77_Ausgabe November 2009
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Vorwort<br />
Liebe Leserinnen, liebe Leser,<br />
Nebelschwaden wallen über Felder und<br />
Dächer. Gelbe und rote Blätter segeln von<br />
den Baumzweigen zu Boden. Nach alter<br />
Volkstradition gilt der <strong>November</strong> auch dem<br />
Totengedenken. Der 9. <strong>November</strong> erinnert<br />
an die beschämenden antijüdischen<br />
Judenpogrome 1938. Am Volkstrauertag<br />
und am Totensonntag gedenken wir der<br />
Großeltern und Eltern, der Freunde und<br />
Arbeitskollegen, die uns im Leben und<br />
Sterben vorangegangen sind.<br />
Auch in diesem Jahre <strong>2009</strong> nahmen wir<br />
Abschied von Weggefährten, die uns nahestanden<br />
und die unser Zusammenleben<br />
bereichert haben. Unser Verlag gedenkt<br />
unseres angesehenen Autors, des Lehrers<br />
und Schriftstellers Horst Wenzel. Mit seinen<br />
Beiträgen im StadtBILD über Jacob<br />
Böhme und Gregor Richter, über Georg<br />
Emmerich und das Heilige Grab sowie<br />
über Paul Mühsam setzte er Maßstäbe für<br />
einen anspruchsvollen und zugleich leserfreundlichen<br />
Umgang mit unserer Geschichte.<br />
Generationen von Schülern und<br />
Fachkollegen werden ihm ein dankbares<br />
Gedächtnis bewahren. Auch andere Mitgestalter<br />
des Görlitzer Kulturlebens in mehr<br />
als 50 Jahren wurden <strong>2009</strong> aus unserer<br />
Mitte genommen. Da war Jürgen Michel,<br />
lange Zeit Direktor der Stadthalle am Neißeufer,<br />
der mit und für uns unvergeßliche<br />
Festumzüge organisierte, die Schlesischen<br />
Musikfeste wiederbelebte, Stars der Unterhaltungskunst<br />
nach Görlitz holte und 1994<br />
Gastgeber für die ehemaligen Görlitzer<br />
Soldaten beim ersten Wiedersehenstreffen<br />
in der alten Garnisonstadt war. Alfred<br />
Kogel, als Stadtrat für Kultur Mitorganisator<br />
der legendären 900-Jahr-Feier der<br />
Stadt Görlitz 1971, dann Begründer und<br />
langjähriger Leiter von Görlitzinformation<br />
sowie Kreisvorsitzender des Kulturbundes,<br />
versammelte Museumsleute, Künstler, Autoren<br />
und Zirkel künstlerischen Laienschaffens<br />
um sich und sorgte alljährlich für ein<br />
vielseitiges Angebot an heimatgeschichtlicher<br />
Literatur und für Stadtführungen mit<br />
hohem Niveau.<br />
So bewahren wir alle und jeder für sich<br />
das Andenken von geachteten Persönlichkeiten.<br />
In ihrer Nachfolge werden weitere<br />
Generationen „der Stadt Bestes“ suchen,<br />
was wir denen vor uns und denen nach<br />
uns in Görlitz schuldig sind. Besinnliche<br />
Herbstabende, vielleicht auch mit Texten<br />
unseres Jubilars Friedrich von Schiller,<br />
wünscht Ihnen Ihr<br />
Ernst Kretzschmar<br />
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Einleitung<br />
51
Friedrich<br />
Kecke Kraftausdrücke<br />
Schiller<br />
des Genies in Görlitz –<br />
Im Görlitz von heute ist kaum etwas<br />
zu bemerken vom Jubiläumsgeburtstag<br />
unseres einst so gefeierten Nationaldichters.<br />
Noch vor 100 Jahren oder<br />
auch vor 50 Jahren hatte jeder Schulabgänger<br />
einige Balladen des Meisters<br />
wortwörtlich im Kopf und das eine oder<br />
andere Theaterstück gesehen. Heute<br />
werden in den wenigen Schillerdramen<br />
auf den Spielplänen durch profilierungssüchtige<br />
Regisseure Sprache und Ideen<br />
des Dichters verhunzt und die Zuschauer<br />
vergrault. Für viele junge Leute ist<br />
Schiller lästiger Unterrichtsstoff, mehr<br />
nicht.<br />
Und nun erinnern wir uns einmal daran,<br />
was vor 150 Jahren am 10. <strong>November</strong> in<br />
Görlitz geschah! Die Chronik vermerkt:<br />
“Am 10. <strong>November</strong> 1859 wurde in allen<br />
Schulen die Hundertjahrfeier von Schillers<br />
Geburtstag feierlichst begangen.”<br />
Feierstimmung in allen Schulen, in Klassenräumen<br />
oder Festsälen, heute hier<br />
unvorstellbar in den Niederungen der<br />
Spaß- und Zivilgesellschaft. Und dann<br />
fährt der Bericht von 1859 fort: “Am<br />
nächsten Tage folgte sodann eine öf-<br />
Aufführung “Die Räuber” im Salzhaus auf<br />
dem Obermarkt, 1797<br />
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52<br />
Titel |
Friedrich<br />
Zum 250. Geburtstag<br />
Schiller<br />
von Friedrich Schiller<br />
Theaterzettel zur Eröffnung des Stadttheaters<br />
1851<br />
fentliche Feier, bei welcher auch in den<br />
Parkanlagen beim Blockhaus das hergerichtete<br />
Schillerdenkmal enthüllt wurde.<br />
Dasselbe besteht aus einem hohen Sockel<br />
von grauem, geschliffenem Marmor<br />
mit der darauf stehenden bronzierten<br />
Büste Schillers.” Diese Büste ist noch<br />
heute an ihrem Platz, vor einigen Jahren<br />
restauriert, und ist im Blickfeld der Autofahrer,<br />
die aus der Moltkestraße kommen<br />
und in die Schillerstraße einbiegen<br />
wollen. Beide Straßen galten um 1900<br />
als vornehme Adressen, was man auf<br />
zeitgenössischen Ansichtskarten bestätigt<br />
findet. An dem prächtigen Eckhaus<br />
Schillerstraße/Bahnhofstraße sieht man<br />
die Konsolbüsten von Goethe (an der<br />
Seite der Bahnhofstraße, nach Christian<br />
Daniel Rauch) und Schiller (nach der<br />
Schillerstraße zu, nach dem populären<br />
Porträtkopf von Johann Heinrich Dannecker).<br />
Von hier aus entwickelte sich dann<br />
das Görlitzer “Dichterviertel”, vornehmlich<br />
in der Südstadt, mit Straßennamen<br />
nach Lessing, Wieland, Goethe, Körner,<br />
Arndt, Fichte, Opitz, Holtei, Heinzel, Eichendorff,<br />
Reuter, P. Keller und Haupt-<br />
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Titel |<br />
53
Friedrich<br />
Kecke Kraftausdrücke<br />
Schiller<br />
des Genies in Görlitz –<br />
Schillerdenkmal beim Blockhaus, eingeweiht 1859<br />
mann. Das damalige<br />
Bildungsbürgertum<br />
der Stadt betonte damit<br />
seinen kulturellen<br />
Anspruch, nachdrücklich<br />
unterstützt durch<br />
Stadtverordnetenversammlung,<br />
Magistrat<br />
und Oberbürgermeister.<br />
Eine frühe Begegnung<br />
mit dem berühmten<br />
Frühwerk Schillers<br />
“Die Räuber” vermittelte<br />
1797 bei einem<br />
Gastspiel im Salzhaus<br />
auf dem Obermarkt<br />
die Schauspielergesellschaft<br />
Meddox.<br />
Zwei Jahre davor hatte<br />
die Autenrieth-Faller-<br />
Truppe hier ebenfalls<br />
“Die Räuber” und außerdem<br />
“Kabale und<br />
Liebe” gegeben. Es<br />
war kein Zufall, wenn<br />
1851 das neue Stadt-<br />
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54<br />
Titel |
Friedrich<br />
Zum 250. Geburtstag<br />
Schiller<br />
von Friedrich Schiller<br />
Schillerstraße 1910 beim Festumzug<br />
theater mit einer feierlichen Aufführung<br />
von Schillers Drama “Don Carlos” eröffnet<br />
wurde, in der Hofschauspieler Dessoir<br />
aus Berlin den Marquis Posa gab.<br />
Bald darauf sah man auch wieder “Kabale<br />
und Liebe”. Allerdings rügte der<br />
“Görlitzer Anzeiger” 1851 “jene kecken<br />
Kraftausdrücke des Genies, jene Champagneraufwallungen<br />
der Leidenschaft”<br />
und 1852 “eine so leidenschaftliche, sogar<br />
obszöne Sprache”, die “mit unseren<br />
gegenwärtigen Ideen von Anstand und<br />
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Titel |<br />
55
Friedrich<br />
Kecke Kraftausdrücke<br />
Schiller<br />
des Genies in Görlitz –<br />
Im Stadttheater sah man viele Schiller - Aufführungen. Lithographie um 1860<br />
Sitte schlechterdings unvereinbar sind”.<br />
So war es alles andere als zufällig, dass<br />
die bürgerlichen Liberalen, angesehene<br />
Persönlichkeiten der Stadt, 1859 Schiller<br />
so enthusiastisch feierten und auf<br />
ihren Schild hoben, mehr als 50 Jahre<br />
nach seinem frühen Tode. Nach dem<br />
Mißerfolg der bürgerlichen Revolution<br />
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56<br />
Titel |
Friedrich<br />
Zum 250. Geburtstag<br />
Schiller<br />
von Friedrich Schiller<br />
1848/1849 suchten sie<br />
in der Dichtung Schillers<br />
jene Ideen, die<br />
ihnen mehr denn je<br />
am Herzen lagen - ein<br />
einheitliches Deutschland<br />
mit bürgerlichen<br />
Freiheiten. Darum<br />
1859 die Schillerfeiern,<br />
die Denkmalweihe<br />
und dann die Schillerstraße<br />
in Görlitz.<br />
Berühmte Zitate aus<br />
den Dramen des Dichters<br />
wurden wie ein<br />
politisches Glaubensbekenntnis<br />
aufgenommen<br />
und weitergetragen:<br />
“Seid einig,<br />
einig, einig!”, “Ans<br />
Vaterland, ans teure,<br />
schließ dich an!”,<br />
“Sire, geben Sie Gedankenfreiheit!”,<br />
“Der<br />
brave Mann denkt an<br />
sich selbst zuletzt”,<br />
“Verbunden werden<br />
Friedrich Schiller, Büste von Dannecker, um 1805, in Görlitz<br />
kopiert für das Denkmal und die Fassaden - Konsolbüste<br />
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Titel |<br />
57
Friedrich<br />
Kecke Kraftausdrücke<br />
Schiller<br />
des Genies in Görlitz –<br />
Don Carlos, Aufführung 1948 Gerhart-Hauptmann-Theater<br />
Görlitz, Hanns - Otto Lengwinat und Horst Richter<br />
auch die Schwachen<br />
mächtig. “(Die selbsternannte<br />
heutige<br />
Oberschicht hat das<br />
Gespür für die mobilisierende<br />
Kraft dieser<br />
Sentenzen verloren<br />
und ist nur mit sich<br />
selbst beschäftigt.)<br />
Auch noch nach 1871<br />
wurden Schillers Fanfarenstöße<br />
von den<br />
Nationalliberalen und<br />
Konservativen für ihre<br />
Argumentationen entdeckt<br />
und nach 1919<br />
von der nationalen<br />
Opposition. Wer erinnert<br />
sich da nicht an<br />
den Schillerfilm der<br />
UFA mit Horst Caspar<br />
in der Titelrolle, den<br />
die Kriegsgeneration<br />
in den Görlitzer Kinos<br />
zu sehen bekam? Und<br />
nach 1945 verband<br />
eine neue junge Ge-<br />
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58<br />
Titel |
Friedrich<br />
Zum 250. Geburtstag<br />
Schiller<br />
von Friedrich Schiller<br />
Anzeige zur Schiller-Feier 1859<br />
neration mit Schillers Werken die eigene<br />
Hoffnung auf ein einheitliches und unabhängiges<br />
Deutschland. Im nunmehrigen<br />
Gerhart-Hauptmann-Theater hatte<br />
1946 “Kabale und Liebe” Premiere, und<br />
wir empfanden die beklemmende Gegenwartsnähe.<br />
1948 erlebten wir im Jugendtheateranrecht<br />
“Don Carlos”. 1955<br />
lasen wir begeistert die Schiller-Reden<br />
von Thomas Mann in Stuttgart und Weimar,<br />
erfreuten uns dann am kultivierten<br />
Realismus der DEFA – Verfilmung von<br />
“Kabale und Liebe”, zu sehen im Görlitzer<br />
Palast-Theater. Lange blieb Schiller<br />
Pflichtlektüre in den Deutsch-Lehrplänen<br />
und wurde bis in die 1980er Jahre<br />
von hervorragenden Görlitzer Deutschlehrern<br />
wie Horst Wenzel, Konrad Hanslik<br />
und Bruno Dornemann den jungen<br />
Leuten erschlossen. Die Schülerinnen<br />
der Oberklassen schwärmten noch immer<br />
für den Typ mit den roten Locken,<br />
der scharfgeschnittenen Nase und dem<br />
schwärmerischen Blick – und für seine<br />
jugendlichen Dramenhelden Karl Moor,<br />
Max Piccolomini und Ferdinand von Walter.<br />
Wer weiß, vielleicht entdeckt irgendwann<br />
eine junge Generation den unverfälschten<br />
Schiller neu für sich?<br />
Am 10. <strong>November</strong> <strong>2009</strong> gibt es im Vortragsraum<br />
Jochmannstraße 2 eine Schiller-Lesung<br />
mit Mitgliedern des Vereins<br />
“Freunde der Stadtbibliothek Görlitz”;<br />
Beginn 15.00 Uhr. Besser als gar nichts.<br />
Kommen Sie ruhig hin!<br />
Dr. Ernst Kretzschmar<br />
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Titel |<br />
59
Volkstrauertag<br />
Das Kriegerdenkmal von 1926 in<br />
<strong>2009</strong><br />
Rauschwalde –<br />
Gefallenen-Ehrenmal in Rauschwalde, Aufnahme um 1940<br />
An einem Sonntagnachmittag, dem 5.<br />
September 1926, versammelten sich in<br />
Rauschwalde (damals “Görlitz-West”)<br />
Einwohner und Ehrengäste, um das Ehrenmal<br />
für die im Weltkrieg 1914-1918<br />
gefallenen Einwohner einzuweihen.<br />
Den Festzug von der Gaststätte “Zwei<br />
Linden” bis zum Denkmalplatz bildeten<br />
zahlreiche örtliche Vereine, darunter Militärvereine,<br />
Sportvereine, Gesangvereine<br />
und Eisenbahnervereine sowie Hausbesitzer-<br />
und Mieterverein. Die Stadt<br />
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60<br />
Geschichte |
Zum Volkstrauertag <strong>2009</strong><br />
<strong>2009</strong><br />
Görlitz, in die Rauschwalde 1924 eingemeindet<br />
worden war, vertraten Stadtschulrat<br />
Dr. Mayrhofer für den Oberbürgermeister,<br />
Stadtverordnetenvorsteher<br />
Roth und die Stadträte Oswald und Dr.<br />
Nagel sowie Landrat Schröter. Unter den<br />
Gästen waren auch Vertreter der Familie<br />
Alexander-Katz, die den Baugrund überlassen<br />
hatte (Vorbesitzer des Grundstücks<br />
des kurz darauf geschaffenen<br />
Carolus-Krankenhauses). Nach dem Gesang<br />
des Niederländischen Dankgebetes<br />
hielt Pfarrer Bernewitz die Weiherede.<br />
Darin führte er aus: “Mehr als zehn<br />
Jahre sind vergangen seit dem Tage, an<br />
dem deutsche Helden hinauszogen, um<br />
für ihr Vaterland zu kämpfen und ihre<br />
Heimat vor dem Feinde zu schützen. Sie<br />
haben es erreicht in hartem, todesmutigem<br />
Kampf, dass der Krieg nicht auf<br />
die deutschen Fluren getragen wurde...<br />
Es ist geblieben der Glaube an die deutsche<br />
Zukunft... Und an uns ist die Pflicht<br />
des Dankes, solcher zu gedenken, die<br />
im Tode das Vermächtnis hinterlassen<br />
haben, die Liebe zur deutschen Heimat<br />
über alles zu stellen und solche Liebe<br />
ein einigendes Band für alle werden zu<br />
lassen.” Stadtschulrat Dr. Mayrhofer betonte<br />
für Görlitz: “Ein Symbol der Eintracht<br />
soll dieses Denkmal sein, und<br />
wenn der Drache der Zwietracht sein<br />
Haupt zu hoch erhebt, dann wollen wir<br />
unsere Blicke auf dieses Mal richten und<br />
wollen seine Mahnung befolgen.” Landrat<br />
Schröter hob hervor, “dass alle, die<br />
sich zur Weihe des Denkmals zusammengefunden<br />
haben, das Gefühl des<br />
Dankes vereint und in tiefer Ergriffenheit<br />
aller Gedanken bei jenen weilen,<br />
die ihr Leben für das Vaterland, für die<br />
Heimat und auch für ihre Angehörigen<br />
...hingegeben haben. Ein Unrecht ist<br />
es daher, im Bruderzwist einander zu<br />
bekämpfen, nur weil der andere eine<br />
abweichende Meinung vertritt...” Der<br />
prominente sozialdemokratische Abgeordnete<br />
Hugo Eberle unterstützte die<br />
“Mahnung, ehrend und in Dankbarkeit<br />
der Toten zu gedenken und diesen Dank<br />
auch dadurch zum Ausdruck zu bringen,<br />
dass wir uns den Lebenden zuwenden<br />
und den Hinterbliebenen mit der Tat der<br />
Hilfe, soweit es möglich ist, den Dank<br />
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Geschichte |<br />
61
Volkstrauertag<br />
Das Kriegerdenkmal von 1926 in<br />
<strong>2009</strong><br />
Rauschwalde –<br />
Frontseite des Denkmals in Rauschwalde<br />
abzustatten, den wir<br />
den Toten schulden.<br />
Wohl sollen wir bereit<br />
sein, das Vaterland<br />
mit unserem Leben zu<br />
schützen, aber unser<br />
Streben soll sein, die<br />
Schrecken eines neuen<br />
Brudermordes zu<br />
verhüten.” Das Denkmal<br />
verzeichnete die<br />
Namen aller Rauschwalder<br />
Einwohner, die<br />
im Kriege gefallen waren.<br />
Es entstand aus<br />
einheimischem Granit,<br />
entworfen und ausgeführt<br />
durch einheimische<br />
Künstler.<br />
Im Jahre 1926, ein<br />
Jahr nachdem eine<br />
Mehrheit des deutschen<br />
Volkes Paul<br />
von Hindenburg zum<br />
Reichspräsidenten gewählt<br />
hatte, wurden<br />
auch in Görlitz eine<br />
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62<br />
Geschichte |
Zum Volkstrauertag <strong>2009</strong><br />
<strong>2009</strong><br />
Namen der gefallenen Mitbürger<br />
Reihe von Kriegergedenkstätten<br />
errichtet.<br />
Neben dem Gedenkstein<br />
in Rauschwalde<br />
zählten dazu das<br />
zentrale Ehrenmal<br />
auf dem städtischen<br />
Friedhof, errichtet von<br />
den Kriegervereinen,<br />
die Kleist-Stele in der<br />
Oststadt und die Umgestaltung<br />
der Nikolaikirche<br />
in eine Gedenkstätte<br />
für 2300<br />
gefallene evangelische<br />
Görlitzer. Gedenktafeln<br />
mit Namen<br />
gab es im Rathaus, in<br />
den höheren Knabenschulen<br />
und in der Synagoge.<br />
Gedenksteine<br />
entstanden auch<br />
in vielen Landgemeinden,<br />
so in Moys (vor<br />
der Johanniskirche),<br />
in Kunnerwitz und Königshain.<br />
Beim Lesen<br />
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Geschichte |<br />
63
Volkstrauertag<br />
Das Kriegerdenkmal von 1926 in<br />
<strong>2009</strong><br />
Rauschwalde –<br />
Hugo Eberle, SPD-Sekretär Görlitz, um 1930<br />
der ausführlichen Presseberichte über<br />
die Einweihungsfeiern fällt auf, dass die<br />
bürgerlichen Parteien und die großen<br />
Kirchen sowie die Stadtverwaltung darin<br />
übereinstimmten, den Soldatentod von<br />
2278 Görlitzern als Zeichen der Treue zu<br />
Volk und Vaterland zu werten und als<br />
Opfer für die Gemeinschaft unter Ehrenschutz<br />
zu stellen. Gab es zwischen den<br />
politischen Richtungen auch heftigen<br />
Streit über Ursachen und Wesen des<br />
Krieges, wahrten alle politischen Strömungen<br />
Anstand und Ehrfurcht gegenüber<br />
den Toten.<br />
Seit den 1990er Jahren wird der Volkstrauertag<br />
nun auch wieder in Görlitz<br />
begangen, anfangs am Ehrenmal von<br />
1926 auf dem städtischen Friedhof.<br />
Der Traditionsverband der 18. Infanterie-/Panzergrenadier-Division<br />
stellte der<br />
Stadt einen namhaften Betrag zur Verfügung,<br />
um die Stele am Ständehaus<br />
für die Gefallenen der Garnisontruppen<br />
zu sanieren. Auf Beschluss der Stadtverordneten<br />
gingen die Bauarbeiten,<br />
von der Stadt mitfinanziert, rasch voran.<br />
Zur Wiedereinweihung im Mai 1994<br />
kamen viele ehemalige Angehörige des<br />
Infanterie-/Panzergrenadier-Regiments<br />
30 Görlitz-Lauban. Seitdem finden sich<br />
am Volkstrauertag Abordnungen der<br />
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64<br />
Geschichte |
Zum Volkstrauertag <strong>2009</strong><br />
<strong>2009</strong><br />
Städtischer Friedhof, Einweihung des Ehrenmals 1926<br />
Traditionsverbände,<br />
Überlebende und Familienangehörige<br />
der<br />
Garnison sowie Vertreter<br />
der Stadtverwaltung<br />
und des öffentlichen<br />
Lebens hier<br />
zur zentralen Gedenkfeier<br />
zusammen. Nach<br />
der Auflösung der<br />
Traditionsverbände<br />
Ende der 1990er Jahre<br />
übernahm der nun<br />
90jährige Hans-Dietrich<br />
König die Leitung<br />
des hiesigen Kameradenkreises<br />
und bereitet<br />
die alljährlichen<br />
Feiern gewissenhaft<br />
mit vor.<br />
Für die Zeitzeugen<br />
und Kriegsteilnehmer,<br />
Witwen, Kriegskinder<br />
und Nachkommen ist<br />
die Teilnahme Ehrenpflicht.<br />
Viele gehören<br />
dem Volksbund für<br />
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Geschichte |<br />
65
Volkstrauertag<br />
Das Kriegerdenkmal von 1926 in<br />
<strong>2009</strong><br />
Rauschwalde –<br />
Kleist-Stele Trotzendorfstraße, eingeweiht 1926<br />
Kriegsgräberfürsorge an, der auch hiesige<br />
Soldatenfriedhöfe betreut. Von Jahr<br />
zu Jahr lichten sich die Reihen der Überlebenden.<br />
Es gibt junge Leute, die ihrer<br />
Familientradition und Überzeugung folgen<br />
und sich zur Totenehrung einfinden.<br />
Obwohl der Volkstrauertag ein gesamtstaatliches<br />
Anliegen ist, vermißt man<br />
seit Jahren bei der Kranzniederlegung<br />
Stadträte verschiedener Fraktionen.<br />
Lehrer, Schüler der oberen Jahrgänge<br />
und Studenten. Gutgemeinte kurze<br />
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66<br />
Geschichte |
Zum Volkstrauertag <strong>2009</strong><br />
<strong>2009</strong><br />
Ansprachen (”Statements”) der Stadtverwaltung<br />
wirken unverbindlich und<br />
austauschbar für andere Anlässe. Die<br />
Betrachtungen der Geistlichen passen<br />
oft besser in den Sonntagsgottesdienst.<br />
Man vermißt persönliche Betroffenheit,<br />
Einfühlungsvermögen und Furchtlosigkeit<br />
im Umgang mit der Geschichte. Das<br />
ursprüngliche Anliegen des Volkstrauertages,<br />
die Ehrung der gefallenen Soldaten,<br />
der zivilen Kriegsopfer, der Toten in<br />
Kriegsgefangenen- und Internierungslagern,<br />
ist aus dem Blick geraten. Nicht<br />
einmal das Wort “Soldaten” kommt in<br />
den Reden vor. Ungestraft schmieren<br />
unbedarfte Rabauken an die Häuserwände,<br />
dass “Täter keine Opfer” seien.<br />
Welch ein Gegensatz zum Jahre 1926,<br />
als Deutschland noch parlamentarische<br />
Republik war und seine Kriegsopfer aufrichtig<br />
und unbefangen ehrte. Parteipolitische<br />
Besserwisser können einem<br />
da nicht mit “Selbstinszenierungen von<br />
Diktaturen” kommen.<br />
Als unser Fotograf für diesen Beitrag in<br />
Görlitz-Rauschwalde das 1926 eingeweihte<br />
und inzwischen sanierte Ehrenmal<br />
aufnehmen wollte, fand er dort Jugendliche<br />
und Männer mit Bierflaschen<br />
vor, die nur zögernd zur Seite rückten,<br />
um die Sicht freizugeben. Neugierig geworden,<br />
gaben sie zu verstehen, sie<br />
hätten sich noch nie die Inschriften angesehen<br />
oder gar darüber nachgedacht,<br />
dass die dort genannten, damals gefallenen<br />
Rauschwalder oft so jung wie sie<br />
gewesen waren. Kein Lehrer der Schulen<br />
gegenüber, kein Pfarrer der Kirche<br />
dahinter, keine Mutter in den Wohnhäusern<br />
ringsum schien jemals ein erklärendes<br />
Wort gesagt zu haben.<br />
Am Sonnabend vor dem Volkstrauertag<br />
wird wie immer zu einer Führung zu<br />
Görlitzer Kriegsgräbern auf dem städtischen<br />
Friedhof gebeten; die Teilnehmer<br />
treffen sich um 14 Uhr vor dem Krematorium.<br />
Die Ehrung der Gefallenen am<br />
Volkstrauertag beginnt um 11 Uhr an<br />
der Stele beim Ständehaus.<br />
Dr. Ernst Kretzschmar<br />
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Geschichte |<br />
67
Wie das Fernsehzeitalter-Ost –<br />
Der Westberliner Fernsehsender (ARD<br />
– Sender Freies Berlin) war im Görlitzer<br />
Raum nicht zu empfangen. Seine Signale<br />
reichten gerade mal mit guter Antenne<br />
bis etwa Weißwasser. Ostsachsen<br />
gehörte – wie man später sagte – zum<br />
„Tal der Ahnungslosen“. Nur einmal gelang<br />
es, das Westfernsehen auf Kanal 7<br />
„ `reinzukriegen“. Vom Wetter her war<br />
es an einem späten Abend im Winter<br />
1958 ein günstiger Moment für „Überreichweitenempfang“.<br />
Hierbei werden<br />
die Fernsehsignale in der Atmosphäre<br />
in großer Höhe gebrochen und gelangen<br />
in weitere Entfernungen als normalerweise.<br />
An diesem Abend lief gerade<br />
im „Westfernsehen“ eine Dokumentation<br />
über Japan. Ein ganz neuer Blickwinkel<br />
teilte sich per Fernsehen mit.<br />
Mit den Jahren wurde der Fernsehempfang<br />
im Görlitzer Gebiet weiter verbessert.<br />
Für die Weiterleitung der Signale<br />
aus Dresden zur Landeskrone war keine<br />
TV-Richtfunk-Verbindung installiert,<br />
sondern nur eine einfache Variante<br />
möglich: Ganz normaler Empfang per<br />
Antenne und Ausstrahlung ins Stadtgebiet,<br />
was mitunter zu atmosphärischen<br />
Störungen führen konnte. Das Experiment<br />
„Kleinsender“ auf der Landeskrone<br />
war schließlich ein voller Erfolg. Später<br />
wurden weitere Sender dieser Art<br />
im DDR-Gebiet installiert, wie die hier<br />
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68<br />
Geschichte |
Fernsehzeitalter<br />
in Görlitz begann (Fortsetzung)<br />
abgebildete Karte aus dem Jahre 1974<br />
aussagt. Die Zahl der Fernsehteilnehmer<br />
nahm rasch zu. Ende 1958 waren<br />
schon 300 000 Fernsehteilnehmer im<br />
Osten Deutschlands registriert. Und der<br />
DFF entdeckte in Görlitz – immer auf der<br />
Suche nach geeigneten Räumlichkeiten<br />
– die Stadthalle als Ort zur Übertragung<br />
von „bunten Abenden“.<br />
Die erste TV-Originalsendung wurde bereits<br />
ein halbes Jahr nach Aufnahme des<br />
Versuchsbetriebes auf der Landeskrone<br />
übertragen. Die technischen Voraussetzungen<br />
waren zu diesem Zeitpunkt geschaffen,<br />
dass am Sonnabend, dem 5.<br />
April 1958, ab 20.15 Uhr die Stadthalle<br />
zu einem Fernsehstudio wurde. Eine öffentliche<br />
Rätselsendung stand auf dem<br />
Programm „Ganz aus dem Häuschen“-<br />
Nur: Diese Übertragungen konnten nicht<br />
so perfekt technisch umgesetzt werden,<br />
wie wir das heute gewöhnt sind. Zu<br />
Life-Übertragungen aus Görlitz mussten<br />
mehrere Übertragungsstrecken umgepolt<br />
werden. Erfolgte der Signalverlauf<br />
in der Regel von Adlershof über Petkus,<br />
Oschatz und Dresden zum Füllsender<br />
Landeskrone – wie man später die<br />
Kleinsender nannte -, ging das Bild- und<br />
Tonsignal in diesem Fall den umgekehrten<br />
Weg. Auf der Relaisstrecke mussten<br />
also die Signale nach Adlershof geleitet<br />
werden, um sie von dort zu verteilen.<br />
Diese Umschaltung dauerte mindestens<br />
fünf Minuten, und die Görlitzer Fernsehzuschauer<br />
sahen nur eine Schrifttafel,<br />
worauf stand: Hier ist Görlitz. Wenn<br />
das Bild aus der Neißestadt dann bis in<br />
den letzen Zipfel der DDR angekommen<br />
war, konnte die Übertragung beginnen.<br />
Nicht 20.15 Uhr wie ausgedruckt, sondern<br />
erst gegen 20.20 Uhr. Heute kaum<br />
vorstellbar.<br />
Für die Fernsehtechniker gab es anfangs<br />
eine weitere Schwierigkeit: Es<br />
stand nicht genügend Strom zur Verfügung.<br />
Die Elektroversorgung der Stadthalle<br />
war noch an die alten Strukturen<br />
gebunden. Die eigentliche Stromzuführung<br />
befand sich auf der anderen Seite<br />
der Neiße, also in Zgorzelec. Die zu<br />
dieser Zeit anliegende Spannung reichte<br />
für die energieintensive Fernsehübertragung<br />
nicht aus. Also mussten die alten<br />
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Geschichte |<br />
69
Wie das Fernsehzeitalter-Ost –<br />
Schaltwege aktiviert werden.<br />
Als die Fernsehtechniker<br />
diesen Umstand feststellten,<br />
meinten sie, sie könnten<br />
einfach mit einem amtlichen<br />
Dokument die Grenzkontrolle<br />
an der Reichenberger Brücke<br />
passieren und die Dinge jenseits<br />
der Neiße regeln. Nichts<br />
dergleichen. Der Grenzübergang<br />
war auch über zehn<br />
Jahre nach der Grenzziehung<br />
durch die Alliierten für solche<br />
Anliegen nicht passierbar.<br />
So wollte es die Politik offensichtlich.<br />
Der Ausweg: In<br />
den ersten Jahren der Fernsehübertragungen<br />
aus Görlitz<br />
reiste ein Fachmann der städtischen<br />
Energieversorgung<br />
nach Warschau, um dort im<br />
zuständigen polnischen Ministerium<br />
die Angelegenheit<br />
genehmigen zu lassen. Zusammen<br />
mit einem polnischen Kollegen<br />
fuhr man dann nach Zgorzelec zur<br />
Stromschaltung für die Stadthalle. Trotz<br />
dieser Schwierigkeiten erinnern sich<br />
die DFF-Fernsehtechniker von damals<br />
noch heute gern an diese vielen Über-<br />
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70<br />
Geschichte |
Fernsehzeitalter<br />
in Görlitz begann (Fortsetzung)<br />
tragungen aus der Stadthalle. Vor wenigen<br />
Wochen sprach ich mit einigen von<br />
ihnen, die sich als Senioren regelmäßig<br />
in einer Berliner Gaststätte treffen.<br />
Sie sind es Lobes voll über die damalige<br />
Gastfreundschaft der Görlitzer,<br />
schwärmen von der Schönheit<br />
der Stadt und über das kollegiale<br />
Zusammenwirken aller beteiligten<br />
Kräfte aus Görlitz und Umgebung<br />
in den Jahren 1958/59 und später.<br />
Auch kuriose Erinnerungen sind<br />
dabei. Zu einer Live-Sendung wurde<br />
die Stadthalle als Zirkus-Arena<br />
umgestaltet. Wo aber sollte man<br />
zum Beispiel die zu jedem Zirkus<br />
gehörenden Pferde vor ihrem Auftritt<br />
lassen? Ställe waren von den<br />
Akteuren nicht installiert bzw. mitgebracht<br />
worden. Also wurden die<br />
Garderoben kurzerhand als provisorische<br />
Pferde-Unterkunft genutzt.<br />
So war das mit dem Fernsehen<br />
vor über 50 Jahren. Heute ist der<br />
große Turm auf der Landeskrone<br />
nach wie vor Fernsehsenderstandort<br />
– voll automatisch ohne technisches<br />
Überwachungspersonal<br />
der Deutschen Post.<br />
Wolfhard Besser<br />
Quellen: Programmzeitschriften „Unser Rundfunk“ (1957/58) und<br />
„FF-dabei“ (1974)/Deutsches Rundfunkarchiv Potsdam /Bundesarchiv/<br />
privat<br />
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Geschichte |<br />
71
Filmkind für 10 Tage<br />
für 10 Tage<br />
Szenenfoto mit Filmkindern auf dem Untermarkt<br />
Vor einigen Tagen fand ich beim Kramen<br />
ein altes Foto aus dem Jahr 1961.<br />
Es weckte in mir sofort Erinnerungen an<br />
ein paar aufregende Tage, die ich damals<br />
im Sommer erlebte. In diesem Jahr sollte,<br />
wie schon so oft, Görlitz Kulisse für einen<br />
Spielfilm werden. Spannend wurde<br />
die Sache dann für mich, als eines Morgens<br />
am Anfang des Unterrichts unsere<br />
Lehrerin mit zwei Herren in die Klasse<br />
kam. Sie erklärten uns, dass Filmkinder<br />
gesucht werden. Alle Schüler sollten aufstehen,<br />
deren Schulnoten besser als „gut“<br />
sind. Ich gehörte dazu. An den folgenden<br />
Tagen wurden wir am Untermarkt zu den<br />
Filmaufnahmen erwartet. Für die für uns<br />
vorgesehene Statistenrolle suchte man<br />
den Mädchen passende Dirndlkleider aus<br />
dem Kostümfundus heraus, da die Szenen<br />
ja im tiefsten Bayern spielten. Von<br />
den Dreharbeiten ist mir dabei in besonderer<br />
Erinnerung geblieben, dass, als Regen<br />
gebraucht wurde, die Feuerwehr mit<br />
ihren Schläuchen zum Einsatz kam. Immer<br />
wieder rannten wir unter den Wasserfontänen<br />
hindurch, um danach, pitsch-<br />
Unsere Autorin mit Regisseur Jo Hasler<br />
(Mitte) und Günther Simon (rechts)<br />
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72<br />
Erinnerungen |
Filmkind für 10 Tage<br />
für 10 Tage<br />
nass, wie wir waren, sofort wieder<br />
für die nächste Aufnahme in Ordnung<br />
gebracht zu werden. Das heißt:<br />
die Kleider wurden trocken gebügelt,<br />
die Haare gefönt, und was besonders<br />
aufregend war, wir wurden auch<br />
frisch geschminkt!! So erhielt ich bereits<br />
damals einen Eindruck von der<br />
Arbeit hinter der Kamera.<br />
Nach Abschluss der Dreharbeiten in<br />
Görlitz hatten die Filmleute noch eine<br />
besondere Überraschung für uns Filmkinder.<br />
Wir wurden zu einem Frühstück<br />
in das damalige Hotel „Stadt<br />
Dresden“ eingeladen. Hier erwarteten<br />
uns Günther Simon und Christine<br />
Laszar, die beiden Hauptdarsteller<br />
des Films, um mit uns zu plaudern.<br />
Besorgt fragten sie, ob sich eventuell<br />
jemand bei den „Regenschauern“<br />
einen Schnupfen geholt habe? - Natürlich<br />
nicht - und wenn doch, dann<br />
hätte es keiner zugegeben. Zum Abschied<br />
erhielten wir dann auch unsere Gage. Auf<br />
dieses erste selbst verdiente Geld war ich<br />
ungeheuer stolz. Leider habe ich den Film<br />
„Der Tod hat ein Gesicht“ nie in ganzer<br />
Ausschnitt aus dem Filmprogramm der DEFA<br />
Länge gesehen, denn er war erst ab P14<br />
freigegeben. Dazu war ich als Elfjährige<br />
doch noch zu jung, um den Einlass passieren<br />
zu können.<br />
Ingrid Oertel<br />
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Erinnerungen |<br />
73
Namensgebung vor 50 Jahren –<br />
In der Presse und möglicherweise auch<br />
an der Schule selbst vermißte man im Juli<br />
dieses Jahres einen Hinweis darauf, daß<br />
das heutige Gymnasium am Wilhelmsplatz<br />
(damals seit 1945 Karl-Marx-Platz)<br />
seit nunmehr 50 Jahren den Namen des<br />
französischen Kernphysikers und Nobelpreisträgers<br />
Frédéric Joliot-Curie (1900 -<br />
1958) trägt. Begonnen hatte alles Anfang<br />
der 1950er Jahre. Die damalige Schülergeneration<br />
suchte nach zeitgemäßen<br />
Vorbildern. Die Mädchen-Oberschule am<br />
Karl-Marx-Platz trug bis 1948 den Namen<br />
Luisenschule und von da ab bis 1950 Luise-Otto-Peters-Schule<br />
nach der bekannten<br />
Frauenrechtlerin. Die Oberschule für Knaben<br />
am Klosterplatz, hervorgegangen aus<br />
den drei früheren höheren Knabenschulen,<br />
nannte sich bis 1950 Lessing-Oberschule.<br />
Nach der Zusammenlegung beider<br />
Schulen zum Schuljahr 1950/1951 im nun<br />
gemeinsamen Schulgebäude Karl-Marx-<br />
Platz hatte die Schule keinen Namen. In<br />
den Oberklassen gab es jedoch zwischen<br />
1950 und 1951 Gespräche über einen angemessenen<br />
Namen. Wenige Jahre nach<br />
Kriegsende dachte man, auch mit Rücksicht<br />
auf die eigenen Lebensentwürfe in<br />
einer hoffentlich friedlicheren Welt, an<br />
eine Persönlichkeit, die herausragende<br />
wissenschaftliche Leistungen mit gesellschaftlichem<br />
Verantwortungsbewußtsein<br />
verband und vorlebte. Nach Jahrzehnten<br />
internationaler Konflikte regte sich dabei<br />
auch der Wunsch nach weltweiter Verständigung<br />
und Zusammenarbeit. In den<br />
damaligen Anfangsjahren des Kalten Krieges<br />
richteten sich die Blicke auf Persönlichkeiten,<br />
die sich nachdrücklich für die<br />
Erhaltung des Friedens einsetzten. Dazu<br />
zählten namentlich in Europa zahlreiche<br />
Künstler, Schriftsteller und Gelehrte von<br />
Weltgeltung.<br />
Im Juni 1951 begründete der Schüler<br />
Hans-Joachim Knobloch für eine größere<br />
Gruppe von Schülern in einer Versammlung<br />
in der Schulaula den Vorschlag, einen<br />
Brief an Frédéric Joliot-Curie zu richten<br />
und ihn um die Erlaubnis zu bitten, daß die<br />
Schule seinen Namen annehmen dürfe.<br />
Dies fand breite Zustimmung. In einem<br />
freundlichen Antwortschreiben des weltweit<br />
anerkannten Wissenschaftlers und<br />
Präsidenten des Weltfriedensrates vom<br />
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74<br />
Geschichte |
Namengebung<br />
Ein fast vergessenes Jubiläum<br />
Einweihung der Gedenktafel durch OB Gleißberg<br />
4.9.1951 hieß es: „Ich war sehr berührt<br />
durch Eure Grüße und nehme Euren Vorschlag<br />
selbstverständlich an. Mit meinen<br />
guten Wünschen für Euer Lernen und<br />
Eure Arbeit für den Frieden grüße ich Euch<br />
auch meinerseits: Freundschaft!˝ Es mußten<br />
jedoch noch acht Jahre ins<br />
Land ziehen, bis es zur Namensgebung<br />
kam. Die innerstaatlichen<br />
und internationalen Erschütterungen<br />
der 1950er Jahre beeinflußten<br />
das Leben an der Schule stark und<br />
ließen erst allmählich eine gedeihliche<br />
Konzentration auf eine allseits<br />
erfolgreiche schulische Arbeit<br />
zu. Die dabei erzielten Fortschritte<br />
bewogen die Stadtverordnetenversammlung<br />
1959 dazu, der<br />
Namensgebung „Frédéric-Joliot-<br />
Curie-Schule˝ zuzustimmen.<br />
Zur Feier in der Aula am 4. Juli<br />
kamen Schüler und Lehrer, ehemalige<br />
Schüler und Vertreter der<br />
Öffentlichkeit. Oberbürgermeister<br />
Bruno Gleißberg enthüllte im Anschluß<br />
daran eine Ehrentafel an<br />
der Vorderfront des Schulhauses.<br />
Ausstellungen in Klassenräumen über die<br />
Schulgeschichte und die Arbeit in verschiedenen<br />
Fächern zogen viele Eltern,<br />
Ehemalige und andere Görlitzer an. Unmittelbar<br />
nach dieser Feierlichkeit bewegte<br />
sich der lange Zug der Schüler, Lehrer<br />
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Geschichte |<br />
75
Namensgebung vor 50 Jahren<br />
und Gäste zur Lassallestraße zwischen<br />
Elisabethstraße und Lindenweg (bis 1945<br />
Friedrich-Wilhelm-Straße), die in Joliot-<br />
Curie-Straße umbenannt wurde. 1960<br />
beging die Schule den 60. Geburtstag des<br />
1958 verstorbenen Namenspaten mit einer<br />
großen Festveranstaltung in der Stadthalle<br />
und der Einweihung eines ständigen<br />
Gedenkraumes in der Schule. Seit diesem<br />
Jahr galt der 19. März als Schulfeiertag<br />
und erlebte zahlreiche Aktivitäten vieler<br />
Schülergenerationen in Kultur und Sport,<br />
beim Lernen und Heranreifen der jungen<br />
Persönlichkeiten.<br />
Es ist ein Glück für das internationale<br />
Ansehen der Stadt, daß die Schule nach<br />
1990 ihren Namen behielt, nun in ein<br />
Gymnasium umgewandelt. Der Sohn des<br />
Namenspaten, Pierre Joliot, zeigte sich bei<br />
seinem Besuch der Schule Jahre später<br />
beeindruckt darüber, wie in Görlitz das Andenken<br />
seiner Familie, zu der weltbekannten<br />
Wissenschaftspioniere wie Marie und<br />
Pierre Curie, Frédéric Joliot-Curie und seine<br />
Frau Irène zählen, noch heute bewahrt<br />
wird. Seit 1959 besuchten etliche Abordnungen<br />
aus Frankreich, insbesondere aus<br />
Frédéric Joliot-Curie (1900 - 1958)<br />
der Partnerstadt Amiens, die nach ihrem<br />
berühmten Landsmann benannte Schule.<br />
In der Tourismuswerbung der Stadt könnte<br />
ruhig ein wenig mehr geschehen, mit<br />
diesem Pfunde zu wuchern.<br />
Dr. Ernst Kretzschmar<br />
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76<br />
Geschichte |
„St.<br />
Evangelische<br />
Ursula“<br />
Pfarrkirche „St. Ursula“<br />
Friedersdorf “St. Ursula” (Foto: M. Gürlach)<br />
Die spätromanische Saalkirche stammt<br />
aus der Mitte des 13. Jahrhunderts. Der<br />
im Obergeschoss achteckige Turm ist<br />
mit einer barocken Haube gekrönt, die<br />
in den Jahren 1763 bis 1767 errichtet<br />
wurde.<br />
Die noch Formen aus dieser spätromanischen<br />
Zeit zeigende Kirche hatte drei<br />
alte Glocken. Der Friedersdorfer Pfarrer,<br />
Chronist und bedeutende Oberlausitzer<br />
Geschichtsschreiber Christian Knauthe<br />
(1706 – 1784) schreibt in seiner Chronik,<br />
dass diese alten Glocken bereits 1649<br />
umgegossen wurden von dem Glockengießer<br />
Donath Schröter. Dieser vermerkte<br />
sich auf seinem Guss gern als Arnoviensis<br />
(aus Arnau stammend). Knauthe<br />
vermerkt weiter, dass dabei das Geläut<br />
vergrößert wurde. Aus den drei vorhandenen<br />
Glocken goss Schröter zwei und<br />
dazu noch eine ganz neue große Glocke<br />
von 23 Zentnern. Dieses Dreiergeläut<br />
ging im Mai 1661 bei dem durch Blitzschlag<br />
verursachten Brande der Kirche<br />
zugrunde. Aus dem Metall derselben<br />
goss Andreas Herold 1662 in Dresden<br />
zwei neue Glocken im Gewicht von 13<br />
¼ und 5 ½ Zentnern. Zugleich fertigte<br />
er eine 23 Zentner schwere „große Glocke“<br />
zum Preis von 631 Mark.<br />
Letztere zersprang aber bereits 1665,<br />
wurde im selben Jahre für 150 Görlitzer<br />
Mark umgegossen und am 20. Januar<br />
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Geschichte |<br />
<strong>77</strong>
„St.<br />
Evangelische<br />
Ursula“<br />
Pfarrkirche „St. Ursula“ –<br />
Glockenabnahme am 25./26.11.1917 (Foto: Max Heidrich / Pfaffendorf)<br />
Teilnehmer von links hinten:<br />
Bürger Herrmann, Dienel Paul, Gründer Adolf, Altmann Gustav, Ulrich<br />
Herrmann, Baumeister Ullrich aus Schönau<br />
Teilnehmer von links vorn:<br />
Zimmermann Gustav, Elsner Robert, Pastor Wilhelm Buchmann<br />
(II), Kantor Hugo Weidener, Dienel Karl, Scholz Julius<br />
1666 auf den Turm gezogen. Aber auch<br />
diese zersprang 1676 beim Trauergeläut<br />
für den verstorbenen Bürgermeister<br />
Förster in Görlitz und wurde noch in<br />
demselben Jahre von Abraham Sievert<br />
im Gewicht von 27 ½ Zentnern umgegosssen.<br />
Am 10. Juli 1763 schlug der<br />
Blitz in den Kirchturm, dessen oberer<br />
hölzerner Teil bis auf das Gemäuer herunterbrannte.<br />
Die drei Glocken blieben<br />
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Uwe Lichthorn<br />
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Geschichte |
zu Friedersdorf und ihre Glocken<br />
Ankunft der neuen Glocken in Friedersdorf vor der Kirche<br />
am 9.12.1921 (Foto: Kirchenarchiv)<br />
dabei unversehrt.<br />
Die Inschrift der großen Glocke berichtete<br />
über ihre Geschichte in lateinischer<br />
Sprache, wie sie 1661 und 1665 auf Veranlassung<br />
der Vorsteher des Hospitals<br />
zu „Unserer lieben Frau“ in Görlitz, des<br />
Bürgermeisters Gehler und des Syndikus<br />
Moller, und dann 1676 unter Wigand<br />
Moller und dem Pastor Caspar Friedrich<br />
Brückner neu gegossen werden musste.<br />
Nach Überlieferung von Pfarrer Gottlieb<br />
Friedrich Otto<br />
(1751 – 1815) lautete<br />
der komplette<br />
Text:<br />
Magno tonantis A.<br />
1661 mens. Majo,<br />
igne fulminis in<br />
scorias redacta<br />
auspiciis Antistium<br />
Xenodochii Mariani<br />
apud Gorlicens.<br />
Barthol. Gehleri<br />
Consul. et Synd.<br />
Nec non Wigand.<br />
Molleri honoratius<br />
census civis mens. Nov. Ejusd. Anni ex<br />
meis. Sororumque reliquiis confluebam.<br />
Sed ao 1676 mense Majo in obitum Caroli<br />
Forsteri Cons. Gorl. Dictique Nosocomii<br />
Praefecti primar. Signum luctus<br />
datura non sine omine inter pulsandum<br />
fissa, mense Nov. Ej. Anni refundor Wigand.<br />
Mollero Praeside meritiss. Pastore<br />
Casp. Friedrich Brückner, Templi<br />
tutoribus Christophoro Cnotio, Adam<br />
Langhansen, Francisco Schultz: fusore<br />
Abrah. Siverto, Gorlicens.<br />
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Geschichte |<br />
79
„St.<br />
Evangelische<br />
Ursula“<br />
Pfarrkirche „St. Ursula“ –<br />
Weil das Metall der geschmolzenen alten<br />
Glocken zu den beiden neuen Glocken<br />
von Andreas Herold nicht reichte,<br />
hat nicht nur die Gemeinde einen Beitrag<br />
dazu geleistet, sondern seine Kurfürstliche<br />
Durchlaucht zu Sachsen Johann<br />
Georg II erließ für zwei Jahre dem<br />
Dorf die steuerlichen Abgaben. Dieser<br />
Guss kostete 331 Thlr. 6 Arg. (Silbergroschen).<br />
Die mittlere Glocke trug um den Hals<br />
zwischen Blüten – und Weinrankenfriesen<br />
den Gussvermerk:<br />
- Anno 1662 gos mich Andreas Herold,<br />
Dresden. - und darunter die Verse:<br />
Auspiciis quorum et manibus soror utraque<br />
fusa est<br />
Posteriore et ego tempore fusa fui.<br />
Sum media has inter, faciamque utraque<br />
magistra,<br />
Neutri ne cedam conveniente sono.<br />
Da, Deus, ut populus veniens hac audiat<br />
aede,<br />
Nil nisi quod verbo consonet usque tuo.<br />
Fus: Dresd: An: Quo vovemus.<br />
Die letzte Zeile stand als Chronogramm:<br />
“HaeC DoMVs o IesV stet Longos sospes<br />
In annos”<br />
(Ich bin die Mittlere unter den andern<br />
und werde es machen,<br />
dass ich, von beiden gelehrt, keiner im<br />
Einklange weich !<br />
Gieb, o Gott, dass das Volk, wenn es<br />
kommt, in der Kirche zu hören,<br />
Nichts vernehme als das, was deinem<br />
Worte entspricht)<br />
Chronogramm: Möge, o Jesu, dies Haus<br />
lange noch unversehrt stehen.)<br />
Ein Chronogramm ist ein Satz oder eine<br />
Inschrift, bei der alle darin vorkommenden<br />
Buchstaben, die zugleich römische<br />
Zahlensymbole sind, zusammengezählt<br />
die Jahreszahl des Ereignisses ergeben,<br />
auf das sich der Text des Chronogramms<br />
bezieht, in unserem Falle das<br />
Gussjahr der Glocke 1662.<br />
Auf der kleinen Glocke gab es nur den<br />
Gussvermerk: A. MDCLXII fecit Andreas<br />
Herold, Dresden.<br />
Die mittlere und die kleine Glocke mussten<br />
im 1. Weltkrieg der Rüstungsindustrie<br />
zugeführt werden. Am 25./26.<br />
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80<br />
Geschichte |
zu Friedersdorf und ihre Glocken<br />
Glocke 1/ Bochumer Verein 1921 (Foto: M. Gürlach)<br />
<strong>November</strong> 1917 wurden sie unter der<br />
Leitung von Baumeister Ullrich aus<br />
Schönau vom Turm genommen.<br />
Nicht nachweisbar ist der Verbleib der<br />
großen Glocke. Es ist möglich, dass diese<br />
für den Guss des neuen Dreiergeläutes<br />
in Zahlung gegeben wurde. Leider<br />
ist dadurch ein historisch wertvoller<br />
Klangkörper verloren gegangen.<br />
Das neue Stahlguss – Dreiergeläut von<br />
der Gießerei Bochumer Verein wurde<br />
am 9. Dezember 1921 mit Pferdefuhrwerken<br />
vom Bahnhof abgeholt und im<br />
Turm montiert.<br />
Die drei Glocken haben ein Gewicht von<br />
1 200 kg, 850 kg und 460 kg und sind<br />
gestimmt auf dis ` - fis ` - a `.<br />
Am Hals umlaufend tragen alle den Gussvermerk:<br />
GEG. V. BOCHUMER VEREIN I.<br />
BOCHUM 1921.<br />
Die Inschriften lauten:<br />
Glocke 1: HOFF`T FEST AUF GOTT ER<br />
HILFT IN NOT.<br />
Unter dem Relief eines Tatzenkreuzes:<br />
IN SCHWERER ZEIT GOTT GEWEIHT !<br />
Glocke 2: EH` LIEBE STIRBT; ALLES<br />
VERDIRBT !<br />
Glocke 3: GLAUBE ALLEIN FÜHRT ZUM<br />
HIMMEL EIN.<br />
Dipl. - Ing. (FH) Michael Gürlach<br />
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Geschichte |<br />
81
Parkeisenbahn<br />
Die Geschichte der Görlitzer Parkeisenbahn –<br />
Runder Steingrill auf dem Gelände der Parkeisenbahn<br />
An eine interessante Episode möchte ich<br />
an dieser Stelle erinnern; beim Bau des<br />
Gleisbettes kam es vor, dass größere Steine<br />
im Kies waren, die uns die LKW aus<br />
der Grube Hagenwerder brachten. Wir<br />
sammelten sie auf einem Haufen und<br />
bauten davon einen runden Steingrill.<br />
Dafür baute uns der Stahlbau einen speziellen<br />
runden Rost, der einen Meter im<br />
Durchschnitt maß. Rundherum mit Lüftungsrohren<br />
ausgestattet,<br />
zog er<br />
prima und war<br />
gut geeignet, um<br />
auf ihm bei Festen<br />
oder an den Wochenenden<br />
tausende<br />
Würstchen<br />
zu grillen. Die<br />
Fleischerei Grafe<br />
aus Weinhübel<br />
hat uns dazu oft<br />
mit Kammscheiben<br />
beliefert. Um<br />
das alles aber in<br />
gemütlicher Runde<br />
genießen zu<br />
können, baute uns Herr Mirschel mit seinen<br />
Leuten von Stadtgrün Bänke rund um<br />
den Grill. Da konnte gegessen, gesungen<br />
und geplaudert werden. Die Arbeit am<br />
Park nahm schon einen beträchtlichen<br />
Teil an unserer Freizeit ein. Einen Bungalow<br />
hatten wir als Verpflegungskiosk eingerichtet.<br />
Auf der einen Seite gab es Kaffee,<br />
Kuchen und Wurst, auf der anderen<br />
Seite war die Technik untergebracht. Die<br />
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82<br />
Geschichte |
Parkeisenbahn<br />
ihre Mütter und Väter (Teil VI)<br />
Kinderfeste sollten<br />
ja mit Musik<br />
und guter Laune<br />
gefeiert werden.<br />
Später kamen<br />
noch zwei Holzhütten<br />
dazu, die<br />
erfreulicherweise<br />
heute noch am<br />
Leben sind, genau<br />
wie der „Kaffeebungalow“.<br />
Während dieser<br />
Zeit kam mir die<br />
Idee, das ganze<br />
Geschehen während<br />
des Baues an<br />
Holzhütte mit den Pferdchen Tanja und Karino<br />
der Parkeisenbahn und dem Parkgelände kum) leihen und auch den Maschinenbau<br />
bis zur Einweihung filmisch festzuhalten. einbeziehen, dort gab es eine Film- und<br />
Es gab bis dahin noch keinen Film dieser Fotogruppe. Nachdem ein Team zusammengestellt<br />
und das Drehbuch geschrie-<br />
Art. Diese Filmdokumentation sollte später<br />
auch in den Schulen gezeigt werden, ben war, konnte es losgehen. Die Negativrollen<br />
mussten extra in Wolfen beschafft<br />
sollten die Leute doch später mal sagen<br />
können: „Ja, so war es damals!“ Schon werden. Für die Magnettonspur fuhr ich<br />
die Wahl des Filmmaterials war schwierig,<br />
ich sah nur eine Chance – 16 mm Kopierwerk, um vier Kopien anfertigen<br />
nach Berlin - Johannisthal zum DEFA -<br />
Kameras vom Krankenhaus (jetzt Klini-<br />
zu lassen. Nun konnten wir in Görlitz den<br />
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Geschichte |<br />
83
Parkeisenbahn<br />
Die Geschichte der Görlitzer Parkeisenbahn –<br />
Film selber vertonen.<br />
Einer unserer<br />
ersten Pioniereisenbahner,<br />
Thomas Schwarte,<br />
sprach die Texte<br />
für den Film.<br />
Die Eröffnung der<br />
Bahn und die Einweihungsfeier<br />
konnten so aufgenommen<br />
und<br />
später von den<br />
Schulen ausgeliehen<br />
werden. Heute<br />
existiert eine<br />
DVD davon.<br />
Lok mit Tender<br />
Ich bin jetzt schon bei der Einweihung,<br />
aber bis dahin war es noch ein steiniger<br />
Weg. Die Wagen und die Lok waren bereit<br />
zum Umsetzen vom Waggonbau zum<br />
Weinberggelände. Allerdings lagen dort<br />
Gleise nur im Rund, doch zwischen Bahnhof<br />
und Lokschuppen fehlten sie noch.<br />
Hier galt es jetzt zu improvisieren. Wir<br />
montierten zehn Gleisstücke mit Schwellen<br />
und balancierten so die Wagen in den<br />
Lokschuppen. Danach konnten auch die<br />
Lok und der Tender geliefert werden. Ein<br />
erhebender Moment für alle war es, als<br />
die Lok von einem Autokran aus dem BKW<br />
an einer Traverse vom Waggonbau das<br />
erste Mal auf die Gleise gesetzt wurde.<br />
Kollege Baer und seine Mitstreiter ließen<br />
es sich nicht nehmen und waren dabei.<br />
Wieder ein glücklicher Tag bei unserem<br />
(fast) abenteuerlichen Unternehmen „Ad-<br />
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84<br />
Geschichte |
Parkeisenbahn<br />
ihre Mütter und Väter (Teil VI)<br />
ler“. Doch wer jetzt glaubt, es müsste ruhiger<br />
werden, der irrt! Nun kam wieder<br />
Herr Pluto, der Mann für die technische<br />
Abnahme, ins Spiel. Unser Lokführer in<br />
der ersten Zeit war Eckehard Bauch, er<br />
fuhr im ersten Gang mit 80 Sandsäcken<br />
(quasi die Dummys), im zweiten Gang,<br />
im Leerlauf und noch weitere Varianten.<br />
Alles lief erfolgreich ab, und Herr Pluto erteilte<br />
lächelnd der „Oldtimereisenbahn“<br />
die Erlaubnis für den Personenverkehr.<br />
Damit war der Güte<br />
–TÜV bestanden!<br />
Eine letzte Bestätigung fehlte nun<br />
noch. Die DR verlangte eine Personenzulassung<br />
vom Hersteller,<br />
dem VEB Waggonbau. Unser damaliger<br />
OB Herr Dietrich, der voll<br />
Begeisterung hinter dem „Adler“<br />
stand, berief mit Hans Liebig,<br />
dem Direktor des Görlitzer Waggonbau,<br />
eine Abnahmekonferenz<br />
ein, in der alle sicherheitsrelevanten<br />
Faktoren schriftlich niedergelegt<br />
und bestätigt wurden. Und<br />
nun ging es langsam in die Zielgerade.<br />
Wir hatten zu dieser Zeit keine Aufenthalts-<br />
und Schulungsräume, aus diesem<br />
Grund verhandelte ich mit der DR wegen<br />
eines Personenwagens (750 mm Spurweite)<br />
von der Oybin-Bahn als Clubwagen.<br />
Diesen Wagen dann auf unser Parkgelände<br />
zu bekommen, stellte sich als<br />
sehr kompliziert und nervenaufreibend<br />
dar. Ich erspare mir hier die Einzelheiten,<br />
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Geschichte |<br />
85
Parkeisenbahn<br />
Die Geschichte der Görlitzer Parkeisenbahn –<br />
Der Oybiner Waggon wird verladen<br />
aber dass es gelungen ist, verdanke ich<br />
dem Einsatz von Klaus Schindler, Heinz<br />
Krause und vielen anderen Helfern.<br />
Im Lokschuppen wurden die letzten Motorentests<br />
unternommen. Herr Mischke<br />
vom Multicar-Service half uns, ebenso<br />
wie die Kollegen Pätzold und Stölzer vom<br />
Bahnbetriebswerk. Der Einzelzylindermotor<br />
von Cunewalde war nicht schlecht,<br />
doch der Zweizylindermotor, der in Vietnam<br />
für Wasserpumpen<br />
eingesetzt<br />
wurde, war<br />
einfach besser<br />
und stärker (ca.<br />
12 PS) Er sorgte<br />
auch noch für einen<br />
tollen Nebeneffekt.<br />
Über zwei<br />
Rohre konnte der<br />
Dampf des Motors<br />
rechts und links in<br />
Zylinderhöhe der<br />
Dampflok austreten,<br />
was den<br />
Eindruck einer<br />
echten Dampfmaschine<br />
bewirkte.<br />
Die Kollegen von Stadtgrün waren in dieser<br />
Zeit auch nicht untätig geblieben,<br />
denn sie fertigten den Obelisken an, der<br />
später von Fleiß und Einsatzfreude vieler<br />
Menschen Zeugnis ablegen sollte. Die Kilometerangaben<br />
auf dem Stein erfolgten<br />
in engl. Meilen. Die Aufstellung des Obelisken<br />
war ein Fall für die Statiker. Nach<br />
dem Setzen der Bossensteine (Funda-<br />
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86<br />
Geschichte |
Parkeisenbahn<br />
ihre Mütter und Väter (Teil VI)<br />
ment) erfolgte das Aufsetzen mit Hilfe<br />
spezieller Seilknoten und gegenläufigen<br />
Seilknoten. Das etwas gewagte Kunststück<br />
gelang, und der Obelisk steht heute<br />
noch!.<br />
An einen Kollegen, Armin Pätzold, soll<br />
hier besonders erinnert werden. Er leistete<br />
eine hervorragende Arbeit und stellte<br />
damals auch ein von ihm restauriertes<br />
Läutewerk zur Verfügung. Das aber<br />
nur unter der Bedingung, bei der Einweihung<br />
als Lokführer mit Zylinder und weißen<br />
Handschuhen der Jungfernfahrt ihr<br />
einmaliges Aussehen zu verleihen. Der<br />
Wunsch wurde ihm zur Freude tausender<br />
Besucher bei der Eröffnungsfeier erfüllt.<br />
Die letzten 14 Tage vor der Einweihung<br />
vergingen mit vielen Restarbeiten am<br />
Gleisbett, im Park, an der Lok …Peter<br />
Malossek besorgte noch eine Schale aus<br />
Beton für den Blumenschmuck am Bahnsteig.<br />
Stadtschulrat Hennig besuchte mich<br />
am Arbeitsplatz und teilte mir mit: “Hans-<br />
Rüdiger, du bist ab heute zum Leiter des<br />
Parks berufen – viel Glück und Erfolg!“<br />
Doch eine Forderung der DR war noch<br />
vor dem offiziellen Start zu erledigen.<br />
Das Gelände am Bahnhof, speziell an den<br />
Gleisen, musste durch Zäune gesichert<br />
werden. Sonst kein Bahnbetrieb! Zäune<br />
in der damaligen Zeit so kurzfristig zu<br />
beschaffen, war eine schwere Aufgabe.<br />
Doch an der Weißen Mauer (BHG) konnte<br />
uns durch Herrn Altmann mit Jägerzäunen<br />
und Eisensäulen geholfen werden.<br />
So wurde der Zaun praktisch in letzter<br />
Minute fertig.<br />
Dank der vielen fleißigen Helfer, ob hier<br />
genannt oder nicht, konnte am 1.6.1976<br />
die „Oldtimer – Eisenbahn“ eingeweiht<br />
werden. Es gestaltete sich zum Volksfest<br />
mit Umzug und Musikkapelle.<br />
In der Folgezeit erlebten viele Görlitzer<br />
und Besucher der Stadt mit ihren Familien<br />
am Weinberg frohe, ausgelassene<br />
Stunden. Unter den prominenten Besuchern<br />
war auch Ulrike Richter (jetzt<br />
Schmidt), unsere 3 fache Olympiasiegerin<br />
im Schwimmen. Sie war den jungen<br />
Eisenbahnern ein Vorbild und unternahm<br />
auch bei ihrer Hochzeit 19<strong>77</strong> eine Fahrt<br />
mit der Bahn.<br />
PS: Nun geht unsere Geschichte vom<br />
Bau der Parkeisenbahn ihrem Ende zu.<br />
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Geschichte |<br />
87
Parkeisenbahn<br />
Die Geschichte der Görlitzer Parkeisenbahn<br />
Mehr als tausend begeisterte Bürger nehmen an der Einweihung<br />
am 1.6.1976 teil.<br />
Bei den Recherchen musste ich leider<br />
auch feststellen, dass hinter den Kulissen<br />
manches anders lief, als es bekannt war.<br />
So sollte beispielsweise das für den Bau<br />
der Parkeisenbahn gespendete Geld anders<br />
verwendet werden - und war auch<br />
schon verbucht. Doch dank Leuten mit<br />
Kreuz (Klaus Hoffmann) und Herrn Berninger<br />
aus Dresden konnte es zum guten<br />
Ende gebracht werden. Den Kindern blieb<br />
das Geld erhalten,<br />
und wir konnten<br />
den „Adler“ fertigstellen.<br />
Also politischen<br />
Querelen,<br />
die es damals<br />
gab, konnte durch<br />
die Unterstützung<br />
auf allen Ebenen<br />
entgegengewirkt<br />
werden. Dafür sei<br />
allen Beteiligten<br />
an dieser Stelle<br />
gedankt.<br />
Wenn die Beiträge<br />
bei der Leserschaft<br />
Gefallen<br />
fanden, lassen Sie es den Verlag wissen,<br />
wir würden uns über die Resonanz freuen.<br />
Bei großem Zuspruch könnte ich mir<br />
auch gern einen zweiten Teil vorstellen,<br />
in dem der Bau der Spezialfahrzeuge und<br />
Besonderheiten des Parks erläutert werden.<br />
Hans-Rüdiger Eulitz<br />
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88<br />
Geschichte |
Der Neuaufschluss des Tagebaues<br />
Panorama vor Jauernick, 2.4.1989<br />
Die wirtschaftliche Notwendigkeit der Erschließung<br />
einheimischer Rohstoffe stand<br />
im Jahre 1945 im Vordergrund. Ein Jahr<br />
später wurde der Tagebau Berzdorf neu<br />
eröffnet. Die Kohle unter Deutsch-Ossig<br />
galt aber weiterhin als nicht abbauwürdig.<br />
So wurden in den Jahren 1952, 1957/58<br />
riesige Abraumhalden um Deutsch-Ossig<br />
aufgeschüttet, die mit ihrem Baumbestand<br />
schließlich einen wichtigen Schutz<br />
gegenüber Bergbau und Abgasen des<br />
1958 in Betrieb genommenen Kraftwerks<br />
Hagenwerder boten.<br />
Der mit den Jahren steigende Energiebedarf<br />
führte 19<strong>77</strong>/78 zu einschneidenden<br />
Maßnahmen. Durch die SED und die Regierung<br />
der damaligen DDR wurde die<br />
Auskohlung aller Vorkommen beschlos-<br />
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Geschichte |<br />
89
Der Neuaufschluss des Tagebaues<br />
Rutschung bei Jauernick, 1989<br />
sen. Was das für Deutsch-Ossig bedeutete,<br />
war bei der notwendigen Bereitstellung<br />
von 10 % des Energieaufkommens<br />
durch die Kraftwerke Hagenwerder abzusehen.<br />
Der Ortskern mit der Kirche sollte unberührt<br />
bleiben. Die damit verbundenen<br />
Veränderungen im Leben der Gemeinde<br />
waren aber schon im Herbst 1978 deutlich<br />
spürbar. Es würde zu einer Trennung Klein-<br />
Neundorfs von Deutsch-Ossig kommen.<br />
Der auf der Flur nach Klein-Neundorf liegende<br />
Friedhof würde aufgelöst werden.<br />
Die Gemeindemitglieder an der Straße<br />
nach Klein-Neundorf würden ihr Zuhause<br />
verlieren. Wie weit würde alles gehen?<br />
Im <strong>November</strong> 19<strong>77</strong> kam Pfarrer Dieter<br />
Liebig als Vikar nach Deutsch-Ossig, wur-<br />
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90<br />
Geschichte |
Deutsch-Ossig<br />
de am 24. Juni 1979 in der Kirche ordiniert<br />
und am 30. <strong>November</strong> 1980 in das<br />
Pfarramt eingeführt. Im Januar 1980 hatte<br />
der Gemeindekirchenrat bereits aus<br />
Eigenverantwortung heraus die Gemeinde<br />
ersucht, keine Bestattungen mehr auf<br />
dem Friedhof Deutsch-Ossig vornehmen<br />
zu lassen. Im August 1980 wurde durch<br />
den Rat der Gemeinde die Friedhofsverlegung<br />
beschlossen. Mit dem 1. Januar<br />
1981 wurde der Friedhof schließlich offiziell<br />
stillgelegt.<br />
Im Mai 1981 kam es im Bereich Jauernick<br />
zu einer Rutschung großen Ausmaßes,<br />
als Folge davon traten Schwelbrände auf.<br />
Die Rutschung teilte sich bis 1984 nach<br />
Deutsch-Ossig mit.<br />
Im Pfarrhaus wurde zu diesem Zeitpunkt<br />
der letzte Nagel in die Wand geschlagen.<br />
Deutsch-Ossig sollte samt Kirche Gemeindezentrum<br />
für das Industriegebiet Hagenwerder<br />
werden. Das Pfarrhaus war für<br />
129.000 Mark unter großen persönlichen<br />
Mühen erneuert worden.<br />
1985 begann die Abbaggerung der Halden.<br />
Wer sehen wollte, was zu sehen war,<br />
wusste Bescheid.<br />
Im Juni 1986, zwei Monate vor der offiziellen<br />
Bekanntgabe, kam die Nachricht,<br />
dass für den Ort keine Sicherheit mehr<br />
bestünde und derselbe insgesamt fallen<br />
würde.<br />
Obwohl schon seit Ende 1985 über eine<br />
eventuelle Rückung der Kirche nachgedacht<br />
wurde, fanden sich in jenen Junitagen,<br />
da auch über die ersatzlose Beseitigung<br />
der Kirche informiert wurde, weder<br />
Schriftstücke noch Zeugen für die Pläne<br />
zu ihrer möglichen Rückung. Der Gemeinderat<br />
beschloss am 13. Juli 1986 allein die<br />
Erhaltung der Kirche als Ganzes. Von Vertretern<br />
des Gemeindekirchenrates wurde<br />
dies unter Ablehnung jeglicher Alternativen<br />
am 4. August den Behörden mitgeteilt<br />
und auf den Ernst der entstandenen Lage<br />
hingewiesen. Das waren schwere Monate.<br />
Der Gemeinde war Ende Juni ein Plan<br />
vorgelegt worden, in welchen Zeiträumen<br />
und welcher Abfolge die Auflösung<br />
der Gemeinde erfolgt. Friedhof, Kirche,<br />
Gemeindeglieder … Auszug konkret also.<br />
Und keiner wollte es so recht glauben!<br />
Am 11. Mai 1986 war der Friedhof entwid-<br />
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Geschichte | 91
Der Neuaufschluss des Tagebaues<br />
Bergung der Grabmale im Kirchhof. Oktober 1989<br />
met worden.<br />
Sicher sprang die Bezeichnung<br />
von daher über. Als am 28. August<br />
die Überbaggerung des Ortes<br />
allen mitgeteilt wurde, fiel<br />
es wie Schuppen von den blinden<br />
Augen. Ende September trat<br />
der Staat überraschend an das<br />
Görlitzer Konsistorium mit der<br />
Maßgabe zur Erhaltung der Kirche<br />
heran. Inzwischen hatte sich<br />
ganz Deutsch-Ossig mit dieser<br />
ihrer Kirche identifiziert. Das sollte<br />
so bleiben, auf eigene Zukunft<br />
hin. Am 11. <strong>November</strong> 1986 fand<br />
eine gemeinsame Beratung mit<br />
dem Rat des Bezirkes Dresden,<br />
dem Rat des Kreises Görlitz, dem<br />
Braunkohlenamt Senftenberg,<br />
Kirchenbauamt und Kirchengemeinde<br />
statt, bei der das Institut<br />
für Denkmalpflege Dresden<br />
federführend war. Die Kirche<br />
sollte als Ganzes erhalten und<br />
umgesetzt werden. Am 19. Dezember<br />
beschloss der Gemeindekirchenrat<br />
in Abstimmung mit<br />
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92<br />
Geschichte |
Deutsch-Ossig<br />
dem Konsistorium die Umsetzung<br />
der Kirche in das<br />
Neubaugebiet Görlitz-Königshufen<br />
und verzichtete<br />
auf eine finanzielle Entschädigung.<br />
Im März 1987<br />
erfolgte der Beschluss der<br />
Provinzialsynode zur Kirchenumsetzung.<br />
Der Abschlussgottesdienst<br />
fand<br />
in der Kirche Deutsch-Ossig<br />
zu Pfingsten, am 22.<br />
Mai 1988, statt.<br />
Am 8. März 1992 erfolgte<br />
dann die Grundsteinlegung<br />
für die Deutsch-Ossiger<br />
Kirche in Königshufen.<br />
Sechs Jahre sollten bis<br />
zur Einweihung der Hoffnungskirche<br />
vergehen, bis<br />
sie am 1. Juni 1998 ihrer<br />
Bestimmung übergeben<br />
werden konnte.<br />
Kirchenneubau in Görlitz-Königshufen. März 1993<br />
Dieter Liebig, Volker Richter,<br />
zusammengestellt<br />
durch Dr. Ingrid Oertel<br />
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Geschichte |<br />
93
Görlitzer<br />
Geschichten aus dem Görlitzer Stadtverkehr –<br />
Wenn man heute über den Obermarkt<br />
mit seinen überwiegend prächtig sanierten<br />
Wohn- und<br />
Geschäftshäusern<br />
Am 12. Mai 1883 wurde am Abzweig<br />
zum Klosterplatz ein etwa 400 m langes<br />
aus verschiedenen<br />
Zeitepochen<br />
bummelt, erinnert<br />
eigentlich so<br />
gar nichts mehr<br />
an jene Zeit, als<br />
hier noch Straßenbahngleise<br />
verlegt waren<br />
und alle paar Minuten<br />
ein Solowagen<br />
oder Zug<br />
vorbeifuhr. Nicht<br />
weniger als vier<br />
seiner Ausfallstraßen<br />
verfügten um<br />
die Jahrhundertwende<br />
über Stra-<br />
Blick vom Fuß des Reichenbacher Turmes nach Osten um 1900<br />
ßenbahngleise. Seit 4.6.1882 kam eine Teilstück zum Untermarkt eingeweiht.<br />
erste Linie vom Kaisertrutz, entlang der Gleichzeitig erreichte nun auch vom<br />
Südseite des Obermarktes, um diesen Postplatz durch die Steinstraße kommend<br />
eine Straßenbahntrasse den Ober-<br />
beim Klosterplatz Richtung Mühlweg-<br />
Moltkestraße- Bahnhof zu verlassen. markt. Schon in der Pferdebahnzeit war<br />
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94<br />
Geschichte |
Der Obermarkt als Straßenbahnknoten<br />
in Höhe des Abzweiges am Klosterplatz<br />
ein zweites Gleis vorhanden. Die 1890<br />
Tram anhand der zahlreichen Postkarten<br />
meist von einer Haltestelleninsel<br />
vor dem Klosterplatz<br />
aus. Das ist<br />
zumindest für die<br />
Anfangszeit bis<br />
zum ersten Weltkrieg<br />
nicht ganz<br />
korrekt, da es damals<br />
offiziell noch<br />
keine Haltestellen<br />
gab. Vielmehr<br />
war das eingleisige<br />
Streckensystem<br />
im Bereich<br />
der kompletten<br />
Länge zwischen<br />
Klosterplatz und<br />
Steinstraße durch<br />
ein zweites Gleis<br />
ergänzt. Es handelte<br />
sich wie in<br />
Von der Bautzener Straße kommender Ringbahntriebwagen um 1900<br />
zur Ringbahn geschlossene Linie I über der Pferdebahnzeit um Liniengleise für<br />
Mühlweg- Moltkestraße zum Bahnhof die Ringbahn (nördlich) und die Linie<br />
benutzte das nördliche Gleis, die Linie II (südlich) mit zwei Inseln am Klosterplatz<br />
und nordwestlich der Steinstraße.<br />
II zum Untermarkt das südliche. Bislang<br />
geht man beim Betrieb des elektrischen Auf diesen waren gußeiserne Doppel-<br />
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Geschichte |<br />
95
Görlitzer<br />
Geschichten aus dem Görlitzer Stadtverkehr –<br />
Blick nach Osten zur Brüderstraße vor 1905<br />
auslegermasten montiert. Richtung Brüderstraße<br />
setzten sich diese Masten mit<br />
nur einem Ausleger fort, während in der<br />
Gegenrichtung kurz vor dem Reichenbacher<br />
Turm sich beide Gleise wieder vereinigten,<br />
und zwar nach dem Abzweig in<br />
die Steinstraße. Im Jahre 1906 begann<br />
die Verzweigleisung der Innenstadtlinien<br />
mit wenigen<br />
Ausnahmen. Die<br />
Steinstraße wurde<br />
nun zur Richtungsfahrbahn<br />
für die nordwärts<br />
fahrenden Kurse<br />
(Untermarkt und<br />
ab 20.12.1907:<br />
Krankenhaus). In<br />
der Gegenrichtung<br />
verwendete<br />
man eine neu<br />
errichtete Trasse<br />
östlich von Kaisertrutz<br />
und Theater,<br />
die in den<br />
Demianiplatz einmündete<br />
– und<br />
heute noch betrieben wird. Die Postkartenstudien<br />
von Robert Scholz lassen<br />
die Verkehrssituation kurz nach der<br />
Jahrhundertwende recht deutlich erkennen.<br />
Nach dem ersten Weltkrieg ist der<br />
zwischenzeitlich ruhende Betrieb der<br />
Ringbahn nicht wieder aufgenommen<br />
worden, brauchbares Rückbaumateri-<br />
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96<br />
Geschichte |
Der Obermarkt als Straßenbahnknoten<br />
al wenige Jahre<br />
später bei der Errichtung<br />
der Strecke<br />
nach Rauschwalde<br />
mit zum<br />
Einbau gelangt.<br />
Für die verbliebene<br />
Linie zum<br />
Untermarkt endete<br />
im Frühjahr<br />
1939 der Verkehr.<br />
Zum Schluß bereits<br />
zweigleisig,<br />
kann man heute<br />
davon ausgehen,<br />
dass sie spätestens<br />
zum Beginn<br />
der dreißiger Jahre<br />
in beiden Rich-<br />
Einmündung der Steinstraße in den Obermarkt, um 1905<br />
tungen die neuere Außenstrecke beim<br />
(Fortsetzung folgt)<br />
Theater und damit nicht mehr die alte<br />
Trasse in der Steinstraße verwendete. Andreas Riedel, Wiesbaden<br />
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Geschichte |<br />
97
Ziegeleien in Görlitz –<br />
in Görlitz<br />
Aufnahme 1925, Maschinenfabrik GmbH und Ziegelei Roscher<br />
Die rege Bautätigkeit damals ließ einen<br />
neuen Zweig der Bauindustrie, die Ziegeleien,<br />
um Görlitz entstehen. Das Baumaterial<br />
„Ziegel” aus Lehm, Ton und Sand ist<br />
aus geformtem und gebranntem künstlichem<br />
Stein zum Mauern und zur Dachdeckung<br />
hergestellt. Die Rohstoffe werden<br />
gemahlen, gepresst und auf endgültige<br />
Form getrennt, an der Luft vorgetrocknet<br />
unter einer Überdachung mit Luftzufuhr<br />
und danach bei ca. 1100 Grad in so genannten<br />
Brennöfen gebrannt.<br />
Davon zeugen einige Ziegeleien mit kurzer<br />
Lebensdauer in der Südstadt, in Rausch-<br />
walde und im damaligen Groß-Biesnitz.<br />
Nach dem Abriss der Ziegeleien und der<br />
teilweisen Nutzung vor noch jetzt bestehenden<br />
denkmalgeschützten Gebäuden<br />
entstanden auch aus diesen Flächen teilweise<br />
Kleingartenvereine wie z.B. „Brose”.<br />
Diese Fabrik wurde im Jahre 1888 von<br />
dem Ing. Wilhelm Roscher gegründet,<br />
der Dresdener Str. 7 mit 3 Leuten anfing,<br />
Ziegelmaschinen zu bauen. Die Firma erweiterte<br />
sich von Jahr zu Jahr, und da Roscher<br />
auch Spezialist in Dampfmaschinen<br />
war, wurden später neben Ziegelmaschinen<br />
auch Dampfmaschinen bis zu 100 PS<br />
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98<br />
Geschichte |
Ziegeleien<br />
zwischen 1900 und 1940<br />
in Görlitz<br />
2002 sanierter Teilkomplex (Foto: H.-D. Müller) 2002 sanierter Teilkomplex (Foto: H.-D. Müller)<br />
schinenziegelei weiter betrieben. Im Jahre<br />
1917 wurde diese abgerissen, das Gelände<br />
abgeschachtet und an Stelle der alten<br />
Ziegelei eine ganz moderne, mit neuesten<br />
Einrichtungen versehen, wieder aufgebaut.<br />
Durch diese Ziegelei ist die Maschinenfabrik<br />
Roscher als Exportfirma „Maro<br />
– Ziegeleimaschinen” ein Begriff geworden.<br />
Diese war in der Lage, ihre Maschihergestellt.<br />
Die Firma Dresdener Straße reichte nicht<br />
mehr aus, da die Nachfrage sehr groß<br />
war. Im Jahre 1897 wurde ein größeres<br />
Gelände vor der Stadt an der Reichenbacher<br />
Straße erworben, auf welchem bereits<br />
eine Ziegelei stand. Diese Ziegelei<br />
blieb bestehen. Sie wurde im Jahre 1900<br />
mit Maschinen ausgerüstet und als Ma-<br />
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Geschichte |<br />
99
Ziegeleien in Görlitz –<br />
in Görlitz<br />
1913 Belegschaft, Ziegelei “Brose” in der Südstadt, auf der Biesnitzer Str.<br />
nen selbst auszuprobieren und dadurch<br />
Maschinen zu liefern, die sich in der Praxis<br />
außerordentlich gut bewährten.<br />
Es gab nach 1932 einen neuen Eigentümer<br />
Holländer und eine neue Nutzung<br />
der noch bestehenden Gebäude bis zum<br />
2. Weltkrieg mit einer Kriegsproduktion<br />
von Fahrzeugen und Anhängern unter der<br />
kurzzeitigen Mietung durch den Waggonbau<br />
Görlitz und Unterbringung von Kriegsgefangenen.<br />
Der noch bestehende<br />
Teil der Firma<br />
wurde nach<br />
1945 ein Pachtbwz.<br />
Mietobjekt.<br />
Es steht unter<br />
Denkmalschutz<br />
und wurde im Innenbereich<br />
saniert.<br />
Heut besteht noch<br />
der Schornstein<br />
der neu gebauten<br />
Ziegelei.<br />
Bis 1914 bestand<br />
auf dem heutigen<br />
Kleingartengelände<br />
der Südstadt die Ziegelei „Wilhelm Brose”.<br />
Die gepflasterte Zufahrtsstraße begann<br />
an der Biesnitzer Straße zwischen den<br />
Grundstücken Nr. 33 (einst Kinderwagenfabrik<br />
Pfeiffer, heute SHK Sanitär GmbH,<br />
Görlitz) und der Nr. 35. Die Straße endete<br />
am Maschinenhaus der Ziegelei etwa 50 m<br />
hinter dem heutigen „Talhäus`l”. Reste der<br />
Zufahrtsstraße sind noch hinter diesem sowie<br />
entlang des unteren Weges im Kleingartengrundstück<br />
von der Arndtstraße<br />
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100<br />
Geschichte |
Ziegeleien<br />
zwischen 1900 und 1940<br />
in Görlitz<br />
hinter dem Häuserkomplex<br />
zu sehen.<br />
Das „Talhäus`l”<br />
bewohnte seinerzeit<br />
der Ziegeleimeister,<br />
und das<br />
Grundstück des<br />
Ziegeleibesitzers<br />
mit der modernisierten<br />
Villa befand<br />
sich Biesnitzer<br />
Straße 36. 1913<br />
war das benötigte<br />
Lehmvorkommen<br />
des Amselgrundes<br />
weitgehend erschöpft,<br />
und die Schließung stand bevor.<br />
Ansichtskarte<br />
So wurde 1914 die Ziegelei endgültig geschlossen,<br />
das Gelände nach und nach urbar<br />
gemacht, und es wurden Gärten angelegt.<br />
1927 war die „Kolonie Brose” ein Bestandteil<br />
des Kleingartenvereins Süd, und 1931<br />
löste sich diese unter dem „Verein Brose”<br />
auf.<br />
Diese Ziegelei befand sich unterhalb und<br />
linksseitig am Grenzweg mit Blick auf die<br />
Landeskrone und an der Friesenstraße.<br />
1895 wurde die bereits bestehende Ziegelei<br />
von Louis Eckardt übernommen. Neben<br />
dieser wurde das Grundstück als Ackerland<br />
bewirtschaftet. Die heutige Gärtnerei<br />
Neumann hat eine lange Tradition als Familienbesitz.<br />
Die Ziegelei wurde um 1940 abgerissen,<br />
und erhalten blieben nur der Trockenschuppen<br />
sowie ein Teil des Wirtschaftsgebäudes.<br />
Dieses Gebäude wurde als<br />
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Geschichte |<br />
101
Ziegeleien in Görlitz<br />
in Görlitz<br />
Belegschaft Louis Eckardt der Dampfziegelei<br />
Tischlerei ausgebaut und auch als Wohnhaus<br />
ab 1962 von der Familie Reiche und<br />
deren Nachfolger genutzt.<br />
Ziegelei des Rittergutes Katz, Rauschwalde<br />
Diese lag einst an der heutigen Karl - Eichler<br />
- Straße und wurde um 1890 vom Pächter<br />
Stiebner betrieben. Für diese Ziegelei<br />
gab es gleich in der Nähe eine Lehm- und<br />
Kiesgrube Seibt bis ca. 1935. Auf diesem<br />
Gelände entstanden ab 1979 Großbaublöcke<br />
des Typs WB 70.<br />
Hans-Dietrich Müller<br />
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102<br />
Geschichte |