62_Ausgabe August 2008
- Seite 3 und 4: Vorwort Liebe Leserinnen, liebe Les
- Seite 5 und 6: Goethe-Denkmal einst Schmuckstück
- Seite 7 und 8: Goethe-Denkmal einst Schmuckstück
- Seite 9 und 10: Flex-Gedenkstein von 1913 restaurie
- Seite 11 und 12: Flex-Gedenkstein von 1913 restaurie
- Seite 13 und 14: Kaisers oder doch? Bart brunnen mit
- Seite 15 und 16: Kaisers oder doch? Bart schwung und
- Seite 17 und 18: Straßburg-Passage Unternehmen stel
- Seite 19 und 20: Straßburg-Passage Unternehmen stel
- Seite 21 und 22: Schloss Geschichte und Mengelsdorf
- Seite 23 und 24: Schloss Geschichte und Mengelsdorf
- Seite 25 und 26: Sternwarte Görlitz und seine Stern
- Seite 27 und 28: Sternwarte Astronomie in Biesnitz l
- Seite 29 und 30: Persönlichkeiten Hanns Lindner (Er
- Seite 31 und 32: Persönlichkeiten Hanns Lindner (Er
- Seite 33 und 34: Vergessenes Schlösser und Parkanla
- Seite 35 und 36: Haus ein historischer Schminke Tag
- Seite 37 und 38: Haus ein historischer Schminke Tag
- Seite 39 und 40: Haus ein historischer Schminke Tag
- Seite 41 und 42: Die nach der Ortschronik Teilung de
- Seite 43 und 44: Die nach der Ortschronik Teilung de
- Seite 45 und 46: Görlitzer aus den Augusttagen Stad
Vorwort<br />
Liebe Leserinnen, liebe Leser,<br />
Vor ein paar Wochen gab es in Görlitz<br />
allerlei Geheimnistuerei um die Dreharbeiten<br />
zum Film „Der Vorleser“ und<br />
nachträglich auch Lob für die entgegenkommende<br />
Unterstützung durch die<br />
Behörden (kein Wunder bei mehr als 50<br />
Jahren Erfahrung als „Filmstadt“). Das<br />
Drumherum an Aufnahmetechnik, gelangweilten<br />
Komparsen und genervten<br />
Regieassistenten ist mir nichts Neues;<br />
oft genug erlebte ich es vor fast 60 Jahren<br />
in Berlin und Potsdam. Dennoch war<br />
ich diesmal neugierig, weil ich 1950 etwa<br />
im gleichen Alter wie der „Vorleser“ gewesen<br />
war. Obwohl ich mir den Vorwurf<br />
einhandelte, einen literarischen Geheimtipp<br />
verschlafen zu haben, lieh ich<br />
mir das Taschenbuch „Bernhard Schlink:<br />
Der Vorleser“. Ich las es wie üblich die<br />
halbe Nacht lang in einem Zuge durch<br />
und stieß auch auf einen Satz, mit dem<br />
ich mich bestätigt fühlte: „Die Schichten<br />
unseres Lebens ruhen so dicht aufeinander<br />
auf, daß uns im Späteren immer<br />
Früheres begegnet, nicht als Abgetanes<br />
und Erledigtes, sondern gegenwärtig<br />
und lebendig.“<br />
In jedem neuen Heft StadtBILD Görlitz<br />
finden wir Beispiele dafür, wie das Gestern<br />
und das Heute zusammenhängen<br />
und zum Morgen führen, in der eigenen<br />
Biographie wie in der Geschichte der Familien,<br />
der Häuser, der Orte und Landschaften.<br />
Auch in unserer <strong>August</strong>-<strong>Ausgabe</strong><br />
sind Früheres und Gegenwärtiges<br />
miteinander verwoben, gruppiert um<br />
den 28. <strong>August</strong>, einen der bedeutendsten<br />
deutschen Gedenktage, über den<br />
man sich ausnahmsweise einmal nicht<br />
erst in einem Nachschlagewerk kundig<br />
machen muß. Möge auch in diesem Heft<br />
jeder etwas für sich finden – Vergessenes,<br />
Bedenkenswertes, Aufregendes,<br />
Nacheiferungswürdiges. Denkmäler und<br />
Chroniken, Biographien und Bauwerke<br />
aus Stadt und Kreis Görlitz werden wiederentdeckt<br />
von einer neuen Generation<br />
- staunend und dankbar zugleich. Meinte<br />
doch unser Jubilar, dessen Denkmal<br />
von 1902 Sie auf unserem Umschlag<br />
finden: „Ein Blick ins Buch und zwei ins<br />
Leben, das wird die rechte Form dem<br />
Geiste geben.“<br />
Für Ihre Lesertreue dankt Ihnen Ihr<br />
Ernst Kretzschmar<br />
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Einleitung<br />
3
Das Goethe-Denkmal von 1902 in Görlitz -<br />
Einweihung des Goethe-Brunnens, 5.6.1902 (Foto: Robert Scholz)<br />
Reich an Denkmälern war vor 100 Jahren<br />
auch die stürmisch aufblühende Stadt Görlitz.<br />
Dazu gehörte das Goethe-Denkmal,<br />
über dessen Einweihung am 5. Juni 1902<br />
die Presse berichtete: „Von herrlichem Wetter<br />
begünstigt, fand heute Vormittag 11 Uhr<br />
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4<br />
Titel |
Goethe-Denkmal<br />
einst Schmuckstück der Südstadt<br />
unter großer Beteiligung die feierliche Enthüllung<br />
des Goethe-Denkmals, an der Ecke der<br />
Goethe- und Sattigstraße gelegen, statt. Der<br />
Festgesang an die Künstler von Felix Mendelssohn-Bartholdy,<br />
vorgetragen von dem<br />
Gymnasialchor und dem Stadtorchester unter<br />
der Leitung des Herrn Gymnasiallehrers<br />
Deckert, bildete den Anfang der Feierlichkeit.<br />
Sodann erfolgte die Enthüllung und die Übergabe<br />
des Denkmals an die Stadt Görlitz. Das<br />
Denkmal ist von Herrn Architekt Hugo Behr,<br />
dem Erbauer der Ruhmeshalle, entworfen.<br />
In edlen, schönen Linien steigen die Wandungen<br />
des in gestocktem rotem Meißener<br />
Granit ausgeführten Brunnenbeckens, welches<br />
ein Delphinkopf speist, empor zu dem<br />
eigentlichen Bühnenpostament. Die Rückseite<br />
des Postaments trägt eine Erztafel mit<br />
folgender Inschrift: Zum Andenken an den<br />
150. Geburtstag Goethes ist dieses Denkmal<br />
von Goethefreunden der Stadt Görlitz errichtet.<br />
Den Brunnen hat der Herr Maurermeister<br />
und Stadtverordneter Jul. Großer, dem<br />
dieser Stadtteil sein Aufblühen verdankt, gestiftet.<br />
Die Büste ist von Professor Joh. Pfuhl<br />
modelliert. Architekt: Hugo Behr.“<br />
Für das Denkmalkomitee begrüßte Profes-<br />
sor Putzler zahlreiche Görlitzer Bürger und<br />
die Schüler des Gymnasium <strong>August</strong>um sowie<br />
Stadtverordnete und Mitglieder des<br />
Magistrats. Er verwies auf das in der Nähe<br />
gelegene Schiller-Denkmal (1859) und auf<br />
den 150. Geburtstag Goethes (1899), der<br />
den Anstoß gab, ein Denkmal des Dichters<br />
für Görlitz zu schaffen. Er übergab nach damaligem<br />
Brauch das Denkmal in die Obhut<br />
der Stadt, und Stadtkämmerer Dr. Kux übernahm<br />
es mit Worten des Dankes an Spender<br />
und Gestalter. In seiner kurzen, kraftvollen<br />
Weiherede verstand es Gymnasialdirektor<br />
Dr. Stutzer vortrefflich, Goethes Vermächtnis<br />
mit den Aufgaben der Gegenwart zu<br />
verbinden. Er brachte die Lebensleistungen<br />
von Goethe und Bismarck in enge Beziehung<br />
(1901 war auf der Landeskrone der<br />
Bismarckturm errichtet worden) und empfahl<br />
die Verschmelzung von Geist und Tatbereitschaft,<br />
von Kunst und nationaler Politik.<br />
„Nun können und wollen wir nicht zum unpolitischen<br />
Daseinsideal zurückkehren... Harmonisch<br />
müssen vereint werden Humanität<br />
und Nationalität, Gedanken und Taten, ideale<br />
Größe und reale Macht.“ An die Schüler<br />
gewandt, erklärte er: „Goethes Ideal gemäß<br />
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Titel | 5
Das Goethe-Denkmal von 1902 in Görlitz -<br />
sucht das Gymnasium Antikes und Nationales<br />
zu höherer Einheit zu verschmelzen.“ Es<br />
sei Aufgabe, Goethes und Bismarcks Erbe zu<br />
erhalten, „nicht einseitig Politik über Kunst<br />
und Wissenschaft zu stellen und umgekehrt.<br />
Vor allem aber sich keinem tatenscheuen<br />
Pessimismus hingeben! Auch Goethe verlangt,<br />
der Einzelne soll nach außen hin wirken,<br />
und zwar das Höchste, was er vermag...<br />
und im Sinne Goethes dahin tätig sein, dass<br />
die Volksbildung steigt.“ Die Nähe der Bahngleise<br />
und des Eisenbahnviadukts über die<br />
Neiße, aber auch die prächtigen Neubauten<br />
an der jungen Goethestraße machten diese<br />
Verschmelzung von Kunst uns fortschreitendem<br />
Leben besonders augenfällig. Beim anschließenden<br />
Zusammensein im Blockhausrestaurant<br />
würdigte Sanitätsrat Dr. Kleefeld<br />
die Bereitschaft vieler, das Denkmalvorhaben<br />
zu fördern. Dr. Freise dankte den Schöpfern<br />
des Kunstwerks. Bürgermeister Heyne hob<br />
die Leistung des Bildhauers Johannes Pfuhl,<br />
Berlin, hervor, dem die Stadt eine Reihe von<br />
Denkmälern verdankte (Reiterdenkmal Kaiser<br />
Wilhelm I. auf dem Obermarkt, Doppelstandbild<br />
Wilhelm I. und Friedrich III. in<br />
der Ruhmeshalle, Standbilder Bismarck und<br />
Moltke Obermarkt, Standbild Roon Wilhelmsplatz,<br />
Jacob-Böhme-Brunnen Nähe Reichenberger<br />
Brücke).<br />
Mit dem „Dichterviertel“ gab es damals den<br />
Versuch, die Namen für neue Straßen überlegt<br />
zu vergeben (Schiller, Goethe, Lessing,<br />
Wieland, Körner, Arndt, Fichte, Eichendorff,<br />
Heinzel, Holtei, Opitz, Reuter). Wer hat schon<br />
die Büsten von Schiller und Goethe am Eckhaus<br />
Bahnhofstraße/Schillerstraße entdeckt?<br />
Auch das Görlitzer Goethe-Denkmal blieb<br />
nicht vom Kriege verschont. Da zählte jedes<br />
Kilo Bronze. So verschwanden 1942<br />
die Büste (die Goethe im mittleren Lebensalter<br />
noch mit üppigem Jabot auf der Brust<br />
dargestellt hatte) und das Band mit zeittypischen<br />
Blattmotiven am unteren Sockelrand,<br />
später auch der Brunnen, dessen Unterhaltung<br />
wohl zu kostspielig war. Erst am<br />
28. <strong>August</strong> 1949, dem 200. Geburtstag des<br />
Dichters, wurde eine Sandsteinkopie der bekannten<br />
Goethebüste von Rauch auf den<br />
Sockel gesetzt. Wieder war die Schule am<br />
Klosterplatz (nun Lessing-Oberschule für<br />
Knaben) an der künstlerischen Gestaltung<br />
beteiligt. Die Ansprachen hielten der Theaterintendant<br />
Dr. Theo Modes und Dr. Walther<br />
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6<br />
Titel |
Goethe-Denkmal<br />
einst Schmuckstück der Südstadt<br />
Preusler, mein damaliger Deutschlehrer. Ein<br />
plötzlicher Gewitterguss weichte die Festversammlung<br />
durch, auch mich. Am 1. September<br />
entschädigte uns dafür die unvergessliche<br />
Festaufführung „Iphigenie auf Tauris“ im<br />
Gerhart-Hauptmann-Theater mit Manja Behrens,<br />
Dresden, in der Titelrolle, Modes als<br />
Thoas, Werder als Arkas, Richter als Orest,<br />
Paulus als Pylades. Inzwischen hat sich das<br />
Bild rund um das Denkmal gewandelt. Die<br />
vorbildlich sanierten Gebäude der Seniorenresidenz<br />
und vornehmen Mehrfamilienhäuser<br />
mit Zaungittern und Vorgärten zu beiden<br />
Seiten der Goethestraße zeugen von einstiger<br />
Noblesse. (Leider noch nicht die Villen<br />
Hagspihl und Ephraim.) Um so schmerzlicher<br />
berührt es, dass vom Goethe-Denkmal nur<br />
noch kümmerliche Reste übrig sind; selbst<br />
die Büste ist unansehnlich, der Dargestellte<br />
nur noch für Eingeweihte und über die Sockelinschrift<br />
erkennbar. Es muss ja nicht so<br />
bleiben. Goethes 200. Todestag ist allerdings<br />
erst 2032. Daher den Obhutspflichtigen im<br />
Rathaus Goethes Worte ins Gedächniss:<br />
„Wer freudig tut und sich des Getanen freut,<br />
ist glücklich.“<br />
Dr. Ernst Kretzschmar<br />
Zustand 1995<br />
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Titel |<br />
7
Flex-Gedenkstein<br />
Königshain gedenkt der Vorfahren -<br />
Trauriges über die Geschichte von Königshain<br />
erfährt man einem Buch von 1815 mit<br />
dem Titel „Kriegsdrangsale von Görlitz und<br />
der benachbarten Städte und Dörfer im Jahre<br />
1813. Von Johann Maaß, privatisierendem<br />
Gelehrten“. Da heißt es: „Hauptsächlich war<br />
diesem Dorfe der Rückzug der kaiserlich russischen<br />
und der königlich preußischen Truppen<br />
nach der Schlacht bei Bautzen und der<br />
darauf folgende Einmarsch der kaiserlich<br />
französischen Truppen im höchsten Grade<br />
verderblich... Der Schade, den das Dominium,<br />
der Pfarrer und die Einwohner durch<br />
diesen Rückzug gehabt haben, beläuft sich<br />
auf 20566 Taler“.<br />
Es folgt jene ergreifende Episode, die bis heute<br />
im Gedächtnis der Königshainer geblieben<br />
ist: „Bei dem Rückmarsche der Franzosen<br />
nach dem Waffenstillstande im September<br />
1813 ist überdem noch der Richter, Daniel<br />
Flex in Königshain, von den Franzosen auf<br />
eine schändliche Weise ermordet worden. Er<br />
bat nämlich um die Zurückgabe zweier von<br />
den Franzosen weggenommener Pferde, die<br />
auf ein anderes Dorf gehörten, deren Eigentümer<br />
dem Richter aber bekannt war. Während<br />
der Unterhandlungen des Richters mit<br />
den Franzosen, die weiter nicht unfreundlich<br />
waren, jedoch auch die Pferde nicht hergeben<br />
wollten, schoß ein anderer Franzose Flexen<br />
von hinten meuchlings in den Rücken,<br />
daß er niederfiel und nachher an der Wunde<br />
starb. Die umstehenden Franzosen lachten<br />
darüber und zogen weiter, ohne sich weder<br />
um den Richter, noch um seinen Mörder zu<br />
bekümmern“. So hatte es der Autor wenig<br />
später bei seinen Nachforschungen erfahren.<br />
Die Kirchenchronik berichtet: „1813,<br />
den 24. <strong>August</strong>, wurde der hiesige Richter<br />
Daniel Flex, Bauer im Mitteldorf, von einem<br />
Soldaten zwischen dem Dorf und Steinberge<br />
erschossen. Einem Holdendorfer Bauern<br />
Michler waren von etlichen Soldaten ein paar<br />
Pferde aus dem Busch entwendet und hierher<br />
gebracht worden. Ein paar einzelne nahestehende<br />
Leute aus Holdendorf kamen<br />
daher und baten, ein gutes Wort bei denen,<br />
die sie fortführten, einzulegen und um sie für<br />
Geld wieder einzulösen. Als der Richter dazu<br />
gerufen worden war, ging er ihnen nebst den<br />
Holdendorfer Dörflern und mehreren aus unserem<br />
Ort nach. Als er noch etwa 8 Schritte<br />
von ihnen entfernt war, bat er sie, neben<br />
ihm stand ein Mann aus Holdendorf. Noch<br />
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8<br />
Geschichte |
Flex-Gedenkstein von 1913 restauriert<br />
im Hinausgehen warnte der Richter<br />
seinen ebenfalls mitgehenden<br />
Sohn, nicht zu weit zu gehen, da<br />
sie geladene Geschosse hätten. Allein,<br />
was er von diesem abzuwenden<br />
suchte, begegnete ihm selbst.<br />
Dreimal wurde unter die nachgehend<br />
Bittenden geschossen, ohne<br />
jemand zu beschädigen. Der vierte<br />
Schuß aber traf ihn. Er fiel augenblicklich<br />
zu Boden und war tot, da<br />
die Kugel, welche von vorn hinein<br />
und hinten wieder herausgefahren<br />
war, dem Anschein nach das Herz<br />
getroffen hatte“.<br />
Überall in Deutschland gedachte<br />
man 1913 der Befreiungskriege<br />
gegen Napoleon und errichtete<br />
Denkmäler, das größte in Leipzig.<br />
In Königshain erinnerten sich die<br />
Urenkel an die tapfere Tat und das<br />
tragische Ende des einstigen Bürgermeisters<br />
und Dorfrichters. An<br />
der überlieferten Stelle seines Todes<br />
errichteten sie südwestlich vom<br />
Steinberg einen Gedenkstein. Die<br />
Stele ruht auf kräftigem Sockel und<br />
Flex-Gedenkstein bei Königshain von 1913,<br />
Rückseite nach der Restaurierung <strong>2008</strong><br />
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Geschichte |<br />
9
Flex-Gedenkstein<br />
Königshain gedenkt der Vorfahren -<br />
Flex-Gedenkstein bei Königshain, Vorderseite nach der Restaurierung <strong>2008</strong><br />
wird durch einen dreieckigen Giebelstein bekrönt.<br />
Auf der Vorderseite heißt es in schwarz<br />
ausgelegter Schrift: „Gedenkstein für Daniel<br />
Flex, Richter u. Bauer zu Königshain, welcher<br />
an dieser Stätte den 24. <strong>August</strong> 1813 mittags<br />
um 1 Uhr von französischen Soldaten<br />
dermaßen durchs Herz geschossen wurde,<br />
daß er augenblicklich tot zur Erde fiel, indem<br />
er im Drange von Menschenliebe u. Amtstreue<br />
bemüht war, die in der Nachbarschaft<br />
geraubten Pferde für die Eigentümer bittlich<br />
für Geld einzulösen. Seines Alters 54 Jahr 10<br />
Mon. 12 Tage“. An der Rückseite liest man:<br />
„Hiesige Dorfgemeinde, um welche er sich in<br />
dieser Angst- und Schreckenszeit Verdienste<br />
erworben, in Sonderheit seine Witwe und<br />
sechs Kinder wurden durch diesen Todesfall<br />
in diese schmerzliche Lage versetzt. Diesem<br />
mutigen Mann wurde zum ehrenden Gedenken<br />
durch die Gemeinde dieser Gedenkstein<br />
errichtet“.<br />
Weitere 95 Jahre danach fanden sich heimatverbundende<br />
Bürger, die mit ihren Spenden<br />
die gelungene Restaurierung des Steins<br />
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10<br />
Geschichte |
Flex-Gedenkstein von 1913 restauriert<br />
ermöglichten. Es<br />
waren Rainer Ullrich,<br />
Hans-Joachim<br />
Zicker und Dr.<br />
Wolfgang Hardegen.<br />
Unter starker<br />
Anteilnahme der<br />
Bevölkerung wurde<br />
der Stein am<br />
1. Juni <strong>2008</strong> bei<br />
strahlendem Sonnenschein<br />
enthüllt.<br />
Vorher zeigten Einwohner<br />
des Ortes<br />
in historischen Kostümen<br />
und begleitet<br />
von prächtigen<br />
Pferden den Vorfall<br />
von 1813 und die<br />
Denkmalweihe von<br />
1913. Dabei spielte Bürgermeister Siegfried<br />
Lange, der wenig später wiedergewählt wurde,<br />
die Rolle seines frühen Amtsvorgängers<br />
Flex.<br />
Die Königshainer, von den jüngsten bis zu<br />
den alten, achten das Erbe der Vorfahren.<br />
1998 begingen sie eine Festwoche zum 700.<br />
Ortsjubiläum. Der Heimatverein gestaltete<br />
dafür einen eindrucksvollen historischen<br />
Enthüllung des restaurierten Flex-Gedenksteines bei Königshain am 1. Juni <strong>2008</strong>,<br />
Bürgermeister Siegfried Lange in der Rolle des 1813 ermordeten Amtsvorgängers Flex.<br />
Festzug. Schon das siebente Jahr in Folge<br />
werden sie nach den Sommerferien Sagen<br />
von Königshain und Umgebung zu abendlicher<br />
Stunde im Schloßgarten spielen. Dafür<br />
sollte man sich den 12. oder 13. September<br />
<strong>2008</strong>, jeweils 20 Uhr, schon jetzt vormerken.<br />
Es lohnt sich!<br />
Dr. Ernst Kretzschmar<br />
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Geschichte |<br />
11
Kaisers<br />
Streitet euch nicht<br />
Bart<br />
um Kaisers Bart -<br />
<strong>2008</strong> gab es eine besondere Überraschung.<br />
Herr Dietrich Rohrbeck<br />
und seine Brüder stellten den Görlitzern<br />
eine kleine Büste von Kaiser<br />
Wilhelm I. (1797-1888) vor, die<br />
sich seit dem 12. Juni wieder am<br />
alten Platz befand, nämlich weit<br />
oben an der Fassade des Doppelhauses<br />
Postplatz 14 / 15. Das Original<br />
war während der Sanierungsarbeiten<br />
in den 1980er Jahren<br />
entfernt, Konsol und runde Nische<br />
aber belassen worden. Die Vorfahren<br />
der Brüder Rohrbeck, der erfolgreiche<br />
Kaufmann Felix Webel<br />
und der Bankier Oskar Großmann,<br />
waren Bauherren des 1881 fertiggestellten<br />
Gebäudes, das schon<br />
seinerzeit ein würdiges architektonisches<br />
Pendant zum vornehmen<br />
Victoria-Hotel an der Nordseite des<br />
Postplatzes bildete. Wilhelm I. war<br />
damals König von Preußen und<br />
Kaiser-Wilhelm-Büste Postplatz 14-15, <strong>2008</strong> Deutscher Kaiser, also Landesherr<br />
der Görlitzer. Bei seinem letzten<br />
Zum Auftakt des diesjährigen Muschelminnafestes<br />
auf dem Postplatz am 14. Juni endeten Haus vorüber. Als 1887 der<br />
Besuch 1882 fuhr er sogar am gerade voll-<br />
Kunst-<br />
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12<br />
Geschichte |
Kaisers<br />
oder doch?<br />
Bart<br />
brunnen mit der „Muschelminna“<br />
feierlich eingeweiht wurde, wandte<br />
die zahlreiche Festversammlung<br />
beim Singen der Nationalhymne<br />
(„Heil dir im Siegerkranz“) die Blicke<br />
auf jene Büste.<br />
Nun übergab Dietrich Rohrbeck<br />
Oberbürgermeister Joachim<br />
Paulick und der Stadt eine Nachfertigung<br />
der Büste (aus dem Fundus<br />
der Stiftung Preußischer Kulturbesitz)<br />
und zugleich eine Spende von<br />
10000 Euro als Grundstock für einen<br />
Fonds, der zur weiteren Restaurierung<br />
des Kunstbrunnens und<br />
der Platzanlage dienen soll. Der<br />
Oberbürgermeister bedankte sich<br />
namens der Bevölkerung und erinnerte<br />
in einer kurzen Ansprache<br />
mit etlichen Beispielen daran, wie<br />
die damalige Generation der Görlitzer<br />
mit einer Vielzahl von Denkmälern<br />
und Straßennamen ihre Verbundenheit<br />
mit dem Monarchen<br />
und ihre Dankbarkeit für die Reichseinigung<br />
von 1871 bekundete.<br />
Kaiser Wilhelm I, Gemälde von Bülow (Ausschnitt) 1883<br />
Kaum hatte die Presse Wind von der Sache<br />
bekommen, begann das übliche aufgereg-<br />
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Geschichte |<br />
13
Kaisers<br />
Streitet euch nicht<br />
Bart<br />
um Kaisers Bart -<br />
Postplatz, Südseite, Haus Nr. 14/15, Büste im 3. Obergeschoss, Mitte, um 1890<br />
te Gegacker hiesiger Provinzhühner. Es geht<br />
aber beim besten Willen nicht, unsere reichen<br />
Schätze an sanierter Gründerzeitarchitektur<br />
zu preisen und für das Wohnen in der<br />
Innenstadt zu werben, andererseits aber die<br />
damaligen Rahmenbedingungen polemisch<br />
herunterzumachen. In jener “wilhelminischen”<br />
Zeit erlebte ja Görlitz einen stürmischen Auf-<br />
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14<br />
Geschichte |
Kaisers<br />
oder doch?<br />
Bart<br />
schwung und seine bisher höchste Blüte. Die<br />
Rückkehr der Kaiserbüste zielt nicht auf einen<br />
Umsturz, sie ist nichts weiter als Normalität.<br />
Es gibt Wichtigeres, als sich um Kaisers<br />
Hinweisschild Postplatz 14/15, Juni <strong>2008</strong><br />
Bart zu streiten. Was meinte Goethe zu den<br />
Nörglern? „Gewissen Geistern muß man ihre<br />
Ideotismen lassen.“<br />
Dr. Ernst Kretzschmar<br />
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Geschichte |<br />
15
100 Jahre Straßburg-Passage -<br />
- Anzeige-<br />
Kosmetikfachkabinett<br />
Die Euro-Schulen in Görlitz wurden<br />
am 15. <strong>August</strong> 1992 mit einer Berufsfachschule<br />
für Fremdsprachenberufe<br />
gegründet und haben seitdem die Bildungslandschaft<br />
in der Stadt Görlitz, in<br />
der Region und im Freistaat Sachsen<br />
mit attraktiven arbeitsmarktorientierten<br />
Produkten und Angeboten in Bildung,<br />
Beratung und Vermittlung positiv geprägt<br />
sowie erfolgreich, prägnant und<br />
nachhaltig verändert. Davon überzeugt<br />
die eindrucksvolle Kombination von Berufsfachschulen/Fachschule<br />
für verschiedene<br />
sprachlich-kaufmännische (Europa-Korrespondent,<br />
Wirtschaftsassistent<br />
Fremdsprachen) und medizinisch-soziale<br />
Berufe (Kosmetik, Erziehung, Sozialassistenz<br />
und Altenpflege). Mitarbeiter<br />
mit fachlicher, pädagogischer und sozialer<br />
Kompetenz bilden - hoch motiviert -<br />
am Berufsbild praxisorientiert aus. Wir<br />
sind stolz, dass unsere Schüler an landes-<br />
und bundesweit ausgeschriebenen<br />
Wettbewerben teilnehmen und dabei<br />
Spitzenplätze belegen, wie zum Beispiel<br />
beim Bundesfremdsprachenwettbewerb,<br />
Bundesjugendschreiben sowie<br />
bundesweiten Make-up-Wettbewerb für<br />
Kosmetikschülerinnen auf Messen in<br />
Wiesbaden und München. Wir arbeiten<br />
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16<br />
Geschichte |
Straßburg-Passage<br />
Unternehmen stellen sich vor<br />
- Anzeige-<br />
eng mit den Euro-Schulen in Zittau, der<br />
Euro- Szkoła Zgorzelec sowie der Euroskola<br />
Ceská Lípa zusammen und legen<br />
somit den Grundstein für viele weitere<br />
zukunftsorientierte Bildungsprojekte im<br />
vereinten Europa.<br />
In der in Görlitz etablierten grenzüberschreitenden<br />
Europa-Bibliothek am Untermarkt,<br />
die als Sprach- und Begegnungszentrum<br />
gegründet wurde, sind<br />
mehr als 250 aktive Leser eingeschrieben.<br />
Sie enthält 18.000 Bücher, vorrangig<br />
in englischer Sprache.<br />
Die Euro-Schulen Görlitz/Zittau beteiligen<br />
sich an verschiedenen Projekten der<br />
Profilierung und Erweiterung der Fremdsprachen-<br />
und Europakompetenz wie<br />
z.B. mit der PONTES-Werkstatt „Nachbarschaft<br />
und Sprache“ und zeigen mit<br />
der Einrichtung des EUROPE-DIRECT-<br />
Informationsbüros im Auftrag der Europäischen<br />
Union Engagement in der Europa-Stadt<br />
Görlitz/Zgorzelec.<br />
Im Sommer 1999 konnten die Euro-<br />
Schulen die neu geschaffenen Räume<br />
in der Straßburg-Passage beziehen. Für<br />
unsere Berufsfachschule für Kosmetik<br />
Europabibliothek<br />
entstanden ein Fußpflege- und ein Pflegekabinett.<br />
Weitere Berufsfachschulen in<br />
den Bereichen Pflege, Erziehung und So-<br />
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Geschichte |<br />
17
100 Jahre Straßburg-Passage -<br />
- Anzeige-<br />
chen Kinderfeste,<br />
die durch die Schüler<br />
und Schülerinnen<br />
der Berufsfachschulen<br />
in der<br />
Straßburg-Passage<br />
gestaltet werden.<br />
In Kooperation mit<br />
dem Sächsischen<br />
Ausbildungs- und<br />
Erprobungskanal<br />
SAEK führen die<br />
Euro-Schulen Görlitz<br />
seit mehr als 3<br />
Jahren das Kinderradio-Projekt<br />
„Görlitzer<br />
Quasselstrippen“<br />
durch.<br />
Görlitzer Quasselstrippen mit Kulturbürgermeister Ulf Großmann Im Jahre 2006<br />
schlossen sich die<br />
ziales sowie die Schulleitung, der Job-Club<br />
und das Projekt ausbildungsbegleitende<br />
Hilfen fanden in der Straßburg-Passage<br />
ihr neues Domizil. Die Berufsfachschulen für<br />
Fremdsprachenberufe befinden sich am<br />
Sonnenplan.<br />
Besondere Höhepunkte sind die jährli-<br />
Standorte in Görlitz und in Zittau zu den<br />
Euro-Schulen Görlitz/Zittau zusammen.<br />
Bereits seit 1991 werden in Zittau Kernkompetenzen<br />
im kaufmännischen und<br />
IT-Bereich vermittelt. Seit ihrer Gründung<br />
verfügen die Euro-Schulen Görlitz/<br />
Zittau über umfangreiche Kontakte zur<br />
anzeige<br />
18<br />
Geschichte |
Straßburg-Passage<br />
Unternehmen stellen sich vor<br />
- Anzeige-<br />
Wirtschaft in der<br />
Region, aber auch<br />
im In- und Ausland.<br />
Dieser Einfluss<br />
wirkt sich vor allem<br />
auf die praxisnahe<br />
Ausbildung, die<br />
betrieblichen Praktika<br />
und Projektarbeiten<br />
der Schüler<br />
aus. Wir stellen mit<br />
unseren Praxispartnern<br />
und Lehrkräften<br />
das Verhältnis „Schule<br />
– Wirtschaft“ in<br />
den Mittelpunkt des<br />
Qualitätsprozesses<br />
der Ausbildung.<br />
Die Euro-Schulen Görlitz/Zittau<br />
sind Prüfungs-<br />
und Testzentrum für Sprachen,<br />
Computer und Persönlichkeit und bieten<br />
weiterhin folgende Dienstleistungen an:<br />
Fort- und Weiterbildung • Firmenservice<br />
• Übersetzungs- und Dolmetscherdienste<br />
• Sprachreisen weltweit • Karriereberatung<br />
und Kompetenzentwicklung über<br />
Euro-Schule Zittau, PC-Kabinett<br />
den Job-Club • Ausbildungsbegleitende<br />
Hilfen abH • Europa-Bibliothek.<br />
Euro-Schulen gemeinnützige Gesellschaft<br />
für berufliche Bildung und Beschäftigung<br />
Sachsen mbH<br />
Euro-Schulen GmbH<br />
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Geschichte |<br />
19
Schloss Mengelsdorf<br />
Mengelsdorf<br />
-<br />
äußerst wechselhafte<br />
Vergangenheit.<br />
Dazu soll unser<br />
folgender Ausflug<br />
in die Geschichte<br />
des Gutes interessante<br />
Daten und<br />
Ereignisse ins Gedächtnis<br />
rufen.<br />
Seine erstmalige<br />
Erwähnung durch<br />
König Wenzel erfährt<br />
das Gut im<br />
Jahr 1293. Die älteste<br />
Urkunde, die<br />
einen Besitzer des<br />
damaligen Lehngutes<br />
und somit<br />
Caritasheim in Mengelsdorf<br />
dessen Existenz belegt,<br />
stammt aus dem Jahr 1387. Der<br />
Die Dörfer, Güter und Schlösser rund um<br />
Görlitz weisen wie auch die Stadt selbst erste namentlich erwähnte Besitzer ist<br />
über die Jahrhunderte eine bewegte<br />
Geschichte auf. So erlebte auch das Mengelsdorf die Güter Reichenbach,<br />
Ramphold von Gersdorf. Er besaß neben<br />
Gut Mengelsdorf, in dem seit Juli 1996 Niederreichenbach, Goßwitz und Sohland.<br />
Ihm folgten seine Frau Margarethe<br />
die Caritas in der Sozialtherapeutischen<br />
Wohnstätte chronisch psychisch kranke von Gersdorf und ihr Sohn Hanns. Sie<br />
Bewohner betreut, über die Jahre eine erhielt von Herzog Johannes zu Görlitz<br />
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20<br />
Geschichte |
Schloss<br />
Geschichte und<br />
Mengelsdorf<br />
Gegenwart Teil I<br />
am 1. Oktober des<br />
gleichen Jahres die<br />
eben genannten<br />
Güter zum Leibgedinge<br />
verschrieben.<br />
Allerdings bekam<br />
sie Streit mit<br />
Herrn Leuther von<br />
Gersdorf. Das Gut<br />
ging aber durch einen<br />
Urteilsspruch<br />
des Schöppenstuhls<br />
zu Dohna lebenslang<br />
in ihren Besitz<br />
über. Nachdem<br />
dieser in Besitz des<br />
Lehngutes gelangt<br />
war, gab er es 1400<br />
Schloss Mengelsdorf heute<br />
in die Hände von<br />
Jonen von Gersdorf. Dieser hatte in den Leuther wieder in den Besitz der Güter.<br />
vorangegangenen Jahren eine Fehde Seine Söhne Tamme, Hanns, Ramphold,<br />
mit Leuther ausgetragen. Diese Feindseligkeit<br />
wurde mit dem Tausch der Güter wie seine Tochter Margarethe, verehe-<br />
Leuther II., Nikolaus und Christoph so-<br />
beendet.<br />
lichte von Schoff 1 , wurden zum Teil auch<br />
Da Jonen von Gersdorf wahrscheinlich<br />
nach seinem Tod keine Erben hin-<br />
Hanns war Amtshauptmann des Kreises<br />
als Anführer im Hussitenkrieg berühmt.<br />
terließ, gelangten nun die Kinder von Görlitz. Ramphold war von 1430 bis 1436<br />
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Geschichte |<br />
21
Schloss Mengelsdorf<br />
Mengelsdorf<br />
-<br />
Ansichtskarte um 1900<br />
Pfarrer von Reichenbach. Es ist nicht genau<br />
überliefert, wie sich die Kinder untereinander<br />
geeinigt haben, aber sehr<br />
wahrscheinlich hat jedes seinen Anteil<br />
erhalten. Lediglich Ramphold und Christoph<br />
werden 1433 vorrangig als Besitzer<br />
genannt. Nachdem 1511 weitere Familienmitglieder<br />
derer von Gersdorf das Gut<br />
übernommen hatten, fügte schließlich<br />
1515 Balthasar von Rabenau, Besitzer<br />
von Arnsdorf, Liebstein und Thiemendorf,<br />
Gut Mengelsdorf zu seinen Besitztümern<br />
hinzu. Ihm folgte Strenzel von Gersdorf.<br />
1545 fiel das Gut an seinen Sohn Peter.<br />
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22<br />
Geschichte |
Schloss<br />
Geschichte und<br />
Mengelsdorf<br />
Gegenwart Teil I<br />
Briefausschnitt, geschrieben von Alfred Grohmann (Bäckerei), 1930<br />
Unter seiner Herrschaft wurde ein Teil<br />
des Städtchens Reichenbach, welches<br />
an Mengelsdorf zinspflichtig war, an<br />
die Brüder Balthasar und Joachim von<br />
Gersdorf verkauft. Joachim von Gersdorf<br />
behielt Döbschütz, starb aber be-<br />
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Geschichte |<br />
23
Schloss Mengelsdorf<br />
Mengelsdorf<br />
-<br />
reits 1584.<br />
Peter von Gersdorf mußte Mengelsdorf<br />
verkaufen, da er hoch verschuldet war.<br />
Vor seinem Tod 1597 verkaufte auch<br />
Balthasar Reichenbach und Mengelsdorf,<br />
da auch er mit Schulden belehnt<br />
war. Hanns von Warnsdorf erwirbt diese<br />
Güter und verkauft sie 1584 an Günter<br />
von Hermsdorf. Allerdings erwirbt Hanns<br />
von Warnsdorf aufgrund eines Lehnbriefes<br />
das Gut zu Himmelfahrt 1590 zurück.<br />
Da Kaiser Rudolph II. ihm gnädig<br />
gesinnt war, wandelte dieser 1599 seine<br />
ganzen Lehngüter in Erbgüter um. Weiterhin<br />
erhielt Herr Hanns vom Kaiser die<br />
Zusage, dass seine Güter niemals mehr<br />
mit Steuern belastet werden konnten.<br />
Es gelang ihm, einige Grundstücke wie<br />
das Hospital von Reichenbach, die Spitalwiese<br />
und einige angrenzende Äcker<br />
Mengelsdorf anzugliedern.<br />
Sein Sohn Hanns Georg von Warnsdorf<br />
teilt nach dem Tod seines Vaters 1613<br />
dessen Besitztümer mit seinem Bruder<br />
Sigismund. Er verkauft er Gut Mengelsdorf<br />
an Herrn Gottfried Rückert. Dieser<br />
war ein angesehener Bürger von Görlitz,<br />
wurde 1613 in den Adelsstand erhoben<br />
und mit dem Gut am 10. Februar 1<strong>62</strong>7<br />
belehnt. Er starb 1646. Am 15. November<br />
1638 übernimmt Georg von Rückert<br />
das Gut Mengelsdorf gegen Zahlung<br />
von nur 8500 Talern, da es im 30jährigen<br />
Krieg durch Brand und Plünderungen<br />
stark verwüstet worden war. Herr<br />
Georg war kaiserlich-kurfürstlicher sächsischer<br />
Obrist über ein Regiment der Kavallerie.<br />
Am 11. Juni 1647 erhält er die<br />
Lehnsherrschaft über Mengelsdorf. Von<br />
ihm erbte das Gut später seine Gemahlin,<br />
die sich nach seinem Tod mit Herrn<br />
Asche Claus von Lützau vermählte. Sie<br />
starb 1675 und liegt in Diehsa begraben.<br />
1)<br />
Schoff: ritterliches Geschlecht, das von Meißen in die<br />
Oberlausitz übersiedelte und aus dem der Hauptmann<br />
von Görlitz hervorging.<br />
(Fortsetzung folgt)<br />
Quelle: Chronik Gut Mengelsdorf, zusammengestellt<br />
von Dr. Ingrid Oertel<br />
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24<br />
Geschichte |
Sternwarte<br />
Görlitz und seine Sternwarte<br />
-Fortsetzung-<br />
Günter Lampe (1925-1999)<br />
Der Turm auf dem Klosterplatz genügte<br />
nicht mehr den gewachsenen Anforderungen,<br />
das Gebälk unter der Plattform<br />
gab nach und vibrierte oft störend, die<br />
Stadtbeleuchtung nahm zu. 1963 begann<br />
Herr Lampe mit der Planung eines<br />
Neubaus im Stadtteil Biesnitz. Da<br />
günstige Standorte wie die Landeskrone<br />
oder der Steinberg versorgungstechnische<br />
Probleme bereiten würden, erfolgte<br />
1968 der Bau auf dem heutigen<br />
Gelände, An der Sternwarte 1. Am 20.<br />
Februar 1971 konnte der erste Bauabschnitt<br />
mit Vortragsraum, Fotolabor, Beobachtungskuppel<br />
und einer Plattform<br />
für kleinere Geräte eingeweiht werden.<br />
Das Hauptgerät, ein 1,5 Tonnen schweres<br />
Spiegelteleskop mit 400mm Durchmesser,<br />
das der Diplomastronom E.<br />
Bartl aus Apolda gebaut und zu dem die<br />
Firma Wilke in Falkensee die Optik geliefert<br />
hatte, steht auf einer Säule, die das<br />
Reichsbahnausbesserungswerk Görlitz<br />
anfertigte. Die erforderliche 4m-Kuppel<br />
baute und montierte der Görlitzer<br />
Waggonbau. Viele Betriebe wirkten bei<br />
dem Neubau mit und nicht zu vergessen<br />
Schüler und Lehrlinge. Doch dies alles<br />
geschah nicht im Selbstlauf, sondern<br />
war dem zähen, unnachgiebigen Drängen<br />
Herrn Lampes zu verdanken. Als<br />
er in den siebziger Jahren für längere<br />
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Geschichte |<br />
25
Sternwarte<br />
Görlitz und seine Sternwarte<br />
-Fortsetzung-<br />
Zeit erkrankte, stagnierte der Bau. Der<br />
bereits 1969 gekaufte Projektor für ein<br />
Kleinplanetarium wartete auf sein Gebäude.<br />
Anfang der achtziger Jahre standen<br />
die Zeichen für die Fortsetzung der<br />
Bauarbeiten günstig. Infolgedessen verbesserte<br />
sich die personelle Situation,<br />
weitere Mitarbeiter wurden eingestellt.<br />
Im März 1986 begannen endlich die Arbeiten<br />
an den restlichen Bauabschnitten.<br />
Sie wurden hauptsächlich getragen<br />
vom Lehrlingsbetrieb des damaligen VEB<br />
Stadtbau unter Beteiligung der Schulverwaltung,<br />
der Görlitzer PGHs „Stahlbau“,<br />
„Elektro“ und „Gesundheitstechnik“,<br />
dem Polytechnischen Zentrum des<br />
Wohnungsbaukombinates, den Stuckateuren<br />
der Denkmalpflege, Malermeister<br />
Schubert sowie weiteren Firmen, freiwilligen<br />
Helfern und durch Schülereinsätze.<br />
Seit der Projektierung waren mittlerweile<br />
zwanzig Jahre vergangen, und so<br />
konnte aus Kostengründen die Einrichtung<br />
leider nicht mehr in der Größe gebaut<br />
werden wie ursprünglich geplant.<br />
Aber immerhin konnte durch den Anbau<br />
eines weiteren Beobachtungsturmes mit<br />
3,5m-Kuppel, dem Planetarium mit 8m<br />
Durchmesser und einem zweiten Beobachtungshaus<br />
am 2. September 1989<br />
die zweitgrößte Sternwarte der Oberlausitz<br />
feierlich übergeben werden. Anlässlich<br />
des 450. Geburtstages von Bartholomäus<br />
Scultetus erhielt die Einrichtung<br />
in einer Feierstunde am 27. Mai 1990<br />
seinen Namen. Im November gleichen<br />
Jahres erreichte Günter Lampe sein<br />
Rentenalter und ging in den verdienten<br />
Ruhestand. Gern war er weiterhin<br />
auf der Sternwarte und nahm regen Anteil<br />
an ihrem weiteren Schicksal. Leider<br />
war es ihm nicht mehr vergönnt, die von<br />
ihm lang ersehnte totale Sonnenfinsternis<br />
im <strong>August</strong> 1999 zu beobachten, er<br />
verstarb überraschend elf Wochen vorher.<br />
Ihm ist es letztendlich zu danken,<br />
dass die Scultetus-Sternwarte ein wichtiger<br />
und beliebter Mosaikstein in der<br />
Görlitzer Kultur- und Bildungslandschaft<br />
geworden ist. Dank des Planetariums<br />
- dem einzigen im Kreis Görlitz - kann<br />
bei jeder Witterung die Faszination des<br />
Sternhimmels und seine inspirierende<br />
Wirkung auf Naturwissenschaften, Phi-<br />
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26<br />
Geschichte |
Sternwarte<br />
Astronomie in Biesnitz<br />
losophie und Künste<br />
allen Altersgruppen<br />
anschaulich nahegebracht<br />
werden, ja<br />
leistet die Sternwarte<br />
durch die Tatsache,<br />
dass unseren<br />
polnischen Nachbarn<br />
vergleichbare<br />
Einrichtungen erst<br />
in 200 km Entfernung<br />
zur Verfügung<br />
stehen, praktische<br />
Beiträge zur europäischen<br />
Verständigung.<br />
Sternwarte Biesnitz 1994<br />
Höhen und Tiefen kennzeichnen die Geschichte<br />
der Görlitzer Sternwarte, aufwärts<br />
ging es für sie immer dann, wenn<br />
bürgerschaftliches Engagement und<br />
eine bürgerfreundliche Stadtverwaltung<br />
zusammenfanden. Jede Epoche hat ihre<br />
Randbedingungen, und auch heute gilt<br />
es eine lange Tradition verlässlich fortzuführen,<br />
indem ein Verein die Einrichtung<br />
betreut. Der Förderverein freut sich<br />
über jeden Mitstreiter. Nicht nur Astronomen<br />
sind willkommen, es kommt darauf<br />
an, ein Herz für die Görlitzer Sternwarte<br />
zu haben. In den vergangenen<br />
Jahrzehnten haben Schüler, Lehrlinge,<br />
Handwerker die Sternwarte aufgebaut,<br />
haben Kinder, Jugendliche, Erzieher, Besucher<br />
sie schätzen gelernt…<br />
Lutz Pannier<br />
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Geschichte |<br />
27
Persönlichkeiten<br />
Der Löbauer Kunstmaler<br />
Hanns Lindner war und ist für viele „der<br />
Löbauer Kunstmaler“, im täglichen Leben<br />
war er der Zeichenlehrer vieler Löbauer.<br />
Er wurde am 28. Oktober 1885 in Nossen<br />
als Sohn eines Bürgerschullehrers<br />
geboren und besuchte von 1892 bis<br />
1900 die Bürgerschule und anschließend<br />
bis 1906 das Königliche Lehrerseminar.<br />
Danach arbeitete er bis 1909 als Hilfslehrer<br />
in Cossebaude. Da ihn Malen und<br />
Zeichnen sehr interessierte, besuchte er<br />
bis 1911 die Königliche Zeichenschule,<br />
die er als ausgebildeter Fachlehrer für<br />
Zeichenunterricht verließ. Das folgende<br />
Jahr verbrachte er mit künstlerischer<br />
Weiterbildung, und 1912 nahm er eine<br />
Lehrstelle an der Volksschule in Grüna<br />
an.<br />
Im selben Jahr heiratete er in Dresden<br />
Martha Baldeweg, mit der er 1913 nach<br />
Löbau zog. Er hatte die Stelle des Zeichenlehrers<br />
am Löbauer Seminar erhalten.<br />
Weil Lindner neben seiner Lehrtätigkeit<br />
künstlerisch weiter arbeiten<br />
wollte, richtete er sich in seiner Wohnung<br />
ein Atelier ein. In der folgenden<br />
Hanns Lindner<br />
Zeit entstanden viele seiner Werke.<br />
Am 30. Oktober 1920 wurde seine einzige<br />
Tochter Marianne geboren.<br />
Am Ende des Zweiten Weltkrieges wur-<br />
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28<br />
Persönlichkeiten |
Persönlichkeiten<br />
Hanns Lindner (Ernst Paul Johannes Lindner)<br />
de Lindner noch als Volkssturmmann<br />
eingezogen. So verbrachte er die „Volkssturmzeit“<br />
dann auch zum größten Teil<br />
in einem Gefangenenlager in Hoyerswerda,<br />
aus welchem er in denkbar<br />
schlechtem gesundheitlichen Zustand<br />
entlassen wurde.<br />
Nach dem Krieg, er arbeitete nicht mehr<br />
als Lehrer an der Oberschule, widmete<br />
er sich der freischaffenden Kunst. Er<br />
malte vor allem, gab aber auch zu Hause<br />
privaten Zeichenunterricht.<br />
1961 verzog Hanns Lindner mit seiner<br />
Familie in die BRD. Da er nur wenige seiner<br />
Werke mitnehmen durfte, übergab<br />
er die restlichen dem Löbauer Stadtmuseum.<br />
Leider ließ er fast alle seine<br />
Druckplatten mit all seinen herrlich lebendigen<br />
Landschaften und Ortsansichten<br />
vernichten. Lindner war ein Meister<br />
der Radierung.<br />
Im Alter von fast 80 Jahren verstarb<br />
Hanns Lindner am 14. April 1965 an den<br />
Folgen einer Bruchoperation.<br />
In einem Brief an einen Löbauer Freund<br />
erklärt er diesem seine neue Welt, darin<br />
wird seine Sehnsucht nach seiner Heimat<br />
und vor allem nach der Oberlausitzer<br />
Landschaft deutlich.<br />
Brief vom 16.1.1963 aus Bremerhaven,<br />
Lieber ...<br />
An allem ist die Kälte schuld! Auch daran,<br />
daß ich Ihnen erst heute schreibe.<br />
Es ist nur gut, daß wir eine „Wohnung<br />
mit Zentralheizung“ haben – da ist alles,<br />
sogar der Hausflur und die Treppenaufgänge<br />
warm.<br />
Nun verstehen Sie mich nicht falsch.<br />
Selbstverständlich gehört diese Wohnung<br />
meiner Tochter... – Wir haben<br />
noch nichts – nicht einmal Geld ! –<br />
Schön ist der große Fernseher, der uns<br />
unterhält u. unsere Faulheit stärkt. – ich<br />
habe auch noch keinen Strich gezeichnet,<br />
wiewohl die Aussicht von unserem<br />
Fenster ganz leidlich ist. Anbei schicke<br />
ich Ihnen eine Skizze davon (Aber die<br />
ist auch noch nicht fertig!). An die Weser<br />
bin ich bloß einmal gekommen, wo<br />
noch kein Frost und Schnee war.- Ja, das<br />
war ja ganz schön, der Ausblick auf die<br />
Nordsee u. die großen Seeschiffe. Aber<br />
da an der Weser ist jetzt kein Wasser<br />
mehr, sondern nur Eis, u. der Wind ist<br />
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Persönlichkeiten | 29
Persönlichkeiten<br />
Der Löbauer Kunstmaler<br />
In den Löbauer Anlagen<br />
dort noch ein ganz paar Grad kälter<br />
als in Leherheide !- Die Häuser<br />
hier sind ganz modern, haben<br />
ein fast flaches Dach u. keine Essen<br />
u. stehen in der Landschaft<br />
wie Klötze – eins wie das andere.<br />
Die Fenster bestehen nur aus einer<br />
ganz großen Scheibe u. sind<br />
oben zu öffnen. Man kann sie<br />
aber auch ganz aufmachen. Die<br />
Türen lassen über dem Fußboden<br />
ein Stück frei, wegen der allgemeinen<br />
Durchwärmung.- Selbstverständlich<br />
gibt es in Bad und<br />
Küche jederzeit heißes u. kaltes<br />
Wasser. – die moderne Küche ist<br />
interessant (man ißt auch in der<br />
Küche - nicht in der Stube mit<br />
dem kleinen, niedrigen Tisch !):<br />
der Herd ist elektrisch geheizt,<br />
dann kommt der Zubereitungstisch,<br />
dann der Abwasch mit kaltem<br />
u. warmem Wasser u. Abfluß,<br />
dann die Trockenstelle für das Geschirr,<br />
schließlich der Eisschrank<br />
u. darüber und darunter die mit<br />
Schiebetüren verschlossenen Be-<br />
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30<br />
Persönlichkeiten |
Persönlichkeiten<br />
Hanns Lindner (Ernst Paul Johannes Lindner)<br />
hälter für Küchengeräte. Die Abfälle<br />
kommen in einen großen Kübel,<br />
der 2x in der Woche geleert<br />
wird u. auf dem Balkon steht. Gerade<br />
mir gegenüber sehe ich nur<br />
...Wohnblöcke, keinen Baum –<br />
bis auf die paar, die sie vorgestern<br />
gepflanzt haben. - Skizze<br />
Wohnblock - Sie sehen, daß alles<br />
hochmodern, vor allem zweckmäßig<br />
ist- und kalt wie eine Hundeschnautze<br />
! – Aber bequem u.<br />
praktisch.- Die Fronten alle nach<br />
Süden! – Von hier fährt man mit<br />
dem Bus 20 Minuten. In den Geschäften<br />
gibt es einfach alles. Jeden<br />
Morgen kommt ein Auto mit<br />
Milch, Quark, Käse, Wurst, Apfelsinen<br />
u.a. mehr.<br />
Aber ich glaube nicht, daß man<br />
hier etwas verkaufen kann –<br />
Bilder u. Radierungen natürlich !<br />
Für heute herzliche Grüße, ...<br />
Ihr H. Lindner<br />
R. Weimer<br />
Museum der Stadt Löbau<br />
Teil der alten Löbauer Stadtmauer mit Stadtpfeiferhaus<br />
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Persönlichkeiten |<br />
31
Vergessenes<br />
Ein vergessenes Arkadien<br />
Arkadien<br />
Ein vergessenes Arkadien.<br />
Schlösser und Parkanlagen der ehemaligen<br />
Grafschaft Glatz<br />
Vom 2. <strong>August</strong> bis 28. September <strong>2008</strong><br />
zeigt das Schlesische Museum zu Görlitz<br />
eine deutsch-polnische<br />
Wanderausstellung,<br />
die sich<br />
mit einem Kapitel<br />
der reichen Kulturund<br />
Architekturgeschichte<br />
der ehemaligen<br />
Grafschaft<br />
Glatz befasst. Die<br />
von Monumenta Silesiae<br />
e.V. Görlitz<br />
und dem Museum<br />
des Glatzer Landes<br />
in Glatz erarbeitete<br />
Ausstellung will die<br />
Besucher für den<br />
hohen kulturhistorischen Wert der Region<br />
sensibilisieren.<br />
Mit der Eroberung Schlesiens durch<br />
Friedrich II. wurde die Grafschaft Glatz<br />
1742 der preußischen Provinz Schlesien<br />
angeschlossen und durch ihre zahlreichen<br />
Heilbäder bald darauf als „Gesundbrunnen<br />
Deutschlands“ weithin bekannt.<br />
Mehr als sechzig Schlösser und Herrenhäuser<br />
prägen die Landschaft. Auf diese<br />
komplexen baulichen Anlagen aus verschiedenen<br />
Stilepochen mit weitläufigen<br />
Wirtschaftshöfen und Parks war auch<br />
das Leben der dörflichen Bevölkerung<br />
ausgerichtet.<br />
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32<br />
Wanderausstellung |
Vergessenes<br />
Schlösser und Parkanlagen<br />
Arkadien<br />
Mit dem Ende des Zweiten Weltkriegs<br />
und dem Übergang Schlesiens an Polen<br />
brach die Tradition des adligen Landlebens<br />
ab. Viele Bauten verfielen oder<br />
wurden beseitigt. Spätestens jedoch<br />
seit der politischen Wende ist bei den<br />
zuständigen Behörden wie auch in der<br />
Bevölkerung des Landes eine neue Haltung<br />
zu erkennen, die diesem gemeinsamen<br />
kulturellen Erbe von Deutschen<br />
und Polen wieder neue Chancen eröffnet.<br />
Die unter der Leitung<br />
von Arne Franke<br />
entstandene<br />
Ausstellung befasst<br />
sich mit der Architektur<br />
von Schlössern<br />
und Anlagen,<br />
ihren Auftraggebern<br />
und ihrer heutigen<br />
Bedeutung.<br />
Etwa dreißig Adelssitze<br />
werden in<br />
Kurzbiografien mit<br />
historischem und<br />
aktuellem Bildmaterial<br />
vorgestellt. Die Ausstellung illustriert<br />
damit die siebenhundertjährige<br />
Adelsgeschichte einer bemerkenswerten<br />
Region Schlesiens.<br />
Text: Schlesisches Museum zu Görlitz<br />
Bildtitel: Schloss Eisersdorf/Żelazno,<br />
Foto: © A. Franke, Berlin<br />
Bildtitel: Im Wiederaufbau begriffene<br />
Ruine des Schlosses Wölfelsdorf/Wilkanów.<br />
Foto: © A. Franke, Berlin<br />
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Wanderausstellung | 33
Haus<br />
75 Jahre Haus Schminke -<br />
Der 31. Mai <strong>2008</strong> - ein historischer Tag<br />
im Leben des Haus Schminke.<br />
Seit nunmehr 75 Jahren<br />
hält der „Nudeldampfer“ den Stürmen<br />
der Zeit stand.<br />
Der Grundstein für den Bau des Haus<br />
Schminke wurde am 10. April 1930 gelegt,<br />
als das Ehepaar Fritz und Charlotte<br />
Schminke Kontakt zu dem Architekten<br />
Hans Scharoun aufnahm. Die Schminkes<br />
waren durch Besuche der Werkbund-Ausstellungen<br />
von 1927 in Stuttgart<br />
und 1929 in Breslau auf Scharoun<br />
aufmerksam geworden. Für das zu errichtende<br />
Haus haben die Bauherren<br />
sehr konkrete Vorstellungen, ließen dem<br />
Architekten jedoch genügend Spielraum<br />
für seine Entwurfsarbeit. Schminke erinnert<br />
sich später an seine Vorgaben: „Ein<br />
modernes Haus für 2 Eltern, 4 Kinder<br />
und gelegentlich 1-2 Gäste, da der Garten<br />
zur Hauptsache nördlich des vorgesehenen<br />
Bauplatzes lag, sollte der Blick<br />
nach dort wohl frei sein, jedoch sollten<br />
die Wohnräume auch Südsonne haben,<br />
leichte Bewirtschaftung, nur eine Gehilfin<br />
für die Hausfrau, praktische Fußböden,<br />
einfach und leicht zu reinigende<br />
Bäder, Schlaf- und Waschräume, Wohn-,<br />
Wasch- und Baderaum für die Hausgehilfin,<br />
Möglichkeiten zur Blumenpflege,<br />
an der die Hausfrau besonders interessiert<br />
war...“. Mit der Bauausführung<br />
wird der Löbauer Bauunternehmer Walter<br />
Vetter beauftragt. Nach zweijähriger<br />
Bauzeit konnte das Ehepaar mit seinen<br />
vier Kindern und dem Hausmädchen das<br />
Haus am 31. Mai 1933 beziehen.<br />
Fritz Schminke wurde am 9. November<br />
1897 (1971 verstorben) als Sohn von<br />
Wilhelm Schminke, dem Mitinhaber einer<br />
Textilfabrik, in Glauchau geboren.<br />
1904 kauft Wilhelm Schminke die Löbauer<br />
Anker-Teigwarenfabrik „Loeser &<br />
Richter“ und zieht mit seiner Frau Anna<br />
Therese Schminke, geb. Rössler, und<br />
Sohn Fritz in die Stadt am Berge. Der am<br />
30. Januar 1905 geborene Sohn Hans<br />
Wilhelm verstirbt im Alter von nur 4 Monaten<br />
und 5 Tagen. Am 13. Juli 1906<br />
wird der dritte Sohn, Joachim Schminke,<br />
geboren.<br />
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34<br />
Geschichte |
Haus<br />
ein historischer<br />
Schminke<br />
Tag für Löbau<br />
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Geschichte | 35
Haus<br />
75 Jahre Haus Schminke -<br />
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36<br />
Geschichte |
Haus<br />
ein historischer<br />
Schminke<br />
Tag für Löbau<br />
Am 21. März 1922 heiratete Fritz Oswald<br />
Schminke die drei Jahre jüngere Agnes<br />
Thekla Charlotte Orlamünder, eine gebürtige<br />
Magdeburgerin. Aus dieser Ehe<br />
gingen vier Kinder hervor: 1924 wurde<br />
der Sohn Fritz Wilhelm Harald (im Dez.<br />
1943 in Russland verstorben), 1926 die<br />
Tochter Anna Gertraude (im April <strong>2008</strong><br />
in Namibia verstorben), 1929 die Tochter<br />
Erika und 1930 die Tochter Helga geboren.<br />
Leider diente das Haus der Familie nur<br />
bis 1945 als Wohnhaus. Mit Rückgabe<br />
des Hauses nach der Beschlagnahmung<br />
durch die Rote Armee eröffnete Charlotte<br />
Schminke 1946 darin ein Erholungsheim<br />
für Kinder bombengeschädigter<br />
Familien aus Dresden, welches bis zum<br />
Frühjahr 1951 bestand. Ab Mai 1951<br />
wird das Wohnhaus von der Stadt Löbau<br />
gepachtet, um darin für die Freie<br />
Deutsche Jugend (FDJ) ein Klubhaus<br />
einzurichten. Im Jahre 1963 wird das<br />
Klubhaus der FDJ wieder aufgelöst und<br />
stattdessen ein „Haus der Pioniere“ eingerichtet.<br />
Nach Auflösung des Pionierhauses<br />
betreibt die Stadt Löbau von<br />
1990 bis <strong>August</strong> 1993 im Haus Schminke<br />
ein Freizeitzentrum für Kinder und Jugendliche,<br />
diese Organisation wandelte<br />
sich im September 1993 in einen Verein<br />
um, 2001 Umbenennung in „Haus<br />
Schminke e.V.“.<br />
Im Spätsommer 2005 kündigte der Verein<br />
den Nutzungsvertrag mit der Stadt<br />
Löbau und gibt das Haus am 31. Januar<br />
2006 der Stadt Löbau zurück. Seit Februar<br />
betreibt die Stadt Löbau das Haus<br />
Schminke wieder selbst.<br />
Schließlich wurde am 24. Mai 2007 in<br />
Zusammenarbeit mit der Hess AG in Villingen-Schwenningen<br />
eine Stiftung für<br />
das Haus Schminke ins Leben gerufen,<br />
diese durchläuft aber momentan noch<br />
das Anerkennungsverfahren beim zuständigen<br />
Regierungspräsidium.<br />
Das Haus ist von Dienstag bis Sonntag<br />
von 10 - 17 Uhr öffentlich zugänglich<br />
und steht für alle Nutzungen, die mit<br />
der Einhaltung des Denkmalschutzes<br />
vereinbar sind, zur Verfügung.<br />
Neben der ständigen Möglichkeit zur<br />
geführten Besichtigung wird auch sehr<br />
gern das Angebot zur Übernachtung ge-<br />
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Geschichte | 37
Haus<br />
75 Jahre Haus Schminke -<br />
nutzt. Das Haus Schminke bietet sich<br />
außerdem als Ort für Tagungen, Workshops,<br />
Seminare, Ausstellungen, Buchlesungen<br />
oder kleinere Konzerte an (Privatfeiern<br />
ausgenommen).<br />
Anhand der Statistiken lässt sich<br />
schlussfolgern, dass das Haus Schminke<br />
als Ausflugsort eine zunehmende Größe<br />
im Bereich des Tourismus in Löbau darstellt.<br />
Schließlich gehört es neben dem<br />
Haus Tugendhat von Mies van der Rohe<br />
in Brünn/Brno, der Villa Savoye von Le<br />
Corbusier in Poissy bei Paris und dem<br />
Haus Kaufmann von Frank Lioyd Wright<br />
in Pennsylvania zu den vier herausragendsten<br />
Beispielen des „Neuen Bauens“<br />
bzw. des „Internationalen Style“.<br />
Während 2006 1.726 Besucher das<br />
Haus besichtigten, waren es im vergangen<br />
Jahr bereits 2.499, Tendenz steigend.<br />
Beispielsweise stieg die Besucherzahl<br />
im Vergleichszeitraum Januar - Mai<br />
2007/<strong>2008</strong> um 48%. Bis dato erkundeten<br />
im Jahr <strong>2008</strong> 1.435 Gäste das Haus<br />
Schminke.<br />
Zusätzlich zu den Tagesgästen übernachteten<br />
in diesem Jahr schon 71 Personen<br />
im Haus, 2007 nahmen 152 Gäste<br />
das Angebot zur Übernachtung an, hingegen<br />
waren es 2006 nur 87 Personen.<br />
Man sieht, auch bei den Übernachtungen<br />
steigt die Nachfrage. Bei den übernachtenden<br />
Gästen handelt es sich um<br />
architekturbegeisterte Touristen, die teilweise<br />
eine lange Reise auf sich nehmen,<br />
um für eine Nacht die Wohnqualität des<br />
Hauses nachempfinden zu können.<br />
Erwähnenswert sind in jedem Fall auch<br />
die Zugriffe auf die Website www.hausschminke.de.<br />
Innerhalb eines Jahres<br />
(Mai 2007 - Mai <strong>2008</strong>) griffen 66.500<br />
Besucher auf die angegebene Homepage<br />
zu. Dabei zeigt die Statistik, dass<br />
die User aus aller Welt kommen, z.B.<br />
Andora, Guatemala, Japan, Peru, Taiwan,<br />
Ukraine... dies nur ein kleiner Auszug<br />
von den 61 zugreifenden Ländern.<br />
Seit letztem Jahr ist die Homepage<br />
Dank vielseitiger Unterstützung auch<br />
dreisprachig online - deutsch, englisch<br />
und tschechisch. Bis zur Freischaltung<br />
der französischen und polnischen Website<br />
wird allerdings noch etwas Zeit vergehen,<br />
aber es ist bereits in Arbeit.<br />
Eine „Geburtstagsfeier“ anlässlich des<br />
75jährigen Bestehens des Haus Schminke<br />
wird es noch geben. Es ist geplant,<br />
dass das Ereignis zusammen mit der offiziellen<br />
Stiftungsgründungsfeier wahrscheinlich<br />
im Herbst <strong>2008</strong> gefeiert wird.<br />
Katrin Schenk<br />
Leiterin Haus Schminke<br />
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38<br />
Geschichte |
Haus<br />
ein historischer<br />
Schminke<br />
Tag<br />
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Geschichte | 39
Die ersten<br />
Ortschronik<br />
Herrschaften von Deutsch-Ossig<br />
Das obere Gut Deutsch-Ossig ging<br />
1560 von dem genannten Paul Schnitter<br />
(vgl. Stadtbild Heft 61,S.40ff) an Lucas<br />
Schnitter über. Er erhielt es gegen<br />
Tausch der Herrschaft über Sorau.<br />
Gelage des Landadels, 16 Jhd.<br />
1572 kam es in den Besitz eines weiteren<br />
Familienmitgliedes, nämlich von Tobias<br />
Schnitter. Sein Verwandter Alexander<br />
Schnitter kaufte 1583 das Gut. Er<br />
starb 1601. Während seiner Herrschaft<br />
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40<br />
Geschichte |
Die<br />
nach der<br />
Ortschronik<br />
Teilung der Güter<br />
Teil III<br />
tobte 1585 die Pest in Görlitz. und Umgebung.<br />
Allein in Görlitz forderte sie<br />
2455 Tote. Aus dieser Zahl kann man<br />
schließen, dass auch in Deutsch-Ossig<br />
etliche Pestopfer zu beklagen waren.<br />
Nach dem Tod von Alexander Schnitter<br />
übernahm 1602 Christoph Arnold<br />
als Erbe das Obergut, denn er war mit<br />
Schnitters Tochter Anna verheiratet. Als<br />
er 1616 starb, ließ ihn seine Frau in der<br />
Nikolaikirche begraben und ein prächtiges<br />
Denkmal errichten.<br />
1618 gelangte Nathanael Scholze von<br />
Schollenstern in den Besitz des Gutes,<br />
indem er die Witwe Anna Arnold heiratete.<br />
Sein Vater war der berühmte Bürgermeister<br />
und Mathematiker M. Bartholomäus<br />
Scultetus, der bereits 1614<br />
starb. Durch seine große Gelehrsamkeit<br />
hatte er sich solche Verdienste erworben,<br />
dass seine zwei Söhne Immanuel<br />
und Nathanael von Kaiser Ferdinand<br />
II. in den Adelsstand erhoben wurden.<br />
Mit der Herrschaft durch Nathanael hatte<br />
auch Deutsch-Ossig ein entscheidendes<br />
Mitspracherecht bei den Landständen<br />
während des 30jährigen Krieges.<br />
Nathanael starb während der Pestzeit<br />
1634 und hinterließ vier unmündige Kinder.<br />
Sein Sohn Christian Friedrich Scholze<br />
von Schollenstern wurde deshalb<br />
erst 1653 Herr über Deutsch-Ossig. Er<br />
erbaute sich in diesem Jahr eine Gruft<br />
auf dem Kirchhof, in der er 1674 beigesetzt<br />
wurde.<br />
1680 erhielt schließlich Bartholomäus<br />
Scholze von Schollenstern das Obergut,<br />
der es 1704 an Johann Friedrich Junge<br />
auf Köslitz verkaufte. Junge hatte an<br />
dem Kirchenneubau in Deutsch-Ossig,<br />
über den noch zu berichten sein wird,<br />
entscheidenden Anteil.<br />
Anders als beim Obergut erging es nach<br />
der Teilung dem Mittelhof I des Gutes<br />
Deutsch-Ossig. Von den Besitzern Peter<br />
und Elias Thile wurde das Gut 1565<br />
an etliche Görlitzer Bürger versetzt, weil<br />
über 300.000 Taler Schulden abzutragen<br />
waren.<br />
1588 übernahm es Peter Rücker. Am 20.<br />
Juli 1594 wurde ihm von Kaiser Rudolph<br />
II. erlaubt, ein Wappen zu führen. Zwei<br />
seiner vier Kinder, Peter und Gottfried,<br />
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Geschichte |<br />
41
Die ersten<br />
Ortschronik<br />
Herrschaften von Deutsch-Ossig<br />
erbten 1615 das Gut. 1<strong>62</strong>5 starb Peter.<br />
Gottfried Rücker, der dem Hause Österreich<br />
in den Feldzügen gegen die Türken<br />
treue Dienste geleistet hatte, wurde<br />
von Kaiser Ferdinand II. am 4. <strong>August</strong><br />
1631 in den Adelsstand erhoben. Das<br />
zeugt zu diesem Zeitpunkt während des<br />
30jährigen Krieges von der unbedingten<br />
Treue des Landadels zum Kaiser.<br />
Bereits mit dem Tod von Peter Rücker<br />
erhielt Alphonsus Emmerich das Mittelgut,<br />
da er eine Tochter Rückers geheiratet<br />
hatte. Er besaß zu der Zeit schon<br />
das Gut Neundorf. Nachdem er stark<br />
verschuldet war, wurden Emmerichs<br />
Güter verkauft. So kaufte für 2.500 Taler<br />
1646 Christoph Cranz das Gut. Ein<br />
Teil des Vorwerks war für Kriegszwecke<br />
eingezogen worden. Schon wenige Jahre<br />
später(1651) brachte der Stadtrichter<br />
Gregor Gobius das Gut an sich. Er<br />
besaß auch Rauschwalde. Von beiden<br />
Gütern zweigte er ein Legat von 200<br />
Görlitzer Mark zur Unterhaltung seiner<br />
Gruft auf dem Nikolaifriedhof ab. Nach<br />
seinem Tod 1658 kam es zwei Jahre<br />
später an den Oberheideverwalter und<br />
Stadthauptmann Albinus Sigfried sen.<br />
(Trabinus ?). Sein Sohn wurde, als der<br />
Vater 1679 schwer erkrankte, nach Hause<br />
gerufen. Der Junior hatte in Leipzig<br />
studiert und bereiste danach mehrere<br />
fremde Länder. Nach dem Tod seines<br />
Vaters übernahm er 1680 das Gut Mittel-Deutsch-Ossig.<br />
Obwohl er dreimal<br />
verheiratet war, hinterließ er 1704 keine<br />
leiblichen Erben.<br />
Erst 1712 findet sich mit Christian Friedrich<br />
Fromberg wieder ein Besitzer, dem<br />
dazu gleichzeitig noch Kieslingswalde,<br />
Ludwigsdorf und Klingewalde gehörten.<br />
Er wurde in den Adelsstand erhoben.<br />
Ähnlich wie Gut Mittel-Deutsch-Ossig I<br />
ging auch Gut Mittel-Deutsch-Ossig II<br />
von Peter und Elias Thile an neue Besitzer<br />
über. Nur ein gewisser N. Bergmann<br />
ist 1642, nach Emmerichs Konkurs, vorübergehend<br />
als Besitzer genannt. Von<br />
seinem Nachfolger Cranz wurde das<br />
Mittelgut II 1658 an David Ferber, der<br />
bereits Klein-Biesnitz besaß, verkauft.<br />
Seine Tochter heiratete Johann Jakob<br />
Lichtner. Er starb 1696. In diesem Jahr<br />
findet sich der Name Dietrich wieder. Die<br />
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42<br />
Geschichte |
Die<br />
nach der<br />
Ortschronik<br />
Teilung der Güter<br />
Teil III<br />
Postkutsche und tanzende Bauern, 18 Jhd.<br />
Familie war im 15. Jahrhundert Besitzer<br />
von Deutsch-Ossig. Balthasar Dietrich<br />
studierte 1679 in Jena. Wegen der Pest<br />
ging er an die Universität Frankfurt/<br />
Oder. Er promovierte 1684 in Leyden<br />
(Holland) zum Dr. med. und wurde 1708<br />
Ratsherr in Görlitz. Er starb 1729 im Alter<br />
von 70 Jahren.<br />
(Fortsetzung folgt)<br />
Dieter Liebig, Volker Richter, Zusammengestellt<br />
durch Dr. Ingrid Oertel<br />
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Geschichte |<br />
43
Görlitzer<br />
Geschichten aus dem Görlitzer Stadtverkehr -<br />
Frisch lackierter TW.24II als Sonderwagen der Ferienaktion<br />
Als der bekannte Dresdener Straßenbahnfachmann<br />
Mario Schatz am 10. <strong>August</strong><br />
1953 nach Görlitz kam, um Bilder<br />
unserer Tram im Alltag zu aufzunehmen,<br />
war er noch einer von ganz wenigen,<br />
die sich diese Mühe machten. Die<br />
Schnappschüsse sind heute unschätzba-<br />
re Zeitdokumente und lassen uns eine<br />
Momentaufnahme erleben, die den Betrieb<br />
in vielen Details noch im Zustand<br />
unmittelbar nach Kriegsende zeigen.<br />
Die für die Altbauwagen zu großen AEG-<br />
Scherenbügel waren nun etwa 8 Jahre<br />
auf den Dächern der Triebwagen, teil-<br />
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44<br />
Geschichte |
Görlitzer<br />
aus den <strong>August</strong>tagen<br />
Stadtverkehr<br />
vor 55 Jahren<br />
weise fand man noch<br />
Ganzreklame an den<br />
Seitenwänden. Es wurden<br />
5 Linien gefahren<br />
(wobei die Linien 4 und<br />
3 zwischen den Kursen<br />
der Linien 1 und<br />
2 – zum Teil verkürzt –<br />
fuhren). Die Linie 5 begann<br />
am Posteck und<br />
führte zur Stadthalle,<br />
musste aber über den<br />
Gleiswechsel vor der<br />
TW.11II, als Linie 5 beim Wenden an der Annengasse<br />
Haltestelle am Abzweig Sattigstraße mit Zug der Linie 2<br />
Annengasse wenden.<br />
Die Schulkinder sind<br />
zu den Ferienspielorten<br />
mit Sonderwagen<br />
gefahren worden, deren<br />
Zielschilder weggeklappt<br />
waren. Ein<br />
Zug war als Jugendzug<br />
– meist auf der Linie<br />
1 – unterwegs. An<br />
allen Endpunkten wurde<br />
noch rangiert. Direkt<br />
vor dem Abzweig<br />
Sattigstraße befand<br />
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Geschichte |<br />
45
Görlitzer<br />
Geschichten aus dem Görlitzer Stadtverkehr -<br />
sich damals eine Haltestelle. Die<br />
Wagen wirkten mehrheitlich verbraucht,<br />
aber sie fuhren – und<br />
die Görlitzer sahen sich mit dem<br />
Angebot recht gut versorgt. Neue<br />
Fahrzeuge kamen erst ab 1955<br />
hinzu. Man freute sich auf das alljährlich<br />
im Stadion stattfindende<br />
Höhenfeuerwerk. Noch Mitte der<br />
60er Jahre konnten wir als Kinder<br />
daran teilnehmen. Die Aufnahmen<br />
Typenreiner Puppenstubenzug als Linie 4<br />
Jugendzug an der Endstation Weinhübel<br />
strahlen trotz der schwierigen Zeit<br />
doch einen gewissen Optimismus<br />
aus. Sollten wir uns heute also von<br />
den aktuellen Problemen nicht zu<br />
sehr verzehren lassen, sondern<br />
vielmehr gemeinsam nach Lösungen<br />
suchen, die unsere Stadt voranbringen<br />
und die Lebensqualität<br />
ihrer Bürger verbessern helfen.<br />
(Fortsetzung folgt)<br />
Andreas Riedel, Wiesbaden<br />
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46<br />
Geschichte |