Leseprobe "Spinnennetz" von Lars Kepler

Sie weiß, dass er sich nicht verstecken wird, dass er auch keinen
Leibwächter akzeptieren wird.
Saga kann den Gedanken nicht loswerden, dass seine Sorglosigkeit
diesmal für ihn gefährlich werden könnte, dass es sich
rächen wird, die Bedrohung zu unterschätzen.
Die Tür zum Büro ihres Chefs wird geöffnet, und Saga kehrt
zu ihrem Bericht zurück, hört, wie er Umschläge in das Fach für
die ausgehende Post legt und über den Holzboden weitergeht.
Henry Kent ist neununddreißig Jahre alt, hat kurzes, dunkles
Haar und einen gestutzten Bart, eine kleine, gerade Nase und
grüne Augen mit brauen Einsprengseln.
Er trägt teure Anzüge und ist ein sehr sozialer Mensch.
Sein Vater bestrafte ihn während seiner ganzen Kindheit, indem
er ihm mit Zigaretten Brandwunden zufügte. Henry zeigt
gerne die runden Narben, die seine Arme und seine Brust bedecken,
und erzählt mit einem Lächeln, dass er seinen Vater hasst,
obwohl er derjenige war, der ihn zur Disziplin erzogen hat.
Er geht langsam zu den Fenstern hinter Saga und blickt
auf den Berufsverkehr und die Brücken, die die Aussicht auf
Brunnsviken und den Hagapark verdecken.
»War der Kunde zufrieden?«, fragt er und wendet sich ihr zu.
Sie hört auf zu schreiben und begegnet seinem Blick.
»Ich habe mich an unsere Vorgehensweise gehalten, aber er
wollte sich unbedingt den Filmausschnitt ansehen, wurde daraufhin
wütend und schüttete sein Bier auf mich.«
»Wir schreiben die Reinigung auf die Rechnung«, sagt er.
»Wie ich gestern schon sagte, es wäre besser gewesen, wenn
du ihm die Ergebnisse mitgeteilt hättest«, sagt sie.
»Mein Anzug ist teurer als der Inhalt deines gesamten Kleiderschranks«,
sagt er und geht auf sie zu.
»Ich will damit nur sagen, dass es eine unangenehme Situation
war«, erwidert Saga beharrlich.
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