Leseprobe "Spinnennetz" von Lars Kepler
Er betrachtet sie mit einem trüben Blick. »Ich habe das Recht, daran teilzuhaben?« »Du kannst dich auch dagegen entscheiden«, sagt sie. »Sie ist also untreu?«, fragt Simon mit einem angespannten Lächeln, und unter seinem rechten Auge beginnt ein Muskel zu zucken. »Soll ich darauf antworten?«, fragt Saga. »Bist du dir sicher? Meine Lisa? Ich meine, es kann kein Irrtum sein?« »Möchtest du wissen, zu welchen Ergebnissen wir gekommen sind?«, fragt Saga. »Warum lächelst du so? Was gibt es da zu lachen?« »Ich lächele nicht, ich versuche in einer Situation freundlich zu bleiben, die dich offensichtlich aufwühlt.« »Ich bin nicht aufgewühlt, ich will nur die Wahrheit wissen.« »Die Wahrheit worüber?« »Ob meine Frau eine verdammte Hure ist.« Erneut wird es still, und Simon trinkt einen weiteren Schluck Bier. Saga sieht, dass seine Hand zittert, als er das Glas wieder abstellt. »Du bist zu uns gekommen, weil du den Verdacht hattest, dass deine Frau sich mit einem anderen Mann trifft, wenn du …« »Ich deute das so, dass sie es tut«, unterbricht er sie. Saga überreicht ihm eine dunkelgraue Mappe mit der silbernen Aufschrift »Detektivbüro Kent GmbH« ganz oben am rechten Rand. »Hier steht ganz genau drin, was wir gefunden haben, welche Beobachtungen wir gemacht und welche Schlussfolgerungen wir daraus gezogen haben … und hier sind auch alle Anlagen und Bilder«, sagt sie und gibt ihm einen USB-Stick. Simon klappt den Rechner auf und schließt den Speicherstick an. Der Bildschirm ist übersät von Fingerabdrücken und 48
Spritzern. Die Lampen oberhalb des Tresens spiegeln sich schräg darin. »Vielleicht solltest du zuerst den Bericht lesen«, empfiehlt Saga. Er markiert die Filmdatei, öffnet sie und startet die Aufnahme. Eine Stehlampe ist umgefallen und liegt halb auf dem Sessel, ihr Schein breitet sich in doppelten Ellipsen über die Wände aus und beleuchtet seine Frau, während sie mit zwei Männern Geschlechtsverkehr hat. Lisa sitzt rittlings auf dem einen Mann und stützt sich neben dessen Körper mit den Händen auf dem Bett ab. Ihre Wangen sind rot und der Mund geöffnet. Die tiefe Narbe auf ihrer Oberlippe verblasst mit jedem keuchenden Atemzug. Der andere Mann kniet hinter Lisa, hält sie an den Hüften fest und stößt nach vorn, sein Blick ist konzentriert, und sein Rücken glänzt vor Schweiß, bevor der kurze Filmausschnitt endet. »Scher dich zum Teufel«, brüllt Simon und bespritzt Saga mit seinem Bier. »Du bist so eine Sau, so ein verdammter Abschaum …« Die wenigen Gäste an den Tischen drehen sich zu ihnen um, und der Barkeeper nähert sich. Sagas Bluse und ihre Hose sind durchnässt. Ohne ein Wort zu sagen, steht sie auf und verlässt die Nische. »Ich hoffe, dass du stirbst«, ruft Simon ihr nach. »Ich hoffe, dass du vergewaltigt wirst und erniedrigt und dass du stirbst …« Sie tritt auf die Straße, sieht auf die Uhr im Handy und stellt fest, dass sie es nicht schafft, nach Hause zu fahren und die Kleidung zu tauschen. Ihr Chef hat einen sehr engen Zeitplan für alle Angestellten aufgestellt, und er ist ein echter Kontrollfreak. Alle anderen Detektive des Büros sind mit unterschiedlichen 49
- Seite 1 und 2: Lars Kepler Spinnennetz
- Seite 3 und 4: Lars Kepler S pi n n e n n e t z Th
- Seite 5: Lars Kepler möchte darauf hinweise
- Seite 9 und 10: 1 Margot Silverman hört, wie die H
- Seite 11 und 12: Er zittert bis ins Mark und weicht
- Seite 13 und 14: »Hallo?« »Ich trockne mich ab«,
- Seite 15 und 16: Catullus hebt unruhig den Kopf, wä
- Seite 17 und 18: 2 Lisa steht mit dem Rücken zum Fe
- Seite 19 und 20: Lisa befindet sich jetzt zusammen m
- Seite 21 und 22: erkennen, die Nase und der gespannt
- Seite 23 und 24: tivbüros in der Norra Stationsgata
- Seite 25 und 26: »Worum geht es?«, fragt er leise.
- Seite 27 und 28: ließ ihn an ihren Ermittlungen tei
- Seite 29 und 30: »Bleib hier stehen«, sagt Erixon
- Seite 31 und 32: »Es gibt keine Fußspuren … und
- Seite 33 und 34: »Margot stürzte nach vorn, mit de
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- Seite 37 und 38: Texte aus dem Volkskundearchiv und
- Seite 39 und 40: durch, Ermittlungen, für die Margo
- Seite 41 und 42: Es wird wieder still, und Joona hö
- Seite 43 und 44: Erixon sicherte zwar einige Spuren
- Seite 45 und 46: »Ich brauche das wirklich«, sagt
- Seite 47: 6 Saga parkt das Motorrad und betri
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- Seite 53 und 54: 7 An den Wochenenden hilft Joona Va
- Seite 55 und 56: Der Staub steigt in dem flachen Son
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- Seite 59 und 60: die Säcke mit dem Torf liegen in e
- Seite 61 und 62: vor dem letzten stehen, das Valeria
- Seite 63 und 64: Datingdienst zum anderen und hält
- Seite 65: Ein schwerer Regentropfen, der wie
Spritzern. Die Lampen oberhalb des Tresens spiegeln sich<br />
schräg darin.<br />
»Vielleicht solltest du zuerst den Bericht lesen«, empfiehlt<br />
Saga.<br />
Er markiert die Filmdatei, öffnet sie und startet die Aufnahme.<br />
Eine Stehlampe ist umgefallen und liegt halb auf dem Sessel,<br />
ihr Schein breitet sich in doppelten Ellipsen über die Wände<br />
aus und beleuchtet seine Frau, während sie mit zwei Männern<br />
Geschlechtsverkehr hat.<br />
Lisa sitzt rittlings auf dem einen Mann und stützt sich neben<br />
dessen Körper mit den Händen auf dem Bett ab.<br />
Ihre Wangen sind rot und der Mund geöffnet. Die tiefe Narbe<br />
auf ihrer Oberlippe verblasst mit jedem keuchenden Atemzug.<br />
Der andere Mann kniet hinter Lisa, hält sie an den Hüften<br />
fest und stößt nach vorn, sein Blick ist konzentriert, und sein<br />
Rücken glänzt vor Schweiß, bevor der kurze Filmausschnitt endet.<br />
»Scher dich zum Teufel«, brüllt Simon und bespritzt Saga<br />
mit seinem Bier. »Du bist so eine Sau, so ein verdammter Abschaum<br />
…«<br />
Die wenigen Gäste an den Tischen drehen sich zu ihnen um,<br />
und der Barkeeper nähert sich. Sagas Bluse und ihre Hose sind<br />
durchnässt. Ohne ein Wort zu sagen, steht sie auf und verlässt<br />
die Nische.<br />
»Ich hoffe, dass du stirbst«, ruft Simon ihr nach. »Ich hoffe,<br />
dass du vergewaltigt wirst und erniedrigt und dass du stirbst …«<br />
Sie tritt auf die Straße, sieht auf die Uhr im Handy und stellt<br />
fest, dass sie es nicht schafft, nach Hause zu fahren und die Kleidung<br />
zu tauschen. Ihr Chef hat einen sehr engen Zeitplan für<br />
alle Angestellten aufgestellt, und er ist ein echter Kontrollfreak.<br />
Alle anderen Detektive des Büros sind mit unterschiedlichen<br />
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