60plusminus - Ausgabe Februar bis Mai 2023

Kultur im Grünen
THÜRINGER
LANDPARTIEN
Kultur im Grünen
Boden gefallen ist, und den Blick
auf das Tal unter uns und auf Bad
Sulza zu genießen. Dabei haben uns
doch ganz andere Früchte auf den
Sonnenberg gelockt! Denn auf dem
Muschelkalkboden von Bad Sulza,
das keine Autostunde von Weimar
entfernt liegt, gedeihen nicht nur
Mirabellen, Pflaumen und Äpfel, sondern
vor allem jede Menge Trauben.
Diese wiederum verwandeln sich in
feinste Rot- und Weißweine. Gekeltert
von Andreas Clauß, der 1994
das Thüringer Weingut Bad Sulza
übernahm und sich daran machte,
die über 1.000-jährige Tradition des
Thüringer Weinbaus neu zu beleben.
EIN SCHLÖSSCHEN
ZUM VERLIEBEN –
DAMALS WIE HEUTE
Die Reise zum Schloss Kochberg
führt durch ein sanftes Hügelmeer,
an Pferdekoppeln entlang und durch
dichte Alleen. Sie führt, ganz am
Schluss, durch eine Toreinfahrt auf
einen großen Hof. Linden breiten ihr
Blätterdach darüber aus. Wirtschaftsgebäude
flankieren seine Seiten, und
über den Schlossgraben schwingt
sich eine steinerne Brücke. Schloss
Kochberg, ein 35 Kilometer südlich
von Weimar gelegenes Renaissance-
Rittergut mit steilem Schieferdach
und rot eingefassten Fenstern, wirkt
äußerst einladend. Wir verstehen
sofort, warum Johann Wolfgang von
Goethe hier zwischen 1775 und 1788
gern und oft zu Gast gewesen ist. Aus
seinem Weimar kam er auch zu Fuß
hergewandert, vier Stunden nur will
er für den Marsch gebraucht haben.
Doch es waren nicht nur Charme
und Reiz des Ritterguts, die den großen
Dichter zu seinen Besuchen animierten.
Es waren vor allem Charme
und Reiz der Hausherrin. Denn die
war seine geliebte Freundin Charlotte
von Stein, verheiratet mit dem
herzoglich weimarischen Oberstallmeister
Josias von Stein und Mutter
dreier Söhne. Die langjährige, innige
Freundschaft zwischen Goethe und
Charlotte, einer hochgebildeten Weimarer
Hofdame, ist unter anderem in
den rund 1.700 Briefen verbürgt, die
der Dichter der Dame seines Herzens
schrieb. Der Ehe scheint das nicht
geschadet zu haben.
AUF EINEN MERLOT IN DIE
THÜRINGER TOSKANA
Am Sonnenberg oberhalb von Bad
Sulza steht ein großer Mirabellenbaum.
Der wäre schon Anlass genug,
mal kurz anzuhalten, ein wenig
vom süßen Obst zu naschen, das zu
Der Vierseithof im Bad Sulzaer Ortsteil
Sonnendorf, den Clauß und seine
Frau Kathrin zum Weingut umbauten,
ist das Ziel unseres Genießer-
Ausflugs ins Thüringer Weinland.
Hier leben die Claußens heute, hier
produzieren und verkaufen sie ihre
rund 35 verschiedenen Weine – und
hier bitten sie den Besuch zur Verkostung.
Der sich dann fast anfühlt
wie in der Toskana: Warm scheint die
Sonne in den gepflasterten Innenhof
mit den sienarot getünchten
Fassaden und den üppig rankenden
Weinreben. Bienen summen im
Oleander, und am blauen Himmel
schlagen Schwalben ihre Kapriolen.
Passend dazu schenkt uns Andreas
Clauß vom „Castello di Auerstedt“ ein,
einem feinfruchtigen Weißwein-Cuvée,
der schon alle Verheißungen des
Südens in sich trägt.
Unterhalb der Sonnenburg in Bad
Sulza hat der drahtige Winzer
außerdem einen alten historischen
Terrassenweinberg rekultiviert. „Die
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