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Bertel-Express 50

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<strong>Bertel</strong>-<strong>Express</strong> <strong>50</strong> Cover


EDITORIAL<br />

Vorwort und Inhaltsverzeichnis<br />

Liebe Leserinnen und Leser,<br />

Willkommen zur neuen Ausgabe des <strong>Bertel</strong>-<strong>Express</strong>es!<br />

Eine schwere Geburt war diese Ausgabe – immer wieder mussten wir das Veröffentlichungsdatum<br />

verschieben, denn eine Jubiläumsausgabe sollte ja auch etwas Besonderes bieten. Wir<br />

hoffen, dass uns das hiermit gelungen ist.<br />

Durch die lange Entstehungszeit kam es dazu, dass die Ausgabe einen weiten Rahmen abdeckt.<br />

BE-Gründer Karsten Bracker blickt nicht nur auf die Anfänge des Fanzines zurück, sondern liefert<br />

auch einen fantastischen Reisebericht, der auch (aber nicht nur) die Disney-Comics im arabischen<br />

Raum begutachtet. Außerdem bekamen wir Post!<br />

Winterlich geht es in dieser Ausgabe auch zu: In dieser Ausgabe zeigen wir euch wieder einen<br />

Barks-Comic mit Barney Bear und Benny Burro, die ihr schon aus dem BE-Spezial 5 kennt. Zusätzlich<br />

gehen wir zu dessen 75. Geburtstag ausführlich auf Dagobert Duck ein, indem wir alphabetisch<br />

seinen Charakter durchleuchten.<br />

Viel Aufruhr gab es unter Comicfans, als Don Rosa eine E-Mail von Disney veröffentlichte, laut<br />

der Kapitel 11 von Dagoberts Biographie „Sein Leben, seine Milliarden” und „Lebensträume”<br />

nicht mehr nachgedruckt werden dürfen. Wir behalten diese Situation im Auge und liefern bei<br />

gegebenem Anlass mehr Details zu dieser bizarren Entscheidung.<br />

Außerdem schickt uns Ronald Ruck schon einmal etwas verfrüht in den April. Kein Aprilscherz<br />

dagegen ist das Gewinnspiel, bei dem alle herzlich eingeladen sind, mitzumachen!<br />

Die <strong>Bertel</strong>-<strong>Express</strong>-RedDUCKtion<br />

2 EDITORIAL<br />

5 CARTOON: Was läuft gerade in Entenhausen<br />

6 ARTIKEL: Die herrliche Entenkomödie<br />

14 COMIC: Schi wie nie<br />

22 ARTIKEL: Disney in Arabien<br />

35 CARTOON: Donalds Alpträume: Botanischer Besuch<br />

36 CARTOON: Was läuft gerade in Entenhausen<br />

37 REZENSION: Der Jahresrückblick 2022 auf das MMM<br />

und das TGDDSH<br />

46 COMIC: Winter-Workaholic<br />

49 COMIC: Verstehst du Spaß?<br />

<strong>50</strong> ARTIKEL: Dagobert Duck von A bis Z<br />

65 COMIC: Mode, Musik und Make-up<br />

71 ARTIKEL: Die Maus der Moderne<br />

81 INTERNES<br />

84 IMPRESSUM<br />

2


Recht spontan hat man mich jetzt noch gebeten, einen kurzen Überblick über die Geschichte<br />

des <strong>Bertel</strong>-<strong>Express</strong>’ zu verfassen. Nun ist das ganze inzwischen schon fast 17 Jahre her.<br />

Als Schüler mit sehr großem Fokus auf Nachmittagsfreizeit und der Bevorzugung von Comic- statt<br />

der öden Schulbücher hatte ich mich Anfang 2006 im damals noch recht aktiven „Donald-Club”-<br />

Forum angemeldet. Da mir und vielleicht auch einigen anderen, aber sicherlich am ehesten mir, die<br />

eigene Unwichtigkeit noch nicht sonderlich bewusst war, machte ich mich nach einigen Monaten<br />

daran, den – sehr kreativ – <strong>Bertel</strong>-Club zu gründen, mit allem, was der Donald-Club damals auch<br />

hatte, mit Ausnahme eines Mailnewsletters, der dann an die paar Forenmitglieder ging. Bis, so<br />

meine ich, Ausgabe 31 bestand dieser dann aus mehr oder weniger gelungen illustrierten Mails<br />

bzw. einseitigen PDFs. Anschließend meinte ich dann, damit so erfolgreich zu sein, dieses auf 3-4<br />

seitige PDFs ausdehnen zu müssen. Nebst Infos zu den Geschehnissen im Forum gab es vor allem<br />

Rezensionen und kürzere Duckipedia-Infos. Wenn man etwas sehr kleines hat, wird man, jugendliche<br />

Naivität vorausgesetzt, schnell auch mal übermütig und sicherlich ein wenig aus diesem Antrieb<br />

heraus entsteht der erste „BE”: mit einem kurzen Überblick über die französischen Comichefte,<br />

„Comicmodernisierung” und ein bereits veröffentlichtes Duckipedia-Interview mit der Übersetzerin<br />

Constanze Maier, die heute auch keiner mehr kennt.<br />

Wie dem auch sei, ein Anfang war gemacht und von da an versuchte ich mit einigen Mitstreitern –<br />

besonders David Bühring sei hier für seine langjährigen Schreib- und Recherchearbeiten herzlich<br />

gedankt, aber auch Robert Gruhne, Kevin Kyburz, Michael und Markus Ott, Betti Auschra, Adriano<br />

Kleiner, Arne Voigtmann, Bastian Kladny, Chris Köcher, Manuel Schumann, Jano Rohleder, Mathis<br />

Wendorff, Alexander Juhrich, Janina Kanschat, Wolfgang Kern, Moriz Stangl, Stefan und Thea Binter,<br />

Daniel Wagner, Isabella di Leo und Matthias Müller waren in den ersten Jahren an so vielen<br />

Ausgaben beteiligt. Danke dafür und all die anderen, die hier jetzt nicht gelistet sind.<br />

3


EDITORIAL<br />

Vorwort und Inhaltsverzeichnis<br />

Was großem Enthusiasmus und der anfänglich recht locker erreichten monatlichen Erscheinungsweise<br />

folgte, waren dann neue Ideen wie Interviews und Comics und der Versuch der Qualitätssteigerung.<br />

Schließlich war man dann zumindest bei einer gefühlt größeren Themenvielfalt, deutlich<br />

größeren Abständen bei Veröffentlichungsterminen irgendwann auch bei deutlich „dickeren”<br />

Ausgaben angelangt. Viele von uns fingen zwischen 2011 und 2013 ihr Studium an – zu Schulzeiten<br />

gab es irgendwie bedeutend mehr Zeit – oder hatten deutlich mehr für andere Dinge zu tun, sodass<br />

vor 10 Jahren dann die Entscheidung reifte, dass man mit einer größeren Ausgabe 29 das Ganze<br />

einstellen würde. Dass man drei Jahre später dann auf mich zukam, um das Ganze von neuem zu<br />

beginnen, machte mir eine Freude und im April 2018 war ich dann positiv überrascht, was man alles<br />

erreicht hatte.<br />

Glückwunsch zu <strong>50</strong> Ausgaben!<br />

– Karsten Bracker<br />

Zeichnung: Debbie Perry, Übersetzung & Koloration: Spectaculus (Entstehung: 2021)<br />

4


CARTOON<br />

Was läuft gerade in Entenhausen<br />

Zeichnungen: Silvia Ziche, Übersetzung: Luis Bärenfaller<br />

5


ARTIKEL<br />

Die herrliche Entenkomödie<br />

Die herrliche Entenkomödie<br />

Adaptionen und Parodien im Disney-Comic<br />

von McDuck<br />

„Wir wollen sein ein einig Volk von Brüdern, in<br />

keiner Not uns waschen und Gefahr!” – viele<br />

Leserinnen und Leser von Disney-Comics werden<br />

diesen Satz gut kennen, mit dem Tick, Trick<br />

und Track ihr Zusammenhalten gegen den<br />

Waschzwang verordnenden Feind – ihren Onkel<br />

Donald – schwören. Der Satz ist aber zugleich<br />

eine wunderbare Abwandlung eines berühmten<br />

Zitates aus einem Klassiker der<br />

deutschsprachigen Literatur: dem Drama Wilhelm<br />

Tell von Friedrich Schiller. Und er zeigt,<br />

dass die Literatur stark in die Disney-Comics<br />

hineinwirkt.<br />

Der Comic, aus dem das gerade genannte Zitat<br />

kommt, hat mit Schillers Wilhelm Tell kaum etwas<br />

am Gesslerhut. Wohl aber eine Geschichte<br />

von Guido Scala, in der der wackere Schweizer<br />

Donald Tell sich letztlich eher unfreiwillig den<br />

berüchtigten Schränkliknackern in den Weg<br />

stellt und durch einen Trick erfolgreich den Apfel<br />

auf dem Kopf seiner Neffen entzweischießt.<br />

Dass der gar nicht schusssichere Armbrustschütze<br />

beim Training glatt noch den Käsevorrat<br />

seines Onkels durchlöchert und en passant<br />

den Appenzeller erfindet, lässt Freude aufkommen.<br />

Denn eine Adaption oder Parodie –<br />

denn um eine solche handelt es sich bei der<br />

Geschichte „Donald Tell” – soll ja auch lustig<br />

sein und die ernsteren Passagen der Vorlage<br />

mit einem Augenzwinkern neu deuten. Selbst<br />

gestandene Tragödien wie Hamlet, in der in<br />

Shakespeares Original eine ganze Menge<br />

Leute inklusive der Hauptfigur versterben,<br />

kann in der Parodie zur Komödie verkommen<br />

und, in der Umsetzung Giovan Battista Carpis,<br />

in einer Zucchinischlacht münden. Lachen oder<br />

nicht lachen, das ist hier die Frage.<br />

Parodien selbst sind eine uralte Literaturgattung.<br />

Eine der ältesten Parodien<br />

stammt aus dem alten Griechenland, wo in<br />

epischen Worten die gigantische (eintägige)<br />

Schlacht der Mäuse gegen die Frösche<br />

beschrieben und der Heldenmut der<br />

heroischen Tiere beschworen wird. Dieses<br />

völlig überzeichnete Epos parodiert die<br />

Ilias von Homer und damit den Krieg um<br />

Troja. Die Ilias war das meistgelesene und<br />

einflussreichste Werk der griechischen<br />

Antike und damit der ideale Anknüpfungspunkt<br />

einer solchen Parodie. Interessanterweise<br />

ähnlich beginnt die Geschichte der<br />

Parodien im Disney-Comic. Nach den Verheerungen<br />

des Zweiten Weltkriegs, der<br />

die blühende italienische Comicproduktion<br />

fast vollständig eliminiert hatte, erfanden<br />

Guido Martina und Angelo Bioletti den italienischen<br />

Disney-Comic neu – und lieferten<br />

1949 als ihr zweites gemeinsames<br />

Werk eine Adaption des berühmtesten<br />

und zugleich ersten wirklich italienischen<br />

6


ARTIKEL<br />

Die herrliche Entenkomödie<br />

Werks überhaupt ab, nämlich „Die Göttliche<br />

Komödie” von Dante Alighieri.<br />

Wenn man des Inhalt eines Werkes in ein anderes<br />

Medium überträgt, etwa aus einem Buch<br />

einen Film oder aus einem Film einen Comic,<br />

spricht man von einer Adaption. Adaptionen<br />

haben im Comic ebenfalls eine lange Tradition,<br />

denn bereits in der Zwischenkriegszeit lassen<br />

sich die ersten, relativ werktreuen Umsetzungen<br />

anderer Werke in Panels und Sprechblasen<br />

finden. Im Disney-Comic ist der Übergang<br />

von einer einigermaßen werktreuen Adaption<br />

zur verulkenden Parodie fließend. Manche Geschichten<br />

wie „Graf Phantula” von Bruno Enna<br />

und Fabio Celoni fangen gekonnt den größten<br />

Teil der Handlung und die düstere Stimmung<br />

des Originals ein, sodass sie hinter der Schauerromantik<br />

nicht zurückstehen müssen. Etliche<br />

Geschichten garnieren Werktreue mit genügend<br />

komischen Elementen. Auf der anderen<br />

Seite des Spektrums stehen klar erkennbare<br />

Parodien. Wenn Johann Goofy Strauß senior,<br />

seines Zeichens k.u.k. Wurstfabrikant, seines<br />

missratenen musikalischen Filius' Talent in der<br />

Würstlfabrik verwursten will, weil ihm der Donauwalzer<br />

schlichtweg wurst ist, dann hat dies<br />

mit der Lebensgeschichte des Wiener Walzerkönigs<br />

und berühmten Komponisten gar nichts<br />

mehr zu tun. Das muss es aber auch nicht. In<br />

den extremsten Formen nehmen die Parodien<br />

auch nur einige kleine Elemente der Vorlage<br />

und stopfen diese mit soviel anderen Storyelementen<br />

voll, bis eine ganz neue wohlschmeckende<br />

Comicwurst entsteht.<br />

Adaptionen und Parodien in Disney-Comics<br />

haben ein ganz eigenes Charakteristikum, das<br />

ziemlich einmalig ist. Sonst werden in Adaptionen<br />

die Figuren der Vorlage übernommen und<br />

vielleicht etwas adaptiert. In Disney-Adaptionen<br />

schlüpfen Disney-Figuren in diese Rollen.<br />

Das ist keine triviale Bemerkung. Denn Donald<br />

ist und bleibt (zumindest zu einem gewissen<br />

Grade) Donald, auch wenn er in die Haut literarischer<br />

Figuren schlüpft und plötzlich als<br />

Romeo, als Odysseus, als Faust oder als Don<br />

Quichotte über die Comicseiten spaziert. Donald<br />

verhält sich auch in diesen Rollen wie Donald.<br />

Donald Quichotte etwa hat Donalds unverwechselbares<br />

Temperament. Und natürlich<br />

schlüpft nicht nur Donald in diesen Geschichten<br />

in eine andere Rolle, die dennoch unverwechselbar<br />

Donald ist, sondern auch die anderen<br />

Entenhausener. Donald Romeo interagiert<br />

mit Daisy Julia und Gustav Paris genauso, wie<br />

7


ARTIKEL<br />

Die herrliche Entenkomödie<br />

Donald eben mit Daisy und Gustav interagieren<br />

würde. Die Figuren des Originals werden da<br />

auch schon mal soweit zurechtgebogen, dass<br />

sie gut zu den Entenhausenern passen, die sie<br />

verkörpern sollen. Donald-Siegfried ist weniger<br />

heldenhaft, sondern eher aufschneiderisch<br />

und ergreift, als er des Drachen gewahr wird,<br />

lieber das Hasenpanier. Dagobert alias Wotan<br />

wiederum sorgt sich vor allem um sein Gold,<br />

während Kriemhild glatt zu Gundel Gaukeley<br />

wird, hinter Wotans Gold herhext und damit mit<br />

der Figur des originalen Nibelungenlieds nicht<br />

mehr viel zu tun hat.<br />

Aber kehren wir zum Ausgangspunkt und damit<br />

zur ersten Adaption in Disney-Comics zurück.<br />

„Mickys Inferno”, die Umsetzung des ersten<br />

Teils von Dantes Göttlicher Komödie, war<br />

für den italienischen Disney-Comic ein großer<br />

Durchbruch und avancierte schnell zum Klassiker,<br />

der zahlreiche Nachdrucke erhielt. Doch<br />

zunächst stand dieser Klassiker im luftleeren<br />

8


ARTIKEL<br />

Die herrliche Entenkomödie<br />

Adaptionenraum und war ein Unikum im Disney-Comic-Universum,<br />

in dem ansonsten Micky<br />

immer nur Micky und Donald immer nur<br />

Donald war. Es dauerte sieben Jahre, bis die<br />

Leser und Leserinnen des Topolino ihr Lieblingsheft<br />

aufschlagen und auf dessen Seiten<br />

eine weitere Adaption eines literarischen Klassikers<br />

lesen durften: „Don Quichotte”. Es war<br />

erst diese Geschichte, die die Redakteure des<br />

Topolino davon überzeugte, dass das neue<br />

Konzept der Literaturadaptionen zukunftsträchtig<br />

war. Seitdem ist kaum ein Jahr ohne<br />

neue Adaption respektive Parodie vergangen.<br />

Aber ich greife schon wieder vor. Zwar war der<br />

Autor der zweiten Disney-Adaption, ebenjener<br />

Geschichte „Don Quichotte”, derselbe wie der<br />

von „Mickys Inferno”. Aber der Disney-Comic<br />

an sich hatte sich in den sieben Jahren, in denen<br />

Guido Martina keine Adaption mehr verfasst<br />

hatte, gewandelt. Zuvor war noch Micky<br />

Maus das Aushängeschild der Disney-Comics<br />

gewesen und die ersten italienischen Comics<br />

hatten stets Micky als Titelhelden gehabt, der<br />

in seinen Abenteuern auf eine Vielzahl an Disney-Figuren<br />

traf. Ab den 19<strong>50</strong>ern rückte nun<br />

Donald immer stärker in den Fokus und Guido<br />

Martina entdeckte den watschelnden, aber<br />

höchst sympathischen Wüterich für sich, der<br />

ihm nach eigenem Bekunden deutlich lieber<br />

war als der Mäuserich. Was Wunder, dass Martina<br />

nun Donald als Helden seiner zweiten Parodie<br />

wählte und ihn die Rolle des Don Quichotte<br />

verkörpern ließ, für die Donald wie geschaffen<br />

schien. Und Donald dann auch noch in<br />

der nächsten Parodie zum Helden der Handlung<br />

emporhob. Und in der übernächsten. Und<br />

in der darauffolgenden. Und, welch große<br />

Überraschung, auch in unzähligen weiteren<br />

Geschichten. Dank Martina wurde die Parodie<br />

zum Aushängeschild der italienischen Disney-<br />

Comics und Donald zum literarischen Laiendarsteller<br />

par excellance.<br />

Es gibt aber noch einen weiteren wesentlichen<br />

Unterschied zwischen „Mickys Inferno” und<br />

„Don Quichotte”. Als sich der studierte Literaturexperte<br />

Guido Martina Dantes berühmte<br />

Höllenfahrt zu Herzen nahm und diese in eine<br />

Disney-Geschichte umarbeitete, bemühte er<br />

sich, nahe an der Vorlage zu bleiben und sogar<br />

die dichterische Sprache und das Versmaß des<br />

Originals einzufangen. Und ganz wie die mittelalterlichen<br />

Misshandlungen in der Vorlage<br />

werden auch in der Adaption im Inferno die<br />

Sündigen gequält und malträtiert. „Don Quichotte”<br />

ist da ganz anders. Martina läutete 1956<br />

eine ganz andere Art von Parodie ein, die sich<br />

weit weniger stark an der Vorlage orientiert und<br />

diese zudem ins heutige Entenhausen transportiert.<br />

Don Quichotte seufzt im Himmel der<br />

Helden, weil die Nachwelt ihn vergessen habe<br />

und wirft deshalb seinen Schild hinunter auf die<br />

Erde, der einen zweiten Don Quichotte finden<br />

soll. Dieser trifft wenig überraschend Donald<br />

auf den Kopf, der fortan sich für den Ritter von<br />

der traurigen Entengestalt hält und gemeinsam<br />

mit seinem treuen Knappen Sancho Goofy<br />

Pansa in der heutigen Zeit dieselben Eskapaden<br />

nacherlebt, die Quichotte einst anrichtete.<br />

Da werden schon mal friedliche Fischer für säbelschwingende<br />

Sarazenen und Reklametafeln<br />

haltende Männer auf Stelzen für richtige<br />

Riesen gehalten und entsprechend bekämpft.<br />

Die Kombination<br />

aus Donald und<br />

Goofy erweist sich<br />

in dieser Geschichte<br />

als ideal<br />

für eine solche Parodie<br />

und dies<br />

könnte der Grund<br />

sein, dass Martina<br />

Goofy auch in einigen<br />

darauffolgenden<br />

Parodien gemeinsam<br />

mit den<br />

Ducks auftreten<br />

ließ, so etwa in der<br />

9


ARTIKEL<br />

Die herrliche Entenkomödie<br />

Ilias-Adaption „Kampf um die Reistafel”, die<br />

ebenfalls die Ereignisse im Kampf um Troja geschickt<br />

umdeutet, neuinterpretiert und in die<br />

Entenhausener Gegenwart transferiert, oder<br />

auch in der Geschichte „El Cid Pampeador”. Die<br />

letztere Geschichte verlagert das Geschehen<br />

des spanischen Nationalepos, das den Abwehrkampf<br />

des christlichen mittelalterlichen<br />

Spanien gegen die Mauren besingt, diesmal<br />

nicht in das Entenhausen der Gegenwart, sondern<br />

in die argentinischen Pampas. Also auch<br />

hier zeigt sich die Bereitschaft Guido Martinas,<br />

relativ frei mit dem literarischen Stoff umzugehen<br />

und diesen nach Gutdünken neu zu deuten.<br />

Weitere Geschichten von Martina aus dieser<br />

Phase und in dieser Art sind bspw. „Der Löwenbändiger”,<br />

„Im Kielwasser der schnen Leokadia”<br />

oder „Baron Donald von Münchhausen”.<br />

beruhen. In diesen Geschichten ist Donald ein<br />

kühner Ritter und Franz sein nicht ganz so kühner<br />

Knappe, während Daniel Düsentrieb als Alchemist<br />

und die Hexe Hicksi als, nun ja, Hexe,<br />

ein wenig Unordnung in das Geschehen bringen<br />

dürfen. Wie schon in „Doktor Duckenfaust”<br />

nimmt es Bottaro mit der Treue zur literarischen<br />

Vorlage in seinen Geschichten nicht sehr<br />

ernst. Da wird schon mal der Fauststoff komplett<br />

abgewandelt und ein Krieg zwischen<br />

Dagobert und den Knackern heraufbeschworen,<br />

gegen den der altersgreise Duckenfaust<br />

ein Friedensserum zu suchen gedenkt. Und<br />

statt dass Isolde ein Liebestrank verabreicht<br />

wird, verwandelt Hicksi die tatkräftige Daisolde<br />

glatt in einen Frosch. Und natürlich wimmelt es<br />

in Bottaros Parodienkosmos von wilden Wesen<br />

Als Zeichner dieser Parodien waren anfangs<br />

vor allem Pier Lorenzo De Vita und<br />

Luciano Bottaro im Einsatz, die sämtlichen<br />

13 in den 19<strong>50</strong>ern erschienenen<br />

Parodien mit kundiger Hand eine grafische<br />

Umsetzung angedeihen ließen.<br />

Vor allem De Vita seniors etwas nervöser,<br />

aber oft hohe Aktivität bergender<br />

Strich ist typisch für diese Phase, da De<br />

Vita ab den beginnenden 1960ern die<br />

Parodien immer stärker abgab und sich<br />

auf andere Geschichten konzentrierte.<br />

Luciano Bottaro aber blieb dem Genre<br />

deutlich länger treu. Er fand sogar außergewöhnlich<br />

viel Gefallen daran, denn<br />

bereits 1958 emanzipierte er sich von<br />

Guido Martina und schreib gemeinsam<br />

mit seinem kongenialen Partner Carlo<br />

Chendi die erste eigene Adaption, „Doktor<br />

Duckenfaust I”. Dieser ersten Adaption<br />

folgten eine ganze Reihe weiterer,<br />

die Bottaro selber oder mit Hilfe von<br />

Chendi schrieb. Hierbei folgte Bottaro<br />

zwei Linien: Entweder arbeitete er Geschichten<br />

um Piraten aus, beginnend<br />

mit seiner Adaption von Stevensons<br />

Klassiker „Die Schatzinsel”. Oder er<br />

schrieb Mittelalter-Storys, die auf Erzählungen<br />

des karolingischen Sagenkreises<br />

(etwa das Rolandslied), auf „Orlando furioso”<br />

oder auf „Tristan und Isolde”<br />

10


ARTIKEL<br />

Die herrliche Entenkomödie<br />

und dräuenden Dämonen, die auf der Welt<br />

nach Herzenslust Schabernack treiben wollen.<br />

Ab 1960 nahmen sich nebst Martina und<br />

Bottaro/Chendi auch andere Autoren dem<br />

Genre der Adaptionen und Parodien an und<br />

auch eine Menge weiterer Zeichner versuchten<br />

sich darin, Adaptionen grafisch in Szene zu setzen.<br />

Zu erwähnen als Autor ist zunächst mal<br />

Gian Giacomo Dalmasso, der in den 1960ern<br />

fünf Parodien schuf. Seine erste war die bereits<br />

erwähnte Hamlet-Umsetzung „Donald, Prinz<br />

von Duckenmark” mit Zeichnungen von Giovan<br />

Battista Carpi. Apropos Carpi. Der Genuese<br />

sollte zum Großmeister der Adaption werden,<br />

an dem man heute kaum mehr vorbeikommt.<br />

Beginnend mit der Hamlet-Umsetzung wurde<br />

Carpi zu einem wahren Standardzeichner des<br />

Parodiegenres, der die größten Blüten der Gattung<br />

zu unverwechselbaren Comicperlen<br />

machte. In den 1980ern entstanden die gewaltigen<br />

Werke „Die Ducks … vom Winde verweht”,<br />

„Aus dem Leben des bedeutenden Seefahrers<br />

Christoph Kolumbus alias Micky Maus”, „Krieg<br />

und Frieden”, „Der Tiger von Masalia” und, als<br />

absolute Krönung einer Reihe von Edelsteinen,<br />

„Das Geheimnis der Silberleuchter”. Die ersten<br />

beiden durften sich noch über Szenarien von<br />

Guido Martina freuen, die letzten drei veredelte<br />

Carpi mit seinen eigenen, denen Martinas keineswegs<br />

nachstehenden Skripts. Die Adaptionen<br />

profitierten von Carpi und Carpi profitierte<br />

von den Adaptionen, in denen er sein ganzes<br />

Talent in die Waagschale werfen und historische<br />

Ambientes, Kostüme und stimmungsvolle<br />

Panels en masse zeichnen<br />

konnte.<br />

Die 1980er waren ohnedies ein goldenes<br />

Zeitalter der Adaptionen. Während in<br />

den 1970ern deutlich weniger entstanden<br />

als in der Dekade zuvor, trumpften in<br />

den 80ern Guido Martina, Giovan Battista<br />

Carpi, Romano Scarpa und Guido Scala<br />

auf. Scarpa sind nur sehr wenige Parodien<br />

zu verdanken, aber in den 80ern<br />

setzte er ein weiteres gewaltiges Martina-Skript<br />

um, „Die Abenteuer von<br />

Marco Polo”, das ebenfalls zu den Sternstunden<br />

der Adaptionsgeschichte zählt.<br />

Guido Scala wiederum begann überhaupt<br />

erst in den 80ern mit dem Zeichnen,<br />

später auch Schreiben, von Parodien.<br />

Scala hat genau wie Carpi eindrückliche<br />

Spuren hinterlassen und weithin<br />

geschätzte Adaptionen verfasst, darunter<br />

„Die Reise zum Mittelpunkt der Erde”,<br />

„Dollivers Reisen”, „Die Legende von Donald<br />

Tell”, „Donald und die Räuber”, „Der<br />

magische Ring” oder „Schuld und Sühne”.<br />

Selbstverständlich gab es auch nachdem<br />

Carpi, Scala und Martina keine Parodien<br />

mehr schrieben noch eine große<br />

Fülle an Geschichten in dem Genre, das<br />

bis heute gedeiht. Lange sind allerdings<br />

Autor:innen oder Zeichner:innen nicht<br />

mehr so hervorgetreten wie die drei<br />

11


ARTIKEL<br />

Die herrliche Entenkomödie<br />

eben genannten. Silvia Ziche ist es gewiss noch<br />

gelungen, den Parodien mit ihrem schräghumorigen,<br />

von vielen (inklusive mir) geschätzten<br />

Stil einen Stempel aufzudrücken, schon allein<br />

deswegen, weil sie die Parodien generell parodienhafter<br />

angegangen ist als das zuvor erwähnte<br />

Dreiergestirn. Ziche hat die kurzzeitige<br />

Serie „Die städtischen Bühnen Entenhausens<br />

präsentieren...” aus den 1990ern entscheidend<br />

mitgeprägt und zwei der nur drei Geschichten<br />

gezeichnet. In dieser Serie werden die Adaptionen<br />

so eingeleitet, als ob sie von Maus und<br />

Konsorten als Theaterstücke aufgeführt würden.<br />

Und Ziche ist in Zusammenarbeit mit dem<br />

Autoren und Comedian Sio die einzige Disney-<br />

Parodie eines Disney-Comics zu verdanken, ein<br />

aberwitziges Kuriosum. In „Das cremige<br />

Schwert” wird Massimo De Vitas triumphale Asgardlandsaga<br />

grandios persifliert und mit irrem<br />

Humor umgedeutet.<br />

Nebst Ziche sind wohl in jüngerer Zeit Fabio<br />

Celoni und Paolo Mottura zu nennen, die es<br />

erst in den letzten Jahren geschafft haben, eigene<br />

Pflöcke im Genre einzuschlagen, an denen<br />

nicht mehr gerüttelt werden kann. Celoni<br />

hat in Zusammenarbeit mit Bruno Enna drei<br />

Horrorgeschichten zum Leben erweckt und<br />

dabei so sehr an der Disney-Tauglichkeit herumgeschrammt,<br />

dass das dritte davon, eine<br />

Adaption von „Dr. Jekyll und Mister Hyde”, gar<br />

nicht mehr abgedruckt werden darf. Die anderen<br />

beiden Geschichten, „Graf Phantula” und<br />

„Doktor Duckenstein”, legen jedenfalls ein<br />

eindrucksvolles und beredtes Zeugnis davon<br />

ab, wie düster Disney-Comics sein können und<br />

können auch von deutschsprachigen Leser:innen<br />

genossen werden. Paolo Mottura wiederum<br />

hat es mit sicherlich vielen im Gedächtnis<br />

gebliebenen Werken geschafft, den Adaptionen<br />

neues Leben einzuhauchen. Darunter wären<br />

etwa „Die Abenteuer des Sir Mausleton”,<br />

„Mausopolis” oder „Moby Duck”, die alle von<br />

Motturas stimmungsvollen, ergreifend kolorierten<br />

Bildern profitieren.<br />

Bei allen Auf und Abs und verschiedenen<br />

Trends kann man doch auch heute noch mit<br />

großer Freude beobachten, wie sehr das Genre<br />

der Adaptionen in Italien wächst und gedeiht<br />

und die Herzen der Leserinnen und Leser erfreut.<br />

Und sie vor allem, das ist das größte<br />

Atout, in unvergleichlicher Art an literarische<br />

und filmische Klassiker heranführt. Ich dürfte<br />

nicht der einzige Disney-Comic-Fan sein, der<br />

beim Lesen der Originale eines Goethe, Schiller<br />

oder Shakespeare oft von der fabulösen Adaption<br />

profitiert hat. Aber wie sieht es mit Adaptionen<br />

in anderen Ländern aus?<br />

Abgesehen von Italien hat sich eine gewisse<br />

Tradition der Parodien auch in den USA und in<br />

Brasilien herausgebildet, während Egmont-<br />

Künstler:innen nur vereinzelt zur Möglichkeit<br />

gegriffen haben, Werke der Weltliteratur in Comicform<br />

zu gießen. In den USA aber gab es bereits<br />

in den 1960ern eine kurzzeitige Serie von<br />

Adaptionen namens „The Walt Disney<br />

12


ARTIKEL<br />

Die herrliche Entenkomödie<br />

Theater”, die wohl unbeeinflusst vom italienischen<br />

Modell entstanden. Die jeweils zehnseitigen,<br />

witzigen Adaptionen, die auf Werktreue<br />

wiederum nicht allzu viel Wert legen, wurden<br />

allesamt von Vic Lockman geschrieben und<br />

entweder von Tony Strobl oder Paul Murry gezeichnet.<br />

Die Geschichten sind übrigens ähnlich<br />

wie die frühen Adaptionen von Guido Martina<br />

sehr Crossover-affin. Da treten schon mal<br />

Gustav Gans und Micky oder Madam Mim und<br />

die sieben Zwerge gemeinsam auf.<br />

Doch etwas langfristiger als das nur zwei Jahre<br />

währende „Walt Disney Theater” war die weitaus<br />

besser bekannte Serie „Goofy – eine komische<br />

Historie”, die von den Disney Studios lanciert<br />

wurde. Nachdem zunächst Cal Howard<br />

die Wassertemperatur mit kürzeren, zwölf- bis<br />

fünfzehnseitigen Geschichten ausgetestet<br />

hatte, warf er sich ab 1976 und in Folge auch<br />

Tom Yakutis und Carl Fallberg für etwa zehn<br />

Jahre mitten hinein in den Ozean der goofyesken<br />

Parodien, die alle in Albenform mit 44 Seiten<br />

produziert wurden. Die Zeichnungen der<br />

komischen Historie übernahmen meist die beiden<br />

Argentinier Anibal Uzál und Hector Adolfo<br />

de Urtiága. Gemeinsam knöpften sich die<br />

Künstler so manches literarisches Werk, vor allem<br />

aber das Leben vieler berühmter Persönlichkeiten<br />

der Weltgeschichte vor, die absurd<br />

ausgedeutet werden. Absurd ist ohnehin das<br />

Wort, das die „komische Historie” am besten<br />

trifft: absurd in der Ausgestaltung des Skripts,<br />

absurd in der grafischen Umsetzung, die für<br />

Disney-Vergleiche fast Einzigartiges erreicht<br />

und wo schon mal ein Segel gleichzeitig Segel<br />

und Wasser im Ozean sein kann und die Panelgrenzen<br />

aufhören, überhaupt Grenzen zu sein.<br />

Die ganzen „komischen Historien” wurden mit<br />

dem gleichen, aber stets in bunten Farben brillierenden<br />

Figurenmuster geschaffen: Goofy<br />

übernimmt – gerne auch mal zu mehrt – die<br />

wichtigste(n) Rolle(n), die er in gewohnter<br />

Weise unnachahmlich ausfüllt. Micky ist als rationaler<br />

Kumpan zu sehen, der hier aber nur die<br />

zweite Geige spielt. In weiteren Rollen: Klarabella<br />

als mal liebevolle Mutter des verkannten<br />

goofyschen Genies, mal als Furie, die zu Hause<br />

die Hosen anhat und ihren Goofy mit Anlauf zur<br />

klitzekleinen Schnecke macht. Und Kater Karlo<br />

als Prototyp des Kontrahenten, aber auch bisweilen<br />

als Autoritätsperson, die es auch mal<br />

wohl meinen kann. Mehr wiederkehrende Figuren<br />

gibt es nicht und mitunter übernimmt<br />

Goofy sogar (fast) jede einzelne Rolle, wie in<br />

„Aufstieg und Fall des römischen Reiches”.<br />

Die brasilianischen Parodien sind oft genauso<br />

absurd wie die eben angesprochenen amerikanischen<br />

mit Goofy, allerdings ist es hier oft Dussel,<br />

der in verschiedenen Rollen zu sehen ist.<br />

Leider wurden von diesen Geschichten bislang<br />

nur ganz wenige auf Deutsch veröffentlicht, sodass<br />

ich nicht mehr dazu sagen kann.<br />

Parodien und Adaptionen erweisen sich jedenfalls,<br />

egal in welchem Produktionskontext, als<br />

gelungene Bereicherungen des Disney-Comics.<br />

Um ihre Beliebtheit sowohl bei Künstler:innen<br />

als auch Leser:innen zu erfassen, genügt<br />

ein kurzer abschließender Blick in die Statistiken:<br />

Ich zähle (gewiss nicht vollständig)<br />

über 360 Adaptionen und Parodien. Am häufigsten,<br />

nämlich sogar fünfmal, wurden „Die<br />

Odyssee” von Homer und „Reise um die Erde in<br />

80 Tagen” von Jules Verne umgesetzt.<br />

13


COMIC<br />

Schie wie nie<br />

Story & Zeichnungen: Carl Barks, Übersetzung: Glückstaler (Entstehung: 1946)<br />

14


COMIC<br />

Schie wie nie<br />

15


COMIC<br />

Schie wie nie<br />

16


COMIC<br />

Schie wie nie<br />

17


COMIC<br />

Schie wie nie<br />

18


COMIC<br />

Schie wie nie<br />

19


COMIC<br />

Schie wie nie<br />

20


COMIC<br />

Schie wie nie<br />

21


ARTIKEL<br />

Disney in Arabien<br />

Disney in Arabien<br />

Eine Reise durch die Länder der arabischen<br />

Halbinsel sowie den Norden Afrikas<br />

von Karsten Bracker<br />

Als ich vor inzwischen über 15 Jahren mit dem<br />

<strong>Bertel</strong>-<strong>Express</strong> anfing, war für mich der Blick<br />

über den Tellerrand in andere Länder, in denen<br />

Disney-Comics veröffentlicht werden und<br />

Disney im Alltag irgendwie ein Thema spielt,<br />

fester Bestandteil der Hefte. Anfangs gab es<br />

auf ein bis zwei Seiten Einblicke in die Micky<br />

Maus-Pendants der jeweils betrachteten<br />

Länder, später wurden daraus dann teils<br />

längere Reiseberichte, beispielsweise über<br />

Südasien oder Südosteuropa und den<br />

Kaukasus. Ende 2013 war dann für mich und<br />

den BE erst einmal Schluss, aber ich freue mich<br />

sehr, dass er inzwischen ansprechend<br />

weitergeführt wird. So möchte ich zum<br />

Jubiläum der <strong>50</strong>. Ausgabe auch mal wieder<br />

etwas beitragen und vielleicht wird dann auch<br />

wieder in den nächsten BEs wieder der ein oder<br />

andere Bericht von mir dabei sein, sofern ich<br />

denn die Zeit finde, genug Material gibt es<br />

dank des Besuchs von inzwischen über 80<br />

Ländern von meiner Seite aus allemal.<br />

Vom Anfang des 20. Jhd. bis in die 19<strong>50</strong>er-Jahre<br />

gehörten die größten Gebiete der heutigen<br />

„Arabischen Welt” von Marokko bis in den Irak<br />

unterschiedlichen<br />

europäischen<br />

Kolonialmächten, einzig die heutigen Staaten<br />

Saudi-Arabien und Ägypten waren früher<br />

unabhängig. Algerien und Teile Marokkos<br />

wurden von Frankreich und Spanien gar als<br />

integrale Bestandteile des jeweiligen<br />

Staatsgebiets betrachtet. Kein Wunder also,<br />

dass im Zuge dessen auch so einige Disney-<br />

Comics in dieser Zeit in Arabien in<br />

europäischsprachigen Zeitungen veröffentlicht<br />

wurden. Bereits für 1934 sind Micky Maus-<br />

Strips von Taliafero und Gottfredson auf<br />

Französisch in Französisch-Marokko sowie ab<br />

19<strong>50</strong> auch kurzzeitig in Franz.-Tunesien im<br />

Inducks dokumentiert.<br />

Ebenso wurden Disney-Filme in vielen Länder<br />

der Region in Kinos aufgeführt. So gab es<br />

Schneewittchen und die Sieben Zwerge bereits<br />

Ende 1938 in Algerien und dem Irak sowie 1939<br />

in Ägypten zu sehen, allerdings nur in wenigen<br />

ausgewählten Kinos, aber immerhin. Von<br />

einem recht neuen Phänomen kann man<br />

bezüglich des Themas „Disney” also auch hier<br />

nicht reden.<br />

Mit ersten klassischen Disney-Comichefte auf<br />

Arabisch wurden Ende der 19<strong>50</strong>er-Jahre dann<br />

in Ägypten vom 1892 in Kairo gegründeten Dar<br />

Al-hilal-Verlag herausgegeben. Das Heft mit<br />

Comicstrip in „Le Petit Marocain” vom 02.01.1934<br />

22


ARTIKEL<br />

Disney in Arabien<br />

dem Namen „Samir präsentiert Micky” (<br />

) entstand vermutlich in Kooperation mit<br />

einem französischen Verlag, da für das erste<br />

Titelbild eine Abbildung aus dem Journal de<br />

Mickey genutzt wurde. Abgedruckt wurden hier<br />

vor allem amerikanische Sonntagsseiten, aber<br />

auch einige kürzere Geschichten aus den<br />

Comics & Stories-Heften.<br />

مدقی ریمس<br />

ىكیم<br />

Die erste Ausgabe des „Samir präsentiert<br />

Micky”, 17. April 1958<br />

Nach 24 Heften wurde die Serie dann Mitte<br />

1959 wieder eingestellt und anschließend<br />

durch eine Serie ‏(‏Micky‏)يكیم ersetzt, die bis<br />

2003 in über 2000 Ausgaben erschien und kurz<br />

darauf dann von einer gleichnamigen Reihe im<br />

Verlag Nahdet Misr ersetzt, die bis heute<br />

durchgängig wöchentlich erscheint. Mitte des<br />

Jahres wird hier das 1000. Heft gedruckt<br />

werden. Aber zu dieser Serie später. Mit<br />

Ausnahme Ägyptens gab es außerdem in den<br />

1980er-Jahren im Libanon eine unregelmäßig<br />

herausgegebene Taschenbuchserie namens<br />

Die erste Ausgabe der „Abenteuer mit Micky<br />

und Donald”, zwischen 1981 und 1989<br />

طوطبوىكیمتارماغم<br />

(Abenteuer mit Micky und<br />

Donald), die einem dünnen Lustigen<br />

Taschenbuch sehr ähnlich war. Veröffentlicht<br />

wurden anfangs italienische Comics der 19<strong>50</strong>er<br />

und 1960er und später auch viele Geschichten<br />

aus Frankreich.<br />

Neben dem Libanon hatte auch das Emirat<br />

Kuwait eine gar nicht mal so kurze durch<br />

Disney-Comics begleitete Geschichte. Ein<br />

Boom setzte nach Ende des ersten Golfkrieges<br />

1991 ein, besonders populär war Mitte der<br />

1990er-Jahre eine Aladdin-Comic-Serie (<br />

Ab 2004 wurden hier dann die Serien ‏.(یندلا<br />

Schritt für Schritt wieder eingestellt.<br />

Im Oktober 2022 reiste ich von Ägypten über<br />

Jordanien, Saudi-Arabien und Oman nach Abu<br />

Dhabi und kann nun auch von dort etwas<br />

berichten.<br />

ءلاع<br />

23


ARTIKEL<br />

Disney in Arabien<br />

Eines der letzten<br />

kuwaitischen Hefte der<br />

Micky-Reihe ( ) sowie<br />

ein Titelbild der<br />

Aladdin-Reihe.<br />

يكیم<br />

Aladdin-Restaurant an der Promenade des<br />

Seebades Dahab auf der Sinaihalbinsel<br />

Wie bereits erwähnt, ist Aladdin –<br />

nachvollziehbar – ziemlich populär, was<br />

natürlich auch von der lokalen<br />

Tourismusbranche gerne genutzt wird, um<br />

beispielsweise das eigene Restaurant<br />

namenstechnisch angemessen zu schmücken.<br />

Was es in Dahab leider nicht gab, war,<br />

außerhalb von Postkarten, was gedrucktes:<br />

keine Zeitungen, nicht mal gratis angebotene<br />

Koranausgaben und erst recht keine<br />

Comichefte.<br />

Allgemein ist es so, dass auf dem Sinai der<br />

Fokus auf Militäroperationen im Norden und<br />

Küstentourismus im Süden liegt, daher macht<br />

man sich wohl nicht die Mühe, die Micky Maus-<br />

Heftchen in die Gegend zu verschiffen.<br />

Apropos verschiffen. Mit der Fähre ging es<br />

nach einigen Tagen von Nuweiba weiter ins<br />

jordanische Aqaba. Eine Überlandverbindung<br />

durch das israelische Eilat wäre hier auch<br />

möglich gewesen, hätte allerdings durch<br />

verschiedene Grenzübergangssteuern ähnlich<br />

viel gekostet, und bei Sturm und Gewitter mit<br />

einem vor 40 Jahren gebauten Dampfer übers<br />

Rote Meer zu schippern, hat auch was.<br />

Mein Kurzaufenthalt in Jordanien gestaltete<br />

sich fast durchweg regnerisch, sowohl in der<br />

Wüste als auch in der Oasenstadt Petra.<br />

Jedem, der eines der größten Freilichtmuseen<br />

der Welt besuchen möchte, sei allerdings<br />

geraten, sich auf den Ausländerpreis von <strong>50</strong><br />

Jordanischen Dinar (knapp 80 € –<br />

Einheimische liegen bei einem Fünfzigstel)<br />

vorzubereiten und sich flott in entlegene Teile<br />

24


ARTIKEL<br />

Disney in Arabien<br />

zu begeben. Besonders der Eingangsbereich<br />

und die Gegend vom „Schatzhaus” bis zum<br />

Amphitheater ist regelrecht von in der Oase<br />

lebenden und tolerierten Beduinen belagert,<br />

die einem mehr oder weniger authentisch mit<br />

Pferdekutschen und Kamelen transportieren<br />

oder die üblichen Souvenirs andrehen wollen.<br />

Das ist im Kontext der kriselnden Wirtschaft<br />

des Landes sicher nicht unverständlich, ist für<br />

die Erhaltung der in den Fels geschlagenen<br />

Nabatäerbauten und -gräber aber eher<br />

suboptimal. Mit der Schwesterstadt Hegra<br />

kann sich das Nachbarland eine andere<br />

Herangehensweise leisten, aber dazu später<br />

mehr.<br />

Am Roten Meer sind Ägypten, Israel, Jordanien<br />

und Saudi-Arabien nur wenige Kilometer<br />

voneinander entfernt und nach einer 15-<br />

minütigen Fahrt zur Grenze bei Durra begibt<br />

man sich in eine andere Zeitrechnung – und<br />

das meine ich wortwörtlich und nicht die<br />

bekannten politischen und religiösen<br />

Besonderheiten.<br />

Im Gegensatz zur Regierung des Iran gibt man<br />

sich in Saudi-Arabien inzwischen zumindest bei<br />

einigen Themen bzgl. der gesellschaftlichen<br />

Entwicklung deutlich pragmatischer: So gibt es<br />

nun keine Kopftuchpflicht mehr und die<br />

strikten Regelungen der<br />

Geschlechtertrennungen wurden aufgeweicht<br />

– daher war es auch kein Problem, dass ich an<br />

der jordanisch-saudisichen Grenze spontan<br />

von einem in dem Land lebenden USamerikanisch-philippinischen<br />

Paar in einem<br />

Schwesterschiff im Hafen von<br />

Aqaba bei für Jordanien nicht unbedingt<br />

üblichen Wetter<br />

Ein Glück, dass ich an die Regenjacke gedacht hatte -<br />

in Petra vor dem Khazne al-Firaun, dem international<br />

als „Schatzhaus” vermarkteten nabatäischen<br />

Königsgrab.<br />

25<br />

Saudi-Arabien ist nicht nur eine absolute Monarchie<br />

mit einigen für Europäer teils befremdlichen Rechtsverständnis,<br />

es nutzt auch die islamische Zeitrechnung,<br />

eingereist bin ich folgerichtig am 25. Rabi I des<br />

Jahres 1444.


ARTIKEL<br />

Disney in Arabien<br />

Auto mitgenommen wurde (ohne Fahrzeug<br />

kam man nämlich nicht durch) – vor einiger<br />

Zeit noch höchst problematisch.<br />

Meine Hoffnung, in der nächstgrößeren gut<br />

2<strong>50</strong> km von der Grenze entfernten Stadt<br />

Tabuk Disney-Comics oder irgendwas<br />

Ähnliches zu finden, ließ recht schnell nach,<br />

denn der einzige, wie ich aber auch erst<br />

später feststellte, passende „Buchladen”,<br />

war dann doch einige Kilometer zu weit<br />

außerhalb. Im Gegensatz zu Ostasien oder<br />

El-Riad, Medina oder Dschidda erinnerte<br />

Tabuk bei etwas über 6<strong>50</strong>.000 Einwohnern<br />

auch eher einer US-amerikanischen<br />

Planstadt mit vielen relativ niedrigen<br />

Gebäuden und riesigen Einkaufszentren in<br />

den Außenbezirken. In ähnlichen<br />

Größenverhältnissen zeigt man sich auch im<br />

Inneren dieser Shoppingtempel. Bis an die<br />

Decke wird hier auf einem Hektar dekoriert was<br />

das Zeug hält, und das meiste dann in riesigen<br />

Riesengrößen angeboten – von Zeitschriften,<br />

Zeitungen aber auch Kinderbüchern fehlte hier<br />

allerdings auch jede Spur.<br />

Wenn man als Ausländer zum ersten Mal nach<br />

Saudi-Arabien kommt, muss man, mit<br />

Ausnahme dieser Hypermärkte, zudem darauf<br />

achten, dass fünf Mal täglich zu den<br />

18 Uhr abends in Tabuk, zur eigentlich besten Einkaufszeit<br />

Gebetszeiten die meisten Geschäfte für je eine<br />

halbe Stunde dicht machen.<br />

Nach knapp zwei Tagen in Tabuk mietete ich<br />

mir mangels Alternativen ein Auto und fuhr die<br />

6<strong>50</strong> km lange Strecke über Al-Ula nach Medina<br />

selbst. Endlose Weiten in Stein- wie teils auch<br />

Ausläufern von Sandwüsten und eine äußerst<br />

geringe Anzahl anderer Verkehrsteilnehmer<br />

ließen mich mehrmals einhalten und die<br />

Umgebung bestaunen. Wichtig war mir auch<br />

das Lernen der arabischen Zahlen, denn auch<br />

im Nirgendwo gab es kleine Blitzgeräte und ich<br />

hatte wirklich eine große Unlust, bei Ausreise<br />

aus dem Land einen Extrabetrag zahlen zu<br />

Ein Hypermarkt der „World of Saving<br />

Company” mit meist US-amerikanischen<br />

Autos und eine Innenaufnahme<br />

26


ARTIKEL<br />

Disney in Arabien<br />

Straßenschild mit Warnung vor<br />

häufigen Sandstürmen<br />

Dromedarkreuzung bei Magattyah<br />

müssen, daher achtete ich recht penibel auf die<br />

jeweiligen Geschwindigkeitsangaben, auch<br />

wenn ich meist der einzige war und ich<br />

gelegentlich in dreifachem Tempo überholt<br />

wurde.<br />

Dem Klischee entsprechend kreuzten<br />

gelegentlich Arabische Kamele = Dromedare<br />

den Weg, die allerdings in ihrer Wildform im<br />

Gegensatz zu den weiter östlich<br />

vorkommenden zweihöckrigen Tampeltieren<br />

ausgestorben sind und stets irgendwem<br />

gehören. Ich hatte stets den Eindruck, dass sich<br />

bei den Kleingruppen das jeweils letzte Tier für<br />

das Geduldige Warten bedankte, aber<br />

vielleicht war das Kopfnicken anders zu<br />

interpretieren.<br />

Die Straßen in Saudi-Arabien sind zuallermeist<br />

in einem Top-Zustand, allerdings ist die<br />

Fahrweise in den Innenstädten eher mit Indien<br />

als mit Mitteleuropa zu vergleichen, dafür gibt<br />

es neben Kamelkreuzungsschildern auch<br />

besondere Warnung vor Sandstürmen, die es<br />

netterweise aber während meiner<br />

Überlandfahrt nicht gab.<br />

Die bereits angesprochene<br />

Schwesterstadt Petras in Jordanien, Hegra,<br />

liegt nahe der Siedlung Al-Ula, die man seit<br />

einigen Jahren zu einem Touristenmagnet<br />

ausbauen möchte, mit den Petrodollars<br />

werden wöchentlich westliche Stars<br />

eingeladen, welche die Gegend bekannter<br />

machen sollen – Mitte Januar gab es<br />

beispielsweise ein Konzert mit Andrea Bocelli<br />

und natürlich war auch ein gewisser Messi vor<br />

einigen Wochen da. Ansonsten befindet man<br />

sich bei Vermarktung und Infrastruktur noch<br />

etwas im Aufbau, hat aber beispielsweise<br />

Hegra eingezäunt und schon in den 1970er–<br />

Jahren die teils ansässigen Beduinen<br />

flächendeckend umgesiedelt, sodass das<br />

recht weitläufige Freilichtmuseum einem leer<br />

und ursprünglich vorkommt.<br />

In der für Muslime zweitheiligsten Stadt Medina<br />

angekommen, machte ich mich weiter auf die<br />

Suche nach einem passenden Buchladen, den<br />

ich immer noch in größeren Einkaufszentren<br />

erwartete. Zur Mittagszeit beeindruckten mich<br />

dort aber eher die teils gespenstische Leere<br />

sowie stets beeindruckende<br />

Wasserinstallationen. Leider ist Medina selber<br />

was ältere Sehenswürdigkeiten betrifft, nicht<br />

wirklich interessant, da seit den 1970er-Jahren<br />

27


ARTIKEL<br />

Disney in Arabien<br />

Recht pompöse<br />

Außenansicht<br />

des<br />

Jarir Book<br />

Stores in<br />

Dschidda<br />

Eines der größten Felsgräber<br />

im nabatäischen<br />

Hegra/Mada’in Salih<br />

, seit 2008 UNE-<br />

SCO-Weltkulturerbe<br />

حلاصنئادم<br />

Zentrum eines<br />

Einkaufszentrum im<br />

Norden Medinas<br />

die meisten frühislamischen Bauten dort<br />

zugunsten der Unterstützung der offiziellen<br />

Geschichtsschreibung der wahhabitischen<br />

Staatsreligion eingeebnet worden waren.<br />

Abends nahm ich dann einen<br />

Hochgeschwindigkeitszug ins am Roten Meer<br />

liegende Dschidda.<br />

Dschidda hat sich im Mittelalter zum Tor der<br />

Region entwickelt, da von hier aus ein Großteil<br />

der Pilgerfahrten in Richtung Mekka<br />

abgewickelt wird und ist daher auch in vielerlei<br />

Hinsicht des Landes modernste Stadt. Und<br />

endlich gab es einen „Buchladen” in der Nähe<br />

meines Hotels, den ich nach einer halben<br />

Stunde Spaziergangs bei etwas über 40 Grad<br />

Außentemperatur erreichte. Gab es hier im<br />

ersten Stock vor allem Elektronik und<br />

Kochbücher, wurde meine schüchterne<br />

Nachfrage nach Comics mit einem Fingerzeig<br />

in Richtung zweitem Stock beantwortet.<br />

Zu einem großen Teil waren das auch hier<br />

Malbücher und Vorschulmaterial besonders<br />

beliebt waren Frozen, W.i.t.ch. und Toy Story.<br />

Von den Disney-Comics selber gab es<br />

durchaus einige und zwar die von mir auf dem<br />

Sinai noch gesuchten ägyptischen<br />

Publikationen. Die Hefte gab es dort in<br />

gebundenen Sammelausgaben und die<br />

aktuelle Taschenbuchreihe ebenso –<br />

allerdings mit mindestens einem Jahr Abstand<br />

zu den aktuell in Ägypten erscheinenden<br />

Ausgaben. So kaufte ich mir für zwei Sammler<br />

je eine Taschenbuch- und Hardcoverausgabe<br />

sowie für mich ein Weihnachtstaschenbuch<br />

sowie Nummer 116 der Sammelreihe.<br />

28


ARTIKEL<br />

Disney in Arabien<br />

Disney-Hefte und -Bücher im Jarir Book Store.<br />

Ausgabe 116 der Sammelreihe Mickey Volumes<br />

- Nahdet Misr<br />

ىكیم دلجم . ضةمصرھنر-دا<br />

29


ARTIKEL<br />

Disney in Arabien<br />

Wie man sich vielleicht denken kann, müsste<br />

man, wenn man Arabisch könnte, von rechts<br />

nach links Blättern und lesen, daher habe ich<br />

jetzt der Einfachheit halber mal einen Einseiter<br />

beigefügt, bei dem Donald wieder einmal an<br />

den alltäglichen Dingen scheitert – auch ohne<br />

Sprachkenntnisse gut zu verstehen. Die Hefte<br />

haben 52 Seiten und kosten zwischen Abu<br />

Simbel und Alexandria etwas über einen Euro,<br />

während ich in Saudi-Arabien natürlich etwas<br />

mehr bezahlen durfte. Die regulären<br />

Taschenbücher haben ähnlich den deutschen<br />

LTB 244 Seiten und zwischen den Comics noch<br />

einige ursprünglich als Cover vorgesehene<br />

Abbildungen zur Auflockerung. Zudem gibt es<br />

auch hier einige Nebenreihen, u.a. Kampf der<br />

Zauberer sowie Der neue Phantomias.<br />

Ausgabe 26 der ägyptischen Taschenbuchreihe<br />

Comics) (Disney سكیموكينزید<br />

D 2015-290 „Moving”<br />

und Michela Frare im<br />

ةدیدج ةفیظو<br />

يكیم<br />

von Jaakko Seppälä<br />

(Mickey) Nr. 762<br />

30<br />

Ausgabe 1 einer Phantomias-Sonderreihe


ARTIKEL<br />

Disney in Arabien<br />

Taschenbuch-Sonderausgaben<br />

Mit ordentlich Gepäck im Rucksack und ohne<br />

große Motivation wieder direkt zum Hotel<br />

zurückzulaufen, begab ich mich in die Altstadt<br />

Dschiddas, die nicht nur aufgrund der<br />

jahrhundertealten Altstadtbauten sich zu<br />

besuchen lohnt, sondern auch wegen der<br />

leichten Brise, die durch die Gassen weht. Auch<br />

hier beginnt man mit der touristischen<br />

Erschließung, umliegende Stadtteile werden<br />

teils großräumig abgerissen. Auch in so<br />

einem ansonsten traditionellen Umfeld gab<br />

es allerdings weder Zeitungen noch<br />

Magazine jeglicher Art zu kaufen.<br />

2011 herausgegebenes Ratatouille-Comicheft<br />

Mit einer Einwohnerzahl von knapp 36<br />

Millionen Menschen kann man sich natürlich<br />

auch fragen, ob es saudische Disney-Comics<br />

gab und gibt? Mit Ausnahme einer älteren<br />

W.i.t.c.h.-Reihe, von der mir allerdings keine<br />

Scans vorliegen, wurde 2011 ein 52-seitiges<br />

Ratatouille-Heft von der<br />

(Saudi Specialized Publishing صملا تخ ص<br />

Company) herausgegeben – sicher gab es<br />

hier in den letzten Jahren noch die ein oder<br />

andere Ausgabe, wenn ein geneigter Leser<br />

also noch in Zukunft etwas derartiges<br />

entdecken sollte, freue ich mich über eine<br />

Nachricht im Inducks.<br />

Die folgenden Tage besuchte ich noch die<br />

Gegend um die omanische Hauptstadt<br />

Maskat, die ich nach einem Nachtflug<br />

erreichte. Der Oman gilt, neben Bahrain und<br />

ش ر كةالس ع ودیةللنش رلا<br />

Die Altstadt Dschiddas - im Zentrum...<br />

31


ARTIKEL<br />

Disney in Arabien<br />

dem Emirat Dubai, als das liberalste Land der<br />

Region und man achtet in dieser ebenso recht<br />

absoluten Monarchie im Sultanat recht penibel<br />

darauf, dass, deutschen Kleinstädten ähnlich,<br />

hier nichts höher als Moscheen gebaut wird,<br />

sodass man sich im Gegensatz zu Abu Dhabi,<br />

El-Riad, Medina oder Dubai nie in Schneisen<br />

zwischen Wolkenkratzern befindet, sondern<br />

die vielen kleinen Burgen auf den Hügeln um<br />

die heutigen modernen Städte herum noch<br />

besonders gut zur Geltung kommen.<br />

Wie in allen Golfstaaten leben und arbeiten<br />

viele Gastarbeiter aus Südasien dort, im Oman<br />

ist der Anteil besonders hoch und liegt in der<br />

Hauptstadt Maskat bei inzwischen über <strong>50</strong> %.<br />

Zu den Arbeitsbedingungen wurde mit Bezug<br />

auf Katar und Saudi-Arabien im Laufe des<br />

letzten Jahres ja schon so einigen gesagt, im<br />

Oman selber sind die Regelungen entspannter,<br />

die Privatwirtschaft wird von den Ausländern<br />

dominiert, während man in den letzten<br />

Jahrzehnten versucht hat, den Inhabern der<br />

Staatsbürgerschaft des Landes größtenteils<br />

Arbeitsplätze beim Staat zu beschaffen,<br />

aufgrund vermehrter wirtschaftlicher<br />

...und hinterm rekonstruierten Stadttor<br />

32<br />

Das aus dem 16. Jhd. stammende portugiesisch-oma-<br />

يناریملاةعلق nische Fort Al-Mirani


ARTIKEL<br />

Disney in Arabien<br />

Probleme steuert der sich seit 2020 im Amt<br />

befindliche neue Sultan Haitham bin Tariq aber<br />

hier inzwischen etwas um. Um sich der<br />

Besonderheiten und Gegensätze in diesen<br />

Ländern bewusst zu werden, ist ein Blick auf<br />

die Universitäten interessant: in den meisten<br />

Fächern gibt es im Oman eine Männerquote, da<br />

die überwiegende Mehrheit der Studierenden<br />

Frauen sind, in Saudi-Arabien und dem Iran gibt<br />

es beispielsweise den weltweit höchsten Anteil<br />

an Frauen in technischen Studiengängen. Der<br />

Auswanderungswunsch vieler junger Leute ist<br />

hierbei sicherlich auch aufgrund der<br />

gesellschaftlichen Beschränkungen und<br />

schwieriger Berufsperspektiven als bei der<br />

Elterngeneration trotz des relativen<br />

Wohlstandes recht hoch.<br />

Im Übrigen habe ich in Maskat das erste Mal<br />

Zeitungen gesehen, die ganz regulär verkauft<br />

wurden, allerdings sind diese eher für die<br />

ausländischen Bewohner des Landes gedacht,<br />

die Madhyamam Daily erscheint in Malayalam,<br />

einer südindischen Sprache, die vor allem im<br />

Landesteil Kerala gesprochen wird – immerhin<br />

eine Ausgabe oben rechts auf dem Photo ist<br />

auf Arabisch, allerdings für mich nachträglich<br />

recht schwer zuzuordnen.<br />

Zeitungen in<br />

einem SPAR-<br />

Supermarkt in<br />

der omanischen<br />

Hauptstadt<br />

Maskat<br />

Blick von den Ruinen der Festung Fanja in der Provinz Ad Dakhiliyah auf den lokalen Wadi<br />

33


ARTIKEL<br />

Disney in Arabien<br />

Wer den Oman in die Kategorie der<br />

Wüstenstaaten einordnet, liegt natürlich<br />

vollkommen richtig, jedoch erreichen die<br />

Ausläufer des südasiatischen Monsuns in aller<br />

Regelmäßigkeit die Küsten, sodass es<br />

zwischen Juli und September im Süden bei<br />

Salalah und in den Gebirgen nahe Maskat<br />

ordentlich regnen kann, sodass sich die<br />

zahlreichen Wadis sprunghaft mit Wasser<br />

füllen können. Der Blick von einem Berg bei<br />

Fanja auf das Tal Ende Oktober lässt diese<br />

Jahreszeit durch das Palmenmeer erahnen.<br />

Wie sieht es aber nun mit dem Disney-Bezug<br />

im Oman aus? Comics fand ich in und um<br />

Muskat keine, aber dafür am letzten Tag noch<br />

ein interessantes Straßenschild – was das<br />

bedeuten mag, kann jeder für sich selber<br />

interpretieren.<br />

Nach einem Zwischenstopp in Abu Dhabi ging<br />

es nach insgesamt knapp 20 Tagen in der<br />

Region wieder zurück nach Europa. Was als<br />

Fazit bleibt: Disney-Comics gibt es auch hier,<br />

Disney-Filme in Kinos (bestimmt) auch, aber<br />

irgendwie wird in dieser Weltregion relativ<br />

wenig analog gelesen und was die Comics<br />

bestimmt, ist man von einer<br />

Massentauglichkeit sicherlich weit entfernt und<br />

wird diese auch mit dem sicher weiter<br />

fortschreitenden Niedergang der Printmedien<br />

auch nicht erreichen. Ich hoffe dennoch, dass<br />

der Einblick in die Region ganz interessant zu<br />

lesen war und freue mich schon auf die<br />

nächsten Ausgaben des BEs – vielleicht auch<br />

wieder mit dem ein oder anderen (Disney-)<br />

Reisebericht.<br />

34


CARTOON<br />

Donalds Alpträume – Botanischer Besuch<br />

Idee & Zeichnung: Poco23 (Entstehung: 2022)<br />

35


CARTOON<br />

Was läuft gerade in Entenhausen<br />

Zeichnungen: Silvia Ziche, Übersetzung: Luis Bärenfaller<br />

36


REZENSION<br />

Jahresrückblick 2022 auf das MMM und das TGDDSH<br />

Der Jahresrückblick 2022 auf<br />

das MMM und das TGDDSH<br />

von Glückstaler<br />

Das alte Jahr ist vorüber, ein neues hat begonnen.<br />

Seit etwas mehr als einem Monat sind wir<br />

schon nun im Jahr 2023 angekommen. Grund,<br />

sich die Publikationen des vergangenen Jahres<br />

einmal genauer anzuschauen und eine Bilanz<br />

zu ziehen. Ich habe mich für die zwei bekanntesten<br />

Heft-Reihen mit Donald Duck (& Co.)<br />

entschieden, um mal ein wenig abseits des LTB<br />

zu forschen.<br />

Beginnen wir in der ersten Hälfte mit dem Micky-Maus-Magazin,<br />

das immer noch mehr auf<br />

Aktualitäten als auf Tradition setzt. Der Start ins<br />

Jahr war vielleicht etwas kühl, mit den allseits<br />

bekannten Winter-Geschichten ging es erstmal<br />

relativ unspektakulär los. Doch mit dem 5.<br />

Heft wurde es interessant. Man entschied sich<br />

dafür, mit der Comicgeschichte „Verborgene<br />

Talente” seit Langem mal wieder ein Fortsetzungsabenteuer<br />

zu bringen. Ob man so richtig<br />

von Fortsetzung sprechen kann, wenn nach einem<br />

ersten Teil mit 10 Seiten teilweise zwei<br />

Teile in der nächsten Ausgabe folgen und alle<br />

weiteren Episoden auch nur eine Seite zählen,<br />

sei mal dahingestellt, aber immerhin schien die<br />

Sache in eine neue Richtung zu gehen. Die Resonanz<br />

war jedoch überwiegend nicht so gut;<br />

die Freude seitens der Fans hielt sich in Grenzen<br />

und so wurde das „Projekt” – wenn man es<br />

denn überhaupt so nennen darf – relativ<br />

schnell wieder abgebrochen. Generell sind Geschichten,<br />

die fortlaufend über mehrere Ausgaben<br />

erzählt werden, auch nicht so empfehlenswert,<br />

wenn dazwischen zwei Wochen liegen.<br />

Früher, mit einer höheren Erscheinungsfrequenz,<br />

waren Fortsetzungen sicherlich eine<br />

gute Idee, aber heute, mit einem Magazin, das<br />

nurmehr alle zwei Wochen eine neue Nummer<br />

gebärt, kann man sich davon verabschieden.<br />

wieder auf. In Heft 7 verschlug es Tick, Trick<br />

und Track in die Sphären des Internets, Ostern<br />

durfte sich am 1. April eine Ausgabe sichern. Einen<br />

richtigen Kracher gab es bis hierhin noch<br />

nicht, wenn man einmal von dem Negativ-Erfolg<br />

„Gefangene des Mondes” absieht, der Anfang<br />

Januar erst einmal eine kleine Schock-<br />

Welle erzeugte und unter tosendem Feuerwerk<br />

auf dem Cover beim ein oder anderen Leser<br />

die Frage aufkommen ließ, ob er diesen<br />

Jahrgang Micky Maus nicht auslässt. Aber es ist<br />

ja gerade einmal Mitte April, und Heft 9 konnte<br />

zu Daniel Düsentriebs Jubiläum einen von Arild<br />

Midthun getexteten und gezeichneten Zehnseiter<br />

präsentieren, der den Erfinder aus meiner<br />

Sicht gelungen seinen 70. Geburtstag feiern<br />

ließ.<br />

Egmont scheint ein Problem mit dem Kurzzeitgedächtnis<br />

zu haben, denn bereits wenig später<br />

wärmte man althergebrachte Themen<br />

37


REZENSION<br />

Jahresrückblick 2022 auf das MMM und das TGDDSH<br />

Relativ munter und im positiven Bereich ging<br />

es weiter. Die Fantastischen Vier durften in Heft<br />

11 einen mittelgroßen Auftritt verbuchen und<br />

hielten ganz Entenhausen auf mickrigen 8 Seiten<br />

in musikalisch-ausgewogener Stimmung.<br />

Die großen Momente gingen weiter, im folgenden<br />

Heft wurde endlich bekanntgegeben, wie<br />

der neue Geldspeicher von Dagobert Duck<br />

aussieht, bei dem man vor einiger Zeit in einem<br />

Wettbewerb erfragt hatte, wie man ihn neu designen<br />

könnte. Das Ergebnis waren drei Entwürfe,<br />

die es in die Micky Maus geschafft haben.<br />

Allerdings stand alles recht bald unter der<br />

verdrängenden Frage, was das ganze Brimborium<br />

denn nun sollte? Der neue Geldspeicher<br />

blieb für nur zwei Wochen neu, danach ging es<br />

so weiter, wie es schon immer war. Ein grauer,<br />

seit 1956 unveränderter Betonklotz, thront auf<br />

dem Glatzenkogel über all die Möchtegernkapitalisten,<br />

die gern so wären wie Dagobert<br />

Duck.<br />

Aber schon wieder wurde es spannend, als mit<br />

Heft 15 auf einmal die duckifizierte Alexandra<br />

Popp auf dem Cover zu sehen war und sich alles<br />

um den Fußball drehte. Es war die Zeit der<br />

Frauenfußball-Europameisterschaft, und natürlich<br />

schwang man sich auch vonseiten der<br />

Redaktion auf den fahrenden Zug, um vielleicht<br />

den ein oder anderen Fußball-Fan mitzunehmen.<br />

Der Comic dazu, „Das entscheidende<br />

Spiel”, drehte sich erneut um die Frage, wie<br />

man am besten eine gelungene Fußball-Story<br />

zusammenbackt. Entweder das Entenhausener<br />

Team gewinnen lassen, oder sich lieber damit<br />

beschäftigen, was Fußball wirklich ausmacht.<br />

Jaakko Seppälä entschied sich für beides<br />

und lud damit 10 Seiten randvoll. So voll,<br />

dass am Ende nicht mehr als ein Lächeln im<br />

Gesicht oder auch im Kopf des Lesers hängen<br />

blieb und die Fußball-Sache recht schnell abgehakt,<br />

beiseite geräumt und vergessen war.<br />

Man erinnere sich noch an weitere Fußball-Geschichten,<br />

die in diesem Jahr im Lustigen Taschenbuchrauskamen,<br />

doch dazu gleich mehr.<br />

Mit Heft 17 erschien wieder eine Ausgabe, die<br />

einem Junior-Chefredakteur gewidmet war.<br />

Paul Moischewitz führte uns durch seine Micky<br />

Maus, die er persönlich zusammenstellen<br />

durfte. Die so lange gelobte „Zepterübergabe”<br />

von der Redaktion an die Leser ist vielleicht immer<br />

noch nicht die beste Idee. Paul versuchte<br />

uns mit einigen mehr oder minder gefälligen<br />

Egmont’schen Eigenproduktionen zu überzeugen,<br />

davon kam bei mir aber höchstens der<br />

Einstiegs-Zehnseiter gut an. Der war aber von<br />

der Redaktion vorgegeben, nehme ich an. Es<br />

handelte sich um eine Erstveröffentlichung,<br />

und die werden meistens speziell für eine Ausgabe<br />

produziert. Die anderen Comics zeugten<br />

vom Nachdruck-Wahn im MMM, das Heft<br />

brachte es auf nur 23 Seiten Erstveröffentlichungen<br />

bei insgesamt 42 Seiten Comic-Anteil.<br />

Knapp die Hälfte aus dem Nachdruck-Archiv,<br />

so stelle ich mir das nicht vor. Besonders ärgerlich<br />

ist es dann, auch noch eine Geschichte aus<br />

dem ersten Micky-Maus-Taschenbuch (MMTB)<br />

zu nehmen, weil dieses kleine Büchlein nämlich<br />

gerade einmal Ende 2016 rausgekommen<br />

ist. Eine erneute Verschwendung von Seiten.<br />

Besser wäre es doch immer noch, der Egmont-<br />

Verlag würde eine Ausgabe einfach mal von<br />

Mitgliedern im Disney-Comics-Fan-Forum gestalten<br />

lassen. Jeder, der sich dort äußert, kann<br />

zur Ausgabe etwas beitragen, einige Administratoren<br />

des Forums übernehmen die endgültige<br />

Zusammenstellung und die Koordination,<br />

die Seitenanzahl wird etwas erhöht, hier und da<br />

werden inhaltliche Änderungen oder Anpassungen<br />

der Grundstruktur getroffen und für jeden<br />

Fan bietet sich dann hoffentlich ein Anlass,<br />

beim Kiosk des Vertrauens zuzugreifen. Aber<br />

bitte keine Resteverwurstungen von Comics<br />

oder Skripten, liebe Egmont-Redaktion, wir<br />

sind auch nicht doof, ja?<br />

Mittlerweile war der Hochsommer 2022 in vollem<br />

Gange, das MMM versuchte wie schon zuvor,<br />

zwischen den hier erwähnten Ereignissen,<br />

die Zeit ein wenig mit „normalen” Ausgabe zu<br />

überbrücken. Unter dem Begriff „normal” fasse<br />

ich mal die Nummern zusammen, die sich<br />

keine aktuellen Anlässe zum Vorbild nehmen<br />

und auch sonst eher Durchschnittsmaterial beinhalten,<br />

über das man nicht detailliert zu reden<br />

braucht.<br />

Mit Heft 20 wurde es wieder ein bisschen aufregender,<br />

erneut stellte uns Kari Korhonen die<br />

Zeiten aus Dagoberts Jugend vor, als er noch<br />

am Klondike Gold schürfte und sich in der weiten<br />

Welt sein Vermögen erst noch aufbaute,<br />

und nicht vermehrte. Die Serie „Damals” bekam<br />

im Herbst 2022 auch einen Hardcover-Band<br />

38


REZENSION<br />

Jahresrückblick 2022 auf das MMM und das TGDDSH<br />

der ECC gewidmet, in dem alle Geschichten<br />

der Serie aus den vergangenen paar Jahren<br />

MMM gebündelt zusammengefasst wurden.<br />

Schade finde ich, dass sich dort die Hintergrundinfos<br />

seeehr in Maaßen hielten und dass<br />

Korhonen generell einfach zu wenig Platz zusteht,<br />

um sein Erzähltalent voll ausspielen zu<br />

können. Wenn man sich anschaut, was Marco<br />

Nucci derzeit in Italien macht, dann ahnt man,<br />

wozu vielleicht auch viele andere Autoren und<br />

Zeichner imstande wären, denen es aber einfach<br />

an Möglichkeiten fehlt, ihr Talent – voll<br />

und ganz – zu Papier zu bringen. Warum aber<br />

so sehr aufregen? Immerhin, Egmont lässt es<br />

zu, dass man mal ein wenig herumexperimentiert<br />

und dass ein wohlgemerkt finnischer<br />

Künstler (und damit fast so ein Seltenheitsexemplar<br />

wie Arild Midthun) sich Platz in einem<br />

dänisch geprägten Comicmagazin bunkert, das<br />

sonst voll ist mit – manchmal aufgewärmten –<br />

Eigenproduktionen. Fun-Fact von Heft 20: Es<br />

kostete 21 Cent mehr als die normalen anderen<br />

Ausgaben. Ein Sonderpreis also, den es im Jahr<br />

schon öfter gab und noch öfter geben wird.<br />

Das 21. Micky-Maus-Heft verlautete schon am<br />

Cover, dass es etwas Besonderes war: Der Stil<br />

konnte unverkennbar Giorgio Cavazzano zugschrieben<br />

werden, einem der wenigen heute<br />

noch lebenden Alten Meister (oder derjenigen,<br />

die würdig wären, diesen Titel zu tragen).<br />

Nachdem man sich zwei gespannte Wochen<br />

die winzige Vorschau auf dem vergangenen<br />

Heft angeschaut hatte, war es dann endlich soweit,<br />

und das Abenteuer Cavazzano in der Micky<br />

Maus konnte beginnen. Volle 16 Seiten<br />

füllte die ungewöhnliche Kombination Midthun/Cavazzano<br />

mit ihrer Geschichte „Der<br />

Schatz in Venedig”. Dagobert ist mit Tick, Trick<br />

und Track in Venedig unterwegs, wo die Ducks,<br />

spontan, wie man ist, in einer Bank vorbeischauen.<br />

In einem Schließfach, das Onkel Dagobert<br />

gehört, findet sich eine Schatzkarte. Sofort<br />

beginnt Dagoberts Suche. Dabei kommen<br />

ihm aber zwei Gegenspieler entgegen, die<br />

ebenfalls gerne etwas Funkelndes sehen würden.<br />

Wenn man mich fragt, das Highlight des<br />

Jahres. Der Plot war prima, die Zeichnungen<br />

exzellent. Praktisch, dass die Ausgabe auch<br />

gleich noch weitere tolle Storys beinhaltet.<br />

Nach einem kurzen Halloween-Zwischenstopp<br />

und einer Mode-Exkursion ging es weiter mit<br />

weiteren Ball-Geschichten. „Balla Balla” erschien<br />

im Heft 24 und war, ebenso wie das Cover,<br />

ganz offensichtlich an die Herren-Weltmeisterschaft<br />

in Katar angelehnt. Jaakko<br />

Seppälä und Diego Bernardo machten sich<br />

aber nichts aus den vielen politischen Spannungen,<br />

die die WM trübten, sondern überzeugten<br />

mit solider Fußball-Performance. Im<br />

Gegensatz zum Deutschen Team war die deutlich<br />

besser. Fazit aus Heft 15 und Heft 24: Dieses<br />

Jahr gab es enorm viele Fußball-Geschichten.<br />

Egal, ob im MMM oder im LTB (vor allem das<br />

LTB Extra 7 hatte da viele, viele Seiten zu bieten),<br />

2022 war ein Jahr voller Freude ums<br />

Runde. Möglich, dass man damit Einiges nachgeholt<br />

hat, was während der Pandemie verschütt<br />

gegangen ist. Erwähnen möchte ich dabei<br />

noch, dass Marco Nucci in seinen Fußball-<br />

Storys deutlich mehr rausgeholt hat als die Kollegen<br />

in Dänemark im MMM. Wie viel Energie<br />

aus einem Comic strömen kann, sieht man immer<br />

wieder, aber Glanzstücke kann Egmont da<br />

einfach nicht bieten. Wer also tiefgründiger in<br />

39


kurz um oder nach dem Erscheinungstag, dann<br />

hätte man innerhalb einer Woche gleich zwei<br />

Geschichten in je zwei neuen Publikationen<br />

zwei Mal gelesen. Ein leider nur befriedigender<br />

Jahresabschluss.<br />

den Comic-Fußball eintauchen möchte, der sei<br />

angehalten, sich lieber ein Taschenbuch zuzulegen.<br />

Weiter ging es am 25. November mit Heft 25.<br />

Die zweite Jubiläumsausgabe anno 2022 –<br />

diesmal drehte sich alles um Dagobert Ducks<br />

75. Geburtstag. Eigens dafür hat man sich sogar<br />

erbarmt, einige Seiten Barks einzuspannen.<br />

Keine Erstveröffentlichungen in der Micky<br />

Maus, wohlgemerkt, aber trotzdem nett genug<br />

und selten gesehen, um gut abzuliefern. „Die<br />

Quizsendung” und ein Onkel-Dagobert-Einseiter<br />

machten diese Ausgabe, die mit 100 % Dagobert<br />

daherkam, zu einem netten Stück.<br />

Mit Heft 26 war das Jahr dann auch schon wieder<br />

vorbei. Weihnachten durfte sich ab dem 9.<br />

Dezember in den Regalen der Geschäfte verkaufen.<br />

Ärgerlich und noch einmal herauszuposaunen<br />

ist der Fauxpas, der sich beim Zusammenstellen<br />

der Ausgaben<br />

gezeigt hat. Das<br />

LTB Advent 8<br />

hat nämlich<br />

gleich zwei Geschichten<br />

doppelt<br />

inne: Einmal<br />

eine aus dem<br />

MMM 26/2022<br />

und eine aus<br />

dem TGDDSH<br />

427. Blöd, denn<br />

liest man die<br />

Geschichten im<br />

LTB Advent<br />

chronologisch<br />

und dann auch<br />

noch die anderen<br />

Erzeugnisse<br />

Das MMM 01/2023 erschien zwar noch im alten<br />

Jahr, konnte aber gleich mal überraschen. Die<br />

Extraseiten, die auch schon im letzten Heft gestartet<br />

worden waren und sich mit 55 Jahren<br />

Lustiges Taschenbuch beschäftigten, enthüllten<br />

nun endlich den kompletten Buchrücken,<br />

der sich in den nächsten Jahren noch fortsetzen<br />

wird. Die Ungewissheit, wie lang er denn<br />

nun wird, kann vorbei sein, denn 2025 ist voraussichtlich<br />

Schluss. Mit LTB 604 endet dann<br />

wohl alles – vorerst, bis es danach wieder einen<br />

neuen Buchrücken gibt. Und um die Frage<br />

auch noch aus dem Weg zu räumen: Nein, das<br />

LTB 600 sieht genauso dick aus wie die anderen.<br />

Also keine Extraseiten…<br />

Insgesamt betrachtet war das MMM-Jahr 2022<br />

gar nicht so schlecht. Peu a peu plätscherten<br />

immer wieder die Highlights den Comic-Wasserfall<br />

hinab, Grund zum Ärgern gab es zwischendurch,<br />

aber nicht andauernd. Viel Fußball<br />

war drin, die Themen der „normalen” Ausgaben<br />

waren ganz nett und boten immerhin eine gesunde<br />

Abwechslung. Cavazzano, Düsi und<br />

Dago wurden würdig gefeiert. Lesenswert waren<br />

manche Geschichten auf jeden Fall.<br />

40


REZENSION<br />

Jahresrückblick 2022 auf das MMM und das TGDDSH<br />

Im zweiten Teil dieses Artikels geht es um das<br />

TGDDSH, bei dem ich mich mal bewusst für<br />

keine der beiden Abkürzungen entscheide, um<br />

keinen Unmut unter den Lesern aufkommen zu<br />

lassen. Hier gab es nur 12 Ausgaben. Damit also<br />

deutlich weniger und Anlass, die einzelnen<br />

Ausgaben etwas detaillierter unter die Lupe zu<br />

nehmen.<br />

Das TGDDSH-Jahr startete bereits am 4. Januar<br />

und bot zu Beginn ein Heft mit sieben Geschichten,<br />

aber leider einer ziemlich verhauenen<br />

langen Story. Tony Strobl ließ die Familie<br />

Duck Winterspaß haben. William Van Horn und<br />

Al Taliaferro durften darüber hinaus Donald<br />

gleich zweimal in den Schnee schicken. Einmal<br />

als gestandener Schnee-Skulpturen-Schnitzer,<br />

einmal als Wintermuffel. Dänisches Füllmaterial<br />

und der redaktionelle Teil komplementierten<br />

diese Ausgabe. Ein durchschnittlicher Jahreseinstieg<br />

insgesamt, mehr nicht. Das Thema<br />

Drachen und Co. in den NEG ist bekannt, sonderlich<br />

fasziniert musste man von dem Artikel<br />

nicht gewesen sein.<br />

Ungewöhnlich, aber ebenfalls gut, war der<br />

zeichnerische Auftritt von Flemming Andersen,<br />

der eine kleine Gagstory mit Donald umsetzen<br />

durfte. Ergänzt wurde das Heft durch einen 9-<br />

Seiter von Vicar und einen wie immer rundum<br />

guten Zehnseiter von Marco Rota. Die erste<br />

Kaufempfehlung im noch frischen Jahr.<br />

TGDDSH 418 enthielt ein kleines Schmankerl,<br />

nämlich eine gleich 15-seitige Geschichte von<br />

Starzeichner und -autor Romano Scarpa. Er<br />

versetzte Daisy Duck, Klara Kluck, Klarabella<br />

Kuh und ein weiteres Mitglied des Entenhausner<br />

Frauenvereins auf einen Ferienhof, wo sie<br />

zwei Betrügern ausgeliefert waren. Nach einigen<br />

Späßen gelang es den cleveren Frauen<br />

aber, ihren Widersacher zu überlisten. Nett gemacht.<br />

Nicht unbedingt gut durchdacht war<br />

vielleicht der etwas zwanghaft und am Ende<br />

plötzlich eintretende Auftritt von Donald, Tick,<br />

Trick und Track sowie Onkel Dagobert. Dass<br />

ausgerechnet die Männer diese Frauen-Power<br />

beenden mussten, hat für ein Minus hinter der<br />

Eins gesorgt. Die Tusche von „Frühling auf dem<br />

Weiter ging es im Februar mit Heft 417. Eine<br />

Nummer, über die es sich tiefgründiger zu<br />

sprechen lohnt. Auffallend und selten im<br />

TGDDSH gestaltete sich der kleine Gastauftritt<br />

von Goofy in „Meister ohne Nummer” des Duos<br />

Katja und Wolfgang Schäfer. Zur Überraschung<br />

aller Leserinnen und Leser hat Goofy seine<br />

Rolle deutlich ausgebaut und gut die Hälfte der<br />

12 Seiten eingenommen. Das fand ich gelungen,<br />

vor allem für einen Comic, der heute<br />

schon 48 Jahre auf dem Buckel hat.<br />

Ferienhof” durfte übrigens Luciano Gatto auftragen.<br />

Ein vierreihiger Comic und von Gatto<br />

getuscht – davon gibt es nicht viele im<br />

Scarpa’schen Gesamtwerk! Für mich das erste<br />

richtige Highlight des Jahres und ein Genuss<br />

beim Lesen. Ich schweife aus, möchte aber<br />

noch darauf zu sprechen kommen, dass ich es<br />

sehr begrüße, italienische Vierreiher im<br />

TGDDSH unterzubringen. Davon gibt es generell<br />

nicht viele, und die Chance, dass sie in einem<br />

LTB landen, ist äußerst gering. Außerdem<br />

41


REZENSION<br />

Jahresrückblick 2022 auf das MMM und das TGDDSH<br />

sind diese Comics meistens Erstveröffentlichungen<br />

von guten Künstlern, die ich ungern<br />

verpassen würde. Wer meint, das TGDDSH sei<br />

nicht für italienische Zeichner, ist meines Erachtens<br />

vom Weg abgekommen. Ist die Story<br />

gut, hat sie auch eine Daseinsberechtigung – in<br />

jeder Reihe.<br />

Die Ausgabe hatte einige weitere schöne Comics<br />

zu bieten: „Worte wirken wahre Wunder”<br />

(nette Alliteration, nebenbei bemerkt) von Paul<br />

Halas sowie Marco Rota und „Wogende Wildnis”<br />

(huch, es geht weiter) von Kari Korhonen.<br />

Beides wunderbare Abenteuer, die perfekt<br />

zum jetzt einsetzenden Frühling passten. Vor<br />

allem der Zehnseiter von Korhonen hat mit<br />

schönen Momenten und traumhaften Zeichnungen<br />

nicht gespart. Aber auch Rota konnte<br />

voll und ganz überzeugen. Mit diesen drei<br />

Highlights im Gepäck und weiteren guten Storys<br />

ein Heft, das in jede Sammlung gehört.<br />

Am 5. April stand mit Heft 419 Ostern vor der<br />

Tür. Wieder eine Extraausgabe mit 100 Seiten<br />

Comics, dafür aber auch einem extra hohen<br />

Deluxe-Preis von 4,<strong>50</strong> €. „Der Türwächter” ist<br />

an sich ein ziemlich rares Stück. Ausgedacht<br />

hat sich diese vier Seiten noch Carl Barks, bevor<br />

sie Daan Jippes 2010 umgesetzt hat. Wunderschön,<br />

zu sehen, wie Jippes den Barks-Stil einfängt.<br />

Die Geschichte hätte glatt vom Entenvater<br />

persönlich kommen können. Prozentual gesehen<br />

zwar wenig, aber inhaltlich ein großes<br />

Stück.<br />

„Duell der Besserwisser” von Kari Korhonen<br />

konnte mich ebenfalls überzeugen. Ein streitender<br />

Dagobert, der sich mal nicht im LTB und<br />

nicht mit Klaas Klever, sondern Mac Moneysac,<br />

auseinandersetzt, ist irgendwie doch interessanter<br />

als ein Abenteuer zu abgelegenen Plätzen<br />

wie in der Auftaktstory von TGDDSH 419.<br />

Zwischendurch gab es einen netten Sechsseiter<br />

von Rota, der mal wieder nicht mit Gags,<br />

aber auch mit Tiefe, gespart hat. Ein richtig langer<br />

Strobl – 21 Seiten, hurra! – rundete die Ausgabe<br />

ab. Leider aber nicht zu einem Kreis, sondern<br />

eher zu einem Viereck. Denn zwischendurch<br />

gab es viel Durchschnitts- und Einheitsbrei,<br />

der den guten Inhalt nach unten zog. Aber<br />

was sagt man heute dazu? Content. Nein, teures<br />

Füllmaterial. Hätte es meiner Meinung nach<br />

nicht gebraucht. Eine Osterausgabe, die so<br />

viele Seiten hat wie jedes andere Heft, hätte<br />

auch völlig gereicht. Nur eben ohne die<br />

schlechteren Geschichten.<br />

Heft 420 erarbeitete sich voller Mühe das, was<br />

ein durchschnittliches Heft ausmacht: Einen<br />

guten Vicar zum Start, danach viel Normales<br />

und Belangloses, ohne Kracher am Ende. Die<br />

Neuen Entenhausener Geschichte(n) konnten<br />

das Heft nur bedingt aufwerten. Schnell gelesen,<br />

schnell vergessen war die Mai-Ausgabe.<br />

TGDDSH 421 ließ den vorerst dürftigen Eindruck<br />

weitergehen. Amüsant war lediglich eine<br />

kurze Gagstory mit Daniel Düsentrieb und Dagobert<br />

Duck, die sich in ihren Grundzügen an die<br />

späten Barks-Abenteuer anlehnte. Etwas richtig<br />

Tolles gab es nicht, Tony Strobl verfehlte die<br />

42


REZENSION<br />

Jahresrückblick 2022 auf das MMM und das TGDDSH<br />

überzeugende Mischung; zumal es sich bei „Ein<br />

Herz für Katzen” diesmal auch nicht um eine<br />

Deutsche Erstveröffentlichung handelte.<br />

Und eh man sich versah, war der Sommer in<br />

Europa eingezogen! Die Juli-Ausgabe brachte<br />

vonseiten der Comics reichlich neuen<br />

Schwung mit sich. Eine ziemlich seltene Geschichte<br />

aus den Niederlanden, die sich untypischerweise<br />

über 14 Seiten erstreckte,<br />

„Die Stadt unter der Wüste” von Ben Verhagen,<br />

ein Rota-Zehnseiter zu Beginn und einer der<br />

berühmten Carlo-Gentina-Einseiter in der Mitte<br />

– sowie weiteres gutes Material, das aus einigen<br />

deutschsprachigen Erstveröffentlichungen<br />

bestand – regte stark zum Kauf des Heftes<br />

an. Im niedrigeren<br />

Niveau war diesmal<br />

der redaktionelle<br />

Teil, der von<br />

Harry Nützel<br />

stammte. Anstatt,<br />

dass sich der NEG-<br />

Autor auf das<br />

Thema bezieht<br />

und uns etwas<br />

über Nachbarschaftsstreits<br />

von<br />

Donald Duck,<br />

Zacharias Zorngiebel<br />

und vielleicht<br />

auch Zanker erzählt,<br />

wurde viel<br />

Platz damit verschwendet,<br />

über<br />

allgemeine rechtliche<br />

Fragen zu reden.<br />

Die aber nur<br />

auf Deutschland<br />

bezogen, und dann<br />

noch mal für jedes<br />

Bundesland anders.<br />

Insgesamt ein<br />

Artikel, der mich<br />

unzufrieden zurückließ.<br />

Schade<br />

für das TGDDSH,<br />

das eigentlich immer<br />

eine Anlaufstelle<br />

für Hintergründe<br />

aus Entenhausen<br />

war.Für<br />

Nummer 422 kann ich trotzdem eine Kaufempfehlung<br />

aussprechen, wenn man damit auf<br />

sommerliche Urlaubslektüre aus ist.<br />

Die faszinierenden Geschichten rissen nicht ab.<br />

Carlo Gentina präsentierte uns im nächsten<br />

Heft gleich zwei seiner unverwechselbar ulkigen<br />

Einseiter. Die Gags darin hauen einen immer<br />

wieder um. Aber auch Jack Bradbury, Tony<br />

Strobl und Ferioli konnten noch mal starke Stücke<br />

bieten. Die Lückenfüller – darunter die<br />

Gentina-Einseiter – waren letztendlich okay,<br />

aber gehören eher in die Kategorie „Beiwerk”.<br />

In „Es war zweimal” wurde eine interessante<br />

Idee gut zu Papier gebracht. Es entstand<br />

schließlich eine richtig spannende 12-seitige<br />

Geschichte, die auch von den Zeichnungen<br />

43


REZENSION<br />

Jahresrückblick 2022 auf das MMM und das TGDDSH<br />

Feriolis lebte. Wunder über Wunder kommt<br />

der Plot, der von Maya Åstrup stammt, perfekt<br />

bei mir an. Die schwankende Qualität der Egmont-Produktionen<br />

ist mir immer wieder ein<br />

Rätsel.<br />

TGDDSH 424 baute auf einem soliden Grundfundament<br />

auf. Strobl, Vicar, Rota – drei Meister<br />

der alten Zeit, aber auch heute noch wunderbar<br />

zu lesen. In „Drei minus zwei ist null” von<br />

Rota steckte am Ende ein besonders schönes<br />

Detail, neben einem überaus freudigen und damit<br />

auch beim Leser Freude aufkommen lassenden<br />

Donald: In voller Größe sitzt ein Carl<br />

Barks im Park, der den Geldspeicher auf eins<br />

seiner berühmten Ölgemälde bringt.<br />

In Ausgabe 425 durfte Harry Nützel wieder ran<br />

an den redaktionellen Inhalt. Diesmal besser?<br />

Nein. Er entschied sich, über den <strong>Bertel</strong>-<strong>Express</strong><br />

zu berichten. Leider ging er in seinem Artikel<br />

nur wenig auf den BE ein. Das ist schade,<br />

gab es doch eine gewisse Kooperation zwischen<br />

Nützel und dem Team des <strong>Bertel</strong>-<strong>Express</strong>es.<br />

Mir gefiel diese Folge der NEG weniger<br />

gut. Durch das, was durch die zwei Seiten<br />

entstanden ist, können auch einige gute Geschichten<br />

nicht mehr so recht überzeugen. Insgesamt<br />

ist über die Monate ein ganz guter Flow<br />

entstanden, aber der bröckelt nun.<br />

Das vorletzte Heft des Jahres 2022 vermochte<br />

punktuell abzuliefern, aber gerade am Ende<br />

zeigte sich ein Beispiel für schlechte Comics.<br />

Die Kombination Dummheit – Panzerknacker,<br />

gepaart mit einem missglückten Plan und miesen<br />

Gags, ergibt zwangsläufig etwas, was einen<br />

kalt zurücklässt. Ferioli hat in „Alle Münzen<br />

fliegen hoch” trotz vieler Details zu große weiße<br />

Flächen gelassen. Das Panel in sich war nicht<br />

mehr ausgewogen. Mit weniger Details, dafür<br />

aber insgesamt besser, machte es Jack<br />

Bradbury einige Seiten bevor. „Antenne Duck”<br />

setzte sich mit einem selten behandelten<br />

Thema auseinander, dem Radio. Und welche<br />

ungeahnt gefährlichen Wirkungen Kaffee bei<br />

einem übermüdeten Donald haben kann, war<br />

wahrscheinlich das Amüsanteste des ganzen<br />

Jahrgangs. Pat und Carol McGreal haben für<br />

Marco Rota mit „Das Boxwunder” eine gute<br />

Vorlage geliefert, um die Kaufempfehlung abschließend<br />

geben zu können.<br />

Kommen wir zum letzten Heft, das jetzt gerade<br />

einmal an die zwei Monate alt ist: Am 6. Dezember<br />

erschien das TGDDSH 427. Eine extradicke<br />

Weihnachtsausgabe. Ärgerlich der Fauxpas,<br />

den ich im Teil zum Micky-Maus-Magazin bereits<br />

angesprochen habe. Andererseits bietet<br />

sich auf mehr als 100 Seiten ein fulminanter<br />

Jahresabschluss. Unter anderem kann Rota besonders<br />

viel herausholen. Auf 10 Seiten bietet<br />

sich wieder das, was das tiefe Innere der Weihnacht<br />

widerspiegelt: Besinnung auf das Wesentliche.<br />

Freudige Momente. Und natürlich<br />

das Naschen von leckerem Gebäck! Hier dargestellt<br />

durch die Knuspi-Knusperflocken.<br />

Weiß wurde es zwischendurch mit Schnee, den<br />

Boemund von Hunoltstein rieseln ließ. In den<br />

Neuen Entenhausener Geschichte(n) wurde<br />

man von wunderbar winterlichem Weihnachtszauber<br />

umgarnt. Und wen weitere gute Geschichten<br />

jetzt noch nicht packen konnten, der<br />

sei mit dem 30-Seiten-Meilenstein „Keine<br />

Weihnacht in Greifenhorst” bedient und versorgt.<br />

Arild Midthun schildert unter selten realistischen<br />

und ausgefeilten Zeichnungen mit<br />

vielen atemberaubenden detailreichen Splashpanels,<br />

was ohne Weihnachten wäre. Die perfekte<br />

Tannenbaum-Story für den 24. Dezember.<br />

Nimmt man alles zusammen, komme ich zu einem<br />

Fazit ähnlich dem des Micky-Maus-Magazins:<br />

So schlecht war 2022 gar nicht. Es gab immer<br />

mal wieder Knaller; immer mal wieder<br />

Tiefs, aber wirklich schlecht ging es letztes Jahr<br />

einfach nicht zu. Hier und da wiegen negative<br />

Erinnerungen, doch die werden durch die positiven<br />

rasch auf- und schließlich überwogen.<br />

Den Wandel des TGDDSH zu einem Heft mit<br />

viel zu vielen kurzen Geschichten – unter 8 Seiten<br />

– sollte man aber bewusst bekämpfen.<br />

Lange, epische Abenteuer haben gezeigt, was<br />

sie können. Und auch die Zehnseiter, vor allem<br />

von Marco Rota, waren sehr angenehm. Genauso<br />

wie die Einseiter von Carlo Gentina. Aber<br />

hier und da eine längere statt zwei kürzeren<br />

Geschichten wäre doch schön.<br />

44


ILLUSTRATION<br />

Sturm im Geldspeicher<br />

Idee & Zeichnung: carlfuchs (Entstehung: 2022)<br />

45


COMIC<br />

Winter-Workaholic<br />

Story & Zeichnungen: Sikyurame, Übersetzung: Duck-Mouse-Forscher,<br />

Lettering: Spectaculus (Entstehung: 2023)<br />

46


COMIC<br />

Winter-Workaholic<br />

47


COMIC<br />

Winter-Workaholic<br />

48


COMIC<br />

Verstehst du Spaß?<br />

Story & Zeichnungen: Ronald Ruck (Entstehung: 2022)<br />

49


ARTIKEL<br />

Dagobert Duck von A bis Z<br />

Dagobert Duck von A bis Z<br />

von Luis Bärenfaller, McDuck, Spectaculus, Entenfan und Duck-Mouse-Forscher<br />

mit Zeichnungen von Stefan Binter<br />

Mit der 1987 erschienenen Serie DuckTales erhielt<br />

das Universum der Entenhausener Enten<br />

erstmals eine ganze Serie nur für sich, mit Onkel<br />

Dagobert im Mittelpunkt, wie es der französischer<br />

Titel der Serie, „La Bande à Picsou” (Die<br />

<strong>Bertel</strong>-Bande) schön aufzeigt. Zum 75. Geburtstag<br />

das geliebten Namenspatrons unseres<br />

Magazins, folgt auf den nächsten Seiten<br />

eine etwas andere Hommage an niemand anderes<br />

als den Fantastilliardären Dagobert<br />

Duck. In der Form eines kleinen ABCs wird jeweils<br />

in wenigen Worten das Wichtigste das<br />

umfangreichen Lebens des Geld-liebenden Erpels<br />

zusammengefasst.<br />

A wie<br />

Auf ins Abenteuer!<br />

Barks' Zehnseiter waren generell meistens im<br />

städtischen Bereich angesiedelt. Aber die erste<br />

(teilweise) von Barks gezeichnete Duck-Geschichte<br />

war ein langes Abenteuer gewesen –<br />

„Piratengold”. Und auch mit „Der Schlangenring”<br />

zeigte Barks, dass er die Ducks gerne in<br />

schwierige Situationen und an exotische Orte<br />

brachte. Dafür brauchte es immer einen<br />

Mechanismus, und für den Jedermann (und<br />

häufigen Pleitier) Donald Duck war es gar nicht<br />

immer so einfach, mir nichts, dir nichts, nach<br />

Australien oder Afrika zu reisen. Dagobert ist da<br />

ein dankbarer Charakter. Weshalb? Nun, er hat<br />

viele Gründe, an ferne Destinationen zu reisen<br />

und seine Neffen mitzunehmen (Donald immer<br />

mehr widerwillig, während Tick, Trick und<br />

Track sich meistens auf das Abenteuer freuen).<br />

Diese können in seiner rastlosen Vergangenheit<br />

begründet sein: So gibt es etwa in Alaska<br />

oder am Klondike alte Rechnungen zu begleichen,<br />

Vorkommnisse auf der Familienburg in<br />

Schottland zu untersuchen oder ein Duell mit<br />

seinem Widersacher Mac Moneysac in Afrika<br />

auszufechten. Dann hat sein Geschäftsimperium<br />

Ableger in aller Welt, die auch regelmäßig<br />

kontrolliert werden müssen.<br />

Und natürlich ist Dagobert Duck ein geborener<br />

Schatzsucher mit einem legendären Näschen<br />

für Gold und unentdeckte Kostbarkeiten, den<br />

dieser Drang irgendwann sogar in den Weltraum<br />

führt. Kein Wunder, dass die neue Duck-<br />

Tales-Serie diesen Aspekt seiner Persönlichkeit<br />

noch stärker betont.<br />

<strong>50</strong>


ARTIKEL<br />

Dagobert Duck von A bis Z<br />

B wie Carl Barks<br />

Carl Barks ist der Vater der Ducks und seine<br />

wichtigste Schöpfung ist Dagobert. Den geizigen,<br />

aber gutherzigen Fantastilliardär erfand<br />

Barks 1947 für seine Geschichte „Die Mutprobe”<br />

zunächst nur als Nebenfigur, die nur in einer<br />

Geschichte auftauchen sollte. Doch Barks gewann<br />

den anfangs missgelaunten Milliardär<br />

lieb und verwendete ihn in weiteren Geschichten.<br />

Allmählich entwickelte er die Figur zu der,<br />

die wir heute kennen. Dagobert wurde sympathischer<br />

und weicher und Barks entwickelte<br />

seine Schwächen und Stärken, schrieb ihm<br />

eine Biografie auf den Leib und die rührende<br />

Liebe zum Geld in die Gene. Was Wunder, dass<br />

Dagobert 1952 in den USA eine eigene Heftreihe<br />

erhielt und Barks das Privileg hatte, sie<br />

ganz alleine füllen zu können und so seine Figur<br />

in immer neuen Varietäten zu interpretieren.<br />

Dagobert auf Schatzsuche, in bitterem monetärem<br />

Konkurrenzkampf oder in Abwehrschlachten<br />

gegen Gauner um die Hege und<br />

Pflege des Ersparten bemüht, all das bot Barks<br />

auf. Aber er zeigte seine beliebteste Schöpfung<br />

auch bei den alltäglichen Dingen oder von Zuneigung<br />

gegenüber seinen Neffen ergriffen.<br />

Dabei war und blieb Dagobert auch zu einem<br />

gewissen Grad Barks und nahm einiges von der<br />

Persönlichkeit und den Vorstellungen seines<br />

Schöpfers in sich auf. Gewiss, ohne Barks hätte<br />

es Dagobert nie gegeben, aber es war auch der<br />

langen Zeit, die Barks mit seiner Figur verbrachte,<br />

und vielschichtigen Ausdeutung zu<br />

verdanken, dass nach Barks' Abgang kein Weg<br />

an ihm vorbei führte. Barks' Einfluss ist bis<br />

heute unverkennbar und in vielen, sehr vielen<br />

Comics zu spüren.<br />

C wie<br />

Club der Milliardäre<br />

Der Milliardärsklub ist fast schon Dagoberts<br />

zweites Zuhause, so oft geht er hier ein und<br />

aus. Er trifft befreundete Milliardäre und Geschäftspartner,<br />

mit denen er neue, lukrative<br />

Deals einfädelt. Oder er versucht, die Freiheiten,<br />

die der Club ihm bietet, schamlos auszunutzen<br />

und an Gratisvergnügungen und -verköstigungen<br />

teilzuhaben. Und er freut sich jedes<br />

Jahr aufs neue darauf, den Preis für den<br />

Geschäftsmann des Jahres einzuheimsen.<br />

Oder bisweilen zum Klubpräsidenten gewählt<br />

zu werden.<br />

51


ARTIKEL<br />

Dagobert Duck von A bis Z<br />

Dabei versucht ihm sein Dauerkonkurrent<br />

Klaas Klever einen<br />

Strich durch die Rechnung<br />

zu machen. Wenn<br />

Dagobert in den Club<br />

geht, kommt es zwischen<br />

den beiden fast<br />

immer zu Handgreiflichkeiten.<br />

Klever versucht<br />

Dagobert mit allen legalen<br />

und illegalen Tricks zu überholen<br />

und selbst der reichste Mann der Welt zu<br />

werden, was ihm jedoch nie gelingt. Deshalb<br />

hat sein Sekretär Anwantzer stets Hüte parat,<br />

die der frustrierte Klever verspeist.<br />

Was Klever in italienischen Geschichten ist, ist<br />

in dänischen Mac Moneysac. Genauso geizig<br />

wie Dagobert, aber ungemein verschlagen und<br />

zu jeder Schandtat bereit. In den wenigen Fällen,<br />

da Klever und Moneysac aufeinandertreffen,<br />

merkt man schnell, dass der letztere der<br />

wahre Schurke ist. Und dann gibt es natürlich<br />

noch Kuno Knäul, der eher erfolglos ist in seinem<br />

Bemühen, mit Dagobert ernsthaft zu konkurrieren.<br />

D wie DuckTales<br />

Obwohl er bereits ein paar kurze Auftritte im TV<br />

und Kino hatte, wurde Onkel Dagobert erst<br />

durch die beliebte Zeichentrickserie „DuckTales<br />

– Neues aus Entenhausen” einem breiteren<br />

Publikum bekannt. Zwischen 1987 und 1990<br />

wurden 100 etwa zwanzigminütige Folgen von<br />

„Disney Television Animation” produziert, deren<br />

Animationen erstmalig an fernöstliche<br />

Studios ausgelagert wurde. In der Serie geht<br />

der abenteuerlustige Onkel Dagobert mit seinen<br />

drei geweiften Neffen Tick, Trick und Track<br />

(die bei ihm in seiner Villa wohnen, solange Donald<br />

Duck bei der Marine ist) rund um die Welt<br />

auf Schatzsuche. Regelmäßig werden dabei<br />

Themen der Popkultur aufbereitet und parodiert.<br />

Ein gutes Dutzend der Geschichten basiert<br />

(mehr oder weniger stark) auf ausgewählten<br />

Comic-Klassikern von Carl Barks, die alle Verantwortlichen<br />

zu Beginn der Produktion lesen<br />

mussten. Neben dem Zeichentrick-Debut von<br />

bekannten Charakteren wie den Panzerknackern,<br />

Gundel Gaukeley oder Daniel Düsentrieb<br />

wurden eigens neue Figuren wie Quack<br />

dem Bruchpiloten, die kleine Nicky oder Dagoberts<br />

Buchhalter Fenton Crackshell alias<br />

Krachbummente erfunden. Den eher mäßigen<br />

Erfolg des Kinofilms machten die Verkäufe der<br />

gefeierten DuckTales-Videospiele wieder wett.<br />

Zwischen 2017 und 2001 wurde ein modernisiertes<br />

Reboot von DuckTales ausgestrahlt, in<br />

welchem die Figuren fast gänzlich neu charakterisiert<br />

wurden und einen hippen Cartoon-<br />

Style erhielten.<br />

52


ARTIKEL<br />

Dagobert Duck von A bis Z<br />

E wie<br />

Ebenezer Scrooge<br />

Für Onkel Dagoberts<br />

englischen Namen (und<br />

seinen ganzen ursprünglichen<br />

Charakter) ließ<br />

sich Barks von der<br />

Hauptfigur von<br />

Charles Dickens’ „A<br />

Christmas Carol” inspirieren.<br />

In Dagobert<br />

Ducks erster Geschichte<br />

„Die Mutprobe”<br />

erfahren<br />

wir, dass er Weihnachten<br />

hasst – genauso wie sein<br />

Namenspate aus Dickens’<br />

Erzählung. Und wie<br />

Ebenezer Scrooge lässt sich<br />

auch Scrooge McDuck zum Geist<br />

der Weihnacht bekehren und beschenkt<br />

am Ende seine Neffen. Nur braucht es<br />

dafür keine drei Geister, sondern drei Bären.<br />

Nach „Die Mutprobe” ließ Dagobert der Geist<br />

des „Christmas Carol” nicht los. Carl Barks<br />

zeichnete 1958 ein Bilderbuch, in dem Dagobert<br />

die Rolle des Ebenezer Scrooge spielt und<br />

von seinen Neffen, die sich kurzerhand als<br />

Geister verkleiden, zum Weihnachtsfest bekehrt<br />

wird. 1983 kam es zu einem Rendezvous<br />

im Film „Mickys Weihnachtserzählung”, wo<br />

Dagobert wiederum Ebenezer Scrooge ist. Die<br />

Handlung des Films ist noch näher am Klassiker<br />

von Dickens als die beiden vorigen Umsetzungen.<br />

Hier spielen Donald und Micky wichtige<br />

Rollen und die drei Geister der Weihnacht<br />

werden von Jiminy Grille, dem Riesen Willie<br />

und Kater Karlo gespielt. Auch im Comic fand<br />

sich die Dickens-Erzählung wieder: „Ein Weihnachtsmärchen”<br />

(LTB Advent 1) ist eine direkte<br />

Adaption des Films. Ein Jahr vor dem Film gab<br />

es bereits eine deutlich längere Adaption von<br />

Guido Martina und José Colomer Fonts, unter<br />

demselben Titel (Donald Duck 284) oder als<br />

„Die Geister der Weihnacht” (LTB Weihnachten<br />

8). Aber natürlich sind das nicht die einzigen<br />

Berührungspunkte von Dagobert mit Dickens'<br />

berühmtem Misanthropen. In vielen weiteren<br />

Comics kann Dagobert Weihnachten nicht<br />

leiden und kommt erst im Laufe der Handlung<br />

in Weihnachtsstimmung (und manchmal auch<br />

gar nicht). In „Bilanz der „guten” Taten” findet<br />

sich eine interessante Variation der berühmten<br />

drei Geister.<br />

F wie<br />

Erika Fuchs<br />

Dr. Erika Fuchs war ab 1951 die erste Chefredakteurin<br />

der Micky Maus und lange Zeit auch<br />

die einzige Übersetzerin. Daher spielte sie eine<br />

große Rolle dabei, Disney-Comics im deutschen<br />

Sprachraum zu etablieren und bekannt<br />

und beliebt zu machen. Vor allem sind ihrem<br />

Talent viele deutsche Namen von Disney-Figuren<br />

zu verdanken, etwa Tick, Trick und Track,<br />

aber natürlich auch Dagobert. Dem amerikanischen<br />

Scrooge gab Erika Fuchs den Namen eines<br />

Merowingerkönigs des siebten Jahrhunderts.<br />

Aber damit nicht genug. Erika Fuchs bereicherte<br />

die Comics sprachlich und legte Dagobert<br />

Perlen wie „Mir hat auch keiner gesagt,<br />

wie man Kapitalist wird” in den Mund.<br />

G wie Geldspeicher<br />

Ohne seinen Geldspeicher ist Dagobert gar<br />

nichts. Auch wenn er zahllose Vermögenswerte<br />

auf der ganzen Welt sein Eigen nennt,<br />

der Speicher am Glatzenkogel und die Münzen<br />

in dessen Innerem sind ihm doch am liebsten.<br />

Da kann es schon mal sein, dass der Geldspeicher<br />

für ihn selbst zu einem großen Schatz wird<br />

und Dagobert ihn herzt, wenn er etwa als „architektonischer<br />

Schandfleck” beleidigt wird.<br />

Erstmals zu sehen war der formschöne Kubus<br />

in der Geschichte „Eingefrorenes Geld” von<br />

Carl Barks. Und apropos Speicher, das Vorbild<br />

53


ARTIKEL<br />

Dagobert Duck von A bis Z<br />

des Gebäudes ist tatsächlich ein Kornspeicher<br />

oder Heuschober. In manchen Geschichten hat<br />

Dagobert auch mehrere Speicher, doch der<br />

Hauptspeicher ist stets der wichtigste, und alle<br />

werden regelmäßig von den Panzerknackern<br />

und von Gundel angegriffen.<br />

Wie es im Innern des Speichers aussieht, ist<br />

mal ein mehr, mal ein weniger großes Geheimnis.<br />

Fest scheint nur Dagoberts Büro und der<br />

große Geldbehälter zu sein. Don Rosa hat sogar<br />

einen Plan des Gebäudes gezeichnet, der sich<br />

sehen lässt!<br />

H wie Held<br />

Ein alter Knacker als Held? Zu Beginn von Dagoberts<br />

Karriere konnte man sich das so gar<br />

nicht vorstellen. Aber je mehr Barks von Dagoberts<br />

Vergangenheit verriet, desto mehr<br />

wurde klar, dass dieser Enterich ein ganz harter<br />

Hund war – und das auch heute noch sein<br />

kann, wenn er etwa seinen Besitz gegen die<br />

Panzerknacker oder Gundel Gaukeley verteidigen<br />

muss. Die ikonischste Szene ist dabei wohl<br />

die einst sträflicherweise gestrichene Saloonschlägerei<br />

aus „Wiedersehen mit Klondike”:<br />

Der junge Dagobert verdrischt zwanzig Männer<br />

auf einmal. Don Rosa setzte genau da noch einen<br />

drauf, indem er Dagobert einen ganzen<br />

Dampfer zerstören ließ. Manchen Lesern ging<br />

das zu weit, aber Rosa meinte, dass man diese<br />

Passage nicht „wörtlich” nehmen sollte. Auch in<br />

seinen heutigen Abenteuern führt der Senior<br />

immer noch erstaunliche Stunts durch.<br />

Italienische Künstler machten ihn sogar zu einem<br />

„echten” Superheld, wobei sein Ruf eher<br />

durchwachsen ist. Als weder Phantomias (mit<br />

dem ihn übrigens eine schwierige Beziehung<br />

verbindet) noch Phantomime seinen Geldtransport<br />

beschützen wollen, verkleidet sich<br />

Dagobert schließlich selbst als „maskierter Zylinder”.<br />

Die Idee kehrte noch einige Male zurück<br />

– es gab eine Fortsetzung in Brasilien, einen<br />

Auftritt im Rahmen der Serie „Ultrahelden” (auf<br />

Deutsch bekam die Heldenidentität hier allerdings<br />

mit „Zylindor” einen neuen Namen) und<br />

einen weiteren Einsatz in einer hypothetischen<br />

Zukunft ohne Daniel Düsentrieb. Auf ähnlichen<br />

Schienen unterwegs waren<br />

die Macher der DuckTales-<br />

Serie, als sie Dagobert 1989<br />

als „maskierten Enterich”<br />

(Masked Mallard) auftreten<br />

ließen.<br />

54


ARTIKEL<br />

Dagobert Duck von A bis Z<br />

I wie Intellekt<br />

„Ich bin reich geworden, weil<br />

ich zäher war als die Zähsten<br />

und schlauer als die Schlausten!<br />

Und ich bin dabei ein ehrlicher<br />

Mann geblieben!” Ein<br />

Leitsatz, würdig des reichsten<br />

Erpels der Welt. Auch<br />

wenn Dagobert Duck sich<br />

über die Jahre viele Feinde<br />

angeeignet hat, handelte er<br />

stets moralisch und fair, angeblich<br />

– einige Ausnahmen<br />

gibt es immer... Was aber sicher<br />

ist, dass Dagobert immer<br />

ein Ass im Ärmel hat.<br />

Mit seinem unglaublichen<br />

Sinn für Geschäfte, ist es für<br />

ihn ein leichtes Spiel ein gutes<br />

Geschäft zu erspähen<br />

und erfolgreich abzuwickeln.<br />

Oder wenn er mal wieder auf einer Expedition<br />

ist, kann er mit seiner superfeinen<br />

„Nase” Gold das meilenweit entfernt ist, aufspüren.<br />

Da Dagobert nicht mehr der Jüngste ist,<br />

nimmt er immer eine Begleitperson mit, seinen<br />

Neffen Donald zum Beispiel. Auch wenn dieser<br />

quasi nie freiwillig mitgeht, doch leider hält ihm<br />

sein Onkel Dagobert immer seine Schuldenliste<br />

entgegen, da gibt<br />

es kein Entkommen.<br />

Trotzdem kann sich Donald<br />

einer Expedition<br />

entwischen, wenn sich<br />

Dagobert einen anderen<br />

Partner aussucht:<br />

Primus, Daisy und auch<br />

schon Daniel Düsentrieb<br />

durften ihn begleiten.<br />

Letzterer hilft dem<br />

Fantastilliardär aber lieber<br />

mit Erfindungen.<br />

Aus dem Hause Düsentrieb<br />

kommt nämlich<br />

das berüchtigte Abwehrsystem<br />

des Geldspeichers!<br />

Jedes Mal<br />

werden Dagoberts<br />

Feinde, die Panzerknacker oder Gundel Gaukeley,<br />

mit einer neuen Falle beseitigt. Aber wie es<br />

nun mal mit Technologie ist: immer wieder gibt<br />

es Pannen, und die Einbrecher<br />

kommen näher als gewollt and<br />

die „geliebten Talerchen”. Doch<br />

auch für eine solche Situation<br />

hat Dagobert vorgesorgt: seine<br />

gute alte Flinte (mit Salz beladen)<br />

hat ihn noch nie im Stich<br />

gelassen.<br />

J wie Jubiläum<br />

Vor 75 Jahren erschien zum<br />

ersten Mal ein Comic mit dem<br />

noch etwas unausgereiften<br />

Dagobert Duck, „Christmas on<br />

Bear Mountain”. Genau zehn<br />

Jahre später gab es diese Geschichte<br />

auch endlich auf<br />

Deutsch als „Die Mutprobe”. Allerdings<br />

waren da schon Dutzende<br />

andere Geschichten mit<br />

dem Fantastilliardär auf<br />

Deutsch erschienen, die erste dürfte „Geld fällt<br />

vom Himmel” in Micky Maus 3/1952 sein.<br />

Dagoberts Verhältnis zu seinem Geburtstag ist<br />

ähnlich gespalten wie das zu Weihnachten.<br />

Und wie alt ist er nun tatsächlich? Wenn er tatsächlich<br />

vor 1900 beim Goldrausch am Klondike<br />

war, müsste er heute<br />

deutlich über hundert sein.<br />

In der neuen DuckTales-<br />

Serie gibt es dafür eine Erklärung,<br />

während Don<br />

Rosa es vorzieht, seine Geschichten<br />

in den <strong>50</strong>ern und<br />

60ern spielen zu lassen,<br />

um diese Widersprüche zu<br />

vermeiden. In seiner Vorstellung<br />

dürfte Dagobert<br />

1967 im Alter von 100 gestorben<br />

sein.<br />

Schwierig daran ist allerdings,<br />

dass Dagobert damit<br />

bei seinem Debüt bereits<br />

80 wäre – und wenn<br />

man seine späteren Eskapaden<br />

so anschaut, dann wirkt er doch deutlich<br />

vitaler. Tatsächlich könnte man fast meinen,<br />

Dagobert wird eher jünger als älter!<br />

55


ARTIKEL<br />

Dagobert Duck von A bis Z<br />

K wie Klondike<br />

Der Goldrausch am Klondike von 1898 war das<br />

Ereignis, das Dagoberts Leben für immer ändern<br />

sollte. War er zuvor noch ein zwar aufstrebender,<br />

aber immer arm bleibender Goldsucher<br />

gewesen, wurde er nun reich. An seinem<br />

Claim, dem White Agony Creek, ergrub er sich<br />

bereits ein kleines Vermögen, darunter das<br />

große Straußeneinugget. Seine Zeit als Goldschürfer<br />

am Klondike, wo er oft so glücklich<br />

war und so viele großartige Abenteuer erlebte,<br />

vergaß er nie und erinnert sich bis heute oft und<br />

gerne daran zurück, meist nicht zum Vergnügen<br />

seines Neffen Donalds. Den Klondike als<br />

bedeutendsten Punkt in Dagoberts Leben hat<br />

Carl Barks definiert und seitdem haben das unzählige<br />

weitere Autoren und Zeichner aufgegriffen.<br />

Schon Barks hat Dagobert drei Mal an<br />

die Stätten seiner kraftstrotzenden Jugend zurückgeführt<br />

und ihn dort etwa abermals nach<br />

Gold suchen lassen. Aber auch nach Barks hat<br />

es Dagobert immer wieder zum Klondike gezogen,<br />

etwa bei Don Rosa oder Vicar oder vielen<br />

anderen.<br />

L wie Liebe<br />

Dagobert ist überzeugter Single, denn eine<br />

Frau käme ihn viel zu teuer, wie er immer sagt.<br />

Aber auch wenn er nie geheiratet hat, gibt es so<br />

einige Frauen, die ihn in ihren Bann geschlagen<br />

haben. Beim Goldrausch am Klondike lernte er<br />

die schöne Nelly kennen, der Stern des Nordens.<br />

Nachdem Nelly ihn bestohlen hatte, verschleppte<br />

er sie auf seinen Claim und ließ sie<br />

für sich arbeiten. Das komplizierte Verhältnis<br />

zwischen den beiden kommt aber nicht ohne<br />

sehr viel Anziehung aus und Dagobert war<br />

schon mindestens einmal knapp daran, Nelly<br />

endlich seine große Liebe zu gestehen und mit<br />

ihr zusammenleben zu können. Auch gealtert<br />

können die beiden sich noch ganz schön umgarnen.<br />

Das Verhältnis zu Gitta ist da ganz anders. Die<br />

blonde Verehrerin Dagoberts, die Romano<br />

Scarpa erfunden hat, scheint ihm vor allem<br />

enorm auf die Nerven zu gehen. Ständig folgt<br />

sie ihm und will ihn unbedingt vor den Traualtar<br />

bitten. Dass sie unzählige Absagen erhält,<br />

kränkt sie tief, ändert aber nichts an ihrer Zuneigung<br />

zu ihrem Bertilieb. In wenigen Geschichten<br />

erkennt man aber, dass auch Dagobert sie<br />

im tiefsten Innern seines Herzens schätzt.<br />

Aber auch weitere Frauen<br />

haben an Dagobert einen<br />

Narren gefressen, etwa die<br />

Dampferkapitänin Gerti<br />

oder die Unternehmerin<br />

Molly McGold.<br />

M wie McDuck<br />

Dagoberts Wurzeln liegen im Herzen Schottlands.<br />

Als letzter Nachfahre des Clans McDuck<br />

ist Dagobert der stolze Eigentümer der Duckenburgh.<br />

Zusammen mit seinen Neffen und<br />

Großneffen hat er dort schon unzählige Geheimnisse<br />

gelüftet. Der Schatz von Sir Donnerbold<br />

und das Vermächtnis der Tempelritter<br />

sind nur zwei der vielen Mysterien, die die Burg<br />

umgeben. Und natürlich prägt Dagobert seine<br />

schottische Heimat, derer er sich würdig erweist,<br />

indem er sparsamer ist als so mancher<br />

waschechter Kiltträger. Nicht nur die Duckenburgh<br />

an sich, auch das Land seiner Ahnen hat<br />

56


ARTIKEL<br />

Dagobert Duck von A bis Z<br />

er schon oft besucht um Schätze zu finden, mit<br />

Schlossgespenstern fertig zu werden oder um<br />

jahrzehntealte Zwiste zu einem glücklichen<br />

Ausgang zu bringen. Hierbei helfen Dagobert<br />

immer wieder die Geister seiner Vorfahren.<br />

Diese sind sehr stolz auf den letzten Spross ihres<br />

ruhmreichen Clans.<br />

N wie Not<br />

Dagobert ist eine Ente, der die Probleme weit<br />

über beide Ohren wachsen. Die Gauner, die ihm<br />

sein sauer erspartes Geld abknöpfen wollen,<br />

versetzen ihn immer wieder in enorme Nöte<br />

und da rauszukommen ist gar nicht so einfach.<br />

Denn was macht Dagobert, wenn ihm die Panzerknacker<br />

doch wider Erwarten sein Vermögen<br />

abgeknöpft haben? Zunächst einmal bricht<br />

er in Wehklagen aus, erst dann denkt er sich einen<br />

Trick aus, um sein Geld zurückzugewinnen.<br />

Oft ist auch schon der Verlust eines Talers<br />

Grund genug für tiefe Verzweiflung. Und wenn<br />

er damit einmal keine Probleme hat, dann<br />

bestimmt mit schädlichen Insekten wie Motten,<br />

mit Mäusen oder anderem Getier, das sein Geld<br />

annagt. Darüber hinaus hat Dagobert immer<br />

wieder Gedächtnisschwund und leidet an äußerst<br />

seltenen Krankheiten wie Geldallergie,<br />

Rhodiumfieber oder Bankiersjucken. Reich sein<br />

ist eben auch nicht lustig.<br />

O wie Onkel<br />

Die „Veronkelung” ist ein sehr gängiges Thema<br />

im Disney-Comic. Ob es nun daran liegt, dass<br />

eine Figur auch alleine auftreten darf, ohne<br />

dass man sich gleich fragt, wo ihre Eltern oder<br />

Kinder denn nun sind – oder daran, dass man<br />

den Leser*innen nicht zumuten will, dass sie<br />

sich die Hauptfiguren bei der Fortpflanzung<br />

vorstellen… Jedenfalls ist ein Großteil der neu<br />

eingeführten Figuren Onkel, Tante, Vetter oder<br />

Cousine. Dagobert Duck ist da keine Ausnahme;<br />

tatsächlich ist der Verwandtschaftsgrad<br />

so sehr mit seinem Namen verbunden,<br />

dass man „Onkel” beinahe als Teil seines Namens<br />

betrachten kann. So laufen Comics oder<br />

Reihen mit ihm als Hauptfigur auch nicht unter<br />

„Scrooge McDuck” (mit Ausnahme von „Sein<br />

Leben, Seine Milliarden”), sondern unter „Uncle<br />

Scrooge”. Im Deutschen oder Italienischen („Zio<br />

Paperone”) etwa ist das nicht anders. Und<br />

Phantomias rutscht mehrmals ein verräterisches<br />

„Onkel” heraus.<br />

57


ARTIKEL<br />

Dagobert Duck von A bis Z<br />

Bei Dagoberts Erstauftritt wird erklärt, dass Donald<br />

ihn kaum kennt und Tick, Trick und Track<br />

ihn noch nie getroffen haben. Don Rosa hat<br />

später versucht, das logisch aufzulösen. Streng<br />

genommen, ist Dagobert eigentlich nur für Donald<br />

und seine Schwester Della ein Onkel. Tick,<br />

Trick und Track nennen ihn dennoch Onkel,<br />

auch wenn er in Wahrheit ihr Großonkel ist.<br />

Aber das Onkelige ist ja oftmals nicht auf die<br />

tatsächliche Neffen- und Nichtenschaft beschränkt.<br />

So betrachtet auch Daisy ihn als ihren<br />

Onkel. Gustav, Dussel oder Franz nennen ihn<br />

ebenfalls so; etwas verwirrend in dem Zusammenhang,<br />

dass Gustav und Donald um Dagoberts<br />

Erbe konkurrieren – mit den geläufigen<br />

Stammbäumen passt das eigentlich<br />

nicht wirklich zusammen.<br />

hat sich die<br />

Anzahl und<br />

auch die Intelligenz<br />

der<br />

Panzerknacker<br />

im<br />

Laufe der<br />

Zeit stark<br />

gewandelt.<br />

Waren sie<br />

bei Barks<br />

noch zu<br />

sechst (oder<br />

noch mehr)<br />

und ernstzunehmende,<br />

intelligente<br />

Gegner, wandelten sie sich besonders in italienischen<br />

Comics zu drei recht einfältigen, aber<br />

sympathischen Zeitgenossen, die abwechselnd<br />

einen Wohnwagen und ihre traute, gemütliche<br />

Zelle im Knast bewohnen. Bereits<br />

Barks erfand einen Opa für die Panzerknacker,<br />

der in den italienischen Geschichten zum Kopf<br />

der Bande wird und wesentlich intelligenter ist<br />

als seine drei Enkel. Weitere Autoren und<br />

Zeichner fügten das Familiengenie IQ-176<br />

(auch manchmal nur Iku oder IQ genannt), den<br />

Hund Achtmalacht und viele weitere Panzerknacker<br />

mit teilweise genialen Fähigkeiten<br />

hinzu. Doch allen Panzerknackern ist stets gemein,<br />

dass sie es nie schaffen werden, an Dagoberts<br />

Geld zu kommen!<br />

P wie Panzerknacker<br />

Die wohl größten Feinde von Dagobert<br />

Duck: die Panzerknacker. Seit ihrem Erstauftritt<br />

in „Der Selbstschuß” (1951) von Carl<br />

Barks bereiten sie dem Geizkragen immer<br />

wieder aufs Neue Ärger. Dabei benutzen<br />

die Panzerknacker alle möglichen Tricks,<br />

um an Dagoberts Vermögen zu gelangen.<br />

Selten schaffen sie es, kurzfristig dessen<br />

ganzes Geld zu stehlen, wie in „Die Linsen<br />

aus Babylonien” oder „Der arme reiche<br />

Mann”. Oft scheitern sie aber kläglich. Dabei<br />

58


ARTIKEL<br />

Dagobert Duck von A bis Z<br />

Q wie Quack<br />

Quack der Bruchpilot (org. Launchpad<br />

McQuack) ist Onkel Dagoberts gut gelaunter<br />

Pilot in der TV-Zeichentrickserie „DuckTales”.<br />

Darin behauptet er regelmäßig, dass er alles<br />

fliegen könne, was Flügel habe. Sein Faible für<br />

Fahr- und Flugzeuge aller Art nimmt bereits in<br />

der zusammenhängenden Pilotfolge seinen<br />

Lauf, als Onkel Dagobert und Daniel Düsentrieb<br />

noch einen waghalsigen Piloten suchen,<br />

der Herrn Düsentriebs Kondor-Flieger steuern<br />

kann. In der Serie sitzt Quack am Steuer von riesigen<br />

Transportmaschinen, winzigen ausklappbaren<br />

Koffer-Flugzeugen und superschnellen<br />

Düsenjets, aber auch von U-Booten oder Zeitmaschinen.<br />

Sein Markenzeichen allerdings ist<br />

der rote Doppeldecker, den er angeblich selbst<br />

gebaut hat. Um sein Image als vorbildhafter<br />

Held zum Anfassen vor Tick, Trick und Track<br />

oder dem schlichten Doofy nicht zu verlieren,<br />

wächst Quack oft über sich hinaus und pflegt<br />

auch zu seinem Boss „Mr. McD.” ein freundschaftliches<br />

Verhältnis. Später zieht Quack<br />

nach St. Erpelsburg und schafft es irgendwann,<br />

vom treusten Fan zum Sidekick und Piloten des<br />

Superhelden „Darkwing Duck” zu werden. Im<br />

„DuckTales Reboot” von 2017 ist Quack als Onkel<br />

Dagoberts Chauffeur tätig, träumt aber insgeheim<br />

von der Fliegerei. Als Comicfigur ist er<br />

z.B. in den „LTB DuckTales” anzutreffen.<br />

R wie Don Rosa<br />

Keno Don Hugo Rosa ist einer der größten<br />

Barks-Fans und hat dieser Leidenschaft<br />

schließlich auch in offiziellen Disney-Comics<br />

frönen dürfen. Durch seine ziemlich strenge Interpretation<br />

der Barks'schen Fakten und<br />

dadurch, dass seine Comics oft Klassiker von<br />

Barks fortsetzen, ist so etwas wie ein „Barks-<br />

Rosa-Kanon” entstanden, auch wenn manche<br />

Barks-Puristen den Künstler aus Kentucky despektierlich<br />

als „Erbschleicher” bezeichnen. Rosas<br />

Werk ist dennoch enorm populär; alleine<br />

die immerhin mit dem Will-Eisner-Award ausgezeichnete<br />

zwölfteilige Dagobert-Biografie<br />

„Sein Leben, Seine Milliarden” (plus diverse Zusatzkapitel)<br />

dürfte eine der am häufigsten<br />

nachgedruckten Disney-Comicserien sein. Alleine<br />

das macht Don Rosa zu einem der Künstler,<br />

die Dagobert Duck geprägt haben, auch<br />

wenn „Der Sohn der Sonne”, sein erster offizieller<br />

Disneycomic und zeichnerisch noch etwas<br />

unsicher (viele Posen sind aus Barks-Geschichten<br />

kopiert), erst 1987 erschien, also fast vierzig<br />

Jahre nach dem Debüt der Figur. Sein Tuschestrich<br />

ist unverkennbar und sein gerne trockener<br />

Humor bringt ebenfalls neue Facetten in<br />

den Duck-Kosmos ein. Mit Molay und dem<br />

Schwarzen Ritter hat er zudem immerhin zwei<br />

eindrückliche Figuren erschaffen.<br />

59


ARTIKEL<br />

Dagobert Duck von A bis Z<br />

Leider ist der charakterstarke Amerikaner auch<br />

immer wieder mit seinen Vorgesetzten bei Disney<br />

in Konflikt geraten. So verließ er die Comicarbeit<br />

bereits 1989 kurzzeitig, weil Disney es<br />

seinem damaligen Verlag Gladstone verboten<br />

hatte, den Künstlern ihre Originalseiten zurückzugeben<br />

(eine wichtige Einnahmequelle für<br />

Rosa, der als Disneyzeichner weniger verdiente<br />

als mit seinem vorigen Job). 2006 beendete er<br />

schließlich seine Karriere, da ihn die Arbeit auslaugte<br />

und er sich dafür durch das Disney-Lizenzsystem<br />

nicht ausreichend belohnt sah.<br />

Neuen Ärger gab es jüngst: Zwar ist der<br />

Tabubruch, dass Dagoberts Eltern in SLSM<br />

sterben, kein Problem, jedoch wird der von<br />

Rosa wiederbelebte Zombie Bombie mittlerweile<br />

offenbar als möglicherweise politisch unkorrekt<br />

angesehen.<br />

S wie Sekretärin<br />

In „Der Midas-Effekt” von 1961 feiert nicht nur<br />

die Zauberin Gundel Gaukeley ihr Debüt, sondern<br />

auch Dagoberts Sekretärin, Fräulein Rita<br />

Rührig. (Englischer Originalname: Emily Quackfaster.)<br />

Seitdem ist sie treu an seiner Seite. Die<br />

Charakterisierung und ihr Aussehen variieren<br />

dabei allerdings so stark, dass manche Fans<br />

von unterschiedlichen Figuren ausgehen. Die<br />

von Barks eingeführte und von Tony Strobl, Vicar<br />

oder Don Rosa übernommene Figur ist eine<br />

ältere Dame mit grauen Haaren, die sie zu einem<br />

strengen Dutt gebunden hat (manchmal<br />

steckt noch ein Bleistift in der Frisur), und von<br />

derselben Statur wie Dagobert oder Dorette<br />

Duck. In Italien hingegen machte Giuseppe<br />

Perego die Sekretärin bereits in den späten<br />

Sechzigern größer und attraktiver, zudem wurden<br />

ihre Haare gerne blond eingefärbt. Bei italienischen<br />

Künstlern gab es in den Folgejahren<br />

die unterschiedlichsten Darstellungen, aber die<br />

großgewachsene Blondine mit der raumgreifenden<br />

Frisur und dem ausgeprägten Schnabel<br />

hat sich nicht zuletzt dank ihres Einsatzes durch<br />

Giorgio Cavazzano und Silvia Ziche (unvergesslich:<br />

„Wettkampf der Paare” und „Eine unglückliche<br />

Liebe”) mittlerweile durchgesetzt. Das italienische<br />

Fräulein Rührig hat auch deutlich<br />

mehr Persönlichkeit und wird besonders von<br />

Ziche gerne als Teil einer Gruppe von Freundinnen<br />

gezeigt, zu denen auch Oma Dorette,<br />

Daisy und Gitta Gans gehören.<br />

Ein Grund dafür, warum in Italien die „große”<br />

Sekretärin bevorzugt wird (in dänischen oder<br />

holländischen Geschichten sieht sie immer<br />

noch so aus wie bei Barks), dürfte auch darin<br />

liegen, dass sie oft zusammen mit Butler<br />

60


ARTIKEL<br />

Dagobert Duck von A bis Z<br />

Baptist auftritt und im Vergleich mit ihm ansonsten<br />

unpassend klein aussehen würde.<br />

Baptist ist eine italienische Erfindung, die sich in<br />

Rodolfo Ciminos Comics langsam seit „Zug um<br />

Zug” von 1961 (ein halbes Jahr vor „Der Midas-<br />

Effekt” erschienen!) entwickelt. Sein Aussehen<br />

(und zu Beginn auch sein Name!) ist ebenfalls<br />

weiterhin im Fluss, so hatte<br />

er lange Zeit keine Haare<br />

oben auf dem Kopf, sondern<br />

nur seitlich – mittlerweile ist<br />

seine Frisur aber oft deutlich<br />

zusammenhängender.<br />

Baptist nicht ganz unähnlich<br />

ist auch Johann, Dagoberts<br />

Butler in DuckTales. Vorläufer<br />

gab es bereits bei Barks,<br />

allerdings ist der Butler aus<br />

„Die sieben Städte von Cibola”,<br />

der auch von einigen<br />

anderen Zeichnern eingesetzt<br />

wurde, optisch dann<br />

doch deutlich von Baptist<br />

oder Johann unterscheidbar.<br />

In DuckTales hat Dagobert<br />

auch noch eine Haushälterin<br />

bzw. Betreuung für seine<br />

Großneffen namens Frieda (Mrs. Beakley).<br />

Diese hat mit Fräulein Rührig den grauen Dutt<br />

gemein, ist allerdings weitaus voluminöser.<br />

Eine weitere Cimino-Erfindung ist ein Roboter-<br />

Butler namens Robin oder Robbi (je nach Übersetzung;<br />

italienisch „Camillino”).<br />

Wissen ist durchaus nützlich. Einmal konnte<br />

Dagobert seinen Erbneffen Donald nur deshalb<br />

in den Tiefen des Geldspeichers finden, weil er<br />

genau weiß, wo bestimmte Münzen gelagert<br />

sind. Apropos Donald. Dessen Hauptbeschäftigung<br />

ist es, die Münzen seines Onkels zu polieren.<br />

Hier sei noch ein grobes Missverständnis<br />

zurechtgerückt:<br />

Dagobert bewahrt seine Münzen<br />

wegen ihrem ideellen Wert<br />

auf. Dass viele von ihnen äußerst<br />

selten und daher an sich<br />

ein kleines Vermögen wert sind,<br />

interessiert ihn gar nicht.<br />

T wie Taler<br />

Was im amerikanischen Original und in<br />

den meisten anderen Sprachen Dollars sind,<br />

sind im Deutschen dank der Übersetzung von<br />

Dr. Erika Fuchs die Taler. Dagobert hat sehr,<br />

sehr, sehr viele davon. Ob es nun 13 Trillionen<br />

oder 9 Fantastilliarden sind, jedenfalls<br />

sind es mehr als genug, um<br />

nach Belieben hineinzuspringen, einzutauchen<br />

wie ein Maulwurf und sich<br />

das Geld auf die Glatze prasseln zu lassen.<br />

Dagobert liebt jeden einzelnen<br />

seiner Taler, als wären es seine Kinder,<br />

und er weiß auch von jedem einzelnen<br />

Geldstück im Speicher,<br />

wann und wo er es verdient<br />

hat. Dieses<br />

61


ARTIKEL<br />

Dagobert Duck von A bis Z<br />

U wie Unternehmer<br />

Dagobert ist ein wahrer Großunternehmer: Er<br />

besitzt Automobilfabriken und Apfelbaumplantagen,<br />

Erdölfelder und Eiscremegeschäfte,<br />

Museen und Mistplätze, Spinnereien<br />

und Sportclubs, Zwiebelfarmen und Zylinderproduktionen.<br />

In jedem Geschäftszweig, der<br />

Geld zu bringen verspricht, hat er seine Finger<br />

drin. Und überall auf der Welt hat er seine Dependancen,<br />

ist also ein bedeutender Wirtschaftsfaktor.<br />

Dagoberts Geschäfte dehnen<br />

sich aber auch auf den Weltraum aus und der<br />

Fantastilliardär dürfte öfter Raketen ins All geschossen<br />

haben als irgendwer sonst. Bei seinen<br />

unternehmerischen Tätigkeiten hilft Dagobert<br />

sein großes Talent, gute Geschäfte buchstäblich<br />

wittern zu können und eine Überredungskraft<br />

zu haben, die ihresgleichen sucht.<br />

Wer sonst wäre wohl dazu imstande, Kühlschränke<br />

in der Arktis und Öfen in den Tropen<br />

verkaufen zu können, oder Sand in der Sahara<br />

und Wind an holländische Windmühlenbesitzer?<br />

W wie Walt Disney<br />

Ohne Walter Elias Disney gäbe es Dagobert<br />

Duck nicht. Ja, ohne ihn gäbe es nicht einmal<br />

den <strong>Bertel</strong>-<strong>Express</strong>. Ohne Disney hätten wir<br />

nicht die vielen spannenden Figuren, zu denen<br />

man noch so viel forschen kann. Disney hat dafür<br />

gesorgt, dass Dagobert Duck als Ente auftritt,<br />

sonst wäre Dagobert vielleicht ein Truthahn<br />

oder etwas noch Seltsameres geworden.<br />

V wie Van Horn<br />

William Van Horn erschuf Dagoberts ersten<br />

Halbbruder: den gefrässigen und faulen Dietram<br />

Duck. Das genaue Gegenteil von Dagobert?<br />

Fast. Beide sind nämlich unheimlich sparsam!<br />

In Italien wurden für das Geburtstagskind<br />

auch andere Geschwister erfunden. Oma Duck<br />

ist dort z.B. seine Schwester. Und als Bruder<br />

wurde Dettmar Duck von Romano Scarpa eingeführt.<br />

Don Rosa etablierte für Dagobert seine<br />

Schwester Dortel und Mathilda Duck: Eine ganz<br />

schön grosse Familie!<br />

X markiert die Stelle<br />

„Noch nie hat ein X irgendwo, irgendwann einen<br />

bedeutenden Punkt markiert!” klärt College-Professor<br />

Dr. Henry Jones seine Studenten<br />

über den verbreiteten Irrtum der Archäologie<br />

in „Indiana Jones und der letzte Kreuzzug”<br />

auf. Eine gute Stunde Film später blickt der<br />

kundige Abenteurer auf den Boden einer historischen<br />

Bibliothek in Venedig und erkennt unter<br />

seinen Füßen eine monumentale römische<br />

Zehn, die den Ort eines geheimen Eingangs<br />

markiert. Filmproduzent George Lucas, der für<br />

die Indiana-Jones-Tetralogie verantwortlich<br />

zeichnete, liebte solchen Humor aus den Duck-<br />

62


ARTIKEL<br />

Dagobert Duck von A bis Z<br />

kanadisch-britische Schauspieler mit schottischen<br />

Wurzeln schlüpfte erstmalig für „Mickys<br />

Weihnachtserzählung” (1983) in die Sprechrolle<br />

des Dagobert Duck, die den Produzenten der<br />

TV-Zeichentrickserie „DuckTales” (1987 bis<br />

1990) so gut gefiel, dass Young sich auch im Kinofilm<br />

„DuckTales – Jäger der verlorenen<br />

Lampe” (1990) etablierte. Youngs Faible für die<br />

Figur, mit er laut herumschnattern oder bei Bedarf<br />

auch sanfte, liebevolle Töne mitschwingen<br />

lassen konnte, setzte sich bei TV-Produktionen<br />

wie „Neue Micky Maus Geschichten” (1999 bis<br />

2000) oder „Mickys Clubhouse” (2001 bis 2003)<br />

fort. Noch im hohen Alter von 94 Jahren kehrte<br />

er für das Videospiel „DuckTales Remastered”<br />

(2013) zu seinem Lieblingserpel zurück und<br />

sprach dutzende Voice-Clips ein.<br />

Comics seiner Jugend, in der er vor allem die<br />

Abenteuergeschichten aus der Feder von Carl<br />

Barks verschlang. So ist es kein Zufall, dass Indiana<br />

Jones zu Beginn seines ersten Blockbusters<br />

vor einem rollenden Felsen aus einem verlorenen<br />

Tempel flieht, aus dem er gerade eine<br />

Götzenfigur gestohlen hat: Die Vorlage für<br />

haargenau diese Szene bildete „Die sieben<br />

Städte von Cíbola”. Auch im zweiten Teil „Indiana<br />

Jones und der Tempel des Todes” kupferten<br />

die Kinomacher beim kultigen Comic „Das<br />

Gold der Inkas” ab, wo eine verschollene Mine<br />

von einem riesigen Wasserschwall zum Einsturz<br />

gebracht wird. Nach Carl Barks, der Onkel<br />

Dagoberts Ader für Schatzsuchen erstmalig in<br />

„Das Gespenst der Duckenburgh” aufleben ließ<br />

und den Duck-Clan auf die Suche nach dem<br />

goldenen Vlies, dem Stein der Weisen oder der<br />

Krone der Mays schickte, ersann vor allem Don<br />

Rosa neue Abenteuer. Bei ihm stießen die<br />

Ducks u.a. auf den Schatz von König Krösus,<br />

das Gold aus dem Tempel von Manco Cápac<br />

und dem Goldsee von Eldorado sowie schließlich<br />

auf die Krone der Kreuzfahrerkönige und<br />

den Schatz der Tempelritter.<br />

Y wie Alan Young<br />

Seine unverwechselbare Stimme mit dem ulkigen<br />

schottischen Akzent erhielt Onkel Dagobert<br />

in den Zeichentrickproduktionen jahrzehntelang<br />

von Alan Young (1919 – 2016). Der<br />

Z wie Zehner<br />

Was wäre Dagobert ohne seinen geliebten<br />

Glückszehner? Seine erste selbstverdiente<br />

Münze begleitet ihn seit dem Tag, als er sie mit<br />

zehn Jahren beim Schuheputzen in Glasgow<br />

verdiente. Er hätte es jedenfalls ohne sie nie<br />

zum reichsten Mann der Welt geschafft, denn<br />

stets war ihm der Zehner Ansporn, mit seinen<br />

eigenen Händen ein Vermögen verdienen zu<br />

können. Bei so manchem schwierigen<br />

63


Dagoberts geschäftlicher Erfolg teilweise<br />

hängt. In einigen Geschichten hat der Zehner<br />

sogar magische Kräfte!<br />

Unterfangen hat sich der Zehner auch schon<br />

als Rettung erwiesen, etwa als er nur dank der<br />

Münze und des Bindfadens, mit dem sie befestigt<br />

ist, ein Duell mit seinem Dauerkontrahenten<br />

Mac Moneysac gewonnen hat. Aber auch in anderen<br />

Gelegenheiten hat der Zehner sich<br />

schon oft als Glücksbringer erwiesen, an dem<br />

Deshalb sind auch seine schlimmsten Gegner<br />

wie Gundel Gaukeley immer hinter dem Zehner<br />

her. Die neapolitanische Hexe plant sogar,<br />

die Münze im Vesuv zu einzuschmelzen und ihr<br />

selbst ein Amulett daraus zu schmieden. Dieses<br />

würde Gundel zur mächtigsten Hexe der<br />

Welt machen und ihr erlauben, alles in Gold zu<br />

verwandeln, was sie berührt. Gundel hat sich<br />

schon abertausende Hexentricks einfallen lassen<br />

und Dagobert versucht mit Meteoriten, Killerpflanzen<br />

oder Vergessenszauber den heißbegehrten<br />

Zehner abzujagen, doch immer vergebens.<br />

ALLES GUTE ZUm 75. Geburtstag, BERTEL!<br />

64


COMIC<br />

Mode, Musik und Make-up<br />

Story & Zeichnungen: Ivan Saidenberg, Übersetzung: Luis Bärenfaller, (Entstehung: 1993)<br />

65


COMIC<br />

Mode, Musik und Make-up<br />

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COMIC<br />

Mode, Musik und Make-up<br />

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COMIC<br />

Mode, Musik und Make-up<br />

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COMIC<br />

Mode, Musik und Make-up<br />

69


COMIC<br />

Mode, Musik und Make-up<br />

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ARTIKEL<br />

Die Maus der Moderne<br />

Die Maus der Moderne<br />

von Duck-Mouse-Forscher und Spectaculus<br />

Viele Disney-Fans bevorzugen vor allem alte<br />

Geschichten. Dies gilt auch für Maus-Geschichten.<br />

Unter „alten Meistern der Maus”<br />

versteht man vor allem Künstler wie Floyd<br />

Gottfredson, Bill Wright, Paul Murry, Romano<br />

Scarpa, Massimo de Vita und noch viele mehr.<br />

Carl Barks zeichnete nur eine einzige Maus-Geschichte,<br />

nämlich „Rätsel um einen roten Hut”<br />

(welche im April 1945 entstand, aber erst im<br />

August des gleichen Jahres veröffentlicht<br />

wurde).<br />

Schauen wir uns zuerst mal den frühen Micky<br />

an: Er wurde durch den Film „Steamboat Willie”<br />

bekannt, hatte aber seinen Erstauftritt im<br />

Stummfilm „Plane Crazy”. In seinen ersten Filmen<br />

(und auch Comics) war er noch ziemlich<br />

frech und auch ein bisschen albern. Jedoch<br />

wurde Micky schnell sehr artig und auch besserwisserisch.<br />

Walt Disney meinte selbst, dass<br />

die Figur langsam zu langweilig würde und erfand<br />

daher die Figur Donald Duck, die bis heute<br />

populärer ist als Micky. Doch Micky war noch<br />

nicht untergegangen: Gottfredson schuf weiter<br />

an den täglich erschienenen Comicstrips, in denen<br />

Micky weiterhin ein attraktiver Charakter<br />

war. Doch in ein paar Geschichten musste auch<br />

Donald auftreten, sonst wäre Micky vermutlich<br />

doch untergegangen. Also tauchte Donald in<br />

Geschichten wie „Im Haus der sieben Gespenster”<br />

oder „Presse unter Druck” auf.<br />

In den 40ern tauchte Micky jedoch kaum noch<br />

in Filmen auf, sondern weiter in Gottfredsons<br />

Comic-Strips. Doch nicht nur Donald sollte (auf<br />

der Leinwand) in den Krieg ziehen. Auch auf<br />

den Micky-Comicstrip hatte der Krieg Einfluss,<br />

zum Beispiel in Geschichten wie „Das Nazi-U-<br />

Boot” oder „Die Welt von Morgen”. Zu diesem<br />

Zeitpunkt wurde Bill Walsh Teil des Teams und<br />

übernahm fortan das Texten der Comics, während<br />

Gottfredson sich auf das Zeichnen beschränkte.<br />

Walshs Einfälle waren – obwohl<br />

Gottfredson hier die Messlatte mit Geschichten<br />

wie „Im Netz der Luftpiraten”, „Die Magnetklaue<br />

schlägt zu” oder „Die Insel in den Wolken”<br />

Micky trifft Donald als Zeitungsburschen in „Presse unter Druck”<br />

71


ARTIKEL<br />

Die Maus der Moderne<br />

schon hoch gelegt hatte – bizarrer und teilweise<br />

geradezu grotesk. Walsh setzte auch<br />

mehr auf Übernatürliches und Unerklärliches.<br />

Diese Ära wird oft nicht so positiv bewertet wie<br />

die früheren Geschichten, auch weil Walsh die<br />

Plots teilweise eher zu improvisieren schien,<br />

aber gerade auf die italienischen Künstler hatte<br />

sie unglaublich starken Einfluss.<br />

Über die 19<strong>50</strong>er Jahre verlor der Zeitungsstrip<br />

langsam an Bedeutung, während dezidierte<br />

Comichefte wichtiger wurden. Hier entwickelten<br />

sich zwei getrennte Strömungen. In den<br />

USA wurden die Geschichten meist von Paul<br />

Murry gezeichnet, unter dessen Ägide (sowie<br />

der von Autoren wie Carl Fallberg) der Mäuserich<br />

zu einem eher eindimensionalen Charakter<br />

wurde, der allerdings regelmäßig spannende<br />

Kriminalfälle löste. Neben Kater Karlo wurden<br />

hier Schnauz, Zwerg Zwetschge und der gefährliche<br />

Gregor zu wichtigen Gegnern.<br />

läuteten zeichnerisch beeindruckend die Ära<br />

des kleinformatigen Topolino-Heftchens ein.<br />

Andere Eigenproduktionen aus dieser Zeit waren<br />

allerdings ungelenke Kopien und Remakes<br />

von Gottfredson oder abgepaust von britischen<br />

Zeichnern wie Harold Whitaker („Der Schrecken<br />

des Meeres”, LTB 62).<br />

Gottfredsons Zeitungsstrips hatten sich in Italien<br />

großer Beliebtheit erfreut, aber nachdem<br />

die Ära der Fortsetzungsgeschichten in den<br />

USA 1955 beendet wurde, bestand weiterhin<br />

eine Nachfrage nach langen Abenteuern. Von<br />

nun an produzierten die Italiener diese selbst<br />

(und schufen dabei gerne Sequels zu Gottfredson-Geschichten<br />

wie „Das doppelte Geheimnis<br />

des Schwarzen Phantoms” oder „Die Magnetklaue<br />

schlägt wieder zu”). Hierbei sticht besonders<br />

Romano Scarpa hervor, ein glühender<br />

Verehrer von Gottfredson, der viele Posen vom<br />

Zugleich nahm die Comicproduktion in Italien<br />

wieder Fahrt auf (siehe zur Vorgeschichte<br />

McDucks Artikel in BE 47). Schon 1948 gab es<br />

die ersten italienischen Mauscomics der Nachkriegsära.<br />

„Topolino e il cobra bianco” (noch im<br />

großen Format begonnen) und „Mickys Inferno”<br />

von Guido Martina und Angelo Bioletto<br />

Aus „Der Schrecken des Meeres”<br />

Erste Seite der wohl wichtigsten Geschichte der 60er und 70er und auch eine der<br />

bedeutendsten Maus-Geschichten überhaupt<br />

von Scarpas Werk „Die Irokesenkette”.<br />

72


ARTIKEL<br />

Die Maus der Moderne<br />

Amerikaner übernahm und sich in seinen selbst<br />

geschriebenen Geschichten deutlich an die<br />

verrückten Ideen von Bill Walsh anlehnte, allerdings<br />

mit etwas mehr Fokus auf den großen<br />

Zusammenhang.<br />

Andere Stile pflegten Luciano Bottaro, Giovan<br />

Battista Carpi, Giuseppe Perego oder Pier<br />

Lorenzo de Vita.<br />

Geschichte. „Seoul 1988 – Olympisches Fieber”<br />

(LTB 130), ein Crossover mit den Ducks und den<br />

Mäusen auf 2<strong>50</strong> Seiten.<br />

In den 90ern kamen weitere Talente wie Fabio<br />

Celoni, Silvia Ziche und Paolo Mottura hinzu.<br />

Außerdem zeichnete Massimo de Vita mit<br />

Franco Valussi die längste<br />

Dann begannen die 60er, in denen<br />

auf beiden Seiten des Atlantik<br />

bedeutende Maus-Werke<br />

entstanden. In den USA waren<br />

dies viele dreiteilige Murry-Krimis<br />

und eine Serie rund um das<br />

zurückgekehrte, allerdings etwas<br />

weichgespülte Schwarze<br />

Phantom.<br />

In den 70ern wurden die wichtigen<br />

Geschichten eigentlich nur<br />

noch von italienischen Künstlern<br />

kreiert, u.a. von: Scarpa, Carpi,<br />

Giorgio Cavazzano, Sergio Asteriti,<br />

Giulio Chierchini und Guido<br />

Scala. Bereits in den 60ern begann<br />

auch Massimo de Vita Disney<br />

Comics zu kreieren. Zu Beginn<br />

von seinem Vater Pier Lorenzo<br />

beeinflusst, entwickelte er<br />

bald unter Einfluss von Scarpa,<br />

Cavazzano, Gottfredson, aber<br />

auch Murry einen der beliebtesten<br />

Stile im LTB.<br />

1979 erfand er Professor<br />

Zapotek. In den 80ern erreichte<br />

er wohl seinen Höhepunkt und<br />

erschuf ein unglaubliches Werk,<br />

nämlich die Asgardland-Saga,<br />

eine der gefeiertsten italienischen<br />

Disney-Serien. Darauf<br />

folgten noch „Kampf der Galaxien”,<br />

und zwei Serien rund um<br />

Mickys Vorfahren: „Es war einmal<br />

in Amerika” und „Die Mauser-Chroniken”.<br />

Doch damit war nicht genug: Romano<br />

Scarpa war auch weiterhin<br />

im Geschäft und schuf die<br />

längste nicht unterteilte<br />

Die erste Seite des ersten Kapitels der „Asgardland-Saga”.<br />

73


ARTIKEL<br />

Die Maus der Moderne<br />

komplex, die Zeichnungen stammten von jungen,<br />

oft spanischen Künstlern wie Joaquín<br />

Cañizares Sanchez, Miguel Fernández Martinez<br />

und Xavi (Xavier Vives Mateu). Für Goofy war in<br />

diesem Universum kein Platz und manche Disney-Mitarbeiter<br />

wie DDSH-Redakteur Joachim<br />

Stahl machen die Serie für Mickys weiter<br />

schlechter werdendes Image verantwortlich.<br />

Titelseite von „Seoul 1988”<br />

zusammenhängende Geschichte im LTB der<br />

Hauptreihe, nämlich „Der Tierkreisstein” von<br />

Bruno Sarda. 1991 schufen Giorgio Cavazzano<br />

und Silvano Mezzavilla die Geschichte „Das<br />

verzögerte Telefonat”, welche laut einer Umfrage<br />

der Topolino-Redaktion und der Leser<br />

die beste Geschichte der 90er Jahre werden<br />

sollte.<br />

Aber was auch beliebt wurde, waren Comic-<br />

Reihen mit Micky als „hardboiled detective”.<br />

Bei Egmont hatte man in den 80ern die Linie<br />

von Murry weiterverfolgt, wobei Zeichner wie<br />

Bancells oder Tello Murrys Stil zwar ordentlich<br />

nachahmten, aber nicht denselben Charme<br />

hatten. So galten die Maus-Comics, die oft<br />

auch keine ansprechende Charakterisierung<br />

hatten, als Schwachpunkt der Micky-Maus-<br />

Hefte. Daran musste sich etwas ändern.<br />

Ein Versuch war die Serie „Ein Fall für Micky”,<br />

die von 1994 bis 1995 in einem eigenen 100-seitigen<br />

Taschenbuch erschien. Die Detektivgeschichten<br />

waren nun düster-ernsthaft und<br />

In Italien gab es die in Grundzügen ähnliche Serie<br />

„Mickey Mouse Mystery Magazine” („Micky<br />

Mystery” auf Deutsch) ab 1999 im seit PKNA<br />

bewährten Albumformat, die allerdings im Vergleich<br />

mit EFFM weitaus mehr Humor, schönere<br />

Zeichnungen sowie einen durchgängigen<br />

Handlungsrahmen aufweisen kann.<br />

„Anderville”, die Debütstory, stammt von Tito<br />

Faraci und Giorgio Cavazzano. Leider wurde<br />

auch diese Serie nicht alt und aufgrund des (für<br />

damalige Verhältnisse) schwachen Verkaufs<br />

nach zwölf Kapiteln eingestellt. Zudem hatte es<br />

Schwierigkeiten mit der Disney-”Kontrollbehörde”<br />

gegeben, die damals noch in Paris ansässig<br />

war (heute ist sie in Italien) und der die<br />

recht ruppigen Geschichten ein Dorn im Auge<br />

waren.<br />

Ein Jahr nach Ende von Micky Mystery gab es<br />

2002 eine neue Serie, die tatsächlich Mystery<br />

bot: X-Mickey, auf Deutsch Micky X. Diese<br />

Reihe brachte es auf weitaus mehr Episoden<br />

und feierte auch nach Ende der Albenreihe im<br />

Topolino immer mal wieder eine Rückkehr.<br />

In Dänemark ging man weiter dem Problem der<br />

unbeliebten Maus auf den Grund. Als der Amerikaner<br />

und Gottfredson-Fan Byron Erickson<br />

(u.a. verantwortlich für die Titel der Gottfredson-Fortsetzungsgeschichten)<br />

neuer Redakteur<br />

bei Egmont wurde, wollte dieser die Figur<br />

wieder beliebter machen.<br />

Der Spanier Cèsar Ferioli Pelaez feierte sein<br />

Debüt als Zeichner für italienische Comics in<br />

den 80ern, zeichnete dann allerdings auch für<br />

Hachette, Sanoma und schließlich Egmont in<br />

Dänemark. Dort entdeckte Byron Erickson ihn<br />

und fand Gefallen an Feriolis Stil, der ihn an<br />

Gottfredson erinnerte. Gemeinsam mit Paco<br />

Rodriguez sollte Ferioli die Maus wieder verjüngen.<br />

74


ARTIKEL<br />

Die Maus der Moderne<br />

Das spiegelte sich in einer Abkehr vom bewährten<br />

Detektivschema wider. Stattdessen<br />

sollte Micky wieder mehr wilde Abenteuer wie<br />

die von Erickson selbst geschriebenen Geschichten<br />

„Die unheimliche<br />

Wetter-<br />

Villa” oder „Verschollen<br />

im Marmeluda-<br />

Dreieck” (1994 erschienen)<br />

erleben. Allerdings<br />

war die Umsetzung<br />

oft nicht so<br />

gut wie in Ericksons<br />

eigenen Comics. So<br />

mutierte Micky in Geschichten<br />

wie „Ärger<br />

in den Bergen” zu einem<br />

Donald-artigen<br />

Trampel. Und die kurz<br />

zuvor noch bei „Ein<br />

Fall für Micky” als<br />

Zeichner düsterer<br />

Szenen und hässlicher<br />

Schurken tätigen<br />

Joaquín oder Xavi<br />

wurden nun auch<br />

nicht über Nacht zu<br />

Kinderbuchillustratoren,<br />

dünnten aber (offenbar<br />

auf Anweisung<br />

von oben) ihre Bilder<br />

sehr aus und zeichneten<br />

Micky gerne mal<br />

mit einem übertriebenen<br />

Grinsen.<br />

Während die neuen dänischen Comics im Micky-Maus-Magazin<br />

allerdings durchaus gute<br />

Seiten hatten, kann man dasselbe nicht über<br />

die im Taschenbuchformat sagen. Schon „Im<br />

Königreich der Elfen” von Sarah Kinney und<br />

Joaquín (LTB 128), die vielleicht erste Geschichte<br />

des (wie er später von Fans abschätzig<br />

genannt wurde) „Kaschperlmicky”, zeigte einen<br />

Charakter, der kaum noch als derselbe Micky<br />

Maus erkennbar war, den man im LTB bis dahin<br />

kannte.<br />

Diese Entwicklung wurde schließlich auch optisch<br />

deutlich: Man begann Micky wieder wie<br />

früher (rote, kurze Hose mit gelben Punkten<br />

und schwarzen Schuhen) zu zeichnen. Das<br />

wirkte nicht selten unpassend angesichts ansonsten<br />

voll angezogener Figuren, oder in verschneiter<br />

Gegend. Zum ersten Mal geschah<br />

das im LTB in der Geschichte „Es darf nur einen<br />

geben”, einer der seltenen<br />

LTB-Auftritte<br />

Feriolis. Hier war der<br />

Kurzhosenmicky der<br />

„einzig wahre”, während<br />

die Kopien alle<br />

wie der herkömmliche<br />

Micky aussehen. In<br />

„Das Rätsel der verschwundenen<br />

Socken”<br />

war die kurze<br />

Hose dann schon<br />

Standard, ebenso wie<br />

der seltsame Plot (in<br />

diesem Fall ging es<br />

um sprechende Füße).<br />

Und das war nicht das<br />

einzige Ärgernis. Zeitgleich<br />

mit der stilistischen<br />

Änderung hatte<br />

man nämlich aufgrund<br />

der schlechten Ratings<br />

der Mauscomics<br />

entschieden, dass Micky<br />

in Zukunft nur<br />

noch einen Auftritt pro<br />

LTB haben sollte. Bis<br />

dahin waren es seit<br />

LTB 120 fast immer<br />

mindestens zwei gewesen (früher wechselten<br />

sich vorwiegend Bände ab, die entweder dem<br />

Duck- oder dem Maus-Universum gewidmet<br />

waren). Da die dänischen Comics aber speziell<br />

für das LTB und seine Pendants in den anderen<br />

Ländern produziert wurden, bekamen diese<br />

von nun an fast immer den Platz, der für italienische<br />

Mauscomics aus dem Topolino fehlte.<br />

Zwischen LTB 276 und 296 hatte der italienische<br />

Micky gerade mal drei Auftritte in Form<br />

von Einseitern. Stattdessen konnte man so unausgegorene<br />

Comics wie „Der fingierte Auftrag”<br />

goutieren. Als der Autor Darko Macan<br />

(den man schon von den „verschwundenen Socken”<br />

kannte) zusammen mit Xavi die Geschichte<br />

„Angriff der Riesenpinguine” kreierte,<br />

gab es großes Aufsehen: nicht weil sie so gut<br />

75


ARTIKEL<br />

Die Maus der Moderne<br />

Micky Maus in „Darkenblot – Die Zukunft hat begonnen”<br />

war, sondern (wie es viele Disney Fans bis<br />

heute behaupten), weil sie so schlecht war. Im<br />

Inducks landete sie sogar auf den letzten Platz<br />

aller Disney-Geschichten. Dabei zeigt sie eigentlich<br />

nur – wenn auch diesmal besonders<br />

grotesk – das generelle Problem der kurzhosigen<br />

Maus: Der Charakter ist schwach und wird<br />

hauptsächlich dadurch aufgewertet, dass er<br />

körperliche Mutationen durchmacht. Mit Donald<br />

stellten dieselben Autoren übrigens dasselbe<br />

an (z.B. in „Schlimmer geht immer”), aber<br />

es gab auch immer „normale” Donald-Geschichten.<br />

Nicht so bei Micky, der nun nur noch<br />

als Karikatur existierte.<br />

Die Kritik im deutschen Disney Comics Fan Forum<br />

ging nicht spurlos vorbei. Der neue LTB-<br />

Chefredakteur Peter Höpfner setzte sich für<br />

eine Verbesserung der Taschenbücher ein.<br />

2006 schließlich gab er bekannt, dass es keine<br />

neuen LTB-Comics mit Micky von Egmont<br />

mehr geben würde (außer Crossover mit anderen<br />

Figuren). Das Ende der Kurzhosenära und<br />

die Einführung der „Zweitmaus” (einer Geschichte<br />

rund um Nebencharaktere des Maus-<br />

Universums wie Goofy, Kommissar Hunter oder<br />

Kater Karlo) machte also Platz für italienische<br />

Comics, auch wenn es nach wie vor einen riesigen<br />

Rückstau gab.<br />

Auch in Italien gab es Versuche, die Figur wieder<br />

näher an ihre Ursprünge zu bringen. Hier<br />

stechen besonders die Autoren Tito Faraci und<br />

Francesco Artibani hervor, die gemeinsam mit<br />

Corrado Mastantuono ein Abenteuer produzierten,<br />

in dem Micky ebenfalls seine rote Hose<br />

wieder anzieht, aber nicht völlig seinen Charakter<br />

verliert. „Im Strudel der Zeit” (LTB 267) von<br />

1998, das an Mickys ersten Filmauftritt<br />

„Steamboat Willie” anknüpft, gilt denn auch als<br />

Meilenstein.<br />

Ab 2003 begann in Italien zudem ein bis heute<br />

noch aktives, großes Talent: Andrea Castellan,<br />

besser bekannt unter dem Pseudonym Casty.<br />

Der wurde schnell als neuer Shooting-Star gefeiert<br />

und die deutschen Fans beklagten sich,<br />

dass seine Comics so selten im LTB erschienen.<br />

Unter anderem deshalb wagte man 2011<br />

einen großen Schritt und brachte analog zur<br />

Enten-Edition auch eine LTB-Nebenreihe namens<br />

Maus-Edition heraus, im Rahmen derer<br />

einige Glanzstücke ihren Weg zu uns fanden,<br />

wie das Comeback von Atömchen in „Gefangen<br />

in der Dimension der Schatten” oder das<br />

dystopische „Tutors Welt”.<br />

Casty ist bekennender Fan von Scarpa und<br />

Gottfredson und wird gerne als legitimer Nachfolger<br />

der beiden Vorbilder gehandelt. Zeichnerisch<br />

ist er beiden deutlich näher als<br />

76<br />

Aus „Das ewige Imperium”


ARTIKEL<br />

Die Maus der Moderne<br />

Cavazzano, dessen Micky in Italien zum Standard<br />

geworden ist. Castys Bandbreite als Autor<br />

ist enorm, so beherrscht er dramatische Epen<br />

wie das futuristische und von spektakulären<br />

Kampfszenen durchsetzte „Darkenblot” genauso<br />

wie lustige Kurzgeschichten, in denen<br />

Micky auch mal blöd dastehen darf. Sein Micky<br />

ist weniger ausdrucksstark als der von Faraci<br />

oder Artibani (oder auch Scarpa, der Micky<br />

manchmal regelrecht zum Wüterich machte),<br />

sticht dafür aber durch seine Neugierde und<br />

Empathie hervor.<br />

2015 (auf Deutsch zwei Jahre später in Maus-<br />

Edition 8) kam eine besonders große Geschichte<br />

von Casty heraus. „Das ewige Imperium”<br />

wurde im Inducks auf Platz 32 aller Geschichten<br />

positioniert (Stand: Februar 2023)<br />

und ist damit die höchstbewertete Geschichte<br />

eines noch aktiven Autors und Zeichners im Inducks,<br />

sowie – direkt nach Gottfredsons „Haus<br />

der sieben Gespenster”, aber einen Platz vor<br />

Scarpas „Irokesenkette” – laut Inducks-Algorithmus<br />

die zweitbeste Maus-Geschichte überhaupt.<br />

Momentan konzentriert sich Casty leider vorwiegend<br />

auf das Zeichnen, aber die von ihm<br />

umgesetzten Plots des vielversprechenden<br />

Marco Nucci atmen viel vom selben Geist, den<br />

auch Castys eigene Comics verströmen. Dazu<br />

arbeiten mit Vito Stabile, Pietro Zemelo oder<br />

Francesco Vacca weitere Autoren für Panini,<br />

die Mickys Charakter verstehen. Zeichnerisch<br />

gibt es neben dem eher nostalgischen Stil von<br />

Casty auch deutlich modernere Darstellungen<br />

Von Claudio Sciarrone, Stefano Intini,<br />

Francesco D’Ippolito oder Andrea Freccero. Einen<br />

jugendlichen Micky sieht man seit LTB Premium<br />

Plus 1 an der Seite des ebenso jungen<br />

Donald Duck. Diese Zyklen entstanden übrigens<br />

genau wie „Das große Geheimnis von Micky<br />

Maus” für Disney Publishing Worldwide,<br />

also mit Veröffentlichungen in möglichst vielen<br />

Ländern.<br />

Aber auch die klassischen Stile werden nicht<br />

vernachlässigt: Ende 2022 trat Cristian Canfailla<br />

in die großen Fußstapfen von Massimo de Vita<br />

und zeichnete eine neue Geschichte rund um<br />

das Asgardland, geschrieben von Marco Nucci.<br />

Im MM-M und seinen Nebenreihen gibt es mittlerweile<br />

auch wieder Comics mit einem „normalen”,<br />

komplett angezogenen Micky. Und<br />

auch wenn sie unter dem generellen Problem<br />

leiden, dass Egmont nur noch Kurzgeschichten<br />

produziert, sind darunter auch immer wieder<br />

Lichtblicke. Besonders gerne gesehen ist dabei<br />

als Zeichner Massimo Fecchi (Joaquín hat sich<br />

aber auch gemausert), und bei den Autoren<br />

fällt Jaakko Seppälä immer öfter positiv auf.<br />

Neue Impulse kamen zudem in jüngster Zeit<br />

aus Frankreich. Der Glénat-Verlag ermöglicht<br />

es Künstlern, die wenig mit Disney zu tun haben,<br />

in Alben wie "Mickey's Craziest Adventures"<br />

oder "Horrifikland" ihre eigenen Vorstellungen<br />

umzusetzen. "Micky All-Stars" vereint<br />

gleich dutzende Zeichenstile, aber auch der<br />

Disney-Zeichner Silvio Camboni hat in "Micky<br />

und der verlorene Ozean" sowie "Micky in der<br />

alten Welt" Beeindruckendes geschaffen.<br />

Diese auch als "Nouvelle Maus" bezeichnete<br />

Hommage-Reihe hat wieder etwas mehr Interesse<br />

an der Figur hervorgerufen, auch wenn<br />

im Rahmen der Alben mittlerweile auch Donald-<br />

und Dagobert-Bände erschienen sind.<br />

Fazit: Die Maus ist leider mit der Zeit immer unpopulärer<br />

geworden, ist aber zum Glück nicht<br />

untergegangen und hat noch ihre Daseinsberechtigung.<br />

Künstler wie Casty und Ferioli sorgen<br />

– zum Glück – noch dafür, dass es von der<br />

Maus noch großartige Geschichten gibt und<br />

uns solche hoffentlich auch noch lange erhalten<br />

bleiben. Zum Schluss ein paar Vergleiche<br />

zwischen damaligen und heutigen Zeichnern:<br />

Micky und Pluto in: „Badetag”<br />

77


ARTIKEL<br />

Die Maus der Moderne<br />

Die 30er im Vergleich zu den 2000er Jahren<br />

Zeichnung: Floyd Gottfredson<br />

Aus: Die waghalsigen Walfänger<br />

Zeichnung: Joaquín Cañizares Sanchez<br />

Aus: Das Geheimnis von Venedig<br />

Die 40er im Vergleich zu den 2010ern<br />

Zeichnung: Floyd Gottfredson<br />

Aus: Liebeswirren<br />

Zeichnung: Stefano Intini<br />

Aus: Zum Heulen zumute<br />

78


ARTIKEL<br />

Die Maus der Moderne<br />

Die <strong>50</strong>er im Vergleich zu den 2020ern<br />

Zeichnung: Paul Murry<br />

Aus: Der friedliche Ferienort<br />

Zeichnung: Francesco D'Ippolito<br />

Aus: Düquitanien - Zweiter Teil: Kampf ums Königreich<br />

Die 60er im Vergleich zu den 90ern<br />

Zeichnung: Romano Scarpa<br />

Aus: Der Mann aus Ping-Pong<br />

Zeichnung: Massimo de Vita<br />

Aus: Die Intergalaktische Friedensflotte -<br />

Der Allmeister rettet die Welt<br />

79


80


LESERBRIEFE<br />

„Poche ragazze da quelle parti”<br />

Leserbriefe<br />

Hallo liebes Team vom <strong>Bertel</strong>-<strong>Express</strong>!<br />

Ich habe vor kurzem überhaupt erst erfahren, dass es euch gibt. Und zwar im Donald Duck Sonderheft<br />

425 (ich bin beim Lesen ein wenig in Rückstand).<br />

Ich habe dann sofort eure Seite im world wide web gesucht und dort ein wenig rumgestöbert. Was<br />

soll ich sagen?! Ich bin begeistert und hoffe, dass noch viele Ausgaben vom <strong>Bertel</strong>-<strong>Express</strong> erscheinen<br />

werden. Ich persönlich habe diesbezüglich jetzt noch einiges nachzulesen. Besonders<br />

freue ich mich auf die Interviews.<br />

Ansonsten bin ich 42 Jahre alt und lese seit meiner Kindheit Disney-Comics. Aktuell wären dies<br />

das DDSH (siehe oben) und die Entenhausen Edition. Von Zeit zu Zeit mal ein Lustiges Taschenbuch<br />

oder auch eine Ausgabe vom Micky-Maus-Magazin. Zudem bin ich immer mal wieder auf<br />

der Suche nach älteren Micky-Maus-Ausgaben (von Ende der 70er bis Mitte der 90er) beim Comic-Händler<br />

meines Vertrauens. Meine Begeisterung für Disney-Comics startete mit dem LTB 131<br />

– 60 Jahre Micky! – das war damals ein Geschenk meiner Eltern. Und ich habe das Taschenbuch<br />

(neben vielen anderen) bis heute fein sauber verwahrt.<br />

In der Anlage schicke ich euch noch eine Zeichnung von mir. Ich habe es „Die dunkle Seite von M.<br />

Maus genannt. Ich hoffe, ihr nehmt mir das nicht übel. :)<br />

Liebe Grüße aus dem Saarland.<br />

Euer Ralf<br />

81


GEWINNSPIEL<br />

Teilnahmeschluss: 25. Mai 2023<br />

GEWINNSPIEL<br />

82


INTERNES<br />

Vorschau<br />

VORSCHAU<br />

In der nächsten Ausgabe bringt uns<br />

Simone Cavazzuti mysteriöse Zensuren<br />

in Phantomias-Comics etwas<br />

näher.<br />

Bei Ivan<br />

Saidenberg<br />

macht José<br />

sein eigenes<br />

Comicheft…<br />

…und falls ihr schon immer mal etwas mehr über<br />

Spurobold erfahren wolltet, werdet ihr im BE 51 fündig!<br />

BERTEL-EXPRESS 51<br />

ERSCHEINT<br />

VORAUSSICHTLICH<br />

AM 1. Juni 2023.<br />

83


IMPRESSUM<br />

Ausgabe <strong>50</strong> – 02.03.2023<br />

AUSGABE <strong>50</strong> – 02.03.2023<br />

Chefredakteur (V.i.S.d.P.):<br />

Milian Schwab<br />

Stellvertretung: David Bühring<br />

Mitarbeiter an dieser Ausgabe:<br />

carlfuchs, David Bühring, Debbie Perry, Duck-<br />

Mouse-Forscher, Entenfan, Glückstaler,<br />

Karsten Bracker, Luis Bärenfaller, McDuck,<br />

Mikkel Hagen, Milian Schwab, Poco23, Ronald<br />

Ruck, Sikyurame, Spectaculus, Stefan Binter<br />

Lektorat: Glückstaler, Spectaculus<br />

Gestaltung:<br />

Luis Bärenfaller (Zusammenstellung)<br />

Redaktionsschluss:<br />

02. März 2023<br />

Titelbild:<br />

Idee: Glückstaler, nach Andrea Freccero<br />

Zeichnung: Stefan Binter<br />

Backcover:<br />

Idee: Spectaculus<br />

Zeichnungen: Stefan Binter<br />

Umsetzung: Luis Bärenfaller<br />

Bild Seite 3:<br />

Mikkel Hagen<br />

Internet:<br />

bertel-express.wixsite.com/fanzine<br />

www.issuu.com/bertel-expres<br />

www.yumpu.com/user/bertelexpres<br />

www.twitter.com/<strong>Bertel</strong>_<strong>Express</strong><br />

E-Mail:<br />

bertel-express@gmx.net<br />

Dieses Dokument wurde mit Microsoft Word erstellt und mit Yumpu veröffentlicht .<br />

Alle Bilder und Zeichnungen, sofern nicht anders angegeben, © Disney Enterprises Inc.<br />

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