup<strong>ra</strong>z<br />

Einfluss der K<strong>lima</strong>änderung auf die Stromproduktion der Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>e<br />

Löntsch und Prättigau<br />

Pascal Hänggi, Sonja Angehrn, Thomas Bosshard, Eivind Helland<br />

Donat Job, Daniel Rietmann, Bruno Schädler, Robert Schneider<br />

Rolf Weingartner<br />

Auswi<strong>rk</strong>ungen der K<strong>lima</strong>änderung auf die Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>nutzung<br />

in der Schweiz 2021–2050 – Hochrechnung<br />

Pascal Hänggi, Rolf Weingartner, Ma<strong>rk</strong>us Balmer<br />

K<strong>lima</strong>wandel: Handlungsbedarf für die schweizerischen Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>betreiber?<br />

Daniel Spreng<br />

IV «Wa<strong>sse</strong>r Energie Lu<strong>ft</strong>» – 103. Jahrgang, 2011, He<strong>ft</strong> 4, CH-5401 Baden<br />

185<br />

265<br />

279<br />

308


315<br />

340<br />

Integ<strong>ra</strong>les Flussgebietsmanagement/<br />

Gestion intég<strong>ra</strong>le de l’espace fluvial «Teil 2»<br />

Flussgebietsmodellierung mit der Simulationsso<strong>ft</strong>ware BASEMENT<br />

David Vetsch, Patric Rou<strong>sse</strong>lot, Roland Fäh<br />

Refuges à poissons aménagés dans les berges de rivières<br />

soumises aux éclusées<br />

Jean-Marc Ribi, Jean-Louis Boillat, Armin Peter, Anton Schleiss<br />

Der hydromorphologische Index der Diversität – «eine Messlatte<br />

für das ökologische Potenzial von Hochwa<strong>sse</strong>rschutzprojekten»<br />

Walter Gostner, Anton Schleiss<br />

Die beiden Ju<strong>ra</strong>gewä<strong>sse</strong><strong>rk</strong>orrektionen in historischer Perspektive<br />

Matthias Nast<br />

Neuer Schub für die Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>!<br />

Caspar Baader<br />

Protokoll der 100. ordentlichen Hauptversammlung des<br />

Schweizerischen Wa<strong>sse</strong>rwirtscha<strong>ft</strong>sverbandes,<br />

vom Donnerstag, 1. September 2011 in Solothurn<br />

Nachrichten<br />

Politik<br />

Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>nutzung<br />

Energiewirtscha<strong>ft</strong><br />

K<strong>lima</strong><br />

Rückblick Ve<strong>ra</strong>nstaltungen<br />

Ve<strong>ra</strong>nstaltungen<br />

Agenda<br />

Lite<strong>ra</strong>tur<br />

B<strong>ra</strong>nchen-Adre<strong>sse</strong>n<br />

Impressum<br />

Inhalt 4l2011<br />

«Wa<strong>sse</strong>r Energie Lu<strong>ft</strong>» – 103. Jahrgang, 2011, He<strong>ft</strong> 4, CH-5401 Baden V<br />

313<br />

313<br />

320<br />

327<br />

337<br />

343<br />

346<br />

351<br />

351<br />

352<br />

354<br />

355<br />

358<br />

359<br />

360<br />

360<br />

363<br />

364


swv · mmi · 7.07<br />

ARGE Hochrhein<br />

Die Arbeitsgemeinscha<strong>ft</strong> Renaturierung des Hochrheins und der<br />

Rheinaubund suchen per 1. April 2012 oder nach Vereinbarung eine/n<br />

Geschä<strong>ft</strong>sführer/in<br />

Arbeitsgemeinscha<strong>ft</strong> Hochrhein, 40 –60%<br />

Sind Sie eine flexible, initiative, hartnäckige Persönlichkeit mit einem<br />

naturwi<strong>sse</strong>nscha<strong>ft</strong>lichen Hintergrund, die vom Wa<strong>sse</strong>r begeistert ist und<br />

Gewä<strong>sse</strong>rschutzarbeit machen möchte?<br />

Ihre Arbeit besteht aus zwei Teilanstellungen. Sie leiten zu 20% die<br />

Geschä<strong>ft</strong>sstelle des Vereins «Arbeitsgemeinscha<strong>ft</strong> Renaturierung des<br />

Hochrheins» (ARGE). Die ARGE setzt sich seit 1996 als Zusammenschluss<br />

von rund 30 Fischerei- und Naturschutzorganisationen für die Anliegen<br />

des Gewä<strong>sse</strong>rschutzes entlang des Hochrheins ein. Sie informieren die<br />

Mitglieder und koordinieren die Intere<strong>sse</strong>n der Fischerei und des Naturschutzes.<br />

Im Zentrum Ihrer Tätigkeit für die ARGE stehen die Begleitung<br />

der Umsetzung von ökologischen Ausgleichsmassnahmen sowie die<br />

Umsetzung des Masterplans für die Geschiebereaktivierung am Hochrhein.<br />

20–40% arbeiten Sie beim Rheinaubund, einer nationalen Gewä<strong>sse</strong>rschutzorganisation.<br />

Als Projektleiter/in sind Sie für die Leitung von<br />

Gewä<strong>sse</strong>rschutzprojekten ve<strong>ra</strong>ntwortlich. Zu Ihrem Tätigkeitsfeld gehören<br />

neben der Facharbeit auch politisches Lobbying und Medienarbeit. Die<br />

Anstellung beim Rheinaubund ist auf 3 Jahre befristet.<br />

Wir erwarten von Ihnen einen Fachhochschul- oder Hochschulabschluss,<br />

gutes Verständnis ökologischer und v.a. hydrologischer Zusammenhänge,<br />

Intere<strong>sse</strong> an Verhandlungen sowie Berufserfahrung.<br />

Wir bieten Ihnen ein vielseitiges Tätigkeitsfeld mit gro<strong>sse</strong>m Gestaltungsfrei<strong>ra</strong>um<br />

im 5-köpfigen Team des Rheinaubundes. Der Arbeitsplatz ist<br />

Schaffhausen.<br />

Bewerbungen vorzugsweise per Mail bis am 30. Dezember 2011 an:<br />

Stefan Kunz, E-Mail: stefan.kunz@rheinaubund.ch. Mehr Informationen<br />

zum Rheinaubund und zur ARGE Hochrhein finden Sie unter:<br />

www.rheinaubund.ch.<br />

Werden Sie Mitglied beim<br />

Schweizerischen<br />

Wa<strong>sse</strong>rwirtscha<strong>ft</strong>sverband<br />

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l’Association sui<strong>sse</strong><br />

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des eaux<br />

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VI «Wa<strong>sse</strong>r Energie Lu<strong>ft</strong>» – 103. Jahrgang, 2011, He<strong>ft</strong> 4, CH-5401 Baden


Auswi<strong>rk</strong>ungen der K<strong>lima</strong>änderung auf die<br />

Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>nutzung<br />

Einleitung und Überblick über das Projekt<br />

Bruno Schädler, Rolf Weingartner, Massimiliano Zappa<br />

1. Einleitung<br />

Der Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong>reislauf ist direkt mit dem Wettergeschehen<br />

und damit mit dem K<strong>lima</strong><br />

verbunden, welches natürlichen und zunehmend<br />

auch anthropogenen Einflü<strong>sse</strong>n<br />

unterworfen ist. Im Alpengebiet reagiert<br />

der Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong>reislauf besonders sensitiv auf<br />

die K<strong>lima</strong>erwärmung, weil ein veränderter<br />

saisonaler Auf- und Abbau der Schneedecke<br />

und die langfristigen Schwankungen<br />

beim Wachsen und Abschmelzen der Gletscher<br />

einen unmittelbaren Einfluss auf die<br />

verfügbaren Wa<strong>sse</strong>rressourcen haben. Da<br />

in der Schweiz rund 56% der elektrischen<br />

Energie durch Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong> produziert werden<br />

(BFE, 2007a), sind die durch die K<strong>lima</strong>änderung<br />

beeinflussten Veränderungen<br />

des Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong>reislaufes äu<strong>sse</strong>rst wichtig<br />

für die st<strong>ra</strong>tegische Planung der Stromversorgung<br />

der Schweiz wie auch für die<br />

mittel- und langfristige Planung von Bau<br />

und Betrieb der Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>anlagen.<br />

Das Bundesamt für Energie hat in<br />

umfa<strong>sse</strong>nden Studien über die Energieperspektiven<br />

der Schweiz für das Jahr<br />

2035 alle Aspekte der Nachf<strong>ra</strong>ge und der<br />

Gewinnung der elektrischen Energie untersucht.<br />

In Bezug auf die Veränderung der<br />

Stromgewinnung durch die K<strong>lima</strong>veränderung<br />

bis 2035 wird festgestellt: «Bei wärmerem<br />

K<strong>lima</strong> nimmt das Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>angebot<br />

bis 2035 um rund sieben Prozent ab,<br />

dies als Folge geringerer Niederschläge<br />

und erhöhter Verdunstung. Das bedeutet,<br />

dass im Vergleich zu einer normalen K<strong>lima</strong>entwicklung<br />

ein zusätzliches Gask<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong><br />

notwendig ist» (BFE 2007a). Im spezifischeren<br />

Teilbericht Nr. 4 (BFE, 2007b)<br />

wird zudem erwähnt, dass bis in eine fernere<br />

Zukun<strong>ft</strong> (2070–2099) sogar mit einer<br />

Abnahme der Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>produktion von<br />

bis zu 17 Prozent gerechnet werden muss.<br />

Grundlage zu diesen Aussagen waren hydrologische<br />

Modellrechnungen in elf zumeist<br />

alpinen Einzugsgebieten (Horton<br />

et al., 2005), die auf K<strong>lima</strong>szenarien des<br />

Projektes PRUDENCE (Christensen et al.,<br />

2002) basierten. Die Resultate der hydrolo-<br />

gischen Berechnungen wurden dabei auf<br />

einfache Art auf das Mitteland ext<strong>ra</strong>poliert<br />

und in Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>produktion umgerechnet.<br />

Eine Synthese dieser Arbeiten findet<br />

sich in Piot (2005).<br />

Nach der intensiven Energiedebatte<br />

in der Schweiz vom Frühjahr 2011<br />

und dem ins Auge gefassten Ausstieg aus<br />

der Kernk<strong>ra</strong><strong>ft</strong> hat das Bundesamt für Energie<br />

die Perspektiven für das Jahr 2050 abgeschätzt<br />

und geht immer noch von einer<br />

Verminderung der Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>produktion<br />

von 7 Prozent (entsprechend etwa 2 TWh)<br />

aus (BFE, 2011; Stand Juni 2011).<br />

In den letzten Jahren sind wichtige<br />

Grundlagen zur Abschätzung der hydrologischen<br />

Veränderungen wesentlich<br />

verbe<strong>sse</strong>rt worden. In einem gro<strong>sse</strong>n Europäischen<br />

Forschungsprojekt ENSEM-<br />

BLES (van der Linden und Mitchell, 2009)<br />

wurden neue, umfa<strong>sse</strong>nde und detaillierte<br />

europäische regionale K<strong>lima</strong>szenarien e<strong>ra</strong>rbeitet.<br />

Diese K<strong>lima</strong>szenarien bildeten<br />

die Grundlage für die jetzt aktuellen noch<br />

weiter verfeinerten K<strong>lima</strong>szenarien für die<br />

Schweiz (CH2011, 2011; Bosshard, 2011;<br />

Bosshard et al., 2011). Auch sind in der<br />

Bild 1. Übersicht aller in dieser Studie untersuchten Gebiete.<br />

hydrologischen Modellierung wesentliche<br />

Fortschritte zu verzeichnen (Viviroli et al.,<br />

2009; Magnusson et. al., 2011; Haenggi,<br />

2011).<br />

Um für die Zukun<strong>ft</strong> über eine verbe<strong>sse</strong>rte<br />

quantitative Basis zu den erwarteten<br />

Entwicklungen der Wa<strong>sse</strong>rressourcen<br />

und der produzierten Energie zu<br />

verfügen, haben deshalb swi<strong>sse</strong>lectric<br />

research und das Bundesamt für Energie<br />

im Jahre 2008 nach einer erfolgreich<br />

durchgeführten Vorstudie zum Stand der<br />

Kenntni<strong>sse</strong> im Bereich K<strong>lima</strong>änderung und<br />

Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong> (Hänggi und Plattner, 2009)<br />

ein Forschungsprojekt zu diesem Thema<br />

lanciert. Ein gro<strong>sse</strong>r Teil der hyd<strong>ra</strong>ulischen<br />

K<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>sanlagen liegt im Wallis. Deshalb<br />

haben die Dienststelle für Energie und<br />

Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong> des Kantons Wallis sowie die<br />

FMV SA ein ergänzendes Projekt gestartet<br />

mit einem speziellen Fokus auf der Thematik<br />

Gletscher, Schnee und Geschiebe.<br />

Das Konzept des Gesamtprojektes<br />

sah vor, einerseits die Auswi<strong>rk</strong>ungen der<br />

K<strong>lima</strong>änderung auf den Abfluss in repräsentativen<br />

Einzugsgebieten der Schweiz<br />

und andererseits die Auswi<strong>rk</strong>ungen auf<br />

«Wa<strong>sse</strong>r Energie Lu<strong>ft</strong>» – 103. Jahrgang, 2011, He<strong>ft</strong> 4, CH-5401 Baden 265<br />

K<strong>lima</strong>wandel & Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>


K<strong>lima</strong>wandel & Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong><br />

Bild 2. Schematische Darstellung der Modellkette.<br />

den K<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>sbetrieb und die Stromproduktion<br />

anhand von mehreren Fallstudien<br />

mit unterschiedlichen K<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>stypen zu<br />

untersuchen (Bild 1).<br />

Die Forschungsprojekte wurden<br />

unter der Koordination des Netzwe<strong>rk</strong>es<br />

Wa<strong>sse</strong>r im Berggebiet und unter der Leitung<br />

des Geog<strong>ra</strong>phischen Instituts der<br />

Universität Bern (Rolf Weingartner, Bruno<br />

Schädler) und der Eidg. Forschungsanstalt<br />

für Wald, Schnee und Landscha<strong>ft</strong> (Massimiliano<br />

Zappa) von sechs Forschungsgruppen<br />

durchgeführt. Ein Synthesebericht<br />

(SGHL und CHy, 2011) gibt zusammenfa<strong>sse</strong>nd<br />

Auskun<strong>ft</strong> über die wichtigsten<br />

Forschungsresultate. Die angewandten<br />

Methoden und detaillierten Resultate sind<br />

in zwölf Fachberichten zusammengefasst,<br />

welche elektronisch verfügbar sind<br />

(Fachberichte, 2011). Die nachfolgenden<br />

Beiträge in der vorliegenden Ausgabe von<br />

«Wa<strong>sse</strong>r Energie Lu<strong>ft</strong>» fa<strong>sse</strong>n die wichtigsten<br />

Teile dieser Fachberichte zusammen.<br />

2. Grundlagen<br />

Als gemeinsame Grundlage für alle Arbeiten<br />

in diesem Projekt dienen die Resultate<br />

der K<strong>lima</strong>modellierung (Bosshard et al.,<br />

2011). Diese Daten sind die Eingangsgrö<strong>sse</strong>n<br />

für die Modelle zur Abbildung<br />

der Gletscherproze<strong>sse</strong>, des Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong>reislaufes<br />

und des Geschiebet<strong>ra</strong>nsportes (vgl.<br />

Bild 2). Das hydrologische Modell berechnet<br />

die Auswi<strong>rk</strong>ungen der Tempe<strong>ra</strong>tur-<br />

und Niederschlagsänderungen auf den<br />

Abfluss, auf die Abflussregimes und auf<br />

Extremereigni<strong>sse</strong> (Hoch-/Niedrigwa<strong>sse</strong>r),<br />

wobei im zeiltichen Ablauf die sich ver-<br />

ändernden Gletscherflächen berücksichtigt<br />

werden. Im Gletschermodell werden,<br />

ebenfalls auf Basis der Niederschlags- und<br />

Tempe<strong>ra</strong>turänderungssignale, die Gletscherflächen,<br />

-dicken und -volumen für<br />

die Zukun<strong>ft</strong> berechnet. Zudem wird modelliert,<br />

wo sich beim Abschmelzen der<br />

Gletscher neue Seen bilden können. Die<br />

Resultate über die Veränderung des Abflussverhaltens<br />

und über die Vergletscherung<br />

sind die notwendigen Eingangsgrö<strong>sse</strong>n<br />

zur Modellierung des Feststof<strong>ft</strong><strong>ra</strong>nsportes<br />

(Geschiebemodell). Im Rahmen<br />

dieser Untersuchungen wird der Eint<strong>ra</strong>g<br />

von Sedimentmaterial in die K<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>sanlagen<br />

(Speicherseen, Wa<strong>sse</strong>rleitungen,<br />

Turbinen) berechnet. Schliesslich werden<br />

in einem letzten Modell, basierend auf<br />

den vo<strong>ra</strong>ngegangenen Untersuchungen<br />

zur Hydrologie, Vergletscherung und zum<br />

Geschiebe, die Konsequenzen für den<br />

K<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>sbetrieb und die Energieproduktion<br />

ermittelt. Weitere Grundlagen für<br />

diese Modelle sind die technischen Beschreibungen<br />

der K<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>sanlagen und<br />

der Betriebsregeln. Auch sind Annahmen<br />

über die zu erzielenden Preise notwendig.<br />

In den Modellierungen für die zukün<strong>ft</strong>igen<br />

Zeiträume bleiben diese Grundlagen und<br />

Annahmen in der Regel unverändert.<br />

Alle Analysen wurden jeweils für<br />

zwei Zeitfenster in der Zukun<strong>ft</strong> durchgeführt:<br />

Die nahe Zukun<strong>ft</strong> umfasst den Zeit<strong>ra</strong>um<br />

von 2021–2050, die ferne Zukun<strong>ft</strong><br />

umschliesst den Zeitabschnitt von 2070-<br />

2099. Da die Konzessionen von Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>en<br />

bis zu 80 Jahre dauern, ist<br />

die Modellierung auf eine lange Sicht sehr<br />

wünschenswert. Als Referenzperiode die-<br />

nen in fast allen Teilstudien die geme<strong>sse</strong>nen<br />

Werte bzw. die entsprechenden<br />

Simulationsexperimente der Jahre 1980–<br />

2009. Als Antrieb für die globalen K<strong>lima</strong>modelle<br />

wurde in den Modellrechnungen<br />

mit wenigen Ausnahmen das weltweit gebräuchlicheTreibhausgas-Emissionsszenario<br />

A1B des Zwischenstaatlichen Ausschu<strong>sse</strong>s<br />

für K<strong>lima</strong>änderungen (IPCC,<br />

2008) verwendet. Diesem Szenario liegen<br />

Annahmen einer sta<strong>rk</strong> wachsenden globalen<br />

Wirtscha<strong>ft</strong>, einer zunehmenden Bevölkerungszahl<br />

und einer Energieversorgung,<br />

die sich zu 50% aus erneuerbaren und zu<br />

50% aus fossilen Energieträgern zusammensetzt,<br />

zugrunde (IPCC, 2008).<br />

3. Unsicherheiten<br />

Die Resultate der vorliegenden Untersuchungen<br />

unterliegen einer ganzen Reihe<br />

von Unsicherheiten. Gründe dafür sind<br />

unsichere Annahmen in den Emissionsszenarien<br />

bezüglich Bevölkerungs-, Technologie-,<br />

Wirtscha<strong>ft</strong>s- und Politikentwicklung.<br />

Zudem sind auch die Resultate der<br />

K<strong>lima</strong>-, Abfluss- und Gletschermodellierung<br />

Unsicherheiten unterworfen, da<br />

zum einen nicht alle relevanten Proze<strong>sse</strong><br />

im Detail abgebildet werden können und<br />

zum andern o<strong>ft</strong> die Datenlage ungenügend<br />

ist. Um die Grö<strong>sse</strong>nordnung der Unsicherheiten<br />

eingrenzen zu können, wurden jeweils<br />

mehrere unterschiedliche Modelle<br />

für die K<strong>lima</strong>-, Abfluss- und Gletscherentwicklung<br />

angewandt. Die Resultate zeigen,<br />

dass für Tempe<strong>ra</strong>tur, Gletscher und<br />

Schneedecke in der Grö<strong>sse</strong>nordnung und<br />

in der Richtung der Veränderungen unter<br />

den Modellen eine gute Übereinstimmung<br />

herrscht. Bei den Niederschlägen und Abflü<strong>sse</strong>n<br />

hingegen weisen die Resultate der<br />

verschiedenen Modelle zum Teil Werte mit<br />

unterschiedlichen Vorzeichen auf.<br />

Verdankung<br />

Wir bedanken uns bei swi<strong>sse</strong>lectric research,<br />

Bundesamt für Energie, Kanton Wallis und<br />

Forces Motrices Valaisannes für die Finanzierung<br />

des Projektes, beim Netzwe<strong>rk</strong> Wa<strong>sse</strong>r im<br />

Berggebiet NWB für die Unterstützung beim<br />

Projektstart und der Koordination, sowie bei<br />

Barba<strong>ra</strong> Lustenberger für die Mitarbeit am Synthesebericht.<br />

Lite<strong>ra</strong>tur<br />

BFE (2007a): Die Energieperspektiven 2035<br />

– Band 1 Synthese Modellrechnungen, Vergleiche,<br />

Bewertungen und He<strong>ra</strong>usforderungen, 128<br />

S., Bern.<br />

BFE (2007b): Die Energieperspektiven 2035<br />

– Band 4 Exkurse Einzelthemen, wie fossile Energieressourcen,<br />

Einfluss der K<strong>lima</strong>erwärmung,<br />

266 «Wa<strong>sse</strong>r Energie Lu<strong>ft</strong>» – 103. Jahrgang, 2011, He<strong>ft</strong> 4, CH-5401 Baden


Flugve<strong>rk</strong>ehr, Überblick über andere Energieperspektiven,<br />

301 S., Bern.<br />

BFE (2011): Faktenblatt, Energieperspektiven<br />

2050, Abschätzung des Ausbaupotenzials der<br />

Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>nutzung unter neuen Rahmenbedingungen.<br />

Bosshard, T. (2011): Hydrological c<strong>lima</strong>te-impact<br />

modeling in the Rhine catchment down to<br />

Cologne. Diss. ETH 19861. In press.<br />

Bosshard, T., Kotlarski, S., Ewen, T., and Schär,<br />

C. (2011): Spect<strong>ra</strong>l representation of the annual<br />

cycle in the c<strong>lima</strong>te change signal, Hydrol. Earth<br />

Syst. Sci., 15, 2777–2788, doi: 10.5194/hess-<br />

15-2777-2011.<br />

CH2011 (2011): Swiss C<strong>lima</strong>te Change Scenarios<br />

CH2011, published by C2SM, MeteoSwiss,<br />

ETH, NCCR C<strong>lima</strong>te and OcCC, Zurich, Switzerland,<br />

88 pp. ISBN 978-3-033-03065-7.<br />

Christensen, J.H., Carter, T., Giorgi, F. (2002):<br />

PRUDENCE employs new methods to a<strong>sse</strong>ss<br />

European c<strong>lima</strong>te change. In: EOS, 82, 147,<br />

2002.<br />

Fachberichte (2011): Fachberichte zum Projekt<br />

Auswi<strong>rk</strong>ungen der K<strong>lima</strong>änderung auf die Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>nutzung.<br />

Siehe: http://www.hydrologie.<br />

unibe.ch/projekte/ccwa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>.html.<br />

Hänggi, P. und Plattner, C. (2009): Projekt K<strong>lima</strong>-<br />

Lokale K<strong>lima</strong>szenarien für die K<strong>lima</strong>impaktforschung<br />

in der Schweiz<br />

Thomas Bosshard, Sven Kotlarski, Christoph Schär<br />

1. Einleitung<br />

Der globale K<strong>lima</strong>wandel ist eine nicht<br />

mehr zu bestreitende Tatsache und zeigt<br />

sich bereits heute in einer Vielzahl an Indikatoren.<br />

Hierzu zählen nicht nur langjährige<br />

Tempe<strong>ra</strong>turmessreihen, welche einen<br />

eindeutigen Erwärmungstrend auf globaler<br />

Skala offenbaren, sondern auch der<br />

weltweit beobachtete Rückzug von Gebirgsgletschern,<br />

der Anstieg des Meeresspiegels<br />

oder der Rückgang der Schneebedeckung<br />

in der Nordhemisphäre. Nach<br />

Einschätzung des Weltk<strong>lima</strong><strong>ra</strong>tes (IPCC,<br />

2007) ist der anthropogene Ausstoss von<br />

Treibhausgasen für den Grossteil der seit<br />

den 1950er-Jahren beobachteten Erwärmung<br />

ve<strong>ra</strong>ntwortlich. Für das 21. Jahrhundert<br />

wird generell mit einem weiterhin<br />

ungebremsten Tempe<strong>ra</strong>tu<strong>ra</strong>nstieg<br />

gerechnet, wobei die Intensität dieses<br />

änderung und Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>nutzung: Schlussbericht<br />

der Vorstudie. Hrsg. Kompetenznetzwe<strong>rk</strong><br />

Wa<strong>sse</strong>r im Berggebiet. Bern, Davos.<br />

Hänggi, P. (2011): Auswi<strong>rk</strong>ungen der hydrok<strong>lima</strong>tischen<br />

Variabilität auf die Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>nutzung<br />

in der Schweiz. Inaugu<strong>ra</strong>ldi<strong>sse</strong>rtation der<br />

Philosophischen-naturwi<strong>sse</strong>nscha<strong>ft</strong>lichen Fakultät<br />

der Universität Bern, Bern.<br />

Horton, P., Schaefli, B., Mezghani, A., Hing<strong>ra</strong>y,<br />

B., Musy, A. (2005): Prediction of c<strong>lima</strong>te change<br />

impacts on Alpine discharge regimes under A2<br />

and B2 SRES emission scenarios for two future<br />

time periods. Bundesamt für Energie, Energiewirtscha<strong>ft</strong>liche<br />

Grundlagen, Bern, 2005.<br />

IPPC (2008): K<strong>lima</strong>änderung 2007, Synthesebericht,<br />

Berlin.<br />

Magnusson, J., Farinotti, D., Jonas, T., Bavay,<br />

M. (2011): Quantitative evaluation of different<br />

hydrological modeling approaches in a partly<br />

glacierized Swiss watershed. Hydrol. Process.<br />

25: 2071–2084.<br />

Piot, M. (2005): Auswi<strong>rk</strong>ungen der K<strong>lima</strong>erwärmung<br />

auf die Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>produktion in der<br />

Schweiz. «Wa<strong>sse</strong>r Energie Lu<strong>ft</strong>», He<strong>ft</strong> 11/12, pp.<br />

365–367. Baden, 2005.<br />

SGHL und CHy (2011): Auswi<strong>rk</strong>ungen der K<strong>lima</strong>änderung<br />

auf die Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>nutzung – Synthe-<br />

Anstiegs sta<strong>rk</strong> von unseren zukün<strong>ft</strong>igen<br />

Treibhausgasemissionen abhängen wird.<br />

Dabei werden sich die in den kommenden<br />

Jahrzehnten erwarteten k<strong>lima</strong>tischen<br />

Veränderungen nicht auf die Tempe<strong>ra</strong>tur<br />

beschränken sondern auch weitere Grö<strong>sse</strong>n<br />

betreffen, insbesondere auch Komponenten<br />

des hydrologischen Kreislaufs<br />

wie Niederschlag und Evapot<strong>ra</strong>nspi<strong>ra</strong>tion.<br />

Als Folge de<strong>sse</strong>n ist mit entsprechenden<br />

Konsequenzen auch für den Bodenwa<strong>sse</strong>rhaushalt,<br />

die Schneebedeckung und<br />

das Abflussgeschehen zu rechnen. Bereits<br />

der Bericht des OcCC zur K<strong>lima</strong>zukun<strong>ft</strong> der<br />

Schweiz (OcCC und ProClim, 2007) gibt<br />

einen umfa<strong>sse</strong>nden Überblick über die zu<br />

erwartenden wa<strong>sse</strong>rwirtscha<strong>ft</strong>lichen Konsequenzen<br />

des K<strong>lima</strong>wandels und mögliche<br />

Anpassungsmassnahmen.<br />

Für detaillierte, quantitative Ana-<br />

sebericht. Beiträge zur Hydrologie der Schweiz,<br />

Nr. 18, 28. S., Bern. ISBN 978-3-033-02970-5<br />

Van der Linden , P. and Mitchell, J.F.B. (2009):<br />

ENSEMBLES: C<strong>lima</strong>te Change and its Impacts:<br />

Summary of research and results from the EN-<br />

SEMBLES project, Met Office Hadley Center,<br />

Exeter, UK, 160 pp.<br />

Viviroli, D., Zappa, M., Gurtz, J., Weingartner, R.<br />

(2009): An introduction to the hydrological modelling<br />

system PREVAH and its pre- and postprocessing-tools.<br />

Environmental Modelling &<br />

So<strong>ft</strong>ware 24(10): 1209–1222.<br />

Anschri<strong>ft</strong> der Verfa<strong>sse</strong>r<br />

Bruno Schädler, Rolf Weingartner<br />

Geog<strong>ra</strong>phisches Institut der Universität Bern<br />

Gruppe für Hydrologie<br />

Hallerstr. 12, CH-3012 Bern<br />

bruno.schaedler@giub.unibe.ch<br />

rolf.weingartner@giub.unibe.ch<br />

Massimiliano Zappa<br />

Eidg. Forschungsanstalt WSL<br />

Forschungseinheit «Gebirgshydrologie und<br />

Wildbäche»<br />

Zürcherst<strong>ra</strong><strong>sse</strong> 111, CH-8903 Birmensdorf<br />

massimiliano.zappa@wsl.ch<br />

lysen zum Einfluss des K<strong>lima</strong>wandels auf<br />

den Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong>reislauf und insbesondere<br />

das Abflussgeschehen und hydrologische<br />

Speicherfüllungen bedarf es Informationen<br />

zur erwarteten K<strong>lima</strong>veränderung<br />

mit einer hohen zeitlichen und räumlichen<br />

Auflösung. Solche Szenarien können in<br />

einem zweiten Schritt als Input für hydrologische<br />

Modellsysteme verwendet werden,<br />

um zu einer Abschätzung der zukün<strong>ft</strong>igen<br />

Entwicklung hydrologischer Komponenten<br />

zu gelangen. Eine entscheidende Bedeutung<br />

kommt hierbei der Quantifikation<br />

der Modellunsicherheiten auf allen involvierten<br />

Ebenen zu. Dies gilt in besonderem<br />

Ma<strong>sse</strong> für die verwendeten K<strong>lima</strong>szenarien,<br />

die am Beginn der gesamten Modellkette<br />

stehen. Während die K<strong>lima</strong>szenarien<br />

des OcCC Berichtes (OcCC und ProClim,<br />

2007) noch auf Ergebni<strong>sse</strong>n des EU-Pro-<br />

«Wa<strong>sse</strong>r Energie Lu<strong>ft</strong>» – 103. Jahrgang, 2011, He<strong>ft</strong> 4, CH-5401 Baden 267<br />

K<strong>lima</strong>wandel & Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>


K<strong>lima</strong>wandel & Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong><br />

Bild 1. Komponenten des K<strong>lima</strong>systems und ihre Darstellung in globalen und regionalen K<strong>lima</strong>modellen.<br />

jektes PRUDENCE (Christensen und Christensen,<br />

2007) basierten, wurden durch<br />

das Nachfolgeprojekt ENSEMBLES (van<br />

der Linden und Mitchell, 2009) aktualisierte<br />

regionale K<strong>lima</strong>szenarien für Europa mit<br />

verbe<strong>sse</strong>rten Modellen und einer höheren<br />

räumlichen Auflösung zur Verfügung gestellt.<br />

Diese Szenarien entsprechen dem<br />

neuesten Stand der regionalen K<strong>lima</strong>modellierung<br />

und erlauben eine detaillierte<br />

Abschätzung der Modell unsicherheiten.<br />

Die ENSEMBLES-Szenarien wurden im<br />

Rahmen der CH2011 Initiative (CH2011,<br />

2011) für die Schweiz aufbereitet und – in<br />

einer Vo<strong>ra</strong>bversion – in den beiden Projekten<br />

K<strong>lima</strong>änderung und Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>nutzung<br />

(swi<strong>sse</strong>lectric/Bundesamt für<br />

Energie) und CCHydro (Bundesamt für<br />

Umwelt) bereits zur Abschätzung des Einflu<strong>sse</strong>s<br />

des K<strong>lima</strong>wandels auf verschiedene<br />

hydrologische Systeme verwendet.<br />

Der folgende Artikel gibt einen Überblick<br />

über Datengrundlage,<br />

Methodik,<br />

Ergebni<strong>sse</strong> sowie<br />

Einschränkungen<br />

der neu erstellten<br />

lokalen K<strong>lima</strong>szenarien<br />

für das Gebiet<br />

der Schweiz.<br />

Tabelle 1. Übersicht<br />

über die<br />

zehn verwendeten<br />

GCM-RCM<br />

Modellketten des<br />

ENSEMBLES-<br />

Projektes.<br />

2. Zielsetzung<br />

Ziel der vorliegenden Studie war es, die<br />

aktuellsten regionalen K<strong>lima</strong>szenarien des<br />

ENSEMBLES-Projektes für hydrologische<br />

K<strong>lima</strong>impaktforschung in der Schweiz<br />

aufzubereiten. Im Fokus standen dabei<br />

die beiden Variabeln bodennahe Lu<strong>ft</strong>tempe<strong>ra</strong>tur<br />

(T) und Niederschlag (P). Ein<br />

besonderer Augenme<strong>rk</strong> galt der Schnittstelle<br />

zwischen K<strong>lima</strong>- und Impaktmodellen<br />

und ihrer Anwenderfreundlichkeit: Die<br />

entwickelten Produkte sollten einerseits<br />

einfach zu handhaben und verständlich<br />

sein, andererseits alle wesentlichen Aspekte<br />

des regionalen K<strong>lima</strong>wandels inklusive<br />

der Unsicherheiten regionaler K<strong>lima</strong>projektionen<br />

abbilden. Letzteres wurde<br />

durch die Auswertung von insgesamt 10<br />

unterschiedlichen K<strong>lima</strong>modellketten sichergestellt<br />

(s. Kapitel 3.1). Hinsichtlich<br />

der relevanten Zeitskalen sollten sowohl<br />

Abschätzungen für die nahe (Mitte des<br />

21. Jahrhunderts) als auch für die fernere<br />

Zukun<strong>ft</strong> (Ende des 21. Jahrhunderts) erfolgen.<br />

Dementsprechend wurden die beiden<br />

30-jährigen Zukun<strong>ft</strong>sperioden 2021–2050<br />

und 2070–2099 bet<strong>ra</strong>chtet, jeweils relativ<br />

zur aktuellen Referenzperiode 1980–2009.<br />

Je nach Anwendungsgebiet der K<strong>lima</strong>sze-<br />

268 «Wa<strong>sse</strong>r Energie Lu<strong>ft</strong>» – 103. Jahrgang, 2011, He<strong>ft</strong> 4, CH-5401 Baden


narien haben beide Perioden eine unterschiedliche<br />

Relevanz.<br />

3. Datengrundlage<br />

und Methoden<br />

3.1 Globale und regionale K<strong>lima</strong>modellierung<br />

Globale K<strong>lima</strong>modelle (GCMs), vor allem<br />

die neueste Gene<strong>ra</strong>tion gekoppelter Atmosphären-Ozean-Zi<strong>rk</strong>ulationsmodelle,<br />

erlauben die Abschätzung des Einflu<strong>sse</strong>s<br />

anthropogener Treibhausgasemissionen<br />

auf das K<strong>lima</strong> der Erde auf Grundlage<br />

physikalischer Gesetzmässigkeiten. Alle<br />

relevanten Komponenten des globalen<br />

K<strong>lima</strong>systems inklusive ihrer Wechselwi<strong>rk</strong>ungen<br />

sind in diesen Modellen berücksichtigt<br />

(Bild 1). Als Vorgabe zur Berechnung<br />

des zukün<strong>ft</strong>igen K<strong>lima</strong>s wird u.a. eine<br />

Abschätzung der zukün<strong>ft</strong>igen Entwicklung<br />

der atmosphärischen Treibhausgaskonzent<strong>ra</strong>tionen<br />

beruhend auf sogenannten<br />

Emissionsszenarien benötigt. Bedingt<br />

durch den hohen Rechenaufwand der Zi<strong>rk</strong>ulationsmodelle<br />

liegt die räumliche Auflösung<br />

globaler K<strong>lima</strong>szenarien jedoch<br />

im Bereich von 100–300 km, und damit<br />

jenseits der für viele Impaktstudien relevanten<br />

Grö<strong>sse</strong>nordnung. Hier setzen regionale<br />

K<strong>lima</strong>modelle (RCMs) an. Sie stellen<br />

das wichtigste We<strong>rk</strong>zeug dar, um die grob<br />

aufgelösten Informationen globaler K<strong>lima</strong>modelle<br />

auf die regionale Skala herunterzubrechen<br />

und K<strong>lima</strong>änderungsszenarien<br />

mit wesentlich höherer räumlicher Auflösung<br />

zu erstellen. Ähnlich wie globale Zi<strong>rk</strong>ulationsmodelle<br />

beschreiben RCMs die<br />

Vorgänge innerhalb der verschiedenen<br />

Komponenten des K<strong>lima</strong>systems sowie<br />

die Wechselwi<strong>rk</strong>ungen untereinander<br />

auf Grundlage physikalischer Prinzipien.<br />

Im Unterschied zu Globalmodellen wird<br />

hierbei jedoch nicht der gesamte Globus<br />

sondern nur eine bestimmte Region, z.B.<br />

Europa, bet<strong>ra</strong>chtet (Bild 2). Dies ermöglicht<br />

eine deutlich höhere räumliche Auflösung<br />

von derzeit ca. 10–50 km. Dieser<br />

Auflösungssprung ist verbunden mit einer<br />

be<strong>sse</strong>ren Beschreibung der regionalen<br />

Variabilität von K<strong>lima</strong>pa<strong>ra</strong>metern, was vor<br />

allem in einem topog<strong>ra</strong>phisch sta<strong>rk</strong> strukturierten<br />

Gelände wie den Alpen unerlässlich<br />

ist. Am Rande des regionalen Modellgebietes<br />

benötigt ein RCM Informationen<br />

über die grossskaligen Eigenscha<strong>ft</strong>en der<br />

atmosphärischen Strömung, die ihrerseits<br />

von globalen K<strong>lima</strong>modellen bereitgestellt<br />

werden. Man spricht von einer sogenannten<br />

Nestung, d.h. ein RCM wird in die Ergebni<strong>sse</strong><br />

eines globalen K<strong>lima</strong>modells<br />

eingebettet und übernimmt am Rande<br />

des Modellgebietes die Informationen<br />

dieses antreibenden Modells (Bild 2). Die<br />

dargestellte Methodik wird auch als dynamisches<br />

Downscaling, die Kombination<br />

eines GCMs mit einem RCM als Modellkette<br />

bezeichnet.<br />

Aufgrund unterschiedlicher Modellformulierungen<br />

mü<strong>sse</strong>n sich die Ergebni<strong>sse</strong><br />

verschiedener regionaler K<strong>lima</strong>modelle<br />

selbst bei identischem antreibenden<br />

GCM nicht exakt entsprechen.<br />

Vielmehr zeigt sich in Modellvergleichsstudien,<br />

dass einzelne Modelle mit ganz<br />

unterschiedlichen, individuellen Fehlercha<strong>ra</strong>kteristiken<br />

beha<strong>ft</strong>et sein können<br />

(z.B. Suklitsch et al., 2010). Die unterschiedlichen<br />

Fehlereigenscha<strong>ft</strong>en einzelner<br />

RCM’s können sich auch auf die simulierten<br />

K<strong>lima</strong>änderungssignale auswi<strong>rk</strong>en.<br />

Diese Modellunsicherheit wird noch vergrö<strong>sse</strong>rt,<br />

wenn verschiedene GCM’s als<br />

Randantrieb verwendet und/oder unter-<br />

schiedliche Emissionsszenarien vo<strong>ra</strong>usgesetzt<br />

werden. Eine weitere Unsicherheitsquelle<br />

ist die natürliche K<strong>lima</strong>variabilität,<br />

die durch eine einzelne regionale<br />

K<strong>lima</strong>simulation nicht adäquat dargestellt<br />

werden kann. Aus den genannten Gründen<br />

ist es wichtig, eine möglichst gro<strong>sse</strong><br />

Anzahl regionaler K<strong>lima</strong>simulationen zu<br />

bet<strong>ra</strong>chten, um Unsicherheitsbereiche<br />

eingrenzen und quantifizieren zu können.<br />

Die regionalen K<strong>lima</strong>simulationen des EN-<br />

SEMBLES-Projektes stellen diesbezüglich<br />

die umfangreichste und eine weltweit einzigartige<br />

Datenbasis dar. Im Rahmen der<br />

vorliegenden Studie wurden insgesamt 10<br />

regionale K<strong>lima</strong>simulationen des ENSEM-<br />

BLES-Projektes (siehe Tabelle 1) für die<br />

Schweiz mit einem auf die Abbildung der<br />

Jahresganges optimierten statistischen<br />

Verfahren (siehe Kapitel 3.2) aufbereitet<br />

und den Projektpartnern in Koope<strong>ra</strong>tion<br />

mit dem Center for C<strong>lima</strong>te Systems<br />

Bild 2. Prinzip der Modellnestung: Ein regionales K<strong>lima</strong>modell (rot) wird in die grob<br />

aufgelösten Informationen eines Globalmodells (blau) eingebettet und berechnet<br />

das K<strong>lima</strong> in einem begrenzten Modellgebiet (z.B. Europa) mit höherer räumlicher<br />

Auflösung.<br />

Bild 3. Topog<strong>ra</strong>phie des regionalen K<strong>lima</strong>modells CLM [m ü. NN.] für das Gebiet der<br />

Schweiz in 25 km Auflösung.<br />

«Wa<strong>sse</strong>r Energie Lu<strong>ft</strong>» – 103. Jahrgang, 2011, He<strong>ft</strong> 4, CH-5401 Baden 269<br />

K<strong>lima</strong>wandel & Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>


K<strong>lima</strong>wandel & Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong><br />

Modelling (C2SM) zur Verfügung gestellt.<br />

Allen verwendeten Regionalsimulationen<br />

liegt das SRES A1B Emissionsszenario zugrunde<br />

(Nakicenovic et al. 2000). Die räumliche<br />

Auflösung der RCMs betrug 25 km<br />

mit einem Modellgebiet, das den gesamten<br />

europäischen Kontinent überdeckt.<br />

Diese Auflösung erlaubt eine detailreiche<br />

Darstellung der räumlichen Variabilität<br />

von Lu<strong>ft</strong>tempe<strong>ra</strong>tur und Niederschlag und<br />

ihrer physiog<strong>ra</strong>phischen Einflussfaktoren<br />

(Topog<strong>ra</strong>phie, Land-Meer-Kont<strong>ra</strong>st, Oberflächenbedeckung,<br />

usw.). Dennoch stösst<br />

die räumliche Genauigkeit der Modelle im<br />

Alpen<strong>ra</strong>um offensichtlich an ihre Gren-<br />

zen. Zur Ve<strong>ra</strong>nschaulichung zeigt Bild 3<br />

die Modelltopog<strong>ra</strong>phie des RCM CLM in<br />

25 km Auflösung über der Schweiz. Deutlich<br />

sind der Alpenbogen, der Schweizer<br />

Ju<strong>ra</strong> sowie die tie fergelegenen Regionen<br />

des Mittellandes zu e<strong>rk</strong>ennen. Jedoch<br />

sind insbesondere im hochalpinen Raum<br />

wichtige topog<strong>ra</strong>phische Strukturen wie<br />

z.B. des Rhonetal oder das Engadin nicht<br />

abgebildet. Die Aussagefähigkeit der regionalen<br />

K<strong>lima</strong>modelle hinsichtlich kleinräumiger<br />

k<strong>lima</strong>tischer Veränderungen in<br />

alpinem Gelände ist dadurch offensichtlich<br />

begrenzt.<br />

Bild 4. Ensemble mittel der gross räumigen Muster der saisonalen (Winter: DJF, Sommer:<br />

JJA) Niederschlagsveränderung für 2070–2099 relativ zu 1971–2000.<br />

Bild 5. Jahresgänge des K<strong>lima</strong>änderungssignals für Tempe<strong>ra</strong>tur (linke Spalte) und Niederschlag<br />

(rechte Spalte) an der Station Bern/Zollikofen. Die frühe Szenarioperiode ist<br />

in der oberen Zeile, die spätere Periode in der unteren Zeile dargestellt. Die Namensgebung<br />

der GCM-RCM-Ketten folgt dem Schema Institution, an der die Simulation<br />

durchgeführt wurde – GCM – RCM (siehe Tabelle 1). Die Bandbreite der natürlichen<br />

Variabilität entspricht der Standardabweichung geresampelter Beobachtungszeitreihen.<br />

G<strong>ra</strong>fik angepasst von Bosshard et al., 2011.<br />

3.2 Statistisches Post-Processing<br />

Das statistische Post-Processing bildet<br />

die Schnittstelle zwischen den RCMs und<br />

den hydrologischen Modellen. Dabei wird<br />

einerseits die räumliche Auflösung erhöht,<br />

andererseits werden die Modellfehler der<br />

GCM-RCMs korrigiert. Für die vorliegende<br />

Studie wurde dafür die Delta Change Methode<br />

verwendet (Gleick, 1986; Bosshard<br />

et al., 2011). In dieser Methode werden<br />

beob achtete meteorologische Zeitreihen<br />

X in einer Kontrollperiode mit dem aus<br />

K<strong>lima</strong>modellen abgeleiteten K<strong>lima</strong>änderungssignal<br />

ΔX skaliert. Zur Kalib<strong>ra</strong>tion<br />

hydrologischer Modelle werden meistens<br />

meteorologische Stationsdaten verwendet.<br />

Deshalb wurden alle GCM-RCM-<br />

Daten mittels inverser Distanzgewichtung<br />

auf die Stationsstandorte interpoliert,<br />

bevor da<strong>ra</strong>us die K<strong>lima</strong>änderungssignale<br />

ΔX berechnet wurden. Für T wurde eine<br />

additive, für P eine multiplikative Skalierung<br />

gemäss:<br />

270 «Wa<strong>sse</strong>r Energie Lu<strong>ft</strong>» – 103. Jahrgang, 2011, He<strong>ft</strong> 4, CH-5401 Baden<br />

(1)<br />

(2)<br />

angewendet. Dabei bedeuten die Überstriche<br />

die Mittelung über die Bezugsperiode<br />

(CTL: 1980–2009, SCE: 2021–2050<br />

und 2070–2099). Beobachtete Daten sind<br />

mit dem Superskript OBS bezeichnet, die<br />

mittels Delta Change Methode generierten<br />

K<strong>lima</strong>szenarien mit dem Superskript *.<br />

Die hier verwendete Methode wurde hinsichtlich<br />

der kontinuierlichen Abbildung<br />

des Jahresganges des K<strong>lima</strong>änderungssignals,<br />

d. h. der saisonalen Veränderung<br />

von Tempe<strong>ra</strong>tur und Niederschlag, optimiert<br />

(siehe dazu Bosshard et al., 2011).<br />

Die Werte für ΔX variieren deshalb mit dem<br />

Tag im Jahresgang.<br />

Die so erstellten K<strong>lima</strong>szenarien<br />

sind verfügbar für die Variabeln T<br />

und P,<br />

beziehen sich auf die Szenarioperioden<br />

2021–2050 und 2070–2099 relativ<br />

zu 1980–2009,<br />

werden an Stationsstandorten in der<br />

Schweiz abgegeben,<br />

sind optimiert für die Abbildung der<br />

saisonalen Veränderung,<br />

ermöglichen durch 10 verschiedene<br />

GCM-RCM Ketten eine Abschätzung<br />

der Modellunsicherheit,<br />

weisen keine Veränderung der Tagzu-Tag-Variabilität<br />

(z. B. der Regen-


tagfrequenz) und der inte<strong>ra</strong>nnuellen<br />

Variabilität auf, und<br />

berücksichtigen nur das Emissionsszenario<br />

A1B.<br />

4. Resultate<br />

Das K<strong>lima</strong>änderungssignal ist die zent<strong>ra</strong>le<br />

Grö<strong>sse</strong> in der Delta Change Methode.<br />

Im Folgenden wird zunächst das grossräumige<br />

europäische Muster der Niederschlagsänderung<br />

gezeigt. Danach folgen<br />

Beispiele der ermittelten Kimaänderungssignale<br />

an einem Stationsstandort sowie<br />

das räumliche Muster der Veränderung der<br />

Jahresmittel von T und P in der Schweiz.<br />

4.1 Grossräumiges Muster des<br />

K<strong>lima</strong>änderungssignals<br />

Die grossräumige Verteilung der saisonalen<br />

Niederschlagsänderung (Bild 4) zeigt<br />

einen Nord-Süd-G<strong>ra</strong>dienten mit einer Ab-<br />

nahme im Süden und Zunahme im Norden.<br />

Die Grenze zwischen Zu- und Abnahme<br />

verschiebt sich dabei im Verlaufe des Jahres.<br />

Im Winter liegt sie leicht südlich, im<br />

Sommer deutlich nördlich der Schweiz.<br />

Dieses räumliche Muster tritt in der gro<strong>sse</strong>n<br />

Mehrheit der GCM-RCMs zu Tage.<br />

4.2 Jahresgänge des K<strong>lima</strong>änderungssignals<br />

Werden die K<strong>lima</strong>änderungssignale nun<br />

lokal für eine Station in der Schweiz ausgewertet,<br />

so ergibt sich ein Muster wie in<br />

Bild 5, das beispielha<strong>ft</strong> für die Station Bern/<br />

Zollikofen (BER) die Jahresgänge der K<strong>lima</strong>änderungssignale<br />

von T und P zeigt. An<br />

dieser Station werden für beide Szenarioperioden<br />

die grössten Tempe<strong>ra</strong>turzunahmen<br />

im Sommer und im Winter projiziert.<br />

Die Bandbreite der Modellunsicherheit,<br />

dargestellt durch die einzelnen GCM-RCM<br />

Ketten, ist im Sommer am Grössten. Trotz<br />

der gro<strong>sse</strong>n Unsicherheit liegen die projizierten<br />

Veränderungen deutlich au<strong>sse</strong>rhalb<br />

des Bereiches der natürlichen Variabilität,<br />

deren Standardabweichung als g<strong>ra</strong>ues<br />

Band in Bild 5 dargestellt ist. Für den Niederschlag<br />

ist in der Periode 2021–2050<br />

noch kein deutliches Signal ersichtlich.<br />

In der Periode 2070–2099 zeigt sich eine<br />

Tendenz zu einer deutlichen Abnahme im<br />

Sommer sowie einer leichten Zunahme im<br />

restlichen Jahr. Das deutlichere Signal im<br />

Sommer ist eine direkte Folge des grossräumigen<br />

Musters (siehe Bild 4).<br />

4.3 Räumliche Muster<br />

in der Schweiz<br />

Bild 6 zeigt das räumliche Muster der<br />

projizierten Veränderung des Ensemblemittels<br />

aller 10 GCM-RCMs, ausgewertet<br />

an Stationsstandorten in der Schweiz.<br />

Bild 6. Räumliche Muster der Änderung der Jahresmittel der Tempe<strong>ra</strong>tur (links) und des Niederschlags (rechts), wie sie vom<br />

Ensemblemittel projiziert werden. Die frühe Szenarioperiode ist in der oberen, die späte in der unteren Zeile dargestellt. Die g<strong>ra</strong>ue<br />

Schattierung im Hintergrund ist ein Mass für die Übereinstimmung der 10 GCM-RCM-Ketten. Je dunkler die Schattierung, desto<br />

kleiner ist die Standardabweichung im Ensemble (Tempe<strong>ra</strong>tur), oder desto mehr Ketten sind sich einig hinsichtlich des Vorzeichens<br />

der Änderung (Niederschlag).<br />

«Wa<strong>sse</strong>r Energie Lu<strong>ft</strong>» – 103. Jahrgang, 2011, He<strong>ft</strong> 4, CH-5401 Baden 271<br />

K<strong>lima</strong>wandel & Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>


K<strong>lima</strong>wandel & Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong><br />

Dargestellt sind die Veränderungen der<br />

mittleren Jahrestempe<strong>ra</strong>tur und des mittleren<br />

Jahresniederschlags. Die Tempe<strong>ra</strong>turzunahme<br />

weist ein homogenes Muster<br />

auf mit grössten Zunahmen über dem Alpenbogen.<br />

Die Standardabweichung des<br />

Ensembles (siehe g<strong>ra</strong>ue Schattierung in<br />

Bild 6) zeigt zudem, dass die Zunahmen<br />

grö<strong>sse</strong>r sind als die Modellunsicherheit.<br />

Das Muster der Niederschlagsänderung<br />

ist heterogen mit einer Abnahme in südlichen<br />

und einer Zunahme in nördlichen<br />

Teilen der Schweiz. Die Veränderungen<br />

im Jahresmittel bewegen sich im Bereich<br />

von ±7.5% für 2070–2099, aber die Modelle<br />

sind sich uneinig bezüglich des Vorzeichens<br />

der Niederschlagsänderung<br />

(siehe g<strong>ra</strong>ue Schattierung). Ein Vergleich<br />

mit Bild 5 zeigt zudem, dass sich die Niederschlagsveränderung<br />

vor allem in einer<br />

saisonalen Verschiebung und weniger in<br />

einer Änderung des Jahresniederschlags<br />

manifestiert. So ist in den meisten Regionen<br />

der Schweiz bis zum Ende des 21.<br />

Jahrhunderts mit einer deutlichen Abnahme<br />

der Sommerniederschläge gegenüber<br />

keinen Veränderungen bzw. leichten<br />

Zunahmen in den restlichen Jahreszeiten<br />

zu rechnen.<br />

5. Schlussfolgerungen<br />

Die im Rahmen der vorliegenden Studie erstellten<br />

K<strong>lima</strong>szenarien für Stationsstandorte<br />

in der Schweiz legen nahe, dass wir<br />

uns in den kommenden Dekaden auf zum<br />

Teils g<strong>ra</strong>vierende k<strong>lima</strong>tische Veränderungen<br />

einzustellen haben. Hierzu zählen<br />

eine deutliche Erwärmung in der ganzen<br />

Schweiz und in allen Jahreszeiten sowie<br />

ein Rückgang der sommerlichen Niederschlagsmengen.<br />

Diese generellen Aussagen<br />

sind trotz aller Modellunsicherheiten<br />

relativ robust und belastbar. Die saisonale<br />

Veränderung des Niederschlags folgt<br />

einem grossräumigen Muster, welches<br />

konsistent von der überwiegenden Mehrheit<br />

der ENSEMBLES GCM-RCMs projiziert<br />

wird. Gro<strong>sse</strong> Unsicherheiten bestehen<br />

hingegen hinsichtlich der genauen<br />

Grö<strong>sse</strong>nordnung der projizierten Änderungen<br />

von Tempe<strong>ra</strong>tur und Niederschlag.<br />

Diese hängt z.T. sta<strong>rk</strong> von der jeweils bet<strong>ra</strong>chteten<br />

Modellkette ab.<br />

Die vorgestellten Szenarien basieren<br />

auf aktuellen Ergebni<strong>sse</strong>n des<br />

ENSEMBLES-Projektes. Sie sind Teil der<br />

neuen CH2011 Szenarien und können via<br />

Webseite www.ch2011.ch bezogen werden.<br />

Für einen Vergleich der aktuellen<br />

Szenarien mit den älteren Ergebni<strong>sse</strong>n<br />

des OcCC Berichtes (OcCC und ProClim,<br />

2007) sei auf den CH2011-Bericht Sze-<br />

narien zur K<strong>lima</strong>änderung in der Schweiz<br />

CH2011 (Kap. 6.2; CH2011, 2011) verwiesen.<br />

Für die Anwendung der neuen Szenarien<br />

ist die Kenntnis ihrer Stä<strong>rk</strong>en und<br />

Limitierungen von gro<strong>sse</strong>r Bedeutung:<br />

1) Berücksichtigte Unsicherheitsquellen<br />

Durch die Berücksichtigung verschiedener<br />

GCM-RCM-Modellketten ermöglichen die<br />

Szenarien eine Abschätzung der Unsicherheiten,<br />

welche von den K<strong>lima</strong>modellen verursacht<br />

wird. Die Unsicherheiten aufgrund<br />

unterschiedlicher Emissionsszenarien<br />

können jedoch nicht abgeschätzt werden,<br />

da alle Simulationen da<strong>sse</strong>lbe Emissionsszenario<br />

A1B verwenden. Zur Abschätzung<br />

des Einflu<strong>sse</strong>s der Wahl des Emissionsszenarios<br />

auf die Ergebni<strong>sse</strong> verweisen<br />

wir auf die probabilistischen Szenarien<br />

des CH2011-Berichtes (CH2011, 2011),<br />

die zusätzlich zu A1B noch zwei weitere<br />

Emissionsszenarien bet<strong>ra</strong>chten. Auch die<br />

Unsicherheit aufgrund der natürlichen Variabilität<br />

kann mit den vorliegenden Szenarien<br />

nicht direkt abgeschätzt werden.<br />

2) Variabilitätsveränderung<br />

Die hier vorgestellten Resultate zeigen,<br />

dass insbesondere für den Niederschlag<br />

die saisonalen Veränderungen wesentlich<br />

stä<strong>rk</strong>er ausgeprägt sind als die Veränderung<br />

der Jahresmittel. Die vorliegenden<br />

Szenarien bilden den Jahresgang der Veränderung<br />

kontinuierlich ab und berücksichtigen<br />

demzufolge die Variabilitätsveränderung<br />

auf der saisonalen Skala.<br />

Die Szenarien berücksichtigen hingegen<br />

keine Veränderungen der inte<strong>ra</strong>nnuellen<br />

und Tag-zu-Tag-Variabilität.<br />

Die F<strong>ra</strong>ge nach den Auswi<strong>rk</strong>ungen<br />

der projizierten k<strong>lima</strong>tischen Veränderungen<br />

auf den Wa<strong>sse</strong>rhaushalt war Gegenstand<br />

der Projekte K<strong>lima</strong>änderung und<br />

Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>nutzung und CCHydro. Ausgewählte<br />

Resultate des ersten Projektes<br />

werden in dieser Ausgabe vorgestellt.<br />

Weitere Studien werden folgen. Die neuen<br />

K<strong>lima</strong>szenarien CH2011 bieten dafür eine<br />

geeignete Grundlage.<br />

Danksagung<br />

Wir bedanken uns bei swi<strong>sse</strong>lectric research,<br />

dem Bundesamt für Energie, dem Kanton Wal -<br />

lis und Forces Motrices Valaisannes für die<br />

Finanzierung dieser Arbeit. Die verwendeten<br />

ENSEMBLES-Daten stammen aus dem EU<br />

FP6 Projekt ENSEMBLES (Vert<strong>ra</strong>gsnummer<br />

505539), de<strong>sse</strong>n Unterstützung wir hier verdanken<br />

möchten. Der MeteoSchweiz wird für<br />

die Bereitstellung von Beobachtungsdaten gedankt.<br />

Ebenso möchten wir uns beim Center for<br />

C<strong>lima</strong>te Systems Modelling (C2SM) für de<strong>sse</strong>n<br />

technische Unterstützung bedanken.<br />

Lite<strong>ra</strong>tur<br />

Bosshard, T., Kotlarski, S., Ewen, T., Schär, C.<br />

(2011): Spect<strong>ra</strong>l representation of the annual<br />

cycle in the c<strong>lima</strong>te change signal. Hydrol. Earth<br />

Syst. Sci., 15, 2777–2788, doi:10.5194/hess-<br />

15-2777–2011.<br />

CH2011 (2011): Swiss C<strong>lima</strong>te Change Scenarios<br />

CH2011, published by C2SM, MeteoSwiss,<br />

ETH, NCCR C<strong>lima</strong>te, and OcCC, Zurich, Switzerland,<br />

88 pp.<br />

Christensen, JH., Christensen, OB. (2007): A<br />

summary of the PRUDENCE model projections<br />

of changes in European c<strong>lima</strong>te by the end of<br />

this century. C<strong>lima</strong>tic Change, 81, 7–30.<br />

Gleick, P. H. (1986): Methods for evaluating the<br />

regional hydrologic impacts of global c<strong>lima</strong>tic<br />

changes. Journal of Hydrology, 88, 97–116.<br />

IPCC (2001): C<strong>lima</strong>te Change 2001: The Scientific<br />

Basis. Contribution of Wo<strong>rk</strong>ing Group I to<br />

the Third A<strong>sse</strong>ssment Report of the Intergovernmental<br />

Panel on C<strong>lima</strong>te Change, Cambridge<br />

University Press, United Kingdom and New<br />

Yo<strong>rk</strong>, NY, USA, 881 pp.<br />

Nakicenovic, N., Alcamo, J., Davi, G., de Vries<br />

B., Fenhann, J., Gaffin, S., Gregory, K., Grübler,<br />

A., Yong Jung, T., K<strong>ra</strong>m, T., Lebre La Rovere,<br />

E., Michaelis, L., Mori, S., Morita, T., Pepper,<br />

W., Pitcher, H., Price, L., Riahi, K., Roehrl, A,<br />

Rogner, H-H., Sankovski, A., Schlesinger, M.,<br />

Shukla, P., Smith, S., Swart, R., van Rooijen,<br />

S., Victor, N., Dadi, Z. (2000): Special Report on<br />

Emissions Scenarios: A Special Report of Wo<strong>rk</strong>ing<br />

Group III of the Intergovernmental Panel on<br />

C<strong>lima</strong>te Change, Cambridge University Press,<br />

Cambridge, UK, 599 pp.<br />

OcCC and ProClim (2007): C<strong>lima</strong>te change and<br />

Switzerland 2050: Expected Impacts on Environment,<br />

Society and Economy, Berne, Switzerland,<br />

168 pp.<br />

Suklitsch, M., Gobiet, A., Truhetz, H., Awan, NK.,<br />

Göttel, H., Jacob, D. (2011): Error cha<strong>ra</strong>cteristics<br />

of high resolution regional c<strong>lima</strong>te models<br />

over the Alpine area. C<strong>lima</strong>te Dynamics, 37,<br />

377–390.<br />

Van der Linden, P., Mitchell, JFB. (2009): EN-<br />

SEMBLES: C<strong>lima</strong>te change and its Impacts:<br />

Summary of research and results from the EN-<br />

SEMBLES project. Met Office Hadley Centre,<br />

Exeter, UK, 160 pp.<br />

Anschri<strong>ft</strong> der Verfa<strong>sse</strong>r<br />

Thomas Bosshard, Sven Kotlarski, Christoph<br />

Schär, Institut für Atmosphäre und K<strong>lima</strong> (IAC),<br />

ETH Zürich, Universitätsst<strong>ra</strong><strong>sse</strong> 16, CH-8092<br />

Zürich, Tel. +41 (0)44 632 78 18<br />

thomas.bosshard@env.ethz.ch<br />

272 «Wa<strong>sse</strong>r Energie Lu<strong>ft</strong>» – 103. Jahrgang, 2011, He<strong>ft</strong> 4, CH-5401 Baden


Veränderung der Gletscher<br />

und ihrer Abflü<strong>sse</strong> 1900–2100<br />

Fallstudien Gornergletscher und Mattma<strong>rk</strong><br />

Daniel Farinotti, Andreas Bauder, Martin Funk<br />

Zusammenfassung<br />

Der Gletscherrückzug, der in den Alpen<br />

seit dem Ende der kleinen Eiszeit im<br />

Gange ist, wird o<strong>ft</strong> als das deutlichste<br />

Zeichen für die vo<strong>ra</strong>nschreitende K<strong>lima</strong>erwärmung<br />

wahrgenommen. Der<br />

weitere Tempe<strong>ra</strong>tu<strong>ra</strong>nstieg, der für<br />

die Zukun<strong>ft</strong> von K<strong>lima</strong>studien vo<strong>ra</strong>usgesagt<br />

wird, lässt allerdings noch<br />

ausgeprägteren Gletscherschwund<br />

erwarten. Als Folge davon werden die<br />

Abflussregime in hochalpinen Räumen<br />

spürbaren Änderungen unterworfen<br />

sein. In dieser Studie wurde der Einfluss<br />

der K<strong>lima</strong>änderung auf die Abflussverhältni<strong>sse</strong><br />

zweier vergletscherten Einzugsgebiete<br />

des Kantons Wallis untersucht:<br />

den Einzugsgebieten «Gorner»<br />

und «Mattma<strong>rk</strong>». Gemäss dem verwendeten<br />

hydro-glaziologischen Modell,<br />

werden die Gebiete bis Ende des 21.<br />

Jahrhunderts weitgehend eisfrei sein.<br />

Das Abschmelzen der Eisma<strong>sse</strong>n wird<br />

in einer ersten Phase zu einem Anstieg<br />

der Jahresabflussmengen führen, bevor<br />

sich die Abflü<strong>sse</strong> in etwa auf das Niveau<br />

des Jahresniederschlags einpendeln<br />

werden. Die fehlenden Gletscherma<strong>sse</strong>n<br />

werden das Abflussregime von<br />

einem Eisschmelze- zu einem Schneeschmelze-dominierten<br />

Typ übergehen<br />

la<strong>sse</strong>n.<br />

1. Einleitung<br />

Die Alpen gelten als Wa<strong>sse</strong>rschloss Europas.<br />

In der Schweiz werden diese Wa<strong>sse</strong>rresourcen<br />

intensiv für die Energiegewinnung<br />

genutzt. Viele der Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>anlagen<br />

befinden sich dabei im Bereich<br />

vergletscherter Einzugsgebiete. Obwohl<br />

die Gletscher in den letzten Jahrzehnten<br />

durch verstä<strong>rk</strong>te Schmelze viel Eis verloren<br />

haben, kontrollieren sie als Teil des<br />

Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong>reislaufs hochalpiner Lagen die<br />

dortigen Abflussverhältni<strong>sse</strong>. Der weitere<br />

Tempe<strong>ra</strong>tu<strong>ra</strong>nstieg, der aufgrund K<strong>lima</strong>prognosen<br />

bis Ende des Jahrhunderts<br />

zu erwarten ist, wird auch einen weiteren<br />

Gletscherschwund bewi<strong>rk</strong>en, welcher zum<br />

Teil ma<strong>rk</strong>ante Änderungen in den Abflussregimen<br />

der bet<strong>ra</strong>chteten Gebiete mit sich<br />

bringen wird. In diesem Beit<strong>ra</strong>g werden die<br />

Veränderung des Gletschervolumens, die<br />

Entwicklung der zu erwartenden Jahresabflü<strong>sse</strong><br />

sowie die Veränderung im Abflussregime<br />

bis 2100 in den sta<strong>rk</strong> vergletscherten<br />

Einzugsgebieten «Gorner» und<br />

«Mattma<strong>rk</strong>» untersucht. Für die Analysen<br />

kommen die in Huss et al. (2008b) entwickelte<br />

Methodik sowie die vom Institut für<br />

Atmosphäre und K<strong>lima</strong> (IAC) der ETH Zürich<br />

e<strong>ra</strong>rbeiteten K<strong>lima</strong>szenarien zur Anwendung.<br />

2. Untersuchungsgebiete<br />

2.1 Einzugsgebiet Gorner<br />

Das Einzugsgebiet Gorner (Bild 1) ist durch<br />

die Wa<strong>sse</strong>rfassung, welche die Gorne<strong>ra</strong><br />

auf einer Höhe von 2007 m ü.M. fasst, begrenzt<br />

und erstreckt sich über rund 81 km 2 .<br />

Das Gebiet ist durch den Gornergletscher<br />

geprägt, welcher im Jahre 2007 ein Gesamteisvolumen<br />

von etwa 4.4 km 3 aufwies.<br />

Das Gebiet enthält somit knapp unter<br />

10% des gesamtha<strong>ft</strong> in den Schweizer<br />

Alpen liegenden Gletschereisvolumens. Im<br />

Jahre 2007 waren 63% der Gebietsfläche<br />

vergletschert und 33% unbewachsen. Nur<br />

ein unwesentlicher Gebietsanteil ist durch<br />

Vegetation bedeckt. Während der Referenzperiode<br />

1980–2009 betrug der mittlere<br />

Jahresniederschlag 1320 ± 400 mm<br />

und die durchschnittliche Lu<strong>ft</strong>tempe<strong>ra</strong>tur<br />

–4.7 ± 1.3 °C. Der Verlauf des Jahresniederschlags<br />

ist durch eine zweigipflige Verteilung<br />

cha<strong>ra</strong>kterisiert, mit Maximas in den<br />

Monaten Mai und Oktober.<br />

2.2 Einzugsgebiet Mattma<strong>rk</strong><br />

Das Einzugsgebiet Mattma<strong>rk</strong> (Bild 2) weist<br />

bis zum Ausgleichsbecken in Zer Meig-<br />

geren eine Gesamtfläche von 65.7 km 2 auf.<br />

Das Einzugsgebiet ist Ursprung der Saaservispa<br />

und ist, nebst den enthaltenen<br />

Gletschern, durch den Stausee Mattma<strong>rk</strong><br />

cha<strong>ra</strong>kterisiert, welcher eine Fläche von<br />

nicht ganz 2 km 2 einnimmt. Im Jahre 2008<br />

waren etwa 30% des Gebiets vergletschert,<br />

52% unbewachsen, 14% durch<br />

Vegetation bedeckt und etwa 4% durch<br />

Gewä<strong>sse</strong>r cha<strong>ra</strong>kterisiert. Ihrer Grö<strong>sse</strong><br />

nach sind die wichtigsten Gletscher im<br />

Gebiet der Allalin-, der Schwarzberg-, der<br />

Hohlaub-, der Seewjinen- und der Chessjengletscher.<br />

Deren gesamtes Eisvolumen<br />

belief sich im Jahre 2008 noch auf<br />

rund 1.03 km 3 . Der mittlere Jahresniederschlag<br />

betrug während der Referenzperiode<br />

(1980–2009) 1610 ± 550 mm wobei<br />

der Jahresverlauf der Gesamtmenge zwei<br />

deutliche Maxima in den Monaten Mai und<br />

Oktober zeigt. Die durchschnittliche Lu<strong>ft</strong>tempe<strong>ra</strong>tur<br />

betrug in der gleichen Periode<br />

–2.3 ± 1.3 °C.<br />

3. Gletscherentwicklungs- und<br />

Abflussmodell GERM<br />

Die ausgeprägte räumliche Variabilität der<br />

meteorologischen Phänomene machen<br />

hydrologische Modellierungen für hochalpine<br />

Einzugsgebiete zu einer He<strong>ra</strong>usforderung.<br />

Modelle mü<strong>sse</strong>n in der Lage sein,<br />

eine Serie von gekoppelten Proze<strong>sse</strong>n zu<br />

beschrieben, die zum Teil noch nicht ganz<br />

verstanden sind (Becker, 2005). Für diese<br />

Studie wurde das hydro-glaziologische<br />

Modell GERM (Glacier Evolution Runoff<br />

Model) (Huss et al., 2008b; Farinotti et al.,<br />

2011) verwendet. Das konzeptionelle, deterministische<br />

Modell operiert räumlich<br />

verteilt, was bedeutet, dass jede der bet<strong>ra</strong>chteten<br />

Grö<strong>sse</strong>n für jede einzelne Gitterzelle,<br />

in denen das jeweilige Einzugsgebiet<br />

unterteilt wird, berechnet wird. Das<br />

Modell löst für jede Gitterzelle die lokale<br />

Wa<strong>sse</strong>rbilanz<br />

Q = P +M − ET + dS (1)<br />

«Wa<strong>sse</strong>r Energie Lu<strong>ft</strong>» – 103. Jahrgang, 2011, He<strong>ft</strong> 4, CH-5401 Baden 273<br />

K<strong>lima</strong>wandel & Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>


K<strong>lima</strong>wandel & Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong><br />

Bild 1. Einzugsgebiet Gorner. Gebietsübersicht (links), k<strong>lima</strong>tische Bedingungen in der Referenzperiode 1980–2009 (Mitte) sowie<br />

Hypsometrie der Oberflächentypen (rechts). Die Gletscherumri<strong>sse</strong> entsprechen dem Stand 2007.<br />

Bild 2. Einzugsgebiet Mattma<strong>rk</strong>. Gebietsübersicht (links), k<strong>lima</strong>tische Bedingungen in der Referenzperiode 1980–2009 (Mitte) sowie<br />

Hypsometrie der Oberflächentypen ( rechts). Die Gletscherumri<strong>sse</strong> entsprechen dem Stand 2008.<br />

welche besagt, dass der aus der Zelle stammende<br />

Abfluss Q, sich aus der Summe des<br />

Flüssigniederschlags P der Schnee- und/<br />

oder Eisschmelze M und der Speicheränderung<br />

dS, abgezogen der Evapot<strong>ra</strong>nspi<strong>ra</strong>tion<br />

ET ergibt. Mit Evapot<strong>ra</strong>nspi<strong>ra</strong>tion<br />

bezeichnet man dabei die Summe aus Verdunstung<br />

(Evapo<strong>ra</strong>tion) und Pflanzenatmung<br />

(T<strong>ra</strong>nspi<strong>ra</strong>tion). Die Berechnung der<br />

einzelnen Komponenten der Wa<strong>sse</strong>rbilanz<br />

wird im Modell von unterschiedlichen Modulen<br />

vorgenommen.<br />

Der Niederschlag, sowohl in flüssiger<br />

als auch in fester Form, wird aus der<br />

Niederschlagszeitreihe, die für einen Referenzpunkt<br />

angegeben wird, durch die<br />

Anwendung eines linearen Höheng<strong>ra</strong>dienten<br />

über das Gebiet interpoliert. Beim<br />

Festniederschlag werden Schneeumverteilungsproze<strong>sse</strong><br />

durch Windverf<strong>ra</strong>chtung<br />

oder Lawinenaktivität durch ein vorgegebenes<br />

Verteilungsmuster berücksichtigt.<br />

Die Unterscheidung zwischen Fest- und<br />

Flüssigniederschlag geschieht aufgrund<br />

der berechneten lokalen Lu<strong>ft</strong>tempe<strong>ra</strong>tur.<br />

Diese wird ebenfalls durch einen linearen<br />

Höheng<strong>ra</strong>dienten aus der Tempe<strong>ra</strong>turzeitreihe<br />

am Referenzpunkt ermittelt.<br />

Die Schmelze (Ablation), wird mit<br />

einem G<strong>ra</strong>d-Tag-Faktor-Ansatz berechnet,<br />

welcher den Effekt der Sonneneinst<strong>ra</strong>hlung<br />

mitberücksichtigt (Hock, 1999).<br />

Zugrunde liegt ein empirischer Zusammenhang<br />

zwischen der Tagesmitteltempe<strong>ra</strong>tur<br />

der Lu<strong>ft</strong> und der anfallenden Schmelze.<br />

Den unterschiedlichen Eigenscha<strong>ft</strong>en von<br />

Schnee und Eis wird durch das Anwenden<br />

zwei verschiedener G<strong>ra</strong>d-Tag-Faktoren<br />

Rechnung get<strong>ra</strong>gen. Diese mü<strong>sse</strong>n zuerst<br />

aus den zur Verfügung stehenden Informationen<br />

bezüglich k<strong>lima</strong>tischer Bedingungen<br />

in der Vergangenheit und Eisvolumenänderungen<br />

der Gletscher bestimmt<br />

werden.<br />

Die Evapot<strong>ra</strong>nspi<strong>ra</strong>tion wird ebenfalls<br />

durch einen empirischen Zusammenhang<br />

mit der Lu<strong>ft</strong>tempe<strong>ra</strong>tur bestimmt. Der<br />

Ansatz basiert auf einer Idee von Hamon<br />

(1961), in welcher eine Pa<strong>ra</strong>metrisierung<br />

des Sättigungsdampfdrucks sowie eine<br />

Unterscheidung verschiedener Oberflächentypen<br />

zum T<strong>ra</strong>gen kommen. Die<br />

Speicheränderung wird schliesslich mit<br />

dem Konzept der linearen Reservoire dargestellt.<br />

Dieses postuliert einen linearen<br />

Zusammenhang zwischen dem Füllstand<br />

eines Reservoirs (Speicher) und de<strong>sse</strong>n<br />

Ausfluss (Speicheränderung). Im Modell<br />

werden drei abflusswi<strong>rk</strong>same Speicher unterschieden:<br />

einen schnellen, einen langsamen<br />

und einen Schneespeicher. Der<br />

erstgenannte stellt den Oberflächennahen,<br />

schnell ansprechenden Abfluss dar, der<br />

zweite die langsameren Komponenten,<br />

so wie es z.B. die unterirdischen Abflü<strong>sse</strong><br />

sind, und der dritte die in der Schneedecke<br />

gespeicherten Wa<strong>sse</strong>rmengen.<br />

Ein zent<strong>ra</strong>ler Teil des Modells ist<br />

die Prozedur, mit welcher die Gletscherentwicklung<br />

abgebildet wird. Es handelt<br />

sich dabei um die von Huss et al. (2010a)<br />

vorgeschlagene Δ_h-Pa<strong>ra</strong>metrisierung.<br />

Dieser einfache, ma<strong>sse</strong>nerhaltende Ansatz<br />

macht sich zu Nutze, dass die Eisdickenänderung<br />

eines Gletschers einem<br />

cha<strong>ra</strong>kteristischen Muster folgt, welches<br />

aus Daten, die in der Vergangenheit ermittelt<br />

wurden, eruierbar ist. Das Muster<br />

beschreibt wie die stä<strong>rk</strong>sten Änderungen<br />

im Bereich der Gletscherzunge stattfinden,<br />

während die Geometrieänderungen<br />

in höheren Lagen p<strong>ra</strong>ktisch vernachlässigbar<br />

sind. Der Ansatz wurde durch den<br />

Vergleich mit komplexeren, physikalisch<br />

fundierteren Gletscherfliessmodellen auf<br />

seine Gültigkeit überprü<strong>ft</strong> (Huss et al.,<br />

2010a) und in verschiedenen Studien bereits<br />

erfolgreich angewendet (z.B. Huss et<br />

al., 2010b; Farinotti et al., 2011).<br />

4. Meteorologische Zeitreihen<br />

und K<strong>lima</strong> der Zukun<strong>ft</strong><br />

Um Abflu<strong>sse</strong>ntwicklungen aus vergletscherten<br />

Einzugsgebieten über längere<br />

Zeiträume korrekt simulieren zu können, ist<br />

eine t<strong>ra</strong>nsiente (d.h. in der Zeit kontinuier-<br />

274 «Wa<strong>sse</strong>r Energie Lu<strong>ft</strong>» – 103. Jahrgang, 2011, He<strong>ft</strong> 4, CH-5401 Baden


Bild 3. Entwicklung des Eisvolumens in den Gebieten Gorner (links) und Mattma<strong>rk</strong> (rechts). Die durchgezogene Linie entspricht<br />

einem gleitenden Mittelwert über 15 Jahre. Das hellblaue Band enthält 95% aller Realisierungen. Die Zeitpunkte für welche ein<br />

Geländemodell der Gletscheroberfläche zur Verfügung steht, sind mit einem Dreieck gekennzeichnet.<br />

Bild 4. Gletscherentwicklung in den Einzugsgebieten Gorner (oben) und Mattma<strong>rk</strong> (unten). Die Farbtönung entspricht der mittleren<br />

Eisdicke sämtlicher Realisierungen. Bereiche in denen mehr als die Häl<strong>ft</strong>e der Realisierungen keinen Gletscher vorhersagen sind<br />

weiss dargestellt. Die gezeigten Gletscherumri<strong>sse</strong> entsprechen dem Stand 2007 (Gorner) resp. 2008 (Mattma<strong>rk</strong>). Die farbigen Balken<br />

zeigen die noch verbleibende Gletscherfläche (A) und das noch verbleibende Eisvolumen (V) relativ zu 2010. Die G<strong>ra</strong>phiken sind<br />

nicht auf gleicher Skala.<br />

liche) Anpassung der Gletscheroberfläche<br />

und des Eisvolumens unabdingbar. Nur so<br />

kann die Ma<strong>sse</strong>nerhaltung gewährleistet<br />

werden. T<strong>ra</strong>nsiente Simulationen benötigen<br />

allerdings auch t<strong>ra</strong>nsiente Inputdaten<br />

für das Antreiben des Modells. Im Falle<br />

des verwendete Modell GERM, welches<br />

für solch t<strong>ra</strong>nsiente Simulationen ausgelegt<br />

ist, bestehen die benötigten Inputdaten<br />

aus kontinuierlichen Zeitreihen der<br />

Tagesmitteltempe<strong>ra</strong>tur und des Tagesniederschlags.<br />

Diese meteorologischen Zeitreihen<br />

werden für die Vergangenheit und<br />

die Zukun<strong>ft</strong> mit zwei unterschiedlichen Ansätzen<br />

generiert.<br />

4.1 Meteorologische Zeitreihen<br />

für die Vergangenheit<br />

Für die Bereitstellung der Zeitreihen in<br />

der Vergangenheit kann auf verschiedene<br />

Messdatenquellen zurückgegriffen werden.<br />

Für die Tempe<strong>ra</strong>tur kommen insbesondere<br />

die homogenisierten Monatstempe<strong>ra</strong>turreihen,<br />

welche vom Bundesamt<br />

für Meteorologie und K<strong>lima</strong>tologie (Meteo-<br />

Schweiz) für 12 Stationen bereitgestellt<br />

werden (Begert et al., 2005), sowie Daten<br />

aus langjährig betriebenen Messtationen<br />

zum Einsatz. Als Grundlage für die Generierung<br />

der Niederschlagszeitreihen dient<br />

der PRISM Gitterdatensatz von Schwarb<br />

et al. (2001), welcher mittlere Monatsniederschlagssummen<br />

mit einer horizontalen<br />

Auflösung von etwa 2 km liefert, sowie die<br />

Tagesmessungen verschiedener Stationen<br />

im Umkreis des jeweiligen Gebiets.<br />

Eine genauere Beschreibung des Vorgehens<br />

um konsistente, kontinuierliche Zeitreihen<br />

zu erhalten, ist in Huss et al. (2008a)<br />

zu finden. Es sei nochmals ausdrücklich<br />

da<strong>ra</strong>uf hingewiesen, dass die für die Vergangenheit<br />

erstellten Meteo-Zeitreihen<br />

nicht einzig als Modellantrieb dienen,<br />

sondern auch für das Erstellen der Zusammenhänge<br />

zwischen vorherrschendem<br />

K<strong>lima</strong> und Ma<strong>sse</strong>nhaushalt der Gletscher<br />

absolut zent<strong>ra</strong>l sind. Die Methodik mit welcher<br />

diese Zusammenhänge rekonstruiert<br />

werden ist ebenfalls in Huss et al. (2008a)<br />

beschrieben.<br />

4.2 Meteorologische Zeitreihen<br />

für die Zukun<strong>ft</strong><br />

Für das Erstellen von meteorologischen<br />

Zeitreihen für die Zukun<strong>ft</strong> stehen keine<br />

direkten Messungen zur Verfügung. Hier<br />

kommen sogenannte «Szenarien» zum<br />

Einsatz, d.h. Hypothesen über mögliche<br />

Bedingungen in der Zukun<strong>ft</strong>. In dieser Studie<br />

wurden Szenarien verwendet, die vom<br />

«Wa<strong>sse</strong>r Energie Lu<strong>ft</strong>» – 103. Jahrgang, 2011, He<strong>ft</strong> 4, CH-5401 Baden 275<br />

K<strong>lima</strong>wandel & Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>


K<strong>lima</strong>wandel & Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong><br />

Institut für Atmosphäre und K<strong>lima</strong> (IAC) der<br />

ETH Zürich für den Schweizer Alpen<strong>ra</strong>um<br />

aufbereitet wurden (Bosshard et al., 2011).<br />

Die Szenarien basieren auf den Resultaten<br />

des Europäischen Forschungsprojekts<br />

ENSEMBLES (van der Linden and Mitchell,<br />

2009) und verwenden den sogenannten<br />

«delta-change approach». In diesem wird<br />

der Effekt der K<strong>lima</strong>änderung zwischen<br />

zwei Perioden als Unterschied «Delta» im<br />

Mittelwert der bet<strong>ra</strong>chteten Variable (Tempe<strong>ra</strong>tur<br />

oder Niederschlag) ausgedrückt.<br />

Die beiden Perioden haben dabei gleiche<br />

Länge und werden mit «Referenz»- und<br />

«Szenarioperiode» bezeichnet. Die jeweiligen<br />

«Deltas» mü<strong>sse</strong>n nicht notwendigerweise<br />

auf den Jahresmittelwert bezogen<br />

sein, sondern können eine höhere zeitliche<br />

Auflösung aufweisen. Das IAC stellt «Deltas»<br />

in täglicher Auflösung bereit, die als<br />

Referenz die Periode 1980–2009 haben<br />

und für die beiden Szenarioperioden 2021–<br />

2050 und 2070–2099 gelten. Zu beme<strong>rk</strong>en<br />

ist, dass für jede Szenarioperiode zehn unterschiedliche<br />

Sätze an «Deltas» zur Verfügung<br />

stehen, was Ausdruck der Unsicherheit<br />

in den K<strong>lima</strong>modellen sein soll. Das<br />

Verwenden aller zehn «Delta»-Datensätze<br />

gibt somit die Möglichkeit, eine Bandbreite<br />

für das zukün<strong>ft</strong>ige K<strong>lima</strong> anzugeben. Allerdings<br />

würde diese Bandbreite nur die Unsicherheit<br />

abbilden, die sich aus der unbekannten<br />

Entwicklung des mittleren K<strong>lima</strong>s<br />

ergibt, nicht aber diejenige, die von der<br />

natürlichen Jahr-zu-Jahr-Variabilität der<br />

meteorologischen Variablen ausgeht. Um<br />

diese zweite Unsicherheitsquelle ebenfalls<br />

zu berücksichtigen, wurden für jede der<br />

zehn K<strong>lima</strong>entwicklungen wiederum zehn<br />

zufällige Meteo-Zeitreihen generiert, wel-<br />

che sowohl den vorgegebenen Mittelwert<br />

einhalten, wie auch eine aus der Vergangenheit<br />

abgeleitete Variabilität aufweisen.<br />

Für das Antreiben von GERM in der Zukun<strong>ft</strong><br />

steht somit ein Satz von 100 möglichen<br />

Tempe<strong>ra</strong>tur- und Niederschlagszeitreihen<br />

zur Verfügung. Weitere Details<br />

zur Erstellung der Zeitreihen für die Zukun<strong>ft</strong><br />

sind in Farinotti et al. (2011) zu finden.<br />

5. Resultate<br />

5.1 Gletscherentwicklung<br />

Gemäss den Modellrechnungen ist zu<br />

erwarten, dass sich das Eisvolumen im<br />

Einzugsgebiet Gorner bis 2040–2060 im<br />

Vergleich zur Referenzperiode halbiert<br />

haben wird (Bild 3 links). Bis 2090 wird<br />

die Vergletscherung vo<strong>ra</strong>ussichtlich auf<br />

etwas weniger als 25% zurückgehen und<br />

für Ende des 21. Jahrhunderts wird auch<br />

gemäss den günstigsten Szenarien weniger<br />

als ein Drittel des heute vorhandenen<br />

Eisvolumens übrig bleiben. Bild 4 oben<br />

zeigt die Gletsche<strong>ra</strong>usdehnung für vier<br />

ausgewählte Jahre. Für das Einzugsgebiet<br />

Mattma<strong>rk</strong> la<strong>sse</strong>n die Berechnungen eine<br />

Halbierung des während der Referenzperiode<br />

vorhandenen Eisvolumens bis<br />

2030–2050 erwarten (Bild 3 rechts). Ende<br />

dieses Jahrhunderts werden sich die Gletscher<br />

vo<strong>ra</strong>ussichtlich in Höhenlagen über<br />

etwa 3500 m ü.M. zurückgezogen haben<br />

(Bild 4). Dies würde die Vergletscherung<br />

des Gebiets auf weniger als 5% schrumpfen<br />

la<strong>sse</strong>n.<br />

5.2 Abflu<strong>sse</strong>ntwicklung<br />

Die gro<strong>sse</strong>n Eisma<strong>sse</strong>n, die im Einzugsgebiet<br />

Gorner gespeichert sind, la<strong>sse</strong>n mar-<br />

kante Änderungen im Abfluss und de<strong>sse</strong>n<br />

Jahresgang erwarten (Bild 5 und 6 links).<br />

Bis etwa 2030 sagen die Modellrechnungen<br />

einen stetigen Anstieg der Jahresabflussmengen<br />

vo<strong>ra</strong>us. Im Mittel über alle Szenarien<br />

beträgt des Jahresabflussvolumen zu<br />

diesem Zeitpunkt rund 160 ± 20 mio m 3 ,<br />

was im Vergleich zur Referenzperiode<br />

einem Anstieg von etwa 20% entspricht.<br />

Ab 2030 wird dann, aufgrund des zunehmend<br />

fehlenden Beit<strong>ra</strong>gs der Eisschmelze<br />

zum Gesamtabfluss, mit einer Abnahme<br />

der Jahresabflussmengen gerechnet.<br />

Diese dür<strong>ft</strong>e, im Vergleich zur Referenzperiode<br />

bis 2090 in etwa –13% bet<strong>ra</strong>gen,<br />

was einem Jahresabflussvolumen von 118<br />

± 14 mio m 3 entspricht. Diese Entwicklung<br />

ist hauptsächlich auf die Veränderungen<br />

der Eisma<strong>sse</strong>n zurückzuführen. Der Jahresniederschlag<br />

wird sich zwischen der<br />

Referenzperiode und Ende Jahrhundert<br />

gemäss den verwendeten K<strong>lima</strong>szenarien<br />

nur unwesentlich ändern, im Mittel wird<br />

eine Abnahme des Jahresniederschlags<br />

um etwa –5% vo<strong>ra</strong>usgesagt. Die vorhergesagte<br />

Zunahme der Evapot<strong>ra</strong>nspi<strong>ra</strong>tion<br />

ist zwar ma<strong>rk</strong>ant (nicht gezeigt), wird aber<br />

im Vergleich zu den Jahresabfluss- und<br />

-Niederschlagsmengen weiterhin von geringer<br />

Bedeutung bleiben.<br />

Bei der Entwicklung des Abflussjahresganges<br />

(Bild 6 links) fallen die abnehmenden<br />

Abflü<strong>sse</strong> in den Monaten Juli<br />

und August auf, welche bis Ende dieses<br />

Jahrhunderts erwartet werden. Im Vergleich<br />

zur Referenzperiode wird für 2090<br />

eine Abnahme um etwa 30% vorhergesagt.<br />

Zudem wird erwartet, dass sich der<br />

Zeitpunkt des maximalen Abflu<strong>sse</strong>s um<br />

rund einen Monat verschieben wird (von<br />

Bild 5. Entwicklung von Abfluss und Niederschlag in den Einzugsgebieten Gorner (links) und Mattma<strong>rk</strong> (rechts). Gezeigt sind 100<br />

mögliche Realisierungen des Jahresabflussverlaufs in der Periode 1900–2100 (g<strong>ra</strong>ue Linien) und ein über 30 Jahre geglätteter Mittelwert<br />

(blaue Linie). Das blau sch<strong>ra</strong>ffierte Band enthält 95% der Realisierungen. Für den Jahresniederschlag ist nur der geglättete<br />

Mittelwert gezeigt (schwarz gestrichelte Linie). Die relativen Beiträge zum Gesamtabfluss sind im oberen Bereich der G<strong>ra</strong>phik dargestellt.<br />

Aufgeschlü<strong>sse</strong>lt sind die Beiträge von Eis- und Schneeschmelze sowie Flüssigniederschlag. Im selben Bereich ist auch der<br />

Verlauf der Vergletscherung im Gebiet dargestellt (rote Linie). Der grüne Balken im unteren Bereich der G<strong>ra</strong>phik zeigt die Periode in<br />

welcher geme<strong>sse</strong>ne Abflussdaten zur Verfügung stehen.<br />

276 «Wa<strong>sse</strong>r Energie Lu<strong>ft</strong>» – 103. Jahrgang, 2011, He<strong>ft</strong> 4, CH-5401 Baden


Bild 6. Zeitliche Entwicklung des Abflussregimes in den Einzugsgebieten Gorner (links) und Mattma<strong>rk</strong> (rechts). Gezeigt ist der Verlauf<br />

des mittleren Tagesabflu<strong>sse</strong>s gemittelt über eine Periode von 30 Jahre und sämtliche Modellrealisierungen.<br />

Ende Juli auf Anfangs Juli) und dass die<br />

Monate Oktober und November mehr<br />

Wa<strong>sse</strong>r führen werden.<br />

Für das Einzugsgebiet Mattma<strong>rk</strong><br />

la<strong>sse</strong>n die Modellrechnungen erwarten,<br />

dass die Jahresabflussmengen nur<br />

für etwa eine Dekade ansteigen werden<br />

(Bild 5 rechts). Die Maximalen Jahresabflussmengen<br />

werden für die Periode um<br />

2020 vorhergesagt und werden rund 115<br />

± 12 mio m 3 bet<strong>ra</strong>gen. Im Vergleich zur<br />

Referenzperiode wäre das ein Anstieg von<br />

nicht ganz 5%. Ab 2020 wird von einer stetigen<br />

Abnahme der Jahresabflussmengen<br />

ausgegangen. Im Vergleich zur Referenzperiode,<br />

sind die für Ende dieses Jahrhunderts<br />

erwarteten Jahresabflü<strong>sse</strong> etwa<br />

15% niedriger, was einem Jahresabfluss<br />

von rund 95 ± 20 mio m 3 entspricht. Dieser<br />

Rückgang ist hauptsächlich durch die<br />

fehlende Eisschmelze bedingt und in geringerem<br />

Ma<strong>sse</strong> durch die abnehmenden<br />

Jahresniederschlagsmengen und der zunehmenden<br />

Evapot<strong>ra</strong>nspi<strong>ra</strong>tion. Im Vergleich<br />

zur Referenzperiode wird für den<br />

Jahresniederschlag bis 2090 von einer<br />

Abnahme um etwa –4% ausgegangen<br />

während sich die Evapot<strong>ra</strong>nspi<strong>ra</strong>tion zwischen<br />

den beiden Perioden etwa verdoppeln<br />

wird (nicht gezeigt).<br />

Ma<strong>rk</strong>ante Änderungen sind im Abflussregime<br />

zu erwarten (Bild 6 rechts).<br />

Insbesondere ist mit einer sta<strong>rk</strong>en Reduktion<br />

des Abflu<strong>sse</strong>s in den Monaten Juli und<br />

August zu rechnen, was bis Ende dieses<br />

Jahrhunderts zu einer ziemlich konstanten<br />

Abflussmenge während den Monaten Juli<br />

bis Oktober führen wird. Bis 2090 sagen<br />

die Modellrechnungen für den Monat Juli<br />

eine Abnahme des mittleren Abflu<strong>sse</strong>s um<br />

mehr als die Häl<strong>ft</strong>e vo<strong>ra</strong>us. Der maximale<br />

mittlere Abfluss wird sich bis Ende dieses<br />

Jahrhunderts um etwa anderthalb Monate<br />

verlagern: von Mitte Juli in der Referenzperiode<br />

auf Anfang Juni.<br />

6. Vergleich der beiden Untersuchungsgebiete<br />

Obwohl die beiden untersuchten Einzugsgebiete<br />

nicht sehr weit auseinanderliegen,<br />

unterscheiden sich de<strong>sse</strong>n Cha<strong>ra</strong>kteristiken<br />

und die da<strong>ra</strong>us hergeleiteten<br />

Prognosen beträchtlich. Nebst den recht<br />

unterschiedlichen Jahresniederschlagsmengen<br />

(das Einzugsgebiet Gorner ist in<br />

den Modellierungen etwa 15% trockener<br />

als das Einzugsgebiet Mattma<strong>rk</strong>, Bild 1<br />

und 2) und dem unterschiedlichen Vergletscherungsg<strong>ra</strong>d<br />

der beiden Gebiete<br />

(die Vergletscherung des Einzugsgebiets<br />

Gorner ist doppelt so hoch wie im Gebiet<br />

Mattma<strong>rk</strong>) betrif<strong>ft</strong> der wichtigste Unterschied<br />

die Verteilung der in den Gebieten<br />

vo<strong>rk</strong>ommenden Eisma<strong>sse</strong>n. Während im<br />

Einzugsgebiet Gorner volumenmässig<br />

das meiste Eis in relativ tiefen Lagen liegt<br />

(im flachen Bereich zwischen 2300 und<br />

2600 m ü.M.), sind die Eisma<strong>sse</strong>n im Einzugsgebiet<br />

Mattma<strong>rk</strong> in bedeutend höheren<br />

Lagen anzutreffen (mehr als zwei<br />

Drittel des Eisvolumens liegt höher als<br />

2800 m ü.M.) und wesentlich homogener<br />

mit der Höhe verteilt. Dieser Unterschied<br />

in der Höhenverteilung des Eisvolumens<br />

führt dazu, dass im Gornergebiet relativ<br />

gro<strong>sse</strong> Eisma<strong>sse</strong>n in kurzer Zeit hohen<br />

Tempe<strong>ra</strong>turen ausgesetzt sind und so<br />

in einem relativ begrenzten Zeit<strong>ra</strong>um zu<br />

einer ma<strong>rk</strong>ant erhöhten Eisschmelze führen,<br />

während sich der Effekt im Einzugsgebiet<br />

Mattma<strong>rk</strong> nur nach und nach, und<br />

somit wesentlich gedämp<strong>ft</strong>er, beme<strong>rk</strong>bar<br />

macht. Im Einzugsgebiet Mattma<strong>rk</strong> steht<br />

die Entwicklung der Jahresabflussmengen<br />

im direkten Zusammenhang mit der<br />

abnehmenden Gletscherfläche. Hingegen<br />

sorgen die gro<strong>sse</strong>n Eisma<strong>sse</strong>n im Einzugsgebiet<br />

Gorner für einen stä<strong>rk</strong>eren Anteil an<br />

Eisschmelze in den kommenden Jahren<br />

wodurch die Abflü<strong>sse</strong> zunehmen werden.<br />

7. Weitere Anme<strong>rk</strong>ungen<br />

In der vorliegenden Studie wurden zwei,<br />

sta<strong>rk</strong> vergletscherte Einzugsgebiete untersucht.<br />

Dazu wurde das dafür ausgelegte<br />

glaziohydrologische Modell GERM<br />

verwendet. Kern darin sind die Ma<strong>sse</strong>nbilanz-<br />

und Gletscherentwicklungsmodelle.<br />

Verglichen mit der ersten Version des Modells,<br />

welches von Huss et al. (2008b) präsentiert<br />

wurde, konnten entscheidende<br />

Fortschritte bei der Berechnung der Entwicklung<br />

der Gletschergeometrie erzielt<br />

werden. Mittlerweile liegt auch ein neues<br />

3D-Gletscherfliessmodell (Jouvet et al.,<br />

2008) vor, welches für ope<strong>ra</strong>tionelle Anwendungen<br />

zur Verfügung steht. Das<br />

Ma<strong>sse</strong>nbilanzmodell basiert auf einem robusten<br />

Ansatz, de<strong>sse</strong>n Pa<strong>ra</strong>meter für jedes<br />

Einzugsgebiet sepa<strong>ra</strong>t kalibriert werden<br />

mü<strong>sse</strong>n. Allerdings zeigten Studien (z.B.<br />

Huss et al., 2009), dass die verwendeten<br />

Pa<strong>ra</strong>meter insbesondere bei gro<strong>sse</strong>n Veränderungen<br />

der Vergletscherung über längere<br />

Zeit nicht unbedingt konstant bleiben.<br />

Weiterer Forschungsbedarf besteht auch<br />

bei der Berechnung der räumlichen wie<br />

zeitlichen Verteilung der Akkumulation.<br />

Verhältnismässig wenig Aufme<strong>rk</strong>samkeit<br />

wurde dem Prozess der Evapot<strong>ra</strong>nspi<strong>ra</strong>tion<br />

gewidmet. Für Alpine Einzugsgebiete<br />

wird in der Regel davon ausgegangen,<br />

dass aufgrund der relativ tiefen<br />

Tempe<strong>ra</strong>turen und der spärlichen Vegetation<br />

der Evapot<strong>ra</strong>nspi<strong>ra</strong>tion nur eine untergeordnete<br />

Rolle im Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong>reislauf zukommt<br />

(z.B. Bernath, 1991; Verbunt et al.,<br />

2003). Die vorgelegten Resultate deuten<br />

jedoch da<strong>ra</strong>uf hin, dass dieses Verhältnis<br />

sich in Zukun<strong>ft</strong> signifikant ändern könnte.<br />

Auch in diesem Falle wären entsprechende<br />

Abklärungen von gro<strong>sse</strong>r Bedeutung, insbesondere<br />

messungsbasierte.<br />

Die präsentierten Vert<strong>ra</strong>uensintervalle<br />

und Bandbreiten beschränken sich<br />

auf die Unsicherheiten in der zukün<strong>ft</strong>igen<br />

«Wa<strong>sse</strong>r Energie Lu<strong>ft</strong>» – 103. Jahrgang, 2011, He<strong>ft</strong> 4, CH-5401 Baden 277<br />

K<strong>lima</strong>wandel & Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>


K<strong>lima</strong>wandel & Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong><br />

Entwicklung des K<strong>lima</strong>s. Weitere Unsicherheiten,<br />

die aufgrund des gewählten Modellansatzes<br />

entstehen (z.B. die erwähnten<br />

Modellpa<strong>ra</strong>meter oder das Evapo<strong>ra</strong>tionsmodul),<br />

wurden in der vorliegenden Studie<br />

nicht untersucht.<br />

Danksagung<br />

Diese Studie wurde vom Projekt «Wallis Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong><br />

K<strong>lima</strong>wandel» finanziert und wäre ohne die<br />

bereits vorhandene detaillierte Datengrundlage<br />

nicht möglich gewesen. Letztere konnte dank<br />

verschiedener Schweizer Nationalfond Projekte<br />

und Au<strong>ft</strong>räge der K<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>e Mattma<strong>rk</strong> AG sowie<br />

G<strong>ra</strong>nde Dixence SA e<strong>ra</strong>rbeitet werden.<br />

Lite<strong>ra</strong>tur<br />

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zu Niederschlag, Verdunstung und Abfluss in<br />

einem teilweise vergletscherten Einzugsgebiet.<br />

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Anschri<strong>ft</strong> der Verfa<strong>sse</strong>r<br />

Daniel Farinotti, Andreas Bauder, Martin Funk<br />

Versuchsanstalt für Wa<strong>sse</strong>rbau, Hydrologie und<br />

Glaziologie (VAW), ETH Zürich<br />

CH-8092 Zürich, farinotti@vaw.baug.ethz.ch<br />

Auswi<strong>rk</strong>ungen der K<strong>lima</strong>änderung auf die<br />

Geschiebef<strong>ra</strong>cht in Einzugsgebieten von<br />

K<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>sanlagen im Kanton Wallis<br />

Mélanie Raymond P<strong>ra</strong>long, Jens Martin Turowski , Dieter Rickenmann, Alexander Beer, Valentin Mét<strong>ra</strong>ux, Thierry Gla<strong>sse</strong>y<br />

Zusammenfassung<br />

Für die Einzugsgebiete der vier Walliser K<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>e G<strong>ra</strong>nde Dixence SA, Goug<strong>ra</strong><br />

SA, Mattma<strong>rk</strong> AG und Mauvoisin SA wurde der Einfluss der K<strong>lima</strong>änderung auf den<br />

Geschiebet<strong>ra</strong>nsport basierend auf den aktuellsten K<strong>lima</strong>-, Gletscher- und Abflussszenarien<br />

untersucht. Der zukün<strong>ft</strong>ige Geschiebet<strong>ra</strong>nsport wurde mittels einer abflussbasierten<br />

T<strong>ra</strong>nsportformel bestimmt, welche den Einfluss der Sedimentverfügba<strong>rk</strong>eit<br />

nicht explizit berücksichtigt. Die Ergebni<strong>sse</strong> zeigen, dass aufgrund der durch<br />

die K<strong>lima</strong>änderung bedingten geringeren Abflü<strong>sse</strong> die ausget<strong>ra</strong>genen Sedimentmengen<br />

bei ca. der Häl<strong>ft</strong>e (38 von 64) der untersuchten Einzugsgebiete abnehmen<br />

werden. Die grössten Geschiebemengen werden kün<strong>ft</strong>ig früher im Jahr t<strong>ra</strong>nsportiert,<br />

es findet eine Verschiebung vom Sommer in den Frühling statt.<br />

1. Einleitung<br />

Die prognostizierte K<strong>lima</strong>änderung wird<br />

das Abflussregime und den damit verbundenen<br />

Sedimentt<strong>ra</strong>nsport alpiner Einzugsgebiete<br />

nachhaltig verändern. Der Feststof<strong>ft</strong><strong>ra</strong>nsport<br />

aus den Einzugsgebieten<br />

der Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>anlagen kann zu Verlandungen<br />

von Stauseen, zur Abnutzung von<br />

Turbinen, zu vermehrten Spülungen sowie<br />

während Extremereigni<strong>sse</strong>n zur Beschädigung<br />

von Wa<strong>sse</strong>rfassungen führen (Bild 1<br />

und Bild 2). Häufigere Spülungen verb<strong>ra</strong>uchen<br />

Wa<strong>sse</strong>r, das nicht mehr für die Pro-<br />

278 «Wa<strong>sse</strong>r Energie Lu<strong>ft</strong>» – 103. Jahrgang, 2011, He<strong>ft</strong> 4, CH-5401 Baden


Bild 1. Turtmanngletscher mit Moränen sowie Sedimentablagerungsbecken der Goug<strong>ra</strong> SA vom Staudamm aus gesehen (Foto: A.<br />

Beer, WSL).<br />

duktion zur Verfügung steht und verursachen<br />

somit direkt Kosten. Diese Proze<strong>sse</strong><br />

können erhebliche Auswi<strong>rk</strong>ungen auf die<br />

Betriebs- und Unterhaltskosten bei K<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>anlagen<br />

haben. Aus diesen Gründen<br />

wurde im Rahmen des Projekts «Wallis,<br />

K<strong>lima</strong>änderung und Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>nutzung»<br />

der Einfluss der K<strong>lima</strong>änderung auf den<br />

Geschiebet<strong>ra</strong>nsport bzw. den gesamten<br />

Sedimentt<strong>ra</strong>nsport untersucht, mit dem<br />

Ziel, diesbezügliche Änderungen zu quantifizieren.<br />

Dabei wurde der zukün<strong>ft</strong>ige Geschiebet<strong>ra</strong>nsport<br />

der Perioden 2021–2050<br />

(nahe Zukun<strong>ft</strong>) und 2070–2099 (ferne Zukun<strong>ft</strong>)<br />

für die Einzugsgebiete der vier Walliser<br />

K<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>sgesellscha<strong>ft</strong>en G<strong>ra</strong>nde<br />

Dixence SA, Goug<strong>ra</strong> SA, Mattma<strong>rk</strong> AG und<br />

Mauvoisin SA bestimmt.<br />

Die Berechnungen des zukün<strong>ft</strong>igen<br />

Geschiebet<strong>ra</strong>nsportes basieren auf<br />

der Modellkette K<strong>lima</strong>-, Gletscher- und<br />

Abflussprognose, welche im Artikel von<br />

Schädler et al. (dieses He<strong>ft</strong>) ausführlich erläutert<br />

sind und hier nicht weiter beschrieben<br />

werden. Die zu erwartenden Veränderungen<br />

hängen jedoch auch von der<br />

Geomorphologie und Sedimentverfügba<strong>rk</strong>eit<br />

der einzelnen Einzugsgebiete ab;<br />

dieser Aspekt wurde nur am Beispiel des<br />

Turtmanntals untersucht. Der vorliegende<br />

Bericht fasst die wichtigsten Ergebni<strong>sse</strong><br />

zusammen. Weiterführende Ergebni<strong>sse</strong><br />

können im Bericht von Raymond P<strong>ra</strong>long<br />

et al. (2011) nachgelesen werden.<br />

2. Grundlagen zum Sedimentt<strong>ra</strong>nsport<br />

2.1 Der Geschiebetrieb<br />

Unter dem Begriff Geschiebet<strong>ra</strong>nsport<br />

ist die Verlagerung von Gesteinkörnern<br />

grö<strong>sse</strong>r als etwa Feinsand durch Gerinneabfluss<br />

zu verstehen, wobei die Körner<br />

vorwiegend in Sohlennähe t<strong>ra</strong>nsportiert<br />

werden. Im Begriff Sedimentt<strong>ra</strong>nsport<br />

werden auch die feineren Korngrö<strong>sse</strong>n<br />

eingeschlo<strong>sse</strong>n, welche vorwiegend als<br />

Schwebstoff t<strong>ra</strong>nsportiert werden und sich<br />

auch in den Stauseen ablagern. Die Materialmenge,<br />

welche durch Wa<strong>sse</strong>r mobilisiert<br />

und t<strong>ra</strong>nsportiert werden kann, hängt<br />

von der T<strong>ra</strong>nsportkapazität des Gerinnes<br />

und von der Sedimentverfügbarbeit ab.<br />

Die T<strong>ra</strong>nsportkapazität ist einerseits vom<br />

geringsten Gefälle innerhalb des Flussverlaufes<br />

abhängig, da dort die Schubspannungen<br />

an der Sohle am kleinsten sind.<br />

Andererseits bestimmt die Abflussmenge<br />

die T<strong>ra</strong>nsportkapazität mit. Damit Material<br />

tatsächlich ausget<strong>ra</strong>gen werden kann, ist<br />

ein kritischer Abfluss nötig, welcher als<br />

untere Grenze für den Stof<strong>ft</strong><strong>ra</strong>nsport gilt.<br />

Unterhalb dieser Abflussmenge findet kein<br />

Sedimentt<strong>ra</strong>nsport statt.<br />

2.2 Berechnung der Geschiebet<strong>ra</strong>nsport<strong>ra</strong>te<br />

In dieser Studie wurden die zukün<strong>ft</strong>igen<br />

Geschiebef<strong>ra</strong>chten mittels einer abflussbasierten<br />

Geschiebet<strong>ra</strong>nsportgleichung<br />

bestimmt. Die Geschiebet<strong>ra</strong>nsport<strong>ra</strong>te<br />

wird mit folgender kompakten Gleichung<br />

berechnet:<br />

«Wa<strong>sse</strong>r Energie Lu<strong>ft</strong>» – 103. Jahrgang, 2011, He<strong>ft</strong> 4, CH-5401 Baden 279<br />

(1)<br />

Dabei ist q b die volumetrische Geschiebet<strong>ra</strong>nsport<strong>ra</strong>te<br />

pro Einheitsbreite, q der<br />

K<strong>lima</strong>wandel & Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>


K<strong>lima</strong>wandel & Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong><br />

Bild 2. Beschädigte Wa<strong>sse</strong>rfassung Riedbach in Grächen (Mattertal, Mattma<strong>rk</strong> AG) als Folge eines Wa<strong>sse</strong><strong>ra</strong>usbruches im Riedgletscher<br />

am 08. August 1989 (Fotos: K<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>e Mattma<strong>rk</strong> AG).<br />

Abfluss pro Einheitsbreite q c, der kritische<br />

Abfluss pro Einheitsbreite bei Beginn des<br />

Geschiebet<strong>ra</strong>nsportes und S das Gerinnegefälle.<br />

Für eine ausführliche Herleitung<br />

dieser Gleichung wird auf Badoux & Rickenmann<br />

(2008) oder Nitsche et al. (2011)<br />

verwiesen.<br />

Der kritische Abfluss q c in Gleichung<br />

(1) wird mit folgender empirischer<br />

Gleichung abgeschätzt<br />

(2)<br />

Dabei ist s = ρ s / ρ das Verhältnis von Feststoffdichte<br />

ρ s zur Fluiddichte ρ, g die G<strong>ra</strong>vitationsbeschleunigung<br />

und d x die cha<strong>ra</strong>kteristische<br />

Korngrö<strong>sse</strong> des Bachmaterials,<br />

für welche x% des Materials feiner sind.<br />

Für das Dichteverhältnis von Quarzsediment<br />

zu Wa<strong>sse</strong>r wird s = 2.68 gesetzt. Gl.<br />

(2) wurde von Bathurst et al. (1987) vorgeschlagen<br />

und von Rickenmann (1990)<br />

leicht modifiziert. Sie basiert auf Laborversuchen<br />

mit relativ einheitlichen Korngrö<strong>sse</strong>n<br />

und Gerinnegefällen von 0.0025 bis<br />

0.2 und entspricht Bedingungen in einem<br />

Bachbett ohne Deckschicht und ohne ausgeprägte<br />

Sohlstrukturen.<br />

2.3 Berücksichtigung des hohen<br />

Fliesswiderstandes in steilen<br />

und <strong>ra</strong>uen Gerinnen<br />

Zur Bestimmung des Geschiebet<strong>ra</strong>nsportes<br />

unter Berücksichtigung von Energieverlusten<br />

durch grobe Rauigkeitselemente<br />

kann Gl. (1) in Kombination<br />

mit einem Ansatz für die Au<strong>ft</strong>eilung des<br />

Fliesswiderstandes verwendet werden.<br />

Das reduzierte Energieliniengefälle S red<br />

bezieht sich dabei auf ein Basisniveau des<br />

Fliesswiderstandes (für eine Grund<strong>ra</strong>uigkeit<br />

des Sohlenmaterials) und bestimmt<br />

die verbleibende Energie, welche für den<br />

Geschiebet<strong>ra</strong>nsport zur Verfügung steht<br />

(Rickenmann & Recking, 2011):<br />

280 «Wa<strong>sse</strong>r Energie Lu<strong>ft</strong>» – 103. Jahrgang, 2011, He<strong>ft</strong> 4, CH-5401 Baden<br />

(3)<br />

Dabei bezieht sich der Darcy-Weisbach<br />

Reibungskoeffizient f tot auf die Gesamtreibung<br />

und f o auf die Basisreibung bzw. der<br />

Manning-Strickler Reibungsbeiwert n tot<br />

auf die Gesamtreibung und n o auf die Basisreibung.<br />

Meyer-Peter und Müller (1948)<br />

schlugen aufgrund ihrer Experimente einen<br />

empirisch bestimmten Wert e = 1.5 vor. Rickenmann<br />

et al. (2006) gehen davon aus,<br />

dass plausible Werte für den Exponenten e<br />

im Bereich von 1 ≤ e ≤ 2 liegen, was durch<br />

Untersuchungen zum Geschiebet<strong>ra</strong>nsport<br />

in steilen Gerinnen in der Schweiz und Österreich<br />

bestätigt wird (Badoux & Rickenmann,<br />

2008; Chiari & Rickenmann, 2011;<br />

Nitsche et al., 2011). Hier wurde e = 1.5<br />

verwendet.<br />

Das Verhältnis zwischen Basiswiderstand<br />

und gesamtem Fliesswiderstand<br />

ergibt sich zu:<br />

(4)<br />

Dabei ist v die mittlere Fliessgeschwindigkeit<br />

unter Berücksichtigung der Gesamtreibung<br />

und f tot und v o bezeichnet eine<br />

virtuelle Fliessgeschwindigkeit unter Berücksichtigung<br />

der Basisreibung f o. Das<br />

Resultat der Au<strong>ft</strong>eilung des Fliesswiderstandes<br />

nach Gl. (4) wird in Gl. (3) für die<br />

Berechnung von S red eingesetzt. Die hier<br />

vorgeschlagene Au<strong>ft</strong>eilung ist im Grunde<br />

eine Funktion der relativen Abflusstiefe. Es<br />

handelt sich dabei um einen pauschalen,<br />

empirischen Ansatz, welcher aber implizit<br />

Informationen über eine durchschnittliche<br />

Rauigkeitserhöhung in steilen und <strong>ra</strong>uen<br />

Gerinnen enthält.<br />

3. Die Untersuchungsgebiete<br />

G<strong>ra</strong>nde Dixence<br />

Das Einzugsgebiet der G<strong>ra</strong>nde Dixence SA<br />

liegt südlich des Rhonetals, jeweils in den<br />

hinteren Teilen des Mattertals und des Val<br />

d’Hérens (rote Fläche in Bild 3) und umfasst<br />

eine Fläche von 357 km 2 . Insgesamt<br />

werden 36 verschiedene Teileinzugsgebiete<br />

gefasst. Das Gesamteinzugsgebiet<br />

ist zu zwei Dritteln und gewi<strong>sse</strong> Teileinzugsgebiete<br />

bis zu 80% vergletschert.<br />

Das gesammelte Wa<strong>sse</strong>r wird über einen<br />

Hauptstollen in den G<strong>ra</strong>nde Dixence Stausee<br />

im Nachbartal Val des Dix geleitet. Alle<br />

Wa<strong>sse</strong>rfassungen liegen oberhalb 2000 m<br />

ü.M. Die Standorte der Wa<strong>sse</strong>rfassungen<br />

sind mit einem Punkt dargestellt. Die<br />

grössten Gletscher im Gebiet sind Gorner-,<br />

Findelen-, Zmuttgletscher, Glacier<br />

de Ferpècle und Haut Glacier d’Arolla.<br />

Die Teileinzugsgebietsflächen liegen zwischen<br />

1.5 km 2 (Douves Blanches) und<br />

80 km 2 (Gorne<strong>ra</strong>), wobei die Mehrheit Flächen<br />

unter 5 km 2 liegen (21 Teileinzugsgebiete).<br />

Goug<strong>ra</strong><br />

Das Einzugsgebiet der Goug<strong>ra</strong> SA liegt<br />

im hinteren Val d’Anniviers und im Nachbartal<br />

Turtmann und umfasst eine Fläche<br />

von 252 km 2 (hellblaue Einzugsgebiete in<br />

Bild 3). Neben dem natürlichen Einzugsgebiet<br />

wird dem Stausee Moiry (2250 m ü.M)<br />

Wa<strong>sse</strong>r der Navisence von Mottec sowie<br />

das Wa<strong>sse</strong>r aus dem Turtmannstausee<br />

zugeleitet. Das Teileinzugsgebiet der Turtmänna<br />

umfasst eine Fläche von 36.6 km 2


mit einer Vergletscherung von 56% (Zuber,<br />

2005) und erreicht eine maximale Höhe<br />

von 4151 m ü.M (Bishorn). Neben dem<br />

natürlichen Einzugsgebiet wird dem Turtmannstausee<br />

Wa<strong>sse</strong>r aus den Bächen<br />

Brändji, Bluomatt und Frilli zugeleitet.<br />

Mattma<strong>rk</strong><br />

Das Einzugsgebiet des Stausees Mattma<strong>rk</strong><br />

AG liegt im hinteren Saastal und umfasst<br />

eine Fläche von 85.9 km 2 (dunkelblaue<br />

Einzugsgebiete in Bild 3). Der Stausee<br />

liegt auf 2197 m ü.M. Das natürliche<br />

Einzugsgebiet von 37.1 km 2 erreicht eine<br />

maximale Höhe von 3795 m ü.M. (Fluchthorn).<br />

Neben dem natürlichen Einzugsgebiet<br />

werden dem Stausee Mattma<strong>rk</strong> die<br />

links- und rechtsufrigen Seitenbäche der<br />

Saaser Vispa (Tri<strong>ft</strong>bach, Almagellerbach,<br />

Furgbach, Allalinbach, Hohlaubbach) mit<br />

einem Gesamteinzugsgebiet von 51.1 km 2<br />

zugeleitet. Gletscher wie der Schwarzberg-,<br />

Allalin- und Feegletscher prägen<br />

das alpine Landscha<strong>ft</strong>sbild. Im Jahr 1985<br />

betrug die vergletscherte Fläche im Gesamteinzugsgebiet<br />

30.3 km 2 , was einem<br />

Anteil von 35.4% entspricht.<br />

Mauvoisin<br />

Das Einzugsgebiet des Stausees Mauvoisin<br />

liegt im hinteren Teil des Val de Bagnes<br />

(in Bild 3 gelb ma<strong>rk</strong>iert). Dem Stausee werden<br />

neben den natürlichen Zuflü<strong>sse</strong>n mit<br />

einem Einzugsgebiet von 114 km 2 auch die<br />

links- und rechtsufrigen Bäche des mittleren<br />

Val de Bagnes mit einem Einzugsgebiet<br />

von 53 km 2 zugeleitet. Das Einzugsgebiet<br />

ist zu 43 Prozent vergletschert. Der G<strong>ra</strong>nd<br />

Combin mit einer Höhe von 4314 m ü.M.<br />

bildet den höchsten Gipfel.<br />

4. Modellierung des kün<strong>ft</strong>igen<br />

Sedimentt<strong>ra</strong>nsportes<br />

Für die Berechnung des kün<strong>ft</strong>igen Sediment-<br />

bzw. Geschiebet<strong>ra</strong>nsportes sollten<br />

Vo<strong>ra</strong>ussagen über (i) die Abflu<strong>sse</strong>ntwicklung<br />

und (ii) die Entwicklung der Sedimentverfügba<strong>rk</strong>eit<br />

in den einzelnen Einzugsgebieten<br />

gemacht werden können.<br />

In den hier vorgestellten Resultaten wurde<br />

hauptsächlich der Einfluss der Abflu<strong>sse</strong>ntwicklung<br />

auf den Geschiebet<strong>ra</strong>nsport untersucht<br />

(Einflussfaktor i). Die Beurteilung<br />

der Entwicklung der Sedimentverfügba<strong>rk</strong>eit<br />

ist schwieriger zu quantifizieren und<br />

basiert u.a. auf detaillierteren Felduntersuchungen.<br />

Im Rahmen dieses Projektes<br />

wurde dieser Aspekt nur für das Einzugsgebiet<br />

des Turtmanntals (Goug<strong>ra</strong> SA) untersucht.<br />

Dort übersteigt die verfügbare<br />

Sedimentmenge die T<strong>ra</strong>nsportkapazität<br />

des Baches um mehrere Grö<strong>sse</strong>nordnungen.<br />

Der Bach zeigt also t<strong>ra</strong>nsport-limitiertes<br />

Verhalten. Die Ergebni<strong>sse</strong> sind<br />

Bild 3. Einzugsgebiete der K<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>sbetriebe G<strong>ra</strong>nde Dixence SA (rot), Goug<strong>ra</strong> SA<br />

(hellblau), Mattma<strong>rk</strong> AG (blau) und Mauvoisin SA ( gelb).<br />

im Detail von Beer (2009) und Raymond<br />

P<strong>ra</strong>long et al. (2011) beschrieben.<br />

4.1 Geschiebef<strong>ra</strong>chtprognosen<br />

Der kün<strong>ft</strong>ige Geschiebet<strong>ra</strong>nsport wird<br />

anhand des prognostizierten Abflu<strong>sse</strong>s<br />

berechnet. Dazu wird die abflussbasierte<br />

T<strong>ra</strong>nsportformel (Gleichung [1]) an den<br />

beobachteten Geschiebef<strong>ra</strong>chten (falls<br />

vorhanden abgeschätzt aus Anzahl Spülungen<br />

der Entsander und Entkieser) geeicht<br />

und auf die prognostizierten Abflusswerte<br />

angewandt. Die Geschiebef<strong>ra</strong>chten<br />

wurden für je zehn K<strong>lima</strong>-Abfluss-Szenarien<br />

für die Perioden 2021–2050 und 2070–<br />

2099 berechnet und im Verhältnis zu den<br />

Referenzwerten der Periode 1980–2009<br />

gesetzt.<br />

5. Resultate<br />

Der kün<strong>ft</strong>ige Geschiebet<strong>ra</strong>nsport wurde<br />

für insgesamt 65 Bäche untersucht: 36 im<br />

Gebiet der G<strong>ra</strong>nde Dixence, 10 in jenem<br />

der K<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>e Goug<strong>ra</strong>, neun im Einzugsgebiet<br />

der K<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>e Mattma<strong>rk</strong> und 10<br />

für das Gebiet von Mauvoisin. Die Berechnungen<br />

geben die Änderung der T<strong>ra</strong>nsportkapazität<br />

wieder; die Geschiebeverfügba<strong>rk</strong>eit<br />

wurde nicht explizit berücksichtigt.<br />

Zur be<strong>sse</strong>ren Übersicht wurden<br />

für jede Messstelle die mittlere jährliche<br />

Geschiebef<strong>ra</strong>cht über alle zehn Szenarien<br />

ermittelt, und mit dem Wert der Referenzperiode<br />

normalisiert.<br />

Bei einem Bach (Pas de Chèvres;<br />

G<strong>ra</strong>nde Dixence) lag der berechnete Geschiebet<strong>ra</strong>nsport<br />

in der Referenzperiode<br />

und in den meisten Szenarien bei Null, das<br />

heisst, dass der mittels Gleichung (2) abgeschätzte<br />

Abflussgrenzwert für den T<strong>ra</strong>nsportbeginn<br />

nicht überschritten wurde. Bei<br />

diesem Bach dominieren jetzt und in Zukun<strong>ft</strong><br />

Extremereigni<strong>sse</strong> den Geschiebet<strong>ra</strong>nsport.<br />

Dieser Bach wird im Folgenden<br />

nicht berücksichtigt.<br />

5.1 Auswi<strong>rk</strong>ungen auf die Geschiebemengen<br />

und die<br />

saisonale Verteilung des<br />

Geschiebet<strong>ra</strong>nsportes<br />

Im Durchschnitt gibt es in den restlichen<br />

64 Bächen im Vergleich zu den Beobachtungen<br />

der Referenzperiode in der Periode<br />

2021–2050 einen Geschiebeanstieg<br />

um den Faktor 2.15 (Median 1.39), in der<br />

Periode 2070–2099, um einen Faktor 4.69<br />

(Median 3.79). Diese Werte sind jedoch<br />

sta<strong>rk</strong> beeinflusst von zwei Ausrei<strong>sse</strong>rn<br />

(Rocs Rouges, G<strong>ra</strong>nde Dixence: Mittelwert<br />

40.67 in 2050 und 75.40 in 2099; und<br />

Crête Sèche, Mauvoisin: Mittelwert 41.18<br />

in 2050 und 173.28 in 2099). Werden diese<br />

Bäche in dem Vergleich weggela<strong>sse</strong>n, verringert<br />

sich der Mittelwert für 2021–2050<br />

auf 0.90 (Median 0.88) und für 2070–2099<br />

auf 0.84 (Median 0.83). Im Allgemeinen<br />

kann also bei den untersuchten Bächen<br />

von einem Geschieberückgang ausgegangen<br />

werden, vor allem für die Periode 2070<br />

bis 2099 (Bild 4). Die durch die K<strong>lima</strong>änderung<br />

bedingten geringeren mittleren Abflü<strong>sse</strong><br />

rufen diesen Rückgang hervor. Bis<br />

2050 zeigen nur neun Bäche gesteigerte<br />

Geschiebelieferungen um mehr als 20%,<br />

während 13 Bäche weniger als 80% der<br />

Geschiebef<strong>ra</strong>chten in der Referenzperiode<br />

«Wa<strong>sse</strong>r Energie Lu<strong>ft</strong>» – 103. Jahrgang, 2011, He<strong>ft</strong> 4, CH-5401 Baden 281<br />

K<strong>lima</strong>wandel & Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>


K<strong>lima</strong>wandel & Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong><br />

bringen. Die restlichen 42 Bäche liefern<br />

zwischen 80% und 120% der Referenzf<strong>ra</strong>chten.<br />

Bis 2099 liefern zehn Bäche mehr<br />

Geschiebe, aber nur noch 16 Bäche liefern<br />

ähnliche F<strong>ra</strong>chten wie in der Referenzperiode.<br />

Die restlichen 38 Bäche liefern weniger<br />

als 80% der Geschiebef<strong>ra</strong>chten der<br />

Referenzperiode.<br />

Die Veränderungen in den jahreszeitlichen<br />

Verteilungen der Geschiebelieferung<br />

sind in Bild 5 dargestellt. Bis 2099<br />

betreffen sie fast alle Einzugsgebiete. Die<br />

maximalen jährlichen Geschiebemengen<br />

fallen heute für die meisten Bäche in den<br />

für ein glaziales Abflussregime abflussreichsten<br />

Sommermonaten Juli und August<br />

an. Aufgrund der veränderten Abflussregimes<br />

verschiebt sich ihr Au<strong>ft</strong>reten<br />

in Zukun<strong>ft</strong> in den Frühsommer. Bis 2050<br />

zeigen 50% der Bäche eine veränderte<br />

Geschiebelieferung vom Sommer in den<br />

Frühling (glaziales zu nivales Abflussregime),<br />

bis 2099 gar 67%. Eine Verschiebung<br />

der jährlichen Geschiebelieferung<br />

vom Frühling in den Winter wird erst ab<br />

2070–2099 beobachtet und betrif<strong>ft</strong> acht<br />

Bäche. Bis 2050 zeigen 28 Bäche keine<br />

Verschiebung, bis 2099 nur noch neun<br />

Bäche. Fünf Bäche sind sta<strong>rk</strong> von Extremereigni<strong>sse</strong>n<br />

beeinflusst.<br />

5.2 Jährliche Geschiebeganglinien,<br />

Fallbeispiele zu verschiedenem<br />

Bachverhalten<br />

Die Einzugsgebiete reagieren je nach<br />

Höhenlage und Vergletscherungsg<strong>ra</strong>d,<br />

Schneebedeckung, Ausdehnung des<br />

Permafrostes, Vegetationsbedeckung<br />

und Sedimentverfügba<strong>rk</strong>eit unterschiedlich<br />

auf die K<strong>lima</strong>änderung. Die Sedimentverfügba<strong>rk</strong>eit<br />

spielt dabei eine wesentliche<br />

Rolle, konnte aber wie bereits<br />

erwähnt im Rahmen dieser Studie nur für<br />

das Ein zugsgebiet des Turtmanntals berücksichtigt<br />

werden. Im Folgenden werden<br />

Jahresgeschiebeganglinien gezeigt, die<br />

verschiedene Reaktionen der Einzugsgebiete<br />

auf die K<strong>lima</strong>änderung darstellen. Bei<br />

gewi<strong>sse</strong>n Einzugsgebieten wird nur eine<br />

Zunahme der Geschiebef<strong>ra</strong>chten, jedoch<br />

keine saisonale Verschiebung in der Zukun<strong>ft</strong><br />

erwartet. Für Tsijiore Nouve (G<strong>ra</strong>nde<br />

Dixence SA) wurde z.B. eine Zunahme der<br />

Geschiebelieferung von im Mittel 177% der<br />

Geschiebemengen der Referenzperiode<br />

bis 2050 und 393% bis 2099 berechnet<br />

(Bild 6). Bei dem Einzugsgebiet Langfluh<br />

(G<strong>ra</strong>nde Dixence SA) dagegen wird eine<br />

Abnahme der Geschiebef<strong>ra</strong>chten auf 80%<br />

der Geschiebemengen der Referenzperiode<br />

für 2021–2050 und auf 40% für 2070 –<br />

2099 erwartet (Bild 7). Eine saisonale Ver-<br />

Bild 4. Geschiebet<strong>ra</strong>nsportänderungen in 64 untersuchten Bächen für die Perioden<br />

2021–2050 (links) und 2070–2099 (rechts) im Vergleich zu den Referenzwerte der<br />

Periode 1980–2009. Mehr Geschiebet<strong>ra</strong>nsport entspricht einem Wert von >120 Prozent<br />

der Geschiebemengen der Referenzperiode, weniger Geschiebet<strong>ra</strong>nsport einem Wert<br />


Bild 6. Jährliche Geschiebeganglinien (m 3 /Tag) für je zehn Szenarien der Perioden 2021 bis 2050 (links) und 2070 bis 2099 (rechts)<br />

im Vergleich zur die Referenzperiode 1980–2009 (schwarz) für das Einzugsgebiet Tsijiore Nouve (G<strong>ra</strong>nde Dixence SA). In diesem<br />

Beispiel erhöhen sich die Geschiebef<strong>ra</strong>chten sta<strong>rk</strong>, ohne dass eine saisonale Verschiebung sichtbar ist.<br />

Bild 7. Jährliche Geschiebeganglinien (m 3 /Tag) für je zehn Szenarien der Perioden 2021 bis 2050 (links) und 2070 bis 2099 (rechts) im<br />

Vergleich zur Referenzperiode 1980–2009 (schwarz) für das Einzugsgebiet Langfluh (G<strong>ra</strong>nde Dixence). Klar e<strong>rk</strong>ennbar ist die saisonale<br />

Verschiebung der Geschiebelieferung von den Sommermonaten (glazial) zum Frühling (niveal).<br />

Bild 8. Jährliche Geschiebeganglinien (m 3 /Tag) für je zehn Szenarien der Perioden 2021 bis 2050 (links) und 2070 bis 2099 (rechts),<br />

jeweils im Vergleich zur Referenzperiode 1980–2009 (schwarz) für das Einzugsgebiet Mellichen (G<strong>ra</strong>nde Dixence).<br />

Aust<strong>ra</strong>gvolumen wurde auf 27 Millionen<br />

Kubikmeter abgeschätzt (Bild 9b).<br />

6. Diskussion<br />

Die hier vorgestellten quantitativen Geschiebef<strong>ra</strong>chtprognosen<br />

bet<strong>ra</strong>chten den<br />

Einfluss der Änderung des Abflu<strong>sse</strong>s auf<br />

den Geschiebet<strong>ra</strong>nsport und gelten somit<br />

strenggenommen nur für sogenannte<br />

t<strong>ra</strong>nsport-limitierte Gebirgsbäche (Begrenzung<br />

des Geschiebeaufkommens durch<br />

das T<strong>ra</strong>nsportvermögen des Baches).<br />

Der zukün<strong>ft</strong>ige Geschiebet<strong>ra</strong>nsport kann<br />

aber auch sta<strong>rk</strong> von einer veränderten<br />

Sedimentverfügba<strong>rk</strong>eit im Einzugsgebiet<br />

beeinflusst werden, dies gilt vor allem für<br />

verfügba<strong>rk</strong>eits-limitierte Gebirgsbäche.<br />

Tendenziell ist anzunehmen, dass<br />

die Sedimentverfügba<strong>rk</strong>eit in einigen Gebieten<br />

durch den Rückzug der Gletscher<br />

und den Rückgang des Permafrostes zunehmen<br />

dür<strong>ft</strong>e. Die F<strong>ra</strong>ge der Sediment-<br />

verfügba<strong>rk</strong>eit wurde beispielha<strong>ft</strong> im Einzugsgebiet<br />

des Turtmanntals untersucht.<br />

Dort übersteigen die vorhandenen Sedimentmengen<br />

die T<strong>ra</strong>nsportkapazität bei<br />

Weitem. Deswegen kann angenommen<br />

werden, dass für die heute t<strong>ra</strong>nsport-limitierten<br />

Gletscherbäche auch in Zukun<strong>ft</strong><br />

genügend Sediment bzw. Geschiebe zur<br />

Verfügung steht. Umgekehrt ist es aber<br />

denkbar, dass für heute verfügba<strong>rk</strong>eitslimitierte<br />

Gletscherbäche in gewi<strong>sse</strong>n<br />

«Wa<strong>sse</strong>r Energie Lu<strong>ft</strong>» – 103. Jahrgang, 2011, He<strong>ft</strong> 4, CH-5401 Baden 283<br />

K<strong>lima</strong>wandel & Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>


K<strong>lima</strong>wandel & Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong><br />

Bild 9a. Die Sedimentkörper im oberen Turtmanntal und im<br />

Innern Wängertälli.<br />

Fällen in den nächsten Jahrzehnten mehr<br />

Sediment bzw. Geschiebe in das Gerinnesystem<br />

gelangen könnte und so der<br />

Geschiebet<strong>ra</strong>nsport allenfalls auch bei abnehmenden<br />

Abflü<strong>sse</strong>n zunehmen könnte.<br />

Eine genaue Unterscheidung der untersuchten<br />

Bäche in t<strong>ra</strong>nsport-limitierte bzw.<br />

verfügba<strong>rk</strong>eits-limitierte Systeme ist nicht<br />

einfach möglich, und würde insbesondere<br />

weitere Felduntersuchungen erfordern.<br />

Au<strong>sse</strong>r dem Beispiel Turtmanntal<br />

wurde die Sedimentverfügba<strong>rk</strong>eit in der<br />

Studie bei der Bestimmung der zukün<strong>ft</strong>igen<br />

Geschiebef<strong>ra</strong>chten nicht berücksichtigt.<br />

Dies könnte pro Einzugsgebiet<br />

je nach geomorphologischem Kontext zu<br />

einer Unter- oder Überschätzung der zukün<strong>ft</strong>igen<br />

F<strong>ra</strong>chten führen und sollte bei<br />

der Interpretation der Resultate berücksichtigt<br />

werden.<br />

Durch das sich ändernde Abflussverhalten<br />

der Bäche führen unsere Berechnungen<br />

meist zu einem leichten bis<br />

mittleren Geschieberückgang, zumindest<br />

wenn die prognostizierten Abflussmengen<br />

als korrekt angenommen werden. Für die<br />

Interpretation der Ergebni<strong>sse</strong> sollte man<br />

sich jedoch bewusst machen, dass alle<br />

Unsicherheiten und Fehler der Modellkette<br />

(Emissionsmodelle, K<strong>lima</strong>szenarien, Gletscherflächenänderung,Abflussvorhersage)<br />

sich direkt auf die Vorhersagen des<br />

Geschiebetriebs auswi<strong>rk</strong>en. Eine ausführliche<br />

Diskussion der verschiedenen Unsi-<br />

cherheiten kann in den entsprechenden<br />

Fachberichten gefunden werden.<br />

Eine wichtige Änderung im T<strong>ra</strong>nsportverhalten<br />

ergibt sich für den saisonalen<br />

Verlauf des Geschiebet<strong>ra</strong>nsportes. Durch<br />

den Rückgang der Gletscher steht im<br />

Sommer weniger Wa<strong>sse</strong>r zur Verfügung,<br />

das stattde<strong>sse</strong>n während der Schneeschmelze<br />

im Frühling abfliesst, oder sogar<br />

direkt während des Winters als Regen in<br />

die Bäche gelangt. Sta<strong>rk</strong>niederschlagsereigni<strong>sse</strong><br />

im Sommer und Herbst könnten<br />

in Zukun<strong>ft</strong> vermutlich auch eine grö<strong>sse</strong>re<br />

Rolle spielen. Dies würde hei<strong>sse</strong>n,<br />

dass die Geschiebelieferung grö<strong>sse</strong>ren<br />

Schwankungen unterliegen und weniger<br />

vorhersagbar wird. Die Sedimentlieferung<br />

bei Extremereigni<strong>sse</strong>n könnte auch die<br />

Wahrscheinlichkeit für Schäden an wa<strong>sse</strong>rbaulichen<br />

Anlagen erhöhen. Die Veränderung<br />

des Feststof<strong>ft</strong><strong>ra</strong>nsportes durch<br />

Sta<strong>rk</strong>niederschlagsereigni<strong>sse</strong> wurde im<br />

Projekt «Wallis, Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>, K<strong>lima</strong>änderung»<br />

nicht explizit berücksichtigt (weder<br />

in den K<strong>lima</strong>modellen noch in den hydrologischen<br />

Modellen), und kann deshalb hier<br />

nur qualitativ diskutiert werden.<br />

7. Schlussfolgerungen<br />

Für die Einzugsgebiete der vier Walliser<br />

K<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>e G<strong>ra</strong>nde Dixence SA, Goug<strong>ra</strong><br />

SA, Mattma<strong>rk</strong> AG und Mauvoisin SA wurde<br />

der zukün<strong>ft</strong>ige Geschiebet<strong>ra</strong>nsport für die<br />

Perioden 2021–2050 und 2070–2099 be-<br />

Bild 9b. Potenziell erodierbares Sedimentvolumen im Bereich<br />

der unbewachsenen Moränen.<br />

stimmt. Im Durchschnitt ist eine Abnahme<br />

der ausget<strong>ra</strong>genen Sedimentmengen zu<br />

erwarten, bedingt durch die sinkenden<br />

Abflussmengen. Im Einzelfall reagieren<br />

aber die verschiedenen Einzugsgebiete<br />

entsprechend ihren lokalen Verhältni<strong>sse</strong>n<br />

(Höhenlage, Vergletscherungsg<strong>ra</strong>d usw…)<br />

unterschiedlich auf die K<strong>lima</strong>änderung. So<br />

wird bei einigen Einzugsgebieten zuerst<br />

eine Zunahme, später eine Abnahme der<br />

Geschiebemengen erwartet. Andere Einzugsgebiete<br />

verhalten sich gegensätzlich<br />

und bei weiteren Gebieten wird entweder<br />

nur eine Zunahme oder Abnahme des Sedimentt<strong>ra</strong>nsports<br />

prognostiziert. Die Sedimentverfügba<strong>rk</strong>eit<br />

wurde nur in einem<br />

Fallbeispiel berücksichtigt. Der Einfluss<br />

Sta<strong>rk</strong>niederschlagsereigni<strong>sse</strong> auf den zukün<strong>ft</strong>igen<br />

Geschiebet<strong>ra</strong>nsport wurde in<br />

dieser Studie nicht berücksichtigt.<br />

Verdankung<br />

Diese Arbeit wurde im Rahmen des Projektes<br />

«Sektorielle Studie zum Einfluss der K<strong>lima</strong>änderung<br />

auf die Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>nutzung im Kanton Wallis»<br />

durchgeführt. Wir danken den Aut<strong>ra</strong>ggebern<br />

Forces Motrices Valaisannes und Dienststelle<br />

für Energie und Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong> Kanton Wallis, und<br />

insbesondere J. P<strong>ra</strong>long, E. Caloz, P. Michellod,<br />

P. Amacker, M. Steiner, F. Zuber für die Unterstützung<br />

des Projektes. Für die freundliche<br />

Bereitstellung von Unterlagen danken wir den<br />

K<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>gesellscha<strong>ft</strong>en G<strong>ra</strong>nde Dixence SA,<br />

Goug<strong>ra</strong> SA, Mattma<strong>rk</strong> AG und Mauvoisin SA.<br />

284 «Wa<strong>sse</strong>r Energie Lu<strong>ft</strong>» – 103. Jahrgang, 2011, He<strong>ft</strong> 4, CH-5401 Baden


Lite<strong>ra</strong>tur<br />

Badoux, A., D. Rickenmann (2008). Berechnungen<br />

zum Geschiebet<strong>ra</strong>nsport während der<br />

Hochwa<strong>sse</strong>r 1993 und 2000 im Wallis, «Wa<strong>sse</strong>r<br />

Energie Lu<strong>ft</strong>», 100, 217–226.<br />

Bathurst, J. C., W.H. G<strong>ra</strong>f, H.H. Cao (1987). Bed<br />

load discharge equations for steep mountain<br />

rivers, in Sediment T<strong>ra</strong>nsport in G<strong>ra</strong>vel-Bed Rivers,<br />

edited by C. R. Thorne, J. C. Bathurst, and<br />

R. D. Hey, pp. 453–477, John Wiley, New Yo<strong>rk</strong>.<br />

Beer, A. (2009). Einfluss des K<strong>lima</strong>wandels auf<br />

den Sedimentt<strong>ra</strong>nsport in Einzugsgebieten alpiner<br />

Stauhaltungen – Konzeptionelles Modell<br />

und Feldstudie im Turtmanntal. Diplomarbeit an<br />

der WSL Birmensdorf und der Universität Karlsruhe<br />

(KIT).<br />

Chiari, M., Rickenmann, D. (2011). Back-calculation<br />

of bedload t<strong>ra</strong>nsport in steep channels<br />

with a numerical model. Earth Surface<br />

Proce<strong>sse</strong>s and Landforms, 36, 805–815. DOI:<br />

10.1002/esp.2108.<br />

Chiari, M., D. Rickenmann (2011). Back-calculation<br />

of bedload t<strong>ra</strong>nsport in steep channels with<br />

a numerical model, Earth Surface Proce<strong>sse</strong>s<br />

and Landforms, 36, 805–815.<br />

Meyer-Peter, E., R. Mueller (1948). Formulas for<br />

bedload t<strong>ra</strong>nsport. In Proceedings of the 2nd<br />

meeting of the International Association of Hyd<strong>ra</strong>ulic<br />

Structures Research, Stockholm, Sweden;<br />

39–64.<br />

Nitsche, M., D. Rickenmann, J.M. Turowski, A.<br />

Badoux, J.W. Kirchner (2011). Evaluation of bedload<br />

t<strong>ra</strong>nsport predictions using flow resistance<br />

equations to account for macro-roughness in<br />

steep mountain streams, Water Resour. Res.,<br />

47, W08513, doi:1 0.1029/2011WR010645<br />

Raymond P<strong>ra</strong>long, M., J.M. Turowski, A. Beer, D.<br />

Rickenmann, V. Mét<strong>ra</strong>ux, T. Gla<strong>sse</strong>y (2011). Wallis,<br />

Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>, K<strong>lima</strong>wandel: Auswi<strong>rk</strong>ung der<br />

K<strong>lima</strong>änderung auf die Geschiebef<strong>ra</strong>cht – Sektorielle<br />

Studie Wallis, Modul D. Schweizerische<br />

Gesellscha<strong>ft</strong> für Hydrologie und Limnologie<br />

(SGHL) und Hydrologische Kommission (CHy)<br />

(Hrsg.) 2011. Auswi<strong>rk</strong>ungen der K<strong>lima</strong>änderung<br />

auf die Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>nutzung – Synthesebericht.<br />

Beiträge zur Hydrologie der Schweiz, Nr. 38, 28<br />

S., Bern. http://www.hydrologie.unibe.ch/projekte/ccwa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>.html<br />

Rickenmann, D. (1990). Bedload t<strong>ra</strong>nsport capacity<br />

of slurry flows at steep slopes. Mitteilung<br />

Nr. 103 der Versuchsanstalt für Wa<strong>sse</strong>rbau, Hydrologie,<br />

Glaziologie, ETH Zürich.<br />

Rickenmann, D., A. Recking (2011). Evaluation<br />

of flow resistance in g<strong>ra</strong>vel-bed rivers through<br />

a large field dataset. Water Resources Research.<br />

Rickenmann, D., M. Chiari, K. Friedl (2006). SE-<br />

TRAC – A sediment routing model for steep torrent<br />

channels. In R. Ferrei<strong>ra</strong>, E. Alves, J. Leal<br />

& A. Cardoso (eds), River Flow 2006, Taylor &<br />

F<strong>ra</strong>ncis, London, pp. 843–852.<br />

Anschri<strong>ft</strong> der Verfa<strong>sse</strong>r<br />

Mélanie Raymond P<strong>ra</strong>long, Jens Martin Turowski,<br />

Dieter Rickenmann, Alexander Beer, Valentin<br />

Mét<strong>ra</strong>ux, Thierry Gla<strong>sse</strong>y<br />

Eidgenössische Forschungsanstalt für Wald,<br />

Schnee und Landscha<strong>ft</strong> (WSL)<br />

Zürcherst<strong>ra</strong><strong>sse</strong> 111, CH-8903 Birmensdorf<br />

Tel. +41 44 739 24 24, jens.turowski@wsl.ch<br />

Auswi<strong>rk</strong>ungen auf die Wa<strong>sse</strong>rverfügba<strong>rk</strong>eit<br />

und Stromproduktion an den Beispielen<br />

Oberhasli und Mattma<strong>rk</strong><br />

Manfred Stähli, Mélanie Raymond-P<strong>ra</strong>long, Massimiliano Zappa, Andreas Ludwig, F<strong>ra</strong>nk Paul, Thomas Bosshard, Christian Dup<strong>ra</strong>z<br />

Zusammenfassung<br />

Im Rahmen der SwissElectric Research Studie «K<strong>lima</strong>änderung und Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>» wurde für den Stausee Mattma<strong>rk</strong> und das gesamte<br />

Einzugsgebiet des K<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>s Oberhasli (KWO) berechnet, wie sich die natürlichen Wa<strong>sse</strong>rzuflü<strong>sse</strong> zu den Reservoiren mit<br />

den prognostizierten K<strong>lima</strong>änderungen bis zum Ende des 21. Jahrhunderts verändern werden.<br />

Die Ergebni<strong>sse</strong> zeigen, dass sich die Mächtigkeit der Schneedecke in beiden Gebieten in diesem Zeit<strong>ra</strong>um mehr als halbieren wird.<br />

Infolge der saisonalen Vorverschiebung der Schneeschmelze um fünf bis acht Wochen wird die wa<strong>sse</strong><strong>ra</strong>rme Zeit länger. Die mittlere<br />

jährliche Abflussmenge dür<strong>ft</strong>e im KWO-Gebiet um 3%±3% (Zeit<strong>ra</strong>um 2021–50), resp. um 7%±6% (Zeit<strong>ra</strong>um 2070–99) abnehmen;<br />

im Einzugsgebiet Mattma<strong>rk</strong> um 6%±5% (2021–50), resp. um 12%±6% (Zeit<strong>ra</strong>um 2070–99).<br />

Berechnungen mit einer K<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>soptimierungs-So<strong>ft</strong>ware ergeben, dass die durch die K<strong>lima</strong>modellketten bedingte Unsicherheit<br />

grö<strong>sse</strong>r ist als die Änderung der jährlichen Produktion, resp. des jährlichen Umsatzes. Übereinstimmend wird jedoch vo<strong>ra</strong>usgesagt,<br />

dass als Folge des sich ändernden Abflussregimes die Produktion im Winter leicht zunehmen wird, im Sommer jedoch deutlich<br />

abnehmen wird. Ebenso haben diese hydrologischen Änderungen Auswi<strong>rk</strong>ungen auf die Revisionsplanung.<br />

1. Einleitung<br />

Die prognostizierte K<strong>lima</strong>änderung wird<br />

die Schneedecke und Gletscher in alpinen<br />

Einzugsgebieten nachhaltig verändern.<br />

Dies wird Auswi<strong>rk</strong>ungen auf die natürlichen<br />

Zuflü<strong>sse</strong> zu den Speicherseen und<br />

Wa<strong>sse</strong>rfassungen der K<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>anlagen<br />

haben. Wie gross sind diese und was be-<br />

deuten sie konkret für die Stromproduktion<br />

und den Umsatz?<br />

Vier Fallstudien im Rahmen des swi<strong>sse</strong>lectric<br />

research/BfE-Projekts «K<strong>lima</strong>änderung<br />

und Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>nutzung» sind dieser<br />

F<strong>ra</strong>ge nachgegangen. Dabei wurde eine<br />

einheitliche Methodik verwendet, welche<br />

in Abschnitt 2 erläutert wird.<br />

Der vorliegende Bericht fasst die<br />

wichtigsten Ergebni<strong>sse</strong> der Fallstudien<br />

Oberhasli und Mattma<strong>rk</strong> zusammen. Für<br />

die Resultate der beiden anderen Fallstudien<br />

– Göschene<strong>ra</strong>lp und Goug<strong>ra</strong> – wird<br />

auf die Internetseiten http://www.hydrologie.unibe.ch/projekte/ccwa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>.<br />

html verwiesen.<br />

«Wa<strong>sse</strong>r Energie Lu<strong>ft</strong>» – 103. Jahrgang, 2011, He<strong>ft</strong> 4, CH-5401 Baden 285<br />

K<strong>lima</strong>wandel & Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>


K<strong>lima</strong>wandel & Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong><br />

2. Modellierungsmethodik<br />

Die Ergebni<strong>sse</strong> dieser Fallstudie basieren<br />

auf regionalen K<strong>lima</strong>modelldaten des europäischen<br />

Projektes ENSEMBLES, welche<br />

alle vom Emissionsszenario A1B (mode<strong>ra</strong>te<br />

Erwärmung) ausgehen. Diese umfa<strong>sse</strong>n<br />

zehn verschiedene Modellketten von<br />

Globalen Zi<strong>rk</strong>ulationsmodellen (GCM) und<br />

Regionalen K<strong>lima</strong>modellen (RCM) und widerspiegeln<br />

die Unsicherheits-Bandbreite<br />

der K<strong>lima</strong>modelle.<br />

Um die erwarteten lokalen K<strong>lima</strong>änderungen<br />

in den Fallstudiengebieten<br />

abzubilden, wurden für alle relevanten MeteoSchweiz-Messstellen<br />

Jahresgänge der<br />

Tempe<strong>ra</strong>tur- und Niederschlagsänderung<br />

für die Zeiträume 2021–2050 (nahe Zukun<strong>ft</strong>)<br />

und 2070–2099 (ferne Zukun<strong>ft</strong>) relativ<br />

zur Kontrollperiode 1980–2009 berechnet.<br />

Diese statistische Downscaling-Methode<br />

wird auch Delta-change-Ansatz genannt<br />

(Bosshard et al., 2011).<br />

Bezüglich Vergletscherung wurde<br />

für die beiden Zukun<strong>ft</strong>sszenarien die Gletscherfläche<br />

von 1985 mit einem Modell von<br />

Paul et al. (2007) in Fünf-Jahres-Schritten<br />

kontinuierlich reduziert. Das Modell basiert<br />

auf der einfachen Annahme, dass die<br />

Gleichgewichtslinie entsprechend der Lu<strong>ft</strong>tempe<strong>ra</strong>turerhöhung<br />

ansteigt, sich dadurch<br />

das Akkumulationsgebiet der Gletscher ve<strong>rk</strong>leinert<br />

und sich die Gletschergrö<strong>sse</strong> nach<br />

50 Jahren an die neuen Bedingungen angepasst<br />

hat.<br />

Für die Abflussberechnung wurde<br />

die neue Gitterversion des hydrologischen<br />

Modells PREVAH (Viviroli et al., 2009 a) mit<br />

regionalisierten Pa<strong>ra</strong>metern von Viviroli et<br />

al. (2009 b und c) aufgesetzt (Gittergrö<strong>sse</strong><br />

= 200 m). Anhand von geme<strong>sse</strong>nen Zuflussdaten<br />

bei den Wa<strong>sse</strong>rfassungen<br />

wurden die Modellpa<strong>ra</strong>meter optimiert.<br />

Danach wurden für die Kontrollperiode<br />

1980–2009 in täglicher Auflösung folgende<br />

hydrologischen Grö<strong>sse</strong>n berechnet: Niederschlag,<br />

Verdunstung, Schneewa<strong>sse</strong>rwert,<br />

Eis- und Schneeschmelze, Bodenwa<strong>sse</strong>rspeicher<br />

und Abfluss. Dazu wurden<br />

die geme<strong>sse</strong>nen meteorologischen Grö<strong>sse</strong>n<br />

der nahegelegenen Meteoschweiz-<br />

Stationen über das Einzugsgebiet hinweg<br />

interpoliert.<br />

Für die beiden Zukun<strong>ft</strong>sszenarien<br />

wurden die Modellpa<strong>ra</strong>meter unverändert<br />

wie bei der Kontrollsimulation beibehalten.<br />

Die Tempe<strong>ra</strong>tur- und Niederschlagsmesswerte<br />

der Kontrollperiode wurden stationsweise<br />

mit den prognostizierten täglichen<br />

Änderungen (Delta change) korrigiert. Somit<br />

entstanden zwei neue 30-jährige Zeitreihen<br />

mit ähnlicher Variabilität, wie sie in der Kontrollperiode<br />

beobachtet worden war, aber<br />

mit den erwarteten saisonalen Veränderungen.<br />

Abschlie<strong>sse</strong>nd wurden die Ergebni<strong>sse</strong><br />

des hydrologischen Modells PRE-<br />

VAH – insbesondere der simulierte natürliche<br />

Abfluss aus den Teileinzugsgebieten<br />

(Tageswerte) – als Input in eine K<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>optimierungsso<strong>ft</strong>ware<br />

eingegeben. Damit<br />

wurde für die Zukun<strong>ft</strong>sszenarien die Änderung<br />

der Produktion, resp. des Umsatzes<br />

unter den heutigen Stromma<strong>rk</strong>t-Randbedingungen<br />

berechnet.<br />

3. Beschreibung der Einzugsgebiete<br />

und K<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>anlagen<br />

3.1 KWO<br />

Das Einzugsgebiet der KWO (Bild 1) erstreckt<br />

sich von Innertkirchen (Kanton Bern; 630 m<br />

ü.M.) hinauf bis zum Finste<strong>ra</strong>arhorn (4274 m<br />

ü.M.) und umfasst eine Fläche von 450 km 2 .<br />

Gro<strong>sse</strong> Teile der Landscha<strong>ft</strong> weisen alpinen<br />

Cha<strong>ra</strong>kter auf, mit vergletscherten Gebieten<br />

in höheren Lagen (Unte<strong>ra</strong>ar-, Obe<strong>ra</strong>ar-,<br />

Tri<strong>ft</strong>gletschter usw.). Unterhalb der nivalen<br />

Höhenstufe sind vom Gletscher geschliffene<br />

Fels oberflächen und flachgründige Böden<br />

mit einfacher Vegetation verbreitet, welche<br />

zu einer insgesamt geringen Wa<strong>sse</strong>rspeiche<strong>rk</strong>apazität<br />

führen. Der geologische<br />

Untergrund setzt sich im Wesentlichen aus<br />

den G<strong>ra</strong>niten und Gneisen des Aarmassivs<br />

zusammen. Nördlich des Gadmentals sind<br />

zudem Sedimente der helvetischen Decken<br />

aufgeschlo<strong>sse</strong>n. Gemittelt über das Gebiet<br />

fallen pro Jahr im Durchschnitt 2170 mm<br />

Niederschlag (Periode 1980–2009). Diese<br />

Summe scheint relativ hoch, wenn man<br />

sie mit den Jahresniederschlägen an den<br />

Stationen Guttannen (1614 mm) oder Meiringen<br />

(1351 mm) vergleicht. Die Station<br />

Grimsel-Hospiz (2094 mm) bestätigt aber<br />

den sta<strong>rk</strong>en Niederschlagsg<strong>ra</strong>dienten mit<br />

der Höhe (von ca. 5% pro 100 m). Dieser<br />

ist auch mit verschiedenen ausführlichen<br />

Studien in einem benachbarten Gebiet von<br />

Farinotti et al. (2010) und Magnusson et al.<br />

(2011) gut belegt. Somit ergibt sich für das<br />

gesamte Einzugsgebiet ein Jahresvolumen<br />

von knapp 1000 Mio. m 3 Wa<strong>sse</strong>r.<br />

Für diese Studie wurde das gesamte<br />

KWO-Gebiet in elf Teileinzugsgebiete unterteilt.<br />

Vier davon sind nur zu einem geringen<br />

Anteil vergletschert: Haslital, Gadmen,<br />

Ürbach und Gental. Die Teil einzugsgebiete<br />

mit dem aktuell grössten Gletsche<strong>ra</strong>nteil<br />

sind Tri<strong>ft</strong> und Gauli.<br />

K<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>anlage: Seit der Inbetriebnahme<br />

des K<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>s Handeck 1 im Jahre<br />

1932 wurden die Anlagen in mehreren Bauetappen<br />

ausgebaut und erneuert (www.<br />

grimselstrom.ch). Zur Zeit sind neun K<strong>ra</strong><strong>ft</strong>-<br />

we<strong>rk</strong>e in Betrieb. Die acht Speicherseen bieten<br />

gesamtha<strong>ft</strong> Platz für 195 Mio m 3 Wa<strong>sse</strong>r,<br />

was 20 Prozent des jährlichen Gebietsniederschlags<br />

entspricht. Die auf die verschiedenen<br />

K<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>e verteilten 26 Turbinen<br />

produzieren eine jährliche Gesamtenergie<br />

von 2350 GWh bei einer durchschnittlichen<br />

Leistung von 1150 MW.<br />

3.2 Mattma<strong>rk</strong><br />

Das Einzugsgebiet des Stausees Mattma<strong>rk</strong><br />

(Bild 1) umfasst eine Fläche von 88.2 km 2 .<br />

Neben dem natürlichen Einzugsgebiet von<br />

37.1 km 2 werden dem Stausee Mattma<strong>rk</strong><br />

die links- und rechtsufrigen Seitenbäche<br />

der Saaser Vispa mit einem Einzugsgebiet<br />

von 51.1 km 2 zugeleitet (inkl. Almagellerbach<br />

[13.1 km 2 ] und Tri<strong>ft</strong>bach [13.0 km 2 ]).<br />

Der Stausee liegt auf 2197 m ü.M. Das untersuchte<br />

Einzugsgebiet erreicht eine maximale<br />

Höhe von 4143 m ü.M. (östlich des<br />

St<strong>ra</strong>hlhorns). Gletscher wie der Schwarzberg-,<br />

Allalin- und Hohlaubgletscher prägen<br />

das alpine Landscha<strong>ft</strong>sbild. Unterhalb<br />

der nivalen Höhenstufe sind vom Gletscher<br />

geschliffene Felsoberflächen und flachgründige<br />

Böden mit einfacher Vegetation<br />

verbreitet, welche zu einer insgesamt geringen<br />

Wa<strong>sse</strong>rspeiche<strong>rk</strong>apazität führen. Im<br />

südlichen Teilgebiet setzt sich der geologische<br />

Untergrund vorwiegend aus Gneisen<br />

und untergeordnet aus basischen Gesteinen<br />

zusammen. Nördlich von Saas Almagell<br />

dominieren Glimmerschiefer.<br />

Der jährliche Niederschlag beträgt<br />

im Mittel 1310 mm. Für das Einzugsgebiet<br />

des Stausees Mattma<strong>rk</strong> ergibt dies ein Jahresvolumen<br />

von 115 Mio. m 3 Wa<strong>sse</strong>r.<br />

Für die betrieblichen Berechnungen<br />

mit der K<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>optimierungsso<strong>ft</strong>ware<br />

wurden zudem diejenigen Einzugsgebiete<br />

hydrologisch modelliert, welche ins Ausgleichsbecken<br />

Zermeiggern entwä<strong>sse</strong>rn.<br />

Diese liegen nordwestlich des Stausees<br />

und weisen insgesamt eine Fläche von<br />

74 m 2 auf.<br />

K<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>anlage: Der seit 1969 betriebene<br />

Stausee Mattma<strong>rk</strong> fasst ein Volumen<br />

von 100 Mio m 3 Wa<strong>sse</strong>r. Hinunter zum<br />

K<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong> Zermeiggern bei Saas Almagell<br />

legt das Wa<strong>sse</strong>r eine Höhendifferenz von<br />

maximal 459 m zurück. Die Leistung dieses<br />

K<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>s liegt bei 74 MW. Die angegliederte<br />

Pumpstation Zermeiggern ermöglicht<br />

die Rückführung des Wa<strong>sse</strong>rs in den Stausee<br />

Mattma<strong>rk</strong>, bzw. die Einlagerung aus<br />

dem Zwischeneinzugsgebiet. Das übrige<br />

Wa<strong>sse</strong>r wird zum K<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong> Stalden auf rund<br />

700 m ü.M. geleitet. Die Leistung des K<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>s<br />

Stalden beträgt 185 MW. Zusammen<br />

mit dem kleinen K<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong> Saas Fee führt<br />

dies zu einem Total von 260.5 MW.<br />

286 «Wa<strong>sse</strong>r Energie Lu<strong>ft</strong>» – 103. Jahrgang, 2011, He<strong>ft</strong> 4, CH-5401 Baden


4. Prognostizierte Änderung<br />

der Schneedecke und<br />

Gletscher in den beiden<br />

Gebieten<br />

Die erwartete Tempe<strong>ra</strong>turerhöhung wird in<br />

beiden Einzugsgebieten zu einer bedeutenden<br />

Veränderung der Schneedecke führen<br />

(Bild 2). Das jährliche Schneewa<strong>sse</strong>rspeicher-Maximum<br />

wird sich zwar zeitlich<br />

nur geringfügig nach vorne verschieben (~2<br />

Wochen für den Zeit<strong>ra</strong>um 2070–2099). Mengenmässig<br />

wird aber eine durchschnittliche<br />

Reduktion des jährlichen Schneewa<strong>sse</strong>rmaximums<br />

(je nach K<strong>lima</strong>modellkette) von<br />

20 bis 50% für den Zeit<strong>ra</strong>um 2021–50, resp.<br />

von 50 bis 70% für den Zeit<strong>ra</strong>um 2070–99<br />

erwartet. Die Streuung der jährlichen maximalen<br />

Schneewa<strong>sse</strong>rmenge zwischen<br />

schneearmen und schneereichen Wintern<br />

bleibt für den Zeit<strong>ra</strong>um 2021–50 ähnlich<br />

gross wie bisher, nimmt dann aber für den<br />

Zeit<strong>ra</strong>um 2070–99 ma<strong>rk</strong>ant ab. Das heisst,<br />

dass dann auch in eher seltenen, schneereichen<br />

Wintern keine grö<strong>sse</strong>re Schneewa<strong>sse</strong>rmenge<br />

als 1000 mm zu erwarten<br />

sein wird.<br />

Zur Zeit sind beide Einzugsgebiete<br />

in den meisten Jahren den ganzen Sommer<br />

hindurch teilweise schneebedeckt. Für die<br />

Zukun<strong>ft</strong> nimmt die Wahrscheinlichkeit für<br />

ein komplettes Abschmelzen der Schneedecke<br />

im ganzen Einzugsgebiet sta<strong>rk</strong> zu. In<br />

einem durchschnittlichen Jahr wird für den<br />

Zeit<strong>ra</strong>um 2070–99 (je nach K<strong>lima</strong>modellkette)<br />

eine komplette Ausaperung von Juli<br />

bis Oktober vo<strong>ra</strong>usgesagt. Nach besonders<br />

schneearmen Wintern muss bereits im Zeit<strong>ra</strong>um<br />

2021–50 mit einem komplett schneefreien<br />

Einzugsgebiet von Juni bis November<br />

gerechnet werden. Die für die Erhaltung der<br />

Gletscher wichtige Bildung von «ewigem»<br />

Schnee ist nicht mehr gewährleistet. Winter<br />

ganz ohne Schnee wird es in beiden Gebieten<br />

– gemäss den vorliegenden Simulationen<br />

– auch für den Zeit<strong>ra</strong>um 2070–99<br />

keine geben.<br />

Für den Zeit<strong>ra</strong>um 2021–50 verringert<br />

sich der Beit<strong>ra</strong>g der Schneeschmelze im<br />

Einzugsgebiet Mattma<strong>rk</strong> durchschnittlich<br />

um knapp 130 mm (±40 mm) pro Jahr gegenüber<br />

der Referenzperiode und um rund<br />

300 mm (±60 mm) pro Jahr für den Zeit<strong>ra</strong>um<br />

2070–99. Im Einzugsgebiet der KWO ist die<br />

entsprechende Abnahme etwas grö<strong>sse</strong>r,<br />

d.h. rund 180 mm (±65 mm) pro Jahr für<br />

den Zeit<strong>ra</strong>um 2021–50, und rund 425 mm<br />

(±85 mm) pro Jahr für den Zeit<strong>ra</strong>um 2070–<br />

99. Anteilmässig macht das für die höher<br />

gelegenen KWO-Teileinzugsgebiete ~20%<br />

(2020–50), resp. ~45% (2070–99) aus, und<br />

für die tiefer gelegenen Gebiete ~32%<br />

(2020–50), resp. ~80% (2070–99).<br />

Auch die Vergletscherung wird sich<br />

in beiden Einzugsgebieten spürbar verringern.<br />

Für das Einzugsgebiet der KWO wurde<br />

1985 eine Gletscherfläche von 103.2 km 2<br />

berechnet, was einem Flächenanteil von<br />

knapp 23% entspricht (Tabelle 1). Zu diesem<br />

Zeitpunkt wiesen die Teileinzugsgebieten<br />

Grimsel (41.7%), Obe<strong>ra</strong>ar (35.5%), Gauli<br />

(49.5%), Stein (32.5%) und Tri<strong>ft</strong> (54.2%) die<br />

grösste Vergletscherung auf. Nur wenig vergletschert<br />

waren bereits damals die Teileinzugsgebiete<br />

Haslital, Gadmen und Gental.<br />

Im Einzugsgebiet Mattma<strong>rk</strong> wurde<br />

1985 eine Gletscherfläche von 30.3 km 2<br />

beobachtet, was einem Flächenanteil von<br />

35.4% entspricht. Das damit verbundene<br />

Eisvolumen wurde von der Versuchsanstalt<br />

für Wa<strong>sse</strong>rbau der ETH Zürich (VAW)<br />

auf 1.1 km 3 geschätzt (Stand: 2008). In der<br />

Zeit von 1982 bis 2008 haben die Gletscher<br />

im Einzugsgebiet Mattma<strong>rk</strong> einen Ma<strong>sse</strong>nverlust<br />

von ca. 0.38 km 3 erfahren.<br />

Mit der prognostizierten Tempe<strong>ra</strong>turerhöhung<br />

wird ein weiterer Rückgang<br />

der Gletscher erwartet. Unter Annahme<br />

des Emissionsszenarios A1B dür<strong>ft</strong>e sich bis<br />

2040 der Anteil der vergletscherten Fläche<br />

an der Gesamtfläche des KWO-Einzugsgebiets<br />

auf knapp 15% reduzieren (65.6 km 2 ).<br />

Für den Zeithorizont 2085 berechnet das<br />

Modell der Uni Zürich eine Reduktion auf<br />

8% (36 km 2 ). Bis dann dür<strong>ft</strong>en die Teilgebiete<br />

Tri<strong>ft</strong> (–37.6%) und Gauli (–33.4%) die<br />

grösste Veränderung in der Vergletscherung<br />

(relativ zu 1985) erfahren. Zu diesem<br />

Zeitpunkt werden die Teileinzugsgebiete<br />

Grimsel, Gauli, Tri<strong>ft</strong>, Stein und Obe<strong>ra</strong>ar noch<br />

zu etwa 15–20% vergletschert sein.<br />

Im Einzugsgebiet Mattma<strong>rk</strong> dür<strong>ft</strong>e<br />

sich bis zur Mitte des Zeit<strong>ra</strong>ums 2021–50<br />

der Anteil der vergletscherten Fläche an<br />

der Gesamtfläche auf knapp 19% reduzieren<br />

(16.3 km 2 ). Für den Zeithorizont 2085<br />

Bild 1. (Teil-)Einzugsgebiete des K<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>s Oberhasli (links) und des Mattma<strong>rk</strong>sees (rechts). Die gelben Symbole zeigen die Standorte<br />

von verwendeten meteorologischen Daten.<br />

«Wa<strong>sse</strong>r Energie Lu<strong>ft</strong>» – 103. Jahrgang, 2011, He<strong>ft</strong> 4, CH-5401 Baden 287<br />

K<strong>lima</strong>wandel & Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>


K<strong>lima</strong>wandel & Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong><br />

Bild 2. Berechnete Änderung der K<strong>lima</strong>tologie der mittleren Schneewa<strong>sse</strong>rmenge in den Einzugsgebieten KWO (links) und Mattma<strong>rk</strong><br />

(rechts) für die Zeiträume 2021–50 (oben) und 2070–99 (unten) gegenüber der Referenzperiode 1980–2009 (schwarze Linie).<br />

Die verschiedenen farbigen Linien entsprechen zehn verschiedenen K<strong>lima</strong>modellketten.<br />

berechnet das Modell der Uni Zürich eine<br />

Reduktion auf 8.6% (7.4 km 2 ). Das Teileinzugsgebiet<br />

Almagellerbach wird (gemäss<br />

diesen Vorhersagen) bis Ende 21. Jahrhundert<br />

vollständig eisfrei sein.<br />

5. Prognostizierte Änderung<br />

im natürlichen Zufluss zu<br />

den Reservoiren<br />

Eine Änderung des K<strong>lima</strong>s wird sich auf<br />

sämtliche Komponenten der Wa<strong>sse</strong>rbilanz<br />

auswi<strong>rk</strong>en, also auch auf die Verdunstung<br />

und die Wa<strong>sse</strong>rspeicherung im Boden.<br />

Jährlich verdunsten im KWO-Einzugsgebiet<br />

ca. 13% des gesamten Jahresniederschlags.<br />

Im Einzugsgebiet Mattma<strong>rk</strong> sind es<br />

etwa 20%. Diese Berechnung des Modells<br />

PREVAH ist zwar mit gro<strong>sse</strong>r Unsicherheit<br />

beha<strong>ft</strong>et, weil man immer noch relativ<br />

wenig weiss über die Verdunstung in alpinen<br />

Einzugsgebieten, insbesondere was die<br />

Schneesub<strong>lima</strong>tion betrif<strong>ft</strong>. Die Grö<strong>sse</strong>nordnung<br />

stimmt aber recht gut mit Angaben<br />

des hydrologischen Atlas der Schweiz<br />

überein (Tafel 4.1). Im Vergleich zur Unsicherheit<br />

im Modell und zum Anteil an der<br />

jährlichen Wa<strong>sse</strong>rbilanz sind die erwarteten<br />

Veränderungen in der Verdunstung unbe-<br />

deutend. Bis zum Ende des Jahrhunderts<br />

berechnet das Modell eine Zunahme der<br />

jährlichen Verdunstung um 10–25 mm, was<br />

weniger als 10% der aktuellen Verdunstung<br />

entspricht.<br />

Auch bezüglich der im Boden gespeicherten<br />

Wa<strong>sse</strong>rmenge gibt es noch relativ<br />

gro<strong>sse</strong> Unsicherheit. Doch angesichts<br />

der wenig entwickelten Böden in diesem<br />

alpinen Einzugsgebiet kann von einer allgemein<br />

geringen Bodenwa<strong>sse</strong>rspeicherung<br />

ausgegangen werden. Gemäss unseren<br />

Ergebni<strong>sse</strong>n dür<strong>ft</strong>e die Bodenwa<strong>sse</strong>rspeicherung<br />

in Zukun<strong>ft</strong> nur unwesentlich zunehmen.<br />

Diese Zunahme wird eine Folge<br />

des Gletscherrückgangs und der damit<br />

verbundenen Freilegung des Gletschervorfelds<br />

sein. Solche Böden sind nach wie vor<br />

sehr speiche<strong>ra</strong>rm. Diese vorerst fels-dominierten<br />

Flächen entwickeln sich nur über<br />

sehr lange Zeit zu feinkörnigen, speicherfähigen<br />

Böden.<br />

Als Gesamtergebnis der sich verändernden<br />

Teilkomponenten der Wa<strong>sse</strong>rbilanz<br />

(Gletscher, Schnee, Bodenwa<strong>sse</strong>rspeicher<br />

und Verdunstung) resultieren die<br />

in Bild 3 dargestellten Jahresabflussganglinien<br />

für das gesamte KWO-Einzugsgebiet<br />

(links) und das gesamte Einzugsgebiet<br />

Mattma<strong>rk</strong> (rechts). Für den Zeit<strong>ra</strong>um 2021–<br />

50 werden sich in einem durchschnittlichen<br />

Jahr die höchsten Abflü<strong>sse</strong> mengenmässig<br />

Tabelle 1. Berechnete Änderung der Gletscherfläche in den Einzugsgebieten KWO und<br />

Mattma<strong>rk</strong>.<br />

288 «Wa<strong>sse</strong>r Energie Lu<strong>ft</strong>» – 103. Jahrgang, 2011, He<strong>ft</strong> 4, CH-5401 Baden


kaum verändern. Sie werden aber ca. einen<br />

Monat früher eintreffen; d.h. anfangs Juni<br />

anstatt anfangs Juli. Diese zeitliche Vorverschiebung<br />

der höchsten Jahresabflusswerte<br />

wird sich für den Zeit<strong>ra</strong>um 2070–99<br />

noch weiter verstä<strong>rk</strong>en.<br />

Im KWO-Einzugsgebiet wird der natürliche<br />

Jahresabfluss in einem Normaljahr<br />

(je nach K<strong>lima</strong>modellkette) gegenüber der<br />

Referenzperiode um 3% (±3%, 2021–50),<br />

resp. um 7% (±6%, 2070–99) abnehmen.<br />

Im Einzugsgebiet Mattma<strong>rk</strong> dür<strong>ft</strong>e diese<br />

Abnahme noch etwas grö<strong>sse</strong>r ausfallen: um<br />

6% (±5%) für den Zeit<strong>ra</strong>um 2021–50, und<br />

um 12% (±6%) für den Zeit<strong>ra</strong>um 2070–99.<br />

Die hohe Spannweite zeigt die Unsicherheit,<br />

welche durch die Fortpflanzung der zehn<br />

K<strong>lima</strong>szenarien im hydrologischen System<br />

entsteht.<br />

In extrem wa<strong>sse</strong>rreichen Jahren<br />

werden die hohen Abflü<strong>sse</strong> im Sommer für<br />

den Zeit<strong>ra</strong>um 2021–50 wahrscheinlich leicht<br />

(bis zu 15%) zunehmen. Für den Zeit<strong>ra</strong>um<br />

2070–99 sind die verschiedenen Modellketten<br />

diesbezüglich widersprüchlich. In<br />

Jahren mit besonderer Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong>nappheit<br />

dür<strong>ft</strong>en sich die niedrigsten Abflü<strong>sse</strong> gegenüber<br />

der heutigen Situation nur geringfügig<br />

verändern. Unsere Simulationen sagen eine<br />

leichte Erhöhung im Frühling, sowie eine<br />

leichte Reduktion im Spätsommer vo<strong>ra</strong>us.<br />

Der niedrigste Abfluss wird aber auch in Zukun<strong>ft</strong><br />

im Winter eintreffen.<br />

Eine gro<strong>sse</strong> Unsicherheit besteht bei<br />

den Abflussberechnungen für die Herbst-<br />

und Wintermonate. Hier weichen die verschiedenen<br />

Modellketten sta<strong>rk</strong> von einander<br />

ab. Eindeutig ist aber der Trend zu höheren<br />

Abflü<strong>sse</strong>n in diesen Jahreszeiten, wo<br />

kün<strong>ft</strong>ig die Akkumulation der Schneedecke<br />

später beginnen und vermehrt Niederschlag<br />

in flüssiger Form vo<strong>rk</strong>ommen dür<strong>ft</strong>e.<br />

Unsere Berechnungen zeigen auch<br />

ganz klar, dass sich die K<strong>lima</strong>änderung in<br />

den verschiedenen Teileinzugsgebieten<br />

sehr unterschiedlich sta<strong>rk</strong> auswi<strong>rk</strong>en wird.<br />

Im Gebiet der KWO zum Beispiel werden die<br />

heute kaum vergletscherten Gebiete, wie<br />

das Haslital oder das Gental, vor allem auf<br />

eine Änderung im Niederschlag reagieren.<br />

Andere Teileinzugsgebiete, wie z.B. Gelmer<br />

und Grueben, dür<strong>ft</strong>en bis zum Ende des 21.<br />

Jahrhunderts einen Grossteil der heutigen<br />

Gletscherfläche verlieren. Hier wird sich der<br />

natürliche Abfluss über die ganze Periode<br />

am deutlichsten verändern (–5 bis –13%).<br />

Ebenfalls eine bedeutende Abnahme des<br />

natürlichen Abflu<strong>sse</strong>s wird für die heute<br />

relativ sta<strong>rk</strong> vergletscherten Teileinzugsgebiete<br />

Tri<strong>ft</strong> und Grimsel vo<strong>ra</strong>usgesagt,<br />

wo der Gletscherrückgang flächenmässig<br />

beträchtlich ausfallen dür<strong>ft</strong>e. Hier gehen<br />

unsere Berechnungen bis zum Ende des<br />

Jahrhunderts von einer Abnahme um 7%<br />

aus. Die sta<strong>rk</strong> vergletscherten Einzugsgebiete<br />

Stein und Obe<strong>ra</strong>ar hingegen werden<br />

– gemäss unseren Simulationen – in diesem<br />

Zeit<strong>ra</strong>um kaum eine Reduktion des natürlichen<br />

Abfluss erfahren. Es lohnt sich also,<br />

den Einfluss der K<strong>lima</strong>änderung auf die natürlichen<br />

Zuflü<strong>sse</strong> zu den KWO-Fassungen<br />

im Einzelfall anzuschauen.<br />

6. Auswi<strong>rk</strong>ungen auf die Produktion<br />

unter Annahme des<br />

heutigen Stromma<strong>rk</strong>tes<br />

Mit den in dieser Studie berechneten täglichen<br />

natürlichen Zuflü<strong>sse</strong>n wurde abschlie<strong>sse</strong>nd<br />

die Auswi<strong>rk</strong>ungen auf die Produktion<br />

und den Umsatz unter den heutigen<br />

Stromma<strong>rk</strong>t-Randbedingungen berechnet.<br />

Dafür wurde ein Betriebsmodell der BKW<br />

verwendet, welches die Produktion so steuert,<br />

dass der Ert<strong>ra</strong>g optimiert wird. Dabei<br />

Bild 3. Berechnete Veränderung in der K<strong>lima</strong>tologie des natürlichen Abflu<strong>sse</strong>s (mm/Tag) für den Zeit<strong>ra</strong>um 2021–50 (oben) und den<br />

Zeit<strong>ra</strong>um 2070–99 (unten), dargestellt für den Median, das 97.5%-Quantil und das 2.5%-Quantil der Einzugsgebiete KWO (links) und<br />

Mattma<strong>rk</strong> (rechts). Die schwarze Linie entspricht der Referenz-Simulation für den Zeit<strong>ra</strong>um 1980–2009.<br />

«Wa<strong>sse</strong>r Energie Lu<strong>ft</strong>» – 103. Jahrgang, 2011, He<strong>ft</strong> 4, CH-5401 Baden 289<br />

K<strong>lima</strong>wandel & Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>


K<strong>lima</strong>wandel & Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong><br />

werden die Gestehungskosten (Zinsen,<br />

Amortisation, Personalkosten, Betrieb und<br />

Unterhalt, Wa<strong>sse</strong>rzins und Steuern, Erneuerungsinvestitionen<br />

usw.) nicht berücksichtigt,<br />

obschon diese nicht unerheblich sind<br />

und manchmal über den Ma<strong>rk</strong>tpreisen liegen<br />

können.<br />

Berechnet wurden die Referenzperiode,<br />

sowie die zukün<strong>ft</strong>igen Zeiträume<br />

2021–50, resp. 2070–99 mit folgenden K<strong>lima</strong>modellketten:<br />

SMHI_HadCM3Q3_RCA = mittleres<br />

Abflussszenario<br />

KWM_ECHAM_HIRHAM = pessimistisches<br />

Abflussszenario<br />

ETHZ_HadCM3Q0_CLM = optimistisches<br />

Abflussszenario<br />

Für die Berechnung des Umsatzes und für<br />

die stundenscharfe Optimierung wurden<br />

Swissix-Preise von 2009 verwendet.<br />

Im Fall der KW Mattma<strong>rk</strong> AG werden<br />

bei einem mittlerem Abflussszenario für die<br />

Jahresproduktion und den Umsatz nur geringfügige<br />

Änderungen gegenüber der Referenzperiode<br />

berechnet (Bild 4, Tabelle 2).<br />

Ganz anders sieht es aber bei den anderen<br />

berechneten K<strong>lima</strong>modellketten aus. Falls<br />

das optimistische Abflussszenario eintreffen<br />

würde, könnten die Betreiber mit einer<br />

Umsatzsteigerung von ca. 5% bis zum Ende<br />

des Jahrhunderts rechnen. Für den Fall des<br />

pessimistischen Abflussszenarios müsste<br />

mit einer Umsatzeinbu<strong>sse</strong> von über 10%<br />

gerechnet werden. Die Produktionserwartung<br />

wäre sogar um 20% reduziert. Durch<br />

den Speicher ist es aber möglich, weiterhin<br />

die höherpreisigen Stunden abzufahren.<br />

Zudem sorgen erhöhte Laufwa<strong>sse</strong>rzuflü<strong>sse</strong><br />

im Winter für einen höheren Umsatz. Die<br />

Spannweite der möglichen Produktions-<br />

und Umsatzentwicklung infolge des K<strong>lima</strong>wandels<br />

ist für das KW Mattma<strong>rk</strong> also noch<br />

sehr gross.<br />

Die verschiedenen Modellketten<br />

sind aber übereinstimmend, dass die Produktion<br />

im Winter, wenn die Ma<strong>rk</strong>tpreise<br />

hoch sind, leicht zunehmen wird, und dass<br />

sie im Sommer, wenn die Ma<strong>rk</strong>tpreise niedrig<br />

sind, deutlich abnehmen wird. Für den<br />

Zeit<strong>ra</strong>um 2070–99 dür<strong>ft</strong>e die Netto-Produktion<br />

von April bis Juli sehr gering sein.<br />

Damit verbunden ist ein sta<strong>rk</strong>er Anstieg des<br />

Zubringerpumpeneinsatzes, welcher die<br />

Pumpkosten in diesem Zeit<strong>ra</strong>um um über<br />

50% ansteigen lässt. Nicht berücksichtigt in<br />

dieser Berechnung ist, dass sich die Ma<strong>rk</strong>tpreise<br />

infolge der K<strong>lima</strong>änderung saisonal<br />

verändern könnten.<br />

Die Änderung des Zuflussregimes<br />

und der Stromproduktion wird sich auch<br />

auf den Füllg<strong>ra</strong>d der Reservoire auswi<strong>rk</strong>en.<br />

Infolge der zeitlichen Verschiebung der<br />

Bild 4. Berechnete monatliche Nettoproduktion des K<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>s Mattma<strong>rk</strong> (gemittelt<br />

für die drei Berechnungszeiträume).<br />

Tabelle 2. Berechnete mittlere jährliche Veränderungen in der Produktion und im Umsatz<br />

für KW Mattma<strong>rk</strong> gegenüber Referenzperiode 1980–2009.<br />

Schneeschmelze füllt sich der Stausee früher<br />

auf, und bis Ende Sommer ist die volle<br />

Speiche<strong>rk</strong>apazität für den folgenden Winter<br />

wieder erreicht.<br />

7. Diskussion<br />

7.1 Natürliche Variabilität versus<br />

prognostizierte Veränderung<br />

Das Abflussgeschehen in den untersuchten<br />

K<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>-Einzugsgebieten unterliegt einer<br />

gro<strong>sse</strong>n natürlichen Variabilität. Mit unserer<br />

Bet<strong>ra</strong>chtung von 30-jährigen Zeiträumen<br />

können wir dieser natürlichen hydrologischen<br />

Bandbreite grösstenteils Rechnung<br />

t<strong>ra</strong>gen, indem wir z.B. die relative Standardabweichung<br />

(= Standardabweichung/Mittelwert)<br />

der Schlü<strong>sse</strong>lgrö<strong>sse</strong>n (jährliche<br />

Schnee- und Eisschmelze, jährliche Verdunstungs-<br />

und Abflussmenge) bet<strong>ra</strong>chten.<br />

Für den Jahresabfluss im KWO-Gebiet<br />

zum Beispiel beträgt die relative Standardabweichung<br />

13%. Im Einzugsgebiet des<br />

Mattma<strong>rk</strong>-Stausees ist sie etwas grö<strong>sse</strong>r<br />

(16%).<br />

Eine Grundannahme unserer Studie<br />

ist, dass die Variabilität in den täglichen<br />

meteorologischen Inputgrö<strong>sse</strong>n für alle drei<br />

Zeiträume (Referenz, nahe Zukun<strong>ft</strong>, ferne<br />

Zukun<strong>ft</strong>) gleich bleibt. Unsere Modellierung<br />

ergibt, dass sich auch die resultierende Variabilität<br />

im Jahresabfluss für die nahe und<br />

ferne Zukun<strong>ft</strong> kaum verändern wird. Sie<br />

nimmt geringfügig zu. Im Vergleich dazu<br />

sind die prognostizierten relativen Änderungen<br />

ziemlich klein. Die simulierten Abfluss-Jahresganglinien<br />

in einem zukün<strong>ft</strong>ig<br />

durchschnittlichen Jahr liegen innerhalb<br />

des aktuellen Variabilitätsbereichs. Das<br />

heisst nicht, dass die Änderungen nicht signifikant<br />

oder unbedeutend wären. Aber es<br />

bedeutet, dass die durchschnittlichen Verhältni<strong>sse</strong><br />

Ende des Jahrhunderts bereits<br />

heute in extremen Jahren beobachtet werden<br />

können.<br />

7.2 Wie plausibel, resp. unsicher<br />

sind die Abfluss-Prognosen?<br />

Die berechneten Veränderungen im natürlichen<br />

Abfluss des KWO-Einzugsgebiets<br />

sind mit verschiedenen Unsicherheiten entlang<br />

der ganzen Modellkette verbunden:<br />

Eine erste beträchtliche Unsicherheit liegt<br />

in der Wahl des Emissionsszenarios. Diese<br />

Unsicherheit ist in dieser Arbeit nicht quantifiziert<br />

worden, ist aber insbesondere für<br />

die Periode 2070–2099 beträchtlich, wie der<br />

aktuelle K<strong>lima</strong>bericht 2011 der ETH Zürich<br />

zeigt (http://www.ch2011.ch/).<br />

Eine zweite Unsicherheit entsteht durch die<br />

globale und regionale K<strong>lima</strong>modellierung.<br />

Diese können wir abschätzen, indem wir für<br />

unsere Zielgrö<strong>sse</strong>n (z.B. den Schneewa<strong>sse</strong>rwert<br />

oder den natürlichen Abfluss) die<br />

Standardabweichung der 10 verschiedenen<br />

Modellketten berechnen. Für den mittleren<br />

Jahresabfluss in den beiden Einzugsgebieten<br />

ist die Standardabweichung 66 mm,<br />

290 «Wa<strong>sse</strong>r Energie Lu<strong>ft</strong>» – 103. Jahrgang, 2011, He<strong>ft</strong> 4, CH-5401 Baden


esp. 80 mm. Das heisst, die K<strong>lima</strong>modellkettenbedingte<br />

Unsicherheit ist 2.5 bis 4 mal<br />

kleiner als die natürliche Variabilität.<br />

Eine weitere Unsicherheit liegt im Modell zur<br />

Berechnung der zukün<strong>ft</strong>igen Gletscherentwicklung.<br />

Das hier verwendete Modell der<br />

Uni Zürich ist grundsätzlich für eine gro<strong>sse</strong><br />

Skala (z.B. ganze Schweiz) und längere<br />

Zeithorizonte geeignet. Für den Zeit<strong>ra</strong>um<br />

2021–50 dür<strong>ft</strong>e mit diesem Modell der Gletscherrückgang<br />

etwas zu <strong>ra</strong>sch simuliert<br />

werden. Es wurde überprü<strong>ft</strong>, wie sta<strong>rk</strong> sich<br />

eine leichte Änderung der Gletscherfläche<br />

auf den simulierten Abfluss auswi<strong>rk</strong>t. Dabei<br />

erwies sich der simulierte Gesamtabfluss<br />

nicht sehr sensitiv auf kleine Änderungen<br />

der Gletscherfläche.<br />

Und schliesslich entsteht auch durch<br />

das hydrologische Modell selbst eine gewi<strong>sse</strong><br />

Unsicherheit. Die Verifikation mit Zuflussdaten<br />

zu den Wa<strong>sse</strong>rfassungen in den<br />

Teileinzugsgebieten (1980–2009) attestiert<br />

dem Modell im gro<strong>sse</strong>n und ganzen eine gute<br />

Leistung. Ein direkter Vergleich mit einem<br />

detaillierteren, rechnerisch intensiveren hydrologischen<br />

Modell (Alpine3D; Lehning et<br />

al., 2008) in einem zent<strong>ra</strong>lschweizerischen<br />

Einzugsgebiet zeigt, dass es beim hydrologischen<br />

Modell eine Unsicherheit bezüglich<br />

Schnee- und Eisschmelzintensität gibt.<br />

Das konzeptuelle Modell PREVAH ist hier<br />

eher etwas konservativ und berücksichtigt<br />

(im Gegensatz zu Alpine3D) mögliche Änderungen<br />

in der Schnee-/Gletscheroberfläche<br />

nicht explizit. Somit liegen die prognostizierten<br />

durchschnittlichen Jahresabflü<strong>sse</strong><br />

bei PREVAH unter denjenigen von<br />

Alpine3D. Wir können aufgrund des heutigen<br />

Wi<strong>sse</strong>nsstands nicht sagen, welche<br />

der beiden Vorhersagen wahrscheinlicher<br />

ist. Anderseits scheinen die von PREVAH<br />

simulierten Gletscherschmelz<strong>ra</strong>ten in guter<br />

Übereinstimmung mit von der VAW berechneten<br />

Gletscherschmelz<strong>ra</strong>ten zu sein. Dies<br />

können wir aus einem direkten Vergleich am<br />

Beispiel Mattma<strong>rk</strong> schlie<strong>sse</strong>n.<br />

Die Aussagen des hydrologischen<br />

Modells im Bezug auf die jahreszeitlichen<br />

Veränderungen, vor allem im Frühling/<br />

Sommer und längerfristig auch im Sommer/Herbst<br />

können als robust angesehen<br />

werden.<br />

7.3 Betriebliche Auswi<strong>rk</strong>ungen des<br />

veränderten Abflussregimes<br />

Die geänderten Abflussregime führen nicht<br />

zu einem grundsätzlich geänderten Muster<br />

der saisonalen Bewirtscha<strong>ft</strong>ung. Am<br />

Jahresverlauf der zukün<strong>ft</strong>igen mittleren<br />

Abflussganglinien ist jedoch zu e<strong>rk</strong>ennen,<br />

dass die Akkumulationsperiode kürzer und<br />

die abflussarme Zeit länger wird. Bei Spei-<br />

Bild 5. Berechnete Ausnützung der Speiche<strong>rk</strong>apazität des Stausees Mattma<strong>rk</strong>.<br />

che<strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>en mit kleinem Saisonspeicher<br />

dür<strong>ft</strong>e die Bewirtscha<strong>ft</strong>ung schwieriger<br />

werden. Die Berechnungen für KWO<br />

und Mattma<strong>rk</strong> zeigen, dass die Seen in<br />

Zukun<strong>ft</strong> früher gefüllt werden (Bild 5). Die<br />

Absenkphase hängt aber grösstenteils von<br />

den Strompreisen ab und dür<strong>ft</strong>e durch die<br />

zukün<strong>ft</strong>ig geänderten Abflussregime kaum<br />

verändert werden.<br />

Ein verschobenes Abflussprofil hat<br />

im Betrieb und Unterhalt vor allem Auswi<strong>rk</strong>ungen<br />

auf die Revisionsplanungen, da sich<br />

das K<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong> u.a. an die Zeiten mit maximaler<br />

und minimaler Wa<strong>sse</strong>rführung halten<br />

muss. Für Arbeiten an den Wa<strong>sse</strong>rwegen<br />

wird üblicherweise der Zeit<strong>ra</strong>um nach Entleerung<br />

der Seen, vor der Schneeschmelze<br />

gewählt. Hier wird eine Verschiebung nach<br />

Vorne stattfinden.<br />

Verdankung<br />

Wir bedanken uns für die Unterstützung der<br />

KW Göschenen AG/CKW (Herrn T. Reithofer),<br />

KW Mattma<strong>rk</strong> AG (Herrn K. Sarbach), FM de la<br />

Goug<strong>ra</strong> SA (Herrn G. Zuber) und KW Oberhasli<br />

AG (Herrn A. Fankhauser), insbesondere für die<br />

Bereitstellung von hydrologischen Daten.<br />

Ebenfalls verdankt werden die in dieser Studie<br />

verwendeten Daten aus dem EU FP6 Projekt EN-<br />

SEMBLES (K<strong>lima</strong>szenarien), der MeteoSchweiz<br />

(meteorologische Daten) und des Bundesamts<br />

für Umwelt (Abflussdaten).<br />

Wir bedanken uns bei swi<strong>sse</strong>lectric research,<br />

Bundesamt für Energie, Kanton Wallis und<br />

Forces Motrices Valaisannes für die Finanzierung<br />

dieser Arbeit.<br />

Lite<strong>ra</strong>tur<br />

Bosshard, T., Kotlarski, S., Ewen, T., Schär, C.<br />

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377 (1–2): 208–225.<br />

Anschri<strong>ft</strong> des Verfa<strong>sse</strong>rs<br />

Manfred Stähli<br />

Eidgenössische Forschungsanstalt für Wald,<br />

Schnee und Landscha<strong>ft</strong> (WSL)<br />

Zürcherst<strong>ra</strong><strong>sse</strong> 111, CH-8903 Birmensdorf<br />

Tel. +41 44 739 24 72, manfred.staehli@wsl.ch<br />

«Wa<strong>sse</strong>r Energie Lu<strong>ft</strong>» – 103. Jahrgang, 2011, He<strong>ft</strong> 4, CH-5401 Baden 291<br />

K<strong>lima</strong>wandel & Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>


K<strong>lima</strong>wandel & Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong><br />

Einfluss der K<strong>lima</strong>änderung auf die Stromproduktion<br />

der Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>e Löntsch<br />

und Prättigau<br />

Pascal Hänggi, Sonja Angehrn, Thomas Bosshard, Eivind Helland, Donat Job, Daniel Rietmann, Bruno Schädler, Robert Schneider,<br />

Rolf Weingartner<br />

Zusammenfassung<br />

An den Fallbeispielen des Speiche<strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>s Löntsch (Klöntalersee) und der Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>sgruppe<br />

Prättigau wurde der Einfluss der K<strong>lima</strong>änderung auf die Stromproduktion<br />

untersucht. Dabei wurden verschiedene K<strong>lima</strong>modelle mit je einem hydrologischen<br />

und einem Betriebsmodell gekoppelt. Für die Berechnungen wurde<br />

die aktuelle Stromnachf<strong>ra</strong>ge unverändert bela<strong>sse</strong>n, sodass die Auswi<strong>rk</strong>ungen einer<br />

veränderten Zuflussmenge zu den K<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>en isoliert bet<strong>ra</strong>chtet werden konnten.<br />

Beim Beispiel des K<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>s Löntsch gehen die K<strong>lima</strong>projektionen für 2021–2050<br />

(A1B Emissionsszenario) im Vergleich zur Referenzperiode 1998–2009 von einer<br />

leichten Zunahme der jährlichen Zuflü<strong>sse</strong> zum Speichersee aus (Median aller K<strong>lima</strong>projektionen:<br />

+2.2%; nicht signifikant). Das Zuflussregime verändert sich signifikant,<br />

mit höheren Werten im Winter und Herbst, und tieferen Werten während dem Sommer.<br />

Durch eine Anpassung des monatlichen Produktionsprofils kann eine leichte<br />

Steigerung der Stromproduktion und des Umsatzes erreicht werden. Für die K<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>e<br />

Prättigau wird im Vergleich zur Referenzperiode 1976–2004 eine Steigerung<br />

der Stromproduktion um 9.3% simuliert (Median). Die Zunahme resultiert hauptsächlich<br />

aus einer Produktionssteigerung im Winter, da im Sommer, wenn die grössten<br />

Abflussmengen au<strong>ft</strong>reten, die bestehenden Fassungskapazitäten nur unwesentlich<br />

länger überschritten werden. Die Resultate liefern für hydrologisch ähnliche Gebiete<br />

mit gleichen K<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>stypen Hinweise, wie ein sich änderndes K<strong>lima</strong> den K<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>sbetrieb<br />

beeinflu<strong>sse</strong>n könnte.<br />

1. Einleitung<br />

Im Rahmen eines Projektes von Swi<strong>sse</strong>lectric<br />

Research und dem Bundesamt für<br />

Energie wurden die Auswi<strong>rk</strong>ungen der K<strong>lima</strong>änderung<br />

auf die schweizerische Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>nutzung<br />

ausführlich untersucht<br />

(SGHL und CHy, 2011). Hier werden die<br />

Resultate der Fallstudien des Speiche<strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>s<br />

Löntsch (KW Löntsch) und der<br />

Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>e im Prättigau (KW Prättigau)<br />

zusammenfa<strong>sse</strong>nd dargestellt, bei<br />

welchen die Auswi<strong>rk</strong>ungen der K<strong>lima</strong>änderung<br />

auf die Stromproduktion und den<br />

Umsatz ausführlich untersucht wurden.<br />

Eine detaillierte Beschreibung der Fallstudien<br />

ist in Hänggi et al. (2011a) und Hänggi<br />

et al. (2011b) gegeben. Die Kopplung von<br />

K<strong>lima</strong>-, Hydro- und Betriebsmodellen<br />

zeigt, mit welchen Veränderungen in der<br />

Zukun<strong>ft</strong> gerechnet werden kann. Für die<br />

Modellberechnungen wurde die aktuelle<br />

Stromnachf<strong>ra</strong>ge bzw. das zugrundeliegende<br />

Strompreismodell unverändert<br />

bela<strong>sse</strong>n. So konnten die Auswi<strong>rk</strong>ungen<br />

einer veränderten Zuflussmenge zu den<br />

K<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>en isoliert bet<strong>ra</strong>chtet werden.<br />

Die simulierte K<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>sproduktion und<br />

der projizierte Umsatz für die Periode<br />

2021–2050 wurden dabei mit den heutigen<br />

Gegebenheiten verglichen, wobei<br />

wegen der Datenverfügba<strong>rk</strong>eit für das KW<br />

Löntsch die Referenzperiode 1998–2009<br />

gesetzt wurde, für das KW Prättigau die<br />

Periode 1976–2004. Als K<strong>lima</strong>szenarien<br />

dienten Projektionen aus dem EU-Projekt<br />

ENSEMBLES (Linden und Mitchell, 2009),<br />

welche für die Schweiz speziell aufbereitet<br />

wurden (Bosshard et al., 2011). Im Folgenden<br />

werden kurz die beiden Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>e<br />

und deren Einzugsgebiete beschrieben.<br />

Danach wird im Detail auf die<br />

verwendete Methode eingegangen. Nach<br />

der Beschreibung der Resultate folgt abschlie<strong>sse</strong>nd<br />

eine Diskussion derselben,<br />

inklusive den Schlussfolgerungen.<br />

2. Untersuchungsgebiete<br />

Das Hochdruckspeiche<strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong> Löntsch<br />

wurde in den Jahren 1905–1908 erbaut.<br />

Der Stausee des K<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>s bildet der<br />

Klöntalersee (Nutzvolumen: 40 Mio. m 3 ),<br />

von wo aus Wa<strong>sse</strong>r zur Stromproduktion<br />

über eine Druckleitung und einen Druckstollen<br />

zur Zent<strong>ra</strong>le in Netstal geleitet wird<br />

(Bild 1a). Zur Maschinengruppe in der Zent<strong>ra</strong>le<br />

Netstal gehören zwei F<strong>ra</strong>ncisturbinen<br />

mit einer Betriebsleistung von je 40 MW.<br />

Für den Eigenbedarf und als Dotiermaschine<br />

steht eine Peltonturbine mit 8 MW<br />

Leistung zur Verfügung. Die durchschnittliche<br />

Energieproduktion der gesamten<br />

K<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>sanlage beträgt 116 GWh pro<br />

Jahr (Mittel 1998–2007). Das Einzugsgebiet<br />

hat eine Fläche von rund 83 km 2 und eine<br />

mittleren Gebietshöhe von 1700 m ü.M.<br />

Die Gipfel der Glärnischgruppe rund um<br />

das gleichnamige Firnfeld stellen mit<br />

Höhen zwischen 2901 und 2915 m ü.M.<br />

die höchsten Erhebungen im Einzugsgebiet<br />

dar. Der Vergletscherungsg<strong>ra</strong>d beträgt<br />

2.8% (BFS, 1997).<br />

Das KW Prättigau umfasst die drei<br />

Stufen Davos-Klosters, Schlappin-Klosters<br />

und Klosters-Küblis, sowie die erforderlichen<br />

Wa<strong>sse</strong>rwege, elektrotechnischen<br />

Anlagen und Stromleitungen<br />

(Bild 1b). Rätia Energie produziert im KW<br />

Prättigau pro Jahr über 230 GWh elektrische<br />

Energie, wovon im Mittel 32% auf<br />

den Winter (Oktober–April) und 68% auf<br />

den Sommer (Mai-September) entfallen.<br />

Die installierte Leistung der K<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>e<br />

beträgt knapp 70 MW. Insgesamt werden<br />

die Gewä<strong>sse</strong>r aus einem Gebiet von<br />

283 km 2 genutzt, wobei der Vergletscherungsg<strong>ra</strong>d<br />

rund 3% beträgt (BFS, 1997).<br />

Für die Stromproduktion entnimmt das KW<br />

Prättigau an verschiedenen Fassungen<br />

Wa<strong>sse</strong>r: Im südlichen Teil (vgl. Bild 1b)<br />

wird vom Flüelabach (D), Mönchalpbach<br />

(E), Stützbach (F) und dem Gebiet um den<br />

Davosersee (G) Wa<strong>sse</strong>r ins Speicherbecken<br />

Davosersee umgeleitet (Nutzvolu-<br />

292 «Wa<strong>sse</strong>r Energie Lu<strong>ft</strong>» – 103. Jahrgang, 2011, He<strong>ft</strong> 4, CH-5401 Baden


Bild 1. Schematische Darstellung der Einzugsgebiete des KW Löntsch (a) und KW Prättigau (b). Ausdehnung der Gletscher- und<br />

Firnflächen nach BFS (1997).<br />

Bild 2. Schematische Darstellung der verwendeten Modellkette zur Analyse der Auswi<strong>rk</strong>ungen der K<strong>lima</strong>änderung auf das KW<br />

Löntsch und KW Prättigau.<br />

men: 11.5 Mio. m 3 ). Aus dem See wird<br />

über einen Druckstollen Wa<strong>sse</strong>r zur Zent<strong>ra</strong>le<br />

Klosters geleitet. In Klosters wird an<br />

der Hauptfassung, neben den turbinierten<br />

Wa<strong>sse</strong>rmengen aus der Zent<strong>ra</strong>le, auch<br />

die Landquart (C) gefasst. Das Wa<strong>sse</strong>r<br />

wird über einen 10.5 km langen Druckstollen<br />

zur Zent<strong>ra</strong>le Küblis geleitet. Auf der<br />

rechten Talseite unterhalb Klosters befindet<br />

sich die Zent<strong>ra</strong>le Schlappin, welche an<br />

das oberliegende Einzugsgebiet (B) über<br />

ein Ausgleichsbecken und eine Druckleitung<br />

angeschlo<strong>sse</strong>n ist. Die anfallende<br />

Wa<strong>sse</strong>rmenge wird über ein Bruttogefälle<br />

von 455 m in der Zent<strong>ra</strong>le ve<strong>ra</strong>rbeitet, und<br />

anschlie<strong>sse</strong>nd in den Druckstollen Klosters-Küblis<br />

geleitet. Oberhalb von Küblis<br />

befindet sich das Ausgleichsbecken Plevigin,<br />

in welches über einen Stollen das<br />

gefasste Wa<strong>sse</strong>r des Schanielabachs (A)<br />

eingeleitet wird. Das Wa<strong>sse</strong>r wird in der<br />

Zent<strong>ra</strong>le Küblis ve<strong>ra</strong>rbeitet.<br />

3. Methode<br />

Für die Untersuchung der Auswi<strong>rk</strong>ungen<br />

der K<strong>lima</strong>änderung auf die Stromproduktion<br />

der beiden K<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>e wurden drei<br />

verschiedene Modellsysteme gekoppelt<br />

(Bild 2).<br />

3.1 K<strong>lima</strong>modellierung<br />

Der erste Teil der Modellkette besteht aus<br />

verschiedenen K<strong>lima</strong>modellketten des<br />

EU-Projektes ENSEMBLES (Linden und<br />

Mitchell, 2009), welche durch ein A1B<br />

Emissionsszenario angetrieben wurden.<br />

Beim Szenario A1B wird in Zukun<strong>ft</strong> von<br />

einer ausgewogenen Nutzung fossiler und<br />

nichtfossiler Energiequellen ausgegangen,<br />

wobei die Wirtscha<strong>ft</strong> weiter wächst (IPCC,<br />

2007). Die verwendeten K<strong>lima</strong>modellketten<br />

bestehen aus Globalen K<strong>lima</strong>modellen<br />

GCM mit grober Auflösung, deren Berechnungen<br />

für die Periode 2021–2050<br />

von mehreren Regionalen K<strong>lima</strong>modellen<br />

RCM dynamisch auf 25 km Auflösung herunterskaliert<br />

wurden. Je höher die räumliche<br />

Auflösung von K<strong>lima</strong>modellen ist,<br />

desto genauer können die Proze<strong>sse</strong> in der<br />

Atmosphäre über komplexem Gelände wie<br />

den Alpen modelliert werden. Um Modellfehler<br />

zu korrigieren und die räumliche Auflösung<br />

zusätzlich zu erhöhen, wurden die<br />

RCM-Daten zusätzlich mit statistischen<br />

Methoden aufbereitet. Dazu wurde die<br />

Delta Change Methode verwendet, wobei<br />

beobachtete Datenreihen gemäss einem<br />

K<strong>lima</strong>änderungssignal skaliert wurden<br />

(Bosshard et al., 2011). Das K<strong>lima</strong>änderungssignal<br />

wurde zwischen der Szenarioperiode<br />

SCE (2021–2050) und der Kontrollperiode<br />

CTL (1980–2009) berechnet.<br />

Für die Schweiz liegen diese K<strong>lima</strong>änderungssignale<br />

für Tempe<strong>ra</strong>tur (SCE-CTL)<br />

und Niederschlag (SCE/CTL) an allen Stationsstandorten<br />

der MeteoSchweiz vor.<br />

Somit standen für die Analyse an allen<br />

Standorten und für jede K<strong>lima</strong>modellkette<br />

Niederschlags- und Tempe<strong>ra</strong>turzeitreihen<br />

für die Periode 2021–2050 zur Verfügung.<br />

3.2 Hydrologische Modellierung<br />

Im zweiten Teil der Modellkette wurden<br />

die Tempe<strong>ra</strong>tur- und Niederschlagsdaten<br />

für das hydrologische Modell auf die Einzugsgebiete<br />

der jeweiligen Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>e<br />

interpoliert. Die interpolierten Werte<br />

dienten als Modellantrieb, wobei die hydrologischen<br />

Modelle vorher an geme<strong>sse</strong>nen<br />

Abflussganglinien bei den Fassungen der<br />

K<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>e geeicht und verifiziert wurden.<br />

«Wa<strong>sse</strong>r Energie Lu<strong>ft</strong>» – 103. Jahrgang, 2011, He<strong>ft</strong> 4, CH-5401 Baden 293<br />

K<strong>lima</strong>wandel & Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>


K<strong>lima</strong>wandel & Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong><br />

Für das KW Löntsch musste der Zufluss<br />

zum Klöntalersee mit Hilfe der Seestände<br />

und turbinierten Wa<strong>sse</strong>rmengen vorher<br />

rekonstruiert werden, beim KW Prättigau<br />

wurde mit Hilfe von geme<strong>sse</strong>nen Werten<br />

aus Nachbargebieten eine hydrologische<br />

Regionalisierung der Werte auf die einzelnen<br />

Fassungen durchgeführt. Für die<br />

Untersuchungen am KW Löntsch wurde<br />

das hydrologische Modellsystem Bernhydro<br />

verwendet (Hänggi, 2011), beim KW<br />

Prättigau das Modell PREVAH (Viviroli et<br />

al., 2009). Der Vergleich mit beobachteten<br />

Zuflü<strong>sse</strong>n zeigte, dass beide Modelle die<br />

hydrologischen Bedingungen in den einzelnen<br />

Einzugsgebieten sehr gut wiedergeben<br />

können.<br />

3.3 K<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>smodellierung<br />

Im dritten Teil, K<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>smodellierung,<br />

wurden die resultierenden Abflussganglinien<br />

der verschiedenen K<strong>lima</strong>szenarien in<br />

ein Betriebsmodell des KW Löntsch bzw.<br />

KW Prättigau gegeben, sodass die Auswi<strong>rk</strong>ungen<br />

auf die Stromproduktion und<br />

den Umsatz berechnet werden konnten.<br />

Die So<strong>ft</strong>ware TimeSteps-Energy 2010 ©<br />

(Blöchlinger et al., 2004) wurde für das KW<br />

Löntsch eingesetzt, wobei unter Berücksichtigung<br />

aller physikalischen Einschränkungen,<br />

den durch die Konzession auferlegten<br />

Rahmenbedingungen und der zur<br />

Verfügung stehenden Preisinformationen<br />

ein optimaler Einsatz des K<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>s unter<br />

den gegebenen Zuflussszenarien zur Ert<strong>ra</strong>gsmaximierung<br />

bestimmt wurde. Dabei<br />

wurden die restlichen Inputs wie Strompreis<br />

und Nebenbedingungen für jede Berechnung<br />

gleich bela<strong>sse</strong>n.<br />

Für das KW Prättigau wurde das<br />

Simulationsmodell WABES (WA<strong>sse</strong>rwirt-<br />

scha<strong>ft</strong>liche BEtriebs-Simulation) verwendet<br />

(AF-Colenco AG, 2004). Es berechnet<br />

nach vorgegebenen Betriebsprinzipien<br />

(vgl. Hänggi et al., 2011b) den optimalen<br />

Einsatz des K<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>s zur Ert<strong>ra</strong>gsmaximierung.<br />

Das Wichtigste für den Betrieb<br />

der einzelnen K<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>sstufen sind die energiewirtscha<strong>ft</strong>lichen<br />

Randbedingungen,<br />

welche u.a. vom Wochentag (We<strong>rk</strong>tage,<br />

Samstage und Sonntage) sowie von den<br />

verschiedenen Jahreszeiten (Winter, Sommer<br />

und Übergangsperioden) abhängen.<br />

Die Randbedingungen definieren die Bewirtscha<strong>ft</strong>ung<br />

sämtlicher Speicher und<br />

den Betrieb der gesamten Anlage, wobei<br />

folgende Prioritäten unterschieden wurden:<br />

Erste Priorität haben Höchsttarifstunden<br />

(HHT) an We<strong>rk</strong>tagen von 10–14 Uhr,<br />

wobei das Modell versucht, die Turbinen<br />

auf Volllast zu fahren.<br />

In zweiter Priorität gilt die Stromproduktion<br />

den Hochtarifstunden (HT) von<br />

6–10 Uhr sowie von 14–22 Uhr. Während<br />

dieser Zeit werden die Turbinen<br />

gleichmässig gefahren.<br />

Dritte Priorität haben die Niedertarifstunden<br />

(NT) während der Nacht und<br />

am Wochenende.<br />

4. Resultate<br />

4.1 KW Löntsch<br />

4.1.1 Projektionen der Tempe<strong>ra</strong>turen<br />

und Niederschlagsmengen<br />

2021–2050<br />

Die verwendeten K<strong>lima</strong>modelle weisen für<br />

hydrologische Modellierungen eine relative<br />

grobe Auflösung vor (~25 × 25 km).<br />

Somit wi<strong>rk</strong>en sich die projizierten Tem-<br />

pe<strong>ra</strong>tur- und Niederschlagsänderungen<br />

bis 2021–2050 gleichmässig auf das gesamte<br />

Gebiet aus. Die Projektionen können<br />

deshalb uniform für das gesamte Einzugsgebiet<br />

des Klöntalersees angegeben<br />

werden.<br />

Alle K<strong>lima</strong>szenarien gehen von<br />

einer Erwärmung des Einzugsgebiets bis<br />

2021–2050 aus (Bild 3 links). Die stä<strong>rk</strong>sten<br />

Erwärmungen werden von den Modellen<br />

für Mai (Median: 1.3 °C), Juni und Juli (jeweils<br />

1.4 °C) projiziert. Die grössten Variabilitäten<br />

bezüglich der monatlichen Tempe<strong>ra</strong>turänderungen<br />

sind für Dezember und<br />

Januar auszumachen. Der Median für die<br />

Zunahme der mittleren jährlichen (ANN)<br />

Gebietstempe<strong>ra</strong>tur des Klöntalersees<br />

beträgt 1.1 °C bis 2021–2050 gegenüber<br />

1980–2009.<br />

Die Projektionen der K<strong>lima</strong>modelle<br />

für die Veränderung des Gebietsniederschlags<br />

sind saisonal unterschiedlich<br />

(Bild 3 rechts). Für die Frühlingsmonate<br />

April und Mai wird bis 2021–2050 tendenziell<br />

eine leichte Zunahme des Niederschlags<br />

projiziert (Mediane der relativen<br />

Abweichungen: 1.02 und 1.08), ebenso für<br />

den Herbst und Winter (Mediane zwischen<br />

1.04 und 1.06). Für Februar, März und die<br />

Sommermonate Juni, Juli und August wird<br />

hingegen eine Abnahme projiziert (0.91–<br />

0.98). Die jährlichen Niederschlagsmengen<br />

(ANN) bleiben dabei unverändert.<br />

4.1.2 Projektionen der Zuflü<strong>sse</strong> zum<br />

Klöntalersee 2021–2050<br />

Im Vergleich zur Periode 1998–2009 zeigen<br />

die Projektionen für 2021–2050 signifikant<br />

höhere Zuflussmengen zum Klöntalersee<br />

in den Herbst-, Winter- und Frühlingsmonaten<br />

(Bild 4 links). Im Sommer<br />

Bild 3. Boxplots (n = 10 K<strong>lima</strong>szenarien) der absoluten [°C] monatlichen und jährlichen (ANN) Änderung der mittleren Gebietstempe<strong>ra</strong>tur<br />

des Einzugsgebiets des Klöntalersees für 2021–2050 gegenüber dem Mittel 1980–2009 (links). Relative Abweichungen der<br />

monatlichen und jährlichen Gebietsniederschlagsmengen für da<strong>sse</strong>lbe Einzugsgebiet und dieselben Perioden (rechts).<br />

294 «Wa<strong>sse</strong>r Energie Lu<strong>ft</strong>» – 103. Jahrgang, 2011, He<strong>ft</strong> 4, CH-5401 Baden


Bild 4. Mittlere monatliche Abflussmengen der Löntsch<br />

1998–2009 (Qobs) und Projektionen 2021–2050 (Qscen). In g<strong>ra</strong>u<br />

das 90%-Konfidenzintervall 1998–2009.<br />

Bild 5. Stromproduktion des KW Löntsch 1998–2009 und Projektionen<br />

für 2021–2050 (Boxplots).<br />

wird eine Abflussminderung projiziert. Das<br />

Abflussregime wird demnach leicht ausgeglichener.<br />

Unter den gegebenen K<strong>lima</strong>szenarien<br />

verändert sich der Jahresabfluss<br />

der Löntsch bis 2021–2050 unwesentlich<br />

zwischen –0.3 und 6.1%.<br />

4.1.3 Projektionen der Stromproduktion<br />

des K<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>s 2021–2050<br />

Die projizierten Zuflussänderungen zum<br />

Klöntalersee für 2021–2050 wi<strong>rk</strong>en sich linear<br />

zur Produktion und zum Umsatz des<br />

KW Löntsch aus (Tabelle 1). Im Mittel wird<br />

für das KW Löntsch eine Produktions- und<br />

Umsatzsteigerung von 2.6 bzw. 3.2% projiziert.<br />

Die monatlichen Produktions<strong>ra</strong>ten<br />

zeigen tiefe Werte in den Monaten Oktober,<br />

Dezember und April (Bild 5). Im Oktober<br />

wird aktiv Wa<strong>sse</strong>r für den Monat November<br />

zurückgehalten, da im November<br />

der produzierte Strom normalerweise zu<br />

höheren Preisen ve<strong>rk</strong>au<strong>ft</strong> werden kann. Im<br />

Dezember ist die Nachf<strong>ra</strong>ge nach Strom<br />

wegen den vielen Feiertagen geringer als<br />

in anderen Monaten. Gegen April nehmen<br />

der Füllungsg<strong>ra</strong>d des Speichersees und<br />

somit auch die Produktion ab. Für 2021–<br />

2050 werden höhere Produktions<strong>ra</strong>ten in<br />

den Wintermonaten projiziert, im Sommer<br />

hingegen geht man von leichten Abnahmen<br />

bei der Stromerzeugung aus.<br />

Die Sensitivität der Produktion und<br />

des Umsatzes des KW Löntsch gegenüber<br />

Veränderungen in den Zuflussmengen ist<br />

in Bild 6 dargestellt.<br />

Im Bereich von –100% bis +50%<br />

Zuflussänderung gegenüber dem Mittel<br />

der Referenzperiode 1998–2009 kann<br />

dabei ein fast linearer Zusammenhang<br />

zwischen Zuflussänderung, Produktion<br />

und Umsatz festgestellt werden. Bei höheren<br />

Zuflussänderungen nimmt die Produktions<strong>ra</strong>te<br />

zwar weiterhin linear zu, die<br />

Umsatzänderung flacht aber aufgrund des<br />

höheren Anteils Off-Peak-Stunden in der<br />

Produktion mit kleineren Einnahmen pro<br />

kWh ab. Die oben beschriebenen Projektionen<br />

der Zuflussmengen für 2021–2050<br />

zwischen 0.3% und 6.1% (vgl. Tabelle 1)<br />

liegen weiterhin im Streuungsbereich der<br />

jährlichen Zuflussmengen der Jahre 1998–<br />

2009. Eine wesentliche Veränderung des<br />

Verhältni<strong>sse</strong>s zwischen der Produktion<br />

Zuflü<strong>sse</strong> Produktion Umsatz<br />

[m 3 /h] Δ [%] [MWh] Δ [%] [Mio €] Δ [%]<br />

Referenzperiode 1998–2009 186 688 0.0% 150 800 0.0% 11.36 0.0%<br />

Mittel K<strong>lima</strong>szenarien (n=10) 191 669 +2.7% 154 736 +2.6% 11.72 +3.2%<br />

Tabelle 1. Mittlere jährliche projizierte Veränderungen der Zu -<br />

flü<strong>sse</strong>, Produktion und des Umsatzes des KW Löntsch für die<br />

Periode 2021–2050 gegenüber der Referenz periode von 1998–<br />

2009.<br />

Bild 6. Sensitivität der Produktion und des Umsatzes des KW<br />

Löntsch gegenüber Veränderungen in den Zuflussmengen<br />

(Referenzperiode 1998–2009).<br />

und des Umsatzes für das KW Löntsch<br />

wird demnach unter den gegebenen K<strong>lima</strong>szenarien<br />

nicht erwartet.<br />

4.2 KW Prättigau<br />

4.2.1 Projektionen der Tempe<strong>ra</strong>turen<br />

und Niederschlagsmengen<br />

2021–2050<br />

Die projizierten Tempe<strong>ra</strong>tur- und Niederschlagsszenarien<br />

für das Einzugsgebiet<br />

des KW Prättigau sind repräsentativ an<br />

der MeteoSchweiz-Station Davos dargestellt<br />

(Bild 7).<br />

Die mittleren K<strong>lima</strong>änderungssignale<br />

für die Lu<strong>ft</strong>tempe<strong>ra</strong>tur deuten auf eine<br />

signifikante Erwärmung bis 2021–2050 hin<br />

(Bild 7, links). Die mittleren Deltas schwanken<br />

dabei zwischen 0.9 °C und 1.8 °C. Die<br />

stä<strong>rk</strong>sten Erwärmungen werden von den<br />

Modellen für Juni, Juli, Dezember und Januar<br />

projiziert.<br />

Der mittlere Verlauf der K<strong>lima</strong>änderungssignale<br />

für den Niederschlag zeigt<br />

für Frühling, Herbst und Winter tendenziell<br />

eine leichte Zunahme der Niederschlagsmengen<br />

an (Bild 7, rechts). Für einzelne<br />

«Wa<strong>sse</strong>r Energie Lu<strong>ft</strong>» – 103. Jahrgang, 2011, He<strong>ft</strong> 4, CH-5401 Baden 295<br />

K<strong>lima</strong>wandel & Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>


K<strong>lima</strong>wandel & Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong><br />

Bild 7. Jahresverläufe der K<strong>lima</strong>änderungssignale für die Tempe<strong>ra</strong>tur (links) und den Niederschlag (rechts) zwischen den Perioden<br />

1976–2005 und 2021–2050 für die Station Davos. In g<strong>ra</strong>u jeweils das 10–90% Konfidenzintervall der natürlichen Variabilität der<br />

Abweichungen 1976–2005.<br />

Bild 8. Mittlere monatliche Abflussmengen 1976–2005 (Qobs) und Projektionen 2021–<br />

2050 (Qscen; n = 9 K<strong>lima</strong>szenarien) für drei ausgewählte Zuflü<strong>sse</strong> zum KW Prättigau.<br />

In g<strong>ra</strong>u jeweils das 5–95% Konfidenzintervall 1976–2005.<br />

Bild 9. Energieproduktion Gesamtsystem KW Prättigau 1976–2004 versus 2021–2050<br />

(n = 9 K<strong>lima</strong>szenarien). Jahr: Okt.–Sep; Winter: Okt.-Apr.; Sommer: Mai–Sep.<br />

Monate wie Februar, März und die Sommermonate<br />

Juni, Juli und August wird im<br />

Mittel hingegen eine Abnahme projiziert.<br />

Bei den Niederschlagsprojektionen sind<br />

zum einen in jedem Monat sowohl positive<br />

als auch negative Veränderungen bis<br />

2021–2050 möglich. Zum anderen liegen<br />

die Projektionen grösstenteils innerhalb<br />

des 10–90% Konfidenzintervalls der natürlichen<br />

Variabilität der Abweichungen<br />

1976–2005, sind demnach statistisch gesehen<br />

nicht signifikant.<br />

4.2.2 Projektionen der Zuflü<strong>sse</strong> zu den<br />

Fassungen 2021–2050<br />

Im Vergleich zur Periode 1976–2005 zeigen<br />

die Szenarien für 2021–2050 in den Einzugsgebieten<br />

des KW Prättigau signifikant<br />

höhere Abflussmengen in den Frühlings-,<br />

Herbst- und Wintermonaten (beispielha<strong>ft</strong><br />

für drei Gewä<strong>sse</strong>r dargestellt in Bild 8). Für<br />

Sommer wird in allen Einzugsgebieten eine<br />

signifikante Abflussminderung projiziert.<br />

Auf die Jahresabflussmengen wi<strong>rk</strong>en sich<br />

die saisonalen Veränderungen nur leicht<br />

aus, wobei Zunahmen zwischen 1 und 8%<br />

projiziert werden.<br />

4.2.3 Projektionen der Stromproduktion<br />

der K<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>e 2021–2050<br />

Bild 9 zeigt die Energieproduktion des<br />

Gesamtsystems KW Prättigau für alle untersuchten<br />

K<strong>lima</strong>szenarien 2021–2050<br />

im Vergleich zu den Verhältni<strong>sse</strong>n 1976–<br />

2004.<br />

Die Zunahme in der Jahresproduktion<br />

beträgt 9.3% und im Winter 26.5%<br />

296 «Wa<strong>sse</strong>r Energie Lu<strong>ft</strong>» – 103. Jahrgang, 2011, He<strong>ft</strong> 4, CH-5401 Baden


Tabelle 2. Relative Veränderung der gefassten und überlaufenen Abflussmengen am KW Prättigau für 2021–2050 gegenüber<br />

1976–2004 für drei verschiedene K<strong>lima</strong>szenarien (S02, S03 und S08).<br />

(Mediane Veränderungen). Obwohl vor<br />

allem in den Hochsommermonaten (Juli,<br />

August und September) signifikante Abnahmen<br />

bezüglich den natürlichen Abflussmengen<br />

projiziert werden, bleibt die<br />

Sommerproduktion für alle untersuchten<br />

Szenarien p<strong>ra</strong>ktisch gleich (Median:<br />

+0.4%). Der Grund dafür ist, dass die<br />

Anlagen im Prättigau nur begrenzt einen<br />

Speicherbetrieb zula<strong>sse</strong>n, welcher sich<br />

in erster Linie auf die Wintermonate beschränkt.<br />

Im Sommer hingegen können<br />

die Anlagen nicht mehr nach Belieben gesteuert<br />

werden. Dies zeigt sich vor allem<br />

beim Turbinenbetrieb der beiden Stufen<br />

Schlappin-Klosters und Klosters-Küblis,<br />

wenn neben dem aus der oberen Stufe<br />

Davos-Klosters anfallenden Turbinenwa<strong>sse</strong>r<br />

auch die beträchtlichen natürlichen Zuflü<strong>sse</strong><br />

aus der Landquart in einem Triebwa<strong>sse</strong>rsystem<br />

mit begrenzter Kapazität<br />

(Druckstollen Klosters-Küblis: 12 m 3 /s,<br />

Druckleitung Schlappin: 1.67 m 3 /s) ve<strong>ra</strong>rbeitet<br />

werden mü<strong>sse</strong>n. Die beiden Stufen<br />

haben dementsprechend im Sommer sehr<br />

sta<strong>rk</strong> den Cha<strong>ra</strong>kter von Laufk<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>en<br />

mit begrenzter Kapazität.<br />

In Tabelle 2 sind für drei ausgewählte<br />

K<strong>lima</strong>szenarien die Veränderungen<br />

der gefassten Abflussmengen sowie der<br />

Überlaufwa<strong>sse</strong>rmengen für das Gesamtsystem<br />

des KW Prättigau im Vergleich zu<br />

den Verhältni<strong>sse</strong>n 1976–2004 dargestellt.<br />

Der Zufluss zu den einzelnen Fassungen<br />

teilt sich grundsätzlich in zwei Anteile auf,<br />

nämlich in die Abflussmenge, die gefasst<br />

wird, und in die Restwa<strong>sse</strong>rmenge. Die<br />

Restwa<strong>sse</strong>rmenge wiederum setzt sich<br />

aus den gesetzlich vorgeschriebenen<br />

Dotierwa<strong>sse</strong>rmengen sowie der Überlaufwa<strong>sse</strong>rmenge<br />

zusammen. Letztere<br />

könnten theoretisch gesehen ebenfalls für<br />

die Stromproduktion gefasst werden. In<br />

der vorliegenden Studie wurden für alle Berechnungen<br />

die bestehenden Fassungskapazitäten<br />

sowie die monatlich variierenden<br />

Dotierwa<strong>sse</strong>rregime unverändert<br />

bela<strong>sse</strong>n (Anlagenzustand 1976–2004).<br />

Die gefassten Abflussmengen nehmen<br />

unter den projizierten K<strong>lima</strong>szenarien<br />

S02, S03 und S08 übers Jahr gesehen signifikant<br />

zu. Diese Aussage gilt auch für<br />

die restlichen sechs untersuchten Szenarien.<br />

Eine ganz entscheidende Wa<strong>sse</strong>rmenge<br />

im System wird selbstverständlich<br />

beim Wehr Klosters gefasst. Die Szenarien<br />

projizieren dort sehr konsistent eine<br />

Zunahme von 10 bis 13%. Auch bei den<br />

übrigen wesentlichen Fassungen Gadenstätt,<br />

Schlappin und Doggiloch werden<br />

ma<strong>rk</strong>ante Zunahmen projiziert. Einzig für<br />

die kleineren Fassungen Stützbach und<br />

Mönchalpbach werden teilweise geringere<br />

Abflussmengen projiziert. Für den Winter<br />

projizieren sämtliche K<strong>lima</strong>szenarien ma<strong>rk</strong>ante<br />

Erhöhungen des Wa<strong>sse</strong>rdargebots,<br />

welche zum grössten Teil durch das System<br />

direkt ve<strong>ra</strong>rbeitet werden können, da<br />

während dieser Zeit die anfallenden Abflussmengen<br />

meist geringer als die entsprechenden<br />

Fassungskapazitäten sind.<br />

Für Sommer werden keine wesentlichen<br />

Veränderungen in den Fassungsmengen<br />

projiziert.<br />

Naturgemäss betreffen die Überlaufmengen<br />

p<strong>ra</strong>ktisch nur das Sommerhalbjahr<br />

und etwas die Winter<strong>ra</strong>ndmonate<br />

Oktober und April. Dabei projiziert<br />

S08 durchs Band geringere Zuflü<strong>sse</strong> und<br />

damit auch geringere Überlaufmengen<br />

im ganzen System. Mit S03 verbleibt der<br />

projizierte Zustand gesamtha<strong>ft</strong> gesehen<br />

in etwa gleich wie heute. Bei S02 ergeben<br />

sich gesamtha<strong>ft</strong> gesehen signifikante Erhöhungen<br />

gegenüber heute.<br />

5. Diskussion<br />

Die projizierten Änderungen in der Lu<strong>ft</strong>tempe<strong>ra</strong>tur<br />

für die untersuchten Gebiete stehen<br />

im Einklang mit bisherigen K<strong>lima</strong>projektionen<br />

für die Alpennordseite der Schweiz.<br />

Diese gehen gegenüber 1990 von Erwärmungen<br />

von 1.8 °C (Winter und Frühling),<br />

2.7 °C (Sommer) und 2.1 °C (Herbst) bis<br />

2050 aus (Frei, 2004). Die von Frei (2004)<br />

projizierten Erwärmungen sind demnach<br />

stä<strong>rk</strong>er, basieren aber auf verschiedenen<br />

K<strong>lima</strong>projektionen aus dem EU-Projekt<br />

PRUDENCE (Christensen et al., 2002). In<br />

Bezug auf den Niederschlag schätzte Frei<br />

(2004), wiederum für die gesamte Alpennordseite<br />

der Schweiz, eine Abnahme<br />

der saisonalen Niederschlagsmengen<br />

für Sommer und Herbst, eine Zunahme<br />

im Winter und für den Frühling tendenziell<br />

unveränderte Niederschlagsmengen bis<br />

2050 ab. Diese Resultate unterscheiden<br />

sich zu den Niederschlagsprojektionen vor<br />

allem im Herbst, wobei im Vergleich zum<br />

Mittel der Periode 2021–2050 von einer<br />

deutlichen Zunahme der Niederschlagsmengen<br />

ausgegangen wird. Dieser Unterschied<br />

wi<strong>rk</strong>t sich auch auf die Projektionen<br />

für die jährlichen Niederschlagsmengen<br />

aus: Im Gegensatz zu früheren<br />

Projektionen mit geringer werdenden<br />

Niederschlagsmengen (–5% für die Alpennordseite;<br />

Hänggi und Weingartner,<br />

2011) konnten in den Projektionen für die<br />

Untersuchungsgebiete keine signifikanten<br />

Änderungen in den jährlichen Mengen<br />

festgestellt werden. Die hier verwendeten<br />

ENSEMBLES-Projektionen sind durch die<br />

Verwendung neuerer hochauflösender K<strong>lima</strong>modelle<br />

im Vergleich zu früheren Berechnungen<br />

robuster. Die komplexe Topog<strong>ra</strong>phie<br />

und die k<strong>lima</strong>beeinflu<strong>sse</strong>nde<br />

geog<strong>ra</strong>phische Lage der Alpen machen<br />

es jedoch weiterhin schwierig, die Niederschlagsentwicklung<br />

für Regionen in der<br />

Schweiz be<strong>sse</strong>r abzuschätzen.<br />

Die veränderten k<strong>lima</strong>tischen Bedingungen<br />

wi<strong>rk</strong>en sich auch direkt auf<br />

die hydrologischen Bedingungen in den<br />

Gebieten aus. So zeigen die Szenarien<br />

für 2021–2050 höhere Abflussmengen in<br />

den Herbst-, Winter- und Frühlingsmonaten<br />

gegenüber heutigen Verhältni<strong>sse</strong>n.<br />

Das Abflussregime verändert sich signifikant.<br />

Im Vergleich zu anderen Resultaten<br />

unterscheiden sich die berechneten Jahresabflussmengen<br />

deutlich: Horton et<br />

al. (2005) untersuchten den Einfluss der<br />

K<strong>lima</strong>änderung in elf alpinen Einzugsge-<br />

«Wa<strong>sse</strong>r Energie Lu<strong>ft</strong>» – 103. Jahrgang, 2011, He<strong>ft</strong> 4, CH-5401 Baden 297<br />

K<strong>lima</strong>wandel & Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>


K<strong>lima</strong>wandel & Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong><br />

bieten der Schweiz mit unterschiedlichen<br />

Vergletscherungsg<strong>ra</strong>den. Für die Periode<br />

2020–2049 und das Szenario «+1 °C»<br />

gegenüber den Verhältni<strong>sse</strong>n der Jahre<br />

1961–1990 wurden in allen Einzugsgebieten<br />

Abnahmen in den jährlichen Abflussmengen<br />

zwischen 5% und 15% (Mediane)<br />

projiziert. Basierend auf diesen Resultaten<br />

schätzte das Bundesamt für Energie eine<br />

Abnahme der gesamtschweizerischen Abflussmengen<br />

um rund 7% und somit indirekt<br />

auch eine Abnahme der hydroelektrischen<br />

Produktion um denselben Bet<strong>ra</strong>g<br />

(Energieperspektiven 2035; BFE, 2007).<br />

Zu dieser Aussage muss einerseits festgehalten<br />

werden, dass eine Hochrechnung<br />

der Abflussprojektionen nach Horton et al.<br />

(2005) auf die gesamte Schweiz problematisch<br />

ist, da nicht alle Einzugsgebiete der<br />

schweizerischen Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>e einen<br />

alpinen oder gar hochalpinen Cha<strong>ra</strong>kter<br />

aufweisen. Andererseits entspricht die<br />

natürlich anfallende Wa<strong>sse</strong>rmenge nicht<br />

zwingend der für die Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong> nutzbaren<br />

bzw. fassbaren Menge.<br />

Bei der Berechnung des K<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>betriebs<br />

KW Löntsch und KW Prättigau<br />

wurde angenommen, dass das zugrundeliegende<br />

Preismodell gleich den heutigen<br />

Verhältni<strong>sse</strong>n ist. Die ist eine vereinfachte<br />

Annahme, da sich wahrscheinlich auch<br />

das Nachf<strong>ra</strong>gemuster in einem wärmeren<br />

K<strong>lima</strong> ändern würde. Die verwendete Methode<br />

erlaubt allerdings eine Differenzierung<br />

des Einflu<strong>sse</strong>s der Nachf<strong>ra</strong>ge (indirekt<br />

über den Strompreis) und des Angebots<br />

(indirekt durch die Nutzwa<strong>sse</strong>rmenge). In<br />

weiteren Studien könnte die Anpassung<br />

des Preismodells an das projizierte K<strong>lima</strong><br />

einen Mehrwert bringen. In den monatlich<br />

projizierten Produktions- und Umsatzmengen<br />

des KW Löntsch konnten Veränderung<br />

festgestellt werden: Beide Grö<strong>sse</strong>n<br />

steigen an, insbesondere im Winter<br />

und den Monaten Oktober und November.<br />

Über das gesamte Jahr gesehen verlaufen<br />

die Zunahmen in der Produktion und<br />

dem Umsatz linear zu denjenigen in den<br />

Zuflussmengen. Erst bei sehr sta<strong>rk</strong>en Veränderungen<br />

in den Zuflussmengen (mehr<br />

als +50% gegenüber 1998–2009) verhält<br />

sich der Umsatz nichtlinear. Bei tieferen<br />

Zuflussmengen berechnete das Modell<br />

ebenfalls einen linearen Zusammenhang<br />

zum Umsatz. Dies wäre nur realistisch,<br />

wenn der Strompreis stabil bleiben würde.<br />

Wahrscheinlicher ist, dass bei sinkendem<br />

Angebot der Preis ansteigt, was zu einer<br />

nichtlinearen Minderung des Umsatzes<br />

bei weniger Zufluss führen würde. Vo<strong>ra</strong>u<strong>sse</strong>tzung<br />

dafür wäre allerdings, dass<br />

sich das Angebot bzw. die Abflussmen-<br />

gen schweiz- oder europaweit ändern<br />

müssten, um den Strompreis überhaupt<br />

beeinflu<strong>sse</strong>n zu können. Die projizierten<br />

Änderungen im Wa<strong>sse</strong>rdargebot infolge<br />

der verwendeten K<strong>lima</strong>szenarien 2021–<br />

2050 wi<strong>rk</strong>en sich für die KW Prättigau im<br />

Winter signifikant aus, wobei eine Produktionssteigerung<br />

projiziert wird (+20% bis<br />

+40% im Vergleich zum Mittel 1976–2004).<br />

Diese Zunahme wird in jedem Falle als sehr<br />

wesentlich bet<strong>ra</strong>chtet, zumal es sich dabei<br />

mehrheitlich um hochwertige Energie handelt,<br />

welche in den Tagesstunden hoher<br />

Nachf<strong>ra</strong>ge erzeugt werden kann. Für die<br />

Sommerperiode werden bei allen verwendeten<br />

Szenarien gesamtha<strong>ft</strong> nur unwesentliche<br />

Veränderungen projiziert. Eine<br />

Erhöhung von Fassungskapazitäten ist<br />

nicht angeb<strong>ra</strong>cht, da die projizierten anfallenden<br />

Wa<strong>sse</strong>rmengen problemlos weiter<br />

ve<strong>ra</strong>rbeitet werden können.<br />

Der Vergleich der Resultate verwandter<br />

Studien, in welchen der Einfluss<br />

der K<strong>lima</strong>änderung mittels Modellkopplung<br />

untersucht wurde, zeigt ein sehr unterschiedliches<br />

Bild: Schäfli et al. (2007)<br />

schätzten für das Speiche<strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong> Mauvoisin<br />

eine Abnahme der Produktion für die<br />

Periode 2070–2099 gegenüber 1961–1990<br />

um rund 36% ab. Im Vergleich zu den Untersuchungsgebieten<br />

ist das Einzugsgebiet<br />

des Mauvoisin K<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>s sta<strong>rk</strong> vergletschert<br />

(> 40%), und demnach stä<strong>rk</strong>er<br />

durch projizierte Abnahmen der Gletscher<br />

betroffen (vgl. Huss et al., 2008). Westaway<br />

(2000) schätzte für das benachbarte Speiche<strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong><br />

G<strong>ra</strong>nde Dixence indes eine<br />

Zunahme der Produktion um rund 26%<br />

für die Periode 2031–2060 ab (Referenzperiode<br />

1961–1990). Dabei wurde neben<br />

den k<strong>lima</strong>bedingten Veränderungen in den<br />

Zuflussmengen auch die Veränderung der<br />

Stromnachf<strong>ra</strong>ge berücksichtigt. Für den<br />

Rhein bis Felsberg berechneten Vischer<br />

und Bader (1999) bis 2050 und mit dem<br />

Szenario «+2 °C Sommer- und Wintertempe<strong>ra</strong>tur»<br />

und «±0% Sommer- und +10%<br />

Winterniederschlag» gegenüber der Referenzperiode<br />

1962–1990 eine Abnahme der<br />

natürlichen Abflussmengen des Rheins<br />

um 5%. Für ein fiktives Laufk<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong> bei<br />

Felsberg wurde allerdings eine Zunahme<br />

der Nutzwa<strong>sse</strong>rmenge um denselben Bet<strong>ra</strong>g<br />

berechnet, da im Winter mehr Wa<strong>sse</strong>r<br />

genutzt werden kann und die Fassungskapazität<br />

im Sommer unter den vorgegebenen<br />

K<strong>lima</strong>szenarien nicht unterschritten<br />

wird. Die Resultate anderer Studien, inklusive<br />

der vorliegenden, zeigen, dass eine<br />

Ve<strong>ra</strong>llgemeinerung der Aussagen bezüglich<br />

der Auswi<strong>rk</strong>ungen der K<strong>lima</strong>änderung<br />

auf die Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>nutzung schwierig ist.<br />

Zum einen unterscheiden sich die Studien<br />

in Bezug auf die K<strong>lima</strong>szenarien, Referenzperioden<br />

und projizierten Zeiträumen, zum<br />

anderen werden auch unterschiedliche<br />

K<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>stypen untersucht. So kann<br />

die K<strong>lima</strong>änderung bei einem K<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong><br />

trotz niedrigeren Zuflussmengen höhere<br />

Umsätze bringen, entweder durch Mehrproduktion<br />

oder durch Veränderungen im<br />

Preis. Eine Abschätzung der Folgen der<br />

K<strong>lima</strong>änderung auf die Stromproduktion<br />

durch die Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong> muss demnach von<br />

Fall zu Fall untersucht werden.<br />

6. Schlussfolgerungen<br />

Unter den gegebenen K<strong>lima</strong>szenarien für<br />

2021–2050 wurde für das KW Löntsch<br />

eine leichte Produktions- (+2.6%) und<br />

Umsatzsteigerung (+3.2%) berechnet.<br />

Die Steigerungen konnten dabei durch ein<br />

verändertes monatliches Produktionsprofil<br />

erreicht werden. Für das KW Prättigau<br />

wurde ebenfalls eine Steigerung der<br />

Stromproduktion um 9.3% (Median aller<br />

verwendeten Projektionen) gegenüber der<br />

Referenzperiode 1976–2004 abgeschätzt.<br />

Diese Zunahme resultiert hauptsächlich<br />

aus einer Produktionssteigerung während<br />

dem Winter. Im Sommer nehmen die natürlichen<br />

Abflussmengen im Einzugsgebiet<br />

zwar ab, die Fassungskapazität der<br />

K<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>sgruppe wird aber nicht unterschritten,<br />

womit die Produktion im Sommer<br />

gleich bleiben wird.<br />

Die Resultate können nicht auf die<br />

gesamte Schweiz oder gar auf Mitteleuropa<br />

ve<strong>ra</strong>llgemeinert werden, vielmehr<br />

handelt es sich um einen lokalen Effekt bei<br />

bestimmten K<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>en an spezifischen<br />

Lagen. Für hydrologisch ähnliche Gebiete<br />

mit ähnlichen K<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>stypen liefert die<br />

Studie Hinweise, wie ein sich änderndes<br />

K<strong>lima</strong> den K<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>sbetrieb beeinflu<strong>sse</strong>n<br />

könnte. Weitere Untersuchungen<br />

in anderen geog<strong>ra</strong>phischen Regionen<br />

wären interessant, um ein Gesamtbild<br />

der Auswi<strong>rk</strong>ungen der K<strong>lima</strong>änderung<br />

auf die Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>nutzung zu erhalten.<br />

Die Berücksichtigung der Veränderung<br />

der Stromnachf<strong>ra</strong>ge, und damit zusammenhängend<br />

des Preises, ist dabei wünschenswert.<br />

Danksagung<br />

Die Studie ist Teil des Projektes K<strong>lima</strong>änderung<br />

und Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>nutzung (SGHL und CHy,<br />

2011), finanziert von Swi<strong>sse</strong>lectric Research<br />

und dem Eidgenössischen Bundesamt für Energie.<br />

Wir danken dem EU FP6 Projekt ENSEM-<br />

BLES (Vert<strong>ra</strong>gsnummer 505539), der Meteo-<br />

Schweiz und dem Bundesamt für Umwelt für<br />

die Bereitstellung der Grundlagendaten. Für die<br />

298 «Wa<strong>sse</strong>r Energie Lu<strong>ft</strong>» – 103. Jahrgang, 2011, He<strong>ft</strong> 4, CH-5401 Baden


Fallstudie KW Löntsch wird TimeSteps GmbH<br />

für die Unterstützung und gute Zusammenarbeit<br />

gedankt. Für die Fallstudie KW Prättigau wird<br />

Repower gedankt, mit deren Genehmigung zur<br />

Verwendung der von AF-Colenco AG e<strong>ra</strong>rbeiteten<br />

Grundlagen die vorliegende Studie ermöglicht<br />

wurde.<br />

Lite<strong>ra</strong>tur<br />

AF-Colenco AG, 2004: WABES, ein Prog<strong>ra</strong>mmsystem<br />

zur Wa<strong>sse</strong>rwirtscha<strong>ft</strong>lichen Betriebssimulation<br />

von K<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>sstufen, Eigenentwicklung.<br />

Baden.<br />

Blöchlinger, L., Bollinger, T., Maurer, J. und Semadeni,<br />

M. 2004: An evaluation model for the<br />

ma<strong>rk</strong>ed-to-ma<strong>rk</strong>et value of hydropower plants.<br />

Proceedings of the 6th IAEE European Conference<br />

«Modelling in Energy Economics and Policy»,<br />

ETH Zürich, 2./3. Sept. 2004, Zürich.<br />

Bosshard, T., Kotlarski, S., Ewen, T., und Schär,<br />

C. 2011: Spect<strong>ra</strong>l representation of the annual<br />

cycle in the c<strong>lima</strong>te change signal, Hydrol Earth<br />

Syst Sci, 15, 2777–2788, doi:10.5194/hess-15-<br />

2777-2011<br />

Bundesamt für Energie (BFE) 2007: Die Energieperspektiven<br />

2035 - Band 1 Synthese. BFE,<br />

Bern.<br />

Bundesamt für Statistik (BFS) 1997: Arealstatistik<br />

der Schweiz 1992/97. BFS, Bern.<br />

Christensen, J.H., Carter, T.R. und Giorgi, F.<br />

2002: PRUDENCE employs new methods to<br />

a<strong>sse</strong>ss European C<strong>lima</strong>te Change. EOSTr 82<br />

(13), 147. doi:10.1029/2002EO000094.<br />

Frei, C. 2004: Die K<strong>lima</strong>zukun<strong>ft</strong> der Schweiz –<br />

Eine probabilistische Projektion. Zürich.<br />

Hänggi, P. 2011: Auswi<strong>rk</strong>ungen der hydrok<strong>lima</strong>tischen<br />

Variabilität auf die Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>nutzung<br />

in der Schweiz. Di<strong>sse</strong>rtation Universität Bern.<br />

Bern.<br />

Hänggi, P. und Weingartner, R. 2011: Inter-an-<br />

nual variability of runoff and c<strong>lima</strong>te within the<br />

Upper Rhine River basin, 1808–2007. Hydrolog<br />

Sci J, 56, 1, 34–50. doi: 10.1080/02626667.20<br />

10.536549<br />

Hänggi, P., Bosshard, T., Angehrn, S., Helland,<br />

E., Rietmann, D., Schädler, B., Schneider, R.<br />

und Weingartner, R. 2011a: Einfluss der K<strong>lima</strong>änderung<br />

auf die Stromproduktion des Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>s<br />

Löntsch 2021–2050. Fachbericht für<br />

die Synthese des Projektes K<strong>lima</strong>änderung und<br />

Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>nutzung. Bern, Baden.<br />

Hänggi, P., Bosshard, T., Job, D., Schädler, B.<br />

und Weingartner, R. 2011b: Einfluss der K<strong>lima</strong>änderung<br />

auf die Stromproduktion der Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>e<br />

im Prättigau 2021–2050. Fachbericht<br />

für die Synthese des Projektes K<strong>lima</strong>änderung<br />

und Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>nutzung. Bern, Baden.<br />

Horton, P., Schäfli, B., Mezghani, A., Hing<strong>ra</strong>y,<br />

B. und Musy, A. 2005: Prediction of c<strong>lima</strong>te<br />

change impacts on Alpine discharge regimes<br />

under A2 and B2 SRES emission scenarios for<br />

two future time periods. Bundesamt für Energie<br />

(BFE), Bern.<br />

Huss, M., Farinotti, D., Bauder, A. und Funk,<br />

M. 2008: Modelling runoff from highly glacierized<br />

alpine d<strong>ra</strong>inage basins in a changing c<strong>lima</strong>te.<br />

Hydrol Process 22 (19), 3888–3902.<br />

doi:10.1002/hyp.7055.<br />

Intergovernmental Panel on C<strong>lima</strong>te Change<br />

(IPCC) 2007: C<strong>lima</strong>te Change 2007: Synthesis<br />

Report. Contribution of Wo<strong>rk</strong>ing Groups I, II<br />

and III to the Fourth A<strong>sse</strong>ssment Report of the<br />

Intergovernmental Panel on C<strong>lima</strong>te Change.<br />

IPCC, Genf.<br />

Linden, P. v. d. und Mitchell, J. 2009: ENSEM-<br />

BLES: C<strong>lima</strong>te Change and its Impacts: Summary<br />

of research and results from the ENSEM-<br />

BLES Project. FitzRoy Road, Exeter EX1 3PB,<br />

UK, S. 160.<br />

Schäfli, B., Hing<strong>ra</strong>y, B. und Musy, A. 2007: Cli-<br />

Wenn Beton und G<strong>ra</strong>nit versagen,<br />

dann gibt es nur eines:<br />

Die unverwüstlichen Basalt-Platten von<br />

Gerbas GmbH, Gerätehandel / Basaltprodukte,<br />

Grosssteinst<strong>ra</strong><strong>sse</strong> 36, 6438 Ibach<br />

Tel. 041 872 16 91, Fax 041 872 16 92, info@gerbas.ch,<br />

www.gerbas.ch<br />

34072<br />

mate change and hydropower production in the<br />

Swiss Alps: quantification of potential impacts<br />

and related modelling uncertainties. Hydrol<br />

Earth Syst Sc (11), 1191–1205.<br />

Schweizerische Gesellscha<strong>ft</strong> für Hydrologie<br />

und Limnologie (SGHL) und Hydrologische<br />

Kommission (CHy) (Hrsg.) 2011: Auswi<strong>rk</strong>ungen<br />

der K<strong>lima</strong>änderung auf die Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>nutzung<br />

– Synthesebericht. Beiträge zur Hydrologie der<br />

Schweiz, Nr. 38, 28 S., Bern.<br />

Vischer, D. und Bader, S. 1999: Einfluss der K<strong>lima</strong>änderung<br />

auf die Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>. «Wa<strong>sse</strong>r Energie<br />

Lu<strong>ft</strong>» 91 (7/8), 149–152.<br />

Viviroli, D., Zappa, M., Gurtz, J., Weingartner,<br />

R. 2009. An introduction to the hydrological<br />

modelling system PREVAH and its<br />

pre- and post-processing tools. Environ Modell<br />

So<strong>ft</strong>w, 24 (10), 1209–1222. doi:10.1016/<br />

j.envso<strong>ft</strong>.2009.04.001<br />

Westaway, R. 2000: Modelling the potential effects<br />

of c<strong>lima</strong>te change on the G<strong>ra</strong>nde Dixence<br />

hydro-electricity scheme, Switzerland. J Chart<br />

Inst Water E 14.3, 179–185.<br />

Pascal Hänggi 1 , Sonja Angehrn2 , Thomas Bosshard3<br />

, Eivind Helland2 , Donat Job4 , Daniel Rietmann2<br />

, Bruno Schädler1 , Robert Schneider2 ,<br />

Rolf Weingartner1 1 Geog<strong>ra</strong>phisches Institut und Oeschger-Zentrum<br />

für K<strong>lima</strong>forschung, Universität Bern,<br />

Hallerst<strong>ra</strong><strong>sse</strong> 12, CH-3012 Bern<br />

pascal.haenggi@giub.unibe.ch<br />

2 Axpo AG, Pa<strong>rk</strong>st<strong>ra</strong><strong>sse</strong> 23, CH-5401 Baden<br />

3 Institut für Atmosphäre und K<strong>lima</strong>, ETH Zürich,<br />

Universitätst<strong>ra</strong><strong>sse</strong> 16 CHN, CH-8092<br />

Zürich<br />

4 AF-Colenco AG<br />

Täfernst<strong>ra</strong><strong>sse</strong> 26, CH-5405 Baden<br />

«Wa<strong>sse</strong>r Energie Lu<strong>ft</strong>» – 103. Jahrgang, 2011, He<strong>ft</strong> 4, CH-5401 Baden 299<br />

K<strong>lima</strong>wandel & Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>


K<strong>lima</strong>wandel & Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong><br />

Auswi<strong>rk</strong>ungen der K<strong>lima</strong>änderung auf die<br />

Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>nutzung in der Schweiz 2021–<br />

2050 – Hochrechnung<br />

Pascal Hänggi, Rolf Weingartner, Ma<strong>rk</strong>us Balmer<br />

Zusammenfassung<br />

Im Rahmen der Synthesearbeiten zum Projekt «K<strong>lima</strong>änderung und Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>nutzung»<br />

(SGHL und CHy, 2011) wurde eine Abschätzung durchgeführt, wie sich die<br />

K<strong>lima</strong>änderung auf die mittlere Stromproduktion der Schweiz in der nahen Zukun<strong>ft</strong><br />

(2021–2050) auswi<strong>rk</strong>en könnte. Als Grundlage dazu dienten (a) Simulationen möglicher<br />

Abflussveränderungen in repräsentativen Einzugsgebieten der Schweiz, (b) die<br />

in mehreren Fallstudien aus der Modellkette «K<strong>lima</strong>szenario – hydrologisches Modell<br />

– Betriebsmodell» abgeleiteten Veränderungen der mittleren Stromproduktion, (c)<br />

die K<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>stypologie nach Balmer (2011) sowie (d) eine Gliederung der Schweiz<br />

in Regionen mit ähnlichem K<strong>lima</strong>änderungssignal. Die Hochrechnung geht – unter<br />

Annahme der heutigen Produktionsmuster – für den Zeit<strong>ra</strong>um 2021–2050 im Vergleich<br />

zu 1980–2009 im Winter von einem Anstieg der mittleren Produktion von rund<br />

10% und im Sommer von einer Abnahme zwischen 4 und 6% aus. Diese saisonalen<br />

Veränderungen bewi<strong>rk</strong>en auf das Jahr gesehen eine leichte Zunahme zwischen 0.9<br />

und 1.9%. Insgesamt zeigen die Ergebni<strong>sse</strong> – unter Berücksichtigung der Modellunsicherheiten<br />

–, dass sich die mittlere Stromproduktion aus der Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>nutzung<br />

gegenüber heute nicht wesentlich verändern wird. Diese Ergebni<strong>sse</strong> la<strong>sse</strong>n sich allerdings<br />

nicht generell auf einzelne K<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>e übert<strong>ra</strong>gen. So muss aus regionaler<br />

Sicht bei den Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>en im Tessin und im südlichen Wallis mit einer leichten<br />

Produktionsabnahme gerechnet werden. Au<strong>sse</strong>rdem ist zu beachten, dass Effekte<br />

wie etwa eine Veränderung von Extremereigni<strong>sse</strong>n, die den täglichen Betrieb massgeblich<br />

beeinflu<strong>sse</strong>n, bei den Hochrechnungen nicht berücksichtigt wurden.<br />

1. Einleitung<br />

Die Auswi<strong>rk</strong>ungen der K<strong>lima</strong>änderung auf<br />

die Stromproduktion durch Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong><br />

in der Schweiz wurden in einem Projekt<br />

K<strong>lima</strong>änderung und Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>nutzung<br />

eingehend untersucht (SGHL und CHy,<br />

2011). Einerseits lieferte die Studie Aussagen<br />

über Veränderungen in den natürlichen<br />

Abflussmengen für den Zeit<strong>ra</strong>um<br />

2021–2050. Andererseits wurden mittels<br />

Kopplung von k<strong>lima</strong>tologischen, hydrologischen<br />

und betrieblichen Modellen die<br />

Auswi<strong>rk</strong>ungen der K<strong>lima</strong>änderung für die<br />

Jahre 2021–2050 an verschiedenen Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>en<br />

bzw. Fallstudien untersucht.<br />

Die Ergebni<strong>sse</strong> zeigen, dass bei den<br />

natürlichen Abflussmengen 2021–2050 im<br />

Vergleich zu den Verhältni<strong>sse</strong>n 1980–2009<br />

mit einer saisonalen Verschiebung des<br />

Wa<strong>sse</strong><strong>ra</strong>ngebots gerechnet werden muss,<br />

mit signifikant höheren Mengen im Winter<br />

und niedrigeren im Sommer. Die Jahres-<br />

abflussmengen bleiben dabei konstant,<br />

mit Ausnahme von sta<strong>rk</strong> vergletscherten<br />

Einzugsgebieten, wo für 2021–2050 zum<br />

Teil höhere Jahresabflü<strong>sse</strong> projiziert werden.<br />

Die Resultate der Auswi<strong>rk</strong>ungen auf<br />

die Stromproduktion sind unterschiedlich,<br />

je nachdem wie das K<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong> technisch<br />

und betrieblich ausgelegt ist. Einige Fallstudien<br />

zeigen, dass die saisonalen Verschiebungen<br />

in den Zuflussmengen zu<br />

günstigeren Bedingungen bei der Stromproduktion<br />

führen können, da im Winter<br />

mehr Wa<strong>sse</strong>r gefasst wird und im Sommer<br />

die maximalen Fassungskapazitäten meist<br />

nicht unterschritten werden. Durch Optimierung<br />

des Produktionsfahrplans kann<br />

eine Abminderung der Produktionsmenge<br />

verhindert, oder sogar eine Steigerung erreicht<br />

werden.<br />

Aus den Ergebni<strong>sse</strong>n der Fallstudien<br />

kann geschlo<strong>sse</strong>n werden, dass eine<br />

Ve<strong>ra</strong>llgemeinerung der Auswi<strong>rk</strong>ungen der<br />

K<strong>lima</strong>änderung auf die Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>nutzung<br />

in der Schweiz schwierig ist. Zum<br />

einen unterscheidet sich jedes Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong><br />

in Bezug auf seine Betriebsweise<br />

und technische Ausstattung. Zum andern<br />

zeigen die Studien zu den Veränderungen<br />

in den natürlichen Abflussmengen, dass je<br />

nach Region andere Auswi<strong>rk</strong>ungen auf die<br />

hydrologischen Verhältni<strong>sse</strong> zu erwarten<br />

sind.<br />

Um die Auswi<strong>rk</strong>ungen der K<strong>lima</strong>änderung<br />

auf die gesamte schweizerische<br />

Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>nutzung abzuschätzen, wurde<br />

hier versucht, beiden Umständen Rechnung<br />

zu t<strong>ra</strong>gen. Die Hochrechnung basiert<br />

auf den Ergebni<strong>sse</strong>n der Studie K<strong>lima</strong>änderung<br />

und Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>nutzung (SGHL<br />

und CHy, 2011) und der Datenbank HY-<br />

DROGIS (Balmer, 2011), in welcher technische<br />

und physiog<strong>ra</strong>phische Kenngrö<strong>sse</strong>n<br />

eines Grossteils der schweizerischen<br />

Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>anlagen erfasst sind. Die im<br />

Projekt K<strong>lima</strong>änderung und Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>nutzung<br />

verwendeten K<strong>lima</strong>szenarien aus<br />

dem EU-Projekt ENSEMBLES (Linden und<br />

Mitchell, 2009) für den Zeit<strong>ra</strong>um 2021–2050<br />

sind allesamt konsistent (Bosshard et al.,<br />

2011a), womit sich alle Berechnungen auf<br />

dieselben Grundlagen abstützen. Im Folgenden<br />

wird auf die Methode zur Übert<strong>ra</strong>gung<br />

der Resultate aus den Fallstudien auf<br />

die schweizerische Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>anlagen<br />

eingegangen, inkl. den zugrundeliegenden<br />

Daten (Kap. 2). Danach werden in Kap. 3<br />

die Resultate präsentiert, gefolgt von der<br />

Diskussion und den Schlussfolgerungen<br />

(Kap. 4 und 5).<br />

2. Daten und Methode<br />

2.1 Allgemeines Vorgehen<br />

Bild 1 zeigt den schematischen Ablauf<br />

der Hochrechnung der Resultate aus den<br />

einzelnen Studien des Projektes K<strong>lima</strong>änderung<br />

und Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>nutzung auf die<br />

Schweiz. Die Hochrechnung basiert auf<br />

einer Kombination zweier Klassierungen:<br />

300 «Wa<strong>sse</strong>r Energie Lu<strong>ft</strong>» – 103. Jahrgang, 2011, He<strong>ft</strong> 4, CH-5401 Baden


Bild 1. Schematischer Ablauf der Hochrechnung.<br />

Bei der ersten Klassierung wurden technisch<br />

und physiog<strong>ra</strong>phisch ähnliche<br />

Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>anlagen nach ausgewählten<br />

Kriterien gruppiert (Kap. 2.2.1). Bei der<br />

zweiten Klassierung wurden K<strong>lima</strong>änderungssignale<br />

nach Regionen gruppiert<br />

(Kap. 2.2.2). Die kombinierte Klassierung<br />

beschreibt demnach K<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>sgruppen,<br />

welche sich in Bezug auf technisch-physiog<strong>ra</strong>phische<br />

Eigenscha<strong>ft</strong>en und zu erwartende<br />

K<strong>lima</strong>änderungssignale unterscheiden<br />

(Kap. 2.2.3). Diese kombinierte<br />

Klassierung wurde in einem weiteren<br />

Schritt verwendet, um die Resultate der<br />

Fallstudien (nachfolgend als repräsentative<br />

Fallstudien bezeichnet) und der Untersuchungen<br />

zu den Veränderungen der<br />

natürlichen Abflussmengen zu übert<strong>ra</strong>gen<br />

(vgl. Bild 2). Dabei wurden relative Änderungen<br />

der Produktionsmengen und natürlichen<br />

Abflussmengen zwischen der<br />

Referenzperiode und 2021–2050 den<br />

mittleren Produktionserwartungen der<br />

einzelnen K<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>e zugeordnet. Dies geschah<br />

unter Berücksichtigung der jeweiligen<br />

Speiche<strong>rk</strong>apazitäten der K<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>e,<br />

resultierend in der Hochrechnung für die<br />

Schweiz (Kap. 2.3).<br />

2.2 Klassierung der Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>e<br />

und K<strong>lima</strong>änderungssignale<br />

2.2.1 Klassierung der Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>e<br />

Verschiedene technische und räumliche<br />

Informationen zu den Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>anlagen<br />

der Schweiz wurden im Rahmen<br />

einer Di<strong>sse</strong>rtation in der Datenbank HY-<br />

DROGIS zusammenget<strong>ra</strong>gen (Balmer,<br />

2011). Das GIS-Modell beschreibt jede<br />

Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>anlage anhand von Einzugsgebiet,<br />

Wa<strong>sse</strong>rentnahmen, Speichersee<br />

oder Stau<strong>ra</strong>um, Talsperre, Stollen und Zuleitungen,<br />

Zent<strong>ra</strong>len, Wa<strong>sse</strong>rrückgaben,<br />

Restwa<strong>sse</strong>r- sowie Schwall- und Sunk-<br />

strecken. Dabei sind 283 K<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>e mit<br />

einer mittleren Produktionserwartung von<br />

19 849 GWh im Sommer und 15 376 GWh<br />

im Winter erfasst. Der Vergleich mit der Statistik<br />

der Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>anlagen der Schweiz<br />

(BFE, 2011) zeigt, dass in der Datenbank<br />

HYDROGIS die grö<strong>sse</strong>ren K<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>e vollständig<br />

erfasst sind.<br />

Mit Hilfe der Datenbank und einer<br />

Cluste<strong>ra</strong>nalyse wurden die erfassten<br />

K<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>e in Kla<strong>sse</strong>n eingeteilt (vgl. Balmer,<br />

2011). Dabei wurde eine Auswahl von<br />

technischen Informationen und physiog<strong>ra</strong>phischen<br />

Variablen der einzelnen Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>anlagen<br />

verwendet:<br />

Physiog<strong>ra</strong>phische Variablen<br />

Mittlere Höhe des Einzugsgebietes mH<br />

[m ü.M.] (Swisstopo, 2011)<br />

Fläche des Einzugsgebietes A [km 2 ]<br />

Vergletscherungsg<strong>ra</strong>d Vgl [%] (BFS,<br />

1997)<br />

Mittlerer jährlicher Gebietsniederschlag<br />

N [mm] (Sevruk und Kirchhofer, 1992)<br />

Technische Variablen (BFE, 2011b; Balmer,<br />

2011)<br />

Kumulierte Ausbauwa<strong>sse</strong>rmenge aller<br />

Wa<strong>sse</strong>rfassungen QA [m 3 /s]<br />

Nutzvolumen der Reservoirs NV<br />

[Mio m 3 ]<br />

Installierte Turbinenleistung TP [MW]<br />

Ausbauwa<strong>sse</strong>rmenge der Turbinen TQ<br />

[m 3 /s]<br />

Mittlere Produktionserwartung im Sommer<br />

ProdSo [GWh]<br />

Mittlere Produktionserwartung im Winter<br />

ProdWi [GWh]<br />

Installierte Pumpenleistung PP [MW]<br />

Mittlere Konsumerwartung aller Zubringerpumpen<br />

PK [GWh]<br />

Die physiog<strong>ra</strong>phischen Variablen kennzeichnen<br />

indirekt die vorherrschenden hydrologischen<br />

Eigenscha<strong>ft</strong>en. So steht die<br />

mittlere Höhe des Einzugsgebiets auch als<br />

Indikator für die mittlere Gebietstempe<strong>ra</strong>tur<br />

und zusammen mit dem Vergletscherungsg<strong>ra</strong>d<br />

für die vorherrschenden Abflussregimes.<br />

Die technischen Variablen<br />

weisen hauptsächlich auf die Bewirtscha<strong>ft</strong>ung<br />

der jeweiligen K<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>sanlage hin,<br />

wobei die letzten beiden Variablen speziell<br />

Informationen zum Einsatz von Pumpen<br />

liefern. Die resultierenden technisch-physiog<strong>ra</strong>phischen<br />

Kla<strong>sse</strong>n enthalten demnach<br />

K<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>e, welche innerhalb der<br />

einzelnen Kla<strong>sse</strong>n in Bezug auf die oben<br />

genannten Variablen ähnlich sind.<br />

2.2.2 Klassierung der K<strong>lima</strong>änderungssignale<br />

in Regionen<br />

In den Fallstudien und zur Abschätzung der<br />

Abflü<strong>sse</strong> für die Periode 2021–2050 wurden<br />

hydrologische Modelle verwendet. Diese<br />

wurden mit verschiedenen Tempe<strong>ra</strong>tur-<br />

und Niederschlagsszenarien für die Periode<br />

2021–2050 angetrieben, welche mit<br />

Hilfe von K<strong>lima</strong>projektionen aus dem EU-<br />

Projekt ENSEMBLES (Linden und Mitchell,<br />

2009) und beobachteten Tempe<strong>ra</strong>tur- und<br />

Niederschlagswerten für die Schweiz aufbereitet<br />

wurden (Bosshard et al., 2011a):<br />

Für die Berechnung der K<strong>lima</strong>änderungssignale<br />

wurden zunächst K<strong>lima</strong>modellberechnungen<br />

(Auflösung 25 km × 25 km) auf<br />

Stationsstandorte der Meteoschweiz interpoliert<br />

(Tempe<strong>ra</strong>tur: 188 Standorte; Niederschlag:<br />

507 Standorte). Aus den interpolierten<br />

Zeitreihen wurden anschlie<strong>sse</strong>nd<br />

die K<strong>lima</strong>änderungssignale zwischen der<br />

Periode 1980–2009 (CTL) und 2021–2050<br />

(SCE) berechnet. Dazu wurde mit einem<br />

einfachen gleitenden Mittel sowohl für die<br />

CTL- als auch die SCE-Periode der mittlere<br />

k<strong>lima</strong>tologische Jahresgang ermittelt.<br />

Die Änderung des Jahresganges zwischen<br />

der CTL- und SCE-Periode entspricht dem<br />

K<strong>lima</strong>änderungssignal. Für die Tempe<strong>ra</strong>tur<br />

wurde dabei die Differenz SCE-CTL bet<strong>ra</strong>chtet,<br />

im Falle des Niederschlages die<br />

relative Änderung SCE/CTL. Das gleitende<br />

Mittel ermöglicht eine lückenlose Repräsentation<br />

des Jahresgangs des K<strong>lima</strong>änderungssignals<br />

(entspricht einer Zeitreihe<br />

mit Änderungssignale vom 1. Januar bis<br />

zum 31. Dezember).<br />

Mit Hilfe einer Cluste<strong>ra</strong>nalyse wurden<br />

die K<strong>lima</strong>änderungssignale in Kla<strong>sse</strong>n<br />

eingeteilt, bzw. Regionen mit gleichen zu<br />

erwartenden K<strong>lima</strong>änderungen gebildet.<br />

Dabei wurden nur jene Stationsstandorte<br />

berücksichtigt, für welche sowohl für die<br />

Tempe<strong>ra</strong>tur als auch für den Niederschlag<br />

Änderungssignale vorlagen. Dies war an<br />

158 Standorten der Fall. Aus den beiden<br />

Jahresverläufen der Änderungssignale<br />

wurde anschlie<strong>sse</strong>nd stationsweise eine<br />

einzelne Zeitreihe gebildet, bzw. die beiden<br />

Jahresverläufe wurden aneinandergekettet.<br />

Die neu entstandenen Zeitreihen<br />

dienten als Grundlage für die Berechnung<br />

der Ähnlichkeiten zwischen den einzelnen<br />

Stationsstandorten. Als Ähnlichkeitsmass<br />

zwischen zwei Standorten i und k wurde<br />

dabei<br />

«Wa<strong>sse</strong>r Energie Lu<strong>ft</strong>» – 103. Jahrgang, 2011, He<strong>ft</strong> 4, CH-5401 Baden 301<br />

(1)<br />

berechnet, mit dem Korrelationskoeffizient<br />

nach Spearman (vgl. Begert, 2008). Zur<br />

Bildung der Cluster diente das Complete-<br />

Linkage Verfahren, in welchem die Distanz<br />

zwischen zwei Cluster durch die jeweils<br />

weitest entfernten Nachbarn definiert wird<br />

(Bahrenberg et al., 2003). Durch Au<strong>ft</strong><strong>ra</strong>gen<br />

der jeweiligen Distanzen zwischen den ge-<br />

K<strong>lima</strong>wandel & Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>


K<strong>lima</strong>wandel & Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong><br />

bildeten Clustern wurde die Anzahl Kla<strong>sse</strong>n<br />

bzw. Regionen abgeschätzt, wobei gro<strong>sse</strong><br />

Distanzen zwischen den Clustern auf gro<strong>sse</strong><br />

Unterschiede zwischen den K<strong>lima</strong>änderungsregionen<br />

hinweisen (Begert, 2008;<br />

Wilks, 2006). Um schliesslich die Regionen<br />

zu bilden, wurden die Klassierungen mit<br />

Hilfe der Methode des nächsten Nachbarn<br />

auf die Fläche der Schweiz interpoliert.<br />

2.2.3 Kombinierte Klassierung<br />

Als Basis für die Übert<strong>ra</strong>gung der relativen<br />

Änderungssignale für die Periode<br />

2021–2050 wurden die technisch-physio-<br />

g<strong>ra</strong>phische und k<strong>lima</strong>tische Klassierung<br />

miteinander vereint. Dabei wurden die<br />

(klassierten) Einzugsgebiete der K<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>sanlagen<br />

mit den K<strong>lima</strong>änderungssignal-Regionen<br />

verschnitten. Als Resultat<br />

entstanden kombinierte Kla<strong>sse</strong>n, welche<br />

in Bezug auf technisch-physiog<strong>ra</strong>phische<br />

Eigenscha<strong>ft</strong>en und zu erwartende K<strong>lima</strong>änderungssignale<br />

einzigartig sind (nachfolgend<br />

K<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>-K<strong>lima</strong>-Kla<strong>sse</strong>n genannt).<br />

Bei K<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>en, deren Einzugsgebiet über<br />

mehrere K<strong>lima</strong>regionen hinweg reicht,<br />

wurde diejenige K<strong>lima</strong>region zugeordnet,<br />

welche flächenmässig den grössten Anteil<br />

aufwies. Die Codierung der kombinierten<br />

Klassierung besteht aus einer zweistelligen<br />

Zahl, wobei die erste Ziffer die Kla<strong>sse</strong><br />

der technischen Klassierung angibt, die<br />

zweite diejenige der K<strong>lima</strong>änderungssignal-Region.<br />

2.3 Hochrechnung auf die Schweiz<br />

Im Projekt K<strong>lima</strong>änderung und Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>nutzung<br />

wurden an verschiedenen<br />

Fallstudien die Auswi<strong>rk</strong>ungen der K<strong>lima</strong>änderung<br />

auf die Stromproduktion aus Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong><br />

untersucht. Des Weiteren wurden<br />

für verschiedene Gewä<strong>sse</strong>r der Schweiz<br />

Tabelle 1. Relative Änderung für die Periode 2021–2050 (jeweils Mittel aus verschiedenen Modellrechnungen) der mittleren Produktionserwartung<br />

verschiedener Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>e (aktueller Ausbaustand) und der natürlichen Abflussmenge ausgewählter<br />

Fliessgewä<strong>sse</strong>r in der Schweiz. A: Einzugsgebietsfläche; mH: mittlere Höhe; Vgl: Vergletscherungsg<strong>ra</strong>d; dSo: relative Änderung für<br />

Sommer (Mai–September); dWi: relative Änderung für Winter (Oktober–April); dJa: relative Änderung für das Jahr (Oktober–September).<br />

302 «Wa<strong>sse</strong>r Energie Lu<strong>ft</strong>» – 103. Jahrgang, 2011, He<strong>ft</strong> 4, CH-5401 Baden


Veränderungen in den natürlichen Abflussmengen<br />

projiziert. So kann die relative Änderung<br />

für den Zeit<strong>ra</strong>um 2021–2050 in der<br />

Produktion (für die Fallstudien) bzw. den<br />

natürlichen Abflussmengen gegenüber<br />

der Referenzperiode berechnet werden<br />

(Tabelle 1).<br />

Für die Hochrechnung der Auswi<strong>rk</strong>ungen<br />

der K<strong>lima</strong>änderung auf die gesamte<br />

Schweiz wurden die relativen Änderungen<br />

für Winter (Oktober–April; sieben<br />

Monate) und Sommer (Mai-September;<br />

fünf Monate) nach dem Schema in Bild 2<br />

auf die mittlere Produktionserwartung der<br />

einzelnen K<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>e übert<strong>ra</strong>gen (aktueller<br />

Ausbaustand). Folgende Kriterien wurden<br />

bei der Zuordnung berücksichtigt (siehe<br />

Rhomben in Bild 2):<br />

Zugehörigkeit des K<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>s zu einer<br />

K<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>-K<strong>lima</strong>-Kla<strong>sse</strong>, für welche<br />

eine repräsentative Fallstudie vorhan -<br />

den ist. Die in den Fallstudien untersuchten<br />

Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>e wurden im<br />

vorgehenden Arbeitsschritt ebenfalls<br />

einer K<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>-K<strong>lima</strong>-Kla<strong>sse</strong> zugeteilt,<br />

womit die jeweilige Fallstudie repräsentativ<br />

für alle Angehörigen der<br />

Gruppe steht. Die in den Fallstudien<br />

berechneten relativen Produktionsänderungen<br />

wurden somit direkt auf die<br />

jeweiligen K<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>e übert<strong>ra</strong>gen.<br />

Unterscheidung zwischen Speicherund<br />

Laufk<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>, um den verbliebenen<br />

Speiche<strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>en entweder die<br />

relativen Änderungen der Fallstudie<br />

Löntsch oder Mattma<strong>rk</strong> zuzuordnen.<br />

Die Unterscheidung zwischen Speicher-<br />

und Laufk<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong> erfolgte mit<br />

Hilfe des Speiche<strong>ra</strong>usbaug<strong>ra</strong>des β,<br />

welcher das Verhältnis zwischen dem<br />

Nutzvolumen bzw. dem Speicherinhalt<br />

S [m 3 ] im Einzugsgebiet eines K<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>s<br />

und dem mittleren Zufluss MQ<br />

[m 3 /a] darstellt (Maniak, 2005), also<br />

«Wa<strong>sse</strong>r Energie Lu<strong>ft</strong>» – 103. Jahrgang, 2011, He<strong>ft</strong> 4, CH-5401 Baden 303<br />

(2)<br />

MQ wurde hier mit Hilfe des mittleren<br />

jährlichen Gebietsniederschlags und<br />

der Einzugsgebietsfläche für jede<br />

K<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>sanlage berechnet, wobei<br />

ein Drittel der berechneten Wa<strong>sse</strong>rmenge<br />

als Verdunstungsverlust beziffert<br />

wurde. Im Mittel der Schweiz trif<strong>ft</strong><br />

diese Annahme zu, im Alpen<strong>ra</strong>um<br />

wird MQ aber eher unterschätzt und<br />

β damit überschätzt. Nach Maniak<br />

(2005) haben Gebiete mit hohem Ausbaug<strong>ra</strong>d<br />

β > 0.1, wobei auch das mittlere<br />

innerjährliche Abflussverhalten<br />

sta<strong>rk</strong> beeinflusst wird. Somit kann<br />

der Speiche<strong>ra</strong>usbaug<strong>ra</strong>d auch zur<br />

Unterscheidung zwischen Speicher-<br />

(β > 0.1) und Laufk<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>en (β ≤ 0.1)<br />

dienen. Letzteren wurden die relativen<br />

Änderungen – mit gewi<strong>sse</strong>n Anpassungen<br />

ersichtlich in Bild 2 – der natürlichen<br />

Fliessgewä<strong>sse</strong>r aufget<strong>ra</strong>gen.<br />

Einteilung der Laufk<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>e nach<br />

Einzugsgebietsgrö<strong>sse</strong> (A > 2500 km 2 ),<br />

Bild 2. Entscheidungsbaum<br />

zur<br />

Zuordnung der<br />

relativen Änderungen<br />

für die<br />

Periode 2021–2050<br />

gegenüber der<br />

Referenzperiode<br />

(gem. Tabelle 1)<br />

auf die mittlere<br />

Produktionserwartung<br />

der einzelnen<br />

Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>e<br />

(aktueller Ausbaustand).<br />

Daneben<br />

ist angegeben, wie<br />

viele K<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>e<br />

den einzelnen<br />

Gruppen zugeordnet<br />

wurden (n) inkl.<br />

deren Anteil an der<br />

schweizerischen<br />

Produktionserwartung<br />

(Prod, %).<br />

K<strong>lima</strong>wandel & Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>


K<strong>lima</strong>wandel & Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong><br />

um die relativen Änderungen der natürlichen<br />

Abflussmengen aus «gro<strong>sse</strong>n<br />

und mittleren» oder «mittleren und kleinen»<br />

Einzugsgebieten vorzunehmen<br />

(vgl. Tabelle 1).<br />

3. Resultate<br />

3.1 Kombinierte Klassierung der<br />

Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>e und K<strong>lima</strong>änderungssignale<br />

Als Basis für die Hochrechnung diente die<br />

kombinierte Klassierung der Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>e<br />

und K<strong>lima</strong>änderungssignal-Regionen.<br />

Insgesamt wurden acht technische<br />

K<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>s-Kla<strong>sse</strong>n und acht K<strong>lima</strong>än-<br />

derungssignal-Regionen ausgeschieden<br />

(Bild 3). Es zeigt sich, dass das K<strong>lima</strong>änderungssignal<br />

auf der Alpennordseite sehr<br />

homogen ist (Kla<strong>sse</strong>n 1 und 5), hingegen<br />

im Alpen<strong>ra</strong>um eine deutliche Heterogenität<br />

gegeben ist. Die unterschiedlichen Kla<strong>sse</strong>n<br />

decken folgende Regionen ab: Kla<strong>sse</strong><br />

1 Ju<strong>ra</strong>bogen und nördliches Mittelland,<br />

2 inne<strong>ra</strong>lpine Täler, 3 Alpennordkamm, 4<br />

Südwallis, Gotthardgebiet und Engadin, 5<br />

Vo<strong>ra</strong>lpen, 6, 7 und 8 Tessin.<br />

Durch die Verschneidung der beiden<br />

Klassierungen entstanden schliesslich<br />

24 verschiedenen K<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>-K<strong>lima</strong>-Kla<strong>sse</strong>n<br />

(Tabelle 2). Diese unterscheiden sich<br />

in Bezug auf technisch-physiog<strong>ra</strong>phische<br />

Eigenscha<strong>ft</strong>en und zu erwartende K<strong>lima</strong>änderungssignale.<br />

Die generelle Beschreibung in Tabelle<br />

2 gibt grob an, welche K<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>e<br />

durch die jeweilige K<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>-K<strong>lima</strong>-<br />

Kla<strong>sse</strong> repräsentiert werden. Es ist ersichtlich,<br />

dass insbesondere grö<strong>sse</strong>re<br />

K<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>e eigene Gruppen bilden (z.B.<br />

Kla<strong>sse</strong> 55, 62, 64, 67, 72 und 84). Bet<strong>ra</strong>chtet<br />

man die Schweiz als Ganzes, so<br />

ergibt die Summe der genutzten Fläche<br />

aller Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>e rund 530 000 km 2 .<br />

Dies belegt eindrücklich die Mehrfachnutzung<br />

des Abflu<strong>sse</strong>s durch die Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong><br />

in der Schweiz.<br />

3.2 Hochrechnung auf die Schweiz<br />

Bild 3. Klassierung der (a) 283 K<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>e und (b) 158 Stationsstandorte (Punkte) in je acht Kla<strong>sse</strong>n. K<strong>lima</strong>änderungssignal-Regionen<br />

in (b): 1 Ju<strong>ra</strong>bogen und nördliches Mittelland, 2 inne<strong>ra</strong>lpine Täler, 3 Alpennordkamm, 4 Südwallis, Gotthardgebiet und Engadin,<br />

5 Vo<strong>ra</strong>lpen, 6, 7 und 8 Tessin.<br />

Tabelle 2. Statistik der K<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>-K<strong>lima</strong>-Kla<strong>sse</strong>n. Angegeben sind die Mittelwerte der einzelnen Variablen, welche für die technische<br />

Klassierung der Wa<strong>sse</strong>r k<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>e verwendet wurden (siehe Kap. 2.2.1 für E<strong>rk</strong>lärung der Abkürzungen). Wo als sinnvoll e<strong>ra</strong>chtet<br />

wurden für die Schweiz die Summen angegeben.<br />

304 «Wa<strong>sse</strong>r Energie Lu<strong>ft</strong>» – 103. Jahrgang, 2011, He<strong>ft</strong> 4, CH-5401 Baden


An jedem der 283 K<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>e aus der<br />

Datenbank HYDROGIS wurde der Entscheidungsbaum,<br />

dargestellt in Bild 2,<br />

angewandt um die relativen Änderungen<br />

2021–2050 auf de<strong>sse</strong>n mittlere Produktionserwartung<br />

aufzut<strong>ra</strong>gen. In Tabelle 3<br />

sind die aufsummierten Produktionserwartungen<br />

für 1980–2009 und 2021–2050<br />

pro K<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>-K<strong>lima</strong>-Kla<strong>sse</strong> dargestellt,<br />

inkl. den relativen Änderungen.<br />

Bet<strong>ra</strong>chtet man die projizierten<br />

Veränderungen in den mittleren jährlichen<br />

Produktionserwartungen für den Zeit<strong>ra</strong>um<br />

2021–2050 gegenüber den Verhältni<strong>sse</strong>n<br />

1980–2009, wird in den meisten Fällen von<br />

einer leichten Zunahme der Stromproduktion<br />

durch die Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong> ausgegangen<br />

(optimistischer Fall). Bei den K<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>en<br />

Tabelle 3. Veränderung der mittleren Produktionserwartung für die Periode 2021–2050 nach K<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>-K<strong>lima</strong>-Kla<strong>sse</strong> (aufsummiert).<br />

E<strong>rk</strong>lärung für «Optimistisch» und «Pessimistisch» siehe Bild 2.<br />

«Wa<strong>sse</strong>r Energie Lu<strong>ft</strong>» – 103. Jahrgang, 2011, He<strong>ft</strong> 4, CH-5401 Baden 305<br />

K<strong>lima</strong>wandel & Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>


K<strong>lima</strong>wandel & Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong><br />

im Tessin wird mehrheitlich mit einer leichten<br />

Abnahme der Produktion gerechnet<br />

(18, 27, 67). Auf die Schweiz hochgerechnet<br />

ergibt sich eine leicht positive mittlere<br />

Produktionserwartung für die Periode<br />

2021–2050 zwischen 0.9% (pessimistisch)<br />

und 1.9% (optimistisch). Die Anteile der jeweiligen<br />

K<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>-K<strong>lima</strong>-Kla<strong>sse</strong>n an der<br />

gesamtschweizerischen Stromproduktion<br />

ändern sich nicht massgeblich.<br />

Interessant sind die Veränderungen<br />

im Sommer- und Winterhalbjahr:<br />

Die sommerlichen Produktionserwartungen<br />

nehmen bei den meisten Kla<strong>sse</strong>n<br />

ab (mehrheitlich zwischen –3 und –10%).<br />

Abnahmen betreffen K<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>e ähnlich<br />

der Fallstudie Mattma<strong>rk</strong> (Kla<strong>sse</strong> 34), Laufk<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>e<br />

an grö<strong>sse</strong>ren Flussgebieten<br />

(41, 51, 52, 54, 55), das K<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong> Officine<br />

Idroelettriche di Blenio (67), sowie die<br />

K<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>e Oberhasli (72) und G<strong>ra</strong>nde Dixence<br />

(84). Im pessimistischen Fall sind die<br />

sommerlichen Abnahmen bei den meisten<br />

K<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>-K<strong>lima</strong>-Kla<strong>sse</strong>n deutlicher. Auf<br />

die Schweiz hochgerechnet beträgt die<br />

Abnahme in der mittleren Produktionserwartung<br />

im Sommer zwischen 4.4% (optimistisch)<br />

und 6.3% (pessimistisch) gegenüber<br />

dem aktuellen Ausbaustand.<br />

Für Winter wird bei den meisten<br />

K<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>en eine Zunahme der mittleren<br />

Produktionserwartung für die Periode<br />

2021–2050 erwartet. Die Zunahmen bewegen<br />

sich zwischen 2 und 26%. Einzig<br />

bei zwei K<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>en im Südtessin (Kla<strong>sse</strong><br />

18) muss mit Abnahmen um 5% gerechnet<br />

werden. Auf die Schweiz hochgerechnet<br />

ergibt sich eine projizierte Zunahme der<br />

Energieproduktion im Winter um 10.1%.<br />

4. Diskussion<br />

Die Projektionen für 2021–2050 zeigen,<br />

dass die mittleren jährlichen Produktionserwartungen<br />

nicht wesentlich verschieden<br />

sein werden im Vergleich zu den Verhältni<strong>sse</strong>n<br />

1980–2009. Im Allgemeinen kann<br />

davon ausgegangen werden, dass es zu<br />

einer saisonalen Verschiebung des Wa<strong>sse</strong><strong>ra</strong>ngebots<br />

vom Sommer- ins Winterhalbjahr<br />

kommt. Bet<strong>ra</strong>chtet man lediglich<br />

die projizierten Veränderungen bei den<br />

natürlichen Abflü<strong>sse</strong>n, kann die saisonale<br />

Verschiebung vor allem bei (hoch-)alpinen<br />

Gewä<strong>sse</strong>rn festgestellt werden. Nach<br />

Hänggi et al. (2011a) sind jene Gewä<strong>sse</strong>r<br />

besonders von der K<strong>lima</strong>änderung betroffen,<br />

deren Abflussmengen massgeblich<br />

durch die Gletscher- und/oder Schneeschmelze<br />

beeinflusst sind. Gewä<strong>sse</strong>rn<br />

in tieferen Lagen im Mittelland, in denen<br />

der Niederschlag das Abflussgeschehen<br />

dominiert, sind weniger anfällig auf die<br />

K<strong>lima</strong>änderung. In diesen Regionen bleiben,<br />

selbst bei einem sta<strong>rk</strong>en Anstieg der<br />

Verdunstungs<strong>ra</strong>ten, auch in der Periode<br />

2021–2050 die Niederschlagsmengen<br />

von grö<strong>sse</strong>rer Bedeutung. Über einen längeren<br />

Zeit<strong>ra</strong>um hinaus, z.B. bis zur Periode<br />

2070–2099, gelten die oben beschriebenen<br />

Aussagen nicht. Modellrechnungen<br />

zeigen, dass aus vergletscherten Gebieten<br />

die Abflussmengen signifikant abnehmen<br />

werden, einhergehend mit dem Rückzug<br />

der Gletscher bis Ende des Jahrhunderts<br />

(Paul et al., 2011; Bauder und Farinotti,<br />

2011) und einer Abnahme der sommerlichen<br />

Niederschlagsmengen (Bosshard et<br />

al., 2011a). Zudem wird davon ausgegangen,<br />

dass durch die ansteigenden Tempe<strong>ra</strong>turen<br />

die Verdunstungs<strong>ra</strong>ten noch<br />

stä<strong>rk</strong>er zunehmen werden, und somit das<br />

Wa<strong>sse</strong><strong>ra</strong>ngebot weiter vermindert wird,<br />

insbesondere in den Sommermonaten.<br />

Für die Schweiz wurden die Auswi<strong>rk</strong>ungen<br />

der K<strong>lima</strong>änderung auf die<br />

Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>nutzung vom Bundesamt für<br />

Energie für die Studie Energieperspektiven<br />

2035 (BFE, 2007) abgeschätzt. Diese<br />

Abschätzungen wurden ebenfalls in einer<br />

Untersuchung der beiden Bundesämter<br />

für Umwelt und Energie zu den Auswi<strong>rk</strong>ungen<br />

der K<strong>lima</strong>änderung auf die schweizerische<br />

Volkswirtscha<strong>ft</strong> aufgenommen<br />

(BAFU/BFE, 2007). Über das Jahr gesehen<br />

gehen die Studien davon aus, dass<br />

die schweizerische Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong> bis 2035<br />

k<strong>lima</strong>bedingt im Mittel mit Produktionseinbu<strong>sse</strong>n<br />

um rund 7% rechnen muss. Der<br />

projizierte Verlust basiert dabei auf einer<br />

Untersuchung, in welcher die natürlichen<br />

Abflussmengen aus elf alpinen Einzugsgebieten<br />

für die Periode 2020–2049 abgeschätzt<br />

wurden (Horton et al., 2005).<br />

Als Antrieb für das hydrologische Modell<br />

dienten K<strong>lima</strong>projektionen aus dem EU-<br />

Projekt PRUDENCE (Christensen et al.,<br />

2002), welche geltend für den Zeit<strong>ra</strong>um<br />

2070–2099 auf den Zeit<strong>ra</strong>um 2020–2049<br />

zurückskaliert wurden. Die Resultate zeigen<br />

einerseits signifikante Abnahmen in<br />

den Jahresabflussmengen, andererseits<br />

erwartet man höhere Abflussmengen im<br />

Winter und tiefere im Sommer, resultierend<br />

in ausgeglichenen Abflussregimes.<br />

Die Resultate der Fallstudien des Projektes<br />

K<strong>lima</strong>änderung und Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>nutzung<br />

(SGHL und CHy, 2011) zeigen aber, dass<br />

eine Hochrechnung auf die Schweiz basierend<br />

allein auf Projektionen natürlicher<br />

Abflussmengen problematisch ist, da die<br />

natürlich anfallende Wa<strong>sse</strong>rmenge nicht<br />

zwingend der für die Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong> nutzbaren<br />

Menge entspricht. So muss auch zu<br />

den beiden oben genannten Studien BFE<br />

(2007) und BAFU/BFE (2007) erwähnt werden,<br />

dass rund 65% aller Einzugsgebiete<br />

der schweizerischen Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>e<br />

einen alpinen oder gar hochalpinen Cha<strong>ra</strong>kter<br />

aufweisen (BFE, 2011).<br />

Die hier dargestellte Hochrechnung<br />

einzelner Studienresultate auf die<br />

Schweiz berücksichtigt neben den Veränderungen<br />

in den natürlichen Abflussmengen<br />

auch die technische Auslegung der<br />

Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>anlagen, die Unterscheidung<br />

zwischen Lauf- und Speiche<strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>en<br />

und die Grö<strong>sse</strong> der Einzugsgebiete der<br />

einzelnen Anlagen. Die Hochrechnung ist<br />

somit robuster in Bezug auf die projizierten<br />

Veränderungen. Eine detailliertere Hochrechnung<br />

wäre möglich, wenn zusätzlich<br />

der Fokus auf diejenigen K<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>-K<strong>lima</strong>-<br />

Kla<strong>sse</strong>n gelegt würde, welche überdurchschnittlich<br />

zur schweizerischen Stromproduktion<br />

aus Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong> beit<strong>ra</strong>gen. Dies<br />

wären die Kla<strong>sse</strong>n 23 (K<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>e im Glarnerland,<br />

6.6%), 24 (K<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>e Südwallis,<br />

Gotthardgebiet und Engadin, 13.5%), 41<br />

(K<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>e am Rhein von Birsfelden bis<br />

Rekingen, 10.9%), 51 (K<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>e an der<br />

Aare, 5.0%), 62 (K<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>e Vorder- und<br />

Hinterrhein, 6.4%), 64 (Emosson, Maggia,<br />

Engadiner K<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>e und Mauvoisin,<br />

12.1%) und 72 (K<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>e Oberhasli,<br />

4.5%). Die sieben genannten K<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>-<br />

K<strong>lima</strong>-Kla<strong>sse</strong>n decken rund 60% der<br />

gesamtschweizerischen Stromproduktion<br />

ab. Des Weiteren würden detaillierte<br />

Studien bei K<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>en im Tessin einen<br />

Mehrwert erbringen, da für diesen Teil der<br />

Schweiz keine Fallstudie durchgeführt<br />

wurde. Die bestehenden Abschätzungen<br />

der Veränderungen für die Alpensüdseite<br />

basieren mehrheitlich auf den projizierten<br />

Veränderungen in den natürlichen Abflussmengen,<br />

wobei eine leichte Abnahme der<br />

Stromproduktion erwartet wird.<br />

Eine österreichisch Studie kommt<br />

zu ähnlichen Ergebni<strong>sse</strong>n wie hier vorgestellt<br />

(Schöner et al., 2011). Demnach ändert<br />

sich das jährliche theoretische Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>potenzial<br />

2021–2050 im Vergleich<br />

zu 1976–2006 im Nachbarland nicht wesentlich.<br />

Für Winter wird eine Zunahme um<br />

rund 20% projiziert, für Sommer eine Abnahme<br />

zwischen 10 und 20%. Für ausgewählte<br />

Donauk<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>e wird eine leichte<br />

Zunahme in der Jahresproduktion zwischen<br />

0.5 und 2.5% erwartet (2021–2050<br />

im Vergleich zu 1976–2006).<br />

5. Schlussfolgerungen<br />

Um die Auswi<strong>rk</strong>ungen der K<strong>lima</strong>änderung<br />

auf die Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>nutzung abzuschätzen,<br />

mü<strong>sse</strong>n neben den Veränderungen in<br />

den natürlichen Abflussmengen auch die<br />

306 «Wa<strong>sse</strong>r Energie Lu<strong>ft</strong>» – 103. Jahrgang, 2011, He<strong>ft</strong> 4, CH-5401 Baden


technischen Kenngrö<strong>sse</strong>n der K<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>e<br />

berücksichtigt werden. Mit Hilfe der Datenbank<br />

HYDROGIS (Balmer, 2011) wurden<br />

hier die Resultate aus dem Projekt K<strong>lima</strong>änderung<br />

und Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>nutzung (SGHL<br />

und CHy, 2011) auf die Schweiz hochgerechnet.<br />

Im Vergleich zu früheren Studien<br />

projizieren die Resultate der robusteren<br />

Hochrechnung für die gesamte Schweiz<br />

folgende Veränderungen in den mittleren<br />

Produktionserwartungen 2021–2050 gegenüber<br />

den Verhältni<strong>sse</strong>n 1980–2009:<br />

Winterproduktion (Oktober–April):<br />

+10.1%<br />

Sommerproduktion (Mai–September):<br />

–4.4 bis –6.3%<br />

Jahresproduktion (Oktober–September):<br />

+0.9 bis +1.9%<br />

Aus regionaler Sicht muss im Tessin<br />

mit leichten Produktionseinbu<strong>sse</strong>n bei<br />

den Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>en gerechnet werden.<br />

Weitere detaillierte Untersuchungen<br />

zu den Auswi<strong>rk</strong>ungen der K<strong>lima</strong>änderung<br />

auf die Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>nutzung sind vor allem<br />

bei denjenigen Anlagen wichtig, welche<br />

überdurchschnittlich zur Gesamtproduktion<br />

beit<strong>ra</strong>gen.<br />

Danksagung<br />

Die Studie ist Teil des Projektes K<strong>lima</strong>änderung<br />

und Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>nutzung in der Schweiz des<br />

Netzwe<strong>rk</strong>s Wa<strong>sse</strong>r im Berggebiet, finanziert von<br />

Swi<strong>sse</strong>lectric Research und dem Bundesamt für<br />

Energie (SGHL und CHy, 2011).<br />

Lite<strong>ra</strong>tur<br />

BAFU/BFE 2007: Auswi<strong>rk</strong>ungen der K<strong>lima</strong>änderung<br />

auf die Schweizer Volkswirtscha<strong>ft</strong> (nationale<br />

Einflü<strong>sse</strong>). Bundesamt für Umwelt BAFU<br />

und Bundesamt für Energie BFE. Bern.<br />

Bahrenberg, G., Giese, E. und Nipper, J. 2003:<br />

Multivariate Statistik. Stuttgart: Bornt<strong>ra</strong>eger<br />

Studienbücher der Geog<strong>ra</strong>phie, Bd. 2, Ed. 2,<br />

Nachdr.<br />

Balmer, M. 2011 (Fertigstellung Dez. 2011):<br />

Nachhaltigkeitsbezogene Typologisierung der<br />

schweizerischen Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>anlagen – GIS-basierte<br />

Cluste<strong>ra</strong>nalyse und Anwendung in einem<br />

Erfahrungskurvenmodell. Di<strong>sse</strong>rtation der ETH<br />

Zürich.<br />

Bauder, A. und Farinotti, D. 2011: Veränderungen<br />

der Gletscher und ihrer Abflü<strong>sse</strong> – Fallstudien<br />

Gorner und Mattma<strong>rk</strong>. Fachbericht für<br />

die Synthese des Projektes K<strong>lima</strong>änderung und<br />

Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>nutzung. Bern.<br />

Begert, M. 2008: Die Repräsentativität der Stationen<br />

im Swiss National Basic C<strong>lima</strong>tological<br />

Netwo<strong>rk</strong> (Swiss NBCN). Arbeitsberichte der MeteoSchweiz,<br />

217. Zürich.<br />

Bernhard, L. et al. 2011: K<strong>lima</strong>änderung und natürlicher<br />

Wa<strong>sse</strong>rhaushalt des Alpenrheins und<br />

der Engadin. Technical report zum Adapt Alp<br />

WP4 Water Regime.<br />

BFE 2007: Die Energieperspektiven 2035 –<br />

Band 1: Synthese. Bundesamt für Energie BFE.<br />

Bern.<br />

BFE 2011: Schweizerische Elektrizitätsstatistik<br />

2010. Bundesamt für Energie BFE, Bern.<br />

BFE 2011b: Statistik der Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>anlagen<br />

der Schweiz. Bundesamt für Energie BFE,<br />

Bern.<br />

BFS 1997: Arealstatistik der Schweiz 1992/97.<br />

Bundesamt für Statistik BFS, Bern.<br />

Bosshard, T. et al. 2011a: Spect<strong>ra</strong>l representation<br />

of the annual cycle in the c<strong>lima</strong>te change signal,<br />

Hydrol. Earth Syst. Sci. Discuss., 8, 1161–<br />

1192, doi:10.5194/hessd-8-1161-2011<br />

Bosshard, T. 2011b: Hydrological c<strong>lima</strong>te-impact<br />

modelling in the Rhine catchment down to<br />

Cologne. Di<strong>sse</strong>rtation ETH Zürich.<br />

Christensen, J. H., Carter, T. R. und Giorgi, F.<br />

2002: PRUDENCE employs new methods to a<strong>sse</strong>ss<br />

European C<strong>lima</strong>te Change. In: EOS T<strong>ra</strong>nsactions<br />

American Geophysical Union 82.13, S.<br />

147. doi: 10.1029/2002EO000094.<br />

Hänggi, P. et al. 2011b: Einfluss der K<strong>lima</strong>änderung<br />

auf die Stromproduktion der Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>e<br />

im Prättigau 2021–2050. Fachbericht für<br />

die Synthese des Projektes K<strong>lima</strong>änderung und<br />

Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>nutzung.<br />

Hänggi, P. et al. 2011c: Einfluss der K<strong>lima</strong>änderung<br />

auf die Stromproduktion des Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>s<br />

Löntsch 2021–2050. Fachbericht für<br />

die Synthese des Projektes K<strong>lima</strong>änderung und<br />

Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>nutzung.<br />

Hänggi, P., Bosshard, T. und Weingartner, R.<br />

2011a: Swiss discharge regimes in a changing<br />

c<strong>lima</strong>te. In: Auswi<strong>rk</strong>ungen der hydrok<strong>lima</strong>tischen<br />

Variabilität auf die Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>nutzung<br />

in der Schweiz. Di<strong>sse</strong>rtation von P. Hänggi.<br />

Bern: Geog<strong>ra</strong>phisches Institut der Universität<br />

Bern.<br />

Horton, P. et al. 2005: Prediction of c<strong>lima</strong>te<br />

change impacts on Alpine discharge regimes<br />

under A2 and B2 SRES emission scenarios for<br />

two future time periods. Bern: Bundesamt für<br />

Energie BFE.<br />

Linden v. d., P. und Mitchell, J. F. B. 2009: EN-<br />

SEMBLES: C<strong>lima</strong>te Change and its Impacts:<br />

Summary of research and results from the EN-<br />

SEMBLES project. Met Office Hadley Centre,<br />

Fitzroy Road, Exeter EX1 3PB, UK.<br />

Maniak, U. 2005: Hydrologie und Wa<strong>sse</strong>rwirtscha<strong>ft</strong>.<br />

Eine Einführung für Ingenieure. 5., bearbeitete<br />

und erweiterte Auflage. Berlin, Heidelberg:<br />

Springer-Verlag.<br />

Paul, F., Linsbauer, A. und Haeberli, W. 2011:<br />

Grossräumige Modellierung von Schwundszenarien<br />

für alle Schweizer Gletscher. Fachbericht<br />

für die Synthese des Projektes K<strong>lima</strong>änderung<br />

und Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>nutzung. Bern.<br />

P<strong>ra</strong>long, M. et al. 2011: K<strong>lima</strong>änderung und<br />

Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>-Fallstudie Mattma<strong>rk</strong> AG. Fachbe-<br />

richt für die Synthese des Projektes K<strong>lima</strong>änderung<br />

und Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>nutzung.<br />

Schöner, W. et al. 2011: Anpassungsst<strong>ra</strong>tegien<br />

an den K<strong>lima</strong>wandel für Österreichs Wa<strong>sse</strong>rwirtscha<strong>ft</strong>.<br />

Hrsg. vom Bundesministerium für<br />

Land- und Forstwirtscha<strong>ft</strong>, Umwelt und Wa<strong>sse</strong>rwirtscha<strong>ft</strong>.<br />

Wien.<br />

Sevruk, B. und Kirchhofer, W. 1992: Mittlere<br />

jährliche korrigierte Niederschlagshöhen 1951–<br />

1980. Hydrologischer Atlas der Schweiz, Tafel<br />

2.2. Bundesamt für Umwelt BAFU, Bern.<br />

SGHL und CHy 2011: Auswi<strong>rk</strong>ungen der K<strong>lima</strong>änderung<br />

auf die Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>nutzung-Sythesebericht.<br />

Hrsg. von Schweizerische Gesellscha<strong>ft</strong><br />

für Hydrologie und Limnologie (SGHL) und<br />

Schweizerische Hydrologische Kommission<br />

(CHy). In: Beiträge zur Hydrologie der Schweiz<br />

Nr. 38. Bern.<br />

Stähli, M. et al. 2011: K<strong>lima</strong>änderung und Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong><br />

– Fallstudie K<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>e Oberhasli AG.<br />

Fachbericht für die Synthese des Projektes K<strong>lima</strong>änderung<br />

und Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>nutzung.<br />

Swisstopo 2011: Digitales Höhenmodell 25 m<br />

DHM25. Bundesamt für Landestopog<strong>ra</strong>fie<br />

swisstopo, Bern.<br />

Wilks, D. S. 2006: Statistical methods in the atmospheric<br />

sciences. 2nd ed. Elsevier, Amsterdam.<br />

Anschri<strong>ft</strong> der Verfa<strong>sse</strong>r<br />

Pascal Hänggi1 , Rolf Weingartner1 , Ma<strong>rk</strong>us Bal-<br />

«Wa<strong>sse</strong>r Energie Lu<strong>ft</strong>» – 103. Jahrgang, 2011, He<strong>ft</strong> 4, CH-5401 Baden 307<br />

mer 2<br />

1<br />

Geog<strong>ra</strong>phisches Institut und Oeschger-<br />

Zentrum für K<strong>lima</strong>forschung, Universität<br />

Bern, CH-3000 Bern<br />

2 BKW FMB Energie AG, Viktoriaplatz 2<br />

CH-3000 Bern<br />

K<strong>lima</strong>wandel & Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>


K<strong>lima</strong>wandel & Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong><br />

K<strong>lima</strong>wandel: Handlungsbedarf für die<br />

schweizerischen Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>betreiber?<br />

Daniel Spreng<br />

Zusammenfassung<br />

Mehrere schweizerische Forschungsinstitute 1 haben sich zusammengefunden, um<br />

im Projekt «K<strong>lima</strong>änderung und Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>nutzung» 2 den neuesten Stand des Wi<strong>sse</strong>ns<br />

bezüglich des Einflu<strong>sse</strong>s des K<strong>lima</strong>wandels auf die Zuflü<strong>sse</strong> der Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>e<br />

zu e<strong>ra</strong>rbeiten und Hinweise zu geben, wie sich die Veränderungen auf den<br />

Betrieb der Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>e auswi<strong>rk</strong>en könnten. Im vorliegenden Beit<strong>ra</strong>g soll dieser<br />

Stand des Wi<strong>sse</strong>ns aus der Perspektive der Energiewirtscha<strong>ft</strong> dargestellt und de<strong>sse</strong>n<br />

Bedeutung für die Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>betreiber erläutert werden.<br />

1. Veränderungen des<br />

schweizerischen K<strong>lima</strong>s<br />

Die Zunahme der CO 2-Konzent<strong>ra</strong>tion in<br />

der Erdatmosphäre ist nun über 50 Jahre<br />

durch Messungen belegt worden. Die geme<strong>sse</strong>ne<br />

Zunahme entspricht ungefähr<br />

der halben Menge, welche die Menschheit<br />

emittiert, die andere Häl<strong>ft</strong>e wird von<br />

den Weltmeeren absorbiert. Dass diese<br />

Zunahme die Erde vermehrt zu einem<br />

Treibhaus macht ist eine physikalische Tatsache.<br />

Die K<strong>lima</strong>änderungen, die aufgrund<br />

der Zunahme der treibhausrelevanten<br />

Gase und Partikel (CO 2 ist die wichtigste<br />

Komponente) erfolgen, sind messbar und<br />

es kann mit an die Sicherheit grenzender<br />

Wahrscheinlichkeit vo<strong>ra</strong>usgesagt werden,<br />

dass sich diese Veränderungen in Zukun<strong>ft</strong><br />

mit steigender Geschwindigkeit fortsetzen<br />

werden.<br />

Insbesondere kann mit hoher-<br />

Wahrscheinlichkeit vo<strong>ra</strong>usgesagt werden,<br />

dass die Tempe<strong>ra</strong>tur längerfristig<br />

global weiter zunehmen wird. Andererseits<br />

weiss man sehr wenig, wie sich der<br />

K<strong>lima</strong>wandel von Jahr zu Jahr und an<br />

bestimmten geog<strong>ra</strong>phischen Orten auswi<strong>rk</strong>t.<br />

Dem langfristigen Trend überlagern<br />

sich Schwankungen von Jahr zu Jahr, die<br />

örtlich meist grö<strong>sse</strong>r sind als im globalen<br />

Durchschnitt.<br />

Von den gro<strong>sse</strong>n K<strong>lima</strong>modellen<br />

weiss man heute, dass die tendenzielle<br />

Tempe<strong>ra</strong>turerhöhung (d.h., z.B. die Tempe<strong>ra</strong>turerhöhung<br />

von Jahrzehnt zu Jahrzehnt)<br />

nicht übe<strong>ra</strong>ll auf der Erde gleich<br />

gross sein wird. Im westlichen Europa<br />

entspricht die prognostizierte Tempe<strong>ra</strong>turerhöhung<br />

etwa der mittleren globalen<br />

Tempe<strong>ra</strong>turerhöhung, wobei in den Alpen<br />

mit einer etwas grö<strong>sse</strong>ren Tempe<strong>ra</strong>turerhöhung<br />

gerechnet werden muss. Unter<br />

der Vo<strong>ra</strong>u<strong>sse</strong>tzung einer erfolgreichen,<br />

aber nicht d<strong>ra</strong>konischen K<strong>lima</strong>politik (sog.<br />

Szenario A1B) ist dies eine Tempe<strong>ra</strong>turerhöhung<br />

von etwa 0.03°C pro Jahr, die<br />

sich den anderen (jährlichen, saisonalen,<br />

tageszeitlichen,…) Schwankungen überlagert.<br />

Im Projekt «K<strong>lima</strong>änderung und<br />

Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>nutzung» wurden nun vom Institut<br />

für Atmosphäre und K<strong>lima</strong> der ETH<br />

Zürich die Tempe<strong>ra</strong>turveränderungen für<br />

viele Wetterstationen der Schweiz berechnet<br />

und zwar für die Zeitperioden<br />

2021–2050 und 2070–2099. Für das erwähnte<br />

Szenario sind die Tempe<strong>ra</strong>turzunahmen<br />

immer positiv: in der näheren<br />

Bild 1. Vo<strong>ra</strong>usberechnete Erwärmung der Erdoberfläche für das Ende des Jahrhunderts<br />

(2090–2099). Das gewählte Szenario ist das sog. A1B-Szenario. Tempe<strong>ra</strong>turveränderungen<br />

beziehen sich auf die Zeitperiode 1980–1999. Quelle: IPCC 2007, 4.<br />

Bericht (Synthesis).<br />

1 Gruppe Hydrologie des Geog<strong>ra</strong>phischen Instituts der Universität Bern, Institut für Atmosphäre und K<strong>lima</strong> der ETH Zürich, Geog<strong>ra</strong>phisches Institut<br />

der Universität Zürich, Versuchsanstalt für Wa<strong>sse</strong>rbau, Hydrologie und Glaziologie der ETH Zürich und die Forschungsanstalt für Wald, Schnee<br />

und Landscha<strong>ft</strong> des ETH Bereichs.<br />

2<br />

http://www.hydrologie.unibe.ch/projekte/ccwa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>.html<br />

308 «Wa<strong>sse</strong>r Energie Lu<strong>ft</strong>» – 103. Jahrgang, 2011, He<strong>ft</strong> 4, CH-5401 Baden


Bild 2. Vo<strong>ra</strong>usberechnete Veränderungen der Niederschlagsmengen für das Ende des Jahrhunderts (2080–2099). Das gewählte<br />

Szenario ist das sog. A1B-Szenario. Die Veränderungen beziehen sich auf die Zeitperiode 1980–1999. Quelle: IPCC 2007, 4. Bericht<br />

(The Physical Science Basis, Summary for Policy Makers).<br />

Zukun<strong>ft</strong> (2021–2050) um die +1.5°C (gegenüber<br />

der Kontrollperiode 1980–2009),<br />

in der ferneren Zukun<strong>ft</strong> (2070–2099) +3.0<br />

bis 4.5°C.<br />

Die saisonalen Unterschiede dieser<br />

Veränderungen wurden ebenfalls berechnet,<br />

diese detaillierten Resultate sind<br />

jedoch mit grö<strong>sse</strong>ren Unsicherheiten beha<strong>ft</strong>et.<br />

Wichtiger für Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>betreiber,<br />

aber leider viel unsicherer, sind<br />

Vo<strong>ra</strong>ussagen über die k<strong>lima</strong>bedingten Veränderungen<br />

der Niederschläge. Der Treibhauseffekt<br />

bewi<strong>rk</strong>t nicht nur eine Zunahme<br />

der Tempe<strong>ra</strong>tur, sondern allgemein wird<br />

mehr Energie, die von der Sonne auf die<br />

Erde gest<strong>ra</strong>hlt wird, im K<strong>lima</strong>system zurückgehalten.<br />

Dadurch ergibt sich eine Beschleunigung<br />

des Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong>reislaufs: mehr<br />

Verdunstung, mehr Niederschläge. Der<br />

gasförmige Wa<strong>sse</strong>rgehalt der wärmeren<br />

Lu<strong>ft</strong> kann aber auch höher sein und über<br />

weite Strecken t<strong>ra</strong>nsportiert werden bevor<br />

er kondensiert und Niederschläge verursacht.<br />

Wo und wann die Niederschläge<br />

zunehmen werden, ist deshalb nicht einfach<br />

zu berechnen. Gemäss den heutigen<br />

gro<strong>sse</strong>n K<strong>lima</strong>modellen werden die Niederschläge<br />

nördlich der Alpen zunehmen<br />

und südlich der Alpen abnehmen. Prognosen<br />

für einzelne Alpentäler sind entsprechend<br />

mit noch grö<strong>sse</strong>ren Unsicherheiten<br />

beha<strong>ft</strong>et.<br />

Die im Rahmen des Projekts «K<strong>lima</strong>änderung<br />

und Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>nutzung»<br />

gesichteten, neusten Berechnungen von<br />

10 Modellketten führen teilweise zu sich<br />

widersprechenden Resultaten, bezüglich<br />

der saisonalen Niederschlagsveränderungen<br />

im Alpen<strong>ra</strong>um. Wie die globalen<br />

Modelle, in Bild 2, prognostiziert auch<br />

eine Mehrzahl der regionalen Modelle<br />

Niederschlagsabnahmen während den<br />

Sommermonaten. Für die fernere Zukun<strong>ft</strong><br />

wird dabei ein durchschnittlicher Wert<br />

von –15% prognostiziert. Für den Win-<br />

ter wird auf der Alpennordseite eher mit<br />

Niederschlagszunahmen gerechnet. Für<br />

den Jahresdurchschnitt wird die Niederschlagsmenge,<br />

wie erwähnt, leicht höher<br />

erwartet. Dies alles bezieht sich aber auch<br />

wieder nur auf das Szenario A1B.<br />

Die erwähnte erhöhte Verdampfungsenergie<br />

führt auch dazu, dass die<br />

Niederschläge, ob erhöht oder nicht,<br />

schneller wieder verdampfen und deshalb<br />

in geringerem Mass die Gewä<strong>sse</strong>r alimentieren.<br />

Dies wird bei der Abschätzung der<br />

veränderten Zuflü<strong>sse</strong> zu bedenken sein.<br />

2. Abschmelzen der Gletscher<br />

Die Veränderungen der Gletscher sind<br />

viel be<strong>sse</strong>r vo<strong>ra</strong>ussagbar als die Niederschläge.<br />

Sowohl der Mengentrend der Abschmelzung,<br />

als auch der Trend bezüglich<br />

des Einsetzens der Gletscherschmelze<br />

im Frühjahr sind mit gro<strong>sse</strong>r Sicherheit<br />

vo<strong>ra</strong>ussagbar, denn beides ist in erster<br />

Linie vom langfristigen Trend der Tem-<br />

«Wa<strong>sse</strong>r Energie Lu<strong>ft</strong>» – 103. Jahrgang, 2011, He<strong>ft</strong> 4, CH-5401 Baden 309<br />

K<strong>lima</strong>wandel & Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>


K<strong>lima</strong>wandel & Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong><br />

pe<strong>ra</strong>turzunahme abhängig. Letzterer ist<br />

unter Vo<strong>ra</strong>u<strong>sse</strong>tzung einer bestimmten<br />

Entwicklung der CO 2-Emissionen gut prognostizierbar.<br />

Ein gut prognostizierbarer<br />

Trend darf allerdings nicht mit einem gut<br />

prognostizierbaren Ereignis in einem bestimmten<br />

Jahr verwechselt werden. Auch<br />

ist natürlich das Wachstum der Gletscher<br />

im Winter von den nur ungenau vo<strong>ra</strong>ussagbaren<br />

Niederschlägen abhängig, doch<br />

das Abschmelzen kann man sich als langsamen<br />

Prozess vorstellen, der dem sich<br />

verändernden K<strong>lima</strong> mehrere Jahre nachhinkt<br />

und demzufolge relativ ausgeglichen<br />

abläu<strong>ft</strong>.<br />

Zwei Institute haben sich im Rahmen<br />

des Projektes «K<strong>lima</strong>änderung und<br />

Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>nutzung» mit den Gletschern<br />

befasst, das Geog<strong>ra</strong>phische Institut der<br />

Universität Zürich und Versuchsanstalt<br />

für Wa<strong>sse</strong>rbau (VAW) der ETH Zürich. Es<br />

dür<strong>ft</strong>e sich für den Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>betreiber<br />

lohnen, sich mit diesem Thema genauer<br />

zu befa<strong>sse</strong>n, wenn für ihn vergletscherte<br />

Einzugsgebiete eine Rolle spielen.<br />

In sta<strong>rk</strong> vergletscherten Einzugsgebieten<br />

können durch das Abschmelzen der Gletscher<br />

schon heute die Abflü<strong>sse</strong> Jahr für<br />

Jahr grö<strong>sse</strong>r sein als die Niederschläge.<br />

In ein paar Jahrzehnten wird jedoch eine<br />

Trendumkehr eintreten und die Abflü<strong>sse</strong><br />

werden langfristig, bei weggeschmolzenen<br />

Gletschern und erhöhter Evapot<strong>ra</strong>nspi<strong>ra</strong>tion,<br />

im Mittel geringer als die Niederschläge<br />

sein.<br />

Wie im Bericht der VAW dargestellt<br />

wird, ist z.B. der durchschnittliche Zufluss<br />

zu der 2007 m ü.M. gelegenen Fassung<br />

des zu 70% vergletscherten, 81 km 2 gro<strong>sse</strong>n<br />

Einzugsgebiet Gorner, heute schon<br />

rund 50% höher als der Durchschnitt des<br />

letzten Jahrhunderts. Bis 2040 wird der<br />

durchschnittliche Zufluss vielleicht nochmals<br />

20% zunehmen, dann aber vor Ende<br />

des Jahrhunderts unter den Durchschnitt<br />

des vergangenen Jahrhunderts absinken.<br />

Dieses Beispiel kann nicht auf andere vergletscherte<br />

Einzugsgebiete eins zu eins<br />

übert<strong>ra</strong>gen werden, wichtig sind neben<br />

dem Vergletscherungsg<strong>ra</strong>d u.a. die Höhe<br />

des Einzugsgebietes, die zu erwartenden<br />

Niederschlagsveränderungen und, wegen<br />

der Evapot<strong>ra</strong>nspi<strong>ra</strong>tion, die Bodenbeschaffenheit<br />

der nicht vergletscherten<br />

Flächen.<br />

Für die Stromproduktion der ganzen<br />

Schweiz halten sich die Auswi<strong>rk</strong>ungen<br />

des Abschmelzens der Gletscher in Grenzen.<br />

Insgesamt hatte es im Jahr 1999 noch<br />

rund 60 km 3 Eis in den Gletschern der<br />

Schweiz, was etwa 55 km 3 Wa<strong>sse</strong>r entspricht.<br />

Wenn wir annehmen es b<strong>ra</strong>uche<br />

wenigstens 100 Jahre bis die Gletscher<br />

geschmolzen sind, dann stehen während<br />

dieser Abschmelzphase, in der wir schon<br />

drin sind, theoretisch jährlich rund 0.5 km 3<br />

mehr Wa<strong>sse</strong>r zur Verfügung. Dies ist, im<br />

Vergleich zu den 60 km 3 Niederschlägen,<br />

die jährlich auf die Schweiz fallen und von<br />

denen etwa ein Drittel genutzt wird, nicht<br />

besonders viel.<br />

Von potenziellem Intere<strong>sse</strong> ist auch<br />

der Umstand, dass die sich zurückziehenden<br />

Gletscher z.T. Seen von beachtlicher<br />

Grö<strong>sse</strong> zurück la<strong>sse</strong>n (siehe Studie<br />

des Geog<strong>ra</strong>phischen Instituts der Universität<br />

Zürich im Projekt «K<strong>lima</strong>änderung und<br />

Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>nutzung»). Diese Seen können<br />

für die Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>nutzung allenfalls von<br />

Intere<strong>sse</strong> werden. Zudem werden auch<br />

höher gelegene Fassungen das Potenzial<br />

der Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>nutzung vergrö<strong>sse</strong>rn. Dies<br />

könnte für hoch gelegene Einzugsgebiete<br />

theoretisch ein nicht unwesentliches Potenzial<br />

eröffnen. In den beiden von der<br />

VAW untersuchten Einzugsgebieten wird<br />

mit einer Erhöhung der Gleichgewichtslinie<br />

(oberhalb der Linie wächst der Gletscher,<br />

unterhalb schmelzt er weg) von 600 Metern<br />

gerechnet. Dieses theoretische Potenzial<br />

könnte aber nur durch wesentliche Umbauten<br />

bestehender Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>e<br />

ober bei Neubauten genutzt werden, so<br />

z.B. bei neu konzipierten Pumpspeicherwe<strong>rk</strong>en.<br />

3. Veränderungen<br />

der mittleren Zuflü<strong>sse</strong><br />

Wichtig für die Wa<strong>sse</strong>rwirtscha<strong>ft</strong> sind vor<br />

allen die Veränderungen der Zuflü<strong>sse</strong> zu<br />

den Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>anlagen (Fassungen und<br />

Stauseen). Mengenmässig ergeben sich<br />

diese aus dem Zusammenspiel der veränderten<br />

Niederschläge, der veränderten<br />

Verdunstungen und dem veränderten Abschmelzen<br />

der Gletscher. Wichtig sind<br />

auch die zeitlichen Veränderungen, sowohl<br />

die saisonalen als auch die kurzfristigen<br />

Veränderungen, die sich durch die<br />

vermutete Zunahme der Extremereigni<strong>sse</strong><br />

ergeben. Letztere werden im Projekt «K<strong>lima</strong>änderung<br />

und Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>nutzung»<br />

nicht behandelt.<br />

Hydrologen teilen Einzugsgebie te<br />

und deren Abflü<strong>sse</strong> in verschiedene Typen<br />

ein. Die Gruppe Hydrologie des Geog<strong>ra</strong>phischen<br />

Instituts der Universität Bern hat<br />

im Rahmen des Projektes «K<strong>lima</strong>änderung<br />

und Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>nutzung» für je ein Einzugsgebiet<br />

aller 16 Typen, die k<strong>lima</strong>gedingten<br />

Veränderungen der Abflü<strong>sse</strong> berechnet. 3<br />

Für die Berechnung des Abflu<strong>sse</strong>s in Funktion<br />

der Niederschläge wurde im Prinzip<br />

jeweils da<strong>sse</strong>lbe Modell verwendet. Dabei<br />

wurden Regen und Schnee, Tempe<strong>ra</strong>turen<br />

(über Null und unter Null) und verschiedene<br />

Flächen (Eis, Fels, unterschiedliche Böden<br />

und Vegetation) unterschieden. Die Modellpa<strong>ra</strong>meter<br />

wurden für jeden Einzugsgebietstyp<br />

an der Vergangenheit sepa<strong>ra</strong>t<br />

geeicht. Dies erlaubte, aufgrund der regionalen<br />

K<strong>lima</strong>prognosen, die Berechnung<br />

der zukün<strong>ft</strong>igen Abflü<strong>sse</strong>.<br />

Es ergeben sich für die 16 Einzugsgebietstypen<br />

recht unterschiedliche Resultate.<br />

Auf der Alpennordseite wi<strong>rk</strong>en sich<br />

im Winter prognostizierte Erhöhungen der<br />

Niederschläge positiv aus, in der ganzen<br />

Schweiz werden in den wärmeren Sommern<br />

ein höherer Anteil der Niederschläge<br />

verdampfen und sich so der Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>nutzung<br />

entziehen und es wird in vielen<br />

Gebieten auch mit weniger Abflü<strong>sse</strong>n gerechnet.<br />

Bei Letztem ist allerdings die Sicherheit<br />

der Aussage nicht sehr hoch.<br />

Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>e können bei hoher<br />

Wa<strong>sse</strong>rführung o<strong>ft</strong> nicht alles Wa<strong>sse</strong>r<br />

nutzen. Da in der Schweiz im Sommer meist<br />

viel Wa<strong>sse</strong>r zur Verfügung steht, führen die<br />

verminderten Zuflü<strong>sse</strong> im Sommer nicht<br />

unbedingt zu einer Minderproduktion. In<br />

sechs Fallbeispielen (K<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>e Löntsch,<br />

Prättigau, Mattma<strong>rk</strong>, Oberhasli, Goug<strong>ra</strong><br />

und Göschene<strong>ra</strong>lp) wurden die durch die<br />

saisonal veränderten Zuflü<strong>sse</strong> bedingten<br />

Mehr- und Mindererträge berechnet. Sie<br />

werden in anderen Teilen dieses He<strong>ft</strong>es erläutert.<br />

Diese Berechnungen geben zwar<br />

wichtige Hinweise auf mögliche Entwicklungen,<br />

führen jedoch nicht zu quantitativ<br />

belastbaren Aussagen. Dies aus folgenden<br />

Gründen:<br />

Alle Berechnungen über die K<strong>lima</strong>veränderungen<br />

beziehen sich auf das<br />

IPCC-Szenario A1B. Andere Entwicklungen<br />

der CO 2-Zunahme sind auch<br />

möglich.<br />

Die Regionalisierung der globalen K<strong>lima</strong>modelle<br />

führt zu unterschiedlichen<br />

Resultaten. Insbesondere sind quantitative<br />

Resultate der regionalen, sai-<br />

3 Dabei ging es auch um die F<strong>ra</strong>ge, ob es Einzugsgebiete gibt, die aufgrund des veränderten K<strong>lima</strong>s in der Typologie neu eingeteilt werden müs-<br />

sen.<br />

310 «Wa<strong>sse</strong>r Energie Lu<strong>ft</strong>» – 103. Jahrgang, 2011, He<strong>ft</strong> 4, CH-5401 Baden


sonalen Niederschlagsberechnungen<br />

mit gro<strong>sse</strong>n Unsicherheiten beha<strong>ft</strong>et<br />

(vergleiche auch den neuesten, ausführlichen<br />

Bericht «Swiss C<strong>lima</strong>te<br />

Change Scenarios CH2011» 4 , es<br />

handelt sich dabei um dieselben Berechnungen,<br />

wie diejenigen, welcher<br />

im Projekt «K<strong>lima</strong>änderung und Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>nutzung»<br />

angewendet wurden).<br />

Die Berechnung der Zuflü<strong>sse</strong> zu den<br />

K<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>en beruht zu einem hohen<br />

Mass auf den genannten Niederschlagsberechnungen,<br />

sie stellen eine<br />

von mehreren möglichen Entwicklungen<br />

dar.<br />

Die Berechnung von Minder- und<br />

Mehrproduktion beruht zudem auf der<br />

Annahme, dass sich neben den Zuflü<strong>sse</strong>n<br />

alles andere nicht ändert. Dies<br />

ist eine für die Berechnungen zulässige,<br />

aber sicher keine realistische<br />

Annahme. Mehr dazu im folgenden Abschnitt.<br />

In diesem He<strong>ft</strong>, im Beit<strong>ra</strong>g von Balmer,<br />

Hänggi und Weingartner mit dem Titel<br />

«Auswi<strong>rk</strong>ungen der K<strong>lima</strong>änderung auf die<br />

Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>nutzung in der Schweiz 2021–<br />

2050 – Hochrechnung», werden die Fallstudien,<br />

die im Rahmen des Projekts «K<strong>lima</strong>änderung<br />

und Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>nutzung»<br />

gemacht wurden, mit einer <strong>ra</strong>ffinierten<br />

Methode hochgerechnet:<br />

«Die Hochrechnung geht für den<br />

Zeit<strong>ra</strong>um 2021–2050 im Vergleich zu<br />

1980–2009 von einem Anstieg der mittleren<br />

Produktionserwartung im Winter um<br />

10.1% aus. Für die Sommerzeit wird eine<br />

Abnahme zwischen 4.4 und 6.3% erwartet.<br />

Diese saisonalen Veränderungen bewi<strong>rk</strong>en<br />

auf das Jahr gesehen eine leichte<br />

Zunahme der schweizerischen Stromproduktion<br />

durch Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>nutzung zwischen<br />

0.9 und 1.9%. Aus regionaler Sicht<br />

muss bei den Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>en im Tessin<br />

mit leichten Produktionsabnahmen gerechnet<br />

werden.»<br />

Diese Aussagen sind als Hinweis<br />

auf eine Tendenz zu verstehen und nicht<br />

als exakte, quantitative Prognose.<br />

4. Welche weiteren Veränderungen<br />

spielen eine Rolle?<br />

Neben den k<strong>lima</strong>bedingten Zuflussveränderungen<br />

hat das K<strong>lima</strong> auch Auswi<strong>rk</strong>ungen<br />

auf weitere Faktoren, die die Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>nutzung<br />

beeinflu<strong>sse</strong>n. Zum einen<br />

sind dies weitere Umgebungsfaktoren,<br />

zum andern Elemente des Stromma<strong>rk</strong>ts.<br />

In der physischen Umgebung der<br />

K<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>e wird der K<strong>lima</strong>wandel nicht<br />

nur zum Rückzug der Gletscher, sondern<br />

auch zu veränderten Geschiebebewegungen,<br />

Murgängen und Lawinen führen.<br />

Einen gewi<strong>sse</strong>n Einfluss auf die Betriebskosten,<br />

dür<strong>ft</strong>en insbesondere die allenfalls<br />

vermehrt notwendig werdenden Geschiebeentnahmen<br />

und Spülungen von<br />

Fassungen und Stauseen darstellen. Zu<br />

diesem Thema wurden im Projekt «K<strong>lima</strong>änderung<br />

und Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>nutzung» interessante<br />

Studien gemacht. 5<br />

Über die für die Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>nutzer<br />

vielleicht wichtigste K<strong>lima</strong>veränderung,<br />

über die Zunahme der Extremereigni<strong>sse</strong><br />

(Stürme, Hochwa<strong>sse</strong>r, Dürren), wi<strong>sse</strong>n wir<br />

quantitativ relativ wenig. Statistiken über<br />

Extremereigni<strong>sse</strong>, d.h. über seltene Ereigni<strong>sse</strong>,<br />

sind grundsätzlich eine schwierige<br />

Sache, denn Statistiken sind grundsätzlich<br />

nur für viele Datenpunkte sinnvoll. Die<br />

Beobachtungsmethoden und die Beurteilung<br />

von Ereigni<strong>sse</strong>n verändern sich über<br />

die vielen Jahrzehnte, die nötig sind, um<br />

genügend Daten zu sammeln und um statistische<br />

Aussagen machen zu können.<br />

Zwar hat die Versicherungsb<strong>ra</strong>nche sehr<br />

umfangreiche Daten über die Zunahme<br />

von umweltbedingten Schadenfällen,<br />

doch diese Zunahmen können auch andere<br />

Gründe haben, wie z.B. den zunehmenden<br />

Bau von Gebäuden in exponierten<br />

Lagen.<br />

In jüngster Zeit haben sich die Meteorologen<br />

diesem Thema trotzdem angenommen.<br />

6 Mindestens die Zunahme von<br />

Hitzeperioden ist vielleicht nicht 100%ig,<br />

aber doch mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit<br />

statistisch gesichert.<br />

Auch ist mit hoher Sicherheit mit<br />

einer Zunahme von he<strong>ft</strong>igen Niederschlä-<br />

gen zu rechnen. Diese resultiert bei Laufk<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>en<br />

zum Verlust von nutzbarem<br />

Wa<strong>sse</strong>r und könnte zur Forderung der<br />

stä<strong>rk</strong>eren Nutzung von Speichk<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>en<br />

für den Hochwa<strong>sse</strong>rschutz, mit entsprechender<br />

Einschränkung der Stromproduktion,<br />

führen.<br />

Der Stromma<strong>rk</strong>t wird durch den K<strong>lima</strong>wandel<br />

auf zweierlei Art verändert. Erstens<br />

verändert sich die Nachf<strong>ra</strong>ge, zweitens<br />

die Produktion der Konkurrenz.<br />

Die Nachf<strong>ra</strong>ge nach Elektrizität<br />

wird im Sommer aufgrund wärmerer Tempe<strong>ra</strong>turen<br />

und vermehrter K<strong>lima</strong>tisierung<br />

von Gebäuden, insb. im Dienstleistungsbereich,<br />

wahrscheinlich sta<strong>rk</strong> zunehmen.<br />

Eine Ext<strong>ra</strong>polation der in den Energieszenarien<br />

des Bundesamts für Energie<br />

gemachten Schätzungen der k<strong>lima</strong>bedingten<br />

Stromnachf<strong>ra</strong>geveränderungen<br />

für das Jahr 2050 7 ergibt eine Nachf<strong>ra</strong>geerhöhung<br />

um 6% über das ganze Jahr und<br />

11% über das Sommerhalbjahr.<br />

Zu den Mitbewerbern, die auch<br />

von K<strong>lima</strong>einflü<strong>sse</strong>n betroffen sind, gehören<br />

aus Sicht eines einzelnen Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>betreibers<br />

die anderen Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>betreiber<br />

in der Schweiz,<br />

andere Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>betreiber im<br />

umliegenden Europa<br />

und thermische K<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>e mit Flusskühlung<br />

in der Schweiz und im umliegenden<br />

Europa.<br />

Insofern der K<strong>lima</strong>wandel Auswi<strong>rk</strong>ungen<br />

auf den Betrieb eines Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>s<br />

in der Schweiz hat, wird sich dieser<br />

K<strong>lima</strong>wandel in ähnlicher Weise auf Teile<br />

des gesamten Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>pa<strong>rk</strong>s der<br />

Schweiz und damit auf den Stromma<strong>rk</strong>t<br />

der Schweiz auswi<strong>rk</strong>en. Werden also beispielsweise<br />

die Zuflü<strong>sse</strong> des einen K<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>s<br />

im Sommer geringer, so wird das<br />

auch für die benachbarten K<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>e der<br />

Fall sein und deren Betreiber werden ihre<br />

Stromproduktion auf kürzere Produktionszeiten<br />

am Tag reduzieren. Damit wird weniger<br />

Nachtstrom zu Verfügung stehen<br />

und damit tendenziell teurer werden. Das<br />

heisst, es wird der Stromma<strong>rk</strong>t verändert<br />

4 CH2011 (2011), Swiss C<strong>lima</strong>te Change Scenarios CH2011, published by C2SM, MeteoSwiss, ETH, NCCR C<strong>lima</strong>te, and OcCC, Zurich, Switzerland,<br />

88 pp. ISBN: 978-3-033-03065-7.<br />

5 Mélanie Raymond P<strong>ra</strong>long, Jens M. Turowski, Alexander Beer, Dieter Rickenmann, Valentin Mét<strong>ra</strong>ux, Thierry Gla<strong>sse</strong>y (2011): Sektorielle Studie<br />

Wallis – Auswi<strong>rk</strong>ung der K<strong>lima</strong>änderung auf die Geschiebef<strong>ra</strong>cht, Eidg. Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landscha<strong>ft</strong>, Sion und Birmensdorf,<br />

(auf: http://www.hydrologie.unibe.ch/projekte/ccwa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>.html#fachberichte).<br />

6 Vergl.: WMO (2011). Weather Extremes in a Changing C<strong>lima</strong>te: Hindsight on Foresight, WMO-Nr. 1075, 1211 Geneva, Switzerland.<br />

7<br />

Gemäss Bernard Aebischer, CEPE, ETHZ. – Die zugrundegelegte Tempe<strong>ra</strong>turerhöhung ist in diesen Berechnungen allerdings etwas höher, nämlich<br />

2.5 °C, als im Szenarium, auf dem die weiter oben genannten Abschätzungen der Zuflü<strong>sse</strong> und der veränderten Stromproduktion beruhen.<br />

«Wa<strong>sse</strong>r Energie Lu<strong>ft</strong>» – 103. Jahrgang, 2011, He<strong>ft</strong> 4, CH-5401 Baden 311<br />

K<strong>lima</strong>wandel & Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>


K<strong>lima</strong>wandel & Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong><br />

und Berechnungen, die zeigen wie sich<br />

die finanzielle Lage einzelner K<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>e,<br />

bei unverändertem Ma<strong>rk</strong>t, verbe<strong>sse</strong>rt<br />

oder verschlechtert, sind mit Vorsicht zu<br />

genie<strong>sse</strong>n.<br />

Die Alpen stellen nicht nur eine<br />

reelle Wa<strong>sse</strong>rscheide dar, sondern ma<strong>rk</strong>ieren<br />

ungefähr auch die Grenze zwischen<br />

den Gewinnern und Verlierern der<br />

k<strong>lima</strong>bedingten Veränderungen der Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>nutzung.<br />

Deshalb wird sich die<br />

Konkurrenzsituation der anderen Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>betreiber<br />

im umliegenden<br />

Euro pa unterschiedlich entwickeln. Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>betreiber<br />

in den Alpen, östlich<br />

und westlich der Schweiz werden ähnlich<br />

der schweizerischen Mitbewerbern Mangel-<br />

und Überflusssituationen der Stromproduktion<br />

verstä<strong>rk</strong>en. Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>e<br />

in Italien und Slowenien einerseits und in<br />

Nordeuropa andererseits werden aber<br />

den allgemeinen Produktionsüberschuss<br />

im Norden und den Produktionsmangel im<br />

Süden verstä<strong>rk</strong>en. Dabei wird allerdings<br />

die k<strong>lima</strong>bedingte Produktionszunahme<br />

der Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>e in Norwegen 8 den<br />

schweizerischen Stromma<strong>rk</strong>t höchstens<br />

nur indirekt beeinflu<strong>sse</strong>n und gegen über<br />

viel bedeutenderen Entwicklungen, wie<br />

dem Bau riesiger Windpa<strong>rk</strong>s in Norden<br />

oder gro<strong>sse</strong>r Solarenergieanlagen im<br />

Süden nicht sta<strong>rk</strong> ins Gewicht fallen.<br />

Thermische K<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>e sind ebenfalls<br />

von k<strong>lima</strong>bedingten Veränderungen<br />

betroffen, sowohl von der Zunahme der<br />

Gewä<strong>sse</strong>rtempe<strong>ra</strong>turen als auch von der<br />

Zunahme von Dürreperioden. Sobald das<br />

Kühlwa<strong>sse</strong>r wärmer wird, nimmt der thermische<br />

Wi<strong>rk</strong>ungsg<strong>ra</strong>d der K<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>e ab<br />

und wenn in Dürreperioden die Menge des<br />

verfügbaren Kühlwa<strong>sse</strong>rs einen kritischen<br />

Wert unterschreitet, muss das K<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong><br />

abgestellt werden.<br />

6. Welche Handlungsoptionen<br />

bestehen?<br />

Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>betreiber beschä<strong>ft</strong>igen sich<br />

mit der Erlangung von Konzessionen für<br />

die Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>nutzung, mit der Planung,<br />

dem Bau und der Erweiterung von K<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>sanlagen<br />

(K<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>e, Fassungen,<br />

Stollen und Netze), mit dem Betrieb und<br />

de<strong>sse</strong>n Optimierung, mit dem Ve<strong>rk</strong>auf von<br />

Strom und demzufolge mit dem Stromma<strong>rk</strong>t,<br />

sowie mit der Entwicklung der politischen<br />

Rahmenbedingungen.<br />

Der Einfluss der K<strong>lima</strong>änderungen<br />

auf die Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>nutzung wird bei Konzessionsverhandlungen<br />

eine wesentliche<br />

Rolle spielen. Der Wert einer Konzession<br />

hängt ganz direkt mit den Nutzungsmöglichkeiten<br />

der Ressource zusammen und<br />

zwar nicht nur den heutigen Nutzungsmöglichkeiten,<br />

sondern auch den zukün<strong>ft</strong>igen.<br />

Detaillierte Kenntni<strong>sse</strong> und ein umfa<strong>sse</strong>ndes<br />

Verständnis des Einflu<strong>sse</strong>s der<br />

K<strong>lima</strong>änderungen auf die Nutzung einer<br />

bestimmten Wa<strong>sse</strong>rressource, auch wenn<br />

Berechnungen von gro<strong>sse</strong>r Unsicherheit<br />

beha<strong>ft</strong>et sind, sind in den Verhandlungen<br />

und in der Planung wichtig.<br />

Bau- und Umbauvorhaben von<br />

K<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>sanlagen sind jeweils genau auf<br />

die vorhandene Wa<strong>sse</strong>rressource, insbesondere<br />

deren Jahresganglinie, und den<br />

erwarteten Ma<strong>rk</strong>t abgestimmt. Beides wird<br />

sich durch die K<strong>lima</strong>erwärmung ändern.<br />

Wie ist da<strong>ra</strong>uf zu reagieren? Höhere Zuflü<strong>sse</strong><br />

in Winter und niedrigere im Sommer<br />

sind zwar günstig und könnten dazu verleiten,<br />

tendenziell kleinere Ausbauleistungen<br />

zu wählen. Doch dabei wird nicht mit der<br />

Zunahme von Hochwa<strong>sse</strong>rn und Dürreperioden<br />

gerechnet. Generell führt die K<strong>lima</strong>erwärmung<br />

zu Veränderungen, deren<br />

Ausmass insgesamt quantitativ schlecht<br />

fassbar ist. Deshalb ist genau zu überlegen,<br />

wo höhere Ausbauleistungen der verschiedenen<br />

Anlageteile allenfalls eine zwar<br />

nicht billige, aber trotzdem sinnvolle Versicherung<br />

gegen schlecht quantifizierbare<br />

Entwicklungen darstellen. Grosszügige<br />

Dimensionierungen können Hochwa<strong>sse</strong>r<br />

be<strong>sse</strong>r gerecht werden und Dürreperioden<br />

be<strong>sse</strong>r überbrücken, sie können auch bei<br />

unerwarteten Ma<strong>rk</strong>tentwicklungen einen<br />

Vorteil darstellen.<br />

Demgegenüber dür<strong>ft</strong>e die k<strong>lima</strong>bedingte<br />

Betriebsoptimierung keine gro<strong>sse</strong>n<br />

Probleme mit sich bringen. Sowohl Veränderungen<br />

auf der Seite des Ma<strong>rk</strong>tes, als<br />

auch K<strong>lima</strong>veränderungen von Jahr zu<br />

Jahr werden grö<strong>sse</strong>r sein als die Veränderungen<br />

des k<strong>lima</strong>bedingten Trends. Die<br />

Betriebsoptimierung muss allen Veränderungen<br />

laufend kurzfristig gerecht werden<br />

und wird dabei die steten, aber von Moment<br />

zu Moment und Jahr zu Jahr kaum<br />

wahrnehmbaren k<strong>lima</strong>bedingten Veränderungen<br />

auffangen.<br />

Es stellt sich auch die F<strong>ra</strong>ge, was<br />

die K<strong>lima</strong>veränderungen für die Umweltschutzpolitik<br />

bedeuten. Schmelzen die<br />

Gletscher, eröffnet sich damit doch die<br />

Möglichkeit, das Wa<strong>sse</strong>r höher oben zu<br />

fa<strong>sse</strong>n und damit das nutzbare Gefälle<br />

nach oben zu verlängern. Dass mit der<br />

Ausschöpfung dieses sich eröffnenden<br />

Potenzials Umweltkonflikte vorprog<strong>ra</strong>mmiert<br />

sind, dür<strong>ft</strong>e klar sein. Eine frühe Diskussion<br />

darüber, wie politisch damit umgegangen<br />

werden soll, wäre wohl leichter<br />

bevor idyllische Seen sich schon gebildet<br />

haben und Projekte schon ausgearbeitet<br />

sind.<br />

Die grössten Veränderungen im<br />

Umfeld der Stromproduktion aus Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong><br />

werden nach wie vor durch die Idee<br />

der Libe<strong>ra</strong>lisierung des Stromma<strong>rk</strong>tes<br />

angetrieben. Diese Idee muss meines E<strong>ra</strong>chtens<br />

nach wie vor kritisch überdenkt<br />

werden. Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>e dürfen auf keinen<br />

Fall kurzfristigen Intere<strong>sse</strong>n geopfert<br />

werden. Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>betreiber mü<strong>sse</strong>n<br />

langfristig denken können, sowohl<br />

bezüglich ihrer Politik im Stromma<strong>rk</strong>t, wie<br />

auch ihrer Politik bei der Pflege und dem<br />

Ausbau der Anlagen. Es ist im öffentlichen<br />

Intere<strong>sse</strong>, die Anlagen in öffentlichem<br />

Besitz zu halten oder mindestens regulativ<br />

dafür zu sorgen, dass die Besitzer zu<br />

langfristigem Denken gezwungen werden.<br />

Wenn das langfristige Denken erhalten<br />

bleibt, werden sich die Besitzer für die<br />

K<strong>lima</strong>veränderungen interessieren und<br />

geeignete Massnahmen finden, damit optimal<br />

umzugehen.<br />

Anschri<strong>ft</strong> des Verfa<strong>sse</strong>rs<br />

Daniel Spreng Prof.<br />

c/o Centre for Energy Policy and Economics,<br />

ETH Zürich, Zürichbergstr. 18, CH-8032 Zürich<br />

dspreng@ethz.ch<br />

8<br />

Siehe z.B. Byman Hamududu und Aanund Killingtveit (2010), Estimating Effects of C<strong>lima</strong>te Change on Global Hydropower Production, Hydropower’10<br />

– 6th International Hydropower Conference, 1–3 February, Tromsø, Norway.<br />

312 «Wa<strong>sse</strong>r Energie Lu<strong>ft</strong>» – 103. Jahrgang, 2011, He<strong>ft</strong> 4, CH-5401 Baden


Integ<strong>ra</strong>les Flussgebietsmanagement/<br />

Gestion intég<strong>ra</strong>le de l’espace fluvial<br />

«Teil 2»<br />

Flussgebietsmodellierung mit der<br />

Simulationsso<strong>ft</strong>ware BASEMENT<br />

David Vetsch, Patric Rou<strong>sse</strong>lot, Roland Fäh<br />

1. Einleitung<br />

Im Verlauf der letzten zweihundert Jahre<br />

wurden viele Schweizer Fliessgewä<strong>sse</strong>r<br />

kanalisiert um die angrenzenden Nutzungsflächen<br />

vor Hochwa<strong>sse</strong>r zu schützen.<br />

Die miteinhergehende Melio<strong>ra</strong>tion<br />

führte zu einer Steigerung der Lebensqualität<br />

in den vormals durch regelmässige<br />

Überschwemmungen beeinträchtigten<br />

Regionen. Diese Massnahmen b<strong>ra</strong>chten<br />

jedoch auch Nachteile mit sich, welche erst<br />

im Laufe der Zeit e<strong>rk</strong>annt wurden. Durch<br />

die Verengung des Fliessquerschnitts kam<br />

es aufgrund der erhöhten Strömungsbelastung<br />

zu einer verstä<strong>rk</strong>ten Erosion des<br />

Gerinnes, welcher mittels Schwellen entgegengewi<strong>rk</strong>t<br />

werden musste. Aufgrund<br />

unterschiedlicher Sedimentaufkommen<br />

musste wiederum vielerorts Geschiebe<br />

zurückgehalten oder entnommen werden,<br />

um eine Anhebung der Flusssohle<br />

zu vermeiden und den für die Hochwa<strong>sse</strong>rsicherheit<br />

entscheidenden Fliessquerschnitt<br />

zu gewährleisten. In manchen Flü<strong>sse</strong>n<br />

kam es aufgrund des sta<strong>rk</strong> reduzierten<br />

oder ausbleibenden Sedimentt<strong>ra</strong>nsports<br />

zur Bildung eines Gerinnes mit geringer<br />

morphologischer Vielfalt. Des Weiteren<br />

führten die Kanalisierung und der Bau von<br />

Schwellen zu einer Reduktion der Längs-<br />

und Quervernetzung der Lebensräume,<br />

was sich beispielsweise in der Fischdurchgängigkeit<br />

oder in der Inte<strong>ra</strong>ktion des Gewä<strong>sse</strong>rs<br />

mit den Flussauen auswi<strong>rk</strong>t.<br />

Seit ungefähr zwei Jahrzehnten<br />

zeichnet sich ein neuer flussbaulicher<br />

Trend ab, welcher den angesprochenen<br />

Defiziten entgegenwi<strong>rk</strong>en soll. Einzelne<br />

Flussabschnitte werden revitalisiert und<br />

ökologisch aufgewertet. Eine gängige<br />

Massnahme um die morphologische<br />

Vielfalt und die Habitatsvielfalt in einem<br />

Gewä<strong>sse</strong>r zu erhöhen sind Flussaufweitungen.<br />

Der Bau von Flussaufweitungen<br />

führt zu einer lokalen Anhebung der Gerinnesohle,<br />

was je nach Geschiebeaufkommen<br />

einer Stabilisierung des Gerinnes<br />

gleich kommt. Jedoch stellen de<strong>ra</strong>rtige<br />

Eingriffe in ein Fliessgewä<strong>sse</strong>r auch neue<br />

Anforderungen an den Hochwa<strong>sse</strong>rschutz.<br />

Aus hyd<strong>ra</strong>ulischer Sicht kann in einer lokalen<br />

Verbreiterung und bei einer Anhebung<br />

der Flusssohle aufgrund der geringeren<br />

Abflusstiefen gegenüber der kanalisierten<br />

Strecke eine gleichbleibende Abflusskapazität<br />

gewährleistet werden. Dennoch<br />

werden Flussaufweitungen zum Teil als<br />

potentielle Gefährdung der Hochwa<strong>sse</strong>rsicherheit<br />

angesehen. Entsprechend sind<br />

für die Planung solcher Massnahmen numerische<br />

Simulationsmodelle hilfreich,<br />

um die vielfältigen Folgen eines Eingriffs<br />

zu analysieren und die verschiedenen Nut-<br />

Bild 1. G<strong>ra</strong>fische Benutzeroberfläche der Simulationsso<strong>ft</strong>ware BASEMENT.<br />

«Wa<strong>sse</strong>r Energie Lu<strong>ft</strong>» – 103. Jahrgang, 2011, He<strong>ft</strong> 4, CH-5401 Baden 313<br />

K<strong>lima</strong>wandel Flussgebietsmanagement<br />

& Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>


Flussgebietsmanagement<br />

zungsintere<strong>sse</strong>n be<strong>sse</strong>r aufeinander abzustimmen.<br />

Des Weiteren ermöglicht die<br />

Anwendung von geeigneten numerischen<br />

Modellen die Simulation von Vorgängen<br />

unterschiedlicher Grö<strong>sse</strong>nordnung und<br />

somit die Untersuchung von lokalen bis zu<br />

überregionalen Problemstellungen.<br />

Grundsätzlich eignet sich der Einsatz<br />

von Simulationsmodellen, die auf<br />

einer So<strong>ft</strong>ware beruhen, wie sie in diesem<br />

Beit<strong>ra</strong>g vorgestellt wird, für die Hochwa<strong>sse</strong>rvorsorge,<br />

die Erstellung von Gefahrenkarten,<br />

die Optimierung der Regelung von<br />

Flü<strong>sse</strong>n und Seen sowie zur Dimensionierung<br />

von Fliessgewä<strong>sse</strong>rn. Des Weiteren<br />

können morphologische Entwicklungen<br />

untersucht und mittels geeigneter Indizes<br />

die Habitatsvielfalt eines Gewä<strong>sse</strong>rs<br />

bestimmt werden. Im Vergleich zu physikalischen<br />

Experimenten bieten sich<br />

numerische Modelle für Pa<strong>ra</strong>meter- und<br />

Variantenstudien als kostengünstige Alternative<br />

an.<br />

Massgebende Eingriffe zur Verbe<strong>sse</strong>rung<br />

des Hochwa<strong>sse</strong>rschutzes und<br />

der ökologischen Situation bei bestehenden<br />

gro<strong>sse</strong>n Fliessgewä<strong>sse</strong>rn, wie z.B.<br />

der Thur oder der Rhone, wurden in den<br />

letzten Jahren durchgeführt oder sind<br />

noch im Gange. Mit dem Ziel die entsprechenden<br />

Massnahmen sowohl vom flussbaulichen<br />

und ökologischen als auch vom<br />

sozialen Gesichtspunkt zu evaluieren,<br />

wurde im Jahr 2002 des t<strong>ra</strong>nsdisziplinäre<br />

Forschungsprojekt «Rhone-Thur» als wi<strong>sse</strong>nscha<strong>ft</strong>liche<br />

Begleitung vom Bundesamt<br />

für Umwelt lanciert. Dieses wurde im<br />

Jahr 2007 in Form des Nachfolgeprojekts<br />

«Integ<strong>ra</strong>les Flussgebietsmanagement»<br />

bis Dato weitergeführt. In diesem Rahmen<br />

wurde die Versuchsanstalt für Wa<strong>sse</strong>rbau,<br />

Hydrologie und Glaziologie (VAW) der ETH<br />

Zürich beau<strong>ft</strong><strong>ra</strong>gt, die Simulationsso<strong>ft</strong>ware<br />

BASEMENT («basic simulation environment<br />

for computation of environmental<br />

flow and natu<strong>ra</strong>l hazard simulation») zu<br />

entwickeln. Das Prog<strong>ra</strong>mm inklusive umfangreicher<br />

Dokumentation steht interessierten<br />

Personen kostenlos zur Verfügung<br />

(www.basement.ethz.ch). Im vorliegenden<br />

Beit<strong>ra</strong>g werden die grundsätzlichen Fähigkeiten<br />

des Prog<strong>ra</strong>mms BASEMENT kurz<br />

beschrieben und einige Anwendungsbeispiele<br />

aufgezeigt. Betreffend mathematischer<br />

und numerischer Details sei auf die<br />

Dokumentation (Faeh et al. [2011]) verwiesen.<br />

Eine Einführung zur grundsätzlichen<br />

Vorgehensweise bei der numerischen<br />

Fliessgewä<strong>sse</strong>rmodellierung ist dem entsprechenden<br />

Me<strong>rk</strong>blatt des BAFU («Numerische<br />

Fliessgewä<strong>sse</strong>rmodellierung»,<br />

in Vorbereitung) zu entnehmen.<br />

2. Die Simulationsso<strong>ft</strong>ware<br />

BASEMENT<br />

Das Computerprog<strong>ra</strong>mm BASEMENT ermöglicht<br />

die numerische Simulation der<br />

Strömung und des Sedimentt<strong>ra</strong>nsports in<br />

einem Fliessgewä<strong>sse</strong>r. Die Simulationsso<strong>ft</strong>ware<br />

beinhaltet grundsätzlich zwei<br />

unterschiedliche Modelle; das eindimensionale<br />

Modell (als BASEchain bezeichnet)<br />

ermöglicht die Simulation von Fliessgewä<strong>sse</strong>rn<br />

definiert anhand von Flussquerprofilen<br />

und das zweidimensionale Modell<br />

(als BASEplane bezeichnet) basiert auf<br />

einem dreidimensionalen digitalen Geländemodell.<br />

Details zu den beiden Modellen<br />

sind in den folgenden Abschnitten<br />

beschrieben. Zur Unterstützung der Konfigu<strong>ra</strong>tion<br />

der Modelle, d.h. des Aufsetzens<br />

einer Simulation, besitzt das Prog<strong>ra</strong>mm<br />

eine g<strong>ra</strong>fische Benutzeroberfläche (GUI)<br />

wie in Bild 1 dargestellt. Das GUI beinhaltet<br />

einen «Command File Editor» mit<br />

dem die notwendigen Pa<strong>ra</strong>meter für das<br />

numerische Modell definiert werden können.<br />

Sämtliche Optionen sind mit einer<br />

Beschreibung versehen und mit Beispielen<br />

e<strong>rk</strong>lärt. Eingabefehler werden sofort e<strong>rk</strong>annt<br />

und entsprechend gekennzeichnet.<br />

Des Weiteren besitzt das GUI einen «1D-<br />

Grid Editor» für die Gittererstellung eindimensionaler<br />

Modelle, der eine g<strong>ra</strong>fische<br />

Darstellung der Querprofile samt ihren Eigenscha<strong>ft</strong>en<br />

ermöglicht. Zur Laufzeit der<br />

Berechnung können ausgewählte Resul-<br />

tate wie etwa Wa<strong>sse</strong>rtiefen, Geschwindigkeiten<br />

oder Sohlendifferenzen visualisiert<br />

werden.<br />

Die mit der Simulationsso<strong>ft</strong>ware<br />

modellierten Vorgänge sind grundsätzlich<br />

in zwei Arten zu unterteilen: einerseits die<br />

hydrodynamischen Ansätze zur Modellierung<br />

der Strömung, welche auch die Gerinne<strong>ra</strong>uheit<br />

und die Turbulenz miteinschlie<strong>sse</strong>n,<br />

und andererseits die verschiedenen<br />

Ansätze für die Modellierung des Sedimentt<strong>ra</strong>nsports.<br />

Die einzelnen Vorgänge,<br />

wie in Bild 2 schematisch dargestellt, sind<br />

in den folgenden Abschnitten genauer erläutert.<br />

2.1. Hydrodynamik<br />

Zur Simulation der Wa<strong>sse</strong>rströmung werden<br />

hydrodynamische Modellgleichungen<br />

gelöst, bei welchen die Strömungsgeschwindigkeit<br />

eine über die Abflusstiefe<br />

gemittelte Variable ist. Deshalb werden die<br />

entsprechenden Modellgleichungen auch<br />

als tiefengemittelte Gleichungen bezeichnet.<br />

Diese Vereinfachung basiert auf der<br />

Annahme einer hydrostatischen Druckverteilung<br />

und die Modellgleichungen sind<br />

daher nur dann gültig, wenn die vertikale<br />

Geschwindigkeitskomponente vernachlässigt<br />

werden kann. Bei Fliessgewä<strong>sse</strong>rn<br />

mit einer vorwiegend ebenen, nicht<br />

zu sta<strong>rk</strong> geneigten Sohle und geringen<br />

kontinuierlichen Gefällswechseln sind<br />

diese Annahmen zulässig. Aufgrund der<br />

Bild 2. Vorgänge die mit der Simulationsso<strong>ft</strong>ware BASEMENT modelliert werden<br />

können.<br />

314 «Wa<strong>sse</strong>r Energie Lu<strong>ft</strong>» – 103. Jahrgang, 2011, He<strong>ft</strong> 4, CH-5401 Baden


Bild 3. Modellierung eines Flusslaufs im eindimensionanen Modell. Bild 4. Ausschnitt aus einem zweidimensionalen<br />

Modell für ein Flussk<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>.<br />

vereinfachten Gleichungen werden somit<br />

p<strong>ra</strong>xis orientierte Simulationen von grossräumigen<br />

Flussabschnitten oder über<br />

einen längeren Zeit<strong>ra</strong>um möglich. Die Wahl<br />

des numerischen Verfahrens, welches zur<br />

Lösung der Gleichungen verwendet wird,<br />

ist entscheidend für die Genauigkeit und<br />

Stabilität des Modells. In BASEMENT<br />

wird dazu eine Finite-Volumen-Methode<br />

in Kombination mit einem als Riemann-<br />

Löser bezeichneten Verfahren verwendet,<br />

welches auch für sta<strong>rk</strong> instationäre<br />

Abflussvorgänge, wie z.B. Fliesswechsel<br />

oder die Ausbreitung einer Dammbruchwelle,<br />

stabil bleibt und akku<strong>ra</strong>te Resultate<br />

liefert.<br />

Zur Berücksichtigung der Gerinne<strong>ra</strong>uheit<br />

können verschiedene Reibungsgesetze<br />

verwendet werden, wobei<br />

der Reibungskoeffizient z.B. in Form des<br />

gebräuchlichen Strickler-Beiwerts angegeben<br />

werden kann. Die empirische Natur<br />

der Reibungsgesetze bedingt je nach<br />

Problemstellung eine Variation des Reibungsbeiwerts.<br />

Dies bedeutet, dass die<br />

Gerinne<strong>ra</strong>uheit die massgebende Grö<strong>sse</strong><br />

zur Kalibrierung der hierin erwähnten hydrodynamischen<br />

Modelle ist.<br />

2.2 1D-BASEchain<br />

Beim eindimensionalen Ansatz wird das<br />

Fliessgewä<strong>sse</strong>r in Form von Fluss-Querprofilen<br />

idealisiert (Bild 3). Dabei hängen<br />

die Genauigkeit und die Stabilität des Modells<br />

hauptsächlich vom Abstand der Querprofile<br />

ab. Die entsprechenden Modellgleichungen<br />

basieren auf den Gleichungen<br />

von De Saint-Venant. Pro Querprofil wird<br />

die zeitliche Variation des Abflu<strong>sse</strong>s und<br />

der durchflo<strong>sse</strong>nen Fläche bestimmt, wo<strong>ra</strong>us<br />

über das Querprofil gemittelte Werte<br />

für die Fliessgeschwindigkeit und die Wa<strong>sse</strong>rspiegellage<br />

resultieren. Zudem können<br />

pro Querprofil late<strong>ra</strong>le Zuflü<strong>sse</strong> oder eine<br />

seitliche Entlastung berücksichtigt werden.<br />

Durch die sta<strong>rk</strong>e Idealisierung<br />

eines realen Fliessgewä<strong>sse</strong>rs auf wesentliche,<br />

die Abflusskapazität bestimmende<br />

Grö<strong>sse</strong>n, sind Simulationen mit einem relativ<br />

kleinen Berechnungsaufwand möglich.<br />

Daher eignet sich das 1D-Modell vor<br />

allem für langfristige oder räumlich ausgedehnte<br />

Simulationen, bei welchen der<br />

lokale Detailgehalt eine untergeordnete<br />

Rolle spielt.<br />

2.3 2D -BASEplane<br />

Für F<strong>ra</strong>gestellungen, bei welchen detailliertere<br />

ebene Strömungsvorgänge von<br />

Intere<strong>sse</strong> sind, wie etwa die Ausbreitung<br />

einer Flutwelle in einer Ebene oder die Vereinigung<br />

oder die Au<strong>ft</strong>eilung von Abflü<strong>sse</strong>n,<br />

ist die Anwendung des zweidimensionalen<br />

Modells sinnvoll. Zur Lösung der<br />

Strömungsgleichungen muss das Berechnungsgebiet,<br />

wie in Bild 4 dargestellt,<br />

in einzelne dreieckige oder viereckige<br />

Rechenzellen unterteilt werden. Die benötigten<br />

topog<strong>ra</strong>phischen Informationen<br />

werden in der Regel anhand eines dreidimensionalen<br />

digitalen Höhenmodells auf<br />

das Berechnungsgitter interpoliert. Ähnlich<br />

wie beim 1D-Modell ist die Qualität<br />

und Auflösung des Gitters entscheidend<br />

für die Güte der Resultate. Dies bedeutet<br />

insbesondere, dass ein optimales Berechnungsgitter<br />

sich an den Strömungs-<br />

vorgängen zu orientieren hat. Das aus der<br />

Dreiecksvermaschung des Höhenmodells<br />

resultierende Gitter genügt dieser Anforderung<br />

normalerweise nicht.<br />

Als Ergebnis erhält der Anwender<br />

Wa<strong>sse</strong>rspiegellagen und eine tiefengemittelte<br />

Fliessgeschwindigkeit für jedes<br />

Rechenelement in Abhängigkeit der Zeit.<br />

2D-Modelle eignen sich beispielsweise<br />

für die Berechnung von Ausuferungen<br />

au<strong>sse</strong>rhalb des eigentlichen Fliessgewä<strong>sse</strong>rs,<br />

zur Gefahrenkartierung oder für die<br />

Dimensionierung von Rückhalteräumen<br />

und Flussaufweitungen.<br />

2.4 Sedimentt<strong>ra</strong>nsport<br />

Ergänzend zur Berechnung der Wa<strong>sse</strong>rströmung<br />

können Module zur Simulation<br />

von Sedimentt<strong>ra</strong>nsport angewendet<br />

werden, um zeitliche Veränderungen der<br />

Lage der Flusssohle zu berechnen. Der<br />

Sedimentt<strong>ra</strong>nsport wird unterteilt in Geschiebe-<br />

resp. Suspensionst<strong>ra</strong>nsport<br />

sowie g<strong>ra</strong>vitationsinduzierter T<strong>ra</strong>nsport.<br />

Der Geschiebet<strong>ra</strong>nsport beschreibt die<br />

Bewegung von Sedimenten an der Oberfläche<br />

der Flusssohle aufgrund der vorhandenen<br />

Strömungsbelastung, wofür<br />

verschiedene empirische Formeln zur<br />

Verfügung stehen, wie etwa der bekannte<br />

Ansatz von Meyer-Peter und Müller. Der<br />

Suspensionst<strong>ra</strong>nsport findet hingegen im<br />

Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong>örper statt und wird direkt durch<br />

die Wa<strong>sse</strong>rströmung bestimmt. Entsprechend<br />

wird dazu eine Advektion-Diffusions-Gleichung<br />

gelöst. Damit kann der<br />

T<strong>ra</strong>nsport von suspendiertem Sohlenmaterial<br />

oder auch die Ausbreitung von<br />

gelösten Stoffen simuliert werden. Zur<br />

«Wa<strong>sse</strong>r Energie Lu<strong>ft</strong>» – 103. Jahrgang, 2011, He<strong>ft</strong> 4, CH-5401 Baden 315<br />

Flussgebietsmanagement


Flussgebietsmanagement<br />

Beschreibung des Austausches des suspendierten<br />

Materials zwischen der Sohle<br />

und dem Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong>örper stehen ebenfalls<br />

verschiedene empirische Ansätze zur Auswahl.<br />

Die g<strong>ra</strong>nulare Zusammensetzung der<br />

t<strong>ra</strong>nsportierten Sedimente kann mittels<br />

beliebig vieler Kornkla<strong>sse</strong>n berücksichtigt<br />

werden, wobei pro Kornkla<strong>sse</strong> jeweils eine<br />

T<strong>ra</strong>nsportgleichung gelöst wird.<br />

Zusätzlich zum Geschiebe- und<br />

Suspensionst<strong>ra</strong>nsport, bei denen die Wa<strong>sse</strong>rströmung<br />

die treibende K<strong>ra</strong><strong>ft</strong> ist, kann<br />

das Sohlenmaterial auch durch rein g<strong>ra</strong>vitationsinduzierte<br />

Vorgänge, wie etwa eine<br />

Böschungsrutschung, verlagert werden.<br />

Diese Proze<strong>sse</strong> werden vereinfacht mit<br />

einem geometrischen Modell in Abhängigkeit<br />

des kritischen Böschungswinkels<br />

abgebildet.<br />

2.5 Anfangs- und Randbedinungen<br />

Bei einem numerischen Modell beschreiben<br />

die Anfangsbedingungen den Zustand<br />

des gesamten Modells zu Beginn<br />

der Simulation und die Randbedingungen<br />

(stationär oder zeitlich veränderlich) die<br />

Grö<strong>sse</strong>n an de<strong>sse</strong>n Be<strong>ra</strong>ndung. Die wohl<br />

wichtigste Anfangsbedingung für die hier<br />

aufgezeigten numerischen Modelle ist die<br />

Topog<strong>ra</strong>phie. Üblicherweise liegen die<br />

topog<strong>ra</strong>phischen Informationen für ein<br />

Fliessgewä<strong>sse</strong>r in Form von Gerinnequerprofilen<br />

vor. Vielfach werden die Profile<br />

mit beachtlichem Abstand aufgenommen<br />

und haben dementsprechend für die Zwischenräume<br />

einen vagen Informationsgehalt.<br />

Mit Hilfe von Lu<strong>ft</strong>bildern sowie<br />

Kenntnis der Situation vor Ort kann aus<br />

einer meist dünnen Datenlage das Optimum<br />

gewonnen werden. Insbesondere bei<br />

2D-Modellen werden die Querprofildaten<br />

entlang des Fliesswegs interpoliert um ein<br />

verdichtetes Höhenmodell zu erhalten. Für<br />

das Umland hingegen existieren üblicherweise<br />

Höheninformationen in guter räumlicher<br />

Auflösung (z.B. Daten basierend auf<br />

Lase<strong>ra</strong>btastung). Bei der Umwandlung der<br />

topog<strong>ra</strong>phischen Rohdaten in ein zweckmässiges<br />

Berechnungsgitter ist auf die<br />

Definition von Bruchkanten besonderes<br />

Augenme<strong>rk</strong> zu legen. Nebst der Topog<strong>ra</strong>phie<br />

gibt es weitere Anfangsbedingungen,<br />

wie etwa die Gerinne<strong>ra</strong>uheit, anfängliche<br />

Wa<strong>sse</strong>rspiegellagen oder die Zusammensetzung<br />

der Gerinnesohle.<br />

Die Randbedingungen für die<br />

Strömungsberechnung können auf verschiedene<br />

Art und Weise definiert werden.<br />

Als Zufluss<strong>ra</strong>ndbedingung können<br />

z.B. repräsentative Abflussganglinien von<br />

Messstationen des BAFU oder Resultate<br />

eines hydrologischen Modells verwendet<br />

werden. Dabei wird am Zufluss<strong>ra</strong>nd von<br />

Normalabflussbedingungen ausgegangen<br />

um lokale Instabilitäten zu vermeiden.<br />

Für die Randbedingung am Abfluss<strong>ra</strong>nd<br />

stehen verschiedene Ansätze wie etwa<br />

Wa<strong>sse</strong>rstands-Abfluss-Beziehungen<br />

oder hyd<strong>ra</strong>ulische Strukturen wie Wehre<br />

oder Schützen zur Verfügung. Der Einsatz<br />

dieser Strukturen innerhalb des Rechengebiets<br />

ist ebenfalls möglich, wobei diese<br />

dann als «innere Randbedingungen» bezeichnet<br />

werden.<br />

Im Vergleich zu hydrologischen<br />

Informationen ist die Datengrundlage für<br />

Simulationen des Sedimentt<strong>ra</strong>nsports<br />

meistens spärlich. Zur Bestimmung der<br />

Zufluss<strong>ra</strong>ndbedingung kann, sofern vorhanden,<br />

auf Geschiebehaushaltsstudien<br />

zurückgegriffen werden oder es muss anhand<br />

von Abschätzungen über den totalen<br />

jährlichen Sedimenteint<strong>ra</strong>g eine Geschiebefunktion<br />

in Abhängigkeit des hyd<strong>ra</strong>ulischen<br />

Abflusshydrog<strong>ra</strong>phen konstruiert<br />

werden. Diese Funktion hängt massgeblich<br />

von den verwendeten Ansätzen für den<br />

Sedimentt<strong>ra</strong>nsport ab und basiert o<strong>ft</strong> auf<br />

der Annahme, dass die ganze T<strong>ra</strong>nsportkapazität<br />

ausgeschöp<strong>ft</strong> wird.<br />

3. Erweiterungen<br />

und Spezialitäten<br />

3.1. Effizienzsteigerung<br />

Anwendungen von numerischen Modellen<br />

in der Ingenieurp<strong>ra</strong>xis sind üblicherweise<br />

mit Terminvorgaben verbunden und erfordern<br />

diesbezüglich eine überschaubare<br />

Berechnungszeit. Dies lässt sich<br />

einerseits durch ein wohlgewähltes Berechnungsgitter<br />

erzielen, bei dem kleine<br />

Gitterzellen nicht an der Stelle tendenziell<br />

gro<strong>sse</strong>r Geschwindigkeiten zu liegen<br />

kommen. Andererseits gibt es so<strong>ft</strong>waretechnische<br />

Ansätze wie die bei BASE-<br />

MENT implementierte Pa<strong>ra</strong>llelisierung der<br />

Berechnungsverfahren. Dieser Ansatz ist<br />

vor allem seit der Ausstattung handelsüblicher<br />

Computer mit Meh<strong>rk</strong>ernprozessoren<br />

zweckmässig, wobei der Benutzer<br />

die Anzahl der eingesetzten Rechenkerne<br />

selber wählen kann. Jedoch ist die Anwendung<br />

des pa<strong>ra</strong>llelisierten Modells kein<br />

Allerheilmittel gegen lange Rechenzeiten,<br />

da andere Faktoren wie die vo<strong>ra</strong>ngehend<br />

erwähnte Qualität des Berechnungsgitters<br />

oder die Auslastung der einzelnen Rechenkerne<br />

ebenfalls eine Rolle spielen.<br />

Bezüglich Simulationen mit Sedimentt<strong>ra</strong>nsport<br />

gibt es verschiedene Möglichkeiten,<br />

die Effizienz der Berechnung zu<br />

steigern. Zu diesen zählen vorbereitende<br />

Massnahmen wie die Reduktion des Simu-<br />

Bild 5. Möglichkeiten zur Kopplung des<br />

1D- und 2D-Modells von BASEMENT.<br />

lationszeit<strong>ra</strong>ums auf t<strong>ra</strong>nsportwi<strong>rk</strong>same<br />

Phasen oder die Verwendung von nur einer<br />

repräsentativen Korngrö<strong>sse</strong>. Des Weiteren<br />

bietet BASEMENT einen numerischen Ansatz<br />

an, der als quasi-stationärer Berechnungszyklus<br />

bezeichnet wird. Dabei wird<br />

für geeignete Situationen davon ausgegangen,<br />

dass Veränderungen der Gerinnesohle<br />

eher langsam erfolgen und deren<br />

Einfluss auf die Wa<strong>sse</strong>rströmung für einen<br />

gegebenen Zeitabschnitt vernachlässigbar<br />

ist. Die erwähnten Möglichkeiten sind<br />

in den meisten Fällen ein sehr effektives<br />

Mittel um die Berechnungszeit zu reduzieren.<br />

Zu deren erfolgreichen Anwendung ist<br />

jedoch eine gewi<strong>sse</strong> Erfahrung bezüglich<br />

der Modellierung mit Sedimentt<strong>ra</strong>nsport<br />

unabdingbar.<br />

3.2. Kopplung der Modelle<br />

Für grossräumige Flussgebiete mit unterschiedlichen<br />

F<strong>ra</strong>gestellungen mag es<br />

sinnvoll sein, das Berechnungsgebiet in<br />

einzelne Bereiche zu unterteilen, um eine<br />

effiziente Simulation zu ermöglichen. Konkret<br />

bedeutet dies, dass gewi<strong>sse</strong> Flussabschnitte<br />

vereinfacht als 1D-Modell betrieben<br />

werden können und in Bereichen<br />

wo ein grö<strong>sse</strong>rer Detailg<strong>ra</strong>d gefordert ist<br />

oder horizontal zweidimensionale Strömungsverhältni<strong>sse</strong><br />

eine Rolle spielen ein<br />

2D-Modell eingesetzt werden kann. Dazu<br />

bietet BASEMENT die Möglichkeit, die<br />

beiden Simulationsansätze auf verschiedene<br />

Weise miteinander zu koppeln (siehe<br />

316 «Wa<strong>sse</strong>r Energie Lu<strong>ft</strong>» – 103. Jahrgang, 2011, He<strong>ft</strong> 4, CH-5401 Baden


Bild 5). So ist es beispielsweise möglich,<br />

die Ausbreitung einer Hochwa<strong>sse</strong>rwelle in<br />

einem Flussschlauch in einer Dimension<br />

zu berechnen und etwaige Ausuferungen<br />

mit einer gekoppelten 2D-Region zu simulieren.<br />

Dabei können auch allfällige Rückstau-<br />

oder Rückflu<strong>sse</strong>ffekte berücksichtigt<br />

werden.<br />

3.3. Regelung<br />

Der Betrieb von Stauhaltungen in Flü<strong>sse</strong>n<br />

oder die Abflussregulierung von Seen<br />

unterliegen häufig einem vorgegebenen<br />

Reglement. Zur Berücksichtigung solcher<br />

Verhältni<strong>sse</strong> bietet die So<strong>ft</strong>ware den<br />

Einsatz von pa<strong>ra</strong>metrisierten Reglern, für<br />

welche zweckmässige Sollgrö<strong>sse</strong>n wie<br />

etwa Abfluss oder Wa<strong>sse</strong>rspiegel und<br />

Stellgrö<strong>sse</strong>n von Abflussorganen definiert<br />

werden können. Dadurch la<strong>sse</strong>n sich z.B.<br />

Wehre und Schützen gemäss den vorgegebenen<br />

Zielkriterien automatisch regeln.<br />

Ebenso kann mittels der Regelung der unbestimmte<br />

Abfluss eines Zubringers abgeschätzt<br />

werden.<br />

3.4. Turbulenzmodell<br />

Bei den vorliegenden Modellen sind einerseits<br />

turbulente Effekte aufgrund der Beschaffenheit<br />

der Gerinnesohle pauschal<br />

in den entsprechenden Ansätzen für die<br />

Gerinne<strong>ra</strong>uheit enthalten. Andererseits<br />

können bei horizontal zweidimensionalen<br />

Strömungen Situationen au<strong>ft</strong>reten, bei<br />

denen der Einfluss der Turbulenz massgebend<br />

sein kann, wie z.B. bei Nischenströmungen<br />

oder bei Einmündungen in einen<br />

flachen See. Zur numerischen Simulation<br />

solcher Vorgänge mit Berücksichtigung<br />

der Turbulenz mü<strong>sse</strong>n die Gleichungen<br />

des tiefengemittelten 2D-Modells erweitert<br />

werden. Als einfacher Ansatz bietet<br />

sich dazu die Verwendung eines Wirbelviskositätsmodells,<br />

wie in BASEMENT<br />

implementiert, an. Dabei kann eine turbulente<br />

Viskosität vorgegeben werden, welche<br />

in Kombination mit der Veränderung<br />

des Geschwindigkeitsg<strong>ra</strong>dienten einen<br />

zusätzlichen Strömungswiderstand bewi<strong>rk</strong>t,<br />

häufig auch als «innere Reibung»<br />

bezeichnet.<br />

4. Genauigkeit und Aufwand<br />

Die Genauigkeit numerischer Resultate<br />

hängt massgeblich vom verwendeten Verfahren<br />

und de<strong>sse</strong>n vereinfachenden Annahmen<br />

sowie von der Qualität der Daten<br />

für die Topog<strong>ra</strong>phie und der Randbedingungen<br />

ab. Bei der Anwendung numerischer<br />

Verfahren gilt im Allgemeinen, dass<br />

sich der numerische Fehler bei höheren<br />

Gitte<strong>ra</strong>uflösungen ve<strong>rk</strong>leinert. Dieses Ver-<br />

halten wird als Konvergenz bezeichnet.<br />

Bei p<strong>ra</strong>ktischen Anwendungen ist die Gitte<strong>ra</strong>uflösung<br />

allerdings beschränkt durch<br />

die da<strong>ra</strong>us resultierende Rechenzeit. Ein<br />

numerisches Resultat ist daher immer ein<br />

Kompromiss zwischen Genauigkeit und<br />

Berechnungsaufwand.<br />

Generell sollte der Aufwand für<br />

numerische Simulationen nicht unterschätzt<br />

werden. Ein lauffähiges Modell<br />

kann bereits mit geringem Aufwand erstellt<br />

werden. Für qualitativ hochstehende<br />

und quantitativ belastbare Resultate ist<br />

allerdings eine vertie<strong>ft</strong>e Auseinandersetzung<br />

mit der Problemstellung und deren<br />

Umsetzung unabdingbar. Bereits die Gittererstellung<br />

kann entscheidend sein für<br />

die Stabilität der Simulation, den zeitlichen<br />

Rechenaufwand aber auch für die Güte der<br />

Resultate. Um Probleme im späteren Verlauf<br />

der Simulationen zu vermeiden, ist ein<br />

zeitlicher Meh<strong>ra</strong>ufwand für die Gittererstellung<br />

in den meisten Fällen lohnenswert.<br />

Für 2D-Modelle ist bei der Gittererstellung<br />

ein besonderes Augenme<strong>rk</strong> auf<br />

die vorhandenen Bruchkanten zu legen.<br />

Nach der Interpolation der Höheninformation<br />

auf das Rechengitter sollten wichtige<br />

Bruchkanten nochmals kontrolliert und<br />

bei Bedarf angepasst werden. Dadurch<br />

können au<strong>ft</strong>retende Schwachstellen, wie<br />

z.B. ein intakter Hochwa<strong>sse</strong>rdamm de<strong>sse</strong>n<br />

Kronenverlauf aufgrund von Interpolationsfehlern<br />

nicht durchgehend modelliert<br />

wird, im Vornherein beseitigt werden.<br />

Ein anderer Schwachpunkt eines Modells<br />

liegt häufig auch in den Randbedingungen.<br />

Eine ungünstige Definition der Randbedingungen<br />

oder deren Vorgabe an einer ungeeigneten<br />

Stelle kann zu fluktuierendem<br />

Bild 6. Simulierte Wa<strong>sse</strong>rtiefen in einer Flussaufweitung.<br />

Verhalten der Randbedingungen führen.<br />

Zum Beispiel ist es <strong>ra</strong>tsam zu überprüfen,<br />

ob der definierte Zuflussquerschnitt eine<br />

genügende Kapazität bezüglich des maximal<br />

vorgesehenen Zuflu<strong>sse</strong>s aufweist<br />

und ob das lokale Normalabflussgefälle<br />

pa<strong>sse</strong>nd gewählt ist. Des Weiteren ist es<br />

üblich, die Randbedingungen möglichst<br />

weit weg vom eigentlich interessierenden<br />

Gebiet anzuordnen um eventuelle Randeffekte<br />

zu minimieren.<br />

Für eine konkrete p<strong>ra</strong>xisbezogene<br />

Problemstellung sollte der Anwender die<br />

zugrundeliegenden Modellannahmen beachten.<br />

Für die ein- und zweidimensionalen<br />

hyd<strong>ra</strong>ulischen Modelle wird eine hydrostatische<br />

Druckverteilung angenom men.<br />

Zudem gelten die Gleichungen streng -<br />

genommen nur für mode<strong>ra</strong>te Sohlneigungen<br />

und kleine Gefällsänderungen.<br />

Auch Geschiebet<strong>ra</strong>nsportformeln gelten<br />

meistens nur für einen eingeschränkten<br />

Bereich betreffend des Korndurchme<strong>sse</strong>rs<br />

oder dem Gefälle der Sohle. Deshalb<br />

wird ein numerisches Modell üblicherweise<br />

kalibriert, um allfällige Unzulänglichkeiten<br />

über das gesamte Modellgebiet zu<br />

minimieren und ein konsistentes Modell zu<br />

erhalten. Bei der Kalibrierung werden die<br />

massgebenden Modellpa<strong>ra</strong>meter wie etwa<br />

die Gerinne<strong>ra</strong>uheit solange variiert, bis das<br />

Simulationsresultat einem geme<strong>sse</strong>nen<br />

Referenzzustand bestmöglich entspricht.<br />

Dennoch werden in vielen p<strong>ra</strong>ktischen Fällen<br />

die oben erwähnten Grundannahmen<br />

lokal im Modellgebiet verletzt, wo<strong>ra</strong>us Abweichungen<br />

der Berechnungsresultate zu<br />

geme<strong>sse</strong>nen Werten resultieren. Letztendlich<br />

muss der Modellierer entscheiden,<br />

ob die gewählten Pa<strong>ra</strong>meter und die<br />

«Wa<strong>sse</strong>r Energie Lu<strong>ft</strong>» – 103. Jahrgang, 2011, He<strong>ft</strong> 4, CH-5401 Baden 317<br />

Flussgebietsmanagement


Flussgebietsmanagement<br />

Kalibrierung des Modells zweckmässig für<br />

die F<strong>ra</strong>gestellung sind. Zur Unterstützung<br />

eines solchen Entscheids ist, wenn immer<br />

möglich, eine Validierung anhand eines<br />

zum Kalibrierungslastfall deutlich unterschiedlichen<br />

Lastfalls durchzuführen.<br />

Berechnungen mit Sedimentt<strong>ra</strong>nsport<br />

benötigen vielfach einen erheblichen<br />

Kalibrierungsaufwand. Im Vergleich zur<br />

reinen Hyd<strong>ra</strong>ulik existiert eine ungleich<br />

grö<strong>sse</strong>re Anzahl an Pa<strong>ra</strong>metern, welche<br />

zur Kalibrierung verändert werden können.<br />

Zusätzlich beruhen die Randbedingungen<br />

bezüglich des zugeführten Sedimentvolumens<br />

meistens auf groben Abschätzungen<br />

und haben gleichzeitig einen gro<strong>sse</strong>n Einfluss<br />

auf die Resultate. Vielfach können<br />

Modelle mit Sedimentt<strong>ra</strong>nsport nicht ausreichend<br />

kalibriert und validiert werden,<br />

weil keine topog<strong>ra</strong>phischen Informationen<br />

zu verschiedenen Zeitpunkten existieren.<br />

All diesen Unsicherheiten ist Rechnung<br />

zu t<strong>ra</strong>gen, indem die Berechnungsergebni<strong>sse</strong><br />

kritisch begutachtet und auf ihre<br />

Plausibilität geprü<strong>ft</strong> werden.<br />

5. Anwendungen<br />

Im Folgenden werden typische Problemstellungen<br />

anhand von konkreten Anwendungen<br />

aus der P<strong>ra</strong>xis vorgestellt.<br />

5.1. Hyd<strong>ra</strong>ulische Wi<strong>rk</strong>ungsweise<br />

einer Flussaufweitung (2D)<br />

An einem kanalisierten Fliessgewä<strong>sse</strong>r<br />

wird eine Flussaufweitung geplant, um<br />

den Hochwa<strong>sse</strong>rschutz zu verbe<strong>sse</strong>rn<br />

und gleichzeitig die ökologische Vielfalt<br />

zu fördern. Ein regulierbares Wehr in der<br />

Flussaufweitung dient als Hochwa<strong>sse</strong>rentlastung<br />

für extreme Ereigni<strong>sse</strong>.<br />

Mit einer rein hyd<strong>ra</strong>ulischen 2D-<br />

Simulation wurde die Wi<strong>rk</strong>ungsweise der<br />

Flussaufweitung bestimmt (siehe Bild 6).<br />

Zu diesem Zweck wurden diverse Lastfälle<br />

simuliert. Von Intere<strong>sse</strong> waren insbesondere<br />

die Strömungsrichtungen sowie die<br />

maximalen Fliessgeschwindigkeiten und<br />

Wa<strong>sse</strong>rstände während den definierten<br />

Hochwa<strong>sse</strong>rereigni<strong>sse</strong>n. Diese Ergebni<strong>sse</strong><br />

aus den numerischen Simulationen<br />

wurden als Randbedingung für ein physikalisches<br />

Modell der geplanten Hochwa<strong>sse</strong>rentlastung<br />

innerhalb der Flussaufweitung<br />

verwendet.<br />

5.2. Automatische Regelung am<br />

Beispiel Mittellandseen (1D)<br />

Mit einem Testfall wurden die Fähigkeiten<br />

der So<strong>ft</strong>ware bezüglich Regelung<br />

von hyd<strong>ra</strong>ulischen Strukturen in einem<br />

grossräumigen Flussgebiet eruiert. Das<br />

numerische Modell beinhaltet die drei<br />

Bild 7. Simulierte Sohlendifferenzen des Alpenrheins in 1D von verschiedenen Massnahmen<br />

nach einer Simulationszeit von 50 Jahren gegenüber der Ausgangslage im<br />

Jahr 2005 (Null-Linie).<br />

Ju<strong>ra</strong><strong>ra</strong>ndseen mit ihren Verbindungskanälen<br />

sowie Teile der Aare und der Emme.<br />

Für die Modellierung wurde das gesamte<br />

Gebiet in einzelne 1D-Modelle unterteilt,<br />

welche untereinander gekoppelt sind und<br />

insgesamt über 800 Querprofile enthalten.<br />

Die Grenzen der einzelnen Modellgebiete<br />

wurden durch die fünf vorhandenen Flussk<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>e<br />

bestimmt. Die Abflussregulierungs-Reglemente<br />

der einzelnen Wehre<br />

sind unterschiedlich.<br />

Das Modell wurde anhand eines<br />

drei Monate langen Ereigni<strong>sse</strong>s von 2005<br />

kalibriert und anschlie<strong>sse</strong>nd anhand eines<br />

Ereigni<strong>sse</strong>s aus dem Jahr 2007 erfolgreich<br />

validiert. Danach wurden mit dem<br />

validierten Modell verschiedene Szenarien<br />

bezüglich der Staustufen sowie der Seeregulierung<br />

berechnet. Die Simulationen auf<br />

einem handelsüblichen Computer waren<br />

um mehrere tausend Faktoren schneller<br />

als die Ereigni<strong>sse</strong> in Realität. Somit konnte<br />

gezeigt werden, dass die So<strong>ft</strong>ware BASE-<br />

MENT für grossräumige Simulationen mit<br />

regulierten Strukturen geeignet ist.<br />

5.3. Einfluss von flussbaulichen<br />

Eingriffen auf die Sohlenentwicklung<br />

am Alpenrhein (1D)<br />

Am Alpenrhein zwischen der Illmündung<br />

und dem Bodensee soll der Schutz vor<br />

Hochwa<strong>sse</strong>rereigni<strong>sse</strong>n verbe<strong>sse</strong>rt und<br />

gleichzeitig den Anliegen der Bereiche<br />

Grundwa<strong>sse</strong>rnutzung, Ökologie, Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong><br />

und Naherholung be<strong>sse</strong>r Rechnung<br />

get<strong>ra</strong>gen werden. Regelmässige Vermessungen<br />

der Sohle des Alpenrheins zeigen,<br />

dass die Sohle in den letzten 40 Jahren<br />

insgesamt leicht aufgeschottert wurde.<br />

Bauliche Massnahmen werden die langfristige<br />

Entwicklung der Sohle weiter ver-<br />

ändern. Um diese Veränderungen für die<br />

nächsten 50 Jahre zu quantifizieren, wurden<br />

in einer ersten Planungsphase verschiedene<br />

Massnahmenvarianten simuliert.<br />

Aufgrund des 50 km umfa<strong>sse</strong>nden<br />

Modellgebiets und der langen Zeitdauer<br />

wurden die Simulationen in einer Dimension<br />

durchgeführt.<br />

Für den Geschiebet<strong>ra</strong>nsport wurde<br />

ein Meh<strong>rk</strong>ornverfahren mit acht Kornf<strong>ra</strong>ktionen<br />

verwendet. Das Modell wurde aufgrund<br />

einer zehnjährigen Periode kalibriert<br />

und anschlie<strong>sse</strong>nd anhand eines anderen<br />

20-jährigen Zeit<strong>ra</strong>ums validiert. Die unterschiedlichen<br />

Verhältni<strong>sse</strong> im Kalibrierungs-<br />

und Validierungszeit<strong>ra</strong>um konnten<br />

die Güte des numerischen Modells belegen.<br />

Mit dem validierten Modell wurde<br />

dann die Sohlenentwicklung von sieben<br />

verschiedenen Massnahmenvarianten für<br />

die nächsten 50 Jahre simuliert und im Hinblick<br />

auf das zu erreichende Hochwa<strong>sse</strong>rschutzziel<br />

evaluiert (siehe Bild 7).<br />

Die Prognoserechnungen zeigten,<br />

dass grundsätzlich eine Tendenz zur Auflandung<br />

bestehen bleibt. Die Sohlenentwicklung<br />

hängt primär von der Menge des<br />

einget<strong>ra</strong>genen Geschiebes ab. Wenn die<br />

Unsicherheiten der einget<strong>ra</strong>genen Geschiebemengen<br />

eingegrenzt werden, liefert<br />

das numerische Modell belastbare<br />

Resultate.<br />

5.4. Morphologische Entwicklung<br />

einer Flussmündung in einen<br />

See am Beispiel der Rheinvorstreckung<br />

Der Alpenrhein mündet in Form eines<br />

künstlichen Gerinnes – die sogenannte<br />

Rheinvorstreckung – in den Bodensee.<br />

Dabei werden gro<strong>sse</strong> Mengen an feinkör-<br />

318 «Wa<strong>sse</strong>r Energie Lu<strong>ft</strong>» – 103. Jahrgang, 2011, He<strong>ft</strong> 4, CH-5401 Baden


Bild 8. Sohlentopog<strong>ra</strong>phie im Bereich der Rheinvorstreckung in den Bodensee.<br />

nigem Sediment in die Vorstreckung und<br />

den Bodensee einget<strong>ra</strong>gen. Um langfristige<br />

Prognosen über die Sohlenentwicklung<br />

des Vorstreckungsgerinnes zu ermöglichen,<br />

wurde ein numerisches Modell des<br />

Mündungsbereichs in zwei Dimensionen<br />

erstellt (siehe Bild 8). Die Topog<strong>ra</strong>phie der<br />

Rheinvorstreckung ist zu zwei Zeitpunkten<br />

im Abstand von etwa 500 Tagen bekannt.<br />

Ausgehend vom früheren Zeitpunkt wurde<br />

das numerische Modell dahingehend kalibriert,<br />

dass die geme<strong>sse</strong>nen Sohlendifferenzen<br />

durch die Simulation qualitativ und<br />

quantitativ reproduziert werden konnten.<br />

Für die Sedimentumlagerungen<br />

wurde aufgrund der kleinen Korndurchme<strong>sse</strong>r<br />

primär Suspensionst<strong>ra</strong>nsport<br />

modelliert. Bei der Bestimmung der sedimentologischen<br />

Randbedingungen<br />

weist insbesondere die Bestimmung der<br />

Schwebstoffkonzent<strong>ra</strong>tion in Abhängigkeit<br />

des Abflu<strong>sse</strong>s eine hohe Unsicherheit<br />

auf. Um das Modell für Langzeitprognosen<br />

verwenden zu können, muss noch eine<br />

Validierung über einen anderen Zeit<strong>ra</strong>um<br />

erb<strong>ra</strong>cht werden.<br />

Die Berechnung läu<strong>ft</strong> auf einem<br />

handelsüblichen Computer durchschnittlich<br />

etwa 300 Mal schneller als in Realität.<br />

Das Modell ist somit in der Lage, Langzeitsimulationen<br />

über mehrere Jahre mit vertretbarem<br />

Aufwand zu simulieren.<br />

5.5. Abschätzung der Habitatsvielfalt<br />

am Beispiel der Sense<br />

Die Sense ist ein Fluss, welcher sich streckenweise<br />

noch in seinem natürlichen Zustand<br />

befindet. Für einen zwei Kilometer<br />

langen Abschnitt mit der Cha<strong>ra</strong>kteristik<br />

eines verzweigten Gerinnes wurde ein<br />

Modell in zwei Dimensionen erstellt. Für<br />

die Kalibrierung des Modells standen umfangreiche<br />

Daten wie Fliessgeschwindig-<br />

keiten und Abflusstiefen zu verschiedenen<br />

Abflusszuständen zur Verfügung.<br />

Mit dem kalibrierten Modell wurden<br />

die Auswi<strong>rk</strong>ungen von verschiedenen Geschiebet<strong>ra</strong>nsportformeln<br />

(Ein- und Meh<strong>rk</strong>orn)<br />

auf die Morphologie und die Veränderungen<br />

der hyd<strong>ra</strong>ulischen Habitatstypen<br />

untersucht. Dazu wurde eine Abflussganglinie<br />

über ein Jahr simuliert. Es konnte gezeigt<br />

werden, dass das Geschiebe im untersuchten<br />

Abschnitt nur umgelagert wird<br />

und sich die Habitatsvielfalt nicht verändert.<br />

Dies belegt, dass sich die Sense im<br />

Modellperimeter in einem Gleichgewichtszustand<br />

befindet. Die Indikatoren für die<br />

Habitatsvielfalt liefern allerdings nur für<br />

hohe Gitte<strong>ra</strong>uflösungen verwertbare Resultate.<br />

6. Zukün<strong>ft</strong>ige Entwicklungen<br />

Der vorliegende Beit<strong>ra</strong>g beschreibt die<br />

grundlegenden Fähigkeiten und einige<br />

Spezialitäten des Simulationsmodells<br />

BASEMENT. Die aktuelle Version der<br />

So<strong>ft</strong>ware ist auf der Webseite www.basement.ethz.ch<br />

abrufbar und beinhaltet eine<br />

Vielzahl an weiteren Details auf welche<br />

hier nicht weiter eingegangen wurde. Der<br />

heutige Stand des Prog<strong>ra</strong>mms ermöglicht<br />

dem Benutzer die numerische Simulation<br />

von Fliessgewä<strong>sse</strong>rn mit Sedimentt<strong>ra</strong>nsport<br />

zur Untersuchung p<strong>ra</strong>xisrelevanter<br />

sowie wi<strong>sse</strong>nscha<strong>ft</strong>licher F<strong>ra</strong>gestellungen.<br />

Dennoch ist die Entwicklung der<br />

So<strong>ft</strong>ware nicht als abgeschlo<strong>sse</strong>n zu bet<strong>ra</strong>chten.<br />

Einerseits besteht nach wie vor<br />

Potenzial zur Effizienzsteigerung der Modelle<br />

sowie für funktionale Erweiterungen,<br />

wie z.B. eine gebietsinterne Kopplung der<br />

Modelle zur Simulation von Durchlä<strong>sse</strong>n<br />

sowie Stollen mit Druckabfluss, die Erweiterung<br />

des Geschiebet<strong>ra</strong>nsports für Situationen<br />

mit Nichtgleichgewichtst<strong>ra</strong>nsport,<br />

BASEMENT<br />

Das Prog<strong>ra</strong>mm BASEMENT und die<br />

dazugehörige Dokumentation (Faeh et<br />

al. 2011) sind kostenlos erhältlich unter<br />

www.basement.ethz.ch. Dort sind<br />

ebenfalls Eingabedateien für verschiedene<br />

Übungsbeispiele und Testfälle<br />

abrufbar, was den Einstieg in die numerische<br />

Modellierung erleichtern soll.<br />

die Berück sichtigung von Sekundärströmungseffekten<br />

oder die Implementierung<br />

eines effizienten dreidimensionalen Strömungsmodells.<br />

Andererseits generiert die<br />

zunehmende Anwendung des Prog<strong>ra</strong>mms<br />

neue Anforderungen, wie etwa eine be<strong>sse</strong>re<br />

Benutzerfreundlichkeit, eine erweiterte<br />

Funktionalität der g<strong>ra</strong>fischen Benutzeroberfläche<br />

oder die Kombination der<br />

Simulationsso<strong>ft</strong>ware mit heute gängigen<br />

Geoinformationssystemen. Bei der Entwicklung<br />

der So<strong>ft</strong>ware waren Qualität,<br />

Flexibilität und Stabilität, mit Hinblick auf<br />

eine p<strong>ra</strong>xisorientierte Anwendung, stets<br />

die Schwerpunkte. Dieser Fokus soll für<br />

die weitere Entwicklung von BASEMENT<br />

beibehalten werden.<br />

Verdankung<br />

Die Entwicklung der Simulationsso<strong>ft</strong>ware<br />

BASEMENT wurde vom Bundesamt für Umwelt<br />

(BAFU) unterstützt.<br />

Lite<strong>ra</strong>tur<br />

Faeh, R., Mueller, R., Rouselot, P., Vetsch, D.,<br />

Volz, C., Vonwiller, L., Veprek, R., Farshi, D.<br />

(2011). System Manuals of BASEMENT, Version<br />

2.2. Labo<strong>ra</strong>tory of Hyd<strong>ra</strong>ulics, Glaciology<br />

and Hydrology (VAW). ETH Zurich.<br />

Anschri<strong>ft</strong> der Verfa<strong>sse</strong>r<br />

David Vetsch, Patric Rou<strong>sse</strong>lot, Roland Fäh<br />

VAW, ETH Zürich<br />

Gloriast<strong>ra</strong><strong>sse</strong> 37/39, CH-8092 Zürich<br />

vetsch@vaw.baug.ethz.ch<br />

rou<strong>sse</strong>lot@vaw.baug.ethz.ch<br />

faeh@vaw.baug.ethz.ch<br />

«Wa<strong>sse</strong>r Energie Lu<strong>ft</strong>» – 103. Jahrgang, 2011, He<strong>ft</strong> 4, CH-5401 Baden 319<br />

Flussgebietsmanagement


Flussgebietsmanagement<br />

Refuges à poissons aménagés dans les<br />

berges de rivières soumises aux éclusées<br />

Jean-Marc Ribi, Jean-Louis Boillat, Armin Peter, Anton Schleiss<br />

Résumé<br />

Dans la perspective d’atténuer les impacts des éclusées hydroélectriques, un refuge<br />

laté<strong>ra</strong>l a été étudié comme mesure de protection des poissons. Suivant une procédure<br />

expérimentale, des truites fario juvéniles ont été soumises à des vite<strong>sse</strong>s épuisantes<br />

dans un canal expérimental alimenté en eau de rivière. Ce canal long de 12 m,<br />

comporte un élargi<strong>sse</strong>ment rectangulaire local dans lequel une circulation d’eau est<br />

forcée par l’installation d’un épi de dérivation. Grâce à cet artifice, la majeure partie des<br />

poissons impliqués dans les essais se dirige vers le refuge. En optimisant la position<br />

et l’orientation de cet épi, le taux de présence moyen a atteint 87%. Recherchant à<br />

déceler les conditions hyd<strong>ra</strong>uliques qui attirent les poissons, des champs de vite<strong>sse</strong>s<br />

2D ont été simulés dans le plan horizontal et des profils de vite<strong>sse</strong>s verticaux ont été<br />

mesurés par ult<strong>ra</strong>sons. Cette documentation a permis de reconnaître les vite<strong>sse</strong>s<br />

recherchées par les poissons pour rejoindre le refuge. Sur cette base la configu<strong>ra</strong>tion<br />

la plus prometteuse a été identifiée, et des recommandations sont proposées pour<br />

la réalisation de prototypes de refuges en rivière.<br />

Zusammenfassung<br />

Um die Auswi<strong>rk</strong>ungen von Schwall und Sunk in Flü<strong>sse</strong>n unterhalb Speiche<strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>en<br />

zu vermindern, wurde die Wi<strong>rk</strong>ung von an Ufern angeordneten Buchten untersucht,<br />

welche als Fischrefugien dienen können. Die experimentelle Studie wurde in einem<br />

Versuchskanal mit Flusswa<strong>sse</strong>r und Forellenjährlingen durchgeführt, indem letztere<br />

Fliessbedingungen ausgesetzt wurden wie sie bei Schwall und Sunk vo<strong>rk</strong>ommen. In<br />

einem Kanal von 12 m Länge wurde seitlich eine rechteckförmige Bucht als Fischrefugium<br />

angeordnet. Eine Umlenkbuhne bewi<strong>rk</strong>te dass eine bestimmte Abflussmenge<br />

vom Kanal in diese Bucht umgelenkt wurde. Dank dieser in die Bucht eintretende Abflussmenge,<br />

wurden die meisten Fische von diesem Refugium während Schwall und<br />

Sunk angezogen. Mit einer optimalen Ausgestaltung dieser Umlenkbuhne resp. -insel<br />

konnte ein mittlere Aufenthaltszeit der Fische im Refugium von 87% erreicht werden.<br />

Um die hyd<strong>ra</strong>ulischen Bedingungen be<strong>sse</strong>r zu verstehen, welche für die Lockströmung<br />

in die Bucht ve<strong>ra</strong>ntwortlich sind, wurden 2D-Strömungsberechnungen durchgeführt<br />

sowie die horizontalen und vertikalen Geschwindigkeitsverteilungen im Versuchskanal<br />

mit Ult<strong>ra</strong>schallsonden geme<strong>sse</strong>n. Die beobachteten Fliesswege der Fische in<br />

die seitliche Bucht geben einen klaren Hinweis über die Geschwindigkeitsverteilung,<br />

welche erforderlich ist, so dass die meisten Fische das Refugium schnell finden. Aufgrund<br />

der erfolgversprechendsten Anordnung von Bucht und Umlenkbuhne können<br />

erste Empfehlungen für die Umsetzung von Uferbuchten als Rückzugmöglichkeit für<br />

Fische während Schwall und Sunk in Fliessgewä<strong>sse</strong>rn abgegeben werden.<br />

1. Problématique des éclusées<br />

La problématique des éclusées est associée<br />

à la production d’électricité à partir des<br />

cent<strong>ra</strong>les hyd<strong>ra</strong>uliques à accumulation. Par<br />

vocation, la production d’électricité répond<br />

à la demande des consommateurs dont<br />

elle suit les variations au cours du temps.<br />

Les aménagements hydroélectriques<br />

constitués d’un ou plusieurs réservoirs,<br />

sont particulièrement bien adaptés pour<br />

produire l’énergie électrique nécessaire<br />

pour couvrir les pointes journalières. En<br />

Sui<strong>sse</strong>, la production des cent<strong>ra</strong>les à<br />

accumulation représente plus du tiers de la<br />

consommation totale. Selon les prévisions,<br />

il est encore possible, d’augmenter la<br />

production de ces aménagements de 6%<br />

en moyenne annuelle, et de 20% en hiver<br />

(Schleiss, 2007). Les rivières alpines et<br />

préalpines d’importance sont directement<br />

Figure 1. Canal expérimental de la Maig<strong>ra</strong>uge,<br />

Fribourg (Sui<strong>sse</strong>).<br />

concernées.<br />

L’un des corollaires de ce mode<br />

d’exploitation dit «par éclusées», est une<br />

modification du régime hydrologique des<br />

cours d’eau concernés (Meile & al. 2011).<br />

Sans précautions particulières, le régime<br />

naturel est affecté la plupart du temps, par<br />

une alternance cadencée et monotone des<br />

débits, en aval des points de restitution.<br />

Il est alors question de débits maximaux<br />

valant de 10 à 40 fois les débits de base.<br />

Ces derniers correspondent en géné<strong>ra</strong>l<br />

aux débits naturels et dans certains cas<br />

aux débits de dotation. Depuis plus de<br />

3 décennies, les impacts négatifs de ce<br />

régime artificiel d’éclusées sont étudiés.<br />

Le <strong>ra</strong>pport final du projet «Réseau sui<strong>sse</strong><br />

poissons en diminution» (Fischnetz, 2004)<br />

relève une diminution de 60% de la prise<br />

de truites dans les rivières sui<strong>sse</strong>s depuis<br />

1980. La pauvreté en refuges naturels dans<br />

les rivières chenalisées, combinée avec<br />

le stress induit par les éclusées figurent<br />

parmi les causes du déclin piscicole<br />

observé. En relation avec les éclusées,<br />

Peter & Schager (Fischnetz, 2004)<br />

soulignent l’importance de la morphologie<br />

et du degré d’aménagement sur l’impact<br />

320 «Wa<strong>sse</strong>r Energie Lu<strong>ft</strong>» – 103. Jahrgang, 2011, He<strong>ft</strong> 4, CH-5401 Baden


écologique des éclusées. Ils préconisent<br />

l’amélio<strong>ra</strong>tion prioritaire de la qualité des<br />

habitats dans les tronçons influencés.<br />

Le <strong>ra</strong>pport de synthèse «Schwall/Sunk»<br />

du projet Rhône-Thur (2005), mentionne<br />

pour les régions alpines, les variations de<br />

la tempé<strong>ra</strong>ture de l’eau et de sa turbidité<br />

comme effets nuisibles des éclusées, en<br />

plus du colmatage des lits et des crues<br />

artificielles hivernales qui affectent les<br />

f<strong>ra</strong>yères. A propos des conséquences<br />

écologiques des éclusées, la revue<br />

bibliog<strong>ra</strong>phique de l’OFEV (2003) donne<br />

un état de l’art. Elle propose un cadre<br />

méthodologique pour l’évaluation des<br />

impacts et des recommandations pour<br />

atténuer leurs effets.<br />

2. Intérêt d’un refuge laté<strong>ra</strong>l<br />

pour les poissons<br />

Les préoccupations concernant la gestion<br />

des éclusées ne sont pas récentes.<br />

En 1939, Vibert affirmait que le maintien de<br />

débits minimaux en aval des bar<strong>ra</strong>ges ne<br />

constituait pas une mesure suffisante pour<br />

protéger les poissons. Plus récemment,<br />

Heller (2007) a proposé une gestion des<br />

débits d’éclusées par épanchement<br />

dans un aménagement hyd<strong>ra</strong>ulique à<br />

buts multiples, attenant au cours d’eau<br />

principal. Dans ce contexte, Pellaud<br />

(2007) a montré que la meilleure réponse<br />

écologique d’un tel aménagement résulte<br />

de la combinaison d’un marnage mitigé et<br />

d’une morphologie diversifiée des berges<br />

du cours d’eau. En réponse à ce dernier<br />

point, le refuge à poissons proposé ici<br />

contribue à l’amélio<strong>ra</strong>tion des habitats<br />

laté<strong>ra</strong>ux. Il fait suite aux t<strong>ra</strong>vaux de Meile<br />

(2007) qui a étudié l’influence de macrorugosités<br />

de berges sur l’atténuation des<br />

éclusées.<br />

Du<strong>ra</strong>nt les éclusées, les vite<strong>sse</strong>s<br />

d’écoulement élevées affaibli<strong>sse</strong>nt les<br />

poissons et provoquent leur dépéri<strong>sse</strong>ment<br />

ainsi que celui des invertébrés (Jungwirth<br />

& al., 2003). Lors de l’arrêt des turbines,<br />

l’abai<strong>sse</strong>ment <strong>ra</strong>pide du plan d’eau peut<br />

également ent<strong>ra</strong>iner l’échouage des<br />

poissons sur le subst<strong>ra</strong>t du lit majeur<br />

(Baumann & Klaus, 2003). Une dég<strong>ra</strong>dation<br />

géné<strong>ra</strong>le des habitats naturels est aussi<br />

observée le long des rivières concernées<br />

(Valentin & al. 1996, Ovidio & al. 2006,<br />

Gou<strong>ra</strong>ud & al. 2008). Elle est principalement<br />

engendrée par la modification du régime<br />

de charriage (Baumann & Klaus 2003,<br />

Eberstaller & Pinka 2001). Face à ces<br />

impacts, le refuge laté<strong>ra</strong>l s’inscrit comme<br />

mesure de protection des poissons contre<br />

les vite<strong>sse</strong>s d’écoulement excessives,<br />

dans les rivières soumises aux éclusées.<br />

Figure 2. Pa<strong>ra</strong>mètres hyd<strong>ra</strong>uliques du canal mis en relation avec les courbes de préférence<br />

de vite<strong>sse</strong> pour la truite fario au stade juvénile (tiré de Visma<strong>ra</strong> & al. 2001).<br />

Figure 3. Configu<strong>ra</strong>tions de refuge testées. Le t<strong>ra</strong>it g<strong>ra</strong>s représente la paroi de dérivation.<br />

3. Etude expérimentale<br />

Face à l’intérêt revêtu par l’installation de<br />

refuges laté<strong>ra</strong>ux, l’objectif de la présente<br />

recherche est d’en élaborer les formes et<br />

les conditions d’implantation, dans le but<br />

de maximiser leur taux d’occupation par les<br />

poissons lors des éclusées. Elle débouche<br />

sur des recommandations en vue de la<br />

réalisation de prototypes en rivière.<br />

L’approche expérimentale consiste<br />

à mettre des poissons en situation<br />

d’éclusée dans un canal comprenant<br />

un refuge laté<strong>ra</strong>l. Dans ce but, un canal<br />

ad hoc a été construit dans l’ancienne<br />

usine hydroélectrique de la Maig<strong>ra</strong>uge,<br />

à Fribourg (Sui<strong>sse</strong>). Ce site a été choisi<br />

car il bénéficie d’une alimentation en eau<br />

cou<strong>ra</strong>nte prélevée de la Sarine. D’une<br />

longueur utile de 12 m, le canal a une<br />

largeur de 1.2 m (Figure 1). Le refuge à<br />

parois vitrées, est aménagé en rive droite<br />

sur une largeur de 1.2 m et une longueur<br />

de 2 m. Le fond du canal, peint en blanc<br />

pour une meilleure visibilité des poissons,<br />

est constitué de galets colmatés au<br />

mortier. Le fond du refuge est recouvert<br />

de galets de rivière. L’éclusée est générée<br />

par l’ouverture de la vanne de régulation.<br />

Le débit est mesuré en continu, au même<br />

titre que la tempé<strong>ra</strong>ture de l’eau. Les<br />

dimensions du canal sont adaptées à<br />

l’espèce de poissons retenue pour les<br />

essais. Il s’agit en l’occurrence de la truite<br />

fario (Salmo trutta fario) juvénile (0+ et 1+).<br />

Elle a été choisie pour sa représentativité<br />

de la population des rivières sui<strong>sse</strong>s<br />

concernées par les éclusées, et son stade<br />

de croissance pour sa vulné<strong>ra</strong>bilité. De<br />

surcroit, elle a fait l’objet d’importantes<br />

recherches biologiques (Schager & Peter,<br />

2001–2002), notamment en relation avec<br />

les éclusées (Murchie & al. 2008, Gou<strong>ra</strong>ud<br />

& al. 2008, Flodma<strong>rk</strong> 2006, Valentin 1995,<br />

Scruton & al. 2003).<br />

Les dimensions du canal sont<br />

fixées de manière à disposer de conditions<br />

de vite<strong>sse</strong>s moyennes successivement<br />

favo<strong>ra</strong>bles et défavo<strong>ra</strong>bles, au sens<br />

des courbes de préférence d’habitat de<br />

l’espèce cible (Visma<strong>ra</strong> & al. 2001, Figure 2<br />

droite). Disposant d’un débit maximum<br />

de 220 l/s, la vite<strong>sse</strong> moyenne dans le<br />

canal pa<strong>sse</strong> de 0.1 m/s pour l’écoulement<br />

du débit de base de 10 l/s, à 0.8 m/s en<br />

situation d’éclusée (Figure 2 gauche),<br />

sous des hauteurs d’eau respectives de<br />

0.10 et 0.24 m. D’autre part, la surface au<br />

sol du canal est fixée par la densité des<br />

«Wa<strong>sse</strong>r Energie Lu<strong>ft</strong>» – 103. Jahrgang, 2011, He<strong>ft</strong> 4, CH-5401 Baden 321<br />

Flussgebietsmanagement


Flussgebietsmanagement<br />

poissons. Souhaitant mettre en action<br />

10 ou 20 poissons par essai, les densités<br />

retenues sont de 1 à 2 poissons/m 2 dans<br />

le canal et de 5 à 10 poissons/m 2 dans le<br />

refuge.<br />

Les individus d’une longueur<br />

moyenne de 16.5 cm, ont été capturés à<br />

l’état sauvage, par pêche électrique au<br />

Tannenbach à Büttisholz (LU). Sur le site<br />

expérimental, ils séjournaient dans un<br />

aquarium alimenté en eau de rivière et<br />

étaient nourris avec des macroinvertébrés<br />

vivants. Une marque distinctive permettait<br />

de partager l’effectif expérimental en 2<br />

groupes de 10 poissons, qui étaient soumis<br />

chacun à 5 séquences d’éclusée d’une<br />

durée de 3 heures, réparties régulièrement<br />

sur 3 semaines. A la fin de cette période,<br />

ils étaient <strong>ra</strong>pportés sur le site de capture<br />

et remplacés par un nouveau groupe de<br />

20 individus.<br />

Concernant la tempé<strong>ra</strong>ture de<br />

l’eau, différentes études (Küttel & al. 2002,<br />

Jungwirth & al. 2003) font état d’une vitalité<br />

du poisson optimale et peu influencée<br />

par les variations de ce pa<strong>ra</strong>mètre, dans<br />

l’intervalle de 6 à 14°C. Pour se trouver<br />

dans cette situation, les essais se sont<br />

déroulés au printemps et en automne,<br />

au cours des années 2008 et 2009.<br />

Préalablement à chaque essai le débit de<br />

10 l/s était établi et les poissons introduits<br />

à l’entrée du canal, dans un compartiment<br />

provisoirement cloisonné. Après une<br />

phase d’acc<strong>lima</strong>tation, les poissons<br />

étaient libérés et le débit augmenté en<br />

quelques minutes à 220 l/s, puis maintenu<br />

pendant 3 heures. Du<strong>ra</strong>nt cette période<br />

d’essai, la position des poissons était<br />

relevée visuellement à intervalles de 20<br />

minutes, et leurs déplacements étaient<br />

enregistrés par une camé<strong>ra</strong> vidéo installée<br />

à l’aplomb de la zone du refuge. Afin de<br />

valider les résultats, chaque configu<strong>ra</strong>tion<br />

du refuge a été testée 3 fois. Le 1 er et le 2 ème<br />

essai étaient réalisés avec deux groupes<br />

distincts de 10 poissons et le 3 ème avec les<br />

20 poissons. Chaque individu bénéficiait<br />

d’un temps de repos d’au moins 24 heures<br />

entre 2 essais.<br />

Afin de pouvoir générer de nouvelles<br />

configu<strong>ra</strong>tions de refuge à partir des<br />

observations antécédentes, une connaissance<br />

des champs de vite<strong>sse</strong>s dans<br />

le secteur concerné était nécessaire. Ils<br />

ont été produits par simulation numérique<br />

2D avec le logiciel BASEMENT «BASic<br />

EnvironMENT for simulation of natu<strong>ra</strong>l flow<br />

and hazard simulation» (Faeh & al. 2010),<br />

qui résout les équations des écoulements<br />

non-permanents à surface libre, par la<br />

méthode des volumes finis. La constitution<br />

du maillage, le pré- et post-t<strong>ra</strong>itement des<br />

données ainsi que la visualisation des<br />

résultats ont été effectués avec le logiciel<br />

SMS «Surface Water Modelling System».<br />

A la suite des essais avec les<br />

poissons, chaque configu<strong>ra</strong>tion a également<br />

fait l’objet d’une série de mesures de<br />

profils verticaux de vite<strong>sse</strong>s d’écoulement<br />

avec la technique UVP (Ult<strong>ra</strong>sonic Velocity<br />

Profiler). Six sondes alignées en pa<strong>ra</strong>llèle<br />

sur un support, étaient disposées successivement<br />

au droit de 4 sections ca<strong>ra</strong>ctéristiques:<br />

2 sections t<strong>ra</strong>nsversales dans<br />

le canal, en amont et en aval du refuge, et 2<br />

autres sur la section interface entre le canal<br />

et le refuge, en amont et en aval de la paroi<br />

de dérivation.<br />

4. Optimisation de la configu<strong>ra</strong>tion<br />

du refuge laté<strong>ra</strong>l<br />

La configu<strong>ra</strong>tion basique du refuge a été<br />

testée initialement (Configu<strong>ra</strong>tion C0 de la<br />

Figure 3). Ces premiers essais mont<strong>ra</strong>ient<br />

que l’att<strong>ra</strong>ctivité de cette simple cavité<br />

aménagée dans la berge, est très limitée<br />

pour le poisson. Les comptages donnent<br />

une fréquentation moyenne du refuge de<br />

33%, ca<strong>ra</strong>ctérisée par une forte variabilité<br />

au cours des 3 heures d’essai. Ce désintérêt<br />

relatif peut s’expliquer par le faible<br />

échange d’eau entre le canal et le refuge.<br />

Afin de créer un flux att<strong>ra</strong>ctif dans<br />

le refuge, une paroi plane et verticale a été<br />

placée perpendiculairement à l’écoulement<br />

principal, au milieu de la ligne interface<br />

(Configu<strong>ra</strong>tion C1 de la Figure 3), sur toute<br />

la hauteur d’eau. L’extrémité extérieure<br />

de cette paroi pénètre de 30 cm dans la<br />

section du canal et son extrémité intérieure<br />

lai<strong>sse</strong> un espace de 50 cm jusqu’à la paroi<br />

du refuge. Du<strong>ra</strong>nt les 3 essais d’une durée<br />

de 3 heures chacun, 74% des poissons<br />

en jeu étaient en moyenne présents dans<br />

le refuge (Figure 7). Cette performance<br />

résulte de la circulation d’un débit de 43 l/s<br />

dans le refuge, forcée par la présence de<br />

la paroi de dérivation. Ce débit représente<br />

19% du débit total de 220 l/s (Figure 6). Sur<br />

la base de ce résultat, une maximisation de<br />

la présence moyenne a été recherchée par<br />

Figure 4. Champ de vite<strong>sse</strong>s simulé par BASEMENT 2D, pour la configu<strong>ra</strong>tion C1. Eléments<br />

significatifs de l’écoulement au voisinage et à l’intérieur du refuge.<br />

Figure 5. Distribution des vite<strong>sse</strong>s d’écoulement le long de la ligne interface (ligne<br />

continue), à 0.025 m du fond, superposée à la distribution du nombre d’entrées des<br />

poissons (bâtonnets verticaux), pour la configu<strong>ra</strong>tion C1.<br />

322 «Wa<strong>sse</strong>r Energie Lu<strong>ft</strong>» – 103. Jahrgang, 2011, He<strong>ft</strong> 4, CH-5401 Baden


la production systématique d’un ensemble<br />

de configu<strong>ra</strong>tions (Figure 3). Celles-ci se<br />

distinguent par la position et l’orientation<br />

de la paroi de dérivation autour de 3 points<br />

fixes, dont 2 correspondent aux extrémités<br />

de la paroi de la configu<strong>ra</strong>tion C1 et le 3 ème<br />

au centre de la ligne interface.<br />

La procédure méthodologique<br />

décrite précédemment a ainsi été appliquée<br />

aux 12 configu<strong>ra</strong>tions retenues.<br />

Chacune est documentée par un champ<br />

de vite<strong>sse</strong>s simulé avec BASEMENT 2D,<br />

un ensemble de 27 fiches de relevés<br />

de la position des poissons, 9 heures<br />

Figure 6. Débits dérivés dans le refuge <strong>ra</strong>pportés au débit total t<strong>ra</strong>nsitant dans le canal<br />

expérimental, pour chaque configu<strong>ra</strong>tion.<br />

Figure 7. Taux de présence des poissons dans le refuge, moyennés sur les 3 essais<br />

relatifs à chaque configu<strong>ra</strong>tion, valeurs maximales, moyennes et minimales, avec<br />

mention chiffrée des valeurs moyennes.<br />

Figure 8. Dimensions proportionnelles du refuge pour la configu<strong>ra</strong>tion C8. L’unité est<br />

donnée par la largeur de la zone d’influence du refuge, inférieure ou égale à la demilargeur<br />

du cours d’eau.<br />

d’enregistrement vidéo, et 24 profils<br />

de vite<strong>sse</strong>s mesurés par UVP dans 4<br />

sections. Ces informations permettent<br />

de définir le débit dérivé dans le refuge<br />

(Figure 6), le taux de présence moyen<br />

de poissons dans le refuge (Figure 7), le<br />

nombre de passages de poissons ent<strong>ra</strong>nt<br />

dans le refuge à t<strong>ra</strong>vers la ligne interface<br />

décomposée en intervalles de 10 cm, ainsi<br />

que les vite<strong>sse</strong>s d’écoulement rencontrées<br />

au milieu des mêmes intervalles. Les<br />

structures d’écoulement significatives de<br />

la configu<strong>ra</strong>tion C1 sont mises en évidence<br />

sur la Figure 4, en superposition du champ<br />

de vite<strong>sse</strong>s simulées avec BASEMENT 2D.<br />

Concernant la distribution des vite<strong>sse</strong>s le<br />

long de la ligne interface (Figure 5), elle<br />

montre 2 pointes, l’une pour le flux ent<strong>ra</strong>nt<br />

dans le refuge et l’autre pour le flux sortant.<br />

Chacune est attenante à une zone de<br />

vite<strong>sse</strong>s en sens opposé, délimitée par un<br />

point intermédiaire où la vite<strong>sse</strong> s’annule,<br />

le point de cisaillement. Quant aux entrées<br />

des poissons (Figure 5), elles ont lieu de<br />

manière préférentielle aux alentours du<br />

point de cisaillement, là où le g<strong>ra</strong>dient de<br />

vite<strong>sse</strong>s est important. Par ailleurs elles<br />

sont nettement plus nombreuses dans la<br />

partie de la section interface située en aval<br />

de la paroi de dérivation.<br />

L’ensemble de ces constatations<br />

est géné<strong>ra</strong>lisable à toutes les configu<strong>ra</strong>tions<br />

qui comprennent une paroi de<br />

dérivation. A cet égard, il est clairement<br />

démontré que les vite<strong>sse</strong>s recherchées<br />

par les poissons pour entrer dans le<br />

refuge sont majoritairement comprises<br />

entre 0 et 0.3 m/s. Il est dès lors possible<br />

de conclure à l’importance de la structure<br />

des écoulements dans le refuge. D’une<br />

part, le cou<strong>ra</strong>nt dérivé est indispensable<br />

pour attirer le poisson vers le refuge,<br />

d’autre part, les cellules de rotation sont<br />

e<strong>sse</strong>ntielles pour faciliter leur entrée.<br />

Les résultats présentés sur la<br />

Figure 7, montrent que les configu<strong>ra</strong>tions<br />

C8 et C3 ont les meilleurs taux de<br />

présence, soit 87 et 82% respectivement.<br />

Ces 2 configu<strong>ra</strong>tions ont en commun la<br />

position et l’orientation de la face amont<br />

de la paroi de dérivation, qui peuvent être<br />

considérées comme les plus favo<strong>ra</strong>bles.<br />

Avec son taux de présence maximum, la<br />

configu<strong>ra</strong>tion C8 est proposée comme<br />

référence pour la réalisation de prototypes<br />

en rivière (Figure 8).<br />

5. Recommandations<br />

Pour la t<strong>ra</strong>nsposition en rivière du refuge<br />

expérimental, la question des dimensions<br />

adéquates se pose en premier ordre. Le<br />

problème réside dans la définition de<br />

«Wa<strong>sse</strong>r Energie Lu<strong>ft</strong>» – 103. Jahrgang, 2011, He<strong>ft</strong> 4, CH-5401 Baden 323<br />

Flussgebietsmanagement


Flussgebietsmanagement<br />

Figure 9. Distribution des vite<strong>sse</strong>s d’écoulement le long de la ligne interface (ligne<br />

continue), à 0.025 m du fond, superposée à la distribution du nombre d’entrées par<br />

poisson (bâtonnets verticaux), dans la configu<strong>ra</strong>tion C8.<br />

Figure 10. Champ de vite<strong>sse</strong>s simulé par BASEMENT 2D, pour la configu<strong>ra</strong>tion C8, proposée<br />

pour la réalisation de prototypes en rivière. Les t<strong>ra</strong>its g<strong>ra</strong>s indiquent les parois à<br />

bien marquer dans le projet, les pointillés indiquent les zones de t<strong>ra</strong>nsition.<br />

l’emprise nécessaire de la zone d’influence<br />

du refuge sur la largeur de la rivière, pour<br />

attirer le poisson. Différents scénarios<br />

examinés (Ribi, 2011) conduisent à<br />

proposer la règle suivante:<br />

Au delà d’une valeur minimale de 10 m<br />

qui s’impose pour se prémunir contre<br />

les obstructions, la longueur de la ligne<br />

interface dev<strong>ra</strong>it être comprise entre<br />

la moitié de la largeur du lit, pour des<br />

cours d’eau importants et sa totalité<br />

pour de petites rivières. Toutes les autres<br />

dimensions du refuge sont à reporter<br />

proportionnellement, en référence à celles<br />

de la Figure 8.<br />

D’un point de vue constructif, il<br />

est e<strong>sse</strong>ntiel de reproduire fidèlement<br />

la structure des écoulements dans le<br />

refuge, en particulier le profil de vite<strong>sse</strong>s<br />

dans la section interface (Figure 9). Pour<br />

y parvenir il est nécessaire d’implanter en<br />

conformité les parois qui guident le débit<br />

dérivé dans le refuge (Figure 10). Leur<br />

parement dev<strong>ra</strong>it être constitué de blocs<br />

d’enrochement empilés en pente <strong>ra</strong>ide sur<br />

plus de la moitié de la hauteur de marnage,<br />

avec des extrémités bien marquées. Les<br />

autres faces peuvent être aménagées<br />

avec des enrochements en pente douce<br />

(Figure 11). Le subst<strong>ra</strong>t du fond du refuge<br />

doit être semblable à celui de la rivière.<br />

Sur le profil t<strong>ra</strong>nsversal (Figure 11),<br />

une surélévation du fond du refuge de<br />

l’ordre de 0.5 à 1.0 m par <strong>ra</strong>pport au lit de<br />

la rivière est préconisée, pour favoriser le<br />

t<strong>ra</strong>nsit des alluvions charriées en situation de<br />

crue. Cette mesure requiert le maintien d’un<br />

niveau d’eau minimum d’autant plus élevé,<br />

afin de préserver les habitats dans le refuge.<br />

Si le niveau d’eau minimum souhaité dans<br />

le refuge est de l’ordre de 0.5 m, la hauteur<br />

d’eau minimale dans la rivière adjacente doit<br />

être supérieure à 1.0 m.<br />

Concernant l’équidistance entre<br />

les refuges, 2 critères peuvent être<br />

avancés. Le premier concerne la densité<br />

de poissons. Si celle du refuge peut être<br />

estimée à 10 à 20 individus/m 2 , celle<br />

du lit est variable dans une proportion<br />

supérieure à 1/10 selon la taille de la<br />

rivière (Schager & Peter, 2007). Le second<br />

critère concerne la capacité du poisson<br />

à rejoindre un refuge en phase montante<br />

de l’éclusée. La distance recherchée<br />

est alors celle que les poissons peuvent<br />

parcourir en vite<strong>sse</strong> de croisière avant<br />

qu’ils ne soient emportés par le cou<strong>ra</strong>nt.<br />

A cet égard, un accroi<strong>sse</strong>ment de débit en<br />

paliers peut augmenter leur distance de<br />

parcours. Dans les 2 cas, la détermination<br />

de l’équidistance est dépendante du cas<br />

d’espèce, soit de la rivière concernée<br />

et du déroulement des éclusées qu’elle<br />

subit. Des investigations expérimentales<br />

en rivière sont donc requises pour se<br />

prononcer sur ce point.<br />

Quant à la distribution des refuges<br />

le long des berges, elle est en principe<br />

prévue en alternance de part et d’autre du<br />

cours d’eau. En réalité il faud<strong>ra</strong> éviter des<br />

zones d’atterri<strong>sse</strong>ments potentiels.<br />

6. Conclusions<br />

Les principaux enseignements tirés de<br />

cette recherche peuvent se résumer<br />

comme suit:<br />

En situation d’éclusées, le refuge<br />

laté<strong>ra</strong>l simple est une mesure faible -<br />

ment att<strong>ra</strong>ctive pour le poisson.<br />

L’installation dans le refuge d’un épi de<br />

dérivation d’une partie du cou<strong>ra</strong>nt,<br />

produit un att<strong>ra</strong>it remarquable pour<br />

le poisson. L’orientation et la position<br />

de cet épi permettent de maximiser la<br />

performance.<br />

La restitution au canal du débit dérivé<br />

produit le cou<strong>ra</strong>nt d’att<strong>ra</strong>it. Les poissons<br />

entrent principalement dans le<br />

refuge par la section située en aval de<br />

la paroi de dérivation. Ils recherchent<br />

le point de cisaillement pour rejoindre<br />

la cellule de rotation, attenante au<br />

couloir de circulation du débit dérivé.<br />

La configu<strong>ra</strong>tion C8 est recommandée<br />

pour la réalisation de prototypes en<br />

rivière (Figure 11). Outre le taux de<br />

présence maximum qu’elle induit, cette<br />

configu<strong>ra</strong>tion présente l’avantage<br />

d’un épi de dérivation en forme d’ilot.<br />

Son emprise massive lui donne une<br />

bonne stabilité et la végétation qui<br />

pour<strong>ra</strong> s’implanter à sa surface contribue<strong>ra</strong><br />

à la valorisation écologique<br />

et paysagère de l’ouv<strong>ra</strong>ge.<br />

Préalablement à la réalisation<br />

géné<strong>ra</strong>lisée de refuges, une validation en<br />

rivière doit être opérée. De cette façon,<br />

l’adaptation du dispositif se<strong>ra</strong> testée avec<br />

324 «Wa<strong>sse</strong>r Energie Lu<strong>ft</strong>» – 103. Jahrgang, 2011, He<strong>ft</strong> 4, CH-5401 Baden


Figure 11. Esqui<strong>sse</strong> pour un prototype de refuge avec des dimensions minimales indicatives<br />

[m] : a) Vue en plan, b) Coupe t<strong>ra</strong>nsversale en amont de l’ilot de dérivation.<br />

d’autres espèces à d’autres stades de<br />

croissance, sous toutes conditions de<br />

tempé<strong>ra</strong>ture. Selon cette démarche, les<br />

présentes recommandations seront utiles<br />

à la réalisation de prototypes de refuges,<br />

qui feront l’objet d’un suivi scientifique.<br />

A l’issue de ce processus le produit se<strong>ra</strong><br />

véritablement opé<strong>ra</strong>tionnel.<br />

Remerciements<br />

Les partenaires académiques de cette recherche<br />

sont le Labo<strong>ra</strong>toire de Constructions<br />

Hyd<strong>ra</strong>uliques de l’EPFL, l’EAWAG et l’Ecole<br />

d’Ingénieurs et d’Architectes de Fribourg. Elle<br />

est au bénéfice d’un subside CTI sous-projet<br />

9676.1 PFIW-IW «Nachhaltige Nutzung der<br />

Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong> – Innovative Massnahmen zur Reduzierung<br />

der Schwall- und Sunkproblematik».<br />

Les partenaires de l’économie sont le Groupe-E<br />

SA, l’Etat de Fribourg, Ribi SA et KWO-Grimselstrom.<br />

La recherche fait également partie<br />

du projet interdisciplinaire «Integ<strong>ra</strong>les Flussgebietsmanagement»<br />

(Schleiss & al. 2008) soutenu<br />

par l’OFEV. Le canal expérimental a été<br />

financé par l’EIA-Fr et a pu être installé à l’usine<br />

de la Maig<strong>ra</strong>uge grâce à la bienveillance du<br />

Groupe-E SA. Les simulations numériques ont<br />

été effectuées avec la collabo<strong>ra</strong>tion de Kathrina<br />

Steffen dans le cadre de son projet de master<br />

à l’EPFL.<br />

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Flussgebietsmanagement


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Adre<strong>sse</strong> des auteurs<br />

Jean-Marc Ribi, Dr. Ecole d’Ingénieurs et<br />

d’Architectes (EIA-Fr), Pérolles 80, CH-1700<br />

Fribourg.<br />

Jean-Louis Boillat, Dr.<br />

Anton Schleiss, Prof. Dr.<br />

Labo<strong>ra</strong>toire de Constructions Hyd<strong>ra</strong>uliques<br />

(LCH), Ecole Polytechnique Fédé<strong>ra</strong>le de Lausanne<br />

(EPFL), LCH-IIC-EPFL, Station 18, CH-<br />

1015 Lausanne.<br />

Armin Peter, Dr. EAWAG, Seest<strong>ra</strong><strong>sse</strong> 79,<br />

CH-6047 Kastanienbaum.<br />

326 «Wa<strong>sse</strong>r Energie Lu<strong>ft</strong>» – 103. Jahrgang, 2011, He<strong>ft</strong> 4, CH-5401 Baden


Der hydromorphologische Index<br />

der Diversität<br />

«eine Messlatte für das ökologische Potenzial von Hochwa<strong>sse</strong>rschutzprojekten»<br />

Walter Gostner, Anton Schleiss<br />

Zusammenfassung<br />

Im modernen Flussbau mü<strong>sse</strong>n nicht nur schutzwa<strong>sse</strong>rbauliche,<br />

sondern auch ökologische Anforderungen berücksichtigt<br />

werden. Durch entsprechende Gestaltung ist ein möglichst<br />

gro<strong>sse</strong>r Strukturreichtum anzustreben, da dieser zweifelsfrei<br />

eine der Grundvo<strong>ra</strong>u<strong>sse</strong>tzungen für eine hohe Biodiversität in<br />

einem Fliessgewä<strong>sse</strong>r darstellt.<br />

Im vorliegenden Artikel wird ein neuer hydromorphologischer<br />

Index der Diversität (HMID) vorgestellt. Der HMID wurde im<br />

Rahmen des Forschungsprojektes «Integ<strong>ra</strong>les Flussgebietsmanagement»<br />

mittels umfangreicher Felderhebungen, numerischer<br />

Modellierungen und statistischer Analysen an drei<br />

Fliessgewä<strong>sse</strong>rn in der Schweiz entwickelt.<br />

Er enthält in seiner Formulierung die hyd<strong>ra</strong>ulischen Variablen<br />

Fliessgeschwindigkeit und Fliesstiefe, welche aufgrund der<br />

vorhandenen Wechselwi<strong>rk</strong>ungen mit anderen hyd<strong>ra</strong>ulischen<br />

und geomorphischen Grö<strong>sse</strong>n die Strukturvielfalt eines Fliessgewä<strong>sse</strong>rs<br />

zu cha<strong>ra</strong>kterisieren vermögen.<br />

Mit dem HMID steht dem Wa<strong>sse</strong>rbauer ein We<strong>rk</strong>zeug zur Verfügung,<br />

das es ihm erlaubt, bei Hochwa<strong>sse</strong>rschutzprojekten<br />

auch den Strukturreichtum zu optimieren und damit möglichst<br />

günstige hydromorphologische Vo<strong>ra</strong>u<strong>sse</strong>tzungen für die Wiederherstellung<br />

der natürlichen Funktionen eines Fliessgewä<strong>sse</strong>rs<br />

zu schaffen.<br />

1. Einführung<br />

Fliessgewä<strong>sse</strong>r erfüllen wichtige ökologische,<br />

wirtscha<strong>ft</strong>liche und soziale Funktionen.<br />

Eingriffe an den Fliessgewä<strong>sse</strong>rn<br />

auf verschiedenen Ebenen waren und<br />

sind die Vo<strong>ra</strong>u<strong>sse</strong>tzung für die Entwicklung<br />

unserer Zivilgesellscha<strong>ft</strong>en. Durch<br />

die mannigfaltigen Nutzungs- und Verbauungsformen<br />

zählen Fliessgewä<strong>sse</strong>r<br />

heutzutage jedoch zu den am vielfältigsten<br />

und schwersten beeinträchtigten Ökosystemen<br />

(Jungwirth et al., 2003). Zudem<br />

hat der klassische Hochwa<strong>sse</strong>rschutz o<strong>ft</strong><br />

seine gewünschte Wi<strong>rk</strong>ung nicht erreicht.<br />

Extreme Hochwä<strong>sse</strong>r haben gezeigt, dass<br />

ein absoluter Schutz nicht möglich ist und<br />

die t<strong>ra</strong>ditionellen He<strong>ra</strong>ngehensweisen zu<br />

überdenken sind.<br />

Aus diesen Beweggründen he<strong>ra</strong>us<br />

hat sich ein Wandel weg von einer sektoriellen<br />

Bet<strong>ra</strong>chtungsweise hin zu ganzheit-<br />

lichen und integ<strong>ra</strong>len Ansätzen vollzogen.<br />

In den einschlägigen Gesetzen hat dieser<br />

Pa<strong>ra</strong>digmenwechsel Eingang gefunden.<br />

Demnach mü<strong>sse</strong>n die Kantone nicht nur<br />

die Gefahrengebiete bezeichnen, sondern<br />

auch den Raumbedarf der Gewä<strong>sse</strong>r festlegen,<br />

der für den Schutz vor Hochwa<strong>sse</strong>r<br />

und für die Erfüllung der ökologischen<br />

Funktionen der Gewä<strong>sse</strong>r notwendig ist.<br />

Bei Hochwa<strong>sse</strong>rschutzprojekten sind also<br />

auch die ökologischen Defizite zu ermitteln<br />

und zu beheben. Weiters sind die Kantone<br />

verpflichtet, die Revitalisierung ihrer Gewä<strong>sse</strong>r<br />

vorzunehmen, wobei darunter die<br />

Wiederherstellung der natürlichen Funktionen<br />

der oberirdischen Fliessgewä<strong>sse</strong>r zu<br />

verstehen ist.<br />

Der Wa<strong>sse</strong>rbauingenieur benötigt<br />

demzufolge nicht mehr nur Instrumente<br />

zur fachgerechten Auslegung der Hochwa<strong>sse</strong>rschutzmassnahmen,<br />

vielmehr<br />

Résumé<br />

Dans l’ingénierie fluviale moderne, il est non seulement<br />

nécessaire de considérer les exigences de protection contre<br />

les crues, mais également les demandes écologiques. Avec<br />

une configu<strong>ra</strong>tion du lit optimisée, une riche<strong>sse</strong> structurelle<br />

peut être retrouvée. Elle représente sans aucun doute une des<br />

conditions de base pour une biodiversité élevée dans un cours<br />

d’eau.<br />

Dans le présent article, un nouvel indice hydro-morphologique<br />

de diversité (HMID) est présenté. Le HMID a été développé dans<br />

le cadre du projet «Gestion intég<strong>ra</strong>le des réseaux fluviaux» à<br />

l’aide d’investigations in situ, de modélisations numériques et<br />

d’analyses statistiques sur trois cours d’eau situés en Sui<strong>sse</strong>.<br />

Dans sa formulation, il contient les variables hyd<strong>ra</strong>uliques, tel<br />

que les vite<strong>sse</strong>s d’écoulement et les profondeurs d’eau, qui,<br />

suite aux correlations avec d’autres g<strong>ra</strong>ndeurs hyd<strong>ra</strong>uliques<br />

et géomorphiques, sont capables de ca<strong>ra</strong>ctériser la riche<strong>sse</strong><br />

structurelle d’un cours d’eau.<br />

En utilisant le HMID, l’ingénieur hyd<strong>ra</strong>ulicien dispose d’un<br />

outil qui lui permet d’optimiser la riche<strong>sse</strong> structurelle d’un<br />

cours d’eau, dans le cadre des projets de protection contre<br />

les crues. Par conséquent, il peut générer des conditions<br />

hydro-morphologiques optimales pour la restau<strong>ra</strong>tion de ses<br />

fonctions naturelles.<br />

muss er imstande sein, die Projekte so zu<br />

gestalten, dass auch die Vo<strong>ra</strong>u<strong>sse</strong>tzungen<br />

für das ökologische Potenzial der Fliessgewä<strong>sse</strong>r<br />

verbe<strong>sse</strong>rt werden.<br />

Der in diesem Artikel vorgestellte<br />

«hydromorphologische Index der Diversität»<br />

(HMID) ist aus diesen Anforderungen<br />

he<strong>ra</strong>us im Rahmen des Forschungsprojektes<br />

«Integ<strong>ra</strong>les Flussgebietsmanagement»<br />

entstanden. Er soll als We<strong>rk</strong>zeug<br />

dienen, bei Hochwa<strong>sse</strong>rschutzprojekten<br />

die hydromorphologischen Eigenscha<strong>ft</strong>en<br />

des betroffenen Fliessgewä<strong>sse</strong><strong>ra</strong>bschnitts<br />

so zu gestalten, dass möglichst gute Vo<strong>ra</strong>u<strong>sse</strong>tzungen<br />

für de<strong>sse</strong>n natürliche Funktionen<br />

geschaffen werden. Durch die Ermittlung<br />

des HMID für verschiedene Projektvarianten<br />

und die Überprüfung weiterer<br />

hydromorphologischer Kriterien können<br />

die aus gesamtheitlicher Sicht zu priorisierenden<br />

Varianten festgelegt werden.<br />

«Wa<strong>sse</strong>r Energie Lu<strong>ft</strong>» – 103. Jahrgang, 2011, He<strong>ft</strong> 4, CH-5401 Baden 327<br />

Flussgebietsmanagement


Flussgebietsmanagement<br />

2. Der hydromorphologische<br />

Index der Diversität<br />

2.1 Strukturvielfalt als Vo<strong>ra</strong>u<strong>sse</strong>tzung<br />

für die Funktionsfähigkeit<br />

der Gewä<strong>sse</strong>rökosysteme<br />

Für die Funktionsfähigkeit der Fliessgewä<strong>sse</strong>rlebensräume<br />

ist eine Vielzahl sich<br />

gegenseitig beeinflu<strong>sse</strong>nder Faktoren abiotischer<br />

und biotischer Natur mitbestimmend.<br />

Bei den abiotischen Faktoren spielen<br />

die hydromorphologischen Eigenscha<strong>ft</strong>en<br />

eine t<strong>ra</strong>gende Rolle. Stellt man<br />

Fliessgewä<strong>sse</strong>r mit natürlicher und künstlicher<br />

Morphologie einander gegenüber,<br />

ist in natürlichen Abschnitten (Beispiel in<br />

Bild 1, links) in der Regel eine gro<strong>sse</strong> Variabilität<br />

der Strömung, d.h. der hyd<strong>ra</strong>ulischen<br />

Variablen, zu e<strong>rk</strong>ennen. Zonen mit<br />

hoher Fliessgeschwindigkeit wechseln<br />

sich ab mit Bereichen mittlerer Fliesstiefe<br />

und -geschwindigkeit und mit Stellen hoher<br />

Tiefe und geringer Fliessgeschwindigkeit.<br />

Weiter gibt es Flachwa<strong>sse</strong>rbereiche mit<br />

geringer Strömung, Kiesbänke unterschiedlicher<br />

Höhe mit dementsprechend<br />

verschiedenen Vegetationscha<strong>ra</strong>kteristiken<br />

und Sukzessionsstadien, Vo<strong>rk</strong>ommen<br />

von Totholz und ein buntes Muster<br />

an verschiedenen Subst<strong>ra</strong>tgrö<strong>sse</strong>n. Auch<br />

ist zwischen dem Fliessgewä<strong>sse</strong>r und dem<br />

Umland o<strong>ft</strong> ein breiter Ufergürtel vorhanden.<br />

Man stellt also eine hohe Vielfalt an<br />

aquatischen und terrestrischen Lebensräumen<br />

fest. In kanalisierten Abschnitten<br />

hingegen (Beispiel in Bild 1, rechts) ist eine<br />

sta<strong>rk</strong>e Monotonie mit konstant bleibenden<br />

Strömungsmustern sowohl in Längs- als<br />

auch in Querrichtung und einem eingeschränkten<br />

Angebot an Lebensräumen zu<br />

beobachten.<br />

Die hydromorphologische Vielfalt,<br />

häufig auch als Strukturvielfalt bezeichnet,<br />

ist einerseits bedingt durch die morphologischen<br />

Eigenscha<strong>ft</strong>en, also durch die<br />

räumliche Variabilität, und andererseits<br />

durch das hydrologische bzw. abflussdynamische<br />

Geschehen, also durch die<br />

zeitliche Komponente. Aus dem Zusammenspiel<br />

von Morphologie mit dem Abfluss<br />

entstehen jene hyd<strong>ra</strong>ulischen Variablen<br />

(Fliesstiefe, Fliessgeschwindigkeit,<br />

Subst<strong>ra</strong>teigenscha<strong>ft</strong>en, u.a.), welche das<br />

Habitatangebot für aquatische Lebensgemeinscha<strong>ft</strong>en<br />

bestimmen, aber auch die<br />

Randbedingungen für die flussbegleitende<br />

Flo<strong>ra</strong> und Fauna.<br />

Die Veränderung und vor allem Homogenisierung<br />

der physikalischen Habitate<br />

mit der damit einhergehenden Ve<strong>ra</strong>rmung<br />

der Strukturvielfalt in den Fliessgewä<strong>sse</strong>rn<br />

ist die bedeutsamste Bedrohung für<br />

die Biodiversität und führt zu einer Reduzierung<br />

von Artenreichtum und Bioma<strong>sse</strong><br />

(Allan & Castillo, 2007). In der Schweiz<br />

sind rund 15 000 km der Fliessgewä<strong>sse</strong>r<br />

sta<strong>rk</strong> verbaut (BAFU 2010), dort sind verschiedene<br />

Fischarten nicht mehr vorhanden<br />

bzw. hat sich in den letzten Jahren die<br />

Fischbioma<strong>sse</strong> auf bis zu einem Zehntel<br />

dezimiert (Peter A. in Häusler, 2011). Im<br />

Umkehrschluss gilt der Grundsatz, dass<br />

die Vielfalt der Habitate in verschiedenen<br />

räumlichen Massstabsebenen eine der<br />

wichtigsten Grundvo<strong>ra</strong>u<strong>sse</strong>tzungen für die<br />

Entwicklung und Erhaltung artenreicher<br />

Lebensgemeinscha<strong>ft</strong>en ist (Jungwirth et<br />

al., 2003).<br />

2.2 Grundlegende Hypothesen<br />

Aus diesen grundsätzlichen Bet<strong>ra</strong>chtungen<br />

leiten sich die zur Herleitung des hydromorphologischen<br />

Indexes der Diversität<br />

(HMID) folgenderma<strong>sse</strong>n postulierten<br />

Hypothesen ab (Gostner et al., 2011a,<br />

Gostner et al., 2011b):<br />

Die Strukturvielfalt eines Fliessgewäs -<br />

se<strong>ra</strong>bschnittes lässt sich mit Hilfe der<br />

hyd<strong>ra</strong>ulischen Grö<strong>sse</strong>n Fliessgeschwin-<br />

digkeit und Fliesstiefe sowie ihrer statistischen<br />

Pa<strong>ra</strong>meter cha<strong>ra</strong>kterisieren.<br />

Die statistischen Pa<strong>ra</strong>meter dieser hyd<strong>ra</strong>ulischen<br />

Grö<strong>sse</strong>n können anhand<br />

einer mathematischen Definition in einer<br />

Masszahl, dem HMID, kombiniert<br />

werden. Dieser cha<strong>ra</strong>kterisiert somit<br />

die Strukturvielfalt der aquatischen<br />

Lebensräume eines Fliessgewä<strong>sse</strong><strong>ra</strong>bschnittes<br />

direkt und der flussbegleitenden<br />

Lebensräume indirekt.<br />

Die räumliche Variabilität der aquatischen<br />

Habitate ist in einem natürlichen<br />

oder naturnahen Fliessgewä<strong>sse</strong>r<br />

höher als in einem künstlichen,<br />

während die zeitliche Variabilität in<br />

einem künstlichen Fliessgewä<strong>sse</strong>r<br />

höher ist und dort somit eine geringere<br />

zeitliche Persistenz der Habitate<br />

gegeben ist.<br />

2.3 Anwendungsbereich<br />

Bisher war man in Ermangelung be<strong>sse</strong>rer<br />

Hilfsmittel bei Hochwa<strong>sse</strong>rschutzprojekten<br />

auf qualitative und gutachterliche<br />

Expertenbeurteilungen angewiesen, wenn<br />

es darum ging, auch die Strukturvielfalt zu<br />

verbe<strong>sse</strong>rn. Der HMID (siehe Infobox )<br />

trägt den Anforderungen nach einer quantitativen<br />

und objektiven Beurteilung Rechnung.<br />

Er besitzt nämlich die Fähigkeit zur<br />

Vorhersage. Anhand von numerischen Abflussmodellierungen<br />

und da<strong>ra</strong>uffolgender<br />

statistischer Analyse der massgebenden<br />

hyd<strong>ra</strong>ulischen Variablen kann der HMID für<br />

einzelne zur Diskussion stehende Varianten<br />

auf einfache Weise berechnet werden.<br />

Aus dem Vergleich des für die einzelnen<br />

Bild 1. Links: unverbauter, natürlicher Abschnitt an der Sense (Kt. Freiburg) mit Bereichen mittlerer Fliessgeschwindigkeit und<br />

–tiefe (Rinner) (1), Zonen hoher Fliessgeschwindigkeit (Furt) (2), hoher Fliesstiefe (Kolk) (3), Flachwa<strong>sse</strong>rbereichen (4), Kiesbänken<br />

unterschiedlicher Höhe (5), Totholz (6), wechselnden Subst<strong>ra</strong>teigenscha<strong>ft</strong>en (7) und einem breiten Ufergürtel (8).<br />

Rechts: verbauter, kanalartiger Abschnitt an der Bünz (Kt. Aargau) mit sta<strong>rk</strong> reduziertem Habitatangebot (aquatisch: Rinner, terrestrisch:<br />

Böschung konstanter Neigung mit G<strong>ra</strong>sbewuchs und Sträuchern).<br />

328 «Wa<strong>sse</strong>r Energie Lu<strong>ft</strong>» – 103. Jahrgang, 2011, He<strong>ft</strong> 4, CH-5401 Baden


Varianten berechneten Wertes für den<br />

HMID kann man jene Variante definieren,<br />

die das Fliessgewä<strong>sse</strong>r mit der besten<br />

Strukturvielfalt auszustatten imstande ist<br />

und deshalb die aus ökologischer Sicht<br />

zu priorisierende Variante darstellt. Auch<br />

kann eine Abschätzung darüber getroffen<br />

werden, inwieweit eine gewählte Variante<br />

sich in bezug auf die Strukturvielfalt an den<br />

Referenzzustand annähern kann.<br />

In zeitlicher Abfolge bet<strong>ra</strong>chtet reiht<br />

sich der HMID zwischen den Methoden,<br />

welche eine Bewertung des Ist-Zustandes<br />

Bild 2. Übersicht der untersuchten Fliessgewä<strong>sse</strong>r.<br />

eines Fliessgewä<strong>sse</strong>rs erlauben (z.B.<br />

BUWAL, 1998) und den Anlass zur Lancierung<br />

eines Projektes geben können, und<br />

den Methoden für die Erfolgskontrolle (z.B.<br />

Woolsey, 2005), welche nach Umsetzung<br />

des Projekts zur Anwendung kommen, ein.<br />

Er füllt damit jene Lücke, die zwischen der<br />

Bewertung von Fliessgewä<strong>sse</strong>rn vor und<br />

nach Durchführung eines Projektes liegt<br />

und schaf<strong>ft</strong> eine Möglichkeit, eine a-priori<br />

Bewertung vorzunehmen und die Projekte<br />

in strukturell-morphologischer Hinsicht zu<br />

optimieren.<br />

Der HMID ist an kiesführenden<br />

Alpenflü<strong>sse</strong>n, die in ihrem Referenzzustand<br />

entweder einen pendelnden bis hin<br />

zu einem gewundenen oder verzweigten<br />

Verlauf aufwiesen, entwickelt worden. Dieser<br />

morphologischer Flusstyp war in den<br />

Alpen häufig anzutreffen, weshalb sich für<br />

die Anwendung des HMID ein breites Betätigungsfeld<br />

ergibt.<br />

3. Herleitung und Entwicklung<br />

des HMID<br />

3.1 Durchgeführte Arbeiten<br />

3.1.1 Feldarbeiten<br />

An drei Fliessgewä<strong>sse</strong>rn in der Schweiz<br />

wurden umfangreiche Felderhebungen<br />

durchgeführt (siehe Bild 2). Bei der Auswahl<br />

der Fliessgewä<strong>sse</strong>r wurde da<strong>ra</strong>uf geachtet,<br />

dass Abschnitte mit unterschiedlicher<br />

morphologischer Ausprägung vorhanden<br />

sind, um die Strukturvielfalt am Fliessgewä<strong>sse</strong>r<br />

in Funktion der morphologischen<br />

Eigenscha<strong>ft</strong>en erfa<strong>sse</strong>n zu können.<br />

Die Bünz liegt im Kanton Aargau,<br />

hat ein Einzugsgebiet von 111 km 2 und<br />

mündet bei Wildegg in den Aare. Die Venoge<br />

hingegen weist eine Einzugsgebietsgrö<strong>sse</strong><br />

von 238 km 2 auf und mündet in den<br />

Genfer See. Die Sense wiederum entwä<strong>sse</strong>rt<br />

ein Einzugsgebiet mit einer Fläche<br />

von 432 km², sie mündet bei Laupen (Kan-<br />

Bild 3. Aufnahmen der Untersuchungsabschnitte. Bünz (oben): (1) durch Jahrhunderthochwa<strong>sse</strong>r 1999 geformtes pendelndes System<br />

(«Bünzaue»), (2) naturbela<strong>sse</strong>n pendelnd, (3) kanalisiert, (4) revitalisiert.<br />

Venoge (Mitte): (1) naturbela<strong>sse</strong>n ge<strong>ra</strong>dlinig, (2) kanalisiert, (3) kanalisiert, (4) naturbela<strong>sse</strong>n mäandrierend.<br />

Sense (unten): (1) naturbela<strong>sse</strong>n verzweigt, (2) naturbela<strong>sse</strong>n in einer Schlucht pendelnd, (3) naturbela<strong>sse</strong>n verzweigt, geringfügig<br />

verbaut, (4) rechtsufrig verbaut, linksufrig naturbela<strong>sse</strong>n, (5) kanalisiert.<br />

«Wa<strong>sse</strong>r Energie Lu<strong>ft</strong>» – 103. Jahrgang, 2011, He<strong>ft</strong> 4, CH-5401 Baden 329<br />

Flussgebietsmanagement


Flussgebietsmanagement<br />

ton Bern) in die Saane. Die untersuchten<br />

Fliessgewä<strong>sse</strong>r weisen pluviales bzw.<br />

nivo-pluviales Abflussregime auf, wobei<br />

sich das hydrologische Regime weitgehend<br />

in seinem natürlichen Zustand befindet.<br />

Es gibt nämlich keine bedeutenden<br />

Wa<strong>sse</strong><strong>ra</strong>bleitungen, auch sind keine grö<strong>sse</strong>ren<br />

Staustufen vorhanden. Die Sense<br />

kann auf einem Grossteil ihres Verlaufes<br />

als Referenzgewä<strong>sse</strong>r bezeichnet werden:<br />

sie weist eine nahezu naturbela<strong>sse</strong>ne Morphologie<br />

auf und ist vom längsten zusammenhängenden<br />

Auenwald der Schweiz<br />

flankiert.<br />

An jedem Fliessgewä<strong>sse</strong>r wurden<br />

mehrere Untersuchungsabschnitte festgelegt<br />

(siehe Bild 3). Entlang von Querprofilen<br />

erfolgte in einem Abstand von<br />

durchschnittlich 100–150 cm zwischen<br />

den einzelnen Messpunkten die Aufnahme<br />

der topog<strong>ra</strong>phischen Lage, der Sohlhöhe,<br />

der Wa<strong>sse</strong>rtiefe und der mittleren Fliessgeschwindigkeit<br />

(Übersicht über die wichtigsten<br />

Kenndaten der Untersuchungsabschnitte<br />

und der Messungen in Tabelle 1).<br />

An der Sense wurden zudem die Subst<strong>ra</strong>teigenscha<strong>ft</strong>en,<br />

die Höhe des bordvollen<br />

Abflu<strong>sse</strong>s, die Dichte der Ufervegetation<br />

und die Totholzvolumina erhoben,<br />

eine detaillierte Geländevermessung mit<br />

Erfassung des Talweges, der Kiesbänke,<br />

der Ufe<strong>ra</strong>nschlagslinien und aller anderen<br />

ma<strong>rk</strong>anten Bruchkanten im Gelände gemacht<br />

sowie eine Tempe<strong>ra</strong>turmesskampagne<br />

durchgeführt.<br />

3.1.2 Numerische Modellierung<br />

Die Felderhebungen stellen lediglich einen<br />

Schnappschuss der im Jahresverlauf au<strong>ft</strong>retenden<br />

Situationen dar. Da auch die<br />

zeitliche Variabilität der untersuchten Variablen<br />

für die Entwicklung des HMID von Intere<strong>sse</strong><br />

war, wurde für die Untersuchungsabschnitte<br />

an der Sense mit der So<strong>ft</strong>ware<br />

Basement eine numerische 2d-Modellierung<br />

durchgeführt. Diese bietet auch den<br />

Vorteil, dass im Gegensatz zur Aufnahme<br />

entlang von Querprofilen in jedem Element<br />

des Gitternetzes die hyd<strong>ra</strong>ulischen Variablen<br />

ermittelt werden, damit eine flächige<br />

Abbildung gegeben und somit eine be<strong>sse</strong>re<br />

Repräsentation der tatsächlichen Situation<br />

gewährleistet ist.<br />

Folgenden Daten dienten als Input<br />

für die Modellierung:<br />

Abflusswerte, abgelesen von Daue<strong>rk</strong>urven,<br />

die für jeden Untersuchungsabschnitt<br />

mithilfe von regionalisierten<br />

Modellen (Pfaundler & Zappa, 2006)<br />

und mittels Interpolation anhand der<br />

Abflussstatistik an drei im Einzugsgebiet<br />

vorhandenen Pegeln ermittelt wurden;<br />

aus der Vermessung gewonnene x-,<br />

y-, z-Koordinaten der Geländepunkte;<br />

Rauhigkeitsbeiwerte, welche anhand<br />

der mittels der Pebble-Count Metho -<br />

de (Wolman, 1954) ermittelten cha<strong>ra</strong>kteristischen<br />

Korndurchme<strong>sse</strong>r der<br />

Deckschicht berechnet und anhand<br />

der Feldmessungen und der Abfluss-<br />

Tabelle 1. Überblick über die Untersuchungsabschnitte mit den wichtigsten Kenndaten.<br />

tiefe bei bordvollem Abfluss geeicht<br />

wurden.<br />

3.2 Resultate<br />

3.2.1 Räumliche Variabilität<br />

Die Boxplots in Bild 4 zeigen an den jeweiligen<br />

Untersuchungsabschnitten die<br />

aus den Felderhebungen gewonnenen<br />

hyd<strong>ra</strong>ulischen Grö<strong>sse</strong>n Fliessgeschwindigkeit<br />

und Fliesstiefe, Tabelle 2 (oben)<br />

listet jeweils die Mittelwerte mit den dazugehörigen<br />

Standardabweichungen auf. In<br />

kanalisierten Abschnitten (S3 an der Bünz,<br />

S2 und S3 an der Venoge, S5 an der Sense)<br />

ist die Streuung und somit auch Diversität<br />

der Variablen gering. In diesen Abschnitten<br />

ist auch eine hohe durchschnittliche<br />

Fliessgeschwindigkeit zu beobachten,<br />

Ruhewa<strong>sse</strong>rzonen sind kaum vorhanden.<br />

An den natürlichen Abschnitten (S1 und S2<br />

an der Bünz, S1 und S4 an der Venoge, S1<br />

bis S3 an der Sense) hingegen lässt sich<br />

eine ausgeprägtere Variabilität der Grö<strong>sse</strong>n<br />

feststellen.<br />

Die statistische Auswertung bestätigt<br />

somit die visuelle Wahrnehmung<br />

(Bild 1). Mit dem G<strong>ra</strong>d der Naturbela<strong>sse</strong>nheit<br />

eines Fliessgewä<strong>sse</strong>rs nimmt auch<br />

die Variabilität der hyd<strong>ra</strong>ulischen Grö<strong>sse</strong>n<br />

zu. Je natürlicher also ein Gewä<strong>sse</strong>r<br />

ist, desto grö<strong>sse</strong>r ist die Vielfältigkeit der<br />

aquatischen Lebensräume.<br />

3.2.2 Formulierung des HMID<br />

Die Standardabweichung σ ist eine statistische<br />

Kenngrö<strong>sse</strong> zur Beschreibung<br />

der Diversität einer Grö<strong>sse</strong> (Palmer et al.,<br />

1997). Deren Aussagek<strong>ra</strong><strong>ft</strong> hängt allerdings<br />

eng mit der Grö<strong>sse</strong> des Mittelwertes µ zusammen.<br />

Eine gleich bleibende Standardabweichung<br />

hat nämlich bei einem grö<strong>sse</strong>ren<br />

Mittelwert eine geringeres Gewicht.<br />

Um die Standardabweichung als Vergleichsmass<br />

he<strong>ra</strong>nzuziehen, ist es somit<br />

zielführend den Variationskoeffizienten c v<br />

zu verwenden, welcher den Quotienten<br />

aus Standardabweichung und Mittelwert<br />

darstellt und damit ein relatives Streuungsmass<br />

ausdrückt (Schneider, 1994). Da<strong>ra</strong>us<br />

lässt sich ein Indikator für die Strukturvielfalt<br />

an einem Fliessgewä<strong>sse</strong>r errechnen<br />

(Schleiss, 2005). Die Teilvielfältigkeit für<br />

eine einzelne Grö<strong>sse</strong> wird folgenderma<strong>sse</strong>n<br />

ausgedrückt:<br />

330 «Wa<strong>sse</strong>r Energie Lu<strong>ft</strong>» – 103. Jahrgang, 2011, He<strong>ft</strong> 4, CH-5401 Baden<br />

(1)<br />

Der HMID für einen Abschnitt wird aus<br />

dem Produkt der Teilvielfältigkeitsindizes<br />

für Fliessgeschwindigkeit v und –tiefe t berechnet:


Bild 4. Boxplots der hyd<strong>ra</strong>ulischen Grö<strong>sse</strong>n Fliessgeschwindigkeit und Fliesstiefe. Die Boxplots geben jeweils den Medianwert<br />

(horizontale schwarze Linie) an, die untere und obere horizontale Begrenzung der Box zeigt das 25 bzw. 75% Perzentil der Daten<br />

(d.h. 50% der Daten liegen innerhalb dieses Bereiches), die vertikalen strichlierten Linien decken jenen Bereich ab, der ca.zwei<br />

Standardabweichungen entspricht. Au<strong>sse</strong>rhalb dieses Bereiches liegende Messdaten sind Ausrei<strong>sse</strong>r und werden als Einzelpunkte<br />

dargestellt.<br />

(2)<br />

Bei jedem der untersuchten Fliessgewä<strong>sse</strong>r<br />

weisen die kanalisierten Abschnitte (S3<br />

bei der Bünz, S2 und S3 bei der Venoge,<br />

S5 bei der Sense) den niedersten HMID auf<br />

(Tabelle 2, unten). Es folgen Abschnitte,<br />

die bis zu einem gewi<strong>sse</strong>n G<strong>ra</strong>d revitalisiert<br />

(S4 bei der Bünz) bzw. teilverbaut (S4<br />

bei der Sense) sind. Den höchsten HMID<br />

weisen naturbela<strong>sse</strong>ne Abschnitte (S1 und<br />

S2 bei der Bünz, S1 und S4 bei der Venoge,<br />

S1 bis S3 bei der Sense) auf. Diese Feststellungen<br />

la<strong>sse</strong>n den Schluss zu, dass<br />

der HMID die Strukturvielfalt eines Fliessgewä<strong>sse</strong>rs<br />

in geeigneter Art und Weise zu<br />

cha<strong>ra</strong>kterisieren vermag.<br />

3.2.3 Vergleich mit einer visuellen<br />

Bewertungsmethode<br />

Um die Aussagek<strong>ra</strong><strong>ft</strong> des vorgeschlagenen<br />

Indexes weiter validieren zu können,<br />

ist den errechneten Werten für den<br />

HMID eine multimetrische Methode gemäss<br />

den Bewertungsprotokollen der<br />

Tabelle 2. Mittelwerte und Standardabweichung (±) der hyd<strong>ra</strong>ulischen Variablen Fliessgeschwindigkeit<br />

v und Fliesstiefe t (oben). Berechnung der Vielfältigkeitsindizes und<br />

des HMID (unten).<br />

USEPA (Barbour et al., 1999) gegenübergestellt<br />

worden. Bei diesem Verfahren<br />

zur Habitatbewertung wird für zehn<br />

Kriterien eine visuelle Bewertung abgegeben<br />

und auf einer Skala von 1–20 ein<br />

Wert zugewiesen. Durch Summieren<br />

der einzelnen Werte ergibt sich eine Gesamtpunkteanzahl<br />

für jeden bewerteten<br />

Abschnitt, wobei maximal 200 Punkte<br />

erreicht werden können. Die berücksich-<br />

«Wa<strong>sse</strong>r Energie Lu<strong>ft</strong>» – 103. Jahrgang, 2011, He<strong>ft</strong> 4, CH-5401 Baden 331<br />

Flussgebietsmanagement


Flussgebietsmanagement<br />

tigten Kriterien betreffen dabei den allgemeinen<br />

morphologischen Zustand des<br />

Abschnittes sowie die Situation an der<br />

Fliessgewä<strong>sse</strong>rsohle und an den Ufern.<br />

Aus Bild 5 ist ersichtlich, dass sich eine<br />

gute Übereinstimmung zwischen den<br />

beiden Methoden ergibt, obwohl die Ansätze<br />

völlig unterschiedlich sind.<br />

3.2.4 Statistische Auswertung der<br />

erhobenen Variablen<br />

Ein Fliessgewä<strong>sse</strong>r und seine Komponenten<br />

sind niemals sektoriell zu bet<strong>ra</strong>chten.<br />

Die abiotischen und biotischen Faktoren<br />

beeinflu<strong>sse</strong>n sich nämlich auf mannigfaltige<br />

Weise, was zu verschiedenen Formen<br />

von Wechselwi<strong>rk</strong>ungen führt. Ob der Kom-<br />

plexität der in einem Fliessgewä<strong>sse</strong>r sich<br />

abspielenden Inte<strong>ra</strong>ktionen könnte man<br />

versucht sein, angesichts der Einfachheit<br />

seiner Formulierung die Repräsentativität<br />

des HMID in F<strong>ra</strong>ge zu stellen.<br />

Aus diesem Grund wurden die im<br />

Feld erhobenen Variablen unter Anwendung<br />

der So<strong>ft</strong>ware R (R Development Core<br />

Team, 2009) umfangreichen statistischen<br />

Auswertungen unterzogen, um Korrelationen<br />

zu e<strong>rk</strong>ennen und die Verwendung<br />

von lediglich zwei Variablen zur Cha<strong>ra</strong>kterisierung<br />

der Strukturvielfalt rechtfertigen<br />

zu können.<br />

Folgende F<strong>ra</strong>gen standen dabei im<br />

Vordergrund:<br />

Wie hängen die hyd<strong>ra</strong>ulischen mit<br />

Bild 5. Gegenüberstellung des HMID mit einem multimetrischen, visuell bestimmten<br />

Habitatsindex.<br />

Bild 6. Links: Boxplots der Korngrö<strong>sse</strong>nverteilung des Sohlsubst<strong>ra</strong>tes in den fünf Untersuchungsabschnitten<br />

an der Sense. Ein Kruskal-Wallis Test (McDonald, 2009), die<br />

nicht pa<strong>ra</strong>metrische Version einer ANOVA, zeigte signifikante Effekte (p


Bild 7. Interdependenzen zwischen morphologischen und hyd<strong>ra</strong>ulischen<br />

Grö<strong>sse</strong>n.<br />

obachten, dass in Fliessgewä<strong>sse</strong>rn natürlicher<br />

Morphologie der prozentuelle Anteil<br />

eines Habitats am Gesamthabitatangebot<br />

immer ähnlich bleibt, bei bettbildenden<br />

Proze<strong>sse</strong>n finden lediglich räumliche Umlagerungen<br />

mit Neubildung der Habitate<br />

statt (s. auch Arscott et al., 2002).<br />

In einem künstlichen Fliessgewä<strong>sse</strong>r<br />

hingegen sind die aquatischen Lebewesen<br />

einem grö<strong>sse</strong>ren Stress ausgesetzt.<br />

Sich ändernde Abflü<strong>sse</strong> bedeuten immer<br />

auch eine Änderung der hyd<strong>ra</strong>ulischen<br />

Randbedingungen und somit der Habitate.<br />

Deshalb haben sich Lebewesen in einem<br />

künstlichen Fliessgewä<strong>sse</strong>r nicht nur mit<br />

einem ve<strong>ra</strong>rmten Lebens<strong>ra</strong>um auseinanderzusetzen,<br />

sondern auch mit sich ständig<br />

wandelnden Lebensbedingungen.<br />

In Bild 9 sind die Zeitreihen für den<br />

HMID am Beispiel der Sense dargestellt.<br />

Es la<strong>sse</strong>n sich mehrere Beobachtungen<br />

anstellen:<br />

In natürlichen Abschnitten (Abschnitt<br />

1 bis Abschnitt 3) bleibt der HMID für<br />

den gesamten Jahresverlauf annäh -<br />

ernd konstant. Erst bei einem Abfluss<br />

mit einer Überschreitungsdauer von<br />

ein bis zwei Tagen, also bei einem Abfluss,<br />

der mindestens einem Jahreshochwa<strong>sse</strong>r<br />

entspricht und an dem<br />

grö<strong>sse</strong>re bettbildende Proze<strong>sse</strong> stattfinden,<br />

fällt der HMID sta<strong>rk</strong> ab.<br />

Bereits eine leichte Verbauung (in Abschnitt<br />

3 ist das rechte Ufer teilweise<br />

durch Zyklopensteine gesichert) oder<br />

eine durch die Natur vorgegebene Beschränkung<br />

der Seitenausdehnung<br />

(Abschnitt 2 verläu<strong>ft</strong> in einer Schlucht)<br />

führt dazu, dass die Strukturvielfalt<br />

geringer ist als in Fliessgewä<strong>sse</strong>rn im<br />

Referenzzustand (Abschnitt 1).<br />

In teilverbauten oder gänzlich kanalisiertenFliessgewä<strong>sse</strong><strong>ra</strong>bschnit-<br />

Bild 8. Änderung der Fliesstiefe bei gleicher Zunahme des<br />

Abflu<strong>sse</strong>s in einem verbauten (links) und in einem natürlichen<br />

(rechts) Abschnitt.<br />

Bild 9. Zeitreihen für den HMID für verschiedene Verbauungsg<strong>ra</strong>de am Beispiel der<br />

Sense.<br />

Tabelle 3. Zeitreihenvariabilität der Fliessgeschwindigkeit und –tiefe sowie des HMID<br />

für verschiedene Verbauunsg<strong>ra</strong>de am Beispiel der Sense.<br />

ten nimmt der HMID kontinuierlich mit<br />

steigendem Abfluss ab. Diese Tendenz<br />

verstä<strong>rk</strong>t sich mit dem Verbauungsg<strong>ra</strong>d<br />

des Abschnittes: man kann beobachten,<br />

dass beim teilverbauten Abschnitt<br />

4 die Neigung der HMID-Linie<br />

geringer ist als beim kanalisierten Abschnitt<br />

5.<br />

Bei kleineren Abflü<strong>sse</strong>n (in der G<strong>ra</strong>phik<br />

im rechten Bereich) nähern sich<br />

die Werte für den HMID einander an,<br />

während bei Mittelwa<strong>sse</strong><strong>ra</strong>bflü<strong>sse</strong>n<br />

«Wa<strong>sse</strong>r Energie Lu<strong>ft</strong>» – 103. Jahrgang, 2011, He<strong>ft</strong> 4, CH-5401 Baden 333<br />

Flussgebietsmanagement


Flussgebietsmanagement<br />

der HMID jene Werte annimmt, welche<br />

die Strukturvielfalt des Fliessgewä<strong>sse</strong><strong>ra</strong>bschnittes<br />

am besten zu<br />

cha<strong>ra</strong>kterisieren vermögen.<br />

Zieht man nun wiederum den Variationskoeffizienten<br />

he<strong>ra</strong>n, um auch die Variabilität<br />

der Zeitreihen zu analysieren, werden<br />

diese Feststellungen bestätigt (Tabelle 3).<br />

Je natürlicher der Abschnitt, desto geringer<br />

ist die zeitliche Variabilität sowohl<br />

für die sepa<strong>ra</strong>t gesehenen hyd<strong>ra</strong>ulischen<br />

Grö<strong>sse</strong>n als auch für den HMID.<br />

4. Anwendung des HMID<br />

4.1 Vorgehensweise<br />

Der HMID soll vor allem dazu dienen, dem<br />

Wa<strong>sse</strong>rbauer ein Instrument für die Optimierung<br />

von Hochwa<strong>sse</strong>rschutzprojekten<br />

in strukturell-morphologischer Hinsicht in<br />

die Hand zu geben.<br />

Da bei einem Hochwa<strong>sse</strong>rschutzprojekt<br />

die Durchführung von 2d-Modellierungen<br />

zur Untersuchung des Hochwa<strong>sse</strong>rverhaltens<br />

für verschiedene Varianten<br />

heutzutage Standard ist, bedeutet die Berechnung<br />

des HMID keinen wesentlichen<br />

Meh<strong>ra</strong>ufwand.<br />

Für einzelne zur Diskussion stehende<br />

Projektvarianten wird der HMID nun<br />

folgenderma<strong>sse</strong>n ermittelt:<br />

Durchführung einer numerischen 2D-<br />

Modellierung für den Mittelwa<strong>sse</strong><strong>ra</strong>bfluss.<br />

Als Eingabedaten für die Modellierung<br />

dienen das digitale Höhenmodell<br />

(inklusive Rauhigkeitsbeiwerte) der<br />

einzelnen Varianten und der Mittelwa<strong>sse</strong><strong>ra</strong>bfluss,<br />

der entweder zu berechnen<br />

ist oder aus einer für den betroffenen<br />

Fliessgewä<strong>sse</strong><strong>ra</strong>bschnitt vorliegenden<br />

Abflussdaue<strong>rk</strong>urve abgelesen<br />

werden kann;<br />

Auslesen der Fliessgeschwindigkeiten<br />

und -tiefen in den einzelnen Zellen des<br />

Gitternetzes des 2d-Modells für den<br />

Mittelwa<strong>sse</strong><strong>ra</strong>bfluss, wobei bei sta<strong>rk</strong><br />

unterschiedlichen Zellengrö<strong>sse</strong>n eine<br />

Gewichtung der Werte über die Fläche<br />

empfehlenswert ist;<br />

Berechnung der Mittelwerte und Standardabweichungen<br />

und Berechnung<br />

des HMID gemäss Formel in Kapitel<br />

3.2.2.<br />

Durch die Anwendung des HMID eröffnet<br />

sich die Möglichkeit, Hochwa<strong>sse</strong>rschutzprojekte<br />

hinsichtlich der Verbe<strong>sse</strong>rung der<br />

Strukturvielfalt zu optimieren. Je höher der<br />

HMID, desto höher ist die Vielfalt der aquatischen<br />

Habitate, die im Projektabschnitt<br />

geschaffen werden. Durch die Erlangung<br />

eines hohen Strukturreichtums schaf<strong>ft</strong><br />

man günstige morphologisch-strukturelle<br />

Vo<strong>ra</strong>u<strong>sse</strong>tzungen für ein hohes ökologisches<br />

Potenzial und als Folge davon für<br />

eine hohe Biodiversität.<br />

4.2 Weitere Überprüfungen<br />

Die Untersuchungen zur Entwicklung der<br />

HMID haben die Annahme bestätigt, dass<br />

die zeitliche Variabilität der aquatischen<br />

Habitate in natürlichen Fliessgewä<strong>sse</strong>rn<br />

niederer ist als in verbauten Fliessgewä<strong>sse</strong>rn.<br />

Deshalb ist es nicht ausreichend,<br />

ein Fliessgewä<strong>sse</strong>r nur für einen bestimmten<br />

Projektzustand mit einer hohen<br />

Strukturvielfalt auszustatten. Es ist zu<br />

überprüfen, ob die zeitliche Stabilität der<br />

Strukturvielfalt gewährleistet bleibt.<br />

Dazu stehen zwei Möglichkeiten,<br />

die sich ergänzen können, zur Auswahl:<br />

Überprüfung des HMID für mehrere<br />

Abflü<strong>sse</strong>. Der HMID soll auch für Abflü<strong>sse</strong>,<br />

die höher oder niederer als der<br />

Mittelwa<strong>sse</strong><strong>ra</strong>bfluss sind, einen ähnlichen<br />

Wert wie für den Mittelwa<strong>sse</strong>r -<br />

abfluss aufweisen. Diese Überprüfung<br />

kann die zeitliche Stabilität der Habitate<br />

bestätigen. Eine Ausnahme bilden<br />

Abflü<strong>sse</strong> mit sta<strong>rk</strong>en Geschiebeumlagerungen.<br />

Bei diesen nimmt der<br />

HMID auch in Fliessgewä<strong>sse</strong>rn, die<br />

dem Referenzzustand nahe kommen,<br />

sta<strong>rk</strong> ab.<br />

Überprüfung des Verhältni<strong>sse</strong>s der<br />

benetzten Breite bei Mittelwa<strong>sse</strong><strong>ra</strong>bfluss<br />

und bei bordvollem Abfluss. In<br />

ihrem natürlichen Zustand beanspruchen<br />

Fliessgewä<strong>sse</strong>r gro<strong>sse</strong> Flächen.<br />

Innerhalb des so genannten pa<strong>ra</strong>fluvialen<br />

Bereiches (Lo<strong>ra</strong>ng & Hauer,<br />

2006) entwickelt sich die volle Dynamik<br />

mit Erosions- und Auflandungsproze<strong>sse</strong>n,<br />

der Laufverlagerung und der da<strong>ra</strong>uffolgenden<br />

Neubildung der Habitate<br />

bei geschiebeumlagernden Proze<strong>sse</strong>n.<br />

Die von kiesführenden, verzweig -<br />

ten Alpenflü<strong>sse</strong>n in ihrem Referenzzustand<br />

beanspruchte Breite liegt um<br />

ein Vielfaches höher als die bei verbauten<br />

Flü<strong>sse</strong>n noch vorhandene<br />

Breite. An der Sense zum Beispiel<br />

weist die aktive Flusssohle am natürlichen<br />

Abschnitt 1 eine Breite von ca.<br />

150 m auf. Bei Hochwa<strong>sse</strong>r wird die<br />

gesamte Breite beansprucht, während<br />

bei Mittel- und Niederwa<strong>sse</strong>r lediglich<br />

ca. 20% der Fläche des pa<strong>ra</strong>fluvialen<br />

Bereiches benetzt sind (Gostner et al.,<br />

2010). Im kanalisierten Abschnitt 5<br />

hingegen beträgt die Breite bei bordvollem<br />

Abfluss ca. 30 m. Die benetzte<br />

Breite bleibt für alle Abflü<strong>sse</strong> annähernd<br />

konstant. Bei steigenden Ab-<br />

flü<strong>sse</strong>n kann es kaum zu einer Beanspruchung<br />

nicht benetzter Bereiche<br />

kommen. Dies schlägt in einer sta<strong>rk</strong>en<br />

Änderung von Fliessgeschwindigkeit<br />

und –tiefe und dementsprechend in<br />

einer gro<strong>sse</strong>n zeitlichen Instabilität der<br />

aquatischen Habitate zu Buche. Je<br />

kleiner also das Verhältnis zwischen<br />

benetzter Breite bei Mittelwa<strong>sse</strong><strong>ra</strong>bfluss<br />

und Breite bei bordvollem Abfluss<br />

ist, desto näher kommt man – indikativ<br />

gesehen – dem Referenzzustand.<br />

4.3 Einschränkungen<br />

Es besteht kein Zweifel darüber, dass<br />

die hydromorphologische Strukturvielfalt<br />

eine notwendige Bedingung für eine reiche<br />

Biodiversität am Fliessgewä<strong>sse</strong>r darstellt.<br />

Dass die Erfüllung dieser Bedingung aber<br />

nicht immer hinreichend ist, bringen unterschiedliche<br />

Untersuchungen klar zum<br />

Ausdruck (Gostner & Schleiss, 2010, Alp<br />

et al., 2011).<br />

Damit eine strukturmorphologische<br />

Gewä<strong>sse</strong>rsanierung nicht zum<br />

Selbstzweck ve<strong>rk</strong>ommt bzw. einen rein<br />

ästhetischen Wert erhält, ist es notwendig,<br />

den Fokus nicht nur auf lokale Defizite<br />

zu beziehen, sondern auch au<strong>sse</strong>rhalb des<br />

Projektperimeters liegende Proze<strong>sse</strong> mit<br />

einzubeziehen (Rau & Peter, 2011).<br />

In erster Linie ist bei Projekten im<br />

Flussbau ein Leitbild mit klar definierten<br />

Zielen zu e<strong>ra</strong>rbeiten und dementsprechend<br />

die F<strong>ra</strong>ge zu beantworten, ob die strukturell-morphologischen<br />

Eigenscha<strong>ft</strong>en tatsächlich<br />

eine relevante Hürde auf dem<br />

Weg zu diesem Leitbild darstellen. Sind<br />

nämlich andere Elemente massgebend für<br />

eine ve<strong>ra</strong>rmte Biodiversität (z.B. Nährstoff-<br />

und Sedimenteinträge durch intensive<br />

landwirtscha<strong>ft</strong>liche Nutzung bis an den<br />

Gewä<strong>sse</strong>r<strong>ra</strong>nd, chemische Belastung<br />

des Fliessgewä<strong>sse</strong>rs, F<strong>ra</strong>gmentierung<br />

des betroffenen Fliessgewä<strong>sse</strong>rs, durch<br />

Wa<strong>sse</strong>rnutzungen verändertes Abflussregime,<br />

usw.) und wird dieser F<strong>ra</strong>ge nicht auf<br />

den Grund gegangen, können Massnahmen<br />

zur Verbe<strong>sse</strong>rung der Strukturvielfalt<br />

eventuell ohne positive Effekte bleiben und<br />

damit den erwarteten Erfolg des Projektes<br />

nicht erreichen.<br />

Ein Kernthema in diesem Zusammenhang<br />

bildet die Vernetzung des Fliessgewä<strong>sse</strong>rs<br />

und seiner Umgebung. Die<br />

longitudinale, late<strong>ra</strong>le und vertikale Vernetzung<br />

sind grundlegende Vo<strong>ra</strong>u<strong>sse</strong>tzung<br />

dafür, dass mit der Verbe<strong>sse</strong>rung<br />

der Strukturvielfalt eine höhere Biodiversität<br />

einhergeht.<br />

Auch ist das Wechselspiel zwi-<br />

334 «Wa<strong>sse</strong>r Energie Lu<strong>ft</strong>» – 103. Jahrgang, 2011, He<strong>ft</strong> 4, CH-5401 Baden


schen Morphologie und Geschiebehaushalt<br />

zu beleuchten. Fliessgewä<strong>sse</strong>r, die<br />

langfristig positive strukturelle Lebensbedingungen<br />

anbieten, sind durch ein dynamisches<br />

Gleichgewicht gekennzeichnet.<br />

Es treten zwar in periodischen Abständen<br />

bettbildende Proze<strong>sse</strong> mit der Neubildung<br />

der Habitate auf, es kommt aber<br />

zu keinen irreversiblen Eintiefungs- bzw.<br />

Auflandungstendenzen. Um diese Vorgänge<br />

beurteilen zu können, sind Untersuchungen<br />

des Geschiebehaushaltes in<br />

Verbindung mit abflussdynamischen Proze<strong>sse</strong>n<br />

auf der Einzugsgebietsebene notwendig.<br />

Zum Beispiel kann eine mangelnde<br />

Geschiebezufuhr aus dem Oberlauf in Verbindung<br />

mit anthropogen veränderten und<br />

häufiger au<strong>ft</strong>retenden Hochwa<strong>sse</strong>rspitzen<br />

dazu führen, dass die Verbe<strong>sse</strong>rung oder<br />

Wiederherstellung der Strukturvielfalt nur<br />

kurzfristig wi<strong>rk</strong>sam ist, da sich der Hauptarm<br />

durch die Aufnahme von Geschiebe<br />

aus der Sohle eintie<strong>ft</strong> und sich auf lange<br />

Sicht wiederum ein Gewä<strong>sse</strong>r mit Verödungsflächen<br />

und einem ve<strong>ra</strong>rmten Lebens<strong>ra</strong>umangebot<br />

bildet. Deshalb ist bei<br />

Hochwa<strong>sse</strong>rschutzprojekten nicht nur eine<br />

Verbe<strong>sse</strong>rung der Strukturvielfalt notwendig.<br />

Die Erreichung eines ausgeglichenen<br />

Geschiebehaushalts kann nicht nur die<br />

Dauerha<strong>ft</strong>igkeit der Schutzmassnahmen<br />

gewährleisten, sondern auch dafür sorgen,<br />

dass die Ökosystemleistungen des<br />

Fliessgewä<strong>sse</strong>rs von Dauer sind.<br />

5. Zusammenfassung<br />

Fliessgewä<strong>sse</strong>r sind komplexe Systeme.<br />

Mit dem HMID steht dem Wa<strong>sse</strong>rbauer ein<br />

We<strong>rk</strong>zeug zur Verfügung, einzelne Projektvarianten<br />

im Hinblick auf die Verbe<strong>sse</strong>rung<br />

der Strukturvielfalt vergleichen und bewerten<br />

zu können.<br />

Der Formel zur Berechnung des<br />

HMID enthält die hyd<strong>ra</strong>ulischen Variablen<br />

Fliessgeschwindigkeit und –tiefe. Diese<br />

können gewi<strong>sse</strong>rma<strong>sse</strong>n als repräsentativ<br />

für die Strukturvielfalt eines Fliessgewä<strong>sse</strong>rs<br />

angesehen werden, da sie aufgrund<br />

der vorhandenen Wechselwi<strong>rk</strong>ungen sta<strong>rk</strong><br />

mit anderen hyd<strong>ra</strong>ulischen und morphologischen<br />

Variablen korrelieren.<br />

Bei einem vorhandenen 2d-Modell,<br />

was heutzutage bei der Ausarbeitung von<br />

Hochwa<strong>sse</strong>rschutzprojekten zum Standard<br />

gehört, kann der HMID mit wenig<br />

Zusatzaufwand für die zur Diskussion stehenden<br />

Projektvarianten berechnet werden.<br />

Durch zusätzliche Überprüfungen<br />

(Berechnung des HMID für mehrere Abflü<strong>sse</strong>,<br />

Untersuchung der Regimebreite<br />

im Vergleich zur Breite bei bordvollem Abfluss)<br />

ist die zeitliche Stabilität der Habitate<br />

Infobox<br />

Der hydro-morphologische Index der Diversität – Wichtigste Me<strong>rk</strong>male<br />

Was ist neu am HMID?<br />

Der HMID verwendet die statistischen Pa<strong>ra</strong>meter von hyd<strong>ra</strong>ulischen, die aquatischen<br />

Habitate kennzeichnenden Grö<strong>sse</strong>n. Im Gegensatz zu Bewertungsmethoden (wie<br />

zum Beispiel Ökomorphologie des Modul-Stufen-Konzepts), die auf teilweise subjektiven<br />

Einschätzungen des Bet<strong>ra</strong>chters im Feld aufbauen, basiert der HMID damit<br />

auf objektiven Kriterien.<br />

Was sind die Vorteile des HMID?<br />

Die Verwendung von numerischen, zweidimensionalen Abflussmodellen zur Beurteilung<br />

von wa<strong>sse</strong>rbaulichen Projekten im Hochwa<strong>sse</strong>rfall ist heutzutage Standard.<br />

Mit geringem Zusatzaufwand können diese Modelle dazu verwendet werden, auch<br />

die Mittelwa<strong>sse</strong><strong>ra</strong>bflü<strong>sse</strong> zu modellieren und aus den da<strong>ra</strong>us resultierenden hyd<strong>ra</strong>ulischen<br />

Kenngrö<strong>sse</strong>n den HMID zu berechnen.<br />

Welche Lücke schliesst der HMID?<br />

Der HMID hat die Fähigkeit zur Vorhersage. Durch Anwendung des HMID in wa<strong>sse</strong>rbaulichen<br />

Projekten können Projektvarianten im Hinblick auf die Verbe<strong>sse</strong>rung der<br />

Strukturvielfalt quantitativ verglichen werden. Der HMID soll also weder ein neues<br />

Instrument zur Beurteilung des IST-Zustandes eines Fliessgewä<strong>sse</strong>rs noch zur Erfolgskontrolle<br />

nach der Durchführung von Projekten sein, sondern sich, in zeitlicher<br />

Abfolge gesehen, dazwischen einreihen.<br />

und somit des Lebens<strong>ra</strong>umes der aquatischen<br />

Flo<strong>ra</strong> und Fauna zu verifizieren.<br />

Natürliche Fliessgewä<strong>sse</strong>r befinden sich<br />

in einem dynamischen Gleichgewicht und<br />

sind durch eine hohe zeitliche Stabilität der<br />

Lebensräume cha<strong>ra</strong>kterisiert. Deshalb ist<br />

dies auch bei Hochwa<strong>sse</strong>rschutzprojekten<br />

als Ziel anzustreben. Ist man imstande, ein<br />

Fliessgewä<strong>sse</strong>r mit einem hohen HMID<br />

auszustatten und gleichzeitig de<strong>sse</strong>n<br />

zeitliche Stabilität bis zum Eintreten von<br />

Schwellenereigni<strong>sse</strong>n, d.h. von Ereigni<strong>sse</strong>n<br />

mit intensiven Geschiebeumlagerungsproze<strong>sse</strong>n,<br />

zu gewährleisten, schaf<strong>ft</strong><br />

man die für ein hohes ökologisches Potenzial<br />

notwendigen hydromorphologischen<br />

Vo<strong>ra</strong>u<strong>sse</strong>tzungen.<br />

Ob ein Projekt schlu<strong>sse</strong>ndlich erfolgreich<br />

im Hinblick auf die Verbe<strong>sse</strong>rung<br />

der Biodiversität ist, hängt damit zusammen,<br />

ob auch andere wichtige Faktoren<br />

(z.B. Nährstoff- und Sedimenteinträge,<br />

chemische Belastung, F<strong>ra</strong>gmentierung,<br />

verändertes Abflussregime, usw.) auf der<br />

Einzugsgebietsebene richtig e<strong>rk</strong>annt und<br />

analysiert werden und nicht einer oder<br />

mehrere dieser Faktoren einen Erfolg von<br />

vorneherein verhindern können.<br />

Danksagung<br />

Wir bedanken uns bei Prof. William K. Annable<br />

(University of Waterloo/Kanada) für die gro<strong>sse</strong><br />

fachliche und p<strong>ra</strong>ktische Hilfe bei der Durchführung<br />

der Feldarbeiten, bei Prof. Piotr Pa<strong>ra</strong>siewicz<br />

(Rushing Rivers Institute, Massachusetts/<br />

USA) für wertvolle wi<strong>sse</strong>nscha<strong>ft</strong>liche Unterstützung,<br />

bei Lau<strong>ra</strong> Vigne für die Datenerhebung<br />

und –analyse an der Venoge, bei Fabri Haldi für<br />

die Durchführung der 2D-Modellierungen an der<br />

Sense und beim Team der Ingenieure Patscheider<br />

& Partner GmbH (Südtirol/Italien) für den unermüdlichen<br />

Einsatz bei den Feldarbeiten und<br />

der Ausarbeitung der G<strong>ra</strong>phiken.<br />

Das gegenständliche Projekt ist im Rahmen<br />

des Forschungsprojektes «Integ<strong>ra</strong>les Flussgebietsmanagement»<br />

ausgearbeitet worden. Den<br />

Kollegen der EAWAG, WSL und VAW, insbesondere<br />

Maria Alp und Patric Rou<strong>sse</strong>lot, sind wir<br />

Dank schuldig für die sehr wertvolle und konstruktive<br />

interdisziplinäre Zusammenarbeit.<br />

An das BAFU und die Autonome Provinz Bozen/<br />

Südtirol geht der Dank für die Finanzierung des<br />

Projektes.<br />

Lite<strong>ra</strong>tur<br />

Allan J.D., Castillo MM. 2007. Stream Ecology.<br />

Structure and Function of Running Waters.<br />

Second Edition. Springer, Dordrecht, Netherlands.<br />

Alp, M., Karpati, Th., Werth, S., Gostner, W.,<br />

Scheidegger, Ch., Peter, A. 2011. Erhaltung und<br />

Förderung der Biodiversität von Fliessgewä<strong>sse</strong>rn.<br />

Wa<strong>sse</strong>r Energie Lu<strong>ft</strong>. He<strong>ft</strong> 3: 216–223<br />

Arscott, D. B., Tockner, K., Nat, D., van der<br />

Ward, J.V. 2002. Aquatic Habitat Dynamics<br />

along a B<strong>ra</strong>id Alpine River Ecosystem (Tagliamento<br />

River, Northeast Italy). Ecosystems 5:<br />

802–814.<br />

Barbour M.T., Gerritsen J., Snyder B.D., Stribling<br />

J.B. 1999. «Rapid Bioa<strong>sse</strong>ssment Protocols for<br />

Use in Streams and Wadeable Rivers: Periphyton,<br />

Benthic Macroinverteb<strong>ra</strong>tes and Fish»,<br />

Second Edition, EPA 841-B-99-002. U.S. Environmental<br />

Protection Agency; Office of Water,<br />

Washington, D.C., 337 S.<br />

BAFU (Hrsg). 2010. Strukturen der Fliessgewäs-<br />

«Wa<strong>sse</strong>r Energie Lu<strong>ft</strong>» – 103. Jahrgang, 2011, He<strong>ft</strong> 4, CH-5401 Baden 335<br />

Flussgebietsmanagement


100. Flussgebietsmanagement<br />

Hauptversammlung 2011<br />

ser in der Schweiz. Zustand von Sohle, Ufer und<br />

Umland (Ökomorphologie); Ergebni<strong>sse</strong> der ökomorphologischen<br />

Kartierung. Stand: April 2009.<br />

Umwelt Zustand Nr. 0926. Bundesamt für Umwelt,<br />

Bern. 100 S.<br />

BUWAL (Bundesamt für Umwelt, Wald und<br />

Landscha<strong>ft</strong>). 1998. Ökomorphologie Stufe F.<br />

Methoden zur Untersuchung und Beurteilung<br />

der Fliessgewä<strong>sse</strong>r in der Schweiz. Mitteilungen<br />

zum Gewä<strong>sse</strong>rschutz Nr. 27, 51 S.<br />

Gostner, W., Schleiss, A.J. 2010. «Der hyd<strong>ra</strong>ulisch-morphologische<br />

Index der Diversität: Ein<br />

Indikator für die ökologische Funktionsfähigkeit<br />

von Fliessgewä<strong>sse</strong>rn». Beiträge zum 15. Gemeinscha<strong>ft</strong>s-Symposium<br />

der Wa<strong>sse</strong>rbau-Institute<br />

TU München, TU G<strong>ra</strong>z und ETH Zürich, vol.<br />

124, pp. 1–10.<br />

Gostner, W., Schleiss, A. J., Annable, W. K.,<br />

Paternolli, M. 2010 «G<strong>ra</strong>vel bar inundation frequency:<br />

an indicator for the ecological potential<br />

of a river». Proceedings of the River Flow<br />

International Conference on Fluvial Hyd<strong>ra</strong>ulics<br />

in B<strong>ra</strong>unschweig, pp. 1485–1494.<br />

Gostner, W., Alp, M., Schleiss, A.J., Robinson,<br />

C.T. 2011a. The hydro morphological index of<br />

diversity: a tool for river resto<strong>ra</strong>tion planning.<br />

Eingereicht bei Hydrobiologia.<br />

Gostner, W., Pa<strong>ra</strong>siewicz, P., Schleiss, A.J.<br />

2011b. Spatial and tempo<strong>ra</strong>l hyd<strong>ra</strong>ulic variabi-<br />

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lity in an Alpine g<strong>ra</strong>vel bed river with changing<br />

morphological cha<strong>ra</strong>cteristics. In Einreichung<br />

bei Ecohydrology.<br />

Häusler, Th. 2011. Bahn frei für die Flü<strong>sse</strong>. Wi<strong>sse</strong>nscha<strong>ft</strong><strong>sse</strong>ndung<br />

Kontext, ausgest<strong>ra</strong>hlt am<br />

14.09.2011 auf DRS2.<br />

Jungwirth M., Haidvogl G., Moog O., Muhar S.,<br />

Schmutz S. 2003. Angewandte Fischökologie<br />

an Fliessgewä<strong>sse</strong>rn. Facultas Universitätsverlag,<br />

Wien, 547 S.<br />

Lo<strong>ra</strong>ng, M.S., Hauer, F.R. 2006. Fluvial Geomorphic<br />

Proce<strong>sse</strong>s. Hauer F.R. and Lamberti G.A.<br />

(Eds.) Methods in Stream Ecology, 2nd edition<br />

Elsevier Academic Press, 877 pp.<br />

McDonald, J.H. 2009. Handbook of Biological<br />

Statistics, 2nd ed. Spa<strong>rk</strong>y House Publishing,<br />

Baltimore, Maryland.<br />

Palmer, M.A., Hakenkamp, C.C., Nelson Baker,<br />

K. 1997. Ecological heterogeneity in streams:<br />

why variance matters. Journal of the North American<br />

Benthological Society 16: 189–202.<br />

Pfaundler, M., Zappa, M. 2006. Die mittleren Abflü<strong>sse</strong><br />

über die ganze Schweiz Ein optimierter<br />

Datensatz im 500×500 m Raster. Wa<strong>sse</strong>r Energie<br />

Lu<strong>ft</strong>. He<strong>ft</strong> 4: 291–298.<br />

Rau, Ch., Peter, A. 2011. Fliessgewä<strong>sse</strong>rrevitalisierungen<br />

– das gro<strong>sse</strong> Potenzial kleiner Bäche.<br />

Wa<strong>sse</strong>r Energie Lu<strong>ft</strong>. He<strong>ft</strong> 1: 43–48.<br />

R Development Core Team. 2009. R: A langu-<br />

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age and environment for statistical computing.<br />

R Foundation for Statistical Computing, Vienna,<br />

Austria. ISBN 3-900051-07-0, URL http://www.<br />

R-project.org.<br />

Schleiss, A.J. 2005. Flussbauliche Hochwa<strong>sse</strong>rschutzmassnahmen<br />

und Verbe<strong>sse</strong>rung der<br />

Gewä<strong>sse</strong>rökologie – Vorschlag eines hyd<strong>ra</strong>ulisch<br />

– morphologischen Vielfältigkeitsindexes.<br />

Wa<strong>sse</strong>r Energie Lu<strong>ft</strong>. He<strong>ft</strong> 7/8: 195–199<br />

Schneider, D.C. 1994. Quantitative ecology:<br />

spatial and tempo<strong>ra</strong>l ecology. Academic Press:<br />

San Diego.<br />

Wolman, M.G. 1954. A method of sampling<br />

coarse bed material. American Geophysical<br />

Union, T<strong>ra</strong>nsactions, 35: 951–956.<br />

Woolsey, S., Weber, C., Gonser, T., Hoehn, E.,<br />

Hostmann, M., Junker, B., Roulier, C., Schweizer,<br />

S., Tiegs, S., Tockner, K., Peter, A. 2005.<br />

Handbuch für die Erfolgskontrolle bei Fliessgewä<strong>sse</strong>rrevitalisierungen.<br />

Publikation des Rhone<br />

Thur Projektes. Eawag, WSL, LCH EPFL, VAW<br />

ETHZ, 112 S.<br />

Anschri<strong>ft</strong> der Verfa<strong>sse</strong>r<br />

Walter Gostner, Anton Schleiss, Labo<strong>ra</strong>toire de<br />

constructions hyd<strong>ra</strong>uliques (LCH), Ecole polytechnique<br />

fédé<strong>ra</strong>le del Lausanne (EPFL), Station<br />

18, CH-1015 Lausanne, secrétariat.lch@<br />

epfl.ch, http://lch.epfl.ch<br />

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��������������������� ����������������������������� 336 «Wa<strong>sse</strong>r Energie Lu<strong>ft</strong>» – 103. Jahrgang, 2011, He<strong>ft</strong> 4, CH-5401 Baden<br />

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Die beiden Ju<strong>ra</strong>gewä<strong>sse</strong><strong>rk</strong>orrektionen in<br />

historischer Perspektive<br />

Matthias Nast<br />

1. Die Ju<strong>ra</strong>gewä<strong>sse</strong><strong>rk</strong>orrektion<br />

in der T<strong>ra</strong>dition Tullas<br />

«Die Geschichte des Menschengeschlechts<br />

ist auch die seines Verhältni<strong>sse</strong>s<br />

zu der Natur.» (Ritter, Johann Wilhelm, zit.<br />

in: Schipperges 1969: 179f.). Dieses beme<strong>rk</strong>enswerte<br />

Zitat von 1810 finden wir im<br />

Nachlass des aus Schlesien stammenden<br />

und zuerst in Jena und später an der Bayerischen<br />

Akademie der Wi<strong>sse</strong>nscha<strong>ft</strong>en<br />

wi<strong>rk</strong>enden Physikers und Philosophen Johann<br />

Wilhelm Ritter.<br />

Vor dem Hintergrund dieser Aussage<br />

gewinnt Johann Gottfried Tullas<br />

Devise an Bedeutung, der 1812, nur zwei<br />

Jahre nach Ritters naturphilosophischer<br />

Bet<strong>ra</strong>chtung, folgende Losung ausgab:<br />

«Ein Fluss oder Strom hat nur ein Bett<br />

nötig, man muss daher, wenn er mehrere<br />

Arme hat, auf die Ausbildung eines geschlo<strong>sse</strong>nen<br />

Laufs hinwi<strong>rk</strong>en. Dieser ist<br />

soviel als möglich ge<strong>ra</strong>de zu halten, damit<br />

dem Hochwa<strong>sse</strong>r ein geregelter Abfluss<br />

verschaf<strong>ft</strong> wird, die Ufer leichter erhalten<br />

werden können, der Fluss sich tiefer einbette,<br />

also der Wa<strong>sse</strong>rspiegel sich senke,<br />

und das Gelände nicht überschwemmt<br />

werde. Die alten Flussarme sind zur Verlandung<br />

zu bringen, verlandete Flächen<br />

sind anzupflanzen.» (Tulla, Johann Gottfried,<br />

zit. in: Vischer 2003: 24).<br />

Tullas Leitspruch prägte ganze Gene<strong>ra</strong>tion<br />

von Flussbauingenieuren. Nicht<br />

zuletzt in der Schweiz, wo im 19. Jahrhundert<br />

flussbauliche Massnahmen, welche<br />

die Bevölkerung nachhaltig vor Hochwa<strong>sse</strong>rereigni<strong>sse</strong>n<br />

zu schützen vermochten,<br />

Symbole für den politischen und wi<strong>sse</strong>nscha<strong>ft</strong>lichen<br />

Fortschritt waren. So war es<br />

niemand Geringeres als Johann Gottfried<br />

Tulla, der zusammen mit Hans Kon<strong>ra</strong>d<br />

Escher die Linthkorrektion (1807–1816)<br />

leitete. Diese Korrektionsarbeiten wiederum<br />

dienten den Promotoren der Ju<strong>ra</strong>gewä<strong>sse</strong><strong>rk</strong>orrektion<br />

als Vorbild, obwohl<br />

die Grö<strong>sse</strong> des Seeländer Projektes die<br />

Massnahmen in der Linthebene bei weitem<br />

übert<strong>ra</strong>fen.<br />

Rückblickend bet<strong>ra</strong>chtet hatte Tullas<br />

Devise für die biologische Vielfalt verheerende<br />

Konsequenzen. Ehemals weit<br />

verzweigte Flussarme wurden auf schmale<br />

Gerinne reduziert und deren Ufer befestigt.<br />

Diese gewä<strong>sse</strong>rbaulichen Massnahmen<br />

führten zusammen mit der zunehmenden<br />

Gewä<strong>sse</strong>rverschmutzung seit dem Ende<br />

des 19. Jahrhundert in Flü<strong>sse</strong>n, Seen und<br />

Feuchtgebieten zu einem d<strong>ra</strong>matischen<br />

Artenverlust in den Schweizer Gewä<strong>sse</strong>rn.<br />

Das zeigt sich auch im Seeland: Vor<br />

der Ersten Ju<strong>ra</strong>gewä<strong>sse</strong><strong>rk</strong>orrektion ström -<br />

te die Aare zwischen Aarberg und Meienreid<br />

als mächtiger Fluss durch die Landscha<strong>ft</strong>.<br />

Ulrich Ochsenbein (1811–1890) beschrieb<br />

das Gebiet 1854 wie folgt: «Kaum<br />

hat nämlich die Aare Aarberg verla<strong>sse</strong>n, so<br />

erweitert sie ihr Bett bis nach Meienried in<br />

einer Breite, die zuweilen 10 bis 20 Minuten<br />

bet<strong>ra</strong>gen mag und einen Flächen<strong>ra</strong>um<br />

von nicht weniger als 3194 Jucharten [gut<br />

1100 ha] darbietet. In diesem Bette hat sie<br />

au<strong>sse</strong>r ihrem gewöhnlichen Rinnsal, eine<br />

unzählige Menge mehr oder weniger tiefe<br />

Kanäle, die während acht bis neun Monaten<br />

leer, und nur dazu bestimmt sind, im<br />

Sommer das Hochwa<strong>sse</strong>r aufzunehmen,<br />

de<strong>sse</strong>n Abfluss nach Meienried aufzuhalten<br />

und zu verzögern, bis da<strong>sse</strong>lbe wieder<br />

fällt und seine normale Höhe erreicht,<br />

was gewöhnlich in verhältnismässig kurzer<br />

Zeit geschieht.» (Ochsenbein, Ulrich, zit.<br />

in: Holenstein 2009: 481).<br />

Die beiden Ju<strong>ra</strong>gewä<strong>sse</strong><strong>rk</strong>orrektionen<br />

(1868–1891 und 1962–1973) bedeuteten<br />

das d<strong>ra</strong>matische Ende dieser<br />

natürlichen Flusslandscha<strong>ft</strong>: «Zahlreiche<br />

Flü<strong>sse</strong> und Bäche wurden regelrecht aus<br />

der Landscha<strong>ft</strong> <strong>ra</strong>diert: Zwischen 1870<br />

und 1990 sank die Länge der Fliessgewä<strong>sse</strong>r<br />

von rund 1000 Kilometer auf unter<br />

500 Kilometer». Insbesondere die Melio<strong>ra</strong>tionsarbeiten<br />

im Zuge der Zweiten Ju<strong>ra</strong>gewä<strong>sse</strong><strong>rk</strong>orrektion<br />

hätten, so Ewald und<br />

Klaus, «die Landscha<strong>ft</strong> regelrecht umgepflügt<br />

und seien aus Sicht des Natur-<br />

und Landscha<strong>ft</strong>sschutzes […], ein Biozid<br />

für freilebende Tiere und wildwachsende<br />

Pflanzen.» (Ewald/Klaus 2009: 109).<br />

Bild 1. Erste genaue Karte des Korrektionsgebietes: «Gene<strong>ra</strong>l Charte der Ju<strong>ra</strong> Gewae<strong>sse</strong>r». Aufgenommen 1816/1817 durch F.<br />

Trechsel, gezeichnet durch J. Opfikofer. (Staatsarchiv des Kantons Bern).<br />

«Wa<strong>sse</strong>r Energie Lu<strong>ft</strong>» – 103. Jahrgang, 2011, He<strong>ft</strong> 4, CH-5401 Baden 337<br />

100. Hauptversammlung 2011


100. Hauptversammlung 2011<br />

2. Trockenes Seeland<br />

Bei aller Kritik, die vor allem die Zweite Ju<strong>ra</strong>gewä<strong>sse</strong><strong>rk</strong>orrektion<br />

auf sich gezogen<br />

hat, ist es allerdings eine Tatsache, dass<br />

es allein den beiden Ju<strong>ra</strong>gewä<strong>sse</strong><strong>rk</strong>orrektionen<br />

zu verdanken ist, dass das Seeland,<br />

aber auch die Kantone Solothurn und Aargau,<br />

in den letzten Jahrzehnten von zerstörerischen<br />

Hochwa<strong>sse</strong>rn verschont geblieben<br />

sind.<br />

So lesen wir etwa in den Freiburger<br />

Nachrichten vom 8. September 2005:<br />

«Ende August 2005. Die ganze Schweiz<br />

steht nach tagelangen Niederschlägen<br />

unter Wa<strong>sse</strong>r. Die ganze Schweiz? Nein!<br />

Ein kleines Fischerdorf am Murtensee<br />

lässt sich durch den andauernden<br />

Regen nicht beunruhigen.»<br />

Mit diesen Worten beschrieb die Zeitung<br />

die Situation in Muntelier im Kanton Freiburg.<br />

Während Ende August 2005 das<br />

halbe Land im Wa<strong>sse</strong>r versank, im Berner<br />

Oberland, in G<strong>ra</strong>ubünden und in der Zent<strong>ra</strong>lschweiz<br />

Ve<strong>rk</strong>ehrswege unterbrochen<br />

wurden, vier Menschenleben zu beklagen<br />

waren und Schäden in Milliardenhöhe entstanden,<br />

blieb das Seeland mehr oder weniger<br />

von den Naturgewalten verschont. Es<br />

wurden zwar auch hier Schäden gemeldet,<br />

im Vergleich zu den anderen Landesteilen<br />

waren diese aber gering. (Nast 2011, Aareteufel:<br />

264).<br />

Beim August-Hochwa<strong>sse</strong>r von<br />

2007 wurde das seit der Zweiten Ju<strong>ra</strong>gewä<strong>sse</strong><strong>rk</strong>orrektion<br />

als hochwa<strong>sse</strong>rsicher<br />

geltende System hingegen überlastet.<br />

Das angestrebte Ziel, die Seeanstö<strong>sse</strong>r<br />

der Ju<strong>ra</strong><strong>ra</strong>ndseen und der Unterlieger ent-<br />

Bild 2. Die Gewä<strong>sse</strong>r des Seelandes vor der Ersten Ju<strong>ra</strong>gewä<strong>sse</strong><strong>rk</strong>orrektion.<br />

(S´AT-sand<strong>ra</strong>s atelier, Bern).<br />

lang der Aare vor Überschwemmungen<br />

zu schützen, wurde nicht erreicht. (BAFU<br />

2009: 7, 9). Die Autoren der Ereignisanalyse<br />

zum Hochwa<strong>sse</strong>r von 2007 kommen<br />

jedoch zum Schluss, dass «ohne die<br />

dämpfende Wi<strong>rk</strong>ung dieses Systems […]<br />

die Folgen des Ereigni<strong>sse</strong>s bedeutend g<strong>ra</strong>vierender<br />

gewesen [wären].» (BAFU 2009:<br />

7).<br />

3. Das Seeland vor der Ersten<br />

Ju<strong>ra</strong>gewä<strong>sse</strong><strong>rk</strong>orrektion<br />

Seit dem Ende der mittelalterlichen Warmphase<br />

und dem Beginn der kleinen Eiszeit<br />

vernichteten Hochwa<strong>sse</strong>r regelmässig<br />

die Ernten und bedrohten die Häuser,<br />

Ställe und das Vieh. Der Geog<strong>ra</strong>phe Martin<br />

Grosjean fasst einige zeitgenössische<br />

Bericht wie folgt zusammen: «1480 [flüchteten]<br />

die Leute oberhalb Solothurn auf die<br />

Bäume. 1579 ging der Pfarrer von Nidau<br />

mit dem Schiff zur Predigt, 1758 ert<strong>ra</strong>nken<br />

50 Prozent der Kühe und zwei Drittel der<br />

Schafe.» Besonders schlimm sei die Situation<br />

zwischen 1810 und 1900 gewesen, so<br />

Grosjean und schliesst: «In diese Zeit fällt<br />

die Planung und Verwi<strong>rk</strong>lichung der Ju<strong>ra</strong>gewä<strong>sse</strong><strong>rk</strong>orrektion.»<br />

(Grosjean 2004: 3).<br />

Die Ebene zwischen den Ju<strong>ra</strong><strong>ra</strong>ndseen<br />

– wo Kelten und Römer in früheren<br />

Jahrhunderten noch erfolgreich Ackerbau<br />

betrieben haben – versump<strong>ft</strong>e zusehends.<br />

Bald nannte die Bevölkerung diese grösste<br />

zusammenhängende Flachmoorlandscha<strong>ft</strong><br />

der Schweiz «Ma<strong>ra</strong>is d’Aarberg» und<br />

später ganz einfach «Gro<strong>sse</strong>s Moos».<br />

1835 schilderte Johann Rudolf<br />

Schneider, der später als «Retter des Seelandes»<br />

in die Geschichte eingegangen<br />

ist, die Situation in d<strong>ra</strong>matischen Worten:<br />

«Wahrlich ein t<strong>ra</strong>uriger, schrecklicher Anblick,<br />

so viele tausend Jucharten fruchtbares<br />

Land mit allen seinen Früchten unter<br />

Wa<strong>sse</strong>r beg<strong>ra</strong>ben zu sehen! Das Unglück<br />

ist unermesslich. Verloren, gänzlich verloren<br />

sind die Früchte des eisernen Flei<strong>sse</strong>s<br />

dieser arbeitsamen Bevölkerung. Es<br />

scheinen die drei Seen von Murten, Neuenburg<br />

und Biel nur ein gro<strong>sse</strong>s Wa<strong>sse</strong>rbecken<br />

zu bilden. […] Die Kartoffeln sind<br />

durchaus verloren, die Dörfer mit zusammengeführtem<br />

Un<strong>ra</strong>t angefüllt und die<br />

Wohnungen die Zufluchtstätten allen Ungeziefers<br />

geworden.» (Schneider 1836).<br />

Besonders katastrophal war die<br />

Situation 1852, als Mitte September ein<br />

langanhaltender Landregen in der ganzen<br />

Schweiz zu schweren Überschwemmungen<br />

führte. Die Aare durchb<strong>ra</strong>ch etwas<br />

oberhalb von Aarberg die Dämme und<br />

setzte die Ebene von Aarberg bis Meienried<br />

und Studen vollständig unter Wa<strong>sse</strong>r.<br />

Das Gro<strong>sse</strong> Moos bildete zwischen dem<br />

Murten-, Neuenburger- und Bielersee wiederum<br />

eine einzige zusammenhängende<br />

Wa<strong>sse</strong>rfläche. Ebenfalls sta<strong>rk</strong> betroffen<br />

waren die Kantone Solothurn und Aargau,<br />

da vor der Ju<strong>ra</strong>gewä<strong>sse</strong><strong>rk</strong>orrektion die<br />

Hochwa<strong>sse</strong>rwellen der Aare noch ungebremst<br />

durch diese Landscha<strong>ft</strong>en fluteten.<br />

Es verwundert daher kaum, dass die Aare<br />

früher auch «Aareteufel» genannt worden<br />

ist. (Müller, Hans, zit. In: Frey 1956: 22).<br />

4. Eine wilde Landscha<strong>ft</strong><br />

Die alles bestimmende Landscha<strong>ft</strong>sgestaltung<br />

ging von den Flü<strong>sse</strong>n aus. Sie<br />

strömten in alle Himmelsrichtungen – sich<br />

stets neue Flussbette g<strong>ra</strong>bend, sich verästelnd,<br />

vielarmig; dazwischen Sand- und<br />

Bild 3. Die Erste Ju<strong>ra</strong>gewä<strong>sse</strong><strong>rk</strong>orrektion (1868–1891). (S´ATsand<strong>ra</strong>s<br />

atelier, Bern).<br />

338 «Wa<strong>sse</strong>r Energie Lu<strong>ft</strong>» – 103. Jahrgang, 2011, He<strong>ft</strong> 4, CH-5401 Baden


Bild 4. Die Zweite Ju<strong>ra</strong>gewä<strong>sse</strong><strong>rk</strong>orrektion (1962–1973). (S´ATsand<strong>ra</strong>s<br />

atelier, Bern).<br />

Kiesbänke, umgeben von Schilffeldern<br />

und Auenwäldern. Entlang den verschlungenen<br />

Flussläufen erstreckten sich Sumpfebenen;<br />

Altwa<strong>sse</strong><strong>ra</strong>rme griffen ins Land<br />

hinein. Zwischen den Seen lag das Gro<strong>sse</strong><br />

Moos. Die grösste zusammenhängende<br />

Moorfläche der Schweiz war uneinheitlich<br />

strukturiert. Es gab gefährliche, mo<strong>ra</strong>stige<br />

Stellen, die sich kaum jemand zu betreten<br />

get<strong>ra</strong>ute, und solche, wo das Riedg<strong>ra</strong>s<br />

gedieh, das die Moosanstö<strong>sse</strong>r dem Vieh<br />

verfütterten. Die Wege quer durchs Moos<br />

waren äu<strong>sse</strong>rst tückisch und nur selten<br />

sicher begehbar. Wa<strong>sse</strong>rgräben durchzogen<br />

das Riedland. Während der Moosheuet<br />

dienten sie den Bauern als kleine<br />

Bootskanäle. Und immer wieder wurde<br />

das Moos überschwemmt.<br />

Aus heutiger Sicht waren die Flussläufe<br />

wildromantisch, so dass jeder Naturliebhaber<br />

seine wahre Freude da<strong>ra</strong>n<br />

gehabt hätte. Die Broye wies zahlreiche<br />

Windungen auf. Seicht und mit wenig<br />

Gefälle mäanderte sie in gemächlichen<br />

Windungen vom Murten- dem Neuenburgersee<br />

zu. Die Zihl verliess beim Maison<br />

Rouge den Neuenburgersee und durchzog<br />

in Schlingen das Galser Moos. (Nast<br />

2006: 48f.).<br />

Den Zeitgeno<strong>sse</strong>n galt das Gro<strong>sse</strong><br />

Moos jedoch als eine wüste Landscha<strong>ft</strong>.<br />

Der Korrespondent des «Berner Blatt»<br />

beschrieb am 3. Oktober 1865 die Situation<br />

wie folgt: «Stellt man sich auf irgend<br />

eine Höhe, so geniesst man der herrlichen<br />

Rundsicht. Aber in der Nähe umdüstert<br />

den Blick das hässliche gro<strong>sse</strong> Moos. […]<br />

Es ist entsetzlich in Steuerregister fort und<br />

fort die Beme<strong>rk</strong>ung<br />

zu lesen, dass die<br />

Aare da ein Stück<br />

Land und dort eines<br />

weggeschwemmt<br />

hat. […] Gegenüber<br />

der Aare liegt<br />

Lyss. Dort hat man<br />

die nämliche trostlose<br />

Erscheinung, dass die Aare fortwährend<br />

Land wegschwemmt. Viele Jucharten<br />

sind seit wenigen Jahren verschwunden.<br />

Zudem lastet auf dem der Überschwemmung<br />

ausgesetzten Lande eine erdrückende<br />

Schwellenpflicht. Zehnten und<br />

Bodenzinse waren ein Spass gegenüber<br />

dieser Last.»<br />

5. Ursachen für die schweren<br />

Überschwemmungen<br />

Vor der Ersten Ju<strong>ra</strong>gewä<strong>sse</strong><strong>rk</strong>orrektion<br />

mündete die Aare nicht in den Bielersee,<br />

sondern floss bei Aarberg ostwärts Richtung<br />

Lyss, Dotzigen und Meienried und<br />

erreichte das flache Becken des Seelandes.<br />

Das Geschiebe der ungezähmten<br />

Fliessgewä<strong>sse</strong>r liess Kies- und Sandbänke<br />

entstehen; schliesslich wuchs ein riesiger<br />

Schuttfächer he<strong>ra</strong>n, der über Lyss bis nach<br />

Büren reichte und einerseits bei Meienried<br />

die in die Aare einmündende untere Zihl<br />

staute. Andererseits verbaute sich der<br />

Fluss das eigene Flussbett, was zu periodischen<br />

Ausbrüchen der Aare führte.<br />

Damit noch nicht genug, nimmt die Aare<br />

bei Luterbach unterhalb von Solothurn<br />

zusätzlich das Wa<strong>sse</strong>r und Geschiebe der<br />

au<strong>sse</strong>rordentlich wilden Emme auf.<br />

Bild 5. Das K<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong> Hagneck: Ansichtskarte von 1932. (mémreg<br />

– Regionales Gedächtnis: URL: http://www.memreg.ch).<br />

Bild 6. Flugaufnahme während des Hochwa<strong>sse</strong>rs von 1944: Muttenhof<br />

oberhalb von Solothurn. (archiv suzanne muller).<br />

D<strong>ra</strong>matisch wurde die Situation<br />

während der «Kleinen Eiszeit»: In dieser<br />

Phase mit kühlen, teilweise auch feuchten<br />

K<strong>lima</strong>bedingungen, die um 1850 den<br />

Höhepunkt erreichte, t<strong>ra</strong>ten regelmässig<br />

schwere Hochwa<strong>sse</strong>rereigni<strong>sse</strong> auf und<br />

die Entwä<strong>sse</strong>rung der gesamten Seenlandscha<strong>ft</strong><br />

war nicht mehr gewährleistet.<br />

(Grosjean 2004: 3)<br />

6. Politischer Durchbruch<br />

Die Auswi<strong>rk</strong>ungen auf Landwirtscha<strong>ft</strong> und<br />

Gewerbe, ja auf die Seeländer Bevölkerung<br />

insgesamt, waren katastrophal. Die<br />

regelmässig au<strong>ft</strong>retenden Überschwemmungen,<br />

die extremen Pegelstände und<br />

die fortwährende Versumpfung weiter<br />

Landstriche bedrohten Äcker, Weiden,<br />

Haus und Vieh, mitunter waren auch Leib<br />

und Leben in Gefahr. Die wachsende Not<br />

trieb manch ve<strong>ra</strong>rmten Seeländer auf ein<br />

Auswanderschiff, schlimmstenfalls jedoch<br />

in den Alkohol.<br />

Trotz allen Elendes und wiederholter<br />

Hilferufe der Seeländer Bevölkerung<br />

kamen die zahlreichen Projekte für eine<br />

Korrektion der Ju<strong>ra</strong>gewä<strong>sse</strong>r lange Zeit<br />

nicht vom Fleck. (Nast 2006: 63ff.). Eine<br />

umfa<strong>sse</strong>nde Gewä<strong>sse</strong><strong>rk</strong>orrektion be-<br />

«Wa<strong>sse</strong>r Energie Lu<strong>ft</strong>» – 103. Jahrgang, 2011, He<strong>ft</strong> 4, CH-5401 Baden 339<br />

100. Hauptversammlung 2011


100. Hauptversammlung 2011<br />

Bild 7. Aushub der letzten Verengung<br />

bei Sugiez im Broyekanal während der<br />

Zweiten Ju<strong>ra</strong>gewä<strong>sse</strong><strong>rk</strong>orrektion. (archiv<br />

suzanne muller).<br />

Bild 8. Verbreiterung des Zihlkanals zwischen Neuenburger-<br />

und Bielersee (oben) während der Zweiten Ju<strong>ra</strong>gewä<strong>sse</strong><strong>rk</strong>orrektion.<br />

(archiv suzanne muller).<br />

t<strong>ra</strong>f nämlich das Gebiet der fünf Kantone<br />

Bern, Freiburg, Neuenburg, Solothurn<br />

und Waadt. Bevor also an eine umfa<strong>sse</strong>nde<br />

Korrektion zu denken war, mussten<br />

sich die Kantone einigen. Der politische<br />

Durchbruch gelang erst mit der Gründung<br />

des Bundesstaates 1848. (Summermatter<br />

2007: 202).<br />

Der sogenannte Wohlfahrtsartikel<br />

verlieh dem Bund das Recht, «im Intere<strong>sse</strong><br />

der Eidgeno<strong>sse</strong>nscha<strong>ft</strong> oder eines gro<strong>sse</strong>n<br />

Teils derselben auf Kosten der Eidgeno<strong>sse</strong>nscha<strong>ft</strong><br />

öffentliche We<strong>rk</strong>e zu errichten<br />

oder die Errichtung derselben zu unterstützen.»<br />

(Schweizerische Bundesverfassung<br />

von 1848, Art. 21).<br />

Johann Rudolf Schneider:<br />

Der Retter des Seelandes<br />

Der Dass der Bund die Dringlichkeit<br />

einer Ju<strong>ra</strong>gewä<strong>sse</strong><strong>rk</strong>orrektion e<strong>rk</strong>annte<br />

und diese zu einer nationalen Angelegenheit<br />

e<strong>rk</strong>lärte, ist nicht zuletzt der unermüdlichen<br />

Lobbyarbeit Johann Rudolf<br />

Schneiders (1804–1880) zu verdanken.<br />

Der aus Meienried/BE stammende<br />

Politiker, Publizist und Arzt kannte die<br />

Überschwemmungen aus eigener, bitterer<br />

Erfahrung. Bereits als Knabe hatte<br />

er eine ganze Serie von Hochwa<strong>sse</strong>rn<br />

erlebt. Später – als Arzt – e<strong>rk</strong>annte er<br />

den Zusammenhang zwischen den verheerenden<br />

Überschwemmungen und<br />

dem schlechten Gesundheitszustand<br />

der Seeländer Bevölkerung. Ob als Arzt,<br />

Publizist oder Politiker, sein ganzes Wi<strong>rk</strong>en<br />

hatte nur ein Ziel: die Zähmung der<br />

Ju<strong>ra</strong>gewä<strong>sse</strong>r und die Entsumpfung<br />

des Seelandes. (Fischer 1963; Nast<br />

2006: 68ff.).<br />

Damit war das System des Kostenausgleichs<br />

zwischen Bund, Kantonen und<br />

Gemeinden geboren, das bis heute – unter<br />

dem jeweiligen Getöse – zum erfolgreichen<br />

Bestehen des Bundesstaates beiträgt. 1867<br />

entschied der Bund, von den budgetierten<br />

14 Millionen F<strong>ra</strong>nken deren fünf zu übernehmen.<br />

Der oben genannte Wohlfahrtsartikel<br />

kam nicht zufällig zustande: Dieser geht auf<br />

das Bestreben des Berner Regierungs<strong>ra</strong>tes<br />

Johann Rudolf Schneider zurück. Da sein<br />

damaliger Freund Ulrich Ochsenbein der<br />

Verfassungskommission vorstand, konnte<br />

Schneider direkt Einfluss nehmen auf die<br />

Ausformulierung dieses Artikels. (Fischer<br />

1963: 389; Müller 2004: 96).<br />

Johann Rudolf Schneider: «Der Retter<br />

des Seelandes». (Staatsarchiv des<br />

Kantons Bern).<br />

Bild 9. Steinwüste oder Uferschutz: Ufe<strong>ra</strong>usbau während der<br />

Zweiten Ju<strong>ra</strong>gewä<strong>sse</strong><strong>rk</strong>orrektion. (archiv suzanne muller).<br />

7. Die Erste Ju<strong>ra</strong>gewä<strong>sse</strong><strong>rk</strong>orrektion<br />

Die von Schneider präsidierte Vorbereitungsgesellscha<strong>ft</strong><br />

für die Ju<strong>ra</strong>gewä<strong>sse</strong><strong>rk</strong>orrektion<br />

holte den Bündner Oberingenieur<br />

Richard La Nicca (1794–1883) mit ins<br />

Boot, welcher den Plan ins Auge fasste,<br />

die Aare bei Aarberg in den Bielersee abzuleiten.<br />

Schneider setzte alles da<strong>ra</strong>n, diesen<br />

Plan in ein konkretes Projekt überzuführen.<br />

Doch er stiess auf Widerstand. Insbesondere<br />

Ulrich Ochsenbein, sein ehemaliger<br />

Mitstreiter, äu<strong>sse</strong>rte seine Bedenken «mit<br />

Applomb» (Holenstein 2009: 475).<br />

Ochsenbein wies da<strong>ra</strong>uf hin,<br />

340 «Wa<strong>sse</strong>r Energie Lu<strong>ft</strong>» – 103. Jahrgang, 2011, He<strong>ft</strong> 4, CH-5401 Baden


dass die vollständige Entwä<strong>sse</strong>rung der<br />

Sümpfe zur Absenkung der Böden führen<br />

würde. Damit hatte er, wie sich später<br />

zeigen sollte, nicht Unrecht. Ochsenbein<br />

sp<strong>ra</strong>ch sich auch gegen die Ableitung der<br />

Aare in den Bielersee aus, womit aus heutiger<br />

Sicht eine zweifellos einmalige Flusslandscha<strong>ft</strong><br />

gerettet worden wäre. Trotz<br />

Ochsenbeins Kritik wurden die Korrektionsarbeiten<br />

unter der Leitung von Gustav<br />

Albert Bridel (1827–1884) zwischen 1868<br />

und 1891 planmässig ausgeführt:<br />

Korrektionsarbeiten zur Ersten Ju<strong>ra</strong>gewä<strong>sse</strong><strong>rk</strong>orrektion<br />

(1868–1891)<br />

Ableitung der Aare von Aarberg in den<br />

Bielersee durch den neuen Hagneckkanal<br />

(acht Kilometer, davon 900 Meter<br />

Seerückendurchstich);<br />

Ableitung des im Bielersee vereinigten<br />

Wa<strong>sse</strong>rs von Aare, Broye, Zihl und<br />

Schüss durch den neuen Nidau-Büren-<br />

Kanal (12 Kilometer);<br />

Korrektion der oberen Zihl zwischen<br />

Neuenburger- und Bielersee (Zihlkanal:<br />

8.5 Kilometer);<br />

Korrektion der unteren Broye zwischen<br />

Murten- und Neuenburgersee (Broyekanal:<br />

acht Kilometer);<br />

Trockenlegung der Moore mit weitverzweigt<br />

angelegte Binnenkanälen (Binnenkorrektion:<br />

zi<strong>rk</strong>a 400 km 2 );<br />

Senkung der drei Seen um 2.5 Meter.<br />

Der Durchstich des Seerückens war eindeutig<br />

das Pièce de résistance der Ersten<br />

Ju<strong>ra</strong>gewä<strong>sse</strong><strong>rk</strong>orrektion. Der insgesamt<br />

acht Kilometer lange Hagneckkanal musste<br />

auf einer Länge von 900 Meter 34 Meter<br />

tief ausgeg<strong>ra</strong>ben werden. Der Sandstein<br />

wurde weggesprengt, die weiteren Arbeiten<br />

erfolgten von Hand. Die Arbeiter hoben<br />

den Kanal indes nicht gänzlich aus, sie gruben<br />

lediglich einen Leitkanal auf die volle<br />

Sohlentiefe. Den Rest erledigte das ab<br />

1878 sukzessive eingeleitete Aarewa<strong>sse</strong>r,<br />

das über zwei Millionen Kubikmeter Material<br />

– oder fast zwei Drittel des Kanalquerschnitts<br />

– in den Bielersee schwemmte.<br />

(Ehrsam 1973; Vischer 2003: 105ff.)<br />

8. Neuland<br />

Die Senkung der Seen, die Kanalisierung<br />

der Flü<strong>sse</strong> sowie die Entwä<strong>sse</strong>rung des<br />

Gro<strong>sse</strong>n Mooses veränderten das Antlitz<br />

der Landscha<strong>ft</strong> tiefgreifend. Wie der Rücken<br />

eines Wales hob sich etwa der alte<br />

Heidenweg aus dem Bielersee und aus der<br />

Sankt-Peters-Insel wurde wie zur Römerzeit<br />

eine Halbinsel. Entlang des Südufers<br />

des Neuenburgersees tauchte eine mehrere<br />

100 Meter breite Sandbank auf, die<br />

von aus dem Gro<strong>sse</strong>n Moos vertriebenen<br />

Tieren und Pflanzen <strong>ra</strong>sch besiedelt und<br />

bewachsen wurde. Die G<strong>ra</strong>nde Cariçaie<br />

ist heute das grösste zusammenhängende<br />

Schilf- und Riedgebiet der Schweiz und erstreckt<br />

sich über eine Distanz von 40 Kilometern<br />

Länge (Nast 2011, Cariçaie). Siedlungen<br />

rückten vom Ufer weg, Häfen, aber<br />

auch Ufermauern und Brücken mussten<br />

umgebaut oder völlig neu errichtet werden.<br />

Allgemein wi<strong>rk</strong>te sich die Umgestaltung<br />

der Landscha<strong>ft</strong> massiv auf das<br />

ökologische System aus. Die natürliche<br />

Dynamik in den Gewä<strong>sse</strong>rn wurde massiv<br />

gestört, den Auenwäldern ging das Wa<strong>sse</strong>r<br />

aus und die biologische Vielfalt nahm<br />

d<strong>ra</strong>stisch ab. Jedoch machte sich darüber<br />

kaum jemand Gedanken; der Schutz vor<br />

den wilden Natu<strong>rk</strong>rä<strong>ft</strong>en, der Gewinn von<br />

landwirtscha<strong>ft</strong>lich nutzbaren Flächen und<br />

die um die Jahrhundertwende aufkommende<br />

Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>nutzung hatten damals<br />

absoluten Vor<strong>ra</strong>ng.<br />

9. Intere<strong>sse</strong>nkonflikte<br />

Die Resultate der Korrektionsarbeiten<br />

waren zwiespältig: Zwar schaf<strong>ft</strong>e die Erste<br />

Ju<strong>ra</strong>gewä<strong>sse</strong><strong>rk</strong>orrektion viele Probleme<br />

aus der Welt. Da jedoch das erste Korrektionsprojekt<br />

keine Regulierung der Seen<br />

vorsah, schwankten die Pegelstände in<br />

den Seen und Flü<strong>sse</strong>n weiterhin sta<strong>rk</strong> und<br />

aus dem Bielersee floss entweder zu viel<br />

oder zu wenig Wa<strong>sse</strong>r ab.<br />

Das hatte nicht nur bedrohliche<br />

Hochwa<strong>sse</strong>r zur Folge, es kam in den<br />

Seen, Kanälen und Flü<strong>sse</strong>n auch immer<br />

wieder zu extremen Niedrigwa<strong>sse</strong>rständen.<br />

Au<strong>sse</strong>rdem sackten, wie vo<strong>ra</strong>usgesagt,<br />

die trockengelegten Torfböden im<br />

Gro<strong>sse</strong>n Moos rund einen Meter ab. (Peter<br />

1922).<br />

Vor diesem Hintergrund t<strong>ra</strong>ten<br />

kaum überwindbare Intere<strong>sse</strong>nkonflikte<br />

an den Tag: So verlangten die Landwirte<br />

den vollständigen Schutz vor Überschwemmungen<br />

und Versumpfung. Auch<br />

die St<strong>ra</strong>ndbodenbesitzer begehrten, dass<br />

ihr Land nicht bei jedem Hochwa<strong>sse</strong>r überschwemmt<br />

wird. Die Fischer wiederum<br />

verlangten kleinere Niveauschwankungen<br />

der Seespiegel und konstante Pegel während<br />

der Laichzeit, damit der Laich nicht<br />

trockenfällt. Da die Schiffe bei Niedrigwa<strong>sse</strong>r<br />

o<strong>ft</strong> zu wenig Wa<strong>sse</strong>r unter dem Kiel hatten,<br />

forderte die Schifffahrt möglichst hohe<br />

Wa<strong>sse</strong>rstände, damit der Wa<strong>sse</strong>rweg von<br />

Yverdon bis Solothurn jederzeit befahrbar<br />

bleibt. Die Hausbesitzer wünschten sich<br />

ebenfalls hohe Wa<strong>sse</strong>rpegel, damit das<br />

Grundwa<strong>sse</strong>r nicht weiter absinkt.<br />

Mit den K<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>betreibern t<strong>ra</strong>ten<br />

um die Jahrhundertwende weitere<br />

Akteure auf, welche ihre Intere<strong>sse</strong>n in die<br />

Debatte einbringen wollten. Bei der Planung<br />

und Durchführung der Ersten Ju<strong>ra</strong>gewä<strong>sse</strong><strong>rk</strong>orrektion<br />

war die Nutzung der<br />

Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong> zur Stromproduktion noch<br />

kein Thema. Das änderte sich, als 1900<br />

das K<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong> in Hagneck den Betrieb<br />

aufnahm. Später folgten weitere We<strong>rk</strong>e<br />

unterhalb des Bielersees. Diese waren<br />

dringend auf die regelmässige Wa<strong>sse</strong>rführung<br />

angewiesen. Vor allem im Winter<br />

war diese aber nicht gewährleistet. Wegen<br />

akuten Wa<strong>sse</strong>rmangels musste die Stromproduktion<br />

jeweils sta<strong>rk</strong> zurückgefahren<br />

werden, was zu empfindlichen Einbu<strong>sse</strong>n<br />

und entsprechenden Reklamationen der<br />

K<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>betreiber führte. Die K<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>betreiber<br />

forderten deshalb eine gleichmässige<br />

Wa<strong>sse</strong>rführung und insbesondere<br />

einen höheren und regulierten Abfluss<br />

des Bielersees im Winter. Aufgrund ihrer<br />

volkswirtscha<strong>ft</strong>lichen Bedeutung nahmen<br />

Regierung und Behörden diese Kritik sehr<br />

ernst.<br />

10. Erneute<br />

Überschwemmungen<br />

1910 liess ein Rekordhochwa<strong>sse</strong>r die Seen<br />

über die Ufer treten und führte im Gro<strong>sse</strong>n<br />

Moos erneut zu schweren Überschwemmungen.<br />

Das Wehr bei Nidau konnte die<br />

Wa<strong>sse</strong>rma<strong>sse</strong>n bei weitem nicht meistern.<br />

Die Kantone Freiburg, Neuenburg<br />

und Waadt teleg<strong>ra</strong>fierten nach Bern und<br />

verlangten die sofortige Sprengung des<br />

Bauwe<strong>rk</strong>s. Der damalige bernische Baudirektor<br />

Karl Könitzer (1854–1915) kabelte<br />

treffend zurück:<br />

«Nume nid gschprängt».<br />

Nein, gesprengt wurde das Bauwe<strong>rk</strong> nicht.<br />

Nicht auszudenken, welche Verheerungen<br />

bei einer Sprengung die in Sekundenschnelle<br />

freigela<strong>sse</strong>nen Wa<strong>sse</strong>rma<strong>sse</strong>n<br />

in den weiter unten liegenden Kantonen<br />

Solothurn und Aargau angerichtet hätten.<br />

Doch die Angelegenheit war dringend. Von<br />

1936 bis 1940 wurde deshalb das Regulierwehr<br />

bei Port als vorgezogene Massnahme<br />

zur Zweiten Ju<strong>ra</strong>gewä<strong>sse</strong><strong>rk</strong>orrektion<br />

errichtet. Das Bauwe<strong>rk</strong> ist nach wie vor<br />

ein Kernstück der gesamten Korrektionsarbeiten<br />

im 20. Jahrhundert.<br />

Den schweren Überschwemmungen<br />

von 1910 folgten weitere Hochwa<strong>sse</strong>rereigni<strong>sse</strong>,<br />

so 1944, 1948, 1950,<br />

1952, 1953 und 1955. Es zeigte sich, dass<br />

die Arbeiten zur Ersten Ju<strong>ra</strong>gewä<strong>sse</strong><strong>rk</strong>orrektion<br />

die Region nicht ausreichend gesichert<br />

haben und sich eine Zweite Ju<strong>ra</strong>gewä<strong>sse</strong><strong>rk</strong>orrektion<br />

aufdrängte.<br />

«Wa<strong>sse</strong>r Energie Lu<strong>ft</strong>» – 103. Jahrgang, 2011, He<strong>ft</strong> 4, CH-5401 Baden 341<br />

100. Hauptversammlung 2011


100. Hauptversammlung 2011<br />

11. Die Zweite<br />

Ju<strong>ra</strong>gewä<strong>sse</strong><strong>rk</strong>orrektion<br />

1960 sicherte die Bundesversammlung<br />

den fünf Kantonen einen Bundesbeit<strong>ra</strong>g<br />

von 50 Prozent zu. Unter der Leitung von<br />

Robert Müller (1908–1987) wurden die Arbeiten<br />

der Zweiten Ju<strong>ra</strong>gewä<strong>sse</strong><strong>rk</strong>orrektion<br />

in Angriff genommen.<br />

Korrektionsarbeiten zur Zweiten Ju<strong>ra</strong>gewä<strong>sse</strong><strong>rk</strong>orrektion<br />

(1962–1973)<br />

Erstellung des K<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>es Flumenthal<br />

als Regulierwehr;<br />

Korrektion der Aare zwischen Büren<br />

a. A. und Flumenthal samt Entfernung<br />

des sogenannten Emmeriegels;<br />

Verbreiterung, Vertiefung und Ufe<strong>ra</strong>usbau<br />

des Broye-, Zihl- und Nidau-<br />

Büren-Kanals sowie des Aarelaufes<br />

Büren-Flumenthal.<br />

Dank der Zweiten Ju<strong>ra</strong>gewä<strong>sse</strong><strong>rk</strong>orrektion<br />

konnten die Spiegelschwankungen der<br />

Ju<strong>ra</strong><strong>ra</strong>ndseen weiter vermindert werden:<br />

Einerseits wurden die Hochwa<strong>sse</strong>rstände<br />

den bisherigen Landabsenkungen angepasst<br />

– und somit um rund einen Meter<br />

gesenkt. Andererseits wurden die Niedrigwa<strong>sse</strong>rstände<br />

zugunsten der Schifffahrt,<br />

der Fischerei und des Landscha<strong>ft</strong>sbildes<br />

um knapp einen Meter angehoben. (BVE).<br />

Diese Eingriffe stie<strong>sse</strong>n auf Kritik.<br />

So nannte der Volksmund die Uferverbauungen<br />

entlang der Kanäle abschätzig<br />

«Professor Müllers Steinwüste». In den<br />

Leserbriefspalten war vom «Landscha<strong>ft</strong>smord<br />

im Gro<strong>sse</strong>n Moos» die Rede. Fischereikreise<br />

und Naturschützer beschwerten<br />

sich über die Versenkung von Aushubmaterial<br />

in den Seen.<br />

Die Pläne zur Schiffbarmachung<br />

der Aare und der Ju<strong>ra</strong><strong>ra</strong>ndseen sowie zum<br />

Bau einer Verbindung zwischen Neuenburger-<br />

und Genfersee b<strong>ra</strong>chten das Fass<br />

fast zum Überlaufen. Gewä<strong>sse</strong>r- und Umweltschutzorganisationen<br />

bekämp<strong>ft</strong>en<br />

diesen T<strong>ra</strong>nshelvetischen Kanal vehement.<br />

(mémreg; Nast 2010: 25).<br />

12. Gezähmte Landscha<strong>ft</strong><br />

Heute ist das Gebiet der drei Ju<strong>ra</strong><strong>ra</strong>ndseen<br />

in weiten Teilen eine von Menschenhand<br />

geschaffene Landscha<strong>ft</strong>. Dank der Zähmung<br />

der wilden Wa<strong>sse</strong>r konnte sich das<br />

Seeland in einen prosperierenden Lebens-,<br />

Wirtscha<strong>ft</strong>s- und Erholungs<strong>ra</strong>um entwickeln.<br />

Im bernischen und freiburgischen<br />

Teil des Seelandes wird rund ein Viertel der<br />

Schweizer Freiland-Gemüse ernte produziert.<br />

Was für die Menschen ein Segen<br />

war, bedeutete allerdings Unheil und Verderben<br />

für das Tier- und Pflanzenreich.<br />

Mit der Trockenlegung der grössten<br />

Moorlandscha<strong>ft</strong> der Schweiz, den da<strong>ra</strong>n<br />

anschlie<strong>sse</strong>nden Melio<strong>ra</strong>tionen, der Kanalisierung<br />

der Fliessgewä<strong>sse</strong>r und dem<br />

Verschwinden der Auenwälder verloren<br />

unzählige Tiere und Pflanzen ihre Lebensgrundlage.<br />

Heute gibt der Mensch zwar Gegensteuer:<br />

In renaturierten Wa<strong>sse</strong>rläufen<br />

nagen erste Biber wieder an Baumstämmen.<br />

Ausgewiesene Naturschutzgebiete<br />

ga<strong>ra</strong>ntieren das Überleben seltener Tiere<br />

und Pflanzen und Umgehungsgerinne bei<br />

Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>en sollen die Fischgängigkeit<br />

sicherstellen.<br />

In Zusammenhang mit den anstehenden<br />

Sanierungsarbeiten und vor<br />

dem Hintergrund des revidierten Gewä<strong>sse</strong>rschutzgesetzes<br />

stehen heute auch<br />

die K<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>betreiber in der Pflicht. Um<br />

den weiteren Rückgang der Artenvielfalt<br />

zu stoppen und die Isolierung verbleibender<br />

Populationen aufzubrechen, sind<br />

ökologische Aufwertungsmassnahmen<br />

dringend notwendig. Dass dies möglich<br />

ist, zeigen exemplarisch die Sanierung<br />

des Hagneckkanals oder der Neubau des<br />

Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>s Hagneck. Die hier an<br />

die Hand genommenen Revitalisierungsprojekte<br />

und Vernetzungsmannsnahmen<br />

zeigen zweierlei: Erstens dient Tullas vor<br />

200 Jahren ausgegebene Losung nicht<br />

mehr als alleinige Richtschnur im Wa<strong>sse</strong>rbau.<br />

Zweitens – um an dieser Stelle an den<br />

eingangs zitierten Johann Wilhelm Ritter<br />

zu erinnern – ist das Verhältnis des Menschen<br />

zur Natur in historischer Perspektive<br />

stets im Wandel begriffen. Stand früher der<br />

Schutz der Bevölkerung vor den wilden<br />

Wa<strong>sse</strong>rn im Vordergrund, sind wir heute<br />

aufgefordert, den Schutz der natürlichen<br />

Umwelt vor<strong>ra</strong>ngig zu beachten. Die Einhaltung<br />

der gesetzlichen Minimalbestimmungen<br />

sind inde<strong>sse</strong>n nicht hinreichend.<br />

Zwar sind der Hochwa<strong>sse</strong>rschutz und die<br />

Gewinnung elektrischer Energie massgebende<br />

Faktoren. Darüber hinaus soll den<br />

Gewä<strong>sse</strong>rn jedoch wieder jener Raum zugestanden<br />

werden, den sie benötigen, um<br />

auch in Zukun<strong>ft</strong> ihre Funktion als Lebensadern<br />

der Natur wahrnehmen zu können.<br />

Lite<strong>ra</strong>tur<br />

BAFU – Bundesamt für Umwelt 2009: Ereignisanalyse<br />

Hochwa<strong>sse</strong>r August 2007. Analyse der<br />

Meteo- und Abflussvorhersagen; vertie<strong>ft</strong>e Analyse<br />

der Hochwa<strong>sse</strong>rregulierung der Ju<strong>ra</strong><strong>ra</strong>ndgewä<strong>sse</strong>r.<br />

Bern.<br />

BVE – Bau-, Ve<strong>rk</strong>ehrs- und Energiedirektion des<br />

Kantons Bern: URL: http://www.bve.be.ch/bve/<br />

de/index/wa<strong>sse</strong>r/wa<strong>sse</strong>r/gewae<strong>sse</strong>runterhalt.<br />

html, Version vom 28.10.2011.<br />

Ehrsam, Emil 1974: Zusammenfa<strong>sse</strong>nde Dar-<br />

stellung der beiden Ju<strong>ra</strong>gewä<strong>sse</strong><strong>rk</strong>orrektionen.<br />

Ausgeführt in den Jahren 1868–1891 und 1962–<br />

1973. Bern.<br />

Ewald, Klaus C. / Klaus, Gregor 2009: Die ausgewechselte<br />

Landscha<strong>ft</strong>. Vom Umgang der<br />

Schweiz mit ihrer wichtigsten natürlichen Ressource.<br />

Bern, Stuttgart, Wien.<br />

Fischer, Hans 1963: Dr. med. Johann Rudolf<br />

Schneider. Retter des westschweizerischen<br />

Seelandes. Bern.<br />

Frey, Arnold Alfred (Hg.) 1956: Von der I. zur II.<br />

Ju<strong>ra</strong>gewä<strong>sse</strong><strong>rk</strong>orrektion. De la Ire à la IIe correction<br />

des eaux du Ju<strong>ra</strong>. Twann.<br />

Grosjean, Martin 2004: Die Ju<strong>ra</strong>gewä<strong>sse</strong><strong>rk</strong>orrektion.<br />

Ein wa<strong>sse</strong>rbaulicher Grossversuch und<br />

seine Folgen. Biel.<br />

mémreg – Regionales Gedächtnis: URL: http://<br />

www.memreg.ch. Stichwort: «T<strong>ra</strong>nshelvetischer<br />

Kanal», Version vom 28.10.2011, Autor:<br />

Matthias Nast.<br />

Müller, Reto 2004: Das wild gewordene Ele<br />

ment. Gesellscha<strong>ft</strong>liche Reaktionen auf die beiden<br />

Hochwa<strong>sse</strong>r im Schweizer Mittelland von<br />

1852 und 1876. Nordhausen.<br />

Nast, Matthias 2006: Überflutet – überlebt<br />

– überlistet. Die Geschichte der Ju<strong>ra</strong>gewä<strong>sse</strong><strong>rk</strong>orrektionen.<br />

Biel.<br />

Nast, Matthias 2010: Blickpunkt ungezähmte<br />

Gewä<strong>sse</strong>r: 50 Jahre Rheinaubund. In: natur und<br />

mensch (2/2010). S. 23–27.<br />

Nast, Matthias 2011: Der Aareteufel oder die<br />

Zähmung der Ju<strong>ra</strong>gewä<strong>sse</strong>r. In: Peter Martig<br />

(Hg.): Berns moderne Zeit. Das 19. und 20. Jahrhundert<br />

neu entdeckt. Bern 2011. S. 265–268.<br />

Nast, Matthias 2011: Die G<strong>ra</strong>nde Cariçaie – ein<br />

historischer Streifzug durch die Camargue der<br />

Schweiz. In: natur und mensch (1/2011). S.<br />

22–25.<br />

Peter, Arthur 1922: Die Ju<strong>ra</strong>gewä<strong>sse</strong><strong>rk</strong>orrektion.<br />

Bericht über die Vorgeschichte, Durchführung,<br />

Wi<strong>rk</strong>ung und Neuordnung 1921 der Korrektion<br />

der seeländischen Gewä<strong>sse</strong>r von Entreroches<br />

bis Luterbach. Bern.<br />

Schipperges, Heinrich (Ndr., Hg.) 1969: F<strong>ra</strong>gmente<br />

aus dem Nachlass eines jungen Physikers.<br />

Bd. 2. Heidelberg. (F<strong>ra</strong>gm. 596/1804).<br />

Schneider, Johann Rudolf 1835: Gesp<strong>ra</strong>eche<br />

über die Ueberschwemmungen im Seelande<br />

der westlichen Schweiz: über die Mittel zu Austrocknung<br />

und zum Anbau seiner Suempfe und<br />

Mooser. Bern.<br />

Vischer, Daniel L. 2003: Die Geschichte des<br />

Hochwa<strong>sse</strong>rschutzes in der Schweiz. Von den<br />

Anfängen bis ins 19. Jahrhundert. Biel.<br />

Anschri<strong>ft</strong> des Verfa<strong>sse</strong>rs<br />

Matthias Nast, stv. Studienleiter BSc Kommunikation,<br />

HWZ Hochschule für Wirtscha<strong>ft</strong> Zürich<br />

Freier Historiker und Texter, kulturvermittler.ch<br />

CH-8003 Zürich, m.nast@kulturvermittler.ch<br />

342 «Wa<strong>sse</strong>r Energie Lu<strong>ft</strong>» – 103. Jahrgang, 2011, He<strong>ft</strong> 4, CH-5401 Baden


Neuer Schub für die Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>!<br />

Caspar Baader<br />

Sehr geehrte Damen und Herren<br />

Wer sich in den vergangenen Monaten mit<br />

der Schweizerischen Energie- und Wa<strong>sse</strong>rwirtscha<strong>ft</strong>spolitik<br />

befasst hat, kam nicht<br />

um den Begriff «Fukushima» herum. Wie<br />

ein Schock wi<strong>rk</strong>ten die Ereigni<strong>sse</strong> rund um<br />

die infolge des au<strong>sse</strong>rordentlich he<strong>ft</strong>igen<br />

Tsunami au<strong>sse</strong>r Kontrolle ge<strong>ra</strong>tenen Japanischen<br />

Kernk<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>e auf viele Menschen<br />

in unserem Land und vor allem auch<br />

auf diverse Politikerinnen und Politiker.<br />

Und es scheint, dass einige dabei auch<br />

den gesunden Menschenverstand verloren<br />

haben. Wir können doch nicht einfach die<br />

KKWs abstellen und – wenn unsere Industrie<br />

am Morgen ihre Maschinen anstellen<br />

will – steht alles still. Ich habe nichts dagegen,<br />

wenn wir irgendeinmal später Strom<br />

anders als durch Kernk<strong>ra</strong><strong>ft</strong> produzieren<br />

können, aber zuerst muss man gleichwertige<br />

Technologien haben, die den benötigten<br />

Strombedarf realistischerweise zu<br />

decken vermögen, bevor der Ausstieg beschlo<strong>sse</strong>n<br />

wird. Ich bin davon überzeugt,<br />

unsere Wirtscha<strong>ft</strong> kann die Arbeitsplätze<br />

nur halten, wenn sie genügend kostengünstige<br />

Energie bekommt. Mit dem vorgestrigen<br />

Entscheid in der Ständerätlichen Kommission<br />

beginnt es anscheinend zu tagen!<br />

Nun aber zurück zur Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>.<br />

Wie sah eigentlich die Schweizer Energiepolitik<br />

bezogen auf die Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong> in der<br />

Zeit vor und wie sieht sie in der Zeit nach<br />

«Fukushima» aus?<br />

Vor Fukushima: Kompromi<strong>sse</strong> bei<br />

langjährigen Gesetzesprojekten.<br />

Auf den Beginn des Jahres 2011, also noch<br />

in der Phase Vor-«Fukushima» haben sich<br />

nach langjährigen für unsere Tätigkeit relevanten<br />

Gesetzesprojekten diverse Kompromi<strong>sse</strong><br />

durchgesetzt.<br />

So hat das Parlament noch im<br />

Herbst 2010 nach langem Ringen das<br />

Stauanlagengesetz ve<strong>ra</strong>bschiedet. Während<br />

der Geltungsbereich gegenüber der<br />

heutigen Regelung weitgehend unverändert<br />

bleibt, wurde im neuen Gesetz allerdings<br />

die Ha<strong>ft</strong>ung für die Inhaber von Stauanlagen<br />

ausgedehnt und eine zusätzliche<br />

Aufsichtsabgabe eingeführt. Beides führt<br />

National<strong>ra</strong>t Caspar Baader,<br />

Präsident <strong>SWV</strong>.<br />

letztlich zu einer Stromverteuerung! Der<br />

<strong>SWV</strong> und die B<strong>ra</strong>nche haben sich in ihren<br />

Vernehmlassungen gegen diese Zusatzbelastungen<br />

ausgesprochen, die neuen Rahmenbedingungen<br />

sind nun aber zu akzeptieren.<br />

Das Gesetz soll zusammen mit der<br />

aktuell in E<strong>ra</strong>rbeitung stehenden Revision<br />

der Verordnung ca. Mitte 2012 in K<strong>ra</strong><strong>ft</strong> gesetzt<br />

werden.<br />

Bereits auf Anfang 2011 wurde<br />

eine andere Gesetzesrevision in K<strong>ra</strong><strong>ft</strong> gesetzt,<br />

die zu Mehrbelastungen bei den<br />

Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>betreibern führt. Es ist dies<br />

die Revision des Wa<strong>sse</strong>rrechtsgesetzes<br />

zur Erhöhung der Wa<strong>sse</strong>rzinsen bzw. des<br />

bundesgesetzlichen Maximums. Dieses<br />

Maximum wird nun bis 2015 in zwei Schritten<br />

von bisher 80.– CHF auf 110.– CHF pro<br />

Kilowatt Bruttoleistung erhöht. Dies entspricht<br />

der nunmehr sechsten Erhöhung<br />

des Wa<strong>sse</strong>rzinsmaximums seit seiner Einführung<br />

vor gut 100 Jahren und beschert<br />

den konzessionsgebenden Gemeinwesen<br />

Zusatzeinnahmen von rund 150 Mio. CHF<br />

pro Jahr und der Wirtscha<strong>ft</strong> und den privaten<br />

Stromkonsumenten entsprechende<br />

Meh<strong>rk</strong>osten.<br />

Pa<strong>ra</strong>llel dazu hat das Parlament auch<br />

die Revision des Energiegesetzes zur Aufstockung<br />

der Mittel für die kos tendeckende<br />

Einspeisevergütung (KEV) ve<strong>ra</strong>bschiedet.<br />

Das bei allen Stromkonsumenten mit der<br />

Stromrechnung einkassierbare Maximum<br />

wird damit ab 2013 von heute 0.6 Rp./kWh<br />

auf 0.9 Rp./kWh erhöht. Dadurch stehen<br />

jährlich maximal rund 500 Mio. CHF für die<br />

Förderung von Strom aus Neuen Erneuerbaren<br />

Quellen sowie Kleinwa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong> bis<br />

10 MW zur Verfügung. Das Parlament will<br />

damit den Abbau der langen KEV-Warteliste<br />

beschleunigen. An der fehlerha<strong>ft</strong>en<br />

Grundkonzeption dieser KEV, dass mit<br />

diesen Fördermitteln vor allem die unrentabelsten<br />

und nicht die wi<strong>rk</strong>ungsvollsten<br />

Projekte subventioniert werden, hat sich<br />

auch mit dieser Revision nichts geändert.<br />

Und schliesslich gilt es noch das<br />

einschneidendste vom Parlament zum Abschluss<br />

geb<strong>ra</strong>chte Projekt zu erwähnen: die<br />

Revision des Gewä<strong>sse</strong>rschutzgesetzes.<br />

Als Antwort auf die von den eid-genössischen<br />

Räten deutlich abgelehnte Volksinitiative<br />

«Lebendiges Wa<strong>sse</strong>r» – welche am<br />

13. Mai 2010 zurückgezogen wurde – ist<br />

das revidierte Gewä<strong>sse</strong>rschutzgesetz als<br />

indirekter Gegenvorschlag ebenfalls bereits<br />

seit dem 1. Januar 2011 in K<strong>ra</strong><strong>ft</strong>. In den<br />

nächsten 80 Jahren sollen rund 4000 km<br />

verbaute Gewä<strong>sse</strong>r revitalisiert werden,<br />

das entspricht 1 km aufwändiger<br />

Revitalisierung à je 1 Mio. CHF<br />

pro Woche!<br />

Und über die nächsten 20 Jahre sollen die<br />

wesentlichen Beeinträchtigungen durch<br />

die Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>nutzung (Schwall/Sunk und<br />

Hinderni<strong>sse</strong> bei der Fischwanderung) behoben<br />

werden. Finanziert werden die Revitalisierungsmassnahmen<br />

mit jährlich rund<br />

60 Mio. CHF durch die Steuerzahler von<br />

Bund und Kantonen, und die Sanierungen<br />

im Bereich der Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong> über einen von<br />

den Stromkonsumenten zu bezahlenden<br />

Zuschlag auf die Übert<strong>ra</strong>gungskosten von<br />

0.1 Rp./kWh, entsprechend jährlich rund<br />

50 Mio. CHF bzw. total 1 Mrd. CHF durch<br />

die Stromkonsumenten.<br />

Es ist ein ausgesprochen ambitiöses<br />

Projekt, das sich die Schweiz mit dieser<br />

Revision gegeben hat. Für die Umsetzung<br />

des Vorhabens sind alle Beteiligten<br />

sta<strong>rk</strong> gefordert. Neben den Inhabern der<br />

Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>anlagen sind das allen vo<strong>ra</strong>n<br />

die Kantone, die für die Analyse der Defizite,<br />

die Abstimmung und Priorisierung<br />

der Sanierungsplanungen sowie für die<br />

«Wa<strong>sse</strong>r Energie Lu<strong>ft</strong>» – 103. Jahrgang, 2011, He<strong>ft</strong> 4, CH-5401 Baden 343<br />

100. Hauptversammlung 2011


100. Hauptversammlung 2011<br />

Genehmigungsverfahren zuständig sind.<br />

Angesichts des sehr ehrgeizigen Zeitplans<br />

dür<strong>ft</strong>en die Kantonsbehörden an die Grenzen<br />

ihrer Ressourcen – und darüber hinaus<br />

– sto<strong>sse</strong>n.<br />

Gefordert ist aktuell aber noch die<br />

Bundesverwaltung, da sie die Ausführungsbestimmungen<br />

auszuarbeiten hat.<br />

Die Entwürfe der drei Vollzugshilfen «Revitalisierung»,<br />

«Fischdurchgängigkeit» und<br />

«Schwall/Sunk» waren über die Sommermonate<br />

in der Anhörung. Sie richten sich<br />

zwar primär an die Kantone, der <strong>SWV</strong> hat<br />

aber die Entwürfe analysiert und den Bundesbehörden<br />

– im Hinblick auf umsetzbare<br />

Vorgaben – detaillierte Anme<strong>rk</strong>ungen und<br />

konkrete Anträge zukommen la<strong>sse</strong>n. In unserer<br />

Einschätzung werden insbesondere<br />

die Kosten und der Zeitbedarf für die Analysen<br />

massiv unterschätzt. Die Konzent<strong>ra</strong>tion<br />

auf das Wesentliche ist deshalb unabdingbar.<br />

Der <strong>SWV</strong> trägt diesen Kompromiss<br />

mit und unterstützt die zielgerichtete Umsetzung<br />

der Sanierung von wesentlichen<br />

Beeinträchtigungen. Dies insbesondere<br />

auch aufgrund der sichergestellten Finanzierung<br />

und unter der auch vom Parlament<br />

geforderten Prämi<strong>sse</strong>, dass dadurch keine<br />

für die Versorgungssicherheit relevanten<br />

Verluste bei der Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>produktion<br />

entstehen. Solche Einbu<strong>sse</strong>n wären schon<br />

Vor-«Fukushima» den energiepolitischen<br />

Zielen zur Förderung der erneuerbaren Energien<br />

diamet<strong>ra</strong>l zuwider gelaufen – und sie<br />

würden es jetzt erst recht.<br />

Nach Fukushima: Postulierte Energiewende<br />

Seit März 2011 sind wir in der Phase Post-<br />

«Fukushima». Die Ereigni<strong>sse</strong> rund um die<br />

au<strong>sse</strong>r Kontrolle ge<strong>ra</strong>tenen Kernk<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>e<br />

im 10 000 Kilometer entfernten Japan<br />

haben die Auseinandersetzung zur Energiezukun<strong>ft</strong><br />

der Schweiz schlagartig intensiviert.<br />

Zwar lehrt uns die Katastrophe bisher<br />

nichts wi<strong>rk</strong>lich Neues. Aber die durch<br />

Medien und Politik ausgelöste Hektik hat<br />

zu einem abrupten Wandel der veröffentlichten<br />

Meinung geführt. Das Risiko eines<br />

Kernk<strong>ra</strong><strong>ft</strong>unfalls in der Schweiz wurde breit<br />

thematisiert und diskutiert.<br />

Alleine in der Frühling<strong>sse</strong>ssion<br />

der eidgenössischen Räte wurden über<br />

150 neue politische Vorstö<strong>sse</strong> zu diesem<br />

Thema eingereicht. Von der Forderung<br />

nach «Mühleberg sofort stilllegen» über<br />

«Wüstenstrom für die Schweiz», «Weniger<br />

Stromverb<strong>ra</strong>uch und tiefere K<strong>ra</strong>nkenka<strong>sse</strong>nprämien»<br />

bis hin zu Vorschri<strong>ft</strong>en<br />

«Stromsparen bei Settop-Boxen» ist den<br />

Parlamentariern in diesem Wahljahr aller-<br />

hand eingefallen. Und bescherte vo<strong>ra</strong>b<br />

dem Parlament, aber natürlich auch der<br />

Verwaltung viel Papier und Arbeit – und<br />

erzeugte im Vorfeld der eidgenössischen<br />

Wahlen vom 23. Oktober 2011 auch Druck<br />

auf den Bundes<strong>ra</strong>t.<br />

Der Bundes<strong>ra</strong>t hat diesem Druck<br />

nachgegeben und Ende Mai mit seinem<br />

Grundsatzentscheid über einen Ausstieg<br />

frühzeitig und ohne klare Alternativen die<br />

energiepolitische Wende proklamiert: In<br />

der Schweiz sollen die laufenden Kernk<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>e<br />

schrittweise vom Netz genommen<br />

und keine neuen Anlagen gebaut<br />

werden. Ob Parlament und Stimmvolk<br />

dem Bundes<strong>ra</strong>t auch längerfristig – zum<br />

Beispiel nach den Wahlen – noch folgen<br />

und welche konkreten Massnahmen zum<br />

realistischen Ersatz dieser wegfallenden<br />

Kernenergie mehrheitsfähig sein werden,<br />

wird sich in den nächsten Monaten und<br />

Jahren zeigen.<br />

Der National<strong>ra</strong>t hat in seiner Sondersession<br />

von Anfang Juni 2011 mit der Behandlung<br />

der hängigen Vorstö<strong>sse</strong> diesbezüglich<br />

erste Zeichen gesetzt. So stützt der<br />

Erst<strong>ra</strong>t – ebenfalls ohne die realistischen Alternativen<br />

für die Stromproduktion zu kennen<br />

– grossmehrheitlich die bundesrätliche<br />

St<strong>ra</strong>tegie für einen schrittweisen Ausstieg<br />

aus der Kernenergie, lehnt allerdings die<br />

sofortige Au<strong>sse</strong>r betriebnahme der älteren<br />

K<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>e ab. Er will unter anderem auch<br />

die Verfahren für den Bau von Anlagen für<br />

Erneuerbare Energien vereinfachen und<br />

beschleunigen, die Begrenzung der KEV-<br />

Fördermittel aufheben und schliesslich das<br />

Verbandbeschwerderecht im Energiebereich<br />

ein-schränken.<br />

Der Stände<strong>ra</strong>t hat die Sonderdebatte<br />

auf den Herbst 2011 verschoben und<br />

wird am 28. September 2011 die relevanten<br />

Vorstö<strong>sse</strong> behandeln und beurteilen. Die<br />

ständerätliche Energiekommission hat den<br />

Beschluss des National<strong>ra</strong>tes an ihrer Sitzung<br />

vom 29. August 2011 relativiert. So<br />

soll die Kernenergie in der Schweiz auch<br />

in Zukun<strong>ft</strong> nicht unmöglich werden und<br />

auf eine gestaffelte Stilllegung bestehender<br />

We<strong>rk</strong>e soll verzichtet werden. Es kann<br />

deshalb sein, dass der Zweit<strong>ra</strong>t noch vor<br />

den Wahlen gewi<strong>sse</strong> Korrekturen an den<br />

vom National<strong>ra</strong>t überwiesenen Vorstö<strong>sse</strong>n<br />

anbringt. In jedem Fall wird sich nach der<br />

Debatte klarer zeigen, welche Weichenstellungen<br />

mehrheitsfähig sind und wohin<br />

die Energiereise der Schweiz gehen soll.<br />

Klar ist bereits heute: der postulierte<br />

Aus- und Umstieg wird kein Selbstläufer.<br />

Durch den mittelfristigen Wegfall der<br />

Kernenergie sind rund 25 TWh (vor allem<br />

Bandenergie) zu ersetzen. Dies entspricht<br />

bereits bei heutiger Nachf<strong>ra</strong>ge 40% unserer<br />

Stromproduktion! Und der Stromverb<strong>ra</strong>uch<br />

wächst bekanntlich weiter an. Im<br />

letzten Jahr waren es wiederum satte 4%<br />

Mehrverb<strong>ra</strong>uch – für mehr Einwohner, mehr<br />

Komfort, mehr elektronische Gadgets,<br />

mehr öffentlicher Ve<strong>rk</strong>ehr, mehr Ersatz von<br />

fossilen Energieträgern, usw., usw. Wie<br />

also ist eine solche Wende zu schaffen?<br />

Und sind alle Beteiligten bereit, die nötigen<br />

Kompromi<strong>sse</strong> beim Verb<strong>ra</strong>uch, beim<br />

Strompreis sowie beim Kli-ma-, Gewä<strong>sse</strong>r-<br />

und Landscha<strong>ft</strong>sschutz einzugehen? Und<br />

sind de<strong>ra</strong>rtige Strompreisverteuerungen in<br />

Anbet<strong>ra</strong>cht des ohne hin schon bestehenden<br />

internationalen Wettbewerbnachteils<br />

durch den hohen F<strong>ra</strong>nkenkurs und die sich<br />

abflachende Nachf<strong>ra</strong>ge aus dem Ausland<br />

überhaupt zu ve<strong>ra</strong>ntworten?<br />

Der Bundes<strong>ra</strong>t setzt zum einen auf<br />

Effizienzsteigerung und Lenkungsabgaben<br />

zur Stabilisierung der Stromnachf<strong>ra</strong>ge<br />

auf heutigem Niveau. Da aber trotz dieser<br />

sehr ambitiösen Zielsetzung weiterhin rund<br />

25 TWh zu ersetzen bleiben, soll der Ausbau<br />

der erneuerbaren Stromproduktion<br />

forciert werden, unter anderem durch die<br />

Erhöhung der Produktion aus Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong><br />

um netto 4 TWh bis 2050 (ohne Pumpspeicherung)<br />

– der Grossteil davon allerdings<br />

bereits bis 2035.<br />

Da auch dies bei weitem nicht<br />

reichen wird, ge<strong>ra</strong>ten auch die jahrelangen<br />

Bemühungen zur Reduktion der<br />

Treibhausgase in den Hintergrund, und<br />

Gaskombi-K<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>e sollen plötzlich<br />

wieder salonfähig werden.<br />

Ausbauziel Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong><br />

Was ist von der Zielsetzung zum Ausbau<br />

der Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong> zu halten? Grundsätzlich<br />

begrü<strong>sse</strong>n wir das Ausbauziel. Denn obwohl<br />

bereits wieder Stimmen laut werden,<br />

die von der «Ausbeutung der letzten intakten<br />

Gewä<strong>sse</strong>r» sprechen, bleibt die erneuerbare<br />

Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong> der wichtigste Trumpf<br />

der Schweiz. Sie ist eine sehr effiziente<br />

und insgesamt die umweltschonendste<br />

Form der Stromproduktion. Und mit der<br />

Revision des Gewä<strong>sse</strong>rschutzgesetzes<br />

wurden die Anforderungen an Bau und Betrieb<br />

von Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>anlagen ja nochmals<br />

erhöht. Zudem liefert die Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong> sowohl<br />

Bandenergie wie auch Spitzenenergie<br />

und kann die mit dem forcierten Ausbau<br />

der Produktion aus Photovoltaik- und<br />

Windk<strong>ra</strong><strong>ft</strong>anlagen zunehmend benötigte<br />

Speiche<strong>rk</strong>apazität abdecken.<br />

Angesichts der Tatsache jedoch,<br />

dass sich an den Rahmenbedingungen für<br />

die Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong> auch nach dem Grund-<br />

344 «Wa<strong>sse</strong>r Energie Lu<strong>ft</strong>» – 103. Jahrgang, 2011, He<strong>ft</strong> 4, CH-5401 Baden


satzentscheid noch nichts geändert hat<br />

– und eine Änderung politisch sta<strong>rk</strong> umstritten<br />

sein dür<strong>ft</strong>e – mutet das neue Ausbauziel<br />

um netto 4 TWh bis 2050 bzw. bereits<br />

bis 2035 unrealistisch an. Unter den<br />

heutigen Rahmenbedingungen ist dieser<br />

Ausbau nicht zu erreichen. Im Gegenteil:<br />

Aufgrund der zu erwartenden Energieverluste<br />

aus den Restwa<strong>sse</strong>rbestimmungen<br />

sowie aus dem K<strong>lima</strong>wandel, von insgesamt<br />

2–3 TWh, muss ohne Anpassungen<br />

der Rahmenbedingungen mit einem Rückgang<br />

der Produktion aus der Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong><br />

gerechnet werden.<br />

Es gibt noch Ausbaupotenzial im<br />

Wa<strong>sse</strong>rschloss Schweiz und zahlreiche<br />

sinnvolle Erneuerungs- und Ausbauideen<br />

bei bestehenden K<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>en mit Zusatzproduktionen<br />

von 30, 100 oder mehr GWh.<br />

Viele scheitern aber noch an der Rentabilität,<br />

an ungeregelten Konzessionserneuerungen<br />

oder an dogmatischen Interpretationen<br />

unzähliger Schutzanliegen. Soll es<br />

vorwärts gehen, b<strong>ra</strong>ucht es neue Kompromi<strong>sse</strong><br />

und konkrete Taten. Vo<strong>ra</strong>u<strong>sse</strong>tzung<br />

dazu ist auch eine Verschiebung der Krä<strong>ft</strong>everhältni<strong>sse</strong><br />

in Politik und Verwaltung zu<br />

Gunsten der Nutzung der Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>.<br />

Fazit<br />

Zur Zeit ist in der Schweizerischen Energiepolitik<br />

vieles offen und in Bewegung. Alle<br />

Beteiligten mü<strong>sse</strong>n über die Bücher. Und<br />

es sind neue Kompromi<strong>sse</strong> auszuhandeln.<br />

Klar scheint zum heutigen Zeitpunkt, dass<br />

die Wertschätzung für die Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong><br />

steigt und neue Nutzungen einen Schub<br />

erhalten dür<strong>ft</strong>en – zu Recht, wie ich meine.<br />

Die Schweiz tut gut da<strong>ra</strong>n, den Standortvorteil<br />

effizient zu nutzen. Dazu b<strong>ra</strong>ucht es<br />

aber eine Politik, welche die Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>nutzung<br />

nicht einfach als gegeben e<strong>ra</strong>chtet<br />

oder mit laufend neuen Abgaben und<br />

Schutzanliegen schwächt. Nur mit guten<br />

Rahmenbedingungen werden Investitionen<br />

in die Erneuerung und den Ausbau der<br />

erneuerbaren, einheimischen Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong><br />

att<strong>ra</strong>ktiv bleiben.<br />

Sie sehen also, meine Damen und<br />

Herren, die Wa<strong>sse</strong>rwirtscha<strong>ft</strong> und damit der<br />

<strong>SWV</strong> sind weiterhin gefordert. Wir b<strong>ra</strong>uchen<br />

den Verband, um Positionen zu e<strong>ra</strong>rbeiten,<br />

Diskussionen über laufende Begehren und<br />

Vorhaben zu führen sowie den Fachaustausch<br />

– wie zum Beispiel anlässlich der<br />

vo<strong>ra</strong>usgegangenen Tagung oder durch<br />

die Fachzeitschri<strong>ft</strong> – zu pflegen. Wir sind<br />

überzeugt, dass der Verband hierbei als<br />

Plattform und Koordinationsstelle weiterhin<br />

wertvolle Unterstützung bieten kann.<br />

Damit e<strong>rk</strong>läre ich die heutige Versammlung<br />

als eröffnet.<br />

«Wa<strong>sse</strong>r Energie Lu<strong>ft</strong>» – 103. Jahrgang, 2011, He<strong>ft</strong> 4, CH-5401 Baden 345<br />

100. Hauptversammlung 2011


100. Hauptversammlung 2011<br />

Protokoll der<br />

100. ordentlichen Hauptversammlung<br />

des Schweizerischen<br />

Wa<strong>sse</strong>rwirtscha<strong>ft</strong>sverbandes<br />

vom Donnerstag, 1. September 2011 in Solothurn<br />

Begrüssung<br />

Der Präsident, National<strong>ra</strong>t Caspar Baader,<br />

heisst die anwesenden Mitglieder und<br />

Gäste zur 100. ordentlichen Hauptversammlung<br />

des Schweizerischen Wa<strong>sse</strong>rwirtscha<strong>ft</strong>sverbandes<br />

im Hotel an der Aare<br />

in Solothurn herzlich willkommen.<br />

Im Besonderen begrüsst er die anwesenden<br />

Vertreter von Behörden und Partnerverbänden,<br />

namentlich: Renauld Juille<strong>ra</strong>t,<br />

Vorstandsmitglied im <strong>SWV</strong> und Vertreter<br />

des Bundesamts für Energie, Anton Schleiss,<br />

Vertreter des Schweiz. Talsperrenkomitee<br />

und Ausschussmitglied im <strong>SWV</strong>, Peter<br />

Quadri, Vertreter von swiss electric, Dorothea<br />

Tiefenauer, Vertreterin des VSE sowie<br />

NR Kurt Fluri, National<strong>ra</strong>t und Stadtpräsident<br />

von Solothurn. Die Verbandsgruppen<br />

des Schweizerischen Wa<strong>sse</strong>rwirtscha<strong>ft</strong>sverbandes<br />

sind vertreten durch Hans Bodenmann,<br />

Präsident des Verbandes Aare-<br />

Rheinwe<strong>rk</strong>e (VAR), und Michelangelo Gio -<br />

vannini, Präsident des Rheinverbandes<br />

(RhV). Laurent Filippini, Präsident des Tessiner<br />

Wa<strong>sse</strong>rwirtscha<strong>ft</strong>sverbandes (ATEA),<br />

lässt sich entschuldigen.<br />

Verschiedene Personen, welche<br />

an der Versammlung nicht teilnehmen<br />

können, haben sich entschuldigt. Auf das<br />

Verlesen der Entschuldigungsliste wird<br />

verzichtet.<br />

Vorbeme<strong>rk</strong>ung<br />

Alle angemeldeten Mitglieder des Verbandes<br />

haben ihre Stimmrechtsausweise<br />

zur Versammlung erhalten. Ebenso die<br />

Stimmkarten, welche für den Fall zum Einsatz<br />

kommen, dass bei einer Abstimmung<br />

die Stimmen ausgezählt werden müssten.<br />

Der Einfachheit halber und soweit dies zu<br />

keinen Fehlinterpretationen der Meinung<br />

der Stimmenden führen kann, werden die<br />

Abstimmungen im Einvernehmen mit der<br />

Versammlung jedoch ohne Auszählung<br />

der Stimmabgabe durchgeführt.<br />

Genehmigung der T<strong>ra</strong>ktanden<br />

Die Einladung zur Hauptversammlung<br />

wurde im Juni 2011 zusammen mit dem<br />

Jahresbericht in der Verbandszeitschri<strong>ft</strong><br />

«Wa<strong>sse</strong>r Energie Lu<strong>ft</strong> – Eau énergie air»<br />

He<strong>ft</strong> 2/2011 allen Mitgliedern des Verbandes<br />

zugestellt. Die T<strong>ra</strong>ktandenliste<br />

wurde allen Angemeldeten mit der Bestätigung<br />

zur Teilnahme versandt. Folgende<br />

T<strong>ra</strong>ktandenliste wird von der Versammlung<br />

genehmigt:<br />

1. Protokoll der 99. Hauptversammlung<br />

vom 2. September 2010 in Zürich<br />

2. Jahresbericht 2010<br />

3. Berichte aus den Fachbereichen<br />

4. Rechnung 2010, Bilanz auf den<br />

31.12.2010, Genehmigung, Entlastung<br />

der Organe<br />

5. Festlegen der Mitgliederbeiträge 2012,<br />

Vo<strong>ra</strong>nschlag 2012<br />

6. Gesamterneuerungswahlen 2011–<br />

2014<br />

7. Festlegen der Hauptversammlung<br />

2012<br />

8. Verschiedene Mitteilungen<br />

9. Umf<strong>ra</strong>ge<br />

Die Erhebung der anwesenden Stimmrechtsausweise<br />

ergibt eine Vertretung von<br />

insgesamt 270 Stimmen, bei einem Total<br />

von 889 Stimmrechten.<br />

T<strong>ra</strong>ktandum 1:<br />

Protokoll der 99. Hauptversammlung vom<br />

2. September 2010 in Zürich<br />

Das Protokoll der 99. Hauptversammlung<br />

wurde in der Verbandszeitschri<strong>ft</strong><br />

«Wa<strong>sse</strong>r Energie Lu<strong>ft</strong> – Eau énergie<br />

air» He<strong>ft</strong> 4/2010 vom 9. Dezember 2010<br />

auf den Seiten 343 bis 346 abgedruckt.<br />

Es sind keine schri<strong>ft</strong>lichen Anme<strong>rk</strong>ungen<br />

zum Protokoll eingegangen. Das Wort wird<br />

auch von der Versammlung nicht verlangt.<br />

Die Versammlung genehmigt das Protokoll<br />

einstimmig.<br />

T<strong>ra</strong>ktandum 2: Jahresbericht 2010<br />

Der Jahresbericht 2010 ist im WEL, He<strong>ft</strong><br />

2/2011, Seiten 149 bis 169, veröffentlicht<br />

bzw. den Mitgliedern im Juni 2011 zugestellt<br />

worden. Der Präsident verzichtet da<strong>ra</strong>uf,<br />

den Bericht zu verlesen. Es erfolgen<br />

keine Wortmeldungen. Der Jahresbericht<br />

wird ebenfalls einstimmig genehmigt.<br />

T<strong>ra</strong>ktandum 3: Berichte aus den<br />

Fachbereichen<br />

Eine Übersicht über die Tätigkeiten der<br />

Kommissionen des Verbandes im Jahr<br />

2010 findet sich im Jahresbericht. Deshalb<br />

wird an der Versammlung nur auf ein paar<br />

zusammengefasste Hauptaktivitäten des<br />

vergangenen und des laufenden Jahres in<br />

den zwei Bereichen Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong> und Hochwa<strong>sse</strong>rschutz/Wa<strong>sse</strong>rbau<br />

hingewiesen:<br />

Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong><br />

Revidiertes Gewä<strong>sse</strong>rschutzgesetz<br />

Das aufgrund der Initiative «Lebendiges<br />

Wa<strong>sse</strong>r» revidierte Gewä<strong>sse</strong>rschutzgesetz<br />

ist seit dem 1.1.2011 und die zugehörige<br />

Verordnung seit dem 1.6.2011 in<br />

K<strong>ra</strong><strong>ft</strong>. Aktuell ist die Bundesverwaltung in<br />

der Ausarbeitung der Vollzugshilfen. Das<br />

Thema hat den <strong>SWV</strong> in den letzten Monaten<br />

und Jahren sta<strong>rk</strong> beschä<strong>ft</strong>igt und wird<br />

es auch weiterhin tun.<br />

Medienreise Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong><br />

Am 15./16.3.2011 wurde mit 10 Hintergrundjournalisten<br />

eine Medienreise Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong><br />

auf die Grimsel organisiert und<br />

durchgeführt. Diese kann auch aufgrund<br />

der anschlie<strong>sse</strong>nden Berichterstattung als<br />

erfolgreich bezeichnet werden. Ein solcher<br />

Anlass könnte in 1–2 Jahren erneut durchgeführt<br />

werden.<br />

Diverse Positionspapiere<br />

Es wurde eine Auslegeordnung zum Thema<br />

«Vorgezogene Neukonzessionierung/<br />

346 «Wa<strong>sse</strong>r Energie Lu<strong>ft</strong>» – 103. Jahrgang, 2011, He<strong>ft</strong> 4, CH-5401 Baden


Heimfall» ausgearbeitet und allen WK-Betreibern<br />

gemäss Adressstamm <strong>SWV</strong> versandt.<br />

Ebenso ein Faktenblatt zum Thema<br />

«Stauanlagengesetz» und eines zum<br />

Medienthema «Methan und Stauseen».<br />

Zudem wurden Positionen zu diversen politischen<br />

Vorstö<strong>sse</strong>n ausgearbeitet.<br />

Neue Tagung Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong><br />

Eine neue Tagung Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong> (eher technische<br />

Ausrichtung, ähnlich der KOHS-Tagung)<br />

ist in Vorbereitung. Die erste Durchführung<br />

dieser Tagung ist für November<br />

2012 geplant. Weitere Informationen folgen,<br />

sobald die Tagung konkretisiert ist.<br />

Hochwa<strong>sse</strong>rschutz<br />

KOHS-Tagung<br />

Im Januar 2011 wurde die t<strong>ra</strong>ditionelle<br />

Fachtagung zum aktuellen Thema «Hochwa<strong>sse</strong>rschutz<br />

und Revitalisierung» durchgeführt.<br />

Diese früher auch als «Bieler Tagung»<br />

bekannte Ve<strong>ra</strong>nstaltung wurde zum<br />

ersten Mal in Olten durchgeführt und war<br />

mit über 230 Teilnehmern ein gro<strong>sse</strong>r Erfolg.<br />

Gewä<strong>sse</strong>rpreis 2011<br />

Im Mai 2011 fand die Verleihung des Gewä<strong>sse</strong>rpreises<br />

Schweiz unter Teilnahme<br />

des Verbandes an den Kanton Tessin und<br />

die Sti<strong>ft</strong>ung «Bolle di Magadino» statt. Der<br />

Gewä<strong>sse</strong>rpreis wird alle zwei Jahre verliehen,<br />

Trägerscha<strong>ft</strong> ist neben dem <strong>SWV</strong><br />

der Verein für Ingenieurbiologie, der Verband<br />

Schweiz. Abwa<strong>sse</strong>r- und Gewä<strong>sse</strong>rschutzfachleute<br />

und Pro Natu<strong>ra</strong>.<br />

Weiterbildungskurse Hochwa<strong>sse</strong>rschutz,<br />

Start 3. Serie<br />

Nachdem in den Jahren 2004–2006 und<br />

2008–2010 die ersten beiden Serien Weiterbildungskurse<br />

durchgeführt wurden,<br />

ist die dritte Serie mit Unterstützung des<br />

BAFU nun vorbereitet und wird mit einer<br />

ersten Durchführung in Lenzburg am<br />

17./18.11.2011 beginnen.<br />

T<strong>ra</strong>ktandum 4: Rechnung 2010,<br />

Bilanz auf den 31. Dezember 2010<br />

Die Rechnung 2010 und Bilanz per<br />

31.12.2010 finden sich im Jahresbericht<br />

2010 im Anhang 1 (veröffentlicht im WEL<br />

2/2011).<br />

Gegenüber den Vorjahren wurde<br />

die Bezeichnung einzelner Positionen und<br />

die Gruppierung leicht angepasst, u.a. im<br />

Hinblick auf die laufende Umstellung der<br />

Finanzbuchhaltung im 2011. Neu wird auf<br />

die Unterscheidung zwischen Verbands-<br />

und Zeitschri<strong>ft</strong>enrechnung verzichtet und<br />

damit auf die gegenseitige fiktive Verrech-<br />

nung von Leistungen. Dies machte jedoch<br />

entsprechende Anpassungen an den genehmigten<br />

Budgetzahlen 2010 und 2011<br />

notwendig.<br />

Die Betriebsrechn. 2010 schliesst<br />

bei Einnahmen von CHF 849 710.66 und<br />

Ausgaben von CHF 836 982.98 mit einem<br />

Einnahmenüberschuss von CHF 12 727.68<br />

ab, was p<strong>ra</strong>ktisch den budgetierten<br />

CHF 13 500.– entspricht. Festzuhalten<br />

ist, dass CHF 24 000.– als au<strong>sse</strong>rordentliche<br />

Sonderlast des Jahres 2010 (100-<br />

Jahr-Feier, Umzug der Geschä<strong>ft</strong>sstelle)<br />

aus Rückstellungen finanziert wurden und<br />

nicht in der Rechnung sondern nur in der<br />

Bilanz erscheinen.<br />

Einnahmeseitig besonders zu erwähnen<br />

sind folgende Hinweise:<br />

Die Finanzkrise schlägt sich in einem<br />

Einbruch des Finanzert<strong>ra</strong>ges nieder,<br />

der aufgrund der Ablösung von Obli -<br />

gationen von rund CHF 30 000.– im<br />

2009 auf rund CHF 8000.– im 2010<br />

geschrump<strong>ft</strong> ist. Auch im laufenden<br />

Jahr dür<strong>ft</strong>en die Erträge deutlich tiefer<br />

als die noch 2009 budgetierten<br />

CHF 25 000.– ausfallen. Für 2012 wur -<br />

de nun vorsichtiger budgetiert.<br />

Die Mitgliederbeiträge sind aufgrund<br />

von Zugängen leicht höher und zwar<br />

um ca. 1% über dem Budget und über<br />

dem Vorjahresniveau.<br />

Erfreulich ist der Inse<strong>ra</strong>tenve<strong>rk</strong>auf für<br />

die Verbandszeitschri<strong>ft</strong>, der gegenüber<br />

dem Vorjahr nochmals gesteigert<br />

werden konnte und nun rund<br />

CHF 82 000.– beträgt; somit können<br />

die reinen Produktionskosten (exklusive<br />

Redaktion) vollumfänglich get<strong>ra</strong>gen<br />

werden.<br />

Ausgabenseitig ist speziell zu erwähnen:<br />

Trotz zweier Doppelbelegungen und<br />

Personalwechsel im Geschä<strong>ft</strong>sjahr liegen<br />

die Personalkosten im Rahmen<br />

des Budgets.<br />

Durch notwendige Anschaffungen auf<br />

der Geschä<strong>ft</strong>sstelle entstand ein höherer<br />

Verwaltungsaufwand. Namentlich<br />

ist dies der Ersatz von drei über<br />

sechsjährigen Personalcomputern,<br />

der Ersatz der ve<strong>ra</strong>lteten Firewall und<br />

die Aktualisierung auf Betriebssystem<br />

Windows 7 (Vista konnte übersprungen<br />

werden).<br />

Die Ausgaben (sowie die Einnahmen)<br />

der Tagungen liegen über dem Budget,<br />

schlie<strong>sse</strong>n jedoch mit angestrebtem<br />

leichten Einnahmenüberschuss ab.<br />

Die Position für Projekte und Studien<br />

mit Dritten ist grösstenteils reiner<br />

Durchlaufposten.<br />

Die Bilanz per 31.12.2010 weist die<br />

aus den Rückstellungen «Tagungen» und<br />

«Mobilien/EDV» finanzierte Sonderlast von<br />

CHF 24 000.– (100-Jahr-Feier, Umzug der<br />

Geschä<strong>ft</strong>sstelle) aus. Somit verbleibt ein<br />

Eigenkapital von rund CHF 1 500 000.–,<br />

das sich aus Rückstellungen und aktivem<br />

Vereinsvermögen zusammensetzt.<br />

Die Rechnung und die Bilanz wurde<br />

von der OBT AG in Brugg am 6. April 2011<br />

im Rahmen einer eingeschränkten Kontrolle<br />

revidiert und für in Ordnung befunden.<br />

Der Revisionsbericht, welcher bei<br />

Bedarf auf der Geschä<strong>ft</strong>sstelle eingesehen<br />

oder bezogen werden kann, liegt vor.<br />

Auf das Vorlesen des Berichtes wird verzichtet.<br />

Da eine eingeschränkte Revision<br />

durchgeführt wurde, liegt kein explizit<br />

ausformulierter Ant<strong>ra</strong>g der Kontrollstelle<br />

auf Annahme der Rechnung vor. Es wurde<br />

versichert, dass die Revisionsstelle keine<br />

Beanstandungen gefunden habe, welche<br />

der Abnahme der Rechnung entgegenstehen<br />

würde.<br />

Die Verbandsrechnung 2010 und<br />

die Bilanz per 31. Dezember 2010 werden<br />

von der Versammlung einstimmig genehmigt<br />

und den ve<strong>ra</strong>ntwortlichen Organen<br />

die Entlastung erteilt.<br />

Im Zusammenhang mit der Rechnung<br />

wird da<strong>ra</strong>uf hingewiesen, dass das<br />

Jahr 2011 mit Meh<strong>rk</strong>osten belastet werden<br />

wird, welche zum Teil ebenfalls au<strong>sse</strong>rhalb<br />

des Budgets liegen. Es sind dies die Aufwendungen<br />

zur notwendigen Modernisierung<br />

auf der Geschä<strong>ft</strong>sstelle, namentlich:<br />

Eine komplett neu gestaltete, modernisierte<br />

Webseite (seit Juni 2011<br />

aufgeschaltet, seit Ende Juli auch in<br />

F<strong>ra</strong>nzösisch).<br />

Die Modernisierung der Adress-,<br />

Mitglieder- und Kursverwaltung sowie<br />

der Finanzbuchhaltung, welche sich in<br />

der Umsetzungsphase befindet.<br />

Es handelt sich hier um keine strukturellen<br />

Meh<strong>rk</strong>osten sondern um Investitionen in<br />

die Zukun<strong>ft</strong>, die durch Rückstellungen gedeckt<br />

sind.<br />

T<strong>ra</strong>ktandum 5: Festlegen der Mitgliederbeiträge<br />

2012, Vo<strong>ra</strong>nschlag<br />

2012<br />

Der Vo<strong>ra</strong>nschlag für das laufende Jahr<br />

wurde bereits anlässlich der Hauptversammlung<br />

2010 genehmigt. Er ist, zusammen<br />

mit dem heute zu genehmigenden<br />

Vo<strong>ra</strong>nschlag 2012, ebenfalls im Jahresbericht<br />

abgedruckt.<br />

Der Vorstand beant<strong>ra</strong>gt für 2012 die<br />

Beibehaltung der Mitgliederbeiträge im bisherigen<br />

Umfang für sämtliche Mitgliede<strong>rk</strong>ategorien.<br />

Die aktuellen Beiträge sind seit<br />

der Hauptversammlung 2004 gültig, wobei<br />

«Wa<strong>sse</strong>r Energie Lu<strong>ft</strong>» – 103. Jahrgang, 2011, He<strong>ft</strong> 4, CH-5401 Baden 347<br />

100. Hauptversammlung 2011


100. Hauptversammlung 2011<br />

alleine die Teuerung 2004–2011 rund 7%<br />

beträgt. Das Budget zeigt jedoch, dass die<br />

geplanten Aufwendungen ohne Beit<strong>ra</strong>gserhöhung<br />

gedeckt werden können. Vo<strong>ra</strong>u<strong>sse</strong>tzung<br />

ist allerdings, dass die Aktivitäten<br />

im bisherigen Rahmen fortgeführt werden<br />

und keine wesentlichen neuen Aufgaben<br />

dazukommen, die eine Erhöhung der Ressourcen<br />

notwendig machen würden.<br />

Ebenfalls beant<strong>ra</strong>gt der Vorstand<br />

die Genehmigung des Vo<strong>ra</strong>nschlages 2012<br />

wie er im Jahresbericht 2010 mit der letzten<br />

Ausgabe des WEL 2/2011 zugestellt<br />

wurde. Der Vo<strong>ra</strong>nschlag 2012 widerspiegelt<br />

im Wesentlichen eine Fortschreibung<br />

bisheriger Tätigkeiten und setzt vo<strong>ra</strong>us,<br />

dass die Tarife der Mitgliederbeiträge unverändert<br />

bleiben.<br />

Der Vo<strong>ra</strong>nschlag 2012 sieht leicht<br />

höhere Einnahmen aus Mitgliederbeiträgen<br />

durch Neumitglieder sowie höhere<br />

Einnahmen und Ausgaben aus Tagungen<br />

und Kursen (v.a. durch 3. Weiterbildungskurs<br />

Hochwa<strong>sse</strong>rschutz) vor. Der Verwaltungsaufwand<br />

ist leicht höher budgetiert,<br />

vor allem aufgrund der notwendigen Modernisierung<br />

der EDV-Systeme und damit<br />

verbundener Erhöhung laufender Kosten<br />

sowie etwas höheren Personalkosten. Der<br />

Vo<strong>ra</strong>nschlag zielt auf ein ausgeglichenes<br />

Ergebnis der Betriebsrechung (bei Verwendung<br />

der Rückstellungen für die laufende<br />

Modernisierung).<br />

Die Festsetzung der Mitgliederbeiträge<br />

2012 auf dem gleichen Niveau wie im<br />

Vorjahr sowie der Vo<strong>ra</strong>nschlag 2012 werden<br />

einstimmig genehmigt.<br />

T<strong>ra</strong>ktandum 6: Gesamterneuerungswahlen<br />

2011–2014<br />

Im Jahr 2011 stehen Gesamterneuerungswahlen<br />

sämtlicher Verbandsgremien für<br />

die Periode 2011–2014 an. Dies sind einerseits<br />

die Kommissionen, die gemäss<br />

Statuten bereits vom Vorstand gewählt<br />

wurden (in beiden Kommissionen hat der<br />

Geschä<strong>ft</strong>sführer <strong>SWV</strong> statutarisch Einsitz<br />

und ist nicht zu wählen). Und andererseits<br />

Vorstand und Ausschuss, welche von der<br />

Hauptversammlung gewählt werden.<br />

Wahlen in die Kommission Hochwa<strong>sse</strong>rschutz<br />

(KOHS)<br />

Die Kommission Hochwa<strong>sse</strong>rschutz<br />

(KOHS) hat einige altersbedingte Veränderungen<br />

erfahren und wurde vom Vorstand<br />

an seiner Sitzung vom 25. Mai 2011<br />

wie folgt neu gewählt:<br />

Vorsitz<br />

Jürg Speerli, HSR, Rapperswil<br />

Weitere Mitglieder<br />

Tony Arborino, Kanton Wallis<br />

Dominique Bérod, BAFU<br />

Robert Boes, ETH Zürich – VAW<br />

Laurent Filippini, Kantin Tessin<br />

Christoph Hegg, WSL<br />

Lukas Hunzinger, Flussbau AG SAH<br />

Martin Jäggi, Flussbau und Flussmorphologie<br />

Hans Kienholz, Universität Bern<br />

Mario Koksch, Kanton Luzern<br />

Roger Kolb, Niederer + Pozzi Umwelt AG<br />

Dieter Müller, AF-Colenco AG<br />

Ali Neumann, Stucky SA<br />

Matthias Oplatka, AWEL, Kt. ZH<br />

Olivier Overney, BAFU<br />

Hans Romang, MeteoSchweiz<br />

Simon Scherrer, Scherrer AG<br />

Anton Schleiss, EPFL-LCH<br />

Manfred Spreafico, Universität Bern<br />

Rolf Studer, Verein Ingenieurbiologie<br />

Heinz Willi Weiss, Basler & Hofmann AG<br />

Benno Zarn, Hunziker, Zarn & Partner AG<br />

Geschä<strong>ft</strong>sführung <strong>SWV</strong><br />

Roger Pfammatter, <strong>SWV</strong><br />

Wahlen in die Kommission Hydrosui<strong>sse</strong><br />

Die Hydrosui<strong>sse</strong> als Kommission für den<br />

Bereich Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong> bleibt bis auf einen<br />

Wechsel (Thomas Zwald für Anton Bucher,<br />

beide VSE) unverändert und setzt sich<br />

nach der Wahl durch den Vorstand nach<br />

seiner Sitzung vom 25. Mai 2011 wie folgt<br />

zusammen:<br />

Vorsitz<br />

Jörg Aeberhard, Alpiq AG<br />

Weitere Mitglieder<br />

Christoph Busenhart, EWZ<br />

Marold Hofstetter, OFIMA SA<br />

Jörg Huwyler, Axpo AG<br />

Peter Molinari, EKW<br />

Mauro Salvador, Alpiq SA<br />

Andreas Stettler, BKW AG<br />

Ständige Gäste<br />

Gianni Biasiutti, KWO AG<br />

Thomas Zwald, VSE<br />

Guido Con<strong>ra</strong>d, KHR AG<br />

Peter Quadri, swi<strong>sse</strong>lectric<br />

Geschä<strong>ft</strong>sführung <strong>SWV</strong><br />

Roger Pfammatter, <strong>SWV</strong><br />

Wahlen in den Vorstand und<br />

Vorstandsausschuss<br />

Der Wahlvorschlag für die Zusammensetzung<br />

von Ausschuss und Vorstand wurde<br />

mit der Sitzungseinladung zugestellt. Im<br />

Ausschuss inklusive Präsidium sind keine<br />

Rücktritte, im Vorstand aber deren fünf zu<br />

vermelden, namentlich:<br />

Gianni Biasiutti (KWO), Alfred Janka (Vertreter<br />

Rheinverband), André Künzi (FM<br />

Chancy Pougny), Albert Fournier (Dept.<br />

TEE Ct. VS) und Andreas Götz (BAFU).<br />

Der Einsatz dieser zurücktretenden<br />

Vorstandsmitglieder wird ganz herzlich<br />

verdankt. Den beiden Anwesenden Andreas<br />

Götz und Albert Fournier wird mit Solothurner<br />

Tropfen ein kleines Zeichen der<br />

Ane<strong>rk</strong>ennung übergeben. Zudem wird allen<br />

austretenden Vorstandsmitgliedern das<br />

vom Schweizerischen Talsperrenkomitee<br />

in Zusammenarbeit mit dem <strong>SWV</strong> im Jahre<br />

2011 he<strong>ra</strong>usgegebene Buch «Dams in Switzerland»,<br />

ein Bildband mit technischen Informationen<br />

zu den wichtigsten Talsperren<br />

der Schweiz, per Post zugestellt.<br />

Durch die vorgeschlagene Neubesetzung<br />

wird die bisherige Vertretung der<br />

Intere<strong>sse</strong>ngruppen in etwa beibehalten.<br />

Die Statuten la<strong>sse</strong>n die Aufstockung des<br />

Vorstandes um ein zusätzliches Mitglied<br />

zu. Die für den Vorstand vorgeschlagenen<br />

sechs neuen Mitglieder sind anwesend<br />

und stellen sich kurz vor:<br />

Felix Vontobel, Stellvertretender CEO Repower<br />

AG<br />

Michelangelo Giovannini, Präsident Rheinverband<br />

Jérôme Bar<strong>ra</strong>s, Directeur FM Chancy<br />

Pougny<br />

Moritz Steiner, Dienstchef Energie und<br />

Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong> Kanton Wallis<br />

Hanspeter Willi, BAFU, Leiter Abteilung<br />

Gefahrenprävention<br />

Peter Klopfenstein, CEO Hydro Exploitation<br />

SA<br />

Der gesamte Vorstand inklusive<br />

den sechs neuen Mitgliedern sowie der<br />

Ausschuss werden in corpore aufgrund<br />

der Wahlvorschläge wie folgt gewählt:<br />

Präsident<br />

Caspar Baader, National<strong>ra</strong>t, Gelte<strong>rk</strong>inden<br />

Ausschuss<br />

Jörg Aeberhard, Alpiq AG, Olten<br />

Hans Bodenmann, BKW-FMB Energie AG<br />

Rolf W. Mathis, Axpo AG, Baden<br />

Peter Molinari, Engadiner K<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>e AG<br />

Mauro Salvadori, Alpiq SA<br />

Anton Schleiss, EPFL ENAC LCH<br />

Weitere Mitglieder des Vorstandes<br />

Jérome Bar<strong>ra</strong>s (neu), FM Chancy Pougny<br />

Robert Boes, ETH VAW, Zürich<br />

René Dirren, EnAlpin AG, Visp<br />

Christian Dubois, Andritz Hydro AG<br />

Laurent Filippini, Kanton Tessin<br />

Michelangelo Giovannini (neu), RhV<br />

Renaud Juille<strong>ra</strong>t, BFE, Bern<br />

Anton Kilchmann, SVGW, Zürich<br />

Peter Klopfenstein (neu), Hydro Exploitation<br />

SA, Sion<br />

Michael Roth, EWZ, Zürich<br />

Jürg Speerli, Hochschule Rapperswil<br />

Moritz Steiner (neu), Kanton Wallis<br />

Felix Vontobel (neu), Repower AG<br />

Andreas Weidel, SBB AG, Zollikofen<br />

348 «Wa<strong>sse</strong>r Energie Lu<strong>ft</strong>» – 103. Jahrgang, 2011, He<strong>ft</strong> 4, CH-5401 Baden


Hanspeter Willi (neu), BAFU<br />

Ma<strong>rk</strong>us Züst, Regierungs<strong>ra</strong>t Kanton Uri<br />

Der Präsident heisst die neuen Vertreter<br />

im Vorstand willkommen und dankt sämtlichen<br />

Mitgliedern des Vorstandes und<br />

des Ausschu<strong>sse</strong>s sowie ihren Unternehmungen<br />

für die Bereite<strong>rk</strong>lärung zur Ausübung<br />

dieser Mandate.<br />

Kontrollstelle<br />

Als Kontrollstelle wird, wie bereits in den<br />

vo<strong>ra</strong>ngegangenen Jahren, die OBT AG in<br />

Brugg zur jährlichen Wahl vorgeschlagen.<br />

Die Versammlung stimmt auch diesem<br />

Vorschlag einstimmig zu.<br />

T<strong>ra</strong>ktandum 7: Festlegen der<br />

Hauptversammlung 2012<br />

Die Hauptversammlungen des <strong>SWV</strong> sollen<br />

die einzelnen Regionen unseres Landes<br />

berücksichtigen. Der Vorstand schlägt<br />

in Absp<strong>ra</strong>che mit der Geschä<strong>ft</strong>sstelle für<br />

die HV 2012 folgendes Datum und Region<br />

vor:<br />

Termin<br />

Donnerstag/Freitag, 6./7. September 2012<br />

Region<br />

Zent<strong>ra</strong>lschweiz: Raum Sarnen, OW<br />

Die Versammlung stimmt dem Vorschlag<br />

einstimmig zu.<br />

T<strong>ra</strong>ktandum 8: Verschiedene<br />

Mitteilungen<br />

Der Präsident weist da<strong>ra</strong>uf hin, dass das<br />

vor<strong>ra</strong>ngige Ziel der Arbeit des <strong>SWV</strong> nach<br />

wie vor das Erbringen von Dienstleistungen<br />

zu Gunsten der Mitglieder ist. Das<br />

p<strong>ra</strong>ktisch rundum erneuerte Team auf der<br />

Geschä<strong>ft</strong>sstelle ist unter der Leitung des<br />

neuen Geschä<strong>ft</strong>sführers auf diesem Weg<br />

erfolgreich weiter geschritten, hat vieles<br />

fortgeführt und einiges Neues angepackt.<br />

Neben der Verbandszeitschri<strong>ft</strong> sind<br />

die verschiedenen Fachve<strong>ra</strong>nstaltungen in<br />

den Bereichen Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong> und Hochwa<strong>sse</strong>rschutz<br />

zu erwähnen, die der <strong>SWV</strong> jedes<br />

Jahr zusammen mit Partnerorganisationen<br />

durchführt. Jedoch auch – und etwas weniger<br />

sichtbar – die Kommis sionsarbeiten zur<br />

Vertiefung aktueller F<strong>ra</strong>gestellungen, das<br />

Einbringen der Intere<strong>sse</strong>n im politischen<br />

Prozess, die Beantwortung zunehmender<br />

Anf<strong>ra</strong>gen von Mitgliedern, der Öffentlichkeit<br />

und vor allem auch der Medien.<br />

Das Eine oder Andere hat sich verändert<br />

und wird sich weiterentwickeln,<br />

dazu gehören: die Neulancierung der<br />

Webseite, welche seit Ende Juni 2011 weiterhin<br />

unter www.swv.ch aufgeschaltet ist<br />

sowie die laufende Modernisierung des<br />

EDV-Systems zur Adressverwaltung, Ve<strong>ra</strong>nstaltungsmanagement<br />

usw. Das sind interne<br />

Projekte, welche den <strong>SWV</strong> fit für die<br />

Zukun<strong>ft</strong> machen und die Geschä<strong>ft</strong>sstelle<br />

zusätzlich he<strong>ra</strong>usfordern.<br />

Die Aktivitäten und Ve<strong>ra</strong>nstaltungen<br />

der kommenden Monate sind auf<br />

der Agenda in unserer Verbandszeitschri<strong>ft</strong><br />

respektive auf unserer Webseite www.<br />

swv.ch zu finden.<br />

T<strong>ra</strong>ktandum 9: Umf<strong>ra</strong>ge<br />

Es erfolgen keine Wortmeldungen.<br />

Danksagung<br />

Der Präsident dankt<br />

den Referenten für die sehr interessanten<br />

Beiträge und das Engagement<br />

anlässlich der vo<strong>ra</strong>ngehenden<br />

Tagung.<br />

den Kollegen im Vorstand und im Ausschuss<br />

für die konstruktive, gute Zusammenarbeit<br />

im Intere<strong>sse</strong> des <strong>SWV</strong>.<br />

allen Mitgliedern und Anwesenden für<br />

ihre Unterstützung und das Intere<strong>sse</strong><br />

an den Aktivitäten des <strong>SWV</strong>.<br />

der <strong>SWV</strong>-Geschä<strong>ft</strong>sstelle in Baden,<br />

welche das ganze Jahr hindurch die<br />

vielfältige Verbands- und Redaktionsarbeit<br />

bewältigt. Es ist dies Roger<br />

Pfammatter, Geschä<strong>ft</strong>sführer, und<br />

seine beiden Sekretärinnen, Esther<br />

Zumsteg und Doris Hü<strong>sse</strong>r, sowie<br />

Manuel Minder von der Redaktion der<br />

Verbandszeitschri<strong>ft</strong>.<br />

Der Präsident e<strong>rk</strong>lärt die 100. ordentliche<br />

Hauptversammlung des Schweizerischen<br />

Wa<strong>sse</strong>rwirtscha<strong>ft</strong>sverbandes für<br />

geschlos sen. Protokoll: Esther Zumsteg<br />

«Wa<strong>sse</strong>r Energie Lu<strong>ft</strong>» – 103. Jahrgang, 2011, He<strong>ft</strong> 4, CH-5401 Baden 349<br />

100. Hauptversammlung 2011


Bestellen Sie unsere Verbandsschri<strong>ft</strong>en direkt unter: www.swv.ch<br />

VS: Nr. 67, Der Schweizerische<br />

Wa<strong>sse</strong>rwirtscha<strong>ft</strong>sverband 1910–<br />

2010, ein Port<strong>ra</strong>it, von Dr. Walter<br />

Hauenstein, 2010, 156 S. Format<br />

17 × 24 cm, ISBN 978-3 85545-<br />

155-5, CHF 40.–.<br />

VS: Nr. 63, Wa<strong>sse</strong>rbauer und Hyd<strong>ra</strong>uliker<br />

der Schweiz. Kurzbiog<strong>ra</strong>phien<br />

ausgewählter Persönlichkeiten,<br />

2001, von Daniel L. Vischer,<br />

CHF 50.–.<br />

VS: Nr. 59, Geschiebet<strong>ra</strong>nsport und<br />

Hochwa<strong>sse</strong>r/Charriage et crues,<br />

Vorträge in Biel, 1998, CHF 50.–.<br />

VS: Nr. 66, Die Engadiner K<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>e<br />

– Natur und Technik in einer<br />

aufstrebenden Region, von Robert<br />

Meier, 2003, 207 S., Format 28.5<br />

× 20.5 cm, ISBN 3-85545-129-X,<br />

CHF 60.–.<br />

VS: Nr. 62, Uferschutz und Raumbedarf<br />

von Fliessgewä<strong>sse</strong>rn/Protection<br />

des rives et espace vital<br />

nécessaire aux cours d’eau, 2001,<br />

Vorträge in Biel, CHF 40.–.<br />

VS: Nr. 58, Entsorgung und Geschwemmsel,<br />

Stand der Technik<br />

– Kosten – Zukun<strong>ft</strong>, Vorträge in<br />

Bad-Säckingen, 1998, CHF 50.–.<br />

VS: Nr. 65, Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong> – die erneuerbare<br />

Energie. Beiträge<br />

des internationalen Symposiums<br />

vom 18./19. Okt. 2001 in Chur,<br />

CHF 30.–.<br />

Momentan<br />

Momentan<br />

vergriffen!<br />

vergriffen!<br />

VS: Nr. 61, Rechtsf<strong>ra</strong>gen der Was -<br />

se<strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>nutzung. Unterhalt und Modernisierung,<br />

Heimfall und Selbstnutzung<br />

von Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>anlagen im<br />

Kanton Wallis. Erhältlich als PDF unter:<br />

www.wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>wallis.ch.<br />

VS: Nr. 57, Betrieb und Wartung<br />

von Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>en, 1998,<br />

Bernard Comte, CHF 120.–.<br />

VS: Nr. 64, Ökologische (Teil A)<br />

und technisch/ökonomische Qua -<br />

litäten der Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>. ecoconcept<br />

Zürich und Schnyder Ingenieure<br />

AG, Ottenbach, CHF 40.–.<br />

VS: Nr. 60, Externe Effekte der<br />

Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>nutzung / Effets externe<br />

de l’exploitation des forces<br />

hyd<strong>ra</strong>uliques, 1999, CHF 50.–.<br />

VS: Nr. 54, Directives pour l’exploitation<br />

et la maintenance des<br />

groupes hydroélectriques, 1995,<br />

Bernard Comte, CHF 98.–.<br />

250 350 «Wa<strong>sse</strong>r Energie Lu<strong>ft</strong>» – 103. Jahrgang, 2011, He<strong>ft</strong> 3, 4, CH-5401 Baden


Politik<br />

Energiepolitischer Rückblick Herbstsession:<br />

Sonderdebatte des Stände<strong>ra</strong>tes<br />

zur Kernenergie und zu alternativen<br />

Energien<br />

Der Stände<strong>ra</strong>t hat am 28. und 29. September<br />

2011 in einer Sondersession über<br />

die Kernenergie und alternative Energien<br />

debattiert. Die vom National<strong>ra</strong>t unterbreiteten<br />

Kernenergieausstiegsmotionen hat<br />

der Stände<strong>ra</strong>t mit einer Zweidrittelmehrheit<br />

abgeändert: Obwohl er wie der Bundes<strong>ra</strong>t<br />

und der National<strong>ra</strong>t den Verzicht<br />

auf neue Kernk<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>e unterstützt, will<br />

er ausdrücklich auf ein Technologieverbot<br />

verzichten. Weitere Forderungen des<br />

Stände<strong>ra</strong>ts bestehen insbesondere darin,<br />

dass die Erforschung und Entwicklung<br />

aller Technologien weiterhin möglich sein<br />

soll und dass der Wirtscha<strong>ft</strong>sstandort<br />

Schweiz durch die neue Energiest<strong>ra</strong>tegie<br />

nicht gefährdet werden darf. Die Energiest<strong>ra</strong>tegie<br />

soll au<strong>sse</strong>rdem auf eine möglichst<br />

auslandunabhängige Stromversorgung<br />

abzielen.<br />

Der neue Vorstosstext im Wortlaut:<br />

1. Es dürfen keine Rahmenbewilligungen<br />

zum Bau neuer Kernk<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>e erteilt<br />

werden. (=Version NR)<br />

1 bis Das Kernenergiegesetz vom 21. März<br />

2003 ist entsprechend zu ändern.<br />

Damit wird kein Technologieverbot erla<strong>sse</strong>n.<br />

2. Kernk<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>e, die den Sicherheitsvorschri<strong>ft</strong>en<br />

nicht mehr entsprechen,<br />

sind unverzüglich stillzulegen. (=Version<br />

NR)<br />

3. Es wird eine umfa<strong>sse</strong>nde Energiest<strong>ra</strong>tegie<br />

unterbreitet, um unter anderem<br />

den kün<strong>ft</strong>igen Strombedarf ohne<br />

Atomenergie und durch eine vom Ausland<br />

möglichst unabhängige Stromversorgung<br />

sicherzustellen, ohne den<br />

Wirtscha<strong>ft</strong>s- und Forschungsstandort<br />

Schweiz insgesamt zu gefährden.<br />

Die Förderung der erneuerbaren Energien<br />

und der Energieeffizienz wird zielführend<br />

verstä<strong>rk</strong>t.<br />

4. Bildung, Lehre und Forschung in sämt-<br />

Nachrichten<br />

Informationen aus der Wa<strong>sse</strong>r- und Energiewirtscha<strong>ft</strong><br />

lichen Energietechnologien in der<br />

Schweiz und in der internationalen<br />

Zusammenarbeit werden weiterhin unterstützt.<br />

5. Der Bundes<strong>ra</strong>t berichtet periodisch<br />

über die Entwicklung der Technologien<br />

und die Umsetzung der Energiest<strong>ra</strong>tegie<br />

und stellt Anträge zu Gesetzesänderungen<br />

sowie Prog<strong>ra</strong>mmen. Insbesondere<br />

berichtet er regelmässig<br />

über die Fortschritte in der Kerntechnologie.<br />

Dabei nimmt der Bundes<strong>ra</strong>t<br />

namentlich Stellung zu F<strong>ra</strong>gen der<br />

Sicherheit, der Entsorgung <strong>ra</strong>dioaktiver<br />

Abfälle, sowie der volkswirtscha<strong>ft</strong>lichen,<br />

umwelt- und k<strong>lima</strong>politischen<br />

Auswi<strong>rk</strong>ungen.<br />

Aus den weiteren Entscheiden des Stände<strong>ra</strong>ts<br />

kann abgelesen werden, dass er:<br />

einen effizienteren Einsatz von Strom<br />

und den Abbau von Hürden im Rahmen<br />

der Bewilligungsverfahren für erneuerbare<br />

Energien und Stromnetze befürwortet.<br />

Dazu gehört auch das Überdenken<br />

des Verbandsbeschwerderechts.<br />

auf bundesrechtliche Vorschri<strong>ft</strong>en im<br />

Gebäudebereich verzichten und stattde<strong>sse</strong>n<br />

die Kompetenzen bei den Kantonen<br />

bela<strong>sse</strong>n will.<br />

die Zweckbindung der gesamten Erträge<br />

der CO 2-Abgabe während 20<br />

Jahren.<br />

für die Verminderung der CO 2-Emissionen<br />

von Gebäuden und für die Erforschung<br />

und Entwicklung der erneuerbaren<br />

Energien einsetzen will.<br />

Anreize für die erneuerbaren Energien<br />

schaffen und gesetzliche Hürden beseitigen<br />

will.<br />

eine Aufhebung des bestehenden Gesamtplafonds<br />

und der einzelnen Technologiedeckel<br />

bei der kostendeckenden<br />

Einspeisevergütung KEV ablehnt.<br />

Stattde<strong>sse</strong>n schlägt die kleine Kammer<br />

einen Ersatz des Plafonds durch<br />

Jahreskontingente für baureife Projekte<br />

vor.<br />

Quelle: Energieforum Schweiz, Energie-<br />

Report 40/2011.<br />

Ausbauziel Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>: Plausibilisierung<br />

im Rahmen der bundesrätlichen<br />

Energiest<strong>ra</strong>tegie 2050<br />

Pfa. Das Bundesamt für Energie (BFE)<br />

ist gegenwärtig da<strong>ra</strong>n, das im Juni 2011<br />

kommunizierte Ausbauziel Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong><br />

zu plausibilisieren. Neben Einschätzung<br />

der kantonalen Energie- und Umweltfachstellen<br />

werden auch die E<strong>rk</strong>enntni<strong>sse</strong><br />

eines Expertenwo<strong>rk</strong>shops berücksichtigt<br />

und anschlie<strong>sse</strong>nd die neue Einschätzung<br />

des Bundes den Verbänden<br />

zur Stellungnahme geb<strong>ra</strong>cht.<br />

Gemäss einer Mitteilung des BFE ist die<br />

Bundesverwaltung gegenwärtig an einer<br />

Plausibilisierung des Ausbauzieles Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>.<br />

Im Rahmen der neuen bundesrätlichen<br />

Energiest<strong>ra</strong>tegie hatte das BFE das<br />

Potenzial zum Ausbau der Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>nutzung<br />

auf 4 TWh bis 2050 geschätzt (vgl.<br />

dazu Faktenblatt vom 10.6.2011: www.<br />

bfe.admin.ch – >Themen >Energiepolitik<br />

>Energiest<strong>ra</strong>tegie 2050 >Dokumente zum<br />

Thema). Die veröffentlichten Zahlen stellen<br />

gemäss BFE eine erste Grobabschätzung<br />

dar und sollen nun in einer zweiten Phase<br />

plausibilisiert und mit den verschiedenen<br />

Intere<strong>sse</strong>nvertretern abgeglichen werden.<br />

Die Ergebni<strong>sse</strong> aus dem Faktenblatt<br />

vom Juni 2011 sind von den kantonalen<br />

Energiefachstellen bereits kommentiert<br />

worden. Das BFE hat da<strong>ra</strong>ufhin die Projektlisten<br />

übe<strong>ra</strong>rbeitet und die Potenziale<br />

aus diesen Projekten entsprechend angepasst.<br />

Aktuell findet die Bef<strong>ra</strong>gung der<br />

kantonalen Umweltfachstellen statt. Das<br />

BFE wird anschlie<strong>sse</strong>nd gemeinsam mit<br />

dem Bundesamt für Umwelt BAFU bis<br />

Ende November 2011 eine Einschätzung<br />

des Bundes abgeben. Es ist geplant, dass<br />

die Verbände im Dezember 2011 dazu<br />

Stellung nehmen können.<br />

Bild. Speichersee Emosson (Quelle: zvg)<br />

«Wa<strong>sse</strong>r Energie Lu<strong>ft</strong>» – 103. Jahrgang, 2011, He<strong>ft</strong> 4, CH-5401 Baden 351


Nachrichten<br />

Der <strong>SWV</strong> unterstützt die Plausbilisierung<br />

des Ausbaupotenzials. Wie bereits früher<br />

kommuniziert (vgl. aktualisiertes Faktenblatt<br />

Ausbaupotenzial Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong> <strong>SWV</strong><br />

vom 10.6.2011, www.swv.ch/Downloads),<br />

ist der postulierte Ausbau der erneuerbaren<br />

Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong> zu begrü<strong>sse</strong>n<br />

– ge<strong>ra</strong>de auch aufgrund der neuen energiepolitischen<br />

Ausgangslage. Und es gäbe<br />

durchaus noch Ausbaupotenzial und interessante<br />

Erweiterungs- und Ausbauideen.<br />

Viele Ideen und Projekte scheitern jedoch<br />

vor allem am politischen Willen. Unter den<br />

bestehenden Rahmenbedingungen ist der<br />

postulierte Ausbau nicht realisierbar – im<br />

Gegenteil: aufgrund der zu erwartenden<br />

Verluste aus den geltenden Restwa<strong>sse</strong>rbestimmungen<br />

und gegebenenfalls aus<br />

dem K<strong>lima</strong>wandel ist ohne Ausbau mit<br />

einem Rückgang der Produktion aus Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong><br />

zu rechnen. Eine sorgfältige Auslegeordnung<br />

über die Möglichkeiten und<br />

damit verbundene notwendige Anpassungen<br />

bildet die Basis für eine breite und<br />

t<strong>ra</strong>nsparente Diskussion und ist deshalb<br />

zu begrü<strong>sse</strong>n.<br />

Vgl. dazu: www.swv.ch/Downloads > Ausbaupotenzial<br />

Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong> Schweiz 2011<br />

Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>nutzung<br />

Neues Kleinwa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong> Nandrò in<br />

Betrieb<br />

Nach einer kurzen und intensiven Bauzeit<br />

von rund zwei Jahren steht das neue<br />

Kleinwa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong> Nandrò bereit, ein<br />

Gefälle von 78 Metern für die umweltgerechte<br />

Stromproduktion zu nutzen. Stadt<strong>ra</strong>t<br />

Andres Türler erläutert die Bedeutung<br />

des Projekts für G<strong>ra</strong>ubünden und für die<br />

Stadt Zürich, bevor er das Kleinwa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong><br />

feierlich in Betrieb nimmt.<br />

Dieses wird durch eine zusätzliche Wa<strong>sse</strong>rnutzung<br />

jährlich eine Energiemenge<br />

von rund 6 GWh produzieren.<br />

Die ersten Ideen zur Nutzung der Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong><br />

des Baches «Ava da Nandrò» stammen<br />

aus der ersten Häl<strong>ft</strong>e des zwanzigsten<br />

Jahrhunderts. Seit knapp 40 Jahren wird<br />

das Wa<strong>sse</strong>r des «Ava da Nandrò» gefasst<br />

und dem K<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong> Tinizong zugeführt,<br />

bisher allerdings ohne das obere Teilgefälle<br />

für die Stromproduktion zu nutzen.<br />

Im Rahmen einer notwendig gewordenen<br />

Leitungssanierung entschied ewz, das in<br />

diesem Bereich vorhandene Teilgefälle<br />

für die Produktion erneuerbarer Energie<br />

zu nutzen. Dazu musste die bestehende<br />

Freispiegelleitung durch eine druckfeste<br />

Stahlleitung ersetzt und eine Kaverne für<br />

Bild 1. Anlieferung des 30 Tonnen schweren Gene<strong>ra</strong>tors von Savognin zur neuen<br />

K<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>szent<strong>ra</strong>le Nandrò (Quelle: ewz)<br />

Bild 2. Einbringen der druckfesten Stahlleitung (Quelle: ewz)<br />

die K<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>szent<strong>ra</strong>le in den Fels gebaut<br />

werden.<br />

Fakten zum Kleinwa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong> Nandrò.<br />

Für das Projekt waren keine Konzessionsverhandlungen<br />

notwendig, da ein bereits<br />

in der bestehenden Konzession «Marmore<strong>ra</strong>-Radons-Tinizong»<br />

enthaltenes Gefälle<br />

genutzt wird. ewz hat insgesamt Investitionen<br />

in der Höhe von knapp 23 Mio.<br />

F<strong>ra</strong>nken getätigt, damit das Kleinwa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong><br />

Nandrò eine Wa<strong>sse</strong>rmenge von<br />

bis zu 2.4 m 3 /s über eine Fallhöhe von<br />

78 Metern nutzen kann. Anschlie<strong>sse</strong>nd<br />

fliesst das Wa<strong>sse</strong>r wie bisher in einen bestehenden<br />

Druckschacht, welcher auch<br />

das Wa<strong>sse</strong>r vom Stausee Marmore<strong>ra</strong> zum<br />

ewz-K<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong> Tinizong leitet. Dort wird<br />

das Wa<strong>sse</strong>r des «Ava da Nandrò» wie bis<br />

anhin bzw. ein weiteres Mal zur umweltfreundlichen<br />

Stromproduktion genutzt. Mit<br />

der installierten Leistung von 1.8 MW wird<br />

das Kleinwa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong> Nandrò jährlich<br />

eine Energiemenge von rund 6 GWh pro-<br />

duzieren. Dies entspricht etwa dem durchschnittlichen<br />

Jahresenergieverb<strong>ra</strong>uch von<br />

1300 Haushaltungen.<br />

Mit seinen Anlagen in Mittelbünden und im<br />

Bergell produziert ewz rund 1200 GWh Energie<br />

und versorgt einen gro<strong>sse</strong>n Teil des<br />

Kantons G<strong>ra</strong>ubünden mit Strom. ewz beschä<strong>ft</strong>igt<br />

über 1000 Mitarbeitende, davon<br />

100 in G<strong>ra</strong>ubünden, und zählt zu den zehn<br />

umsatzstä<strong>rk</strong>sten Energiedienstleistungsunternehmen<br />

in der Schweiz.<br />

Kontakt: ewz, Corpo<strong>ra</strong>te Communications,<br />

Telefon 058 319 49 67, harry.g<strong>ra</strong>f@ewz.ch<br />

Linthal 2015: Durchschlag Druckschacht<br />

1 erfolgt – Zeitplan wird eingehalten<br />

Mit dem Mitte Oktober 2011 erfolgten<br />

Durchschlag der letzten Gesteinspartie<br />

vom ersten Druckschacht in die Schiebe<strong>rk</strong>ammer<br />

hat das Ausbauprojekt<br />

Linthal 2015 der K<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>e Linth-Limmern<br />

AG einen weiteren Meilenstein er-<br />

352 «Wa<strong>sse</strong>r Energie Lu<strong>ft</strong>» – 103. Jahrgang, 2011, He<strong>ft</strong> 4, CH-5401 Baden


Bild. Bohrmannscha<strong>ft</strong> nach dem Durchschlag Mitte Oktober 2011 (Quelle: Axpo).<br />

reicht. Während es bei einzelnen Arbeiten<br />

zu Verzögerungen gekommen ist,<br />

hat man bei anderen Vorsprung auf den<br />

Zeitplan. Insgesamt ist das Projekt auch<br />

zeitlich auf Kurs.<br />

Die Tunnelbohrmaschine 2, die sich von<br />

der kün<strong>ft</strong>igen Maschinenkaverne mit einer<br />

Steigung von 90% durch den Fels hocharbeitete,<br />

erreichte am 14. Oktober 2011<br />

die auf 2300 m ü.M. gelegene, unterirdische<br />

Schiebe<strong>rk</strong>ammer. Damit ist der erste<br />

der beiden Druckschächte ausgebrochen.<br />

Die beiden Druckschächte sind mit einer<br />

Länge von je 1030 Metern Teil des Triebwa<strong>sse</strong>rsystems<br />

zwischen der Maschinenkaverne<br />

auf 1700 m ü.M. und dem Muttsee<br />

auf 2500 m ü.M.<br />

Während die Ausbrucharbeiten zu Beginn<br />

mit einer Tagesleistung von 15 bis 20 Metern<br />

auf Kurs waren, wurde bei Tunnelmeter<br />

570 eine prognostizierte Störzone erreicht.<br />

Die Durchquerung des so genannten Mörtalbruchs<br />

erforderte eine technische Aufrüstung<br />

der Tunnelbohrmaschine sowie<br />

zusätzliche Felssicherungsarbeiten. Dies<br />

führte zu einer Verzögerung von rund sechs<br />

Monaten. Mit den eingeleiteten Massnahmen<br />

sollte diese Verzögerung bis Ende<br />

Bauzeit kompensiert werden können. Die<br />

Tunnelbohrmaschine 2 war seit Mitte Dezember<br />

2010 unterwegs.<br />

In den kommenden Wochen werden der<br />

Boh<strong>rk</strong>opf der Tunnelbohrmaschine demontiert<br />

und die Nachläufer durch den<br />

Druckschacht zurückgezogen. Ende März<br />

2012 wird die Maschine erneut einsatzbereit<br />

sein und den Ausbruch des zweiten<br />

Druckschachtes in Angriff nehmen. Pa<strong>ra</strong>llel<br />

dazu beginnt im ersten Druckschacht<br />

der Einbau der Panzerung.<br />

Die Arbeiten im Zugangsstollen 1 von Tierfehd<br />

zur Maschinenkaverne sind im Rück-<br />

stand. Entsprechende Massnahmen wurden<br />

eingeleitet, und der Durchschlag soll<br />

nun im Frühsommer 2012 erfolgen. Früher<br />

als geplant konnte mit dem Mauerbau auf<br />

der Muttenalp begonnen werden. Die ersten<br />

Betonarbeiten, die gemäss Terminplan<br />

für Frühling 2012 vorgesehen waren,<br />

konnten bereits vor einigen Wochen in Angriff<br />

genommen werden.<br />

Insgesamt liegen die Arbeiten auf Kurs,<br />

an der für Ende 2015 geplanten Inbetriebnahme<br />

der ersten Maschinengruppe des<br />

neuen Pumpspeicherwe<strong>rk</strong>s Limmern wird<br />

festgehalten.<br />

Kontakt: Axpo Holding AG, Corpo<strong>ra</strong>te<br />

Communications, Media Hotline 0800 44<br />

11 00.<br />

Gesamterneuerung K<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>e Hinterrhein:<br />

Teilentleerung Stausee Sufers/Entleerung<br />

Ausgleichsbecken Bärenburg<br />

Bild. Vorentleerung Stausee Sufer im März 2011 (Quelle: KHR).<br />

Anfangs November nahmen die K<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>e<br />

Hinterrhein die Zent<strong>ra</strong>len Bärenburg<br />

und Sils au<strong>sse</strong>r Betrieb. Der Stausee<br />

Sufers wird abgesenkt, das Ausgleichsbecken<br />

Bärenburg komplett entleert. Die<br />

erste Sanierungsphase dauert bis zum<br />

Ende des Winterhalbjahrs im April 2012.<br />

Die Gesamterneuerung der K<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>sanlagen<br />

der KHR geht jetzt in die Ausführungsphase.<br />

Das Grossprojekt mit einem<br />

Investitionsvolumen von knapp 300 Mio.<br />

CHF wird mit der Abstellung der K<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>szent<strong>ra</strong>len<br />

Bärenburg und Sils, mit<br />

der Entleerung der Stollensysteme, der<br />

Absenkung des Stausees Sufers sowie<br />

mit der Entleerung des Ausgleichsbeckens<br />

Bärenburg so richtig gestartet. Die<br />

umfangreichen Arbeiten umfa<strong>sse</strong>n ca. 20<br />

Bauplätze mit insgesamt rund 300 hauptsächlich<br />

externen Facharbeitern und dauern<br />

bis im April 2012, bis dahin bleiben die<br />

Anlagen au<strong>sse</strong>r Betrieb.<br />

In Sufers bleibt ein Restsee<br />

Die Analyse der Vorentleerung des Stausees<br />

Sufers im Frühjahr 2011 hat gezeigt,<br />

dass eine komplette Seeentleerung aufgrund<br />

der immensen Sedimentablagerungen<br />

im Stau<strong>ra</strong>um zum heutigen Zeitpunkt<br />

nicht möglich ist. Anders als ursprünglich<br />

geplant, bleibt deshalb auch<br />

während der Sanierungsarbeiten ein kleiner<br />

Restsee bestehen. Dies hat zur Folge,<br />

dass in Sufers vorerst nicht sämtliche geplanten<br />

Arbeiten ausgeführt werden können.<br />

Das Ausgleichsbecken Bärenburg<br />

wird nun total entleert und erst im April<br />

2012 wieder eingestaut.<br />

Ökologische Begleitung<br />

Um die ökologischen Auswi<strong>rk</strong>ungen so<br />

gering wie möglich zu halten und um frühzeitig<br />

auf allfällige Folgen mit Lösungen<br />

reagieren zu können, arbeitet KHR sehr<br />

eng mit den Behörden, den Umweltorga-<br />

«Wa<strong>sse</strong>r Energie Lu<strong>ft</strong>» – 103. Jahrgang, 2011, He<strong>ft</strong> 4, CH-5401 Baden 353<br />

Nachrichten


Nachrichten<br />

nisationen und dem Kantonalen Fischereiverband<br />

G<strong>ra</strong>ubünden zusammen. KHR hat<br />

zudem das Umweltfachbüro ecowert und<br />

weitere Experten mit der Begleitung des<br />

Projekts und der Durchführung des Umwelt-<br />

und Gewä<strong>sse</strong>rmonitorings beau<strong>ft</strong><strong>ra</strong>gt.<br />

Die Fachleute begleiten die Arbeiten,<br />

untersuchen die Wa<strong>sse</strong>rqualität und<br />

zeichnen die Ereigni<strong>sse</strong> auf.<br />

Weitere Auskün<strong>ft</strong>e:<br />

Guido Con<strong>ra</strong>d, Direktor KHR<br />

Tel. 081 635 37 37, admin@khr.ch<br />

Baubeginn beim K<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong> Rüchlig in<br />

Aa<strong>ra</strong>u<br />

Die umfa<strong>sse</strong>nde Teilerneuerung des<br />

K<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>s Rüchlig in Aa<strong>ra</strong>u hat im Oktober<br />

mit den Erschliessungsarbeiten<br />

begonnen. Das erneuerte K<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong> soll<br />

Anfang 2015 wieder in Betrieb genommen<br />

werden und mit einer Leistung von<br />

rund 11 MW ca. 64 GWh Strom produzieren,<br />

womit über 14 000 Haushalte versorgt<br />

werden können. Die Anlagenkosten<br />

belaufen sich auf rund 130 Mio. F<strong>ra</strong>nken.<br />

Der Regierungs<strong>ra</strong>t hatte die Konzession<br />

für die nächsten 60 Jahre und die Baubewilligung<br />

am 17. August 2011 erteilt.<br />

Nebst dem kompletten Ersatz der bestehenden<br />

drei Rohrturbinen und dem Einbau<br />

einer vierten identischen Maschine wird<br />

auch ein neues Dotie<strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong> in der Aare<br />

erstellt, das die Restwa<strong>sse</strong><strong>ra</strong>bgaben von<br />

30 bis 40 m 3 /s saisonal angepasst turbiniert.<br />

Die Umwelt profitiert durch zwei neue<br />

Fischpä<strong>sse</strong> und einem Fischabstieg in der<br />

Aare. Weitere ökologische Aufwertungs-<br />

und Ausgleichmassnahmen sind vorgesehen,<br />

unter anderem ein neuer Teich für<br />

Kammmolche im unteren Teil der Zurlindeninsel.<br />

Die Bauphase wird durch eine<br />

be<strong>ra</strong>tende Begleitkommission und eine<br />

Ve<strong>rk</strong>ehrskommission unter der Führung<br />

des Kantons begleitet.<br />

Bild. Visualisierung neues KW Rüchlig (Quelle: Axpo)<br />

Nach der rund zweijährigen Planungs-<br />

und Bewilligungsphase steht nun die rund<br />

vierjährige Realisierungszeit bevor. Die<br />

Bewohner der Quartiere Telli und Scheibenschachen<br />

werden insbesondere vom<br />

neuen Hochwa<strong>sse</strong>rschutz profitieren. Dieser<br />

erlaubt neu eine Abflussmenge von bis<br />

zu 1700 m³/s, was gegenüber der heutigen<br />

Abflussmenge von 1180 m³/s eine wesentliche<br />

Verbe<strong>sse</strong>rung darstellt. Weiter wird<br />

sich auch die Grundwa<strong>sse</strong>rsituation mit<br />

dem neuen Betriebsregime verbe<strong>sse</strong>rn.<br />

Zudem wird sich das Erscheinungsbild<br />

des K<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>s zeitgemä<strong>sse</strong>r präsentieren.<br />

Insbesondere wird der Blick auf die<br />

Ju<strong>ra</strong>höhen von der Oberwa<strong>sse</strong>rseite her<br />

wieder freigeben, der heute durch das Maschinenhaus<br />

behindert wird.<br />

Alle Bau- und Lieferverträge für den Bau,<br />

Stahlwa<strong>sse</strong>rbau, Elektromechanik und<br />

Elektrotechnik sind inzwischen abgeschlo<strong>sse</strong>n.<br />

Die ersten Aktivitäten, insbesondere<br />

die Bauvorbereitungsarbeiten,<br />

werden in den nächsten Wochen beginnen.<br />

So gilt es die Baustromversorgung<br />

aufzubauen, bestehende Kabelanlagen<br />

umzulegen, die Installationsplätze für die<br />

Liefe<strong>ra</strong>nten vorzubereiten, und eine temporäre<br />

Dienstbrücke zu erstellen, um den<br />

Ve<strong>rk</strong>ehr be<strong>sse</strong>r führen zu können. Weiter<br />

werden die erforderlichen Rodungen, die<br />

sich vorwiegend im Bereiche des neuen<br />

Dotie<strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>s befinden, ausgeführt.<br />

Im Quartier Telli werden Brunnen erstellt,<br />

um das Grundwa<strong>sse</strong>r bei zu hohen Grundwa<strong>sse</strong>rständen<br />

abzusenken. Diese Arbeiten<br />

sind vor den Bauhauptarbeiten, die<br />

Anfang April 2012 beginnen, abzuschlie<strong>sse</strong>n.<br />

Die Realisierung inkl. Umgebungsarbeiten<br />

dür<strong>ft</strong>e ca. Mitte 2015 abgeschlo<strong>sse</strong>n<br />

sein.<br />

Weitere Auskün<strong>ft</strong>e:<br />

Axpo Holding AG, Corpo<strong>ra</strong>te Communications,<br />

Media Hotline 0800 44 11 00.<br />

Energiewir Energiewirtscha<strong>ft</strong> tscha<strong>ft</strong><br />

Höchstgelegene Windenergieanlage<br />

Europas am Gries im Wallis<br />

Im Beisein von Bundesrätin Doris Leuthard<br />

fand am Freitag, 30. September das Richtfest<br />

der höchsten Windenergieanlage Europas<br />

statt. Martin Senn, Gründer von<br />

SwissWinds, und sein Team stellte sich<br />

der technologisch höchst anspruchsvollen<br />

He<strong>ra</strong>usforderung während der Planungs-<br />

und Realisierungsphase. Die Windanlage<br />

auf rund 2500 m ü.M. gilt als einzigartig in<br />

Europa und ist ein unternehmerisches Pionierwe<strong>rk</strong>.<br />

Nach einer mehrmonatigen Test-<br />

und Einstellphase soll die Windenergieanlage,<br />

eine Enercon E-70, 3 GWh pro Jahr<br />

produzieren, was dem Verb<strong>ra</strong>uch von 650<br />

Haushalten entspricht.<br />

Bild. Die höchstgelegene Windenergie<br />

Europas steht am Gries im Wallis auf<br />

2465 m ü.M. Dieser Standort in der Nähe<br />

des gleichnamigen Staudammes wurde<br />

gewählt, um die Windturbine mit den<br />

vorhandenen elektrischen Leitung verbinden<br />

zu können (Quelle: SwissWinds AG).<br />

Dieses Pilotprojet wurde anlässlich<br />

des Richtfestes von Bundesrätin Doris<br />

Leuthard gewürdigt: «Der Kanton Wallis<br />

macht einen gro<strong>sse</strong>n Schritt in eine erneuerbare<br />

Zukun<strong>ft</strong>. Als High-Tech-Land<br />

können wir uns in einem Umfeld sehr gut<br />

positionieren, in dem natürliche Ressourcen<br />

und Energie zu knappen Konsumgütern<br />

werden. Wenn wir für die Zukun<strong>ft</strong> eine<br />

saubere, eine sichere, eine weitgehend<br />

schweizerische und wirtscha<strong>ft</strong>liche Strom-<br />

und Energieversorgung für die Menschen<br />

und für die Wirtscha<strong>ft</strong> in diesem Land wollen,<br />

dann mü<strong>sse</strong>n wir jetzt handeln. Der<br />

Bundes<strong>ra</strong>t hat bereits dargelegt, dass der<br />

Umbau technisch möglich ist, wenn wir<br />

ihn sorgfältig organisieren und wenn wir<br />

25 bis 30 Jahre Zeit haben. Berechnungen<br />

354 «Wa<strong>sse</strong>r Energie Lu<strong>ft</strong>» – 103. Jahrgang, 2011, He<strong>ft</strong> 4, CH-5401 Baden


der ETH haben es bestätigt.» Die höchstgelegene<br />

Windenergieanlage Europas ist<br />

in mehrerer Hinsicht eine technologische<br />

Spitzenleistung. Erstens hat Martin Senn<br />

ein Spezialgefährt mit dem Übernamen<br />

«Tausendfüssler» entwickeln la<strong>sse</strong>n. Dieser<br />

gegliederte Tieflader war notwendig,<br />

um die 35 m langen Rotorblätter auf den<br />

kurvigen Bergst<strong>ra</strong><strong>sse</strong>n zwischen Airolo im<br />

Tessin und dem Nufenenpass im Wallis<br />

zu t<strong>ra</strong>nsportieren. Ohne dieses innovative<br />

Gefährt hätte die Windenergieanlage<br />

niemals an diesem idealen Standort auf<br />

2465 m in der Nähe der Staumauer Gries<br />

errichtet werden können. Der gewählte Ort<br />

erlaubt die Nutzung der bestehenden elektrischen<br />

Leitungen. Zweitens haben zahlreiche<br />

Vorstudien gezeigt, dass mit einer<br />

solchen Installation der Eingriff in Fauna<br />

und Flo<strong>ra</strong> gering gehalten wird. Die Anlage<br />

integriert sich relativ gut in die Landscha<strong>ft</strong><br />

und respektiert die Umwelt, was den Planern<br />

sehr wichtig war. Schliesslich ist diese<br />

Windenergieanlage wegen der bisweilen<br />

extremen Wetterverhältni<strong>sse</strong>, die im<br />

Winter auf dieser Höhe vorherrschen, mit<br />

einem sparsamen Heizsystem ausgestattet,<br />

welches die Rotorblätter schnee- und<br />

eisfrei hält und vor Immobilität schützt.<br />

Die Bewohner des Goms und die kantonalen<br />

Behörden unterstützten diese technologische<br />

He<strong>ra</strong>usforderung mit Krä<strong>ft</strong>en.<br />

Die Umweltverbände wurden seit dem<br />

Planungsbeginn konsultiert. Die Gesamtkosten<br />

der höchstgelegenen Windenergieanlage<br />

Europas belaufen sich auf 5.5<br />

Millionen F<strong>ra</strong>nken. Der Höhenwindk<strong>ra</strong><strong>ft</strong>-<br />

Pionier Martin Senn hatte sich mit den Energieversorgern<br />

EnAlpin und Services Industriels<br />

de Genève zusammengetan, um<br />

dieses Pilotprojekt mitzufinanzieren. Die<br />

Gemeinde Obergoms, welche ebenfalls<br />

an diesem innovativen Projekt beteiligt ist,<br />

wird von den wirtscha<strong>ft</strong>lichen Gewinnen<br />

der Windenergieanlage Gries profitieren.<br />

Insgesamt haben sich die Partner in der<br />

Firma GriesWind AG zusammengetan, um<br />

diese Inf<strong>ra</strong>struktur im Oberwallis zu entwickeln.<br />

Sie wird Anfang 2012 definitiv ans<br />

Netz gehen.<br />

Kontakt: SIG: Isabelle Dupont-Zamperini<br />

K<strong>lima</strong><br />

Szenarien zur K<strong>lima</strong>änderung in der<br />

Schweiz CH2011<br />

In der Schweiz wird es wärmer und im<br />

Sommer trockener werden. Von diesen<br />

Veränderungen sind auch Extremereigni<strong>sse</strong><br />

betroffen, so sind zum Beispiel<br />

häufigere und längere Hitzewellen und<br />

längere sommerliche Trockenperioden<br />

zu erwarten. Dies bestätigen die neusten<br />

wi<strong>sse</strong>nscha<strong>ft</strong>lichen E<strong>rk</strong>enntni<strong>sse</strong> Schweizer<br />

K<strong>lima</strong>forscher unter der Leitung von<br />

ETH Zürich und MeteoSchweiz, die an<br />

einer Grossve<strong>ra</strong>nstaltung im Auditorium<br />

Maximum der ETH Zürich neue K<strong>lima</strong>szenarien<br />

für die Schweiz vorstellen. Die<br />

Szenarien stützen sich auf verfeinerte<br />

K<strong>lima</strong>simulationen und neue statistische<br />

Verfahren. Erstmals stehen auch detaillierte<br />

Szenariodaten in digitaler Form zur<br />

Verfügung. Diese sollen die Erforschung<br />

von Folgen des K<strong>lima</strong>wandels vo<strong>ra</strong>ntreiben,<br />

und ermöglichen Entscheidungsträgern<br />

in Politik und Wirtscha<strong>ft</strong> Zugriff<br />

auf umfa<strong>sse</strong>nde Informationen über die<br />

K<strong>lima</strong>entwicklung im 21. Jahrhundert in<br />

der Schweiz.<br />

Wie wird sich das K<strong>lima</strong> in der Schweiz in<br />

den nächsten 100 Jahren entwickeln? Eine<br />

F<strong>ra</strong>ge, die viele Schweizer und Schweizerinnen<br />

beschä<strong>ft</strong>igt. Das Center for C<strong>lima</strong>te<br />

Systems Modeling (C2SM), MeteoSchweiz,<br />

die ETH Zürich, der Nationale Forschungsschwerpunkt<br />

K<strong>lima</strong> (NFS K<strong>lima</strong>) und das<br />

OcCC (Be<strong>ra</strong>tendes Organ für F<strong>ra</strong>gen zur<br />

K<strong>lima</strong>änderung) haben in einem mehrjährigen<br />

Projekt intensiv zusammengearbeitet<br />

und Szenarien für die zukün<strong>ft</strong>ige Entwicklung<br />

von Tempe<strong>ra</strong>tur und Niederschlag in<br />

der Schweiz e<strong>ra</strong>rbeitet.<br />

Das Ergebnis: Die mittleren Tempe<strong>ra</strong>turen<br />

werden sehr wahrscheinlich in allen Regionen<br />

der Schweiz und während allen Jahreszeiten<br />

ansteigen. Sogar wenn der globale<br />

Treibhausgas-Ausstoss bis 2050 gegenüber<br />

2000 halbiert werden könnte, wird<br />

sich das Schweizer K<strong>lima</strong> vo<strong>ra</strong>ussichtlich<br />

bis Ende des Jahrhunderts gegenüber<br />

der Periode zwischen 1980 und 2009 um<br />

1.2–1.8 ° C erwärmen. Spätestens ab Mitte<br />

des 21. Jahrhunderts ist im Sommer in der<br />

gesamten Schweiz mit einem Rückgang<br />

der Niederschläge zu rechnen. In der Südschweiz<br />

werden die Winterniederschläge<br />

vo<strong>ra</strong>ussichtlich zunehmen. Durch die Abnahme<br />

der Sommerniederschläge nimmt<br />

auch das Risiko längerer Trockenperioden<br />

zu. Wärmeperioden und Hitzewellen werden<br />

häufiger und intensiver au<strong>ft</strong>reten und<br />

zudem länger anhalten. Gleichzeitig wird<br />

der Winterniederschlag aufgrund der steigenden<br />

Tempe<strong>ra</strong>turen vermehrt als Regen<br />

fallen, wodurch sich das Überschwemmungsrisiko<br />

vor allem in niedrigen Lagen<br />

vergrö<strong>sse</strong>rn wird. Die neuen Szenarien<br />

sind konsistent mit der K<strong>lima</strong>entwicklung<br />

der letzten Jahrzehnte.<br />

K<strong>lima</strong>szenarien liefern einheitliche Planungsgrundlagen<br />

für Wi<strong>sse</strong>nscha<strong>ft</strong>, Politik<br />

und Wirtscha<strong>ft</strong><br />

Die ausführlichen Ergebni<strong>sse</strong> sind im Bericht<br />

«Swiss C<strong>lima</strong>te Change Scenarios<br />

CH2011» (deutsch: Szenarien zur K<strong>lima</strong>änderung<br />

in der Schweiz CH2011) nachzulesen.<br />

Eine englische, deutsche, f<strong>ra</strong>nzösische<br />

und italienische Zusammenfassung<br />

des Berichts steht auf der Website www.<br />

ch2011.ch zur Verfügung. Dort können<br />

auch K<strong>lima</strong>szenarien in digitaler Form bezogen<br />

werden. Es stehen zum Beispiel die<br />

Szenario-Daten für Tempe<strong>ra</strong>tur und Niederschlag<br />

der kommenden Jahrzehnte in<br />

täglicher Auflösung an Messstandorten<br />

von MeteoSchweiz zur Verfügung. Die<br />

neuen Daten sollen in zahlreichen Folgestudien<br />

benutzt werden, um die Folgen des<br />

K<strong>lima</strong>wandels auf die Wirtscha<strong>ft</strong> und Umwelt<br />

der Schweiz be<strong>sse</strong>r abzuschätzen.<br />

Für den Bund, der aktuell eine St<strong>ra</strong>tegie zur<br />

Bild. Entwicklung Tempe<strong>ra</strong>tur und Niederschlagsänderung zwischen 1875 und 2100;<br />

Prognose gemäss dem neuen K<strong>lima</strong>szenarien CH2011 [Quelle: MeteoSchweiz/ETHZ,<br />

2011].<br />

«Wa<strong>sse</strong>r Energie Lu<strong>ft</strong>» – 103. Jahrgang, 2011, He<strong>ft</strong> 4, CH-5401 Baden 355<br />

Nachrichten


Nachrichten<br />

Anpassung an die K<strong>lima</strong>änderung erstellt,<br />

bilden diese K<strong>lima</strong>szenarien eine wichtige<br />

Entscheidungsgrundlage. Zudem können<br />

Entscheidungsträger aus Politik und Wirtscha<strong>ft</strong><strong>sse</strong>ktoren<br />

wie Land-, Bau-, Energie-<br />

und Wa<strong>sse</strong>rwirtscha<strong>ft</strong>, Gesundheit,<br />

Tourismus, Raumplanung, Versicherung<br />

usw. einfach und kostenlos auf die für<br />

sie relevanten Daten zugreifen. Die K<strong>lima</strong>szenarien<br />

CH2011 ermöglichen damit<br />

schweizweit eine einheitliche Planung der<br />

verschiedenen Wirtscha<strong>ft</strong><strong>sse</strong>ktoren.<br />

Das Know-how hinter den K<strong>lima</strong>szenarien<br />

Die CH2011-K<strong>lima</strong>szenarien gründen auf<br />

einer neuen Gene<strong>ra</strong>tion von globalen und<br />

regionalen K<strong>lima</strong>modellen. Zudem verwendeten<br />

die Forschungspartner neue<br />

statistische Methoden, um die Entwicklung<br />

von Tempe<strong>ra</strong>tur und Niederschlag<br />

in den drei Schweizer Regionen Nordostschweiz,<br />

Westschweiz und Südschweiz<br />

abzuschätzen und die Unsicherheit der<br />

K<strong>lima</strong>projektionen zu quantifizieren. Verschiedene<br />

Emissionsszenarien, welche<br />

den kün<strong>ft</strong>igen Ausstoss von Treibhausgasen<br />

prognostizieren, sind die Basis für die<br />

K<strong>lima</strong>modelle. Für die vorliegenden K<strong>lima</strong>szenarien<br />

wurden erstmals drei unterschiedliche<br />

Emissionsszenarien gewählt,<br />

die ein breites Spektrum an möglichen<br />

Wirtscha<strong>ft</strong>sentwicklungen abdecken, darunter<br />

auch ein sogenanntes Mitigations-<br />

Szenario welches umfangreiche Massnahmen<br />

gegen den K<strong>lima</strong>wandel berücksichtigt.<br />

Kontakt:<br />

ETH Zürich<br />

Claudia Naegeli, Medienbeau<strong>ft</strong><strong>ra</strong>gte, claudia.naegeli@hk.ethz.ch,<br />

+41 44 632 89 61<br />

Bundesamt für Meteorologie und K<strong>lima</strong>tologie<br />

MeteoSchweiz, Bärbel Zierl, Kommunikation,<br />

media@meteoschweiz.ch<br />

+41 44 256 93 51<br />

Methan in Seen und Feuchtgebieten<br />

– wie wichtig ist Methan aus Seen für<br />

den K<strong>lima</strong>wandel?<br />

Von Oliver Heiri, Oeschger Zentrum für K<strong>lima</strong>forschung,<br />

Universität Bern<br />

An einem Symposium von Mitte September<br />

2011 in Bern über Methan in Seen und<br />

anderen Feuchtgebieten diskutierten<br />

Wi<strong>sse</strong>nscha<strong>ft</strong>er und P<strong>ra</strong>ktiker den Stellenwert<br />

des Treibhausgases Methan.<br />

Wie sich zeigte, ist die Datenlage für Regionen<br />

wie die Schweiz sehr wahrscheinlich<br />

noch zu dünn, um abschlie<strong>sse</strong>nd zu<br />

beurteilen, welche Rolle das Methan aus<br />

Seen für die K<strong>lima</strong>bilanz spielt. Allerdings<br />

weisen die verfügbaren Resultate da<strong>ra</strong>uf<br />

hin, dass Seen als mögliche Methanquellen<br />

in die K<strong>lima</strong>diskussion miteinbezogen<br />

werden sollten.<br />

Sind Seen K<strong>lima</strong>sünder? Ein Blick in die<br />

Pre<strong>sse</strong> könnte diese Vermutung nahe<br />

legen. In den vergangenen Monaten gingen<br />

nämlich verschiedene Zeitungsartikel<br />

der F<strong>ra</strong>ge nach, ob für die Beurteilung des<br />

Einflu<strong>sse</strong>s von Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>en aufs<br />

K<strong>lima</strong> nicht auch der Methanausstoss von<br />

Stauseen berücksichtigt werden müsste.<br />

Hintergrund dieser Diskussionen waren<br />

neu veröffentlichte Einzelstudien, die aufzeigten,<br />

dass der Methanausstoss von<br />

Seen bedeutend höher sein kann als bisher<br />

angenommen. In der Öffentlichkeit ist Methan<br />

im Gegensatz zu Kohlendioxid kaum<br />

als Treibhausgas bekannt, obwohl Methan<br />

das bedeutend stä<strong>rk</strong>ere Treibhausgas ist.<br />

Allerdings ist die Konzent<strong>ra</strong>tion von Methan<br />

in der Atmosphäre ein vielfaches kleiner<br />

als diejenige von CO 2. So kommt es<br />

nicht von ungefähr, dass in Studien über<br />

Feuchtgebiete die Bedeutung von Methan<br />

weniger eingehend untersucht wurde als<br />

jene von CO 2. Besonders über die Methanproduktion<br />

von Seen ist noch relativ wenig<br />

bekannt, dies obwohl ihr Methanausstoss<br />

fürs K<strong>lima</strong> relevant ist. So wurde zum Beispiel<br />

geschätzt dass bis zu 16% der natürlichen<br />

Methanemissionen von Seen<br />

stammen, obwohl sie nach verfügbaren<br />

Hochrechnungen wohl weniger als 1% der<br />

Erdoberfläche einnehmen.<br />

Austausch zum Stand der Forschung<br />

Um diese Forschungslücke zu schlie<strong>sse</strong>n,<br />

t<strong>ra</strong>fen sich am 12. September 2011 Vertreter<br />

aus Wi<strong>sse</strong>nscha<strong>ft</strong>, der Verwaltung<br />

und Wirtscha<strong>ft</strong> in Bern zu einem Symposium<br />

unter dem Titel «Methan in Seen<br />

und Feuchtgebieten». Ziel der durch das<br />

Oeschger Zentrum für K<strong>lima</strong>forschung der<br />

Universität Bern unterstützten Ve<strong>ra</strong>nstaltung<br />

war es, den 45 Teilnehmenden aus<br />

dem In- und Ausland einen Einblick in den<br />

aktuellen Stand der Forschung zu ermöglichen<br />

und die unterschiedlichen Facetten<br />

der Methanproduktion und -aufnahme<br />

sowie der Methanemission von Seen und<br />

anderen Feuchtgebieten zu diskutieren.<br />

In Seen entsteht Methan in den tiefen, sauerstofflosen<br />

Wa<strong>sse</strong>rschichten oder im Sediment<br />

durch den mikrobiellen Abbau von<br />

organischem Material. Ein Teil des Methans<br />

diffundiert im Sediment und in der Wa<strong>sse</strong>rsäule<br />

in Richtung Wa<strong>sse</strong>r oberfläche.<br />

In Kontakt mit Sauerstoff kann ein gro<strong>sse</strong>r<br />

Teil dieses Methans durch sogenannte<br />

methanoxidierende Bakterien in CO 2 umgewandelt<br />

werden. Ein weitaus bedeutenderer<br />

Teil des Methanaussto<strong>sse</strong>s von<br />

Seen findet jedoch über Gasblasenbildung<br />

statt. Gasblasen können Methan, das sich<br />

in den Tiefen von Seen bildet, sehr schnell<br />

und mit nur sehr geringem Verlust an die<br />

Gewä<strong>sse</strong>roberfläche t<strong>ra</strong>nsportieren. Je<br />

seichter das Gewä<strong>sse</strong>r, um so effizienter<br />

funktioniert normalerweise dieser Gast<strong>ra</strong>nsport<br />

in Form von Blasen. Deshalb sind<br />

seichte Gewä<strong>sse</strong>r für den Methanausstoss<br />

besonders bedeutend. Der Diffusionsgetriebene<br />

Gast<strong>ra</strong>nsport hingegen scheint<br />

vor allem saisonal, während der Umwälzung<br />

geschichteter Seen im Herbst und<br />

Frühjahr einen bedeutenden Beit<strong>ra</strong>g zur<br />

Methanemmission zu leisten.<br />

Komplexe Messung und Bilanzierung der<br />

Methanemissionen<br />

Am Berner Symposium wurde das Thema<br />

«Methan in Seen und Feuchtgebieten» aus<br />

unterschiedlichen Perspektiven bet<strong>ra</strong>chtet.<br />

Dabei zeigte sich, dass Methan aus<br />

Feuchtgebieten eine bedeutende Rolle im<br />

globalen Methanhaushalt spielt und dass<br />

Veränderungen in der Methanproduktion<br />

dieser Gebiete in der Vergangenheit das<br />

K<strong>lima</strong>system wohl deutlich beeinflusst<br />

haben. Allerdings ist viel weniger darüber<br />

bekannt wo genau in bestimmten Landscha<strong>ft</strong>stypen<br />

die höchsten Methanausstoss<strong>ra</strong>ten<br />

zu erwarten sind und welche<br />

Rolle in diesem Kontext Gewä<strong>sse</strong>r spielen.<br />

Dies führt zum Beispiel dazu, dass die Au<strong>ft</strong>rennung<br />

von Überflutungsgebieten und<br />

ganzjährigen Gewä<strong>sse</strong>r bezüglich ihrer<br />

Methanemissionen auf dem regionalen und<br />

globalen Massstab (zum Beispiel in K<strong>lima</strong>modellen)<br />

sehr schwierig ist. Die Messung<br />

der Methanemission von einzelnen Gewä<strong>sse</strong>rn<br />

ist sehr komplex weil diese normalerweise<br />

durch gro<strong>sse</strong> jahreszeitliche und<br />

räumliche Variabilität gekennzeichnet ist.<br />

Bild 1. Sedimentkern für die Bestimmung<br />

des Methangehaltes bei Lej Nair vor dem<br />

Cambrenagletscher am Bernina-Pass,<br />

G<strong>ra</strong>ubünden. (Foto: Ch. Bigler)<br />

356 «Wa<strong>sse</strong>r Energie Lu<strong>ft</strong>» – 103. Jahrgang, 2011, He<strong>ft</strong> 4, CH-5401 Baden


Bild 2. Messung der Methanfreisetzung aus einem Sumpfgebiet im Obe<strong>ra</strong>ar (Bild: J.<br />

Zeyer).<br />

Vor allem das Ausperlen und Aufsteigen<br />

des Methans in Form von Gasblasen kann<br />

räumlich sehr heterogen sein und sich auf<br />

kurze Zeitintervalle beschränken.<br />

Verschiedene Beiträge am Symposium<br />

befassten sich denn auch damit, wie sich<br />

der Methanausstoss von Seen am effizientesten<br />

und genausten me<strong>sse</strong>n lässt. Die<br />

diskutierten Ansätze reichten von Messungen<br />

des Gasaussto<strong>sse</strong>s direkt an der<br />

Wa<strong>sse</strong>roberfläche bis zu Zählungen der<br />

aufsteigenden Methanblasen mithilfe hydroakustischer<br />

Methoden. Deutlich wurde<br />

in diesen Diskussionen, dass Einzelmessungen<br />

nur in seltenen Fällen verlässliche<br />

Schätzungen liefern und längere Messreihen<br />

und mehrere Messkampagnen pro<br />

Jahr nötig sind, um den Methanhaushalt<br />

von Seen verlässlich zu quantifizieren.<br />

Ein Teil der Beiträge beschä<strong>ft</strong>igte sich mit<br />

der F<strong>ra</strong>ge, wie man Messdaten zu Schätzungen<br />

des Methanaussto<strong>sse</strong>s auf Landscha<strong>ft</strong>sebene<br />

oder zu globalen Emmissionswerten<br />

für Seen hochrechnen kann.<br />

Hier wurde ersichtlich, dass die heutige<br />

Datenlage für viele Regionen und Seetypen<br />

noch unbefriedigend ist.<br />

Methan als Teil der aquatischen Nahrungskette<br />

Ein weiterer Teil des Symposiums beschä<strong>ft</strong>igte<br />

sich mit der F<strong>ra</strong>ge, welche Faktoren<br />

den Methanhaushalt von Seen und<br />

anderen Feuchtgebieten beeinflu<strong>sse</strong>n und<br />

welche Rolle Methan für aquatische Ökosysteme<br />

spielt. Verschiedene Vorträge<br />

widmeten sich der mikrobiologischen Produktion<br />

von Methan sowie der Oxidation<br />

des Gases durch Bakterien. Ferner wur-<br />

den neuere Resultate gezeigt, die dokumentieren,<br />

dass Methan eine bedeutende<br />

Kohlenstoffquelle für aquatische Nahrungsketten<br />

in Seen und Fliessgewä<strong>sse</strong>rn<br />

darstellen kann. Verschiedene Tiergruppen,<br />

vor allem Wirbellose wie beispielsweise<br />

Insektenlarven und Wa<strong>sse</strong>rflöhe,<br />

können einen bedeutenden Teil ihrer Nahrung<br />

aus Mikroorganismen beziehen, die<br />

ihren Kohlenstoffbedarf mit Methan decken.<br />

Methanogener Kohlenstoff wurde<br />

auch in höheren Gliedern der Nahrungskette<br />

festgestellt. So wurde zum Beispiel in<br />

einem eingehend untersuchten finnischen<br />

See geschätzt, dass bis zu 17% des Kohlenstoffes<br />

im Körper bestimmter Fischsorten<br />

ursprünglich von Methan stammt.<br />

Der abschlie<strong>sse</strong>nde Teil des Symposiums<br />

konzentrierte sich auf die F<strong>ra</strong>ge, wie<br />

sich Veränderungen im Methanhaushalt<br />

von Seen anhand von Seesedimenten<br />

rekonstruieren la<strong>sse</strong>n. Rekonstruktionen<br />

würden es erlauben, anhand der Reaktion<br />

von Seen auf vergangene Umweltveränderungen<br />

abzuschätzen, wie sich der<br />

Methanausstoss in Gewä<strong>sse</strong>rn als Folge<br />

des K<strong>lima</strong>wandels verändert. So könnten<br />

möglicherweise Kohlenstoffisotope in organischen<br />

Sedimentbestandteilen Informationen<br />

über den Methanhaushalt von<br />

Seen in der Vergangenheit liefern.<br />

Fazit<br />

Vorträge und Diskussionen am Berner<br />

Symposium machten klar, dass sich die<br />

Erforschung der Rolle von Methan in Seen,<br />

Flü<strong>sse</strong>n und Feuchtgebieten in einer sehr<br />

dynamischen Phase befindet. Verfügbare<br />

Resultate zeigen allerdings deutlich,<br />

dass Seen und Feuchtgebieten eine bedeutende<br />

Methanquelle sind und dass sie<br />

vermehrt in Studien über den Treibhausgasausstoss<br />

von Landscha<strong>ft</strong>en integriert<br />

werden sollten.<br />

Sind Seen, wie eingangs gef<strong>ra</strong>gt, tatsächlich<br />

K<strong>lima</strong>sünder? Fest steht, dass gewi<strong>sse</strong><br />

Seen eine bedeutende Menge Methan<br />

aussto<strong>sse</strong>n. Doch dies gilt nicht für<br />

alle Seen. Eine wichtige Aufgabe der Forschung<br />

wird es deshalb in den nächsten<br />

Jahren sein, die Faktoren, die zu einem<br />

hohen Methanausstoss führen be<strong>sse</strong>r zu<br />

verstehen. Erst dann la<strong>sse</strong>n sich heute<br />

noch kontrovers diskutierte F<strong>ra</strong>gen abschlie<strong>sse</strong>nd<br />

beantworten wie zum Beispiel<br />

welche Rolle Methan bei der Beurteilung<br />

der K<strong>lima</strong>bilanz von Strom spielt, der mit<br />

Hilfe von Speicherseen produziert wird.<br />

Der Austausch zwischen Wi<strong>sse</strong>nscha<strong>ft</strong><br />

und P<strong>ra</strong>xis wie am Methan-Symposium<br />

hil<strong>ft</strong> mit, die Wi<strong>sse</strong>nsbasis zu erweitern und<br />

das gesicherte Wi<strong>sse</strong>n weiterzuverbreitern.<br />

Zum einen vereinfachen solche themenbezogenen<br />

Ve<strong>ra</strong>nstaltungen die Kommunikation<br />

zwischen Wi<strong>sse</strong>nscha<strong>ft</strong>ern aus<br />

unterschiedlichen Fachbereichen. So t<strong>ra</strong>fen<br />

sich in Bern Vertreter aus der K<strong>lima</strong>tologie,<br />

Limnologie, Ökologie und Mikrobiologie.<br />

Andererseits sind auf ein aktuelles<br />

und relevantes Einzelthema fokussierte<br />

Treffen auch für Vertreter aus Verwaltung<br />

und Wirtscha<strong>ft</strong> ergiebiger als thematisch<br />

o<strong>ft</strong> sehr breit gefächerte wi<strong>sse</strong>nscha<strong>ft</strong>liche<br />

Fachkongre<strong>sse</strong>. In Bern jedenfalls zeigte<br />

sich das Publikum aus unterschiedlichsten<br />

Fachgebieten äu<strong>sse</strong>rst diskussionsfreudig<br />

und am Austausch interessiert.<br />

Das Symposiumprog<strong>ra</strong>mm und einige der<br />

Präsentationen sind unter http://www.<br />

oeschger.unibe.ch/events/conferences/<br />

methane/ zu finden.<br />

Kontakt: Oliver Heiri, Institut für Pflanzenwi<strong>sse</strong>nscha<strong>ft</strong>en<br />

und Oeschger-Zentrum für<br />

K<strong>lima</strong>forschung, Universität Bern, Zähringerst<strong>ra</strong><strong>sse</strong><br />

25, CH-3012 Bern<br />

oliver.heiri@ips.unibe.ch<br />

Beit<strong>ra</strong>g der Stauseen an den Ausstoss<br />

von K<strong>lima</strong>gasen? Resultate einer internationalen<br />

Forschungsarbeit<br />

Pfa. Das bisher umfa<strong>sse</strong>ndste internationale<br />

Forschungsprojekt bringt die notwendigen<br />

Einordnungen zur Relevanz<br />

der K<strong>lima</strong>gase aus Stauseen. Mit nur<br />

rund 4% der Emissionen aller Binnengewä<strong>sse</strong>r<br />

und gar nur 0.5% des gesamten<br />

globalen Aussto<strong>sse</strong>s sind die Emissionen<br />

von absolut untergeordneter Bedeutung.<br />

Aufgrund der Zusammenhänge mit der<br />

geog<strong>ra</strong>phischen Breite und der Verfüg-<br />

«Wa<strong>sse</strong>r Energie Lu<strong>ft</strong>» – 103. Jahrgang, 2011, He<strong>ft</strong> 4, CH-5401 Baden 357<br />

Nachrichten


Nachrichten<br />

Bild: Keine relevanten Methangasemissionen aus hoch gelegenen Speicherseen im<br />

Schweizerischen Alpen<strong>ra</strong>um (Foto: zvg).<br />

ba<strong>rk</strong>eit von organischem Material ist das<br />

Thema zudem vor allem in den tropischen<br />

Gebieten relevant.<br />

Methangas aus natürlichen und künstlichen<br />

Seen ist immer wieder ein Thema in<br />

den Medien. Dabei wird gerne und meist<br />

falsch auch der Zusammenhang mit der<br />

Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>produktion in der Schweiz thematisiert.<br />

Ursache und Relevanz<br />

Zum einen ist festzuhalten, dass Methangasemissionen<br />

in natürlichen und künstlichen<br />

Seen primär auf das Angebot natürlicher<br />

oder anthropogener organischer<br />

Substanz zurückzuführen sind und Beiträge<br />

aus Stauseen damit nicht ohne Weiteres<br />

einfach der Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong> zugeordnet<br />

werden können (vgl. Beit<strong>ra</strong>g im Nachrichtenteil<br />

WEL 4/2010, Seite 352–353 sowie<br />

Argumentarium des <strong>SWV</strong> zur Methanproduktion<br />

auf www.swv.ch/Downloads). Zum<br />

anderen stellt sich die F<strong>ra</strong>ge, wie gross die<br />

Emissionen aus hydroelektrischen Stauanlagen<br />

im Vergleich zu anderen Quellen<br />

sind und ob diese als relevant eingestu<strong>ft</strong><br />

werden mü<strong>sse</strong>n.<br />

Weltweite Analyse von 85 hydroelektrischen<br />

Anlagen<br />

Zur F<strong>ra</strong>ge der Relevanz bringt nun ein im<br />

Journal Nature Geoscience publizierter<br />

Artikel über Untersuchungen zu K<strong>lima</strong>gas-<br />

Emissionen aus Stauseen (vgl. Barros N. et<br />

al. Nature Geosci. 4, 593–596 [2011]) die<br />

notwendigen Einordnungen. Die Analyse<br />

des internationalen Forscherteams stützt<br />

sich auf weltweit verteilte 85 hydroelektrische<br />

Stauanlagen, die insgesamt rund<br />

20% der Gesamtfläche dieser Systeme<br />

ausmachen – zwar ist die Datenlage damit<br />

weiterhin eher knapp, aber es handelt<br />

sich trotzdem um eine der bisher umfa<strong>sse</strong>ndsten<br />

Untersuchungen.<br />

Weniger als 0.5% der globalen anthropogenen<br />

K<strong>lima</strong>gas-Emissionen<br />

Gemäss den neuen Schätzungen bet<strong>ra</strong>gen<br />

die durch organischen Abbau in hydroelektrischen<br />

Stauanlagen verursachten<br />

Emissionen von Kohlendioxid und Methan<br />

weltweit nur ge<strong>ra</strong>de 4% der Emissionen<br />

aus allen Binnengewä<strong>sse</strong>rn der Welt (natürliche<br />

und künstliche Gewä<strong>sse</strong>r). Der<br />

Anteil an den gesamten anthropogenen<br />

Emissionen beträgt sogar weniger als<br />

0.5% und ist damit weltweit von absolut<br />

untergeordneter Bedeutung. Die grössten<br />

globalen Beiträge sind bei den Kohlendioxid-Emissionen:<br />

die Verbrennung fossiler<br />

Energieträger (rund 80%) sowie die<br />

Landwirtscha<strong>ft</strong> und Abholzung (Rest); und<br />

beim k<strong>lima</strong>schädlicheren Methangas: die<br />

Abwä<strong>sse</strong>r, Gülle/Mist und die Landwirtscha<strong>ft</strong><br />

(v.a. Reisanbau).<br />

Vor allem in den Tropen ein Thema<br />

Die Untersuchungen des internationalen<br />

Forscherteams bestätigen zudem, dass<br />

das Thema vor allem in den tropischen<br />

Gebieten relevant ist. Die Emissionen<br />

aus Seen hängen nämlich primär von folgenden<br />

Faktoren ab:<br />

Verfügba<strong>rk</strong>eit von organischem Material<br />

(je weniger desto geringer)<br />

Geog<strong>ra</strong>phische Breite (je weiter weg<br />

vom Äquator, desto geringer)<br />

Alter der Stauanlage (je älter desto geringer,<br />

<strong>ra</strong>scher Abbau in den ersten 15<br />

Jahren seit dem Bau).<br />

und – nicht beschrieben aber aufgrund<br />

der Abhängigkeit von Tempe<strong>ra</strong>tur und<br />

organischem Material klar – Höhenlage<br />

(je höher/kälter, desto geringer).<br />

Die grössten Emissionen sind aufgrund<br />

dieser Zusammenhänge in den Tropen<br />

und vor allem im Amazonasgebiet zu erwarten.<br />

Bei neuen Vorhaben in tropischen<br />

Gebieten sollte bei der Planung und Projektierung<br />

den Emissionen die notwendige<br />

Beachtung geschenkt werden (möglichst<br />

geringer Eint<strong>ra</strong>g organischer Substanz,<br />

Design von Einlauf und Turbinen).<br />

Keine Relevanz für Schweizer Stauanlagen<br />

Für die meist sehr hoch gelegenen hydroelektrischen<br />

Stauanlagen der Schweiz gilt<br />

aufgrund der k<strong>lima</strong>tischen Verhältni<strong>sse</strong><br />

und der Verfügba<strong>rk</strong>eit von organischem<br />

Material: die Emissionen von Treibhausgasen<br />

sind vernachlässigbar. Die Nutzung<br />

der Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong>rä<strong>ft</strong>e weist den geringsten<br />

Ausstoss an Treibhausgasen aller Stromproduktionstechnologien<br />

auf und bleibt<br />

damit die mit Abstand k<strong>lima</strong>schonendste<br />

Energiequelle.<br />

Quelle:<br />

Nathan Barros et al., Carbon emission from<br />

hydroelectric reservoirs linked to reservoir<br />

age and latitude, Nature Geoscience, published<br />

online 31 July 2011.<br />

Rückblick<br />

Ve<strong>ra</strong>nstaltungen<br />

Exkursion ATEA 2011: Besuch der Baustelle<br />

für ein neues Kleinwa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong><br />

bei Ossasco im Valle Bedretto<br />

Pfa. Die t<strong>ra</strong>ditionelle Exkursion des Tessiner<br />

Wa<strong>sse</strong>rwirtscha<strong>ft</strong>sverbandes ATEA<br />

führte Ende Oktober 2011 ins Valle Bedretto<br />

zwischen Airolo und Nufenenpass.<br />

Rund 30 interessierte Teilnehmer<br />

besuchten die aktuelle Baustelle für ein<br />

Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong> bei Ossasco, das in Zukun<strong>ft</strong><br />

rund 4.7 GWh erneuerbaren Strom<br />

liefern wird.<br />

Die diesjährige Exkursion des Tessiner<br />

Wa<strong>sse</strong>rwirtscha<strong>ft</strong>sverbandes ATEA führte<br />

ins Valle Bedretto, wo zur Zeit am Bach<br />

Cristallina bei Ossasco ein neues Kleinwa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong><br />

entsteht. Die rund 30<br />

Teilnehmer wurden im Gemeindehaus von<br />

Villa Bedretto vom Bürgermeister mit einer<br />

launigen Ansp<strong>ra</strong>che über die Rechte am<br />

Wa<strong>sse</strong>r willkommen gehei<strong>sse</strong>n. Anschlie<strong>sse</strong>nd<br />

erläuterten Vertreter der IM Ingenieria<br />

Maggia SA das Projekt, das nach einigen<br />

Anlaufschwierigkeiten nun doch zur Realisierung<br />

gelangt.<br />

Das Projekt sieht die Fassung des Cri-<br />

358 «Wa<strong>sse</strong>r Energie Lu<strong>ft</strong>» – 103. Jahrgang, 2011, He<strong>ft</strong> 4, CH-5401 Baden


stallinabaches auf 1544 m ü.M. und die<br />

anschlie<strong>sse</strong>nde Turbinierung im Dorf Ossasco<br />

auf 1311 m ü.M. vor. Damit wird in<br />

Zukun<strong>ft</strong> das Wa<strong>sse</strong>r aus einem Einzusgebiet<br />

von rund 7 km 2 für die Produktion von<br />

dringend benötigten 4.7 Gigawattstunden<br />

(entsprechend dem Jahresverb<strong>ra</strong>uch<br />

von rund 1000 Haushalten) erneuerbarem<br />

Strom genutzt.<br />

Kennzahlen des Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>es:<br />

Einzugsgebiet: 7 km 2<br />

Ausbauwa<strong>sse</strong>rmenge: 700 l/s<br />

Restwa<strong>sse</strong>rmenge: 116 l/s<br />

Installierte Leistung: 1270 kW<br />

Energieproduktion: 4.7 GWh/Jahr<br />

Die interessierten Teilnehmer konnten<br />

nach der Einführung unter kundiger Führung<br />

der Bauleitung die Bergbaustelle<br />

besichtigen. Die Tour von der bereits im<br />

Rohbau stehenden Wa<strong>sse</strong>rfassung mit<br />

Entsander über die abenteuerliche Verlegung<br />

der Druckleitung bis zum Bau der<br />

Zent<strong>ra</strong>le in Ossasco ermöglichte einen<br />

guten Eindruck der Bauarbeiten in schwierigem<br />

Gelände.<br />

Bild1 . Die interessierten Teilnehmer der<br />

ATEA beim Besuch der Fassung (Fotos:<br />

Pfa).<br />

Bild 2. Rohbau von Fassung und Entsander<br />

mit temporärer Bachumleitung.<br />

Bild 3. Arbeiten zur Befestigung der<br />

Druck leitung in schwierigem Gelände.<br />

Die Exkursion fand ihren angenehmen<br />

Schlusspunkt bei einem Apéro in der<br />

Schaukäserei Caseifico del Gottardo in<br />

Airolo.<br />

Ve<strong>ra</strong>nstaltungen<br />

KOHS-Tagung 2012/Symposium CIPC<br />

2012<br />

Regulierung Gewä<strong>sse</strong>rsysteme – von<br />

der Vorhersage zum Entscheid<br />

Freitag, 20. Januar 2012, Olten<br />

Vendredi, 20 janvier 2012, Olten<br />

Die jährlich von der Kommission Hochwa<strong>sse</strong>rschutz<br />

(KOHS) des <strong>SWV</strong> organisierte<br />

Fachtagung ist diesmal dem Thema<br />

«Regulierung Gewä<strong>sse</strong>rsysteme – von der<br />

Vorhersage zum Entscheid» gewidmet. Vorhersagen<br />

sind eine wichtige Vo<strong>ra</strong>u<strong>sse</strong>tzung,<br />

um frühzeitig auf kritische Hochwa<strong>sse</strong>r- und<br />

auch Niederwa<strong>sse</strong>rsituationen reagieren zu<br />

können. Neben wi<strong>sse</strong>nscha<strong>ft</strong>lichen Grundlagen<br />

interessieren dabei auch die Randbedingungen<br />

aus Sicht der Entscheidungsfindung<br />

und der Politik. Diese Aspekte werden<br />

an der KOHS-Tagung von ausgewiesenen<br />

Fachleuten ausgeleuchtet und diskutiert.<br />

Tagungssp<strong>ra</strong>chen/Langues<br />

Die Vorträge werden in Deutsch oder F<strong>ra</strong>nzösisch<br />

gehalten. Es ist keine Simultanübersetzung<br />

vorgesehen.<br />

Les conférences seront présentées en allemand<br />

ou f<strong>ra</strong>nçais. La t<strong>ra</strong>duction simultanée<br />

n’est pas prévue.<br />

Tagungskosten/F<strong>ra</strong>is<br />

Mitglieder <strong>SWV</strong>/Membres ASAE<br />

CHF 230.–.<br />

Nichtmitglieder <strong>SWV</strong>/Non-membres<br />

CHF 300.–.<br />

Studierende/Etudiants<br />

CHF 115.–.<br />

Inkl. Fachtagung, Mittage<strong>sse</strong>n, Pausenkaffee,<br />

exkl. 8% MWSt./Y inclus inscription au<br />

symposium, repas de midi, café, 8% TVA<br />

exclue.<br />

Prog<strong>ra</strong>mm<br />

Der diesem He<strong>ft</strong> beiliegende Flyer, der auch<br />

als Download auf unserer Webseite www.<br />

swv.ch erhältlich ist, informiert über das detaillierte<br />

Prog<strong>ra</strong>mm.<br />

Anmeldung/Inscription<br />

Anmeldungen sind ab sofort möglich. Bitte<br />

ausschliesslich einfach und bequem über<br />

die Webseite des <strong>SWV</strong>/Inscriptions uniquement<br />

par le site web de l’ASAE s.v.p:<br />

www.swv.ch<br />

Die Anmeldungen werden nach Eingang<br />

berücksichtigt.<br />

Hochwa<strong>sse</strong>rschutz<br />

KOHS-Weiterbildungskurse 3. Serie<br />

Gefahrengrundlagen und Hochwa<strong>sse</strong>rbewältigung<br />

Rapperswil, 26./27. Januar 2012<br />

Die Kommission Hochwa<strong>sse</strong>rschutz<br />

(KOHS) des <strong>SWV</strong> startet zusammen mit<br />

dem Bundesamt für Umwelt (BAFU) eine<br />

dritte Serie von Weiterbildungskursen.<br />

Thema der Kur<strong>sse</strong>rie ist die Bewältigung<br />

von Hochwa<strong>sse</strong>rereigni<strong>sse</strong>n, beginnend<br />

mit den für die Notfallplanung benötigten<br />

Gefahrengrundlagen über die Schwach-<br />

«Wa<strong>sse</strong>r Energie Lu<strong>ft</strong>» – 103. Jahrgang, 2011, He<strong>ft</strong> 4, CH-5401 Baden 359<br />

Nachrichten


Nachrichten<br />

stellenanalyse bis hin zu Sofortmassnahmen<br />

während und nach einem Ereignis.<br />

Die zent<strong>ra</strong>len Elemente der Hochwa<strong>sse</strong>rbewältigung<br />

werden von ausgewiesenen<br />

Fachleuten präsentiert und in Wo<strong>rk</strong>shops<br />

diskutiert.<br />

Die KOHS und das BAFU leisten mit diesem<br />

Kurs einen weiteren Beit<strong>ra</strong>g für die Qualitätssicherung<br />

im Hochwa<strong>sse</strong>rschutz. Der<br />

Kurs richtet sich an Fachleute von Ingenieur-<br />

und Be<strong>ra</strong>tungsunternehmen sowie<br />

von kantonalen Verwaltungen.<br />

Kurssp<strong>ra</strong>che<br />

Der Kurs in Rapperswil wird in deutscher<br />

Sp<strong>ra</strong>che durchgeführt (Kurse in f<strong>ra</strong>nzösischer<br />

Sp<strong>ra</strong>che werden folgen).<br />

Kurskosten<br />

Mitglieder <strong>SWV</strong>/VIB CHF 650.–.<br />

Nichtmitglieder <strong>SWV</strong>/VIB CHF 750.–.<br />

Inkl. Kursunterlagen, Verpflegung 1. Tag<br />

Mittag und Abend sowie 2. Tag Mittag,<br />

Pausenkaffee, T<strong>ra</strong>nsporte für die Exkursion;<br />

exkl. 8% MWSt. und allfällige Übernachtungskosten.<br />

Prog<strong>ra</strong>mm<br />

Der diesem He<strong>ft</strong> beiliegende Flyer, der<br />

auch als Download auf unserer Webseite<br />

www.swv.ch erhältlich ist, informiert über<br />

das detaillierte Prog<strong>ra</strong>mm.<br />

Anmeldung<br />

Anmeldungen sind ab sofort möglich. Bitte<br />

ausschliesslich einfach und bequem über<br />

die Webseite des <strong>SWV</strong>: www.swv.ch.<br />

Die Teilnehmerzahl ist auf 25 Personen<br />

beschränkt. Die Berücksichtigung erfolgt<br />

entsprechend dem Eingang der Anmeldungen.<br />

T<strong>ra</strong>ining Wo<strong>rk</strong>shop MesoHABSIM: A<br />

Habitat-Model for River Resto<strong>ra</strong>tion<br />

Planning<br />

The Labo<strong>ra</strong>tory of Hyd<strong>ra</strong>ulic Constructions<br />

(LCH-EPFL), in collabo<strong>ra</strong>tion with<br />

the Rushing Rivers Institute, is pleased to<br />

announce an intensive course in the MesoHABSIM<br />

aquatic habitat modeling approach<br />

and its accompanying SimStream<br />

so<strong>ft</strong>ware. This course will feature the MesoHABSIM<br />

technique, a comprehensive<br />

planning tool used for river scale, quantitative<br />

planning and evaluation of river resto<strong>ra</strong>tion<br />

measures. It is a physical habitat simulation<br />

model that describes the instream<br />

habitat conditions for aquatic fauna, used<br />

to simulate changes in habitat quality and<br />

quantity in response to alte<strong>ra</strong>tions of river<br />

morphology or flows. The course will be<br />

valuable for those interested in habitat modeling,<br />

resto<strong>ra</strong>tion planning and looking for<br />

alternative solutions to tough ecological<br />

questions. It will consist of two sections:<br />

two days of theory in classroom and field<br />

followed by two days of p<strong>ra</strong>ctical so<strong>ft</strong>ware<br />

use. The participants can register for each<br />

of the sections or for both. Course cost will<br />

include the so<strong>ft</strong>ware.<br />

The course is scheduled for 24./25. May<br />

(Introduction to MesoHABSIM with field<br />

wo<strong>rk</strong>) and to 29/30 May (P<strong>ra</strong>ctical so<strong>ft</strong>ware<br />

use) 2012. More details on prog<strong>ra</strong>m, cost<br />

and regist<strong>ra</strong>tion can be found at http://lch.<br />

epfl.ch<br />

Information about the MesoHABSIM method<br />

can be found at website: www.Meso-<br />

HABSIM.org.<br />

Agenda<br />

Rapperswil 11.–13.1.2012<br />

Hydro-Weiterbildungskurs: Betriebsführung<br />

und Unterhalt (F)<br />

Fachhoch schulen in Zusammenarbeit<br />

mit dem <strong>SWV</strong>. Informationen und Anmeldung:<br />

Hydro-Weiterbildungskurse<br />

Olten 20.1.2012<br />

KOHS-Tagung Hochwa<strong>sse</strong>rschutz<br />

2012:<br />

Regulierung Gewä<strong>sse</strong>rsysteme – von der<br />

Vorhersage zum Entscheid, Tagung des<br />

<strong>SWV</strong>; Informationen und Anmeldung:<br />

www.swv.ch<br />

Rapperswil 26./27.01.2012<br />

KOHS-Weiterbildungskurs 3. Serie:<br />

Gefahrengrundlagen und Hochwa<strong>sse</strong>rbewältigung<br />

(2. Kurs), BAFU in Zusammenarbeit<br />

mit der Kommission Hochwa<strong>sse</strong>r<br />

(KOHS) des <strong>SWV</strong>. Informationen<br />

und Anmeldung: www.swv.ch<br />

Martigny 15./16.3.2012<br />

KOHS-Weiterbildungskurs 3. Serie:<br />

Gefahrengrundlagen und Hochwa<strong>sse</strong>rbewältigung<br />

(3. Kurs, F<strong>ra</strong>nzösisch), BAFU<br />

in Zusammenarbeit mit der Kommission<br />

Hochwa<strong>sse</strong>r (KOHS) des <strong>SWV</strong>. Informationen<br />

und Anmeldung: www.swv.ch<br />

Aa<strong>ra</strong>u 20./21.3.2012<br />

Aa<strong>ra</strong>u PLANAT-Plattformtagung 2012:<br />

Instrumente für den Umgang mit Naturgefahren,<br />

Nationale Plattform Naturgefahren.<br />

Weitere Informationen und Anmeldung<br />

ab Januar 2012 unter: Webseite<br />

Planat, http://www.planat.ch<br />

Lausanne 24./25. und 29./30. Mai 2012<br />

T<strong>ra</strong>ining Wo<strong>rk</strong>shop MesoHABSIM: A<br />

Habitat Model for River Resto<strong>ra</strong>tion<br />

Planning<br />

Labo<strong>ra</strong>toire de constructions hyd<strong>ra</strong>uliques<br />

LCH-EPFL, Station 18, CH-1015<br />

Lausanne, Informationen unter: http://lch.<br />

epfl.ch<br />

Zürich 14.6.2012<br />

Fachforum <strong>SWV</strong> an Powertagen 2012:<br />

St<strong>ra</strong>tegien und Rahmenbedingungen der<br />

Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>produktion<br />

Powertagen 2012 – dem B<strong>ra</strong>nchentreffpunkt<br />

der Schweizerischen Stromwirtscha<strong>ft</strong>.<br />

Weitere Informationen: http://<br />

www.powertage.ch/<br />

Lite<strong>ra</strong>tur<br />

Neuerscheinung zum Talsperrenbau:<br />

Les bar<strong>ra</strong>ges – du projet à la mise en<br />

service<br />

Auteurs: Anton J. Schleiss, Henri Pougatsch,<br />

ISBN: 978-2-88074-831-9, 2011,<br />

720 pages imprimées en quadri, 19×24 cm,<br />

relié, Prix: 129.50 CHF<br />

Bezug: Pre<strong>sse</strong>s Polytechniques et Universitaires<br />

Romandes (PPUR), www.ppur.<br />

org<br />

Sujet du livre:<br />

Les bar<strong>ra</strong>ges constituent l’une des réalisations<br />

les plus imposantes et les plus<br />

complexes du génie civil, et depuis toujours<br />

un facteur important de développement<br />

et de prospérité économique. Ils ont<br />

pour rôle majeur de stocker les apports<br />

d’eau afin de répondre aux besoins vitaux<br />

et énergétiques des populations, de<br />

protéger celles-ci et les paysages contre<br />

les effets destructeurs de l’eau, enfin de<br />

servir de recours dans le cas de pénurie<br />

d’eau. L’objectif de ce livre, qui s’adre<strong>sse</strong><br />

principalement aux ingénieurs p<strong>ra</strong>ticiens<br />

et aux étudiants de Master, est de présenter<br />

de manière claire les bases de conception<br />

et de dimensionnement qui régi<strong>sse</strong>nt<br />

l’ingénierie des bar<strong>ra</strong>ges. Il expose en dé-<br />

360 «Wa<strong>sse</strong>r Energie Lu<strong>ft</strong>» – 103. Jahrgang, 2011, He<strong>ft</strong> 4, CH-5401 Baden


tail un concept de sécurité basé sur trois<br />

piliers, les différents types de bar<strong>ra</strong>ges<br />

en béton et en remblai, ainsi que leur impact<br />

sur l’environnement, l’étude des fondations<br />

et les modalités de surveillance<br />

et d’entretien. La matière est enrichie de<br />

nombreux exemples qui reflètent la compétence<br />

internationalement reconnue de<br />

l’ingénierie sui<strong>sse</strong> en matière de conception<br />

de bar<strong>ra</strong>ges. (PPUR)<br />

Am Wa<strong>sse</strong>r gebaut – Bäche und Flü<strong>sse</strong><br />

in Siedlungsräumen<br />

He<strong>ra</strong>usgeber: André Seippel, Gianni Pa<strong>ra</strong>vicini,<br />

für den Kanton Luzern, Bau-, Umwelt-<br />

und Wirtscha<strong>ft</strong>sdepartement, Dienststelle<br />

Ve<strong>rk</strong>ehr und Inf<strong>ra</strong>struktur (vif).<br />

1. Auflage September 2011<br />

ISBN 978-3-271-10045-7<br />

Kantonaler Lehrmittelverlag Luzern, Drucksachen-<br />

und Materialzent<strong>ra</strong>le<br />

Bezug: Das Buch kann für 29 F<strong>ra</strong>nken über<br />

den Buchhandel oder bei der Dienststelle<br />

Ve<strong>rk</strong>ehr und Inf<strong>ra</strong>struktur bezogen werden<br />

(Arsenalst<strong>ra</strong><strong>sse</strong> 43, CH-6010 Kriens, Tel.<br />

041 318 12 12 oder vif@lu.ch).<br />

Wa<strong>sse</strong>rbau im Siedlungsgebiet stellt die<br />

Wa<strong>sse</strong>rbaufachleute vor besondere He<strong>ra</strong>usforderungen.<br />

Die Publikation «Am<br />

Wa<strong>sse</strong>r gebaut. Bäche und Flü<strong>sse</strong> in Siedlungsräumen»,<br />

he<strong>ra</strong>usgegeben von Gianni<br />

Pa<strong>ra</strong>vicini, Projektleiter der Dienststelle<br />

Ve<strong>rk</strong>ehr und Inf<strong>ra</strong>struktur, und André Seippel,<br />

Landscha<strong>ft</strong>sarchitekt, widmet sich<br />

diesem anspruchsvollen Thema und gibt<br />

Denkanstö<strong>sse</strong> für einen phantasievollen<br />

Wa<strong>sse</strong>rbau. Das Buch wurde anlässlich<br />

der eidgenössischen Wa<strong>sse</strong>rbautagung<br />

in Luzern vorgestellt.<br />

Im he<strong>rk</strong>ömmlichen Wa<strong>sse</strong>rbau in Siedlungsgebieten<br />

konzentriert man sich in erster<br />

Linie auf den Hochwa<strong>sse</strong>rschutz und<br />

die Revitalisierung. Ästhetische F<strong>ra</strong>gen<br />

werden häufig vernachlässigt und es liegt<br />

kaum Fachlite<strong>ra</strong>tur zum Thema vor. Das<br />

vorliegende Buch «Am Wa<strong>sse</strong>r gebaut»<br />

geht konsequent einen Schritt weiter und<br />

vereint Artikel von Fachleuten und Ingenieuren<br />

verschiedener Fachgebiete. Die<br />

Texte sollen Intere<strong>sse</strong>nten aus Verwaltung<br />

und Politik, aus den Baub<strong>ra</strong>nchen und den<br />

gestaltenden Berufen zu einer zukün<strong>ft</strong>ig interdisziplinären<br />

Zusammenarbeit animieren.<br />

Dabei wird die Rolle des Wa<strong>sse</strong>rs in<br />

heutigen Lebenszusammenhängen nicht<br />

nur rein technisch, sondern auch emotional<br />

und kulturhistorisch bet<strong>ra</strong>chtet. Erfahrungsberichte<br />

von Planungsproze<strong>sse</strong>n<br />

stehen neben ökologieorientierten Bet<strong>ra</strong>chtungen;<br />

auf einzelne Ingenieursthemen<br />

wie Brückenbau und Mauerngestaltung<br />

wird im Detail eingegangen. Ergänzt<br />

werden die Beiträge durch einen Anhang<br />

mit Fallbeispielen aus den Kantonen Aargau<br />

und Luzern und thematischen Spots<br />

zu technischen und ästhetischen Aspekten.<br />

(vif Luzern)<br />

Rechtliche Ve<strong>ra</strong>nkerung des integ<strong>ra</strong>len<br />

Risikomanagements beim Schutz vor<br />

Naturgefahren – Rechtsgutachten<br />

He<strong>ra</strong>usgeber: Bundesamt für Umwelt<br />

(BAFU), Autor: Erwin Hepperle, ETHZ<br />

Reihe: Umwelt-Wi<strong>sse</strong>n, Nr. UW-1117-D<br />

Bezug: Download www.umwelt-schweiz.<br />

ch/uw-1117-d (keine gedruckte Fassung)<br />

Das vorliegende Rechtsgutachten gibt<br />

in einem ersten Schritt einen Überblick<br />

über die bestehenden Rechtsgrundlagen<br />

betreffend Schutz vor Naturgefahren auf<br />

Bundesstufe. In einem zweiten Schritt wird<br />

die PLANAT-St<strong>ra</strong>tegie des integ<strong>ra</strong>len Risikomanagements<br />

(IRM) aus juristischer<br />

Sicht untersucht, und in einem dritten<br />

Schritt wird die St<strong>ra</strong>tegie des IRM mit den<br />

geltenden Rechtsgrundlagen verglichen.<br />

Schliesslich macht das Gutachten Vorschläge<br />

für die rechtliche Ve<strong>ra</strong>nkerung<br />

der St<strong>ra</strong>tegie und dient in diesem Sinne als<br />

Grundlage für allfällige Anpassungen von<br />

Gesetzen, Verordnungen und Vollzugshilfen.<br />

(BAFU)<br />

Leben mit Naturgefahren – Ziele und<br />

Handlungsschwerpunkte des BAFU im<br />

Umgang mit Naturgefahren<br />

He<strong>ra</strong>usgeber: Bundesamt für Umwelt<br />

(BAFU), Reihe: Umwelt-Diverses, Nr. UD-<br />

1047-D, Bezug: Download www.umweltschweiz.ch/ud-1047-d<br />

(keine gedruckte<br />

Fassung)<br />

Dieses Dokument befasst sich mit dem<br />

Umgang mit Naturgefahren, insbesondere<br />

dem Schutz vor Hochwa<strong>sse</strong>r (Überschwemmungen,<br />

Ufererosionen, Murgängen),<br />

dem Schutz vor Lawinen, dem Schutz<br />

vor Ma<strong>sse</strong>nbewegungen (Sturzproze<strong>sse</strong>,<br />

Rutschproze<strong>sse</strong>, Fliessproze<strong>sse</strong>) sowie<br />

mit Erdbeben<br />

Wa<strong>sse</strong>r – Grundlage des Lebens. Hydrologie<br />

für eine Welt im Wandel<br />

He<strong>ra</strong>usgeber: G. Strigel et al., 1. Auflage<br />

2010, gebunden, 22×28 cm, ISBN 978-3-<br />

510-65266-2, Kosten: 26.80 Euro<br />

Verlag: Schweizerbart, Stuttgart<br />

www.schweizerbart.de<br />

Das reich illustrierte Buch beschreibt die<br />

Rolle der Hydrologie für unsere Zivilisation<br />

«Wa<strong>sse</strong>r Energie Lu<strong>ft</strong>» – 103. Jahrgang, 2011, He<strong>ft</strong> 4, CH-5401 Baden 361<br />

Nachrichten


Nachrichten<br />

und ihre Geschichte. Von der technischen<br />

Entwicklung wesentlicher hydrologischer<br />

Messgeräte über Bewirtscha<strong>ft</strong>ungsbeispiele<br />

bis zu den aktuellen He<strong>ra</strong>usforderungen<br />

des zunehmenden Wa<strong>sse</strong>rbedarfs<br />

werden die Facetten der Hydrologie im<br />

Zeitfenster der letzten 200 Jahre aufgezeigt.<br />

Das Buch fokussiert auf Deutschland<br />

und richtet sich in allgemeinverständlicher<br />

Form an alle Interessierten der Hydrologie.<br />

Textproben können auf der Webseite des<br />

Verlages eingesehen werden.<br />

Die Themen der deutschen «Wa<strong>sse</strong>rwirtscha<strong>ft</strong>»<br />

11–12011<br />

Das Nei<strong>sse</strong>-Hochwa<strong>sse</strong>r 2010 – Analyse<br />

und Konsequenzen<br />

Uwe Müller, Pet<strong>ra</strong> Walther<br />

Internationales Hochwa<strong>sse</strong>rrisikomanagement<br />

– zwischen Information<br />

und Harmonisierung<br />

Meike Gie<strong>rk</strong>, Peter Heiland, Thomas<br />

St<strong>ra</strong>tenwerth<br />

Internationale Abstimmung beim<br />

Hoch wa<strong>sse</strong>rrisikomanagement am<br />

Beispiel der IKSR und der IKSMS<br />

André Weidenhaupt, Anne Schulte-<br />

Wülwer-Leidig, Daniel Assfeld<br />

Umsetzung der Europäischen Hochwa<strong>sse</strong>rrisikomanagement-Richtlinie<br />

im Flussgebiet Wei<strong>sse</strong> Elster<br />

Jörg Walther, Matthias G<strong>ra</strong>fe, Hans-<br />

Georg Spanknebel<br />

Pilotprojekt Hochwa<strong>sse</strong>rrisikomanagement-Plan<br />

Nahe<br />

Doris Hässler-Kiefhaber, Kurt Knittel<br />

Heinrich Webler<br />

Beteiligungsmanagement in Rheinland-Pfalz<br />

Werner Theis<br />

Vom Hochwa<strong>sse</strong>rschutzkonzept zum<br />

Hochwa<strong>sse</strong>rrisikomanagement<br />

Horst Geiger<br />

Öffentlichkeitsbeteiligung bei den<br />

sächsischen Hochwa<strong>sse</strong>rschutzkonzepten<br />

Stephan Gerber<br />

Zur Ermittlung von Grundwa<strong>sse</strong>rständen<br />

für Karten zur Gefährdung<br />

des Grundwa<strong>sse</strong><strong>ra</strong>nstiegs infolge<br />

eines Hochwa<strong>sse</strong>rs<br />

Bernhard P. J. Becker, Steffi Forberig,<br />

Roger Flögel, Holger Schüttrumpf, Jür -<br />

gen Köngeter<br />

Hyd<strong>ra</strong>ulische Wi<strong>rk</strong>ung der Deichrückverlegung<br />

Lenzen an der Elbe<br />

Matthias Alexy, Pet<strong>ra</strong> Faulhaber<br />

Experimentelle Bestimmung der Rauheit<br />

eines Maisfeldes mit echten Pflan -<br />

zen<br />

Christoph Rapp, Tobias Hafner<br />

Wa<strong>sse</strong>rnutzungsabgaben auf Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong><br />

– rechtliche und ökonomische<br />

Anforderungen<br />

Katharina Kern, Erik Gawel<br />

Pelton-Turbinen – Ein Beit<strong>ra</strong>g zu Gehäuseabströmung<br />

und Lu<strong>ft</strong>eint<strong>ra</strong>g in<br />

das Unterwa<strong>sse</strong>r<br />

Alexander Arch, Dominik Mayr<br />

Ehemalige Schleuse im Berliner<br />

Spreekanal – Geschichtliche Entwicklung,<br />

Ist-Zustand und zukün<strong>ft</strong>ige<br />

Nutzungsmöglichkeit<br />

Ralf Gastmeyer<br />

Die Themen der ÖWAW 9–11/2011<br />

Integ<strong>ra</strong>tives Flussgebietsmanagement:<br />

Abstimmung wa<strong>sse</strong>rwirtscha<strong>ft</strong>licher,<br />

gewä<strong>sse</strong>rökologischer<br />

und naturschutzfachlicher Anforde -<br />

rungen auf Basis verschiedener EU-<br />

Richtlinien (Beispiel Steirische Enns)<br />

S. Muhar, G. Pohl, M. Stelzhammer, M.<br />

Jungwirth, R. Hornich, S. Hohensinner<br />

Rekonstruktion historischer Fluss-<br />

landscha<strong>ft</strong>en als Grundlage im Gewä<strong>sse</strong>rmanagement<br />

– Potenzial und<br />

Limits<br />

G. Haidvogl, S. Hohensinner, S. Preis<br />

Einfluss der Hydromorphologie auf<br />

den Nährstoffrückhalt in Weinviertler<br />

Bächen – Schlussfolgerungen für das<br />

Gewä<strong>sse</strong>rmanagement<br />

G. Weigelhofer, J. Fuchsberger, B.<br />

Teufl, N. Keuzinger, S. Muhar, S. Preis,<br />

K. Schilling, T. Hein<br />

Auswi<strong>rk</strong>ungen des Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>ausbaues<br />

auf die Fischfauna der steirischen<br />

Mur<br />

S. Schmutz, C. Wiesner, S. Preis, S.<br />

Muhar, G. Unfer, M. Jungwirth<br />

Schutz und Sicherung ökologisch<br />

sensibler Fliessgewä<strong>sse</strong>rstrecken:<br />

Anforderungen, Kriterien, Implementierungsprozess<br />

S. Muhar, M. Poppe, S. Preis, M. Jungwirth,<br />

S. Schmutz<br />

Sanierungsarbeiten an Laufk<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>en<br />

Ch. Otter<br />

Bauwe<strong>rk</strong>e in Lebenszyklen denken<br />

– Österreich auf dem Weg zur Ressourceneffizienz<br />

im Bauwesen<br />

H. Daxbeck, H. Buschmann, J. Flath,<br />

R. Lixia<br />

Bewertung unterschiedlicher Szenarien<br />

der Behandlung von Baurestma<strong>sse</strong>n<br />

anhand von Kosten-Wi<strong>rk</strong>samkeits-Analysen<br />

D. Clement, K. Hammer, P. H. Brunner<br />

Baustoffrecycling<br />

A. Müller<br />

Ersatzbrennstoffe aus Baumischabfall<br />

Ch. Ludwig<br />

362 «Wa<strong>sse</strong>r Energie Lu<strong>ft</strong>» – 103. Jahrgang, 2011, He<strong>ft</strong> 4, CH-5401 Baden


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Rütistr. 3a · CH-5401 Baden<br />

Tel. 056 222 50 69 · m.minder@swv.ch<br />

«Wa<strong>sse</strong>r Energie Lu<strong>ft</strong>» – 103. Jahrgang, 2011, He<strong>ft</strong> 4, CH-5401 Baden 363<br />

Nachrichten


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Seenregulierung, Hochwa<strong>sse</strong>rschutz, Binnenschifffahrt, Energiewirtscha<strong>ft</strong>,<br />

Lu<strong>ft</strong>hygiene.<br />

Revue sui<strong>sse</strong> spécialisée t<strong>ra</strong>itant de la législation sur l’utilisation des eaux, des<br />

constructions hyd<strong>ra</strong>uliques, de la mise en valeur des forces hyd<strong>ra</strong>uliques, de<br />

la protection des eaux, de l’irrigation et du d<strong>ra</strong>inage, de la régularisation de<br />

lacs, des corrections de cours d’eau et des endiguements de torrents, de la<br />

navigation intérieure, de l’économie énergétique et de l’hygiène de l’air.<br />

Gegründet 1908. Vor 1976 «Wa<strong>sse</strong>r- und Energiewirtscha<strong>ft</strong>», avant 1976 «Cours d’eau et énergie»<br />

Redaktion: Roger Pfammatter (Pfa), Direktor des Schweizerischen Wa<strong>sse</strong>rwirtscha<strong>ft</strong>sver bandes<br />

Layout, Redaktions sekretariat und Anzeigenbe<strong>ra</strong>tung: Manuel Minder (mmi)<br />

ISSN 0377-905X<br />

Verlag und Administ<strong>ra</strong>tion: Schweizerischer Wa<strong>sse</strong>rwirtscha<strong>ft</strong>sverband, Rütist<strong>ra</strong><strong>sse</strong> 3a, CH-5401 Baden, Telefon 056 222 50 69, Telefax 056 221 10 83,<br />

http://www.swv.ch, info@swv.ch, E-Mail: r.pfammatter@swv.ch, m.minder@swv.ch, Postcheckkonto Zürich: 80-32217-0, «Wa<strong>sse</strong>r Energie Lu<strong>ft</strong>», Mehrwertsteuer-Nr.:<br />

351 932<br />

Inse<strong>ra</strong>tenverwaltung: Manuel Minder · Schweizerischer Wa<strong>sse</strong>rwirtscha<strong>ft</strong>sverband (<strong>SWV</strong>)<br />

Rütist<strong>ra</strong><strong>sse</strong> 3a · 5401 Baden · Telefon 056 222 50 69 · Fax 056 221 10 83 · E-mail: m.minder@swv.ch<br />

Druck: buag G<strong>ra</strong>fisches Unternehmen AG, Täfernst<strong>ra</strong><strong>sse</strong> 14, 5405 Baden-Dättwil, Telefon 056 484 54 54, Fax 056 493 05 28<br />

«Wa<strong>sse</strong>r Energie Lu<strong>ft</strong>» ist offizielles Organ des Schweizerischen Wa<strong>sse</strong>rwirtscha<strong>ft</strong>sverbandes (<strong>SWV</strong>) und seiner Gruppen: Associazione Ticinese di Economia<br />

delle Acque, Verband Aare-Rheinwe<strong>rk</strong>e, Rheinverband und des Schweizerischen Talsperrenkomitees.<br />

Jahresabonnement CHF 120.– (zuzüglich 2,5% MWST), für das Ausland CHF 140.–, Erscheinungsweise 4 × pro Jahr im März, Juni, September und Dezember<br />

Einzelpreis He<strong>ft</strong>, CHF 30.–, zuzüglich Porto und 2,5% MWST<br />

364 «Wa<strong>sse</strong>r Energie Lu<strong>ft</strong>» – 103. Jahrgang, 2011, He<strong>ft</strong> 4, CH-5401 Baden


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Tel. +41 (0)91 730 92 30<br />

Fax +41 (0)91 730 92 31<br />

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Tel. +41 (0)21 425 77 40/41/42<br />

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«Wa<strong>sse</strong>r Energie Lu<strong>ft</strong>» – 103. Jahrgang, 2011, He<strong>ft</strong> 4, CH-5401 Baden 365


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366 «Wa<strong>sse</strong>r Energie Lu<strong>ft</strong>» – 103. Jahrgang, 2011, He<strong>ft</strong> 4, CH-5401 Baden

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