Leseprobe "Spinnennetz" von Lars Kepler

04.01.2023 Aufrufe

Plastik schlägt mit jeder Luftbewegung gegen den Zaun des Biergartens. Brandon wird von seinem Rausch ins Taumeln gebracht, er weiß, dass er nach Hause muss, aber in seiner Rastlosigkeit geht er die Landstraße hinauf, die parallel zur Papierfabrik verläuft. Es ist ein riesiger Komplex aus Fertigungshallen, fensterlosen Backsteinfassaden, riesigen Bergen aus nassen Spänen, Holzstapeln und Lastwagen. Wie eine verdammte Dystopie in einem Science-Fiction- Film, denkt er. Er kommt vom Bürgersteig ab und tritt auf die frisch gemähte Rasenfläche zwischen den Hängebirken und Linden. Die Fassade der Kirche wird angestrahlt, aber der Parkplatz ist dunkel. Ein ziemlich neuer Volvo parkt an der Mauer. Brandon bleibt stehen, spürt den Schwindel durch das Gehirn brausen und sieht die Bewegungen in der Dunkelheit durch die beschlagenen Autofenster. Er geht weiter den Hang hinauf, bis zu dem kurvigen Weg und der leeren Parkbank, zu der er immer geht. Sie ist schwarz in der Dunkelheit unter den Ahornbäumen. Er sieht sich um und stellt sich neben die Bank. Ein Auto fährt unten auf der Landstraße vorbei, und danach hört man nichts als den Wind in den Bäumen. Ein mildes Sausen und Flüstern zwischen den dünnsten Zweigen wird von einem eingesperrten Stöhnen unterbrochen. Es ist so leise, dass man es kaum hören kann – und verschwindet wieder in der Stille. Brandon blickt über die schmale Kurve des Wegs auf den Friedhof. Ein Mann mittleren Alters mit einer braunen Lederjacke steht mit einem angestrengten Lächeln hinter einem Busch. Brandon spürt einen nassen Spritzer im Nacken. 64

Ein schwerer Regentropfen, der wie kochendes Wasser brennt. Er wischt ihn mit der Hand weg und bekommt einen neuen Tropfen auf die Finger. »Au, was …« Er weicht zur Seite aus, auf den schmalen Weg, und hebt den Blick. In drei Meter Höhe hängt ein Paket aus Plastik und Stoff im Baum, eingewickelt in Klebeband und Seil. Das große Bündel beginnt zu zittern und kommt sanft ins Schaukeln, sodass der kräftige Ast knackt. 65

Plastik schlägt mit jeder Luftbewegung gegen den Zaun des<br />

Biergartens.<br />

Brandon wird <strong>von</strong> seinem Rausch ins Taumeln gebracht, er<br />

weiß, dass er nach Hause muss, aber in seiner Rastlosigkeit geht<br />

er die Landstraße hinauf, die parallel zur Papierfabrik verläuft.<br />

Es ist ein riesiger Komplex aus Fertigungshallen, fensterlosen<br />

Backsteinfassaden, riesigen Bergen aus nassen Spänen, Holzstapeln<br />

und Lastwagen.<br />

Wie eine verdammte Dystopie in einem Science-Fiction-<br />

Film, denkt er.<br />

Er kommt vom Bürgersteig ab und tritt auf die frisch gemähte<br />

Rasenfläche zwischen den Hängebirken und Linden. Die<br />

Fassade der Kirche wird angestrahlt, aber der Parkplatz ist dunkel.<br />

Ein ziemlich neuer Volvo parkt an der Mauer.<br />

Brandon bleibt stehen, spürt den Schwindel durch das Gehirn<br />

brausen und sieht die Bewegungen in der Dunkelheit durch<br />

die beschlagenen Autofenster.<br />

Er geht weiter den Hang hinauf, bis zu dem kurvigen Weg<br />

und der leeren Parkbank, zu der er immer geht.<br />

Sie ist schwarz in der Dunkelheit unter den Ahornbäumen.<br />

Er sieht sich um und stellt sich neben die Bank.<br />

Ein Auto fährt unten auf der Landstraße vorbei, und danach<br />

hört man nichts als den Wind in den Bäumen. Ein mildes<br />

Sausen und Flüstern zwischen den dünnsten Zweigen wird <strong>von</strong><br />

einem eingesperrten Stöhnen unterbrochen.<br />

Es ist so leise, dass man es kaum hören kann – und verschwindet<br />

wieder in der Stille.<br />

Brandon blickt über die schmale Kurve des Wegs auf den<br />

Friedhof.<br />

Ein Mann mittleren Alters mit einer braunen Lederjacke<br />

steht mit einem angestrengten Lächeln hinter einem Busch.<br />

Brandon spürt einen nassen Spritzer im Nacken.<br />

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