Finanzen 2023
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Dieser Artikel ist in Zusammenarbeit mit FERI entstanden.<br />
Das lange<br />
vorherrschende Bild<br />
niedriger Inflation<br />
und moderater Zinsen<br />
ist auf absehbare<br />
Zeit beendet.<br />
Dies hat spürbare<br />
Implikationen für<br />
alle Anlageklassen<br />
und deren zukünftige<br />
Renditeprofile.<br />
FERI sieht Chancen<br />
für besseres<br />
Anlagejahr <strong>2023</strong><br />
Die Zeiten niedriger Inflationsraten und moderater<br />
Zinsen sind auf absehbare Zeit vorbei. Dennoch könnten<br />
die Aktienmärkte <strong>2023</strong> freundlicher tendieren.<br />
Text Dr. Heinz-Werner Rapp<br />
Dr. Heinz-Werner Rapp<br />
ist Vorstand und CIO<br />
beim unabhängigen<br />
Investmenthaus FERI<br />
mit Standorten in<br />
Deutschland, Luxemburg,<br />
Österreich und<br />
der Schweiz, wo er die<br />
Anlagestrategie und<br />
sämtliche Investmentaktivitäten<br />
verantwortet.<br />
2016 gründete er das<br />
FERI Cognitive Finance<br />
Institute als strategisches<br />
Forschungszentrum und<br />
kreative Denkfabrik der<br />
FERI-Gruppe.<br />
Mehr Informationen<br />
unter:<br />
feri.de<br />
Das abgelaufene Jahr 2022<br />
markiert, mit oftmals zweistelligen<br />
Inflationsraten,<br />
einen klaren Wendepunkt<br />
an den Kapitalmärkten. Vor<br />
allem die US-Notenbank Fed hat darauf<br />
mit scharfen Zinsanhebungen reagiert,<br />
was Aktien- und Rentenmärkte weltweit<br />
stark unter Druck setzte. Die gute Nachricht<br />
für Anleger: Das außergewöhnlich<br />
schlechte Börsenjahr 2022 wird sich <strong>2023</strong><br />
aller Voraussicht nach nicht wiederholen.<br />
Zum einen dürfte die Inflationsdynamik<br />
nachlassen, was eine Abmilderung<br />
des globalen Zinsdrucks ermöglicht.<br />
Zum anderen ist das Abwärtspotential<br />
an den weltweiten Börsen nach teilweise<br />
schon sehr hohen Kursverlusten relativ<br />
begrenzt. Aktien könnten damit im<br />
nächsten Jahr, nicht zuletzt aufgrund<br />
deutlich verbesserter Bewertungsrelationen,<br />
freundlicher tendieren oder sogar<br />
positiv überraschen.<br />
Die weniger gute Nachricht: Ein stabiler<br />
Trend an den Märkten ist vorerst<br />
nicht in Sicht. Anleger müssen in den<br />
kommenden Monaten weiter mit abrupten<br />
Richtungswechseln und Phasen<br />
hoher Volatilität rechnen. Aufgrund<br />
inflationärer Risiken entfällt vorerst die<br />
jahrelang reichlich fließende monetäre<br />
Unterstützung durch die Notenbanken.<br />
Der bequeme Ausweg, ökonomische<br />
Probleme durch „Gelddrucken“ zu lösen,<br />
bleibt somit auf absehbare Zeit versperrt.<br />
Dafür rücken <strong>2023</strong> realwirtschaftliche<br />
Faktoren wie Wirtschaftswachstum, Unternehmensgewinne<br />
und Zinsentwicklung<br />
wieder stärker in den Blickpunkt.<br />
Hinzu kommen verschärfte geopolitische<br />
Risiken, die den Verlauf der globalen<br />
Wirtschaft so stark beeinträchtigen können,<br />
wie seit Jahrzehnten nicht mehr.<br />
Rezession in Europa vorgezeichnet<br />
Das realwirtschaftliche Umfeld zeigt sich<br />
<strong>2023</strong> eher fragil: Ein schwächeres Wirtschaftswachstum<br />
in China und weltweit<br />
deutlich erhöhte Energiepreise bremsen<br />
die Konjunkturdynamik. Wichtige Wirtschaftsdaten<br />
in den USA signalisieren für<br />
<strong>2023</strong> zunehmende Abschwächungsrisiken.<br />
Europa wird von Verwerfungen der<br />
Energiemärkte stärker getroffen als jede<br />
andere Region der Welt. Massive Kaufkraftverluste<br />
durch Inflation, steigende<br />
FOTO: FERI AG<br />
Kosten- und Ertragsbelastungen vieler<br />
Unternehmen sowie nachlassende Wettbewerbsfähigkeit<br />
sind deutliche Signale,<br />
dass der Euroraum im Winter 2022/23 auf<br />
eine Rezession zusteuert. Die Perspektiven<br />
für Europa bleiben <strong>2023</strong> auch im<br />
weiteren Jahresverlauf gedämpft als<br />
Folge anhaltender Unsicherheiten bei<br />
der Energieversorgung sowie eingetrübter<br />
Konjunkturerwartungen in China.<br />
Zwar wird die Inflation in den nächsten<br />
Monaten auch im Euroraum tendenziell<br />
sinken. Da die EZB bislang jedoch nur<br />
halbherzig agiert, wird dieser Rückgang<br />
deutlich langsamer erfolgen als in den<br />
USA. Zudem dürfte der Preisdruck aufgrund<br />
struktureller Faktoren, wie dem<br />
demografisch bedingten Arbeitskräftemangel<br />
sowie den steigenden Kosten der<br />
ökologischen Transformation, auf Dauer<br />
hoch bleiben.<br />
Erholungspotential für Aktien<br />
Das Zusammentreffen von geringem<br />
Wirtschaftswachstum, hoher Inflation<br />
und steigenden Lohnkosten trübt die<br />
Gewinnaussichten vieler Unternehmen.<br />
Die Aktienmärkte haben dies im Verlauf<br />
von 2022 jedoch schon ansatzweise<br />
eingepreist und starten nun mit deutlich<br />
niedrigeren Bewertungsniveaus in das<br />
neue Jahr. Anleger dürfen deshalb darauf<br />
hoffen, dass die Börsen <strong>2023</strong> einen besseren<br />
Verlauf nehmen, als die schwachen<br />
Wirtschaftsdaten derzeit noch suggerieren.<br />
Erforderlich ist dafür aber Rückenwind<br />
von der Zinsseite: Abnehmender<br />
Inflationsdruck und leicht rückläufige<br />
Marktzinsen sollten den Aktienmärkten<br />
mit Blick auf die Bewertungen wieder<br />
Unterstützung bieten – erstmals seit<br />
Anfang 2022.<br />
Ein großer Unsicherheitsfaktor für<br />
Weltwirtschaft und Kapitalmärkte bleibt<br />
auch <strong>2023</strong> die weitere geopolitische<br />
Entwicklung. Neben dem Ukraine-Krieg<br />
besitzt vor allem der Taiwan-Konflikt<br />
Eskalationspotential. China hat zuletzt<br />
mehrfach damit gedroht, die „abtrünnige<br />
Provinz“ notfalls mit militärischen<br />
Mitteln zu annektieren. Da Taiwan der<br />
weltweit führende Produzent von High<br />
End-Halbleitern ist, wäre bei einem Krieg<br />
um den Inselstaat die Versorgung mit<br />
den systemrelevanten Bauteilen gefährdet.<br />
Die dann zu erwartenden Wirtschafts-<br />
und Finanzsanktionen gegen<br />
China würden der dicht vernetzten globalen<br />
Wirtschaft zudem großen Schaden<br />
zufügen. Auch der Iran-Konflikt bleibt<br />
gefährlich, da dort die Gefahr militärischer<br />
Interventionen mit entsprechenden<br />
Folgen für den Ölpreis besonders<br />
hoch ist. Vor diesem Hintergrund sind<br />
<strong>2023</strong> sowohl intensive Risikoanalysen als<br />
auch strategische oder taktische Risikoabsicherungen<br />
sinnvoll.<br />
Ausgeprägte realwirtschaftliche<br />
Probleme, die angespannte geopolitische<br />
Lage und Unklarheiten über die weitere<br />
Zinspolitik, speziell der US-Notenbank<br />
Fed, deuten insgesamt auf ein wechselhaftes<br />
Anlagejahr <strong>2023</strong>. Eine echte<br />
Trendwende an den Märkten setzt aber<br />
nachhaltige Entspannung bei Inflation,<br />
Energiepreisen und globalen Zinstrends<br />
voraus. Solange sich diese Entwicklung<br />
nicht klar abzeichnet, bleibt ein aktives<br />
Portfolio Management, das flexibel auf<br />
marktspezifische Chancen und Risiken<br />
reagiert, unerlässlich.