Atelier Reservoir Magazine Mina Sinima
Ein Erfurter Kultur-Magazine mit Interviews / Storys / Intensionen zur Kunst und Künstlern rund um Erfurt / Atelier Reservoir
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Ein Hafen der Interkulturellen Begegnungen, des künstlerischen
Austauschs & der kreativen Entfaltung
ATELIER RESERVOIR
MINA SINIMA
Önder Kanat im Porträt
Interview über Heimat
Dont Stop Motion
Mesopotanische Instrumente treffen
auf eine kraftvolle Stimme, die
über Freiheit, Liebe und Sehnsucht
Was bedeutet Heimat, ist sie gebunden
an einen speziellen Ort oder
kann sie noch mehr als das sein
Ein Stop Motion Film der unter die
Haut geht und uns mit nimmt auf
mehrere Flüchtlings-Reisen
2
CONTENT
04
Önder Kanat / Song: Ez kevok im
08
Mina Sinima
Hafen der interkulturellen Begenung
12
Dont Stop Motion
Eine Stop Motion Produktion von
Franiziska Bausch und Niels Bauder
20
Heimat
Im Gespräch mit Susanne Müller & Elias
37
Das Atelier Reservoir
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Ein Interview von Alina Sauer mit
Ideengeberin und Projektleiterin: Julia
Sophia Neundorf
46
Adam Alazawae
Insan Podacst Projekt
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Freies Malen wieder entdecken
Elias Freude darüber nach einer
so langen Zeit wieder kreativ zu
werden ist unverkennbar, sein Motiv
: die untergehende Sonne seines
Heimatlandes, welche ihm immer
Hoffnung spendete
3
4
ÖNDER KANAT
I AM KURD
ÖNDER KANAT IST DANKBAR FÜR SEINE HERKUNFT UND
DIE LIEBE ZU SEINER VOLKSTÜMLICHEN MUSIK
DIESE ÜBERZEUGUNG TRASPORTIERT ER WUNDERBAR AU-
THENTISCH IN SEINEN LIEDERN
Önder Kanat live im Atelier zur
Endausstellung des Projektes Mina
Sinima, mit all seinen mesopotanischen
Instrumenten und Bassisten:
Safa Yasin Aykol / Tembur Duo
Önder Kanat wurde in Mardin geboren. Diese
Stadt ist älter als 3000 Jahre und sie zeichnet ihre
antiken Gebäude aus. Önder wuchs in einen
dieser Mauern auf, zusammen mit orientalischer
Musik. Seine starke Verbundenheit zu seiner Heimat
ist für ihn der Schlüssel zu seinen eigenen
Songs. Er war sechs Jahre, als er begann die Tambur
zu spielen. Eine persichische Langhalslaute.
Darauf folgten einige weitere Musikinstrumente,
wie auch die klassische Gitarre. Neben den Melodien,
ist er der Interpret & Schreiber seiner Lieder
und singt sie auch selbst. Tiefe Gefühlswelten
werden offenbart mit den Sound Mesopotaniens.
Zur Zeit lebt und studiert er in Erfurt, und gibt
viele Konzerte auf kulturellen Veranstaltungen.
5
Frei wie eine Taube möchte ich sein, die von
Dach zu Dach fliegt
Der Songtext von Önder Kanat in Übersetzung
Ez kevok im
Ez kevok im lê lê kevoka
reş im
Li ser ban û li bin banan
Ez diçêrim way li bin ban
û xopanê
Ez diçêrim way way
Ez aşiqê lê lê çavê reş im
way
Ez maşûqê lê lê kurkê
Keleş im way way
Ez kevok im lê lê kevoka
sor im
Li ser ban û li bin banan
Ez diçêrim way li bin ban
û xopanê
i'm a dove
way way
Ez maşûqê lê lê kurkê
Keleş im way way
6
i'm a dove le le a black
dove
on the roof and under the
roof
i'm feeding (my chirdren)
way
on the roof and old house
i'm feeding way way
i'm love lele love of black
eye
i'm love lele love of
wounderful son
i'm a dove le le a red dove
on the roof and under the
roof
i'm feeding way
under the roof and old
house
way way
im i'm feeding way way
i'm love lele love of black
eye
i'm love lele love of
wounderful son
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MINA SINIMA
Ein Hafen der Interkulutrellen Begegnung
Das Projekt stand für einen Hafen, an dem Studenten
und junge Erwachsene aus dem Ausland,
den ersten Kontakt der Erfurter Kultur- und
Theaterlandschaft im Atelier Reservoir erfahren
durften.
Ein Mal im Monat fand, der interkulturelle
Abend in der Altstadt Ersfurts statt. Das Atelier
Reservoir bietet neben einer Fläche zum Projizieren
von selbstgedrehten Filmen, einen großen
Tisch zum Kreativen Austausch und gemeinsamen
Essen.
Die Teilnehmer übernahmen dabei unterschiedliche
Aufgabenbereiche, wie beispielsweise
das Kochen traditioneller syrischer Küche oder
das Vorlesen eigener geschriebener Texte und
Zeigen eigener Theaterstücke.
Neben den Austausch sollte vordergründig ein
Raum geschaffen werden, indem Poeple of Color
sich kennenlernen dürfen und eine Brücke der
Kulturen entsteht. Für viele Ankömmlinge ist es
schwierig, durch ihre Sprachbarriere erste Kontakte
zu schaffen und einen Einblick in die kulturelle
Szene zu erlangen.
Der Kanal der Kunst, der Musik und des Theaters
brach diese Barriere und brachte somit
Anlaufstelle und Hafen für neue und erste Erfahrungen,
die den Teilnehmern halfen in Erfurt
anzukommen und sich auf ihre Individuelle Art
und Weise ausdrücken zu dürfen. Neben einigen
lokalen Künstlern und Musikern, wurden zwei
Filmvorführungen ausgestrahlt.
Die Kooperation mit der Organisation: Dont
Stop Motion ermöglichte die Arbeit im Bereich
der Animation. So wurden im Laufe des Jahres,
Malerein gesammelt, die während des offenen
Ateliers entstanden sind. In mehreren Sessions
wurden diese zu Bewegtbildern animiert. Neben
dieser Zusammenarbeit, zeigte das Atelier den
Film der Initiative, über die Flüchtlingsreisen
drei unterschiedlicher Schicksale im Form eines
Stop Motions Films.
Genaue Details der unterschiedlichen Reisen
und Erinnerungen wurden mit aufgenommen,
und so konnte der Film mit vielen Requisiten
oder bestimmten Stimmungen in den einzelnen
Szenen, besetzt werden.
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9
Önder Kanat: das Tembur Duo lernte sich ebenfalls auf
einer interkulturellen Veranstaltung im Atelier kennen.
Daraus wuchs eine Freundschaft und eine inspierirende
musikalische Zusammenarbeit
Dank Önder Kanat wurde der Film musikalisch
unterlegt von den typischen Klängen des mesopotansichen
Raums.
en hin. Daher muss die Dunkelziffer noch enorm
hoch sein, in der ein rassistischer Übergriff auf
People of Colour geschieht.
Die Ausstrahlung war ergreifend für die Zuschauer,
sodass man nach der Filmvorführung
eine Gesprächsrunde eröffnete, indem vielfältige
und aufrichtige Dialoge entstanden. Einzelne
Eingebungen und Aufklärungen fanden durch
den Austausch statt.
Das Thema der Nothilfehotline für Migranten
möchte ich auch hier nochmal offen ansprechen.
Zu jeder Zeit gibt es nun in Erfurt eine einzelne
Stelle, die jegliche Angriffe im Bereich der
Diskriminierung aufnimmt und weiterleitet. Sie
hilft dir sofort, und schaltet die bestimmte Polizeibehörde
ein. Außerdem ist es ein Vertrauensgespräch,
man kann alles berichten und muss
keine Sorge tragen, dass es an zweite übermittelt
wird.
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Diese Hotline ist neu, und ist unabhängig von der
Polizei. Viele Migranten vertrauen oft nicht den
Polizeibehörden und nehmen viele Gegebenheit-
Intensiver Austausch fand nach den Vorführungen statt
, bei denen jeder seine Stimme einbringen durfte und
neue Intensionen und Betrachtungsweisen auf das Erlebte
ermöglicht wurden
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DON`T STOP MOTION
12
Vom Irak bis nach Erfurt in Form eines
Stop Motion Films
Nachgebildete Figuren Gelebte Erfahrungen
Filmvorführungsabend: Don`t Stop Motion im Atelier Reservoir
Filme schaffen es, Menschen über Zeit, Raum
und Grenzen hinweg zu verbinden und somit
Vorurteile und Mauern einzureißen. Das Projekt
erzählt die Geschichten von Ahmad, Zahra und
Muntazar – drei jungen Menschen, die ihre Heimat
für ein besseres Leben verlassen haben. Wie
und warum sie nach Deutschland gekommen
sind, aber auch, welche Erfahrungen sie hier gemacht
haben und wie es ihnen geht.
Viel zu oft wird über Menschen mit Fluchtgeschichte
gesprochen, statt mit ihnen. Das wollten
Franziska Bausch und Niels Bauder ändern und
so brachten sie einen Film auf die Leinwand, der
von und mit ihnen entstanden ist.
Zusammen mit Ahmad, Zahra und Muntazar
haben sie ihre Erinnerungen in Szenen umgewandelt,
Stop Motion-Puppen und -Requisiten
gebaut und in Bewegung gesetzt. Engagierte
Jugendliche wie Annelie, Mareike, Andra, Kevin
und Elyas waren auch dabei und haben diese
tatkräftig unterstützt. Am Ende entstand ein
Stop Motion- und Dokumentarfilm, mit dem
möglichst viele Menschen erreicht werden sollen.
Und am besten noch zu mehr Toleranz und
Weltoffenheit bewegt.
Ins Leben gerufen haben das Projekt „Don’t Stop Motion“
zwei Medienpädagog*innen: Franziska Bausch-Moser
und Niels Bauder. Die beiden haben sich bereits während
des Bachelors an der Universität Tübingen kennen gelernt
und schon 2019 ihren ersten gemeinsamen Film gedreht.
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Im Fokus dieses Projekts stehen Muntazar, Zahra und Ahmad – drei
junge Geflüchtete, die mittlerweile in Erfurt wohnen. Sie erzählen, wie
und warum sie nach Deutschland gekommen sind, welche Erfahrungen
sie in den letzten Jahren gemacht haben und wie es ihnen hier in
Deutschland geht. Drei inspirierende Menschen, die voller Kreativität,
Engagement und Tatendrang stecken.
”Ich will den
Leuten gerne meine
Geschichte zeigen,
damit sie verstehen,
dass ich Probleme in
meinem Leben hatte
und deshalb nach
Europa gefahren
bin… und nicht
einfach so.”
Muntazar
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HEIMAT
Hast du denn Lust ein bisschen über dein Bild
noch was vorne weg zu sagen, bevor wir zum
Thema Heimat kommen?
Susanne: „Also zuerst das Bild wie es entstanden
ist. Prinzipiell ist die Malerei für mich immer
eine Verarbeitungssache. Ich habe diese Künstler
Geschichte für mich als Verarbeitung- emotionale
Kiste genommen und packe diese aus, wenn
sie einfach notwendig ist und das war mein Gefühl
in dem Moment. Fragmente sind zu sehen,
die gebrochen sind und wenn man sie zusammenfügen
würde, vielleicht auch wieder ein ganzes
ergeben und je nachdem, der Betrachter, schaut
sich das an und würde so sein eigenes Fragment
basteln oder bauen und dadurch kann man,
mit immer wieder neuen Blickwinkeln darauf
schauen oder neue Perspektiven annehmen. Das
ist eine intuitive Malerei und hat wirklich nicht
lange gedauert, also nicht mehr als eine Stunde
und das ist einfach wirklich so ein Aktionsding
gewesen mit schöner Handarbeit und deswegen
mag ich das Bild auch sehr gerne.“
Hast du irgendwie das Gefühl von Heimat,
wenn du an das Bild denkst und gibt's da auch
irgendwelche Zusammenhänge für dich?
„Unbedingt und deswegen hat mich das Thema
auch sofort interessiert! Das ist auch wahrscheinlich
der einzige Grund, warum ich male. Ich
hab noch 12 andere Bilder zu Hause die ich aus
dem Bauch heraus erschaffe und da habe ich
mich auch schon selber gefragt warum? Ich
Im Gespräch mit Susanne Müller & Elias
Was bedeutet Heimat, ist sie gebunden an einen speziellen
Ort oder kann sie noch mehr als das sein
20
Links: Susannes Malerei
von der sie zu Beginn
spricht: Mehr als nur ein
Bild, sondern eine Vielzahl
an unterschiedlichen Emotionen
und ihrer Verarbeitung
21
"Wo fühle ich mich wohl? Wie fühle ich mich dabei?
Also jemand redet mit mir sehr liebevoll, dann fühle
ich mich sehr geborgen und das hat für mich auch etwas
heimatliches."
22
"Die Sonne ist immer da,
egal an welchem Ort man
ist. Ich bin jetzt soweit weg
eigentlich schon von zu
Hause aber ich guck da hoch
und habe trotzdem diese
kleine Erinnerung an meine
Heimat"
denke, dass hat einfach mit der Identität zu tun
und mit verschiedenen Lebensphasen, wie fühlt
man sich gerade: stabil, geerdet, geordnet, sortiert,
zerrissen oder vor wichtigen Entscheidung
stehend, aufgelöst ohne Boden. Solche Dinge…
und man sieht, da fügt sich etwas, das hat ja
doch wirklich schon sehr viel mit dem Heimat
Gefühl zu tun. Heimat bedeutet für mich nicht
nur mein Zuhause oder der Ort, wo ich geboren
wurde oder die Stadt, wo ich aufgewachsen bin,
der Wald in dem man spazieren gegangen ist.
Für mich bedeutet Heimat auch wirklich: mit
welchen Menschen fühle ich mich beheimatet,
in welcher Situation fühle ich mich heimatlich,
in welchem Beruf fühle ich Heimat, sind meine
Kollegen, Familie auch irgendwie Heimat? Ist
der Ort schön, wo ich hin reise zum Beispiel. In
Elias Aljuboori malt die untergehende
Sonne in Acryl auf
Leinwand. Eigentlich hatte er
etwas anderes vor, zu malen.
Aber wie von selbst, hörte er
mehr und mehr auf seine Emotionen
und malte frei und ohne
Zwang weiter. Er weckte seine
Sehnsucht und ließ sich selbst
überraschen
Elias Aljuboori kommt ursprünglich aus
Bagdad und studierte Hotel Tourismus &
Mangement , seit mehrern Jahren lebt er
nun schon in Erfurt und ist auch schon
Vater geworden
Heimat: Ein Thema, dass wohl auch
schnell an die Ukraine denken lässt
und wie Millionen Menschen vor
dem schrecklichen Krieg im letzten
Jahr flüchten mussten (Eine Malerei
von Julia Sophia Neundorf )
23
"Heimat sind Rituale,
Begegnungen, kleine Gesten
des Friedens"
24
Frankreich fühle ich Heimatverbundenheit! Es
hat ja doch sehr viel mit mir innen drin zu tun
und deswegen also keine Frage, total!“
Wie würdest du das kurz zusammenfassen?
"Also Heimat bedeutet für mich mehr als Familie,
es bedeutet für mich auch wie gesagt, der Ort
an dem ich mich wohl fühle meine Wohnung,
mein Zuhause meine Ritual ein Kaffee frühs,
meine Routine, meine Tochter ist natürlich auch
ein großer Teil meiner Heimat und ja meine Arbeit
mit Kindern (lachen), eine Begegnung in der
Stadt, ein Lächeln, ein Dialog, eine gute Tat!
Ich denke man braucht sich selbst, in seinem verwurzelten
Dasein. Welche Dinge sind für mich
dann noch Heimat? Ich bin mit mir hier, alleine
auf dieser Erde und deswegen ist es so wichtig zu
wissen was man braucht, dass hab ich schon sehr
gespürt in den letzten Jahren. Eben was wird
noch gebraucht, damit man einfach irgendwie
sich zu Hause und beheimatet fühlt.“
Elias, vielleicht empfindest du das auch so?
„Ich glaube auch. Heimat: dieses große Wort kann
man nicht richtig mit einem Wort fassen. Heimat
ist für mich einfach, wenn's Ähnlichkeiten hat,
mit Erinnerungen von früher und natürlich die
Erfahrungen die man jetzt so macht in Deutschland.
Zum Beispiel mein Sohn spielt mit mir und
du merkst: schon okay das ist eigentlich auch
Heimatverbundenheit, nicht nur wo du wohnst
oder mit wem du dich immer triffst. Natürlich
auch die kleinen Dinge oder auch der Umgang
untereinander. Was wünsche ich mir, wie geht jemand
natürlich so, die sich an ihre Kindheit erinnern,
dass sie keine warmen heimatlichen Gefühle haben.
Weil eben nichts warmes stattgefunden hat.
Weil da vielleicht auch schlimme Sachen passiert
sind und dann sucht man sich das was man vielleicht
braucht, als Heimat was man früher nicht
gehabt hatte.“
mit mir um oder wo fühle ich mich wohl,
Also hat Heimat für dich auch viel mit der Kindheit
zu tun?
wie fühle ich mich dabei? Jemand redet mit mir
z.B. sehr liebevoll. Ich fühle mich dadurch schnell
sehr wohl und es hat für mich etwas heimatliches.
Dann ist auch das Gefühl von Heimat, egal
wo man ist, einfach da. Dass dich Andere richtig
akzeptieren, diese Wärme. Bei manchen ist es
„Ja. Viele Kindheitserinnerungen, also vieles was
man in der Kindheit erlebt hat. Man konnte
in dem Moment ja gar nicht richtig begreifen,
was es ausmacht. Und, ja, jetzt erst mit jedem 25
weiteren Lebensjahr kommt die Reife und das
Verständnis für meine Herkunft.“
Wenn du an deine Malerei denkst, der Sonne,
hat das für dich auch was mit Heimat zu tun?
Elias: „Ich wollte eigentlich was anderes malen.
Doch das hab ich einfach irgendwann gelassen.
Ich habe mir gesagt: nicht mehr so viel darüber
nur Nachdenken. Sondern loslassen. Dann haben
sich die Farben fast wie von selbst gemischt
und das gab mir ein gutes Gefühl. Okay! Das war
schon eine krasse Erfahrung wie die Farben sich
einfach zusammen mit anderen Farben vermengt
haben. Wenn du malst, spürst du so ein Gefühl
von Heimat, es kommt einfach raus.“
Vielleicht noch mal zu der Sonne weißt du
warum die Sonne für dich so ein Sinnbild ist?
Elias: Ich mag den Winter auch aber damals
nicht so. Der Winter ist bei uns viel kürzer. Mittlerweile
genieße ich irgendwie auch den Winter
aber die Sonne ist immer da. Egal an welchem
Ort also verbindet sie uns. Es ist wie mit den
Sternen. Sie sind immer da auch wenn du weit
weg bist von zu Hause. Ich guck da hoch, und da
kommen kleine Erinnerung. Ich bin ständig auf
der Suche nach den letzten Sonnenstrahlen: ja
treffen wir uns dort, alles klar, dann dort, ja das
war im Sommer so, um den Licht nachzujagen.
Schön! Die Sonne, die Sterne sowas ist also auch
irgendwie mit den Gedanken der Heimat verwandt.
Findet man, auf eine ähnliche Art und
Weise, noch so eine Assoziation in der Natur
oder in der Umgebung?
Susanne: Auf jeden Fall. Allein als du vorhin
auch gesagt hast das die Malerei dieses Gefühl
vermitteln kann oder das, Farben zu mischen,
Heimat sein kann, und so weiter … auch in der
Natur: als wir Spaziergänge durch den Wald gemacht
haben, Bäume betrachteten. Man schaut
einen Baum an und da ist ja auch unendlich viel
wieder zu erkennen. Das Rauskommen ist wie
eine Genesung, die Wurzel eines Baumes, der
für den Anfang steht und immer größer wächst.
Und sich schließlich zu feingliedrigen Ästen ausweitet.
Elias: Diese Momente kommen einfach. Man
schafft sie selber und damit die Verbindung zur
Kindheit oder zu Erinnerungen. Zwar ist das ein
komplett anderes Umfeld hier, aber die gleiche
Intension wie zusammen etwas zu kochen. Für
mich persönlich gibt's aber auch sehr sehr viele
Dinge die ich vermisse, allein schon weil die Menschen,
mit denen ich die Kindheit verbracht habe
nicht mehr da sind. Sie sind schon verstorben und
dadurch ist es unmöglich das, dass wiederholbar
ist. Es gibt sehr sehr viele Dinge, die sehr schmerzlich
gewesen sind, zumindest eine Zeit lang. Deswegen
hab ich ja vorhin auch schon gemeint, das
mit den Jahren, jetzt mit 30, eine Menge passiert:
dies und jenes, was man so sucht in sich selbst um
zufriedener zu werden, um nicht ständig jemanden
zu vermissen und traurig zu sein. Alles in
meiner Kindheit, wo ich mich doch so geborgen
und heimatlich gefühlt habe, eben sowas kann
ich mir auch selber wieder schaffen, um zufrieden
zu sein. Es ist eigentlich auch etwas Gutes
jemanden zu vermissen, sowas kann auch den
Schmerz ein bisschen weg schieben. Wenn man
noch mal drüber nach denkt und sich erinnert,
26
kommt diese Wärme wieder und das finde ich
auch schön. Aller spätestens wenn man eigene
Kinder hat und man kann das alles wiederholen.
Das ist ein Geschenk für die Kinder dieser Erde!
Man gibt ihnen das Erlebte und die Werte von
seiner Familie weiter, nur eben in einer neuen
Version!
Also zusammengefasst in einen Satz, wenn du
über Heimat sprichst?
Elias: Heimat ist für mich das Weitergeben, alles
schöne aber auch gleichzeitig was nicht schön
war, und so kann man auch immer einen Weg
finden. Heimat das bist immer du selbst, und
was du daraus machst! Nett zu sein, so richtig
und klar zu sein!
Susanne: Für mich ist es die Geborgenheit und
das Wärmegefühl! Eine Quelle, die dich mit dem
Gefühl zu jemanden in Verbindung bringt, z.B.
mit ähnlichen Erinnerungen an die Kindheit
oder ähnliche Schicksalsschläge. Ich merke zum
Beispiel total wenn ich so jemanden begegne und
das merkt man schon am Vorbeigehen, im Raum
irgendwas ist da. Der hat was warmes, irgendwas
ist da ganz authentisch und sofort fühle ich mich
mit der Person sehr wohl und dann kann dieser
wildfremde Mensch sofort für mich total heimatlich
sein. Ich könnte mich mit dieser Person
stundenlang unterhalten und es ist total `heimelig`
und wir haben uns noch nie vorher im Leben
gesehen. Das finde ich halt auch total wesentlich
und das verbindet uns ja auch alle! Wenn wir uns
so finden, wenn einzelne Menschen so miteinander
sind und den Blick aufeinander richten, ja
wenn wir ein bisschen mehr so durch die Welt
alle gehen, findet man eine neue Heimat.
Natürlich auch im klassischen Sinne:
Die Heimatstadt wo ich geboren bin und wo
ich meine Kindheit verbracht habe. Wenn ich
da diesen Boden betrete, das ist natürlich auch
noch eine ganz andere Ebene. Da wo meine Kinderfüße
gelaufen sind und wo man den Duft von
dem Flieder wahrnahm, wird alles greifbarer,
heimatlicher und man entwickelt umso mehr
eine Verbundenheit, auch mit sich selbst.
Ich habe mich in den letzten zehn Jahren auch
selber beobachtet. Dass ich so knapp um die
30 sehr stark die Familie gesucht habe und ich
hab mich so heimatlos oft gefühlt. Für mich war
zum Beispiel Weihnachten so diese Zeit. Auch
wenn ich wusste wir machen so Familientreffen
und alle sind beieinander dann habe ich zwar
Energie getankt, doch ich hab mich heimatlos
gefühlt. Und da wurde mir bewusst: irgendwie
will ich für mich leben, mein Ort finden, mein
zu Hause, da wo ich arbeite, da wo ich bin. Um
so älter man dann wird, umso mehr merkt man
die Familie kann tatsächlich auch ein bisschen
von einem abrücken, weil ich mich hier in eine
andere Richtung entwickelt habe. Man vielleicht
nicht mehr ganz so die gleichen Sachen macht,
die man früher als wir noch alle jung und klein
waren, gemacht haben. Also Familie muss nicht
immer die Heimat bleiben, nichts über die Familie!…
aber ich will damit nur sagen, die Heimat
ist wirklich in uns selbst und in dem was wir uns
um uns herum so schaffen und bauen!
Heimat heute und Heimat damals?
Damals war für unsere Großeltern Heimat: wir
haben was zu essen, wir überleben. Wir sind uns
sicher dass es für sie schon Heimat genug gewesen
war. Ganz einfache grundlegende existenzielle
Dinge und heute ist so viel Individualismus
dabei. Wir können auch so schnell aus Beziehung
27
ausgehen, wir sind nicht mehr abhängig vom
anderen, wir können uns sehr gut auch selber
versorgen. Wir haben den Freiraum und die
Möglichkeiten sehr schnell uns abzugrenzen:
hier in dieser Beziehung fühle ich mich jetzt
nicht mehr heimatlich geborgen also geh ich daraus
und damals war es eben nicht so.
Und Erfurt, Heimatstadt?
Also wenn ich von der Arbeit hier die Straße
runtergehe oder lang fahre, Richtung nach
Hause… viele grüße und `hi`, man klatscht sich
kurz ab und hier `schönen Tag dir` schon Feierabend
und frühes guten Morgen und komm gut
durch den Tag guten Wochenstart hey … wenn
ich das so erlebe wie das hier so ist, auf jeden Fall
Heimatstadt!
Valentin Junghanß hatte ebenfalls
eine Ausstellung im Atelier
Reservoir 2021. Mit der
Reihe ADHAS will er aufmerksam
machen, auf die bunte
und zerstreute Wahrnehmung,
die man besitzt wenn man an
ADHS erkrankt ist.
Durch die Abstraktion und der
Neon Farben wirken die Werke
sehr stark und einnehmend, sie
ziehen einen in den Bann und
geben dem Betrachter das Verständnis
für solch ein Leben
mit ADHS
28
Susanne Müller ist Erzieherin in
Erfurt und macht die Heimatverbundenheit
nicht nur als einen bestimmten
Ort aus, sondern sieht sie
in vielen alltäglichen Situationen
aufkommen
Auszüge der Vernissage mit den
Werken von Valentin Junghanß im
Sommer 2021
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Workshop & Filmprojekt
@dontstopmotion_film
dontstopmotion.de
31
Itris ist zwölf Jahre alt und
kommt aus Kurdistan-im
Gespräch über seine Malerei
Was Hast du da gemalt:
"Paris, die Stadt der Liebe. Bei
dem Herz und da bei der Mitte
kannst du um meine Spitze
sehen, das ist ein Herz für die
Liebe." Warum hast du Paris
gemalt?
"Weil es so schwer war in
meiner Heimat und ich hab
Paris gemalt weil es so schön
ist dort."
Die Moving Painting Reihe
mit allen animierten Arbeiten
gibt es auf youtube zu sehen.
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Moving Painting
wurde ebenfalls in das
Leben gerufen, um den
Teilnehmern der Workshops
die Gelegenheit zu bieten,
ihre entstandenen Werke
zusammen mit Niels Bauder
animieren zu können.
In einem kurzen Film
sind nun alle entstanden
Animationen zu sehen.
33
Lokale Künstler wie Wanda,
Minetta ,Rene Paninski,
Armin Paul, Richard Preising,
Werkwald, Marina Fauser uvm.
werden dauerhaft im Atelier
ausgestellt und schaffen eine
bunte Vielfalt von künstlerischen
Einflüssen
34
Künstlerin Julia Sophia Neundorf
malt sowohl abstrakt
wie auch figürlich. Ganz bewusst
möchte sie sich nicht,
für einen Stil entscheiden
und ihrem Duktus nur eine
Marke aufsetzen, dafür gibt es
ihrer Meinung nach zu viele
Möglichkeiten. Für ihr inneres
Kind, macht sie Platz in die Abstraktion
einzutauchen, wenn
dann genaue Vorstellungen
und Konzepte, Thema sind, bedient
sie sich eher dem Öl und
dem damit verbundenen langen
Prozesses eines naturalistischen
Stils.
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JOY TO INSPIRED IN EVERY DAY
LIFE.
Die Künstlerin Julia Sophia Neundorf ist nun schon länger als 8 Jahre in
Erfurt, dem grünen Herzen Deutschlands, nicht weit entfernt von ihrem
Heimatort: Bad Liebenstein. Sehr früh als Kind begann sie, die ersten
Zeichnungen auf ihren Gips zu malen, nach einen schweren Unfall an
der Halwirbelsäule. Nachdem sie wieder gehen konnte, hörte sie nie auf
kreativ zu sein und schnell entwickelte sie daraus ihre größte Leidenschaft,
der Malerei. Ihr Glück, dass auch Lehrer ihr Talent früh erkannten, und
sie nach dem Unterricht in der Kunst förderten. Nach dem Abitur schloss
sie eine Bildhauerausbildung ab, die ihr das Verständnis für Skulpturen,
Anatomie und künstlerische Selbstverwirklichung gaben.
Mit dem Studium in Kunst und Literaturwissenschaften an der Universität
Erfurt ebnete sich der Weg zur Eigenständigkeit als Künslerin. 2019
öffneten sich dann die Türen des Ateliers Reservoirs, in der nicht nur
die eigene Arbeit an der Leinwand, zentrales Thema für sie von Anfang
an war, sondern auch die Arbeit im Kulturbereich, dem Zusammensein
mit kreativen Menschen. Im Jahr 2021 gründete sich der Künstler Verein
zum Atelier, der seit dem konstant wächst. Der ehrenamtliche Künstler
Verein Reservoir e.V. beschäftigt sich vor allem damit, künstlerische Prozesse
mit kreativen Menschen zu teilen und jungen unbekannten Künstlern
der Stadt eine Fläche zu bieten, das erste Mal ausstellen zu dürfen und
Erfahrungen in diesen Bereich zu sammeln und damit eine neue heranwachsende
Subkultur zu stärken.
36
DAS ATELIER RESERVOIR
Die Künstlerin Julia Sophia Neundorf findet sich zwischen
dem künstlerischen Schaffen und ihrem Engament im
Kulturbereich wieder
Wir leben in einer so schnelllebigen Zeit, in der
die digitale Welt unser Wesen bestimmt, dass wir
den Kern unseres Glückes oft vernachlässigen. Im
Fokus des Ateliers steht daher vor allem, Ruhe
und Geduld einkehren zu lassen, aus sich selbst
heraus, etwas Eigenes zu erschaffen. Die Faszination
auszulösen, was man alles durch seine eigenen
Hände kreativ erschaffen kann. Sich dabei auf die
kleinen schönen Dinge rück zu besinnen und ihnen
wieder mehr Wert beimisst ohne einen Konkurrenzgedanken
hinsichtlich einer Bewertung des
hergestellten Objekts zu entwickeln. Nur so kann
ein gleichberechtigter und fairerer kreativer Austausch
miteinander und vorallen füreinander
stattfinden. Ein großes Vorbild zu diesen Thema
ist Arno Stern, welcher nahe Paris einen Malort
ins Leben gerufen hat. Dort kommen alt und jung
zusammen um zu malen und das abseits von jeglichen
Erwartungen oder Bewertungen. Das Atelier
möchte Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen
kreative Arbeitsmethoden bieten, die für die Entwicklung
und Stärkung ihrer Persönlichkeit hilfreich
sind: Selbstbildung und verschwenderischer
Umgang mit Zeit zum Beobachten, Veranschaulichen,
Probieren, Nachahmen.
Ein Programm wird jährlich im Atelier angeboten,
dass den Zugang zu aller Generationen jeglicher
Herkunft ermöglicht. Neben Aufklärungsarbeiten
im Bereich der Nachhaltigkeit werden Kreative
Workshops angeboten, die den Ausdruck innerer
Zustände und Probleme Kinder, Jugendlicher
und Erwachsener widerspiegeln. Dabei fungiert
den Kanal Kunst als Medium, diese Themen wieder
näher an den Menschen heranzutragen und in
ihm eine neue Neugier zu erwecken, wie aktuelles
Zeitgeschehen neben dem klassischen Unterricht
verarbeitet werden kann. Vielfältige Kurse wie
Ausdrucksmalerei, kreatives Schreiben oder Plastikskulpturen
bauen, sprechen eine bunte Vielfalt
an. Die Atelierarbeit und die darauf folgenden
Ausstellungen dienen der Künstlerin als unterstützendes
Werkzeug, Präsenz nach Außen zu stärken
und themenbezogene Kunstwerke zu präsentieren.
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38
„Vielleicht brauchen wir gar keinen neuen Dinge mehr,
sondern neue Vorstellungen von dem was für uns wertvoll
ist. Etwas, das für mich sehr wertvoll ist, sind Menschen
gemeinsam mit allen Farben und Formen im Raum der unendlichen
Möglichkeiten der Kreativität.“
Es werden häufig verschiedene kreative Menschen
zu den jeweiligen Themen eingeladen, um Vorträge
zu halten und in nachfolgenden Diskussionen und
Gesprächsrunden interaktiv aufzuklären. Dabei
wird in jeden Bereich mit nachhaltigen Materialien
gearbeitet. Durch die Zusammenarbeit in Malerei
und Bildhauerei wird ein Netzwerk zwischen den
kreativen Teilnehmern geschaffen und gestärkt
werden. Dies ist eine wichtige und zielführende
Verwirklichung. Durch das Hinführen zu den
nachhaltigen benutzten Materialien, wird das
Bewusstsein gestärkt, der Natur dabei nicht gleichzeitig
zu schaden. Ebenfalls stützt es ein umweltbewusstes
Zukunftsdenken.
So auch der Workshop: How can I give up Plastic
beispielsweise wurde dazu ausgerichtet, den Teilnehmern
eine neue Lebensweise vorzustellen, die
soviel attraktiver für uns und unsere Erde ist. Mit
einer Siebdruckwerkstatt sollen auf künstlerische
Weise Vervielfältigungen geschaffen werden, ohne
der Umwelt durch unnötige Papierverschwendung
zu schaden.
Denn dazu werden Papiere aus den letzten zwei
Jahren verwendet, die Kinder und Jugendliche bemalt
haben und nicht abgeholt wurden. So wird
der Flyer oder das Poster zu einen eigenen Kunstwerk
und diesem auch wieder mehr Wertschätzung
bei gemessen.
Das Thema Wiederverwertung spielt generell immer
ein großes Thema und so versuchen wir in
jeden Kurs auf altes , gebrauchtes oder gefundenes
zurückzugreifen.
Abendliche Lesungen sprechen eher ein älteres
Publikum an und beschäftigen sich mit verschiedenen
Lektüren. Dabei versuchen wir vor allem,
die Vorbildfunktion jedes einzelnen zu unterstreichen
und bewusster zu machen.
Homepage
www.julia-sophia-neundorf.com
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42
Ein Raum, gefüllt mit kleinen Schätzen. Bilder
hängen und lehnen an den Wänden, stehen auf
Regalen und Vintage-Möbeln, auf dem Fußboden.
Dazwischen Zimmerpflanzen und Material, Pinsel,
Farben, Leinwände. Und mitten in diesem
wundersamen Ort sitzt Julia Sophia Neundorf,
Künstlerin, Bildhauerin und Fotografin. Julia Sophia
Neundorf liebt und lebt das kreative Schaffen.
Sie strahlt Ästhetik und Feinsinn aus, beim
Gehen, Sprechen, Artikulieren . Ob mit Kreide,
Acryl, Kohle, Holz oder Ton, ob beim Illustrieren
oder Fotografieren: Die Kunst nutzt sie als Kanal,
um sich auszudrücken und in Kontakt mit anderen
Menschen zu kommen. „kreativer Austausch ist
mir sehr wichtig“, sagt Julia Sophia Neundorf – ihr
Atelier „Reservoir“ in der Erfurter Altstadt bietet
seit 2019 den Raum dafür. Sie versteht das „Reservoir“
als Refugium und Anlaufstelle für ein buntes
Miteinander von Künstlerinnen und Musikern, für
Jung und Alt, Menschen jeglicher Herkunft, alle.
Und trotz der kreativen Vielfalt soll es ein Ort
sein, „wo wir das Tempo rausnehmen“, sagt sie. Ein
Ort mit Platz zum bewussten Zeit-Verschwenden,
Entschleunigen, Beobachten und Sich-Ausprobieren.
Hier finden interkulturelle Abende, Vorträge
und Lesungen statt. Mal erklingt mesopotamische
Musik, mal wird Theater gespielt. Einmal in der
Woche lockt das offene Atelier, das vor allem für
Kinder und Jugendliche gedacht ist. Und immer
wieder ruft Julia Neundorf in ihrem Atelier neue
Projekte ins Leben – wie jüngst unter dem Titel
„kreativ nachhal(l)tig“, gefördert von der Erfurter
Kulturdirektion. Malerei, Druckwerkstatt, Collagen
und Fotografie sollen dabei zum Austausch
über Umweltthemen anregen. Im Outdoor-Workshop
„LandArt“ werden temporäre Kunstwerke
aus Naturmaterialien gefertigt. Und Leinwände
und Rahmen werden aus alten Leisten, Holzbalken
und nachhaltigen Baumwollstoffen gebaut. Dass
Nachhaltigkeit ein großes Anliegen für Julia Sophia
Neundorf ist, wird schnell deutlich. Sanft,
aber bestimmt spricht sie über ihre Mission, künstlerisch
und kreativ Bewusstsein für das Thema zu
schaffen – und möglichst viele Menschen damit zu
erreichen.
„Man muss berühren“, sagt sie. Bei ihr seien es zuerst
Bilder schmelzender Gletscher gewesen und
das weltweite Artensterben, die in ihr ein Umdenken
bewirkt hätten. Das wünsche sie sich auch für
das Projekt: „Ich hoffe, dass jeder einzelne Teilnehmer
nach den Sessions ein Stück mehr Umweltbewusstsein
mitnimmt.“
In ihrer künstlerischen Arbeit setzt die 31-Jährige
schon länger auf umweltfreundliches Material.
Auch beim Marketing wird auf Wiederverwertung
geachtet: Flyer, Postkarten und T-Shirts entstehen
an der ateliereigenen Siebdruckmaschine. Als Material
dient einseitig bemaltes Bambuspapier aus
dem offenen Atelier, das die Kinder dort oftmals
zurücklassen. Eine Win-win-Lösung: Die Papiere
werden wiederverwendet – und jeder einzelne Flyer
erhält so eine künstlerische Note, die ihn zum
Unikat macht. Auch bei der Gestaltung und dem
Ausbau ihres Ateliers liegt der Fokus von Julia
Sophia Neundorf auf Upcycling: Eine neue Regalwand
mauerte sie jüngst selbst mit Mörtel und
alten Ziegelsteinen, die sie auf einer Onlineplattform
zum Verschenken fand.
Heute fühlt sich Julia Sophia Neundorf in ihrem
Erfurter Atelier „angekommen“. Dabei sei all das
– das Atelier, die Workshops und Projekte – nie
ihre Vision gewesen: „Irgendwie kam das von allein.“
Schon früh habe sie bemerkt, dass sie Menschen
mit ihrer Kunst beeinflussen und berühren
könne. Zuerst die Familie, später auch Jurys von
Schulwettbewerben. Ihre Mission: „Leuten Freude
schenken.“ Nach der Schule lässt sich Julia Sophia
Neundorf zur Bildhauerin ausbilden; 2012 beginnt
sie ein Studium der Kunst und Literaturwissenschaft
in Erfurt. Bei Praktika in Kindergärten und
Kunstschulen kommt sie ihrer Leidenschaft näher:
Kindern und Jugendlichen Raum zu geben, sich
kreativ zu entfalten. „Kinder bringen eine lockere
Stimmung mit sich, sie vergleichen sich noch
nicht und malen einfach drauflos“, sagt Julia Sophia
Neundorf. Auf die Idee, in Erfurt ein Atelier
zu eröffnen, wird die Künstlerin von Freunden
gebracht. Und damit ihr Mut geweckt, dort einen
kreativen Ort entstehen zu lassen.
Heute ist das „Reservoir“ Julia Sophia Neundorfs
Arbeitsort. Hier malt und illustriert sie, formt
Skulpturen, entwickelt Fotos und schreibt. Hier
und auf ihrer Webseite verkauft sie ihre Kunst. Ein
Skizzenbuch oder Tablet hat sie immer dabei, um
Ideen festzuhalten. Was sich daraus entwickelt,
kann man zum Beispiel an den hohen Wänden des
Ateliers bewundern: Große, oft surreal anmutende
Ölgemälde, lebendig und farbenfroh. „Die Welt
trägt nun mal viele Farben“, sagt die Künstlerin –
„die muss man auch zeigen“. Mit ihrer Kunst teilt
Julia Sophia Neundorf ihr Inneres mit der Welt
und drückt aus, was sie bewegt. Zurzeit arbeite sie
an einem Ölgemälde der legendären Umwelt- und
Tierschutzaktivistin Jane Goodall. Immer wieder
entdeckt man auch die Künstlerin selbst auf ihren
Werken. Bunt und wild, sensibel und sinnlich.
In ihrer aktuellen Ausstellung „Paradise“ verarbeitet
Julia Sophia Neundorf ein Erlebnis aus
ihrer Kindheit: eine Nahtoderfahrung nach einem
schweren Trampolinunfall. Viel Licht habe
sie damals gesehen – und eine Frau, die ihre Hand
hielt. An ein „unglaublich warmes Gefühl“ erinnert
sie sich dabei, verbunden mit der Gewissheit:
„Alles ist gut, egal, was passiert“. Einen Zugang zu
diesem Erlebnis, das sich schwer in Worte fassen
lasse, habe sie erst kürzlich gefunden. Nun gibt sie
ihm durch den Kanal der Kunst Raum. „das Paradise“,
sagt Julia Sophia Neundorf – „ist kein Ort,
es ist vielmehr ein Zustand von innerem Frieden.“
Interview von Alina Sauer
"Ein Ort an dem wir gemeinsam das
Tempo dieser Welt rausnehmen"
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INSAN
PODCAST
Adam Alazawe`s Leidenschaft
ist die bunte Weltmusik
Eine musikalische Veranstaltungreihe, die ein Experiment
darstellte. Ein anderes Erlebnis als im Club. Einfach bewegende
Musik zum Verweilen
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Die musikalische Veranstaltungsreihe "In San Podcast"
von Adam auch bekannt als Dj Serdab, im
Atelier ist ein Experiment, die unsichtbaren Wellen
der Musik in Form von Vinyl auszusuchen, zu
empfangen und dann in die Luft zu verteilen. Eine
andere Welt als im Club. Die Atmosphäre ist menschlich,
lustig und nicht geplant inspiriert aus dem
Moment.
Leben und Erleben. Bewegende Musik, die nicht
nur am Abend kommt, sondern auch wenn frühs
das erste Licht durchbricht, und die Musik zur
Quelle der Freude wird und zu strahlen beginnt.
Adam wollte immer diese Energie der Musik mitteilen
und vor allem nicht unter Alkohol, sondern
bei Kaffee und Veganen Essen. Er spielt unterschiedliche
Musik, vom Folk bis zu Techno, von
traditioneller bis hin zu Welt-Musik.
Alle Sets gibt es unter folgenden Link zu hören:
www.mixcloud.com/adam-alazawe
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Freies Malen wieder
endecken
Ein weiße Leinwand, Pinsel und Farben- mehr braucht es nicht. Oder
doch?
Freies Malen braucht den Mut und die Überzeugung, dass egal was passieren
wird mit Pinsel & Farbe : es gibt nichts, was nicht gut aussieht. Die
Kunst lebt davon, dass alle Türen für dich offen stehen. Wenn man aufhört
sich zu vergleichen und für eine Weile nur auf sein Gefühl hört, wird der
Rest von alleine entstehen. Das Spektrum der Farben und die Vorstellungen
der Motivwahl führen dich, wie von selbst zum Ziel und erschaffen
dir einen Raum, indem du dich frei kreativ bewegen kannst. Dabei ist es
ein großer Lernprozess , anzuerkennen, dass nichts wird, wie es im eigentlichen
Sinne erdacht war. Dies als eine postive Überraschung zu erfahren,
ist wohl mit das schönste Gefühl einer kreativen Arbeit.
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Wenn Kinder malen, sind sie noch so mehr frei von
den Konkurenzgedanken als unsere erwachsene
Gesellschaft uns tagtäglich vorgibt. Ihre Ästhtik
und Neugier unterscheidet sich noch von unserer.
Ihr Drang die Materialien mehr als eine Art Experiment
zu sehen und diese unbändig, ohne zu zögern
aufzutragen, entwickelt eine unverkennbare
Dynamik. Viele Künstler wie Kadinski oder Pual
Klee versuchten auch ihr inneres Kind wieder herauszufordern.
Mit viel Erfolg. Wie viel Mut dahinter
steckt, kann man nur erahnen. Haben wir das
Malen verlernt, oder kann ich das überhaupt? Zu
oft hört man diesen Satz. Nicht ohne Grund. Die
Schule gab dir den Anlass durch eine Bewertung
an deinen Talent zu zögern. Doch diese Bewertung
schaltet das Atelier bewusst aus. Es möchte Dir
den Anlass geben, ungezwungen und ohne große
Gedanken aus deinen Inneren einen Ausdruck
wieder aufzuleben, der vielleicht zu lange schon
still geworden ist. Bringe das Leuchten der Fabren
auf die Leinwand oder die Papiere und du wirst
verstehen, wie viel Intensität nicht nur der Prozess
sondern auch das Werk an sich ausdrückt. Viele
können Rückschlüsse auf ihre Stimmung führen
oder sind inspiriert gewesen von bestimmten Erfahrungen
oder Momenten, die sie in dieser Art
und Weise wieder erkennen. Die Farben bleiben
das einfachste Medium sich frei kreativ zu entfalten,
wirft man all seine voreiligen Schlüsse über
Bord, strandet man auf einer Insel der Phantasie,
auf der es keine Grenzen gibt.
Ein abstraktes Selbstportät in allen Farben malte Hugo
Der erste Vesuch mit Pastellkreide
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Zur Zeit sind die Wekre der Künstlerin im Speicher in
Erfurt zu sehen
Haben wir das Malen verlernt, oder kann ich das überhaupt?
Zu oft hört man diesen Satz.
"Mit der Zusammenarbeit im
Atelier möchte ich Dir den
Anlass geben, ungezwungen
und ohne große Gedanken
aus deinen Inneren einen
Ausdruck wieder aufzuleben,
der vielleicht zu lange schon
still geworden ist."
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Im Moment ist ein deutscher
Impressionist ausgestellt, der
zur Zeit Monets gearbeitet und
gelebt hat. Die Werke kennzeichnen
ganz eindeutig, die Generation
der Impressionisten, indem
sie das Licht einfangen und
eine unglaubliche Strahlkraft
besitzen
Das Atelier befindet sich ständig
im Wandel, neben wechselnden
Ausstellungen kann man auch
immer unterschiedliche Werke
der Künstlerin betrachten und
erwerben.
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Aktuelles Zeitgeschehen liegt Julia
Sophia sehr am Herzen, ihre jüngste
Arbeit zeigt Jane Goodall, die sich
noch im hohen Alter für die Umwelt
und den Tierschutz einsetzt
Lieber Leser, liebe Julia,
du hast hier einen ganz besonderen
zauberhaften Ort
geschaffen. Ein Ort der Inspiration,
des Kennenlernens und
Eintauchens in die eigene innere
Welt. Es motiviert mich richtig
und zeigt mir neue Seiten an
mir selbst wenn ich hier bin.
Erfahrungsberichte
einiger Teilnehmer
der Workshops
Ich hoffe dass noch mehr Menschen
in diesen Genuss kommen
können. Kunst schafft ein Stück
Unendlichkeit und kann einen
im Herzen berühren, dass fällt
mir auf wenn ich mich hier im
Raum umsehe! Nina
Die Vögel sind frei und doch
bleiben sie manchmal an einen
Platz, weil sie sich dort wiederfinden
und wohlfühlen. Das ist
so ein Platz. Hier zu sein, bedeutet
für mich viel. Hier finde ich
diese Freiheit, die ich lange gesucht
habe. Ein Ort an dem ich
meine Gedanken malen kann.
Das Atelier ist Natur, ist Liebe,
mit seinen Menschen darin.
Mein Wunsch ist es, solange wie
ich hier bin, immer wieder zurück
in das Atelier zukommen.
Zerdescht
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Die erste Ausstellung von vielen lokalen
Künstlern fand in dem ersten
Jahr statt. Unter anderen Veit Gossler,
Richard Preißing, Frank Stehl,
Minetta und Norman Hera ect. waren
vertreten
Ich bin mitten im Corona Lockdown
in Erfurt gelandet und
habe nach einiger Zeit der Isolation
diesen wunderbaren Ort
entdeckt und direkt eine Verbundenheit
gespürt. Seit dieser
Zeit verbringe ich viele Stunden
im Atelier und möchte mich neben
dem selbst kreativ sein auch
einbringen, indem ich anderen
Menschen diesen inspirierenden
Ort weiter empfehle.
Big Love Philip
Wenn es einen Ort gäbe, an
dem ich, ich selbst sein kann
und mich trotzdem der synergetischen
Stimmungen unterschiedlichster
emotionaler
Nuancen hingeben und mich
inspirieren lassen kann, so
möchte ich dort sein. Verweilen.
Genießen. Das hier ist so ein
Ort für mich. Danke für diesen
freien Raum zum Loslassen.
Steffi
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Eine Förderung der LAP in Erfurt/
Vielen Dank für die finanzielle Unterstützung,
dadurch ist die Umsetzung
des Projektes Mina Sinima erst
möglich geworden
IMPRESSUM
Herausgeber
Künstler-Verein Atelier Reservoir
e.V.
Webergasse 25, 99084 Erfurt
Leitung des Vereins
Julia Sophia Neundorf
Gestaltung, Satz und Druckzeugnisse
Julia Sophia Neundorf
Druck & Herstellung
Fachhochschule Erfurt
Dr. Jörg Beherens / Dr. Frank Stehl
Erscheinungsjahr Dez`2022
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CONTACT
015758522587, julia-neundorf@gmx.de
www.julia-sophia-neundorf.com
Webergasse 25 / 99084 / Atelier Reservoir
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Das Atelier Reservoir befindet sich in der Altstadt Erfurt
/ Webergasse 25 / 99084