Cruiser im Winter 2022/2023
Doppelnummer Januar/Februar 2023
Doppelnummer Januar/Februar 2023
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4 Queer-Art
Wenn Kunst Akzeptanz schafft
10 Die USA
(K)ein Land der unbegrenzten
Möglichkeiten
14 Heavy Metal
«Harte» Männer als queere
Vorbilder
cruiser
KUNST, KULTUR & LEBENSSTIL FÜR DIE LGBT*-COMMUNITY
SEIT 1986 DAS ÄLTESTE QUEERE MAGAZIN DER SCHWEIZ – JANUAR / FEBRUAR 2023 CHF 8.10
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Foto: Zoo Zürich, Jean-Luc Grossmann
EDITORIAL
Liebe Leser*innen
Die Schweiz soll am traditionellen binären Geschlechtermodell festhalten. Das hat
der Bundesrat im Dezember beschlossen. Vor einem neuen Geschlechtsmodell
brauche es zuerst einen gesellschaftlichen Diskurs. Nun. Dieser findet eigentlich
schon längst statt. Und hat längst schon stattgefunden. Da fragt man sich
manchmal schon, was denn die vielen Prides, Kampagnen, Artikel, Insta-Posts usw.
gebracht haben. Eine Änderung hätte weitreichende Konsequenzen, die bisher
kaum diskutiert worden seien, schreibt der Bundesrat. So müsste beispielsweise
die Bundesverfassung angepasst werden – etwa im Bereich der Militär- und
Ersatzdienstpflicht, weil diese keine Regelung für Personen enthält, die nicht als
HERR UND HERR PINGUIN:
NATÜRLICH VERLIEBT.
männlich oder weiblich im Personenregister eingetragen sind. Hat es denn nicht
auch weitreichende Konsequenzen für all jene Personen, die sich eine Identität
wünschen? Es ist mittlerweile längst bekannt, dass Gender nicht binär ist. Warum
also dieses Festhalten an unsinnigen Normen? Wir im Cruiser versuchen seit
Dekaden zu zeigen, dass es nicht nur 1 oder 0 gibt, dass es nicht nur schwarz oder
weiss sein muss. In dieser Ausgabe mehr denn je; beispielsweise mit unserem
Artikel über queere Kunst ab Seite 4. Ebenso gucken wir einmal mehr auf den
Gut gelaunt ins neue Jahr, ob mit oder ohne Schnee.
Das Lächeln von Ernesto lädt auf jeden Fall dazu ein.
4 VERANSTALTUNG
DISKUSSION ZU QUEERER KUNST
Seiten 8 und 20 alternative Familienmodelle an
und zeigen auf, dass sogar die Musiksparte
8 GESELLSCHAFT
HOMO-EHEN UND KINDER
«Heavy Metal» direkt und indirekt für Queerness
stehen kann.
10 INTERNATIONAL
FORTSCHRITT IN DEN USA
Wir freuen uns auf euch und auf ein tolerantes,
buntes und fröhliches 2023!
14 KULTUR HEAVY METAL
Herzlich; Haymo Empl
18 KOLUMNE MICHI RÜEGG
Chefredaktor
21 KULTUR REGENBOGENFAMILIE
IM HECHTPLATZ
IMPRESSUM
22 GESELLSCHAFT
HIV AM ARBEITSPLATZ
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CRUISER MAGAZIN PRINT
ISSN 1420-214x (1986 – 1998) | ISSN 1422-9269
(1998 – 2000) | ISSN 2235-7203 (Ab 2000)
Herausgeber & Verleger medienHay GmbH
Infos an die Redaktion redaktion@cruisermagazin.ch
Chefredaktor Haymo Empl
Stv. Chefredaktorin Birgit Kawohl
Bildredaktion Haymo Empl, Astrid Affolter.
Alle Bilder mit Genehmigung der Urheber.
Art Direktion Astrid Affolter
Agenturen SDA, DPA, Keystone
Autor*innen Vinicio Albani, Mark Baer, Haymo Empl,
Valeria Heintges, Birgit Kawohl, Moel Maphy, Barbara
Munker, Hannes Rudolph, Michi Rüegg, Alain Sorel
Korrektorat | Lektorat Birgit Kawohl
Anzeigen anzeigen@cruisermagazin.ch
Christina Kipshoven | Telefon +41 (0)31 534 18 30
WEMF beglaubigte Auflage 11 539 Exemplare (2016)
Druck Druckerei Konstanz GmbH
Wasserloses Druckverfahren
REDAKTION UND VERLAGSADRESSE
Cruiser | Clausiusstrasse 42, 8006 Zürich
redaktion@cruisermagazin.ch
Haftungsausschluss, Gerichtsstand und weiterführende
Angaben auf www.cruisermagazin.ch
Der nächste Cruiser erscheint am 27. Februar 2023
Unsere Kolumnist*innen widerspiegeln nicht die Meinung
der Redaktion. Sie sind in der Themenwahl, politischer /
religiöser Gesinnung sowie der Wortwahl im Rahmen der
Gesetzgebung frei. Wir vom Cruiser setzen auf eine grösst -
mögliche Diversität in Bezug auf Gender und Sexualität sowie
die Auseinandersetzung mit diesen Themen. Wir vermeiden
darum sprachliche Eingriffe in die Formulierungen unserer
Autor*innen. Die von den Schreibenden gewählten Bezeichnungen
können daher zum Teil von herkömmlichen Schreibweisen
abweichen. Geschlechtspronomen werden entspre -
chend implizit eingesetzt, der Oberbegriff Trans* beinhaltet
die entsprechenden Bezeichnungen gemäss Medienguide
«Transgender Network Schweiz».
24 SPRACHE
LEXIKON QUEERER BEGRIFFE
26 KULTUR SCHAUSPIELHAUS ZÜRICH
28 SERIE HOMOSEXUALITÄT
IN GESCHICHTE UND LITERATUR
30 KULTUR BUCHTIPP
32 SERIE IKONEN VON DAMALS
34 RATGEBER DR. GAY
4 VERANSTALTUNG
VERANSTALTUNG 5
DISKUSSION ZU QUEERER KUNST
DISKUSSION ZU QUEERER KUNST
Queere Kunst stellt Hetero- und Cis-
Normativität in Frage
Im Januar wird im Zürcher Kaufleuten über Queer Art diskutiert. Hat Homound
Trans-Kunst in Museen, die eigentlich Orte des Kompromisses sind, Platz?
VON MARK BAER
Queere Kunst gibt es in ganz verschiedenen
Formen und Variationen. Für
die Kunstvermittlerin Elena Grignoli,
die am Kunsthaus Zürich arbeitet, findet
Queer Art nicht in erster Linie im Museum
statt. Diese Kunstform gibt es in ihrer authentischsten
Form in queeren Spaces: An
Orten also mit Drag Shows, Mini Balls oder
Voguing, aber auch an Treffpunkten, an denen
es Lesungen oder Konzerte gibt und wo
sich das Publikum und die Kunstschaffenden
als queer definieren.
Als Beispiel nennt Grignoli die «Porny
Days». Dabei handle es sich nicht um ein
typisches Filmfestival, sondern eben um
queere Kunst. Dies vor allem, weil die «Porny
Days»-Veranstalter*innen seit dem Anfang
versuchen würden, mit den Normen
das Mainstream-Pornos zu brechen.
Für die 30-jährige Kunsthistorikerin
gehört dazu, dass in der queeren Kunst
LGBT*-Werte erkennbar sind und dass zum
Beispiel mit traditionellen oder bürgerli-
chen Konventionen gebrochen wird. Ein
typisches Merkmal queerer Kunst sei auch,
dass sie für eine queere Community gemacht
werde, sich also in erster Linie an andere
queere Menschen richte – ohne dabei
nicht-queere Menschen auszuschliessen.
Queer Art findet man – wie ausgeführt –
am häufigsten in LGBT*-Spaces, in Off-
Spaces aber auch in der «angewandten
Kunst», also überall, wo Menschen aus der
Community in gestaltenden oder entwerfenden
Berufen tätig sind. Queere Kunst bediene
sich häufig einer Sprache, die – wie
Grignoli sagt – durch andere queere Personen
besonders gut verstanden werde. «Oft
werden Schmerz, Verletzlichkeit oder Unsicherheit
offen thematisiert.» Zudem finde
jeweils eine sehr differenzierte Auseinandersetzung
mit der eigenen Identität und
den eigenen Werten statt.
In einem Museum, besonders in einem
mit eigener Sammlung, werde Kunst ausgestellt,
die einen bestimmten Wert habe, über
den sich die Mehrheit der Besuchenden und
der Entscheidungs träger* innen einig seien.
«Man muss also in einem Museum immer
eine grosse Bandbreite von Menschen erreichen
und versuchen, keine Gruppe zu vergraulen.»
Museen seien somit Orte des Kompromisses
und des Verhandelns.
Natürlich könne queere Kunst in Museen
einen Platz finden, erklärt Elena Grignoli
weiter. Aber Museen müssten dann aufpassen,
dass künstlerisches Schaffen dort
nicht didaktisch wirke. «Es ist wichtig, dass
die queere Kunst an solchen Orten einfach
Platz hat, ohne das Queere repräsentieren
zu müssen.»
Grignoli, die in Olten aufgewachsen
ist, lernte ihre queere Lieblingskünstler*-
innen nicht im Museum kennen. In der Phase
ihrer Identitätsbildung waren etwa der
spanische Filmregisseur Pedro Almodóvar
oder die US-Moderatorin und Komikerin
Ellen DeGeneres wichtig für sie. «Beide haben
als LGBT*-Personen eine grosse Bühne
Am Verzaubert-Anlass Ende Januar im Kaufleuten werden die Kunstvermittlerin
Elena Grignoli (Bild links) und der deutsche Comiczeichner
Nino Bulling (Bild rechts) über das Thema Queer Art diskutieren.
Das Bild in der Mitte zeigt den*die Schriftsteller*in Kim de L’Horizon,
welche*r vergangenes Jahr den deutschen Buchpreis gewonnen hat.
Kim wird zwar nicht am Event in Zürich teilnehmen, die nicht binäre
Person hat mit ihrem Debütroman «Blutbuch» aber schon einiges für
die queere (Schweizer) Kunst geleistet.
Bild Elena Grignoli © Cinthya Soto / Bild Kim de L’Horizon © Anne Morgenstern / Bild Nino Bulling © zVg
mit immenser Reichweite geschaffen, wo sie
ihren Stil vermitteln bzw. ihre Persönlichkeiten
promoten konnten und dies immer
noch tun.» Und DeGeneres wie auch Almodóvar
kamen natürlich vor allem beim
LGBT*, aber eben auch beim nicht-queeren
Publikum sehr gut an und gelten deshalb
bei vielen Menschen als cool. «Zu diesem
Erfolg kamen sie durch Mut und Durchsetzungsfähigkeit,
aber auch durch extrem
harte Arbeit».
«Es ist wichtig, dass die queere
Kunst an solchen Orten einfach
Platz hat, ohne das Queere
repräsentieren zu müssen.»
Elena Grignoli
Mit Kunst Akzeptanz schaffen
Hart arbeiten auch die Macher*innen des
queeren Zürcher bzw. Frauenfelder Filmfestivals
Pink Apple. Der jährliche LGBT*-
Event gibt es bereits seit 25 Jahren. Queere
Menschen und Filme waren 1997, besonders
in der Ostschweiz, nicht sichtbar. Um
die Akzeptanz und Emanzipation homosexueller
Menschen voranzutreiben, gründete
eine Gruppe schwuler Männer in Frauenfeld
das Pink Apple. «Als queere Kunst, in
unserem Fall Filme, verstehen wir alles,
was Hetero- und Cis-Normativität in Frage
stellt und so einen Safe Space für queere
Personen und Kunstformen kreiert», fasst
Sina Früh den Begriff Queer Art zusammen.
Früh bildet zusammen mit Andreas
Bühlmann die Künstlerische Leitung des
Filmfestivals. Laut der 32-Jährigen trägt
das Publikum auch stark dazu bei, ob und
wie ein Kunstwerk als queer gelesen wird.
«Es entsteht quasi ein Spiel zwischen
Künstler*in und Empfänger*in.»
Auf die Frage, was ein gutes Beispiel
zeitgenössischer queerer Kunst sei, muss
Andreas Bühlmann nicht lange überlegen.
Sofort beginnt er von Kim de L’Horizon zu
schwärmen: «Kim hat mit dem ‹Blutbuch›
ein sprachgewaltiges Werk kreiert, das bisherige
Grenzen der Sprache sprengt.» Solche
Künstler*innen seien ausschlaggebend
für einen neuen Diskurs zu Gender und Sexualität
in der breiteren Gesellschaft. Und
weiter nennt der 36-Jährige den argentinischen
Erfolgsregisseur Marco Berger. Dieser
gilt seit 15 Jahren als eine*r der wichtigsten
Vertreter*innen des Gay Gaze. Dabei
geht es um den objektivierenden, sexualisierenden
Blick auf den Männerkörper.
«Der Male Gaze wird neu gedacht und von
der Objektivierung der Frau gelöst», erklärt
der Künstlerische Co-Leiter des Pink Apple
Filmfestivals.
Kunst zu kreieren, kann laut Sina Früh
ein Ventil sein, gerade für Menschen, die
Diskriminierungen ausgesetzt sind. «Und
die Werke wiederum, die dadurch entstehen,
können in der Gesellschaft breite Wellen
schlagen – und wesentlich zum Wandel
beitragen.»
«Ich hoffe, dass das Buch einige
der Fragen widerspiegelt, die
wir uns stellen und dass es
Trost gibt und Spass macht»
Nino Bulling
Kunst als Trostspender
Zu einem Wandel beitragen möchte auch
der Berliner trans Künstler Nino Bulling. Er
hat mehrere dokumentarische Comicbücher
gemacht und kürzlich seine erste fiktive
Geschichte veröffentlicht. Das Buch «abfackeln»
richtet sich in erster Linie an
Leser*innen, die wie er nicht binär sind
oder die gerade das eigene Geschlecht anzweifeln.
«Ich hoffe, dass das Buch einige
der Fragen widerspiegelt, die wir uns stellen
und dass es Trost gibt und Spass macht»,
sagt der 36-Jährige gegenüber dem Cruiser.
Der Comiczeichner als Konsument
queerer Kunst steht auf die Gedichte von Eileen
Myles. Die 72-jährige Person wurde
durch ihre Gedichte und experimentelle
Prosa zu einer lesbischen Ikone und hat vor
ein paar Jahren angefangen, geschlechtsneutrale
Pronomen zu benutzen. «Ich finde
es schön, wenn auch ältere Menschen Sprache
als formbar erleben.»
Nino Bulling, der nicht ausschliesslich
Kunst über queere Themen macht, wird am
31. Januar Teilnehmer des «Verzaubert»-
Talks im Klub Kaufleuten in Zürich sein.
Der Live-Talk «Verzaubert» bietet drei- ➔
CRUISER JANUAR / FEBRUAR 2023
CRUISER JANUAR / FEBRUAR 2023
6 VERANSTALTUNG
VERANSTALTUNG 7
DISKUSSION ZU QUEERER KUNST
DISKUSSION ZU QUEERER KUNST
Ali Rose-May Monod (hier links im Bild) arbeitet mit vielen unterschiedlichen Elementen. Die künstlerisch tätige Person ist in der Romandie aufgewachsen und lebt
seit 2016 in Bern. Ali wird am Verzaubert-Talk auf der Bühne unter anderem mit Joshua Amissah diskutieren, der als Kurator, Editor, Bildredaktor und Kunstvermittler
tätig ist. Die Diskussionsrunde am 31. Januar führen wird Anna Rosenwasser (Bild rechts). Die Moderatorin arbeitet auch als LGBT*-Aktivistin und Polit-Influencerin.
«Die queeren Communities
sind unglaublich divers und ihr
künstlerisches Schaffen ist
derart vielseitig, dass es mir
sehr schwerfällt, dieses weitläufige
Spektrum in einen
bunten Topf zu werfen.»
Joshua Amissah
Die Gründe für ein Queer Coding in
grossen Kunstinstitutionen haben sich in
den letzten Jahren verändert, sagt die
Kunstvermittlerin Elena Grignoli. «Wenn
man im professionellen Bereich das Queere
etwas versteckt hält oder nicht zum Thema
macht, dann wahrscheinlich vor allem, weil
man nicht mit einem LGBT*-Label oder als
queeres Label auftreten will.»
Ins gleiche Horn stösst Joshua Amissah,
der ebenfalls als Kunstvermittler und
Kurator arbeitet. Bei Ausstellungen im Museumskontext
könne queere Kunst in unseren
Breitengraden heute grundsätzlich
(ohne Codes) gezeigt werden. Queer Codings
seien zudem längst demokratisiert
und würden bisweilen auch ausserhalb der
Community gefeiert. «Dieses Zelebrieren ist
zwar schön, aber es besteht auch die Gefahr
einer Exotisierung.» Deshalb sei es ein
zweischneidiges Schwert.
Amissah wird am «Verzaubert»-Talk
unter der Leitung von Anna Rosenwasser
mit Nino Bulling, Elena Grignoli und Ali
Rose-May Monod ebenfalls das Thema
Queer Art mit all seinen Facetten live auf
der Bühne diskutieren. Für sein Buchprojekt
«Black Masculinities», das bald auf den
Markt kommen wird, war es dem Editor und
Bildredaktor ein Anliegen, auch LGBT*-
Fotograf*innen miteinzubeziehen. Trotzdem
mag er die Begrifflichkeit «queere
Kunst» nicht sonderlich. Dies, weil es sich
um eine universelle Kategorisierung handle,
die schwammiger nicht sein könne. «Nur
schon die queeren Communities sind unglaublich
divers und ihr künstlerisches
Schaffen ist derart vielseitig, dass es mir
sehr schwerfällt, dieses weitläufige Spektrum
in einen bunten Topf zu werfen.» Die
Diskussionsrunde im Kaufleuten dürfte somit
also spannend werden.
Der «Verzaubert»-Live-Talk zum Thema «Queere
Kunst» findet am Dienstag, 31. Januar 2023,
um 20 Uhr im Kaufleuten statt. Tickets gibt es
auf kaufleuten.ch.
«Wenn es um Sexualitäten,
Beziehungen und Begehren
geht, machen sich Menschen
immer auch verletzlich.»
Ali Rose-May Monod
bis viermal pro Jahr eine «andere» Sicht auf
Kultur, Ereignisse und Biographien. Dieses
Mal wird die Journalistin und Feministin
Anna Rosenwasser wird sich mit ihm und
weiteren Gästen auf der Bühne über das
Thema Queere Kunst unterhalten.
Mit auf der «Verzaubert»-Bühne wird
Ende Januar auch Ali Rose-May Monod
sein. In deren Arbeit als Artist und Curator
sei Ali’s eigene queere Dyke-Identität zentral.
Das kuratorische Schaffen, unter anderem
für den Space Cabane B* in Bern, sieht
die Westschweizer-Person nicht getrennt
von ihrer künstlerischen Arbeit. «Ich verstehe
die Kuration als Akt der Einladung in kollektive
Räume», erklärt der 32-jährige heute
in Bern lebende Mensch. «Eine Einladung
zum ‹coming together›, bei dem man sich
austauscht und wo queere Erfahrungen kollektiviert
werden.»
CRUISER JANUAR / FEBRUAR 2023
Ihre Arbeit als Künstler-Person, wo sie
hauptsächlich mit Text, Video, Textilien
und installativen Elementen arbeitet, richte
sich vor allem an ihre Peers. Es sei aber
auch schön, wenn sich ebenfalls nichtqueere
Menschen angesprochen fühlten.
«Das könnte eine weitere Entwicklung für
uns bedeuten», sagt die leidenschaftliche
Künstler*in. «Es ist wichtig hier in die Verbindung
zu gehen und nicht in die Trennung.»
Ali erwähnt das Essay «On Connection»
von Kae Tempest. Tempest ist eine
britische Person, die in der Lyrik und Literatur
tätig ist. «Kae schreibt für Dykes like
them, schlussendlich richtet sich Kae’s
Schaffen aber an alle, was mich sehr berührt.»
Queer Coding, um keinen Verdacht
zu erregen
Queere Elemente und Botschaften sind ein
Spiegel, wie die Gesellschaft mit queeren
Menschen umgeht. Weil homosexuelle
Handlungen bei uns lange unter Strafe
standen und in vielen Ländern noch immer
strafbar sind, bedienten und bedienen sich
Künstler*innen einer verschlüsselten Bildsprache.
Das Queer Coding ist dazu da, dass
die LGBT*-Minderheit in der breiten Öffentlichkeit
keinen Verdacht erregt. Meistens
können nur queere Menschen die verborgenen
Botschaften der Künstler*innen lesen.
Ali Rose-May Monod hat schon mit
Queer Codings gearbeitet. «Es kommt jeweils
auf den Kontext an», verrät die Person.
Je nach Umfeld gebe es schon Situationen,
in denen sie eher vorsichtig gearbeitet habe
und wo vieles eher zwischen den Zeilen zu
lesen war. «Das habe ich gemacht, um das
Umfeld zu schützen, in dem ich tätig war.»
Weil homosexuelle Handlungen
bei uns lange unter Strafe
standen und in vielen Ländern
noch immer strafbar sind,
bedienten und bedienen sich
Künstler*innen einer verschlüsselten
Bildsprache.
Monod ist auch Mitgründer*in des
queer feministischen Pornographie-Festival
«Schamlos» in Bern. «Wenn es um Sexualitäten,
Beziehungen und Begehren
geht, machen sich Menschen immer auch
verletzlich», erklärt die Queerfeminist*in.
Bild Ali Rose-May Monod © Karin*Etienne Scheidegger / Bild Joshua Amissah © Elio Donauer / Bild Anna Rosenwasser © brandertainment
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WIEDER IN DEN REGIERUNGSRAT
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Gemeinsam mit Jacqueline Fehr, Priska Seiler CRUISER Graf und JANUAR Anne-Claude / FEBRUAR Hensch 2023
8 GESELLSCHAFT
9
HOMO-EHEN UND KINDER
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Homo- oder Hetero-Eltern: für das Identitätsgefühl von
Kindern egal
Viele internationale Studien belegen inzwischen: Weder Kindeswohlgefährdung
noch andere Nachteile für Kinder in Regenbogenfamilien!
Kleinkind adoptierten Kinder im Vorschulalter
gerne spielten und wie genderkonform
ihr Verhalten fünf Jahre später war.
Bei der Vorschulalter-Analyse wurde
den Kindern zur Auswahl traditionell jungen-
und mädchentypisches sowie neutrales
Spielzeug angeboten. Zudem wurden die
Eltern in einem standardisierten Verfahren
zu den Spielvorlieben der Kinder befragt –
etwa, ob sie raue oder ruhige Spiele bevorzugten.
Im zweiten Studienabschnitt wurden
die dann etwa achtjährigen Kinder mit
einem Standardtest zu ihren Spielvorlieben
befragt. Viele hatten zu diesem Zeitpunkt
bereits gleichfalls adoptierte Geschwister.
Ganz so harmonisch wie auf diesem Stockfoto einer Bildagentur ist die «Causa LGBT*» zwar noch nicht,
wir sind aber auf gutem Weg dahin.
VON MOEL MAPHY
Mama und Papa, Mama und Mami
oder Papa und Papi – auf das Identitätsgefühl
von Kindern hat die
Familienform einer US-Studie zufolge keinen
Einfluss. Die sexuelle Identität des
Nachwuchses wird demnach nicht davon
beeinflusst, ob er von herkömmlichen oder
gleichgeschlechtlichen Paaren betreut wird.
Die Analyse von Spielvorlieben weise
darauf hin, dass es für die empfundene Geschlechtszugehörigkeit
egal ist, ob ein Kind
CRUISER JANUAR / FEBRUAR 2023
bei klassischen Eltern oder einem Männeroder
Frauenpaar aufwächst, berichten Forscher
im Fachjournal «Sex Roles».
Die Wissenschaftler um Rachel Farr
von der University of Kentucky hatten in zwei
Stufen das Spielverhalten und die Entwicklung
adoptierter Kinder aus insgesamt 106
amerikanischen Familien mit les bi schen,
schwulen oder heterosexuellen El ternpaaren
untersucht. Verglichen wurde unter anderem,
was und mit welchem Spielzeug die als
Familienform hat keinen Einfluss
Die Auswertung zeigte, dass es in allen Familienformen
ähnlich viele Kinder gab, die
sich entweder genderkonform oder aber
non-konform verhielten – und dieses Verhalten
recht konstant über die Jahre hinweg
beibehielten. «Die sexuelle Orientierung
der Eltern und der Familientyp hatte darauf
keinen signifikanten Einfluss», sagte Farr.
Es zeigte sich lediglich überall eine leichte
alterstypische Hinwendung zu mehr genderkonformem
Verhalten im Schulalter.
«Es scheint, dass ein männliches und
ein weibliches Rollenvorbild zuhause weder
notwendig sind, um eine typische Genderentwicklung
bei Adoptivkindern zu unterstützen,
noch um sie von Gender-Nonkonformität
abzuhalten», so das Fazit von Farr.
Auch andere internationale Studien
haben gezeigt, dass sich Kinder mit gleichgeschlechtlichen
Eltern mindestens ebenso
gut entwickelten wie solche mit Hetero-
Eltern. Eine Studie zu fremdadoptierten
Kindern wies darauf hin, dass Homo-Paare
sogar besondere Elternkompetenzen zeigen
würden.
Derzeit aktuell: Das Theaterstück «Vier werden
Eltern». Alle Infos auf Seite 20.
Freitag, 17.02.2023
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CRUISER JANUAR / FEBRUAR 2023
10 INTERNATIONAL
INTERNATIONAL 11
FORTSCHRITT IN DEN USA
FORTSCHRITT IN DEN USA
Ein kleiner Fortschritt auf dem Weg zur
Gleichberechtigung
Die Anerkennung gleichgeschlechtlicher Ehen – vielerorts eine Selbstverständlichkeit.
Nun jubelten in den USA viele über das von Biden unterzeichnete Gesetz.
richten über Angriffe auf Clubs von oder
Anlässe der LGBT*-Community, so im November
2022 in Colorado Springs. Hier kamen
fünf Menschen ums Leben, 25 weitere
wurden verletzt. Um zu verstehen, wie das
zusammenpasst, müssen wir einen Blick in
die – für europäische Verhältnisse – kurze
(queere) Geschichte des Landes werfen.
Alles begann mit den Indigenen
Für uns Mitteleuropäer geht der erste Gedanke
in Bezug auf die indigene Bevölkerung
Amerikas schnell in Richtung Winnetou,
der ja nach Karl May eine sehr innige,
quasi gar homoerotische Beziehung zu Old
Shatterhand hatte. Ganz so sah es im Mittleren
Westen in der Realität zwar nicht aus,
aber es gab auch keine Verteufelung der
nicht heteronormativ lebenden Menschen.
Im Gegenteil, man hatte für diese eine eigene
Kategorie, nämlich die der «two spirits». Diese
stellte eine Art zusätzliches Geschlecht
dar, welches gleichberechtigt neben den Kategorien
Männer und Frauen stand. Leider
kam es mit der Unterwerfung der indigenen
Bevölkerung durch die Europäer zu einem
fast vollständigen Verlust dieser Sichtweise,
denn bald übernahmen die ab Anfang des 17.
Jahrhunderts in Scharen einwandernden
Puritaner das Zepter und damit auch die Ablehnung
von Homosexuellen. In den folgenden
Jahrhunderten hing dann auch die
(Nicht-)Akzeptanz von Queers stark mit der
Macht und dem Einfluss der Religion in der
Gesellschaft zusammen.
Die Industrialisierung brachte erste
Freiheiten
Mit der aufkommenden Industrialisierung
im 19. Jahrhundert traten für Homosexuelle
erste Erleichterungen in den Lebensumständen
ein, auch wenn man noch weit von
einer Form der Akzeptanz entfernt war.
Denn mit dem Bau von Fabriken entwickelten
sich mehr und mehr (grosse) Städte, die
für viele Menschen jeglicher Art Platz hatten.
Die dort oftmals herrschende Anonymität
war ein immenser Vorteil gegenüber
dem bisherigen Landleben, das nur begrenzte
Freiheiten bot, weil eben jede*r
jede*n kannte. Die nun aufblühenden Möglichkeiten
galten allerdings nicht für alle
Die indigene Bevölkerung Amerikas
hatte für nicht heteronormativ
lebenden Menschen eine
eigene Kategorie, nämlich die der
«two spirits». Eine Art zusätzliches
Geschlecht, welches gleichberechtigt
neben den Kategorien
Männer und Frauen stand.
gleichermassen, denn schwarze Homosexuelle
hatten mit einem doppelten Makel zu
kämpfen und waren weiterhin am Ende der
Nahrungskette im übertragenen Sinn angesiedelt.
So dümpelten die Rechte und Möglichkeiten
von Schwulen, Lesben, trans Menschen
etc. eine ganz Zeit lang vor sich hin,
bis ein unerwartetes Ereignis in die Weltgeschichte
hereinbrach, das zunächst einmal
gar nichts mit Sexualität und Gender zu
tun hat: der Zweite Weltkrieg. ➔
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Vier werden Eltern
Eine Komödie über Kinderwunsch und Regenbogenfamilie
von Roman Riklin & Michael Elsener · Regie Alexander Stutz
Mit Florian Butsch, Michèle Hirsig, Sebastian Krähenbühl, Dominik Widmer
Wer queere Fahnen in den USA wehen lässt, bekommt schnell den Zorn der Evangelikalen und Konservativen zu spüren. Daran wird wohl auch das jüngste Gesetz
nicht viel ändern.
VON BIRGIT KAWOHL
Die USA: Für viele immer noch das
Land der unbegrenzten Möglichkeiten
mit Mythen, die durch die nicht
zu leugnende Dominanz von Lady Liberty
unterstützt werden. Vom Tellerwäscher
CRUISER JANUAR / FEBRUAR 2023
zum Millionär, alles scheint möglich zu
sein, wenn man sich nur genug anstrengt.
Alles? Nein, denn eine gut sichtbare, vielleicht
sogar grösser werdende Gruppe an
(evangelikalen) Republikanern unterdrückt
teils mit beachtlichem Erfolg jegliche Bestrebungen
in Bezug auf die Legalisierung
von Abtreibungen oder aber auch in Bezug
auf die Gleichstellung von Queers. Immer
wieder erreichen uns schockierende Nach-
shakecompany.ch
Uraufführung
THEATERHECHTPLATZ.CH 17. Jan. – 26. Feb. 2023
CRUISER JANUAR / FEBRUAR 2023
12 INTERNATIONAL
INTERNATIONAL 13
FORTSCHRITT IN DEN USA
FORTSCHRITT IN DEN USA
Das «Stonewall», ein Markenzeichen homosexuellen Widerstands, den es heutzutage leider immer noch
braucht.
Der Krieg als Chance
Was zunächst einmal völlig absurd klingt,
war tatsächlich so: In der Armee kam es zur
grössten legalen Ansammlung von Schwulen
zur damaligen Zeit, obwohl die Militärführung
Homosexualität eigentlich unterdrücken
wollte. Aber man brauchte Männer,
die in den Krieg zogen, und so nahm man es
nicht ganz so genau. Im Gegenteil, dadurch
dass die Armee eine zunächst rein männliche
Gesellschaft war, konnten bzw. mussten
hier auch kulturelle Formen wie Drag
Shows gestattet werden, damit die Soldaten
zumindest ein wenig Ablenkung vom harten
Kampfalltag hatten. Es gab zwar auch
eine weibliche Einheit (WAC), die von den
Männern getrennt war, in der parallel aber
eine lesbische Subkultur entstand. Der Eintritt
der Homosexuellen in die Armee erfolgte
meist «unentdeckt», von 18 Mio. gemusterter
Männer wurden lediglich 5000
aufgrund von Homosexualität abgelehnt.
Dass man die Schwulen häufig nicht entlarvte,
lag auch daran, dass sich viele Betroffene
durch besonders «männliches»
Verhalten hervortaten und z. B. ihren Dienst
bei den Marines verrichteten.
Dass das allerdings nicht immer gut
ging, zeigt die Zahl von 10 000 wegen Homosexualität
aus der Armee Entlassenen («blue
discharge»), die anschliessend kaum noch
Chancen auf ein gesellschaftlich anerkanntes,
diskriminierungsfreies Leben hatten.
CRUISER JANUAR / FEBRUAR 2023
Quäker, McCarthy, Stonewall
Die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts zeigt
sich abwechslungsreich: Mit den Quäkern
mischt sich einmal mehr eine religiöse
Gruppe in die Frage nach der «richtigen»
Sexualität ein. Von ihnen wird Homosexualität
als psychische Störung klassifiziert,
was wiederum einen Heilungsgedanken
impliziert. Dies bildet den Ursprung der
auch heute noch vor allem in den USA populären
Konversionstherapien. Parallel
dazu gab es aber von kirchlicher Seite
durchaus Öffnungsbewegungen hin zu Toleranz
und Gleichberechtigung. So wurden
und werden in den evangelischen «mainline-Kirchen»
immer wieder Segnungsgottesdienste
abgehalten und auch die Katholiken
haben mit der Organisation «Dignity
USA» einen Zweig, der Homosexualität anerkennt
und Betroffene unterstützt.
In der McCarthy-Ära wird dann alles
verfolgt, was nicht bei zwei auf den Bäumen
ist, oder anders gesagt: Wer für subversiv gehalten
wird. Dabei stehen Kommunisten,
oder Menschen, die für solche gehalten werden,
an der Spitze der Verfolgten. Homosexuelle
geraten aber leicht auch in den Strudel
kruder Verschwörungstheorien, in denen
Hitler und Stalin ihren Platz finden, und
werden ebenso heftig verfolgt und bestraft.
1962 wird nach zähem Ringen das immer
noch geltende Sodomiegesetz aufgehoben,
was für viele Schwule ein Meilenstein
in der Befreiung war, was aber durch eine
schnell einsetzende Gegenbewegung zunichte
gemacht wurde.
Und dann endlich Stonewall – das Ereignis,
das inzwischen jedes Jahr mit unzähligen
Prides rund um den Globus gefeiert
wird. Danach muss doch eigentlich alles
gut sein, oder?
Fortschritt und Rückschritte im
21. Jahrhundert
Mit Barack Obama ging durch viele Gesellschaftsschichten
ein Seufzer der Hoffnung,
stand der erste schwarze Präsident doch für
Gleichberechtigung und Toleranz. Bereits
im Jahr 2012 sagt Obama «Ja» zur Ehe für
alle, unter ihm wurde 2014 die Diskriminierung
von Mitarbeitern der Bundesverwaltung
aufgrund ihrer sexuellen Orientierung
oder Geschlechtsidentität untersagt,
betroffen waren damals rund 16 Mio. Mitarbeiter*
innen. Allerdings muss auch er
Einschränkungen in der Gleichbehandlung
von Betroffenen hinnehmen, da er nicht auf
alle politischen Entscheidungen in den einzelnen
Bundesstaaten Einfluss nehmen
kann. Und selbst verhält er sich auch nicht
immer ganz loyal gegenüber Betroffenen: So
wird in seiner Amtszeit ein schwuler Offizier
aus der Armee entlassen, obwohl dort seit
1993 die (fadenscheinige) Regelung «don’t
ask, don’t tell» galt, die allerdings Ende 2010
aufgehoben wird. Unterzeichnet hat dieses
Aufhebungsgesetz ... Barack Obama.
In der McCarthy-Ära begann in den USA eine Jagd
auf so genannte «Subversive», die nach Überzeugung
von Joseph McCarthy die amerikanische
Regierung auf allen Ebenen infiltriert hatten, um
das Land dem Kommunismus auszuliefern. Den
«Subversiven» wurden auch homosexuelle (Männer
& Frauen) zugerechnet.
Bilder © WIKIPEDIA
CRÉATION : ©PHOTO KRIS DEWITTE
In Bezug auf die Ehe erklärte der Supreme
Court 2015 diese in allen Bundesstaaten
für zulässig und gleichberechtigt. Da die
rechtliche Anerkennung jedoch zum Grossteil
auf bundesstaatlicher Ebene geregelt ist,
gibt es in dieser Frage noch immer starke
Differenzen. Diese würden immer wieder,
so die Journalistin Ines Pohl am 16.10.2022
auf DW.com, stark von der religiösen Rechten
beeinflusst, die wiederum besonders
stark bei den Republikanern vertreten seien.
Deswegen wurde den im November
durchgeführten Midterms auch von der
queeren Community eine grosse Bedeutung
beigemessen.
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«Ein wunderbar subtiles Drama mit
einer gewaltigen emotionalen Wucht.»
THE TELEGRAPH
AB 2. FEBRUAR IM KINO
GUSTAv
De WAele
Émilie
DeQUenne
ein film von lUKAS DHonT
Pop-Star Cindy Lauper hat sich schon in den
1980er-Jahren zur kämpferischen Ikone für die
LGBT*-Community entwickelt. Vor über zehn
Jahren eröffnete sie in New York City ein Obdachlosenheim
für junge Schwule, Lesben und Transsexuelle,
die von ihren Eltern auf die Strasse
gesetzt wurden.
Republikaner*innen versus
Demokrat*innen
Unter den sich stark als Gegner*innen hervortuenden
Republikaner*innen stechen so
(für uns) absurde Persönlichkeiten wie die
Abgeordnete Marjorie Taylor Green hervor,
eine Frau, die ihre Heimat unter Verschwörungstheoretiker*innen
hat und die das erste
nationale anti-trans-Gesetz eingebracht
hat. Dieses Gesetz verbietet Hormonbehandlung
minderjähriger trans Personen
und droht behandelnden Ärzt*innen mit
Haftstrafen bis zu 25 Jahren.
Zur Erinnerung: Wir befinden uns im
Jahr 2022!
Dieses Gesetz habe zwar laut Ines Pohl
momentan keine Chance auf Durchsetzung,
dennoch zeige sich hierin eine grundsätzliche
Haltung innerhalb der konservativen
Republikaner*innen und den prinzipiellen
Möglichkeiten im Umgang mit Queers.
Gerade deswegen ist Bidens Schritt
zum Schutz und zur Anerkennung gleichgeschlechtlicher
Ehen kurz vor Weihnachten
2022 ein immenser Schritt und ein wichtiges
Zeichen in Richtung der Konservativen,
auch wenn es sich für uns selbstverständlich
anhört, dass gleichgeschlechtliche
Ehen in allen Bundesstaaten anerkannt
werden, selbst wenn dieser Bundesstaat das
Schliessen der Ehe für alle eigentlich verbietet.
Dass Biden sich für diesen Akt mit
Cindy Lauper eine Ikone der LGBT*-Gemeinde
ins Haus geholt hat, war ziemlich
clever, denn so wurde eine Öffentlichkeit
generiert, die einer einfachen Gesetzesunterzeichnung
ansonsten häufig verwehrt
bleibt. Man mag hoffen, dass dies nicht der
letzte Akt eines liberalen US-Präsidenten
für die Gleichberechtigung war.
lÉA
DRUCKeR
CRUISER JANUAR / FEBRUAR 2023
14 KULTUR
KULTUR 15
HEAVY METAL
HEAVY METAL
Harte Männer als
Kämpfer für Queerness?
Led Zeppelin sind so gut wie jedem*r bekannt, auch wenn einigen nur wegen
ihrer üppigen Frisuren. Aber wie gehen Heavy Metal und queer zusammen?
VON BIRGIT KAWOHL
Ich erinnere mich noch gut an den
Spruch meiner Mutter: «Lange Haare
sind okay, aber gepflegt müssen sie
sein.» Logischerweise war von langhaarigen
Männern die Rede, ob bei Frauen die
langen Haare gepflegt waren, war augenscheinlich
nicht von Belang, denn Frauen
hatten immer schon lange Haare, langhaarige
Männer waren aber – zumindest für
meine Mutter – etwas Neues. Mit den langen
Haaren kam Anfang der 1970er-Jahre auch
eine neue Musikrichtung in die Ohren der
Allgemeinheit: Heavy Metal. Oder gab es
erst Heavy Metal und dann erreichten die
langen Haare der Musiker die Augen des
Publikums? Das ist wohl eine Frage wie die
nach der Henne und dem Ei, denn irgendwie
gehören die Musik, übrigens eine Weiterentwicklung
aus dem Hardrock, und das
Aussehen und Gebaren der Musiker*innen
untrennbar zusammen.
Das Ganze geschah in einer Zeit, in der
es (langsam) zur sexuellen Revolution kam,
die Ereignisse rund um den Stonewall-Aufstand
lagen erst kurz zurück und in den europäischen
Staaten formierte sich studentischer
Widerstand. Es war also durchaus eine
Bewegung des Zeitgeistes, die nun auch in
der Musik Neuerungen hervorbrachte.
Nun hatten die männlichen Heavy
Metal-Musiker zwar häufig lange Haare,
also eine durchaus weibliche Komponente
im Aussehen, andererseits bestachen ihre
Outfits – Lederjacken, Nieten, Stiefel – durch
betonte Härte und Stärke. Dadurch setzte
sich in vielen Köpfen auch das Bild der heteronormativen
Männlichkeit für Heavy Metal
durch, zumal die Fans auch überwiegend
Männer sind. Doch gerade diese Lederoutfits
haben ihre Ursprünge in der schwulen
Fetischszene. Also bestand offenbar ein enger
Austausch beider Lebenswelten.
Doch gerade diese Lederoutfits
haben ihre Ursprünge in der
schwulen Fetischszene. Also
bestand offenbar ein enger Austausch
beider Lebenswelten.
Ein Austausch, der immer wieder in
beide Richtungen stattfindet. Man denke an
Marilyn Mansons Konzeptalbum «Mechanical
Animals» aus dem Jahr 1998, in der die
androgyn-intersexuelle Figur Alpha vorkommt,
die vom Sänger der Band, Brian
Hugh Warner, dargestellt wird. Ein androgyner,
bis auf die roten Haare komplett
weisser Marilyn Manson selbst ziert das
Cover der LP. Er trägt zudem Brustprothesen
und sein Penis ist nur als Ausbeulung ➔
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16 KULTUR
KULTUR 17
HEAVY METAL
HEAVY METAL
1930 1940 1950 1960 1970 1980 1990 2000 2010 2020
erkennbar, was den weiblichen Aspekt seines
Aussehens noch verstärkt. Oder auch
das 1992 erschienene Video zu dem Song
«Easy» der Band «Faith no more»: Hier
scheint Queerness selbstverständlich zu
sein, da das «girl» aus dem Text einem
Bandmitglied mit blonder Perücke verkörpert
wird.
1943
Der Kreis
1957
Kreis-Ball
1973
Gay-Liberation
1986
AIDS
2004
Partnerschaftsgesetz
Demo
Und genau hier liegt auch
die von Ehmke beschriebene
Chance für queere Jugendliche,
denen ein mutiges Bild von
Männlichkeit gezeigt wird,
auf das es gar keine negative
Reaktion geben kann.
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Bilder © CreativeCommons
Heavy Metal als Rollenvorbild
Ob es sich dabei wirklich um den Ausdruck
einer Selbstverständlichkeit handelt oder
eher um den Wunsch des Schockierens,
müsste man von Fall zu Fall entscheiden.
Allerdings klingen immer beide Versionen
der Interpretation als Möglichkeit mit, sodass
es hier mehr Offenheit als in anderen
Musikstilen zu geben scheint.
Der Journalist Jakob Ehmke sieht
daher im Metal auch eine wichtige Funktion
gerade für schwule Jugendliche, denn
«[a]ndrogyne Inszenierungen im Metal
können ein wichtiger Faktor [...], speziell in
der Gender-Entwicklung von männlichen
Jugendlichen» sein durch das Hinterfragen
und Durchbrechen von ansonsten scheinbar
feststehenden Rollengefügen. Die «harten»
Metal-Männer, die sich z. B. auf der
Bühne in Netzstrümpfen und Strapsen zeigen.
Bestes Beispiel für dieses Crossdressing
ist ein Auftritt von Dee Snider von
«Twisted Sister» im Jahr 2007, der zu seiner
langen, blonden Mähne blau geschminkte
Augen und überhaupt viel Make-up trägt,
begleitet von einem durchsichtigen schwarzen
Body und Strapsen. Wow, möchte man
da schon sagen, dafür braucht es schon eine
gehörige Portion Selbstbewusstsein. Und
genau hier liegt auch die von Ehmke beschriebene
Chance für queere Jugendliche,
denen ein mutiges Bild von Männlichkeit
gezeigt wird, auf das es gar keine negative
Reaktion geben kann.
Das Marilyn Manson-Cover ist ein
beachtliches Zeitdokument, in dem
der Heavy Metal-Musiker geschickt
mit Rollenbildern spielt und so ein
androgynes Wesen kreiert.
Im Heavy Metal kam es schon
relativ früh zu Bekenntnissen
von schwulen Musikern und Solidarisierungen
mit der Szene.
Bereits in den 1970er-Jahren
kam Rob Halford (*1951) von
«Judas Priest» direkt aus einem
Gay-Club auf die Bühne und keiner
störte sich daran.
Nicht mehr Homophobie als
anderswo
Vorbilder, die offenbar ihre Wirkung zeigen,
denn so kam es im Heavy Metal schon relativ
früh zu Bekenntnissen von schwulen
Musikern und Solidarisierungen mit der
Szene. Bereits in den 1970er-Jahren kam
Rob Halford (*1951) von «Judas Priest» direkt
aus einem Gay-Club auf die Bühne und
keiner störte sich daran. Im Gegenteil, sein
Kleidungsstil (Leder und Nieten) setzte sich
schnell durch.
Der Erste war der Keyboarder Roddy
Bottum (*1963) von «Faith no more», der bereits
1993 den Weg in die Öffentlichkeit
suchte und seine Homosexualität im US-
Magazin «The Advocate» bekanntmachte.
Mittlerweile hat Bottum sogar mit seinem
Partner Joey Holman ein neues musikalisches
Projekt, Man on Man, gestartet.
Aber was ist mit Homophobie und
Frauenfeindlichkeit, die man der Metal-
Szene immer wieder nachsagt? Stellt man
darüber Nachforschungen an, kann man
keine klaren Anzeichen für den klaren Fall
von systematischer Diskriminierung ausmachen.
Klar, es kommt immer wieder mal
zu Anfeindungen, aber wo gibt es sie – leider
– nicht in unserer Gesellschaft? Andererseits
hört man immer wieder von
Teilnehmer*innen von Festivals, z. B. Wacken,
dass die Stimmung dort vollkommen
entspannt und tolerant sei. Gerade weil
man sich über den Faktor Musik treffe,
herrsche eine grosse Solidarität.
Wer übrigens mehr über Heavy Metal
und Queerness erfahren möchte, dem sei
die Sendung «Heavy Metal saved my Life,
Teil 2» in der ARD Mediathek ans Herz gelegt.
CRUISER JANUAR / FEBRUAR 2023
CRUISER JANUAR / FEBRUAR 2023
18
KOLUMNE
MICHI RÜEGG
Das Wunder
von Doha
Eben noch homophob wie ein tschetschenischer Milizkommandant, ist Fussball nun
gayfreundlicher als der Nacktstrand von Sitges. Darüber wundert sich Michi Rüegg.
VON MICHI RÜEGG
Die Fussball-WM ist vorbei. Und wir
sind alle froh zu wissen, dass der
FIFA-Präsident für einen Tag eine
schwule arabische Bauarbeiterin war. Ich
bin unglaublich glücklich darüber, dass das
Theater vorbei ist. Wobei mich bei dieser
Ausgabe der Fussball selbst für einmal am
wenigsten genervt hat. Stattdessen habe ich
mich über das scheinheilige Gerede über
Homophobie in Katar, die Stellung der Frau,
die Arbeitsbedingungen der Bauarbeiter
und so weiter geärgert.
Finde ich Unterdrückung von LGBT*
gut? Mitnichten, nirgendwo. Sollten Frauen
in Katar bessergestellt werden? Natürlich, bei
uns übrigens auch in vielerlei Hinsicht. Hätten
die Bauarbeiter aus halb Asien zu weniger
gemeinen Bedingungen angestellt werden
sollen? Absolut, vermutlich hätten sie auch
lieber in Europa gearbeitet, mit Gesamtarbeitsverträgen
und obligatorischen Einzahlungen
in Rentensysteme, aber Europa will
solche Leute halt nicht haben.
Vor vier Jahren hat Russland die WM
gehostet. Russland, das gerade dabei ist, seine
Sammlung dokumentierter Kriegsverbrechen
in der Ukraine drastisch zu erweitern.
Russland, das über Jahre ein gay-feindliches
Gesetz nach dem nächsten erlassen hat.
Russland, das Land, in dem Männer Frauen
schwängern können, ohne auch nur einen
Rubel Unterhalt zu bezahlen. Russland, dessen
Diktator seit vielen Jahren jegliche aufmüpfigen
zivilgesellschaftlichen Strukturen
zerbröseln lässt. Und das bereits Jahre vor
dem Anpfiff des ersten Spiels die Krim völkerrechtswidrig
annektiert hatte.
Während wir im Fall von
Russland seit Jahren zuschauen
können, wie Demokratie, Menschenrechte
und die Freiheit als
solche den Bach runtergehen,
hat sich in Katar in den vergangenen
Jahren doch das eine
oder andere Erfreuliche getan.
Hat das irgendeine Sau vor vier Jahren
wirklich interessiert? Klar, man hat da und
dort gewisse Bedenken geäussert. Aber so
richtig darüber aufregen mochte sich niemand.
Und nun, im Fall von Katar, sind wir als
Kollektiv plötzlich über alle Massen betroffen,
und sorgen uns ums Wohlbefinden und
die Sicherheit möglicher schwuler Fussballfans
in Doha. Und wenn die Captains der
Nationalligen keine tuntigen Armbinden
tragen dürfen, ist das ein Skandal sondergleichen.
(Der FC Winterthur wollte dieses
Jahr übrigens auch keine Trikots mit Regenbogen
tragen. Gab aber keinen Aufschrei.)
Während wir im Fall von Russland seit
Jahren zuschauen können, wie Demokratie,
Menschenrechte und die Freiheit als solche
den Bach runtergehen, hat sich in Katar in
den vergangenen Jahren doch das eine oder
andere Erfreuliche getan. Ich führte vor vier
Jahren in New York ein Gespräch mit der katarischen
UNO-Botschafterin und war erstaunt,
wie zielgerichtet und professionell
sie die Mission ihres Landes bei den Vereinten
Nationen führte. Dabei kommandierte
sie ihre männlichen Angestellten ziemlich
forsch herum. Passt das ins Bild der armen,
unterdrückten Muslimin, die ihren bärtigen
Cousin heiraten muss, weil Gott und
die Familie es so wollen? Natürlich nicht.
Dieses Erlebnis liegt ausserhalb der gebetsmühlenartig
wiederholten Botschaften
über Frauenrechte in arabischen Ländern.
Es passt nicht ins Narrativ. Wie gut, dass bei
uns in der Schweiz die letzten Frauen bereits
1991 wählen durfte. Man stelle sich vor,
ein Skirennen am Lauberhorn wäre wegen
so etwas Ende der Achtzigerjahre im Ausland
boykottiert worden.
Aber vielleicht übertreibe ich hier
masslos und sehe die Dinge völlig falsch. Offenbar
ist eine der traditionell homophobsten
Bubble der Gesellschaft, der Fussball,
plötzlich ein Hort grenzenloser Toleranz.
Weg ist jegliche toxische Männlichkeit, vorbei
ist die Gewalt pöbelnder Hooligans. Nun
herrschen unter den strahlenden Farben des
Regenbogens Eintracht und grenzenlose
Liebe und Zuneigung auf und abseits des
Spielfeldes. Gut, unter diesen Umständen
würde man sich wohl wünschen, dass ein
paar Fussballer mehr den Mut hätten, wie
Gianni Infantino ein Coming-out zu wagen.
Warum sie dies angesichts der neuen Offenheit
und Toleranz in dieser Sportart nicht
tun, bleibt ihr Geheimnis.
Wer hätte gedacht, dass sich im Fussball
innerhalb so kurzer Zeit so viel zum Guten
wendet. Man könnte meinen, ein Wunder
sei geschehen. Das Wunder von Doha.
Szene mit Daniel Lommatzsch, Sebastian Rudolph, Patrycia Ziólkowska aus «Sonne, los jetzt!» am Schauspielhaus Zürich © Philip Frowein
szene &
kultur
CRUISER SZENE: AM PULS DER LGBT*-COMMUNITY.
AKTUELL, INFORMATIV UND MITTENDRIN.
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Vier werden ...
Eltern
Roman Riklin und Michael Elsener bringen mit ihrer Komödie aktuelle Themen
auf die Bühne. Das tun sie bemerkenswert unaufgeregt. Dafür umso lustiger.
chere Situationen hinein, bis selbst das Publikum
ins Schwitzen gerät. «Vier werden Eltern»
ist ein turbulentes Schauspiel voller überraschender
Wendungen, das Mut macht, das
Setting Familie neu zu denken.
Ein Theaterstück, welches definitv
schon längt fällig ist und unbedingt gesehen
werden muss!
Vier werden Eltern
Eine Komödie über Kinderwunsch und
Regen bogenfamilie von Roman Riklin und
Michael Elsener als Koproduktion des Theaters
am Hechtplatz mit Just4Fun Entertainment
und den Kammerspielen Seeb.
Badminton Basketball Bowling Chess Dance sport
Dodgeball
(Trampoline)
Field Hockey
Turbulentes Leben – wir kommen! Wird es eine aussergewöhnliche Lebensgemeinschaft werden oder
endet es pragmatisch beim Akt der Kind-Zeugung? Und was ist überhaupt das Konstrukt «Familie»?
Mit: Florian Butsch, Michèle Hirsig, Sebastian
Krähenbühl, Dominik Widmer und Reto Mosimann
(spielt nur in Seeb)
Regie: Alexander Stutz
Bühnenbild und Kostüme: Carmen Weirich
17. Januar bis 26. Februar 2023
im Theater am Hechtplatz Zürich
1. März bis 7. Mai 2023
in den Kammerspielen Seeb
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Flag Football Floorball Football Golf Handball
Hyrox
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Pride Run
5K & 10K
VON HAYMO EMPL
Quidditch Roller Derby Rugby Rugby Touch Squash
Street Workout
Tennis Timed Hiking Track & Field Volleyball Water Polo Wrestling
Swimming
Bilder © Tabea Hüberli
Binja und Samy haben jahrelang probiert,
Eltern zu werden. Trotz Versuchen
mit künstlicher Befruchtung,
ist es aufgrund Samys Fruchtbarkeitsstörung
nicht geglückt. Ihre Freunde, Nico und
Janosh, wollten ihrerseits ein Kind adoptieren.
Doch die Behörden lehnten ihre Bewerbung
ab. Beim gemeinsamen Abendessen
der Paare entsteht die Idee, zusammen eine
Familie zu gründen. Mittels Samenspende
von einem der schwulen Männer soll der gemeinsame
Kinderwunsch erfüllt werden
und eine Regenbogenfamilie entstehen.
Bald stellen sich den angehenden Eltern
aufwühlende Fragen, auf die es keine einfachen
Antworten gibt. Da Binja aufgrund ihrer
traumatischen Erfahrung mit Hormon-Therapien
und Inseminationen auf natürlicher Befruchtung
besteht, landen die Vier bald zum
Zeugungsversuch auf dem Bettsofa ... Co-Elternschaft,
Leihmutter schaft und künst liche
Befruchtung: Roman Riklin und Michael Elsener
bringen mit ihrer Komödie aktuelle und
kontrovers diskutierte Themen auf die Bühne.
Mit hinter listiger Leichtigkeit reiten die Autoren
ihre Figuren tabulos in immer unmögli-
Das Autorenduo Martin Elsener (l.) und Roman
Ricklin (r.) ist eine feste Grösse in der helvetischen
Theater-& Comedyszene. Michael Elsener tourt
seit 2008 als Comedian durch die Schweiz,
Deutschland und New York City. Roman Riklin
feierte seinen bisher grössten Erfolg mit dem
Musical «Ewigi Liebi» (Prix Walo), bei dem er als
Autor und Arrangeur verantwortlich zeichnete.
CRUISER JANUAR / FEBRUAR 2023
CRUISER JANUAR / FEBRUAR 2023
22 GESELLSCHAFT
GESELLSCHAFT sliPPery 523
HIV AM ARBEITSPLATZ
HIV AM ARBEITSPLATZ SubjeCtS
Im Kampf
gegen Diskriminierung
In der Schweiz leben 20 000 Menschen mit HIV oder Aids.
Die Aids-Hilfe Schweiz hat eine eigens dafür eingerichtete Fachstelle.
INTERVIEW: HAYMO EMPL
Wozu braucht es eure Fachstelle?
Trotz der medizinischen Fortschritte
zieht eine HIV-Diagnose
auch heute noch eine deutliche Schlechterstellung
in zahlreichen Bereichen des
alltäglichen Lebens nach sich. Benachteiligungen
im Arbeitsumfeld, im Gesundheitswesen,
gegenüber Sozial- und Privatversicherungen,
aber auch Daten schutz -
verletzungen kommen häufig vor. Die
Rechtsberatung der Aids-Hilfe Schweiz setzt
sich dafür ein, dass Menschen mit HIV zu
ihrem Recht kommen und unterstützt sie
im Kampf gegen Diskriminierungen.
Existiert denn immer noch eine «Diskriminierung»
am Arbeitsplatz?
Leider kommen solche Diskriminierungen
immer wieder vor. Knapp 10% der uns 2022
gemeldeten Diskriminierungen betrafen
das Arbeitsumfeld. Und 20% der Anfragen
an die Rechtsberatung im Jahr 2022 bezogen
sich aufs Arbeitsrecht.
Kannst du ein Beispiel nennen?
Ein Mann eröffnete seiner Vorgesetzten im
Vertrauen, dass er HIV-positiv ist. Ohne
seine Einwilligung informierte diese in der
Folge die ganze Belegschaft darüber aus
Angst, dass sich jemand anstecken könnte.
Daraufhin wurde der Mann von gewissen
Mitarbeitenden so gemobbt, dass er die
Stelle kündigen musste.
VoN MARTIN MüHLHEIM
rungen. Weiter erfasste die Aids-Hilfe
C
Schweiz oming-out-Filme Diskriminierungen gibt es im mittlerweile
Arbeitsbereich
(9), viele, bei und Einreise- entsprechend und Aufenthaltsrechten
(4) lich und kommen im Strafrecht sie daher: (3). 20 leichtfüssig-
Diskrimi-
unterschied-
komisch nierungen wie betrafen der weitere britische Bereiche, Klassiker z.B.
Beautiful Bildung, Verwaltung, Thing (1996), Justiz, eher nachdenklich
Wohnen, Familie
das und brasilianische soziale Medien. Kleinod Seashore
wie
(2015), bisweilen auch zutiefst tragisch – so
im Inwiefern israelischen unterscheiden Drama Du sich sollst die Anliegen nicht lieben /
(2009), Probleme das in in der der Rechtsberatung ultraorthodoxen bei / zwischen Gemein-
den in LGBT*-Menschen Jerusalem spielt. und der heterosexuellen
Angesichts Bevölkerung? solcher Unterschiede erstaunt
Unsere es Rechtsberatung umso mehr, bietet mit welcher Unterstützung Regelmässigkeit
an bei Rechtsfragen uns Coming-out-Filme und Diskriminierungen, Jungs oder
Männer die in direktem zeigen, Zusammenhang die – alleine, zu zweit mit HIV oder stehen.
In diesem – schwimmen Bereich gehen. sind grundsätzlich
Nun könnte
in
Gruppen
man keine das Unterschiede natürlich zu als verzeichnen.
Zufall oder Nebensächlichkeit
abtun. Bei genauerem Nachdenken
HIV und zeigt Aids sich sind allerdings, nicht mehr dass «sichtbar»,
gleich
mehrere eigentlich Gründe sollte daher für diese Krankheit erstaunliche im Alltag Häufigkeit
und Berufsleben finden lassen. kaum mehr eine Rolle spielen.
Gibt es Fälle und Situationen, in denen eine
Nackte HIV-positive Haut Person ohne dennoch allzu viel eine Sex Angabe
Eine diesbezüglich erste, nur machen scheinbar muss? oberflächliche Erklärung
In der Schweiz ist, dass gibt (halb)entblösste es keine Pflicht, den Körper Arbeitgeber
nicht über bloss die auf HIV-Infektion der Leinwand, zu sondern infor-
sich
auch mieren, auf Filmpostern auch nicht im und medizinischen DVD-Covern äus- Bereich,
gut und machen. ein Arbeitgeber Schwimmszenen hat kein Recht, bieten
serst
ein nach perfektes HIV zu fragen. Alibi für Tut das er dies Zeigen trotzdem, von nackter
man Haut: das Sex Recht, sells, die wie Frage es so falsch schön heisst. zu beant-
hat
worten. Warum Es gibt «Alibi»? aber immer Weil wieder man – gerade Leute, die bei
Filmen den Arbeitgeber mit jungen freiwillig Protagonisten über ihre – HIV-Infektion
muss: informieren «Sex sells» möchten. mag zwar Diese zutreffen, reagie-
aufpassen
aber ren manchmal allzu explizite sehr gut, Sexszenen manchmal können kommt
schnell es dann mal aber zu auch hohen zu Altersfreigaben Diskriminierungen führen.
oder Dies Datenschutzverletzungen. wiederum möchten Filmemacher
In den Antragsformularen
der Regel vermeiden: von Taggeld- Filme, die und erst Lebens-
ab 18
in
versicherungen sowie von Pensionskassen
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im überobligatorischen Bereich wird oft
freigegeben nach HIV sind, und lassen anderen sich vorbestehenden
nämlich weniger
Krankheiten einfach gefragt. vermarkten. Da dies Auf Privatversicherungen
Beispiel sind, werden haben Filme sie das mit Recht, Altersfreiga-
solche
Amazon.de
zum
be Fragen 18 nur zu an stellen nachweislich und als volljährige Antragsteller_in Personen
hat man verkauft die Pflicht, – und die gerade Fragen für wahrheitsgemäss
zu beantworten. die sich auch Meistens an ein junges verweigern Publi-
Comingout-Filmekum
dann richten, die Versicherungen ist dies kein die wünschenswerter
oder bringen Effekt. einen Vorbehalt für HIV an.
Aufnahme
Besonders im Bereich der Taggeldversicherung,
welche die Lohnfortzahlung im
Krankheitsfall gewährleistet, kann dies einschneidende
Filme, die
Konsequenzen
ersT ab 18
haben. Der medizinische
Fortschritt wird von den Versicherungen
noch viel
FreiGeGeben sind,
zu wenig
lassen
berücksichtigt.
sicH nämlicH WeniGer
einFacH VermarKTen.
«Die Rechtsberatung der
Aids-Hilfe Schweiz setzt sich
«In der Schweiz gibt es keine
Schwimmszenen bieten hier eine perfekte
dafür Kompromisslösung: ein, dass Menschen Man kann mit nackte
Haut HIV zu filmisch ihrem ansprechend Recht kommen inszenieren, dabei
aber allzu heisse Techtelmechtel tugendhaft
vermeiden (beispielsweise, indem der
und unterstützt sie im Kampf
Wasserspiegel gegen Diskriminierungen.»
immer über der Gürtellinie
bleibt, wie im niederländischen Film Jongens,
2014). Um das Rezept knapp zusammenzufassen:
Man nehme eine grosszügige
Portion Wie ist das feuchter konkrete Erotik, Vorgehen, eine vorsichtige wenn jemand Prise
eure Sex Fachstelle – und um kontaktiert? Himmels Willen Was passiert kein Körnchen
nach Porno. der ersten Kontaktaufnahme?
Die Kontaktaufnahme erfolgt telefonisch
Eingetaucht oder schriftlich. ins Persönliche Triebleben Beratungen
Man bieten täte wir den keine lesBischwulen an, da wir national FilmemacherInnen
sind. Je aber nach unrecht, Anfrage wenn können man wir ihre diese erzäh-
di-
tätig
lerischen rekt telefonisch Entscheidungen oder per Mail allein beantworten. auf finan-
In den meisten Fällen handelt es sich aber
zielles Kalkül reduzieren wollte. Es gibt
nämlich Pflicht, auch den ästhetisch-symbolische Arbeitgeber über Gründe,
die die HIV-Infektion Schwimmszenen zu für informieren,
das Genre interessant
machen.
auch nicht im medizinischen
Da wäre zunächst die Funktion des
Wassers Bereich, als und Symbol ein für Arbeitgeber das Unbewusste. hat
Dieses kein Recht, Unbewusste, nach so weiss HIV man zu fragen.» spätestens
seit Sigmund Freud, hat viel mit der Triebnatur
des Menschen zu tun – und so erstaunt es
nicht, dass Hauptfiguren auf der Suche nach
ihrer sexuellen Identität sozusagen symbolisch
um umfangreichere in die Tiefen des Beratungen, Unbewussten bei eintauchen
beispielsweise müssen, um eine ihr Kontaktaufnahme gleichgeschlechtliches mit
denen
Begehren dem Arbeitgeber, zu entdecken. der IV-Stelle, der Krankenkasse,
des Gerichts oder einer anderen
Figuren Institution in oder Schwebe
Person notwendig ist. Um
Darüber dies tun zu hinaus können, hat die benötigen Filmwissenschaftlerin
Klient_innen Franziska Heller eine Vollmacht. in ihrem Buch Im über Bereich die
wir von den
Filmästhetik des Sozialversicherungsrechts des Fluiden (2010) gezeigt, bieten dass wir
schwimmende auch Rechtsvertretungen Figuren immer an (Einsprachen, wieder als
«schwebende Einwände und Körper» Beschwerden). inszeniert werden: Dies sind oft
in umfangreiche Zeitlupe und Beratungen, seltsam herausgelöst die sich über aus
dem Jahre sonst hinziehen zielstrebig und sehr voranschreitenden
viele Stunden in
Erzählprozess. Anspruch nehmen Dieser können. Schwebezustand wiederum
ist eine wunderbare visuelle Metapher
für die Phase kurz vor dem Coming-out:
Man ist nicht mehr der oder die Alte, aber
auch noch nicht ganz in der neuen Identität
angekommen. Menschen mit HIV Ein / Aids Film und macht ihre das Angehörigen, Schweben
sogar Beratende, explizit Arbeitgebende, zum Thema: Ärzte, In Kinder Ärztinnen Gottes und
aus andere dem Interessierte Jahr 2010 können zeigt Romeo sich mit dem Rechtsfragen,
die in einem direkten Johnny, Zusammenhang
wie befreiend
neurotisch-verklemmten
das mit HIV «Floating» / Aids stehen, im Meer telefonisch sein kann. oder schriftlich
an den Neben Beratungsdienst der Inszenierung der Aids-Hilfe von Schwebezuständen
wenden. Die und Rechtsberatung dem Wasser ist als kostenlos Symbol und für
Schweiz
das erfolgt Unbewusste absolut diskret. ist drittens E-Mail: das recht@aids.ch Motiv von ➔
www.aids.ch
«Was geht mich meine Gesundheit an!»
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Wir sind die erste Adresse für diskrete Beratung in allen Gesundheitsfragen.
Dr. iur. Caroline Suter vom Rechtsdienst der Aids-Hilfe Schweiz stellt fest, dass es nach wie vor zu
Diskriminierung aufgrund der Diagnose HIV/AIDS kommt. Sie und ihr Team beantworten kostenlos Fragen
rund um HIV und Recht. Foto: Mary Manser
CRUISER JANUAR / FEBRUAR 2023
Wie viele Fälle werden von eurer Fachstelle
konkret bearbeitet?
Pro Jahr gelangen 300 bis 400 Personen mit
rechtlichen Fragen rund um HIV an die
Rechtsberatung. Diskriminierungen werden
uns jedes Jahr rund 100 gemeldet. 2022
betrafen 30 Diskriminierungen das Gesundheitswesen,
27 Fälle die Privatversicherungen
und 13 Fälle die Sozialversiche-
Bild © Mary Manser
Ihr Gesundheits-Coach.
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CRUISER JANUAR CRUISER / FEBRUAR SommER 2023 2017
24 SPRACHE
SPRACHE 25
LEXIKON QUEERER BEGRIFFE
LEXIKON QUEERER BEGRIFFE
Trans, cis, binär: Was ist nun eigentlich
was und wer?
Cruiser präsentiert den ultimativen, aber nicht abschliessenden Guide für
spannende Begegnungen*** im LGBT*-Sternchendschungel.
Und dann?
Es ist ganz unterschiedlich, was t rans Menschen
mit ihrer Situation anfangen. Manche
outen sich, manche leben immer oder nur in
bestimmten Lebensbereichen im passenden
Geschlecht, einige ergreifen medizinische
Massnahmen, um ihr Äusseres ihrem
Geschlecht anzugleichen. Einigen sieht
man das trans-Sein an, anderen nicht. Einige
ändern ihre Papiere, andere nicht. Häufig
haben trans Menschen mehr Probleme mit
der Gesellschaft als mit sich selbst. Es wird
aber besser.
Und was sind cis Menschen?
Menschen, deren Geschlechtsidentität mit
der Zuweisung bei der Geburt übereinstimmt.
Vermutlich die meisten Menschen.
es auf Deutsch kein geschlechtsneutrales
Pronomen in der dritten Person («es»
kommt für die meisten nicht in Frage). Manchen
ist das Pronomen egal, manche wechseln
auch. Wenn Sie ein falsches Pronomen
verwenden, werden Sie sicher informiert,
was die Person passend findet.
Und falls ich mich verspreche?
Kann passieren. Kurz entschuldigen und
weiter im Thema.
Häufig haben trans Menschen
mehr Probleme mit der Gesellschaft
als mit sich selbst.
Wie kann ich trans Menschen unterstützen?
Wenn sich andere versprechen, korrigieren.
(Für Sie ist das einfacher als für die trans
Person.) Anreden, Formulare und WCs haben,
die auch auf nicht binäre Menschen
passen.
Noch etwas?
Ja. Trans Menschen sind keine wandelnden
Geschlechterklischees. Manche trans Frauen
haben den Flugschein und würden sich niemals
schminken. Und manche trans Männer
bringen Kinder auf die Welt und finden
rosa toll.
Echt?
Ja.
Sag ich «Herr» oder «Frau»?
Entsprechend der Geschlechtsidentität.
Wenn Sie die nicht wissen, können Sie die
gegenderte Anrede erst einmal weglassen
(«Grüezi» resp. «Hallo»). (Falls Sie mit der
Person länger zu tun haben werden, fragen
Sie diskret nach: «Spreche ich Sie mit ‹Herr›
an?» oder «Ist ‹sie› das richtige Pronomen?»)
Und was ist mit den nicht binären Personen?
Trans Personen, die weder ausschliesslich
männlich noch ausschliesslich weiblich
sind, sagen meist beim Vorstellen, wie sie
angesprochen werden möchten. Übliche
Varianten sind «Miko Müller» statt «Frau
Müller» oder «Miko» statt «er» oder «sie».
Viele nicht binäre Personen wählen einen
geschlechtsneu tralen Vornamen. Leider gibt
Warum ist die Anrede so wichtig?
Jeder Mensch – ganz egal wer – ist genervt,
wenn er falsch angesprochen wird. Für
trans Menschen ist Angesprochenwerden
im «falschen» Geschlecht besonders frustrierend.
Die korrekte Anrede ist ausserdem
der einfachste Weg, trans Menschen zu zeigen,
dass Sie sie akzeptieren.
Was ist noch wichtig?
Keine Fragen unter der Gürtellinie, wenn
Sie nicht Urologin sind oder sonst einen
dringenden Grund haben. Und was kaum
jemand weiss: Wenn Sie den alten Namen
einer trans Person kennen, behalten Sie ihn
für sich. Wir sind sehr dankbar.
* Damit dieses Sternchen – welches in vielen
Cruisertexten verwendet wird – nochmals
erklärt sei: * steht für alle gendermöglichen
Varianten, die nicht mit den Buchstaben LGBT
abgedeckt sind.
** Hannes Rudolph ist nicht nur Geschäftsführer
der HAZ, sondern auch Gründungsmitglied von
Transgender Network Switzerland (www.tgns.ch).
Als Psychologe leitete er zehn Jahre lang die
Fachstelle für trans Menschen im Checkpoint,
die trans Menschen, deren Angehörige und andere
Interessierte in trans-Fragen berät.
*** Wie spannend diese Begegnungen letztendlich
werden, hängt von euch ab, liebe
Leser*innen.
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Wer sich in der queeren Community bewegt, kann sich leicht im Sprachendschungel unbekannter Begriffe verlaufen.
VON HANNES RUDOLPH**
Deine fabelhafte
Was soll ich machen, wenn mir ein
trans Mensch begegnet? Keine Panik.
Vermutlich sind Ihnen schon
viele begegnet, ohne dass Sie es bemerkt haben.
Vielen trans Menschen sieht man nicht
an, dass sie trans sind.
CRUISER JANUAR / FEBRUAR 2023
Was ist trans überhaupt?
Trans Menschen haben eine Geschlechtsidentität
(innere Gewissheit über das eigene
Geschlecht), die nicht mit der Zuweisung
bei der Geburt übereinstimmt. Trans Männer
sind Männer, die bei ihrer Geburt aufgrund
des Körpers als Mädchen eingeordnet
wurden. Trans Frauen sind Frauen, die
als Jungen einsortiert wurden. Und nicht
binäre trans Menschen sind weder Männer
noch Frauen, egal wie sie bei der Geburt
einsortiert wurden.
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CRUISER JANUAR / FEBRUAR 2023
26 KULTUR
KULTUR 27
SCHAUSPIELHAUS ZÜRICH
SCHAUSPIELHAUS ZÜRICH
Das alles ist
mein Werk
Nicolas Stemann holt in seiner Uraufführung Jelineks Monolog der Sonne
schmerzhaft auf die Erde.
«Das ist alles mein Werk», kommentiert die Sonne (Karin Pfammatter).
Bilder © Philip Frowein
VON VALERIA HEINTGES
Daniel Lommatzsch, Lena Schwarz, Patrycia Ziólkowska, Alicia Aumüller, Sebastian Rudolph: Sie teilen
sich den Jelinek-Text untereinander auf und machen das grossartig.
A
uf der Weltnaturkonferenz im kanadischen
Montreal diskutierten letztens
fast 200 Staaten, ob sie den
Artenschwund stoppen wollen. 30 Prozent
der Land- und Meeresflächen könnten unter
Schutz gestellt werden, aber wie stark
der ausfallen soll, darüber wird gestritten.
Die Berichterstattung darüber ist einhellig:
Während sich Länder wie die Schweiz oder
Deutschland als Klimaretter aufspielen,
macht ein genauerer Blick klar, dass sie ihre
Hausaufgaben nicht einmal im eigenen
Land erfüllen. «Beim Schutz der Arten vielfalt
hinkt die Schweiz hinterher», titelte etwa
die NZZ in einer ihrer Dezember-Ausgaben.
Und zwar einen Tag vor der Premiere
von «Sonne, los jetzt!» am Schauspielhaus
Zürich. Nicolas Stemann, Regisseur des
Abends und Co-Intendant des Hauses, liest
Elfriede Jelineks Werk im Pfauen als unausweichliches
Untergangsszenario. «This is
how the world ends», rezitiert eine Stimme
das Poem «Hollow Men» von T.S. Eliot, «not
in a bang, but in a whimper». Die Welt ende
nicht mit einem Knall, sondern mit einem
Winseln.
Dann ist minutenlang nur die Stimme
von Karin Pfammatter zu hören, sie selbst
kaum im Hintergrund zu sehen, wie sie den
Monolog, den Jelinek der Sonne in den
Mund legt, ins Mikrofon spricht, ruhig,
konzentriert, erhellend. Es ist ein typischer
Jelinek-Text, lange, mäandernde Sätze, die
beim Vorlesen widerwillig ihren Sinn freigeben.
Aber es sind weniger Kalauer darin, weniger
Wortspiele, mehr Trauer. «Sonne, los
jetzt» und das mit ihm zusammen veröffentlichte
«Luft», aus dem Stemann Passagen
entnimmt, drehen sich, grob vereinfacht,
um den Widerspruch zwischen Fruchtbarkeit
und Furchtbarkeit, den die Sonne verkörpert,
zwischen Helligkeit und Verbrennen,
zwischen Tag und Nacht, zwischen
Endlichkeit und Unendlichkeit des Lebens,
der Erde.
Langsam schälen sich Silhouetten aus
dem Dunkel, schwarze Gestalten, selbst ihr
Gesicht verdeckt eine Maske. Zur Unkenntlichkeit
von der Sonne verbrannt. «Es ist zu
spät», konstatieren sie. Sie haben versagt;
das haut ihnen auch Greta Thunberg mit
ihrer Rede auf der Uno-Klimakonferenz um
die Ohren. «How dare you?», wie konntet ihr
es wagen, nichts zu ändern?
Moment mal, mag sich manche*r da
gedacht haben, ist das hier nicht eine Stemannsche
Jelinek-Uraufführung? Hat dieser
Regisseur bisher nicht schon neun Mal
aus den beinahe brutal wirkenden Textflächen
überraschend komische, fast klamaukige
Inszenierungen kristallisiert? Da kommen
unter den düsteren Kostümen – ein
Reissverschluss kehrt innen nach aussen –
helle, funkelnde Röcke zum Vorschein
(Kostüme Katrin Wolfermann). Ab sofort
teilen die sechs grossartigen Darsteller den
Text untereinander auf. Gespielt wird unter
einer riesigen, im Laufe des Abends immer
stärker lädierten Sonne, die deshalb schon
bald zum Schadensfall erklärt und mit gelbschwarzem
Plastikband grosszügig abgesperrt
wird (Bühne Katrin Nottrodt).
Gespielt wird unter einer
riesigen, im Laufe des Abends
immer stärker lädierten Sonne,
die deshalb schon bald zum
Schadensfall erklärt wird.
Die Sonne als Zerstörerin
Auf dieser Baustelle spielt sich das Elend
der untätigen Menschheit ab: Eine Dame
frönt dem Sonnenbad und ertrinkt in den
Wellen. Ein Gletscher, stolz gekrönt mit
Schweizer Fahne, schmilzt in sich zusammen.
Drei Damen wünschen sich Fernreisen
«an die Sonne» und zerreissen sich die
Mäuler über die Bademode der anderen.
Dazu kommentiert die Sonne: «Das alles ist
mein Werk.» Karin Pfammatter, mit Freiheitsstatuen-ähnlichem
Strahlenkranz auf
dem Kopf, nippt an der Kaffeetasse und
raucht schmauchend ihre E-Zigarette.
Ja, jetzt wagt der Abend den Tanz zwischen
höchstem Ernst und Dinner-for-one-
Stolperwitzen, Improvisationen mit dem
singenden Publikum inklusive. Doch fordert
solche Abstürze und Aufstiege auch der
Jelineksche Text, der sich in Wittgensteinsche
Höhen und kalauernde Niederungen
wagt, aber vor allem verzweifelt und vergeblich
versucht, die Menschen aus der Lethargie
zu wecken. Und so kommt es, wie es
kommen muss: Die Tiere sterben aus. Der
Königspinguin 2020, der Feldhamster und
der Rotfuchs 2022. Die Liste geht weiter,
unaufhaltsam. Der Berggorilla 2024, der
Eisbär 2025. Homo Sapiens 2058. Das Ende?
Nein. Der Rauhaardackel 2059, das Hausschwein
2060. Das Ende? Nein. Denn 2070
kommt der Orang-Utan, 2075 der Königspinguin
wieder. Der Mensch hat die Erde
ausgemessen, kartografiert und sich verabschiedet.
Das letzte Wort hat nicht er, sondern
eine Computerstimme, die Jelinek-
Texte vorliest. Sie gibt sich redlich Mühe.
Allein: Verständlich ist sie nicht.
Es muss nicht so kommen. Aber es ist
möglich. Stemann und sein Team zeigen
eine Arbeit, die zuweilen Werkstattcharakter
hat. Man könnte ihr Zerfaserung vorwerfen,
würde nicht mit äusserst theaterspe -
zi fischen Mitteln durchgehend die düstere
Zukunft der Erde erzählt, die Jelinek aus der
distanzierten Sicht der Sonne erzählt und
die Stemann schmerzhaft nahe zu uns heranholt.
Diverse Vorstellungen im Januar und Februar.
Tickets unter schauspielhaus.ch.
CRUISER JANUAR / FEBRUAR 2023
CRUISER JANUAR / FEBRUAR 2023
28 SERIE
SERIE 29
HOMOSEXUALITÄT IN GESCHICHTE UND LITERATUR
HOMOSEXUALITÄT IN GESCHICHTE UND LITERATUR
Schwule Elitetruppen demütigen
die Supermacht Sparta
eine militärische Sondereinheit der Thebaner.
Diese Truppe ist kein Phantasieprodukt
von Adamson. Es hat sie in der Antike tatsächlich
gegeben.
Eliteeinheiten in Armeen: Es gibt sie heute, es gab sie früher. Im Altertum hatte
auch das griechische Theben eine ganz besondere Sondertruppe.
Da die Kämpfer im Altertum häufig nur gering bekleidet daherkamen, lassen ihre Geschichten viel Platz für
(erotische) Fantasien.
VON ALAIN SOREL
Hyppolitos versorgt eine Wunde von
Andromachos, die sich dieser beim
Kampftraining zugezogen hat. Er
desinfiziert sie, indem er ein mit einem Brei
aus Honig und Schafgarbe bestrichenes
Rindenstück auf die verletzte Stelle am
Oberschenkel von Andromachos heftet.
Keine Spritze, kein Antibiotikum in Tablettenform,
denn wir sind in der Welt des Altertums.
Die Natur muss heilen.
Die beiden jungen Männer sind Soldaten,
die für Theben kämpfen – die wichtigste
Stadt der mittelgriechischen Landschaft
Böotien. Andromachos soll möglichst
schnell wieder gesund werden, denn die
Zeichen stehen in diesem Schicksalsjahr
371 v. Chr. auf Krieg. Auf Krieg mit dem
mächtigen Sparta, das unter den griechischen
Stadtstaaten eine Vormachtstellung
einnimmt. Aber Hyppolitos sähe den Freund
auch aus andern Gründen lieber heute als
morgen wieder in Topform. Andromachos
und er lieben sich, und jede Beeinträchtigung
des einen erfüllt den andern mit Sorge.
Sex muss warten
Andromachos ist aber nicht so schwer verletzt,
als dass ihn die helfenden Hände seines
Geliebten am Oberschenkel nicht beinahe
um den Verstand gebracht hätten. Er
bedeutet Hyppolitos unmissverständlich,
dass er sich zu ihm legen solle. Aber Hyppolitos
bleibt für einmal kühl und denkt für
beide. Es ist jetzt keine Zeit für Sex. Ihr Befehlshaber
Epaminondas erwartet sie. Die
Elitetruppe, in der Hyppolitos und Andromachos
dienen, muss sich auf den Einsatz
gegen Sparta vorbereiten.
Die zwei sind die fiktiven Hauptfiguren
im hochspannenden Roman «Geliebter
Söldner» von Phil Adamson, in dessen Buch
die «Heilige Schar» im Blickpunkt steht:
Bild rechts © U.S. Department of Defense
Es musste einer schwul sein,
um aufgenommen zu werden.
Nur für Gays
Bei der «Heiligen Schar» war eine gleichgeschlechtliche
Veranlagung Bedingung,
um aufgenommen zu werden. Erwünscht
waren Männer-Paare, zwischen denen es
glühte vor Leidenschaft. Männer-Paare wie
Hyppolitos und Andromachos.
Führende Offiziere Thebens hatten die
Einheit geschaffen, und die Absicht dahinter
funktionierte. Die schwulen 150 Soldatenpaare
taten alles füreinander, sie beschützten
sich in der Schlacht gegenseitig
und wollten unbedingt über den Feind triumphieren,
weil jeder auch persönlich etwas
zu verlieren hatte – den Geliebten. Weil
sie hochmotiviert waren, profitierte davon
die ganze Armee und letztlich die Heimat.
Die Mitglieder dieser verschworenen Einheit
standen im Kampf Seite an Seite, Rücken
an Rücken, beherrschten Schwert und
Speer. Im Unterschied zur regulären Armee
waren sie Berufssoldaten.
Schwur auf schwulen Halbgott
Nicht von ungefähr hatten sich Thebens Offiziere,
darunter neben dem Befehlshaber
Epaminondas auch der Feldherr Pelopidas,
bei der Gründung der Truppe einen Helden
aus der griechischen Mythologie zum Vorbild
genommen: Herakles, der Sage nach ein
Sohn der Stadt. Der Halbgott, Sohn des Göttervaters
Zeus, hatte einen jungen Neffen,
Iolaos, mit dem er eine Liebesbeziehung unterhielt.
In zahlreichen Schlachten waren sie
ein unschlagbares Gespann, fein aufeinander
abgestimmt, deckte doch Iolaos als Wagenlenker
den Herakles. Es verwundert deshalb
nicht, dass Herakles Schutzpatron der
um das Jahr 378 v. Chr. gegründeten Truppe
wurde und die Männer auf ihn einen heiligen
Schwur leisteten.
Der Konflikt zwischen Sparta und
Theben schwelte jahrelang. Sparta versuchte
die ganze Zeit über, Theben kleinzuhalten;
dieses wollte Böotien unter seiner
Führung einigen. Es kam zu ersten
Scharmützeln. Mit der «Heiligen Schar»
fühlte sich Theben nach und nach imstande,
auf dem Schlachtfeld die endgültige
Entscheidung herbeizuführen.
Heute treffen Kampftruppen einen ganz anderen Geschmack: Eingepackt bis zur Unkenntlichkeit sprechen
vor allem ihre Waffen für sich.
Die schwulen 150 Soldatenpaare
beschützten sich gegenseitig.
Sieg in der Schlacht, Gefahr für
die Liebe
Am 5. August 371 v. Chr. prallen die beiden
Heere bei Leuktra aufeinander. Sparta hat
etwa 10 000 Mann aufgeboten, die böotische
Seite rund 6000. Doch die geringere
Anzahl wird durch die Strategie des Epaminondas
wettgemacht, der das Überraschungsmoment
der Schiefen Schlachtordnung
einsetzt. Er macht mit seinen
Sondereinheiten, darunter auch der «Heiligen
Schar», nicht den rechten Frontabschnitt
besonders stark, wie nach der klassischen
Phalanx-Taktik üblich, sondern
den linken. Damit bringt er Unruhe in die
nach der traditionellen Methode aufgestellten
Reihen der Spartaner. Diese wanken
und lösen sich später auf. König Kleombrotos
von Sparta fällt, und damit ist die Niederlage
seines Stadtstaates besiegelt. Theben
ist die neue Supermacht.
Viele der Gay-Paare der «Heiligen
Schar» kehrten aus Schlachten wie jener bei
Leuktra nicht mehr zurück. Der Tod setzte
mancher Liebe ein brutales Ende. Im Roman
von Adamson ist es Hyppolitos, der
nach dem Sieg über Sparta wie versteinert
am Lager von Andromachos sitzt, dem einer
der Feinde eine schwere Brustwunde zugefügt
hat. Während er über ihn wacht, wird
ihm einmal mehr bewusst, wieviel ihm der
Freund bedeutet. Wenn es nur nicht zu spät
ist für sie.
HOMOSEXUALITÄT IN GESCHICHTE
UND LITERATUR
Mehr oder weniger versteckt findet sich das
Thema Männerliebe in der Weltgeschichte, der
Politik, in antiken Sagen und traditionellen Märchen
– aber auch in Wissenschaft, Technik,
Computerwelt. Cruiser greift einzelne Beispiele
heraus, würzt sie mit etwas Fantasie, stellt sie
in zeitgenössische Zusammenhänge und
wünscht bei der Lektüre viel Spass – und hie
und da auch neue oder zumindest aufgefrischte
Erkenntnisse. In dieser Folge: Soldaten, auf die
zuhause keine Frau wartet ...
CRUISER JANUAR / FEBRUAR 2023
CRUISER JANUAR / FEBRUAR 2023
30 KULTUR
31
BUCHTIPP
KAUFLEUTEN, DIENSTAG, 31. JANUAR 23, 20.00 UHR
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Leben im
Irgendwie
Dass einen Liebe sprichwörtlich blind macht, ist bekannt. Wie weit das aber gehen
kann, zeigt Brüns in seinem autobiografisch geprägten Roman eindrücklich.
VON BIRGIT KAWOHL
Mitte der 1980er-Jahre in Westdeutschland.
In der Uni-Stadt Göttingen
treffen Freigeister, Punks,
Hausbesetzer, Autonome und Studenten
beim Diskutieren und Feiern in WGs, auf
Anti-AKW-Demonstrationen und auf Partys
aufeinander. Tom macht gerade seinen
Zivildienst in einem Krankenhaus, wo er
Felix, einen Medizinstudenten, kennenlernt.
Obwohl Felix augenscheinlich mit einer
Frau zusammen ist, werden die beiden
schnell ein Paar. Tom findet es zwar anfangs
irgendwie falsch, dass Felix seine Freundin
betrügt, andererseits ist er so verliebt, dass
er dafür alles in Kauf nimmt.
Die Beziehung wird bald auf eine harte
Belastungsprobe gestellt, denn Felix bekommt
die Diagnose «positiv». Was das in
den 80er-Jahren (noch) bedeutet, ist allen
klar: Es ist quasi ein Todesurteil auf Raten.
Felix will die Krankheit ignorieren, will sich
nicht sein nun mehr kurzes Leben verderben
lassen. Tom, der Ich-Erzähler, aus dessen
Perspektive wir alles miterleben, hadert
mit dieser Einstellung immer wieder, will
Felix zu Therapie-Versuchen überreden und
fühlt sich andererseits auch übergriffig,
wenn er solche Forderungen stellt.
Als Leser*in bekommt man bald das
Gefühl, dass Tom von Felix ausgenutzt wird,
denn egal, um was es geht, immer bestimmt
Felix die Richtung, in die es gehen soll. Tom
wehrt sich kaum dagegen, denn er lebt im
Irgendwie. Irgendwie weiss er nicht, was er
will, irgendwie sind ihm Sachen nicht so
wichtig, irgendwie, will er mit Felix zusammen
sein. Wenn es zum Streit kommt, kann
Felix die Sache mit wenigen Worten in seinem
Sinne geradebiegen, Tom scheint meist
das Nachsehen zu haben. Dass er sich dagegen
nicht wehrt, kann man kaum nachvollziehen,
mehrfach möchte man ihn beim Lesen
anschreien: «Jetzt mach’ doch mal was!
Sag’ auch mal ‹nein›! Triff deine eigenen Entscheidungen!»
Die Beziehung scheint in
eine ganz ungute Richtung zu laufen.
Als Tom dann einen Studienplatz in
Berlin bekommt, gerät die Beziehung aus
der Balance, aber in eine andere Richtung,
als manche*r Leser*in sicherlich vermutet
hat.
Brüns gelingt es, dass man
sich in die damalige Zeit des
studentischen Protests und des
Kampfes gegen Unterdrückung
sowie in die Zeit des Schreckens
von AIDS und des allseits
zu beobachtenden Sterbens
hineinversetzt fühlt.
Felix Brüns hat mit «Felix» einen gut
lesbaren, leichten Roman geschrieben, der
aber niemals banal oder billig daherkommt.
Ihm gelingt es vielmehr, dass man sich in
die damalige Zeit des studentischen Protests
und des Kampfes gegen Unterdrückung
sowie in die Zeit des Schreckens von
AIDS und des allseits zu beobachtenden
Sterbens hineinversetzt fühlt. Dazu kommt
eine wohl austarierte Portion Psychologie,
die auch zum Nachdenken über eigene Beziehungsmuster
und -strukturen anregt.
Ein gelungener Roman für alle, deren
Köpfe und Mägen noch von den Dezember-
Feierlichkeiten gefüllt sind und die nun
eine entspannte Lektüre für den Kopf benötigen.
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Felix Holger Brüns: Felix. Albino Verlag 2022.
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CRUISER JANUAR / FEBRUAR 2023
CRUISER JANUAR / FEBRUAR 2023
32 SERIE
SERIE 33
IKONEN VON DAMALS
IKONEN VON DAMALS
Von der Demo direkt zum Dreh:
Jane Fonda
Eigentlich kann man sich die Filmwelt gar nicht mehr ohne sie vorstellen.
Und dann ist sie auch noch Polit-Aktivistin. Chapeau, Jane Fonda!
zu einem Filmposter für die Roadtrip-Komödie
«80 for Brady», die diesen Februar in
die Kinos kommen soll. Der Film mit dem
grauhaarigen Damen-Quartett (im Alter
von 76 bis 91 Jahren) ist von einer wahren
Geschichte inspiriert. Vier beste Freundinnen
reisten 2017 zum Super Bowl, um den
Star-Quarterback Tom Brady zu erleben.
Der American-Football-Superstar spielt in
dem Streifen natürlich auch mit.
Jane Fonda in ihren frühen Jahren: strahlendes Lächeln in Schwarz-Weiss. Noch ahnte niemand, was alles
in ihr steckt.
VON BARBARA MUNKER, DPA & HAYMO EMPL
Jane Fonda hat unlängst ihren 85. Geburtstag
vorgefeiert und dabei auf
eine grosse Party mit Promi-Gästen
verzichtet. Sie könne ihr Leben nicht verlängern,
aber sie könne es «breiter und tiefer»
machen, sagte Fonda vor ein paar Wochen
der US-Zeitschrift «People». «Ich hoffe, ich
kann jungen Menschen ein Beispiel sein, so
dass sie keine Angst davor haben, älter zu
werden.»
Fonda, die sich neben der Schauspielerei
seit den 60er-Jahren für Frieden, Feminismus
und verstärkt für den Umweltschutz
einsetzt, ist ganz die liberale Aktivistin geblieben.
Mit knallrotem Mantel und rotem
Hut trat sie Anfang Dezember bei einem
«Fire Drill Fridays»-Protest in Washington
kämpferisch vor die Menge. Seit 2019 ist
Fonda bei den Demonstrationen gegen den
Klimawandel dabei, mehrmals schon wurde
sie festgenommen.
Die Chemo hilft
Von ihrer Krebserkrankung wolle sie sich
nicht bremsen lassen, hatte sie im September
erklärt, als sie die Öffentlichkeit per Instagrambotschaft
wissen liess, dass bei ihr
ein sogenanntes Non-Hodgkin-Lymphom
diagnostiziert worden war. Sie habe mit
einer Chemotherapie begonnen und vertrage
diese recht gut, schrieb die zweifache
Oscar-Preisträgerin in dem sozialen Netzwerk.
Erkrankung und Behandlung würden
ihren Einsatz für den Klimaschutz nicht
bremsen, beteuerte sie. Dies sei ein sehr
wichtiger Zeitpunkt in der Geschichte der
Menschheit, um sich gemeinsam für Veränderungen
und für die Zukunft einzusetzen.
Auch vor der Kamera mischt Fonda
mit 85 Jahren noch mit. «Was soll ich dazu
sagen? Lily Tomlin, Rita Moreno, Sally Field
und ich haben gerne ein bisschen Spass!»,
schrieb sie Mitte Dezember auf Instagram
Bilder © CreativeCommons
Fonda, die sich neben der
Schauspielerei seit den 60er-
Jahren für Frieden, Feminismus
und verstärkt für den Umweltschutz
einsetzt, ist ganz die
liberale Aktivistin geblieben.
Wieder vereint
Damit treffen die alten Freundinnen Fonda
und Tomlin (83) wieder aufeinander, die seit
2015 über sieben Staffeln hinweg die Netflix-Comedy-Serie
«Grace und Frankie»
drehten. Darin spielen sie langjährige Ehefrauen,
deren Männer sich unerwartet als
schwul outen. Notgedrungen ziehen die
Managerin und die Kunstlehrerin zusammen
und meistern mit vereinten Kräften
das neue Leben.
So kennen wir sie spätestens seit «Grace und
Frankie», älter, aber immer noch wahnsinnig
ausdrucksstark.
Das zweite Leben der Jane Fonda: Neben der Schauspielerei widmet sie viel Zeit politischen Aktivitäten
und dem Kampf für Gleichberechtigung.
Fonda hat eine bewegte Vergangenheit.
Sie war zwölf Jahre alt, als ihre Mutter
sich das Leben nahm. Sie wuchs bei der
Grossmutter im US-Staat Connecticut auf.
Als Tochter des Bühnen- und Filmstars
Henry Fonda und Schwester von Peter
Fonda lag ihr die Schauspielerei im Blut. An
dem berühmten New Yorker Actors Studio
lernte sie ihr Handwerk.
New Yorker Theaterkritiker feierten sie
1960 als «beste Nachwuchsschauspielerin».
In der romantischen Komödie «Tall Story»
(1960) stand sie mit Anthony Perkins erstmals
vor der Filmkamera. Dem französischen
Regisseur Roger Vadim, der zuvor
Brigitte Bardot entdeckt hatte, folgte sie wenig
später nach Paris. Er gab ihr mehrere
Rollen und machte sie durch den erotischen
Science-Fiction-Streifen «Barbarella» zum
weltberühmten Sexsymbol.
Zurück in Hollywood holte sich Fonda
als Marathontänzerin in dem Drama «Nur
Pferden gibt man den Gnadenschuss» ihre
erste Oscar-Nominierung. Den begehrten
Preis gewann sie zweimal: 1971 für ihre
Prostituiertenrolle in «Klute» und 1978 für
das Vietnamkriegsdrama «Coming Home».
Es folgten Filme wie «Das China-Syndrom»
und das Familiendrama «Am Goldenen
See» – der erste und einzige Film, in dem
Fonda an der Seite ihres bereits todkranken
Vaters auftrat.
Beim Filmfest in Venedig 2017 wurden
Fonda und Robert Redford mit dem Goldenen
Löwen für ihr Lebenswerk gefeiert.
Gleichzeitig stellten sie ihren neuen Liebesfilm
«Unsere Seelen bei Nacht» vor, ihr vierter
gemeinsamer Film nach «Ein Mann wird
gejagt», «Barfuss im Park» und «Der elektrische
Reiter».
Aerobic! Aerobic!
Mit Aerobic-Videos, später auch mit Stretching
und Yoga, baute Fonda in den 1980er-
Jahren ein Fitness-Imperium auf. Jahrzehnte
später erhielt sie ein künstliches
Kniegelenk und eine neue Hüfte. Im vorigen
April sprach sie über das Älterwerden. «Ich
bin mir sehr bewusst, dass ich dem Tod näher
bin. Und das macht mir eigentlich nicht
so viel aus», sagte sie in der Fernsehsendung
«CBS Sunday Morning». «Die Tatsache ist,
dass ich mit 85 noch lebe und arbeite. Wow!
Wen kümmert es, wenn ich meine alten Gelenke
nicht mehr habe? Und nicht mehr Skifahren,
Radfahren oder joggen kann?» Man
könne sich mit 60 richtig alt fühlen und mit
85 richtig jung.
CRUISER JANUAR / FEBRUAR 2023
CRUISER JANUAR / FEBRUAR 2023
34 RATGEBER
35
DR. GAY
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Ich bin 60 Jahre alt und gegen Hepatitis A und B geimpft.
Da ich regelmässig zu Sexarbeitern gehe, möchte ich
wissen, ob eine HPV-Impfung in meinem Alter noch ein
Thema ist? Hans-Jürg (60)
Ich möchte mich auf verschiedene Geschlechtskrankheiten
testen lassen. Ich habe keine Symptome, möchte
aber wissen, ob ich mich angesteckt habe. Ich denke, die
Inkubationszeiten sind unterschiedlich. Wie sind sie für
Syphilis, Tripper, Chlamydien und Hepatitis C? Leo (24)
Hallo Leo
Die Inkubationszeiten verschiedener sexuell
übertragbarer Infektionen (STI) sind
tatsächlich unterschiedlich. Bei Syphilis
beträgt die Inkubationszeit zirka 2–3 Wochen,
kann aber in Ausnahmefällen auch
bis zu drei Monate dauern. Bei Tripper sind
es etwa 2–8 Tage (im Schnitt 3 Tage), bei
Chlamydien 1–3 Wochen. Bei Hepatitis C
können es 2 Wochen bis zu 6 Monaten sein,
in der Regel aber 6–9 Wochen. Dazu ist
wichtig zu wissen, dass Hepatitis C von Blut
zu Blut übertragen wird. Beim Sex ist eine
Ansteckung zwar möglich, aber auch bei
ungeschütztem Vaginal- oder Analverkehr
sehr selten. Das Risiko ist dann erhöht,
wenn Blut im Spiel ist (z.B. bei härteren Sexpraktiken
wie Fisten oder beim gemeinsamen
Verwenden von Gleitmitteltöpfen etc.).
Durch die verschiedenen Inkubationszeiten
ist es schwierig, einen idealen Zeitpunkt
für den Test festzulegen. Es ist darum
sinnvoller, die Tests in regelmässigen
Abständen zu machen. Je mehr sexuelle
Kontakte, je kleiner die Zeitabschnitte zwischen
den Tests. Neben dem Testen empfehle
ich auch das Impfen. Hier findest du
Test- und Impfempfehlunge, sowie empfohlene
Test- und Impfstellen: https://
drgay.ch/safer-sex/testen-und-impfen.
Mehr zu den verschiedenen STI erfährst du
hier https://drgay.ch/safer-sex/was-heisstsafer-sex/das-wichtigste-zu-sti
oder im
persönlichen Beratungsgespräch bei einer
Teststelle.
Alles Gute, Dr. Gay
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LEBENSART
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Hallo Hans-Jürg
Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) empfiehlt
die HPV-Impfung für Jugendliche und
jungen Erwachsene. Der ideale Zeitpunkt
ist mit 11 bis 14 Jahren, vor Beginn der sexuellen
Aktivität. Aber noch bis zum Alter
von 26 Jahren kann die Impfung sinnvoll
sein. Für vulnerable Gruppen kann eine
Impfung auch im späteren Alter Sinn machen,
denn auch dann kann sie gegen diejenigen
HPV-Typen schützen, mit denen
sich eine Person noch nicht angesteckt hat.
Ab 50 ist es in jedem Fall wichtig, eine regelmässige
Vorsorgeuntersuchung gegen
Prostata- oder Darmkrebs durchführen zu
lassen. Genauere Informationen kann dir
dein*e Ärztin geben. Er oder sie kennt deine
Krankengeschichte und kann dich in einem
persönlichen Gespräch entsprechend be-
CRUISER JANUAR / FEBRUAR 2023
raten. Bedenke bitte, dass andere sexuell
übertragbare Infektionen (STI) wie zum Beispiel
Syphilis, Tripper oder Chlamydien bei
fast allen Sexpraktiken übertragen werden
können. Kondome schützen zuverlässig vor
HIV, vor anderen STI aber nur sehr bedingt.
Aus diesem Grund empfehle ich dir regelmässige
STI-Tests, auch wenn keine merkbaren
Symptome da sind. Hier findest du
Testempfehlungen: https://drgay.ch/ safersex/testen-und-impfen/test-empfehlungen.
Wissenswertes über HIV und an dere STI
und wie du dein Risiko beim Sex reduzieren
kannst, steht hier: https://drgay.ch/safersex/was-heisst-safer-sex
Alles Gute, Dr. Gay
DR. GAY
Auf drgay.ch findest du viele Infos und kannst
eigene Fragen stellen. Hinter Dr. Gay stehen
Mitarbeiter*innen der Aids-Hilfe Schweiz.
Wir engagieren uns für die sexuelle Gesundheit
von schwulen, bi & queeren Männern.
drgay.ch
drgay_official
@drgay_official
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Meine Cruiser-Bestellung
Jahresabo, Selbstkostenpreis: CHF 68.–
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