Leseprobe "Spinnennetz" von Lars Kepler

04.01.2023 Aufrufe

gestrickten Islandpullover. Ihr langes Haar ist in einem festen Zopf geschnürt und das Gesicht nackt und ungeschminkt. Joona steht auf und zeigt seine Nägel. »Wow«, sagt Nick mit einem Lachen. »Attraktiv«, bemerkt Saga. Joona bedankt sich bei Astrid und sagt, dass er sich noch nie so hübsch gefühlt habe. Sie verlassen den Freizeitbereich, und Saga sorgt dafür, dass die Kinder in den Schulbus kommen. Dann gehen Joona und sie gemeinsam im Sonnenschein über den Bürgersteig. »Wie ist das Leben als Privatdetektivin?«, fragt Joona mit einem schiefen Lächeln. »Es ist wirklich ziemlich unerträglich.« »Tut mir leid.« »Ja, aber ich brauche einen Job – sonst falle ich aus jeder Versicherung.« »Du weißt, dass du dir jederzeit Geld leihen kannst, wenn …« »Ich weiß«, fällt sie ihm ins Wort. »Vielen Dank, aber es ist gut so, ich komme zurecht … ich muss nur irgendwie zurück zur Polizei kommen.« »Natürlich.« »Ich habe mich tatsächlich auf eine Stelle in der NOA beworben«, erzählt sie. »Nicht bei der Säpo?« »Nein, ich glaube, mit denen bin ich durch«, antwortet sie. »Ich brauche einen konkreten Job, ich bin gut bei Mordermittlungen, das kann ich am besten … im Grunde träume ich davon, mit dir zusammenzuarbeiten.« »Das wäre großartig«, sagt er leise. »Aber sie werden meine Bewerbung gar nicht erst ansehen, solange ich keine Freigabe vom Psychologen habe.« »So ist es immer.« 44

»Ich brauche das wirklich«, sagt sie, ohne ihn anzusehen. Um überhaupt die Chance auf eine Empfehlung vom Polizeipsychologen zu bekommen, muss sie Einsicht zeigen und ihre psychische Verfassung stabil, ihre wirtschaftliche Situation gefestigt sein wie auch ihr soziales Leben, am besten würde sie in einer festen Beziehung leben. »Jedenfalls … ich habe dich gebeten hierherzukommen, weil ich nur eine halbe Stunde habe, bevor ich zur nächsten Besprechung muss«, erklärt sie und bleibt vor ihrem Motorrad stehen. »Mein Chef hält mich auf Trab wie ein, tja, ich weiß nicht was … aber es ist ja auch egal, denn ich muss … Ich habe das Gefühl, dass ich wirklich mit dir über den Fund draußen bei Kapellskär sprechen muss, ich kann dir nicht sagen, wer es mir erzählt hat, aber …« »Randy.« »Ich sage nichts dazu«, erwidert sie mit einem Lächeln. Joonas Herz krampft sich zusammen, als er sieht, wie sich die Gehetztheit in ihrem strahlend blauen Blick zurückmeldet. Saga holt eine Plastikmappe aus dem Rucksack und gibt sie ihm. Durch den trüben Kunststoff ist die Ansichtskarte zu sehen, die sie vor drei Jahren bekommen hatte. Ich habe eine blutrote Pistole der Marke Makarow. Im Magazin stecken neun weiße Kugeln. Eine davon wartet auf Joona Linna. Die Einzige, die ihn retten kann, bist du. Artur K Jewel Joona erkennt sie wieder und nickt, dreht die Ansichtskarte um und betrachtet die Schwarz-Weiß-Fotografie von 1898, auf der der alte Cholerafriedhof in Kapellskär zu sehen ist, wo man Margot gefunden hat. »Ich weiß, aber Jurek Walter ist tot«, sagt er. 45

»Ich brauche das wirklich«, sagt sie, ohne ihn anzusehen.<br />

Um überhaupt die Chance auf eine Empfehlung vom Polizeipsychologen<br />

zu bekommen, muss sie Einsicht zeigen und<br />

ihre psychische Verfassung stabil, ihre wirtschaftliche Situation<br />

gefestigt sein wie auch ihr soziales Leben, am besten würde sie<br />

in einer festen Beziehung leben.<br />

»Jedenfalls … ich habe dich gebeten hierherzukommen, weil<br />

ich nur eine halbe Stunde habe, bevor ich zur nächsten Besprechung<br />

muss«, erklärt sie und bleibt vor ihrem Motorrad stehen.<br />

»Mein Chef hält mich auf Trab wie ein, tja, ich weiß nicht was …<br />

aber es ist ja auch egal, denn ich muss … Ich habe das Gefühl,<br />

dass ich wirklich mit dir über den Fund draußen bei Kapellskär<br />

sprechen muss, ich kann dir nicht sagen, wer es mir erzählt hat,<br />

aber …«<br />

»Randy.«<br />

»Ich sage nichts dazu«, erwidert sie mit einem Lächeln.<br />

Joonas Herz krampft sich zusammen, als er sieht, wie sich<br />

die Gehetztheit in ihrem strahlend blauen Blick zurückmeldet.<br />

Saga holt eine Plastikmappe aus dem Rucksack und gibt sie ihm.<br />

Durch den trüben Kunststoff ist die Ansichtskarte zu sehen, die<br />

sie vor drei Jahren bekommen hatte.<br />

Ich habe eine blutrote Pistole der Marke Makarow. Im Magazin<br />

stecken neun weiße Kugeln. Eine da<strong>von</strong> wartet auf Joona Linna.<br />

Die Einzige, die ihn retten kann, bist du.<br />

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Artur K Jewel<br />

Joona erkennt sie wieder und nickt, dreht die Ansichtskarte um<br />

und betrachtet die Schwarz-Weiß-Fotografie <strong>von</strong> 1898, auf der<br />

der alte Cholerafriedhof in Kapellskär zu sehen ist, wo man<br />

Margot gefunden hat.<br />

»Ich weiß, aber Jurek Walter ist tot«, sagt er.<br />

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