Urknall der Kunst
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<strong>Urknall</strong><br />
<strong>der</strong> <strong>Kunst</strong><br />
Mo<strong>der</strong>ne trifft Vorzeit<br />
Für das Hessische Landesmuseum Darmstadt<br />
herausgegeben von Martin Faass und Jessica Schmidt<br />
E. A. Seemann
Leihgeber<br />
Inhalt<br />
<strong>Kunst</strong>museum Basel<br />
Museum Schloss Moyland, Bedburg-Hau<br />
Sammlung Artothek des Neuen Berliner <strong>Kunst</strong>vereins (n.b.k.)<br />
Staatliche Museen zu Berlin, Nationalgalerie<br />
Staatliche Museen zu Berlin, Nationalgalerie, Sammlung Scharf-Gerstenberg<br />
Zentrum Paul Klee, Bern<br />
<strong>Kunst</strong>palast, Düsseldorf<br />
Frobenius-Institut, Frankfurt am Main<br />
Sprengel Museum Hannover<br />
Museumslandschaft Hessen Kassel<br />
Sammlung Würth, Künzelsau<br />
Collection Thaddaeus Ropac, London · Paris · Salzburg · Seoul<br />
<strong>Kunst</strong>museum Pablo Picasso Münster<br />
Centre Pompidou, Paris<br />
Sammlung Museum für Druckgrafik, Rankweil<br />
Living Bauhaus <strong>Kunst</strong>stiftung SbR, Schenkendöbern/OT Bärenklau<br />
<strong>Kunst</strong>museum Stuttgart<br />
Archiv Baumeister im <strong>Kunst</strong>museum Stuttgart<br />
Staatsgalerie Stuttgart, Graphische Sammlung<br />
Galerie Haas Zürich<br />
Privatsammlung Tom Holert<br />
Andreas Tschirner<br />
Privatsammlung südliches Oberbayern<br />
7<br />
8<br />
10<br />
20<br />
30<br />
40<br />
50<br />
Vorwort<br />
Martin Faass und Jessica Schmidt<br />
ESSAYS<br />
Leo Frobenius: die Vorzeit als Bild<br />
Richard Kuba<br />
Faszination für das Zeitlose<br />
Im Zeitgeist großer Entdeckungen<br />
Jessica Schmidt<br />
Auf den Spuren von Paul Klees Reise in die Vorzeit<br />
Fabienne Eggelhöfer<br />
Willi Baumeister und Leo Frobenius<br />
Zu ihren vermeintlichen und tatsächlichen<br />
Verbindungen, erläutert am Beispiel <strong>der</strong><br />
Valltorta-Schlucht (Castellón, Spanien)<br />
Harald Floss und Juan Francisco Ruiz López<br />
Joseph Beuys im Dialog mit Urbil<strong>der</strong>n<br />
Gabriele Mackert<br />
Kooperationspartner<br />
60<br />
KATALOG<br />
Geför<strong>der</strong>t durch<br />
154<br />
156<br />
160<br />
ANHANG<br />
Verzeichnis <strong>der</strong> ausgestellten Werke<br />
Impressum<br />
Medienpartner
Faszination<br />
für das<br />
Zeitlose<br />
Im Zeitgeist<br />
großer Entdeckungen<br />
Jessica Schmidt<br />
Wo liegt <strong>der</strong> Ursprung <strong>der</strong> <strong>Kunst</strong>? Dieser Frage ging zu<br />
Beginn des 20. Jahrhun<strong>der</strong>ts nicht nur <strong>der</strong> deutsche Ethnologe<br />
Leo Frobenius nach, als er mit seinen Expeditionsteams<br />
die Höhlen in Europa, Afrika und darüber hinaus<br />
erforschte. 1 Auch die Künstler <strong>der</strong> Mo<strong>der</strong>ne trieb diese<br />
Frage um. Sich zu ihrer Beantwortung prähistorischen<br />
Höhlenmalereien zuzuwenden, scheint aus heutiger Sicht<br />
naheliegend. Doch gilt es zu bedenken, dass zu Beginn des<br />
20. Jahrhun<strong>der</strong>ts die Kenntnis und Akzeptanz einer Urzeit<br />
mit künstlerischen Überlieferungen noch ganz am Anfang<br />
stand. Die wissenschaftlich-archäologische Erforschung<br />
von <strong>Kunst</strong> und Kultur konnte zu dieser Zeit erst für wenige<br />
Fachbereiche eine Vergangenheit von mehr als 150 Jahren<br />
vorweisen. Die für ihre Malereien heute weltweit bekannte<br />
Höhle im nordspanischen Altamira wurde im Jahr 1879<br />
entdeckt. Bis jedoch die Echtheit <strong>der</strong> dortigen Malereien<br />
anerkannt und die Bedeutung dieses Fundes realisiert<br />
wurde, sollte es noch Jahrzehnte dauern. Erst als 1902 in<br />
Frankreich weitere Höhlen mit vorzeitlicher <strong>Kunst</strong> entdeckt<br />
und schließlich gezielt nach weiteren gesucht wurde,<br />
erfuhren auch die Malereien in Altamira die entsprechende<br />
Wertschätzung. 2 Ab dieser Zeit begann das Rätseln um die<br />
Höhlenbil<strong>der</strong> und die Frage, wie sie in die Menschheits- und<br />
<strong>Kunst</strong>geschichte einzuordnen sind. 3<br />
Das Interesse an den Uranfängen <strong>der</strong> <strong>Kunst</strong><br />
prägte schon die Epoche <strong>der</strong> Romantik. Im ausgehenden<br />
18. Jahrhun<strong>der</strong>t gerieten vor allem die Antike und die vorchristlichen<br />
Hochkulturen in den Blick. Daher überrascht es<br />
nicht, dass viele bedeutende archäologische Entdeckungen<br />
in dieser Zeit gemacht wurden und ihrerseits wie<strong>der</strong>um<br />
das Interesse an alten Kulturen weiter befeuerten.<br />
Das Bewusstsein für die schriftlichen lateinischen und<br />
griechischen Quellen war ungebrochen und erreichte eine<br />
neue Stufe <strong>der</strong> Aufmerksamkeit. Man strebte danach,<br />
die beschriebenen Orte zu finden und die geschil<strong>der</strong>ten<br />
Ereignisse durch materielle Überlieferungen belegen zu<br />
können. 4 Zeitgleich gelangen auf dem Gebiet <strong>der</strong> Prähistorie<br />
bedeutende Funde sowie <strong>der</strong>en wissenschaftliche<br />
Interpretation. Der gravierende Unterschied lag jedoch<br />
in ihrem Bekanntwerden. Während die bahnbrechenden<br />
archäologischen Ereignisse, wie die Entdeckungen durch<br />
Heinrich Schliemann in <strong>der</strong> zweiten Hälfte des 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts<br />
o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Fund des Grabs von Tutanchamun durch<br />
Howard Carter 1922 5 , weltweit durch die Printmedien<br />
gingen (Abb. 1), beschränkten sich die vorzeitlichen Entdeckungen<br />
in großen Teilen zunächst auf einen kleineren<br />
Fachkreis. Ähnlich wäre es mit Sicherheit auch den<br />
Funden von Leo Frobenius ergangen, wenn dieser sie nicht<br />
medienwirksam publik gemacht hätte. Die Anfertigung<br />
<strong>der</strong> gemalten Felsbildkopien war entscheidend, um diese<br />
immobile <strong>Kunst</strong> zugänglich und bekannt zu machen. Die<br />
Künstler:innen 6 , die Frobenius auf seinen Expeditionen<br />
mit diesen Reproduktionen betraute, waren ein fester<br />
Abb. 1 Bericht über die Entdeckung des<br />
Grabs von Tutanchamun durch Howard<br />
Carter, in: The Times, 12. Dezember 1922,<br />
20 S. 16<br />
21
Bestandteil <strong>der</strong> Forschungsteams. Durch verschiedene<br />
Maltechniken und Bearbeitungen des Malgrunds gelang<br />
ihnen in den zum Teil maßstabsgetreuen Nachschöpfungen<br />
auf Papier und Leinwand die wirklichkeitsnahe Wie<strong>der</strong>gabe<br />
von Stein und Fels. Diese Technik perfektionierten sie<br />
über Jahre hinweg, sodass die Nachschöpfungen einen<br />
immer authentischeren Charakter erhielten. Hierin liegt das<br />
Alleinstellungsmerkmal dieser Art von Dokumentation. Es<br />
gelang den Künstler:innen sogar eine beson<strong>der</strong>s wichtige<br />
stilistische Eigenart <strong>der</strong> vorzeitlichen Malerei einzufangen:<br />
das Einbinden <strong>der</strong> Beschaffenheit <strong>der</strong> Felswand ins Motiv.<br />
Auf beinahe natürliche Weise wird hierbei ein Riss im Stein<br />
zu den Umrissen eines Bisons o<strong>der</strong> zur Rückenlinie eines<br />
Wildschweins (Abb. 2). Dies galt es auch durch die »Kopien«<br />
zu vermitteln. Dem Zusammenspiel von Malerei, Motiv und<br />
dreidimensionalen Untergrund hätte eine bloße Fotografie<br />
niemals gerecht werden können.<br />
Abb. 2 Darstellung eines Wildschweins (?),<br />
ca. 16 000 – 11 000 v. Chr., Europa, Spanien,<br />
Kantabrien, Altamira, Katharina Marr, 1936,<br />
Aquarell, 119 × 72 cm, Frobenius-Institut,<br />
Frankfurt<br />
Frobenius’ Werbestrategie<br />
Der offensiven Kommunikationsstrategie von Frobenius<br />
ist es zu verdanken, dass die Felsbil<strong>der</strong> <strong>der</strong> Sammlung<br />
bis heute über die Fachgrenzen hinaus bekannt sind. Die<br />
Kombination aus künstlerischer Qualität, eingebettet in<br />
die Geschichten <strong>der</strong> abenteuerlichen und beschwerlichen<br />
Expeditionen zu exotischen Orten und <strong>der</strong> vereinnahmenden<br />
Persönlichkeit Frobenius’ führte dazu, dass<br />
die Nachschöpfungen schon zu ihrer Entstehungszeit als<br />
Sensation und beson<strong>der</strong>e Forschungsleistung anerkannt<br />
wurden. Damals wie heute mussten beziehungsweise<br />
müssen wissenschaftliche Entdeckungen auf nahezu allen<br />
Forschungsgebieten darum kämpfen, über eng gesteckte<br />
Fachkreise hinaus bekannt zu werden und es in den öffentlichen<br />
Diskurs zu schaffen. Worüber gesprochen wird,<br />
generiert Aufmerksamkeit und im besten Fall auch finanzielle<br />
Mittel, um weitere Forschungen voranzutreiben. Um<br />
dieses Problem wusste auch Frobenius und investierte von<br />
Anfang an ein hohes Maß an Energie in die Publikmachung<br />
seiner Forschungsergebnisse. So lud das Frankfurter<br />
Institut unter an<strong>der</strong>em regelmäßig zu Vernissagen und Vorträgen<br />
ein. Zwischen 1912 und 1937 präsentierte er in über<br />
30 Ausstellungen die genannten Felsbildkopien und an<strong>der</strong>e<br />
ethnologische Objekte, nicht nur in Deutschland, son<strong>der</strong>n<br />
in ganz Europa und den USA. Durch mystifizierende Titel,<br />
wie Von Atlantis nach Aethiopien, schuf er Narrative, die<br />
aufhorchen ließen 7 (Abb. 3). Inhaltlich lässt sich dabei über<br />
die Jahre eine Schwerpunktverschiebung <strong>der</strong> Forschungen<br />
Frobenius’ feststellen. Beschäftigte er sich zunächst mit<br />
<strong>der</strong> Kultur <strong>der</strong> lebenden Völker, wendete er sich in den<br />
30er Jahren vermehrt ihrer Vorgeschichte und damit den<br />
Felsbilden zu. Hiermit traf er genau den Nerv <strong>der</strong> Zeit.<br />
Schon in den letzten Jahrzehnten des 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts<br />
wuchs das Interesse für das Fremde, Exotische und<br />
Unbekannte. 8 Frobenius legte den Schwerpunkt seiner<br />
Kommunikationsstrategie ganz bewusst auf ein breites,<br />
fachfremdes Publikum. Große deutschsprachige Zeitungen<br />
wie die Deutsche Allgemeine berichteten über seine Reisen.<br />
Zeitschriften mit künstlerischem Schwerpunkt, wie Cahiers<br />
d’Art, Cicerone o<strong>der</strong> Die Weltkunst veröffentlichten seine<br />
Artikel und informierten über neue Publikationen und Ausstellungen<br />
9 des Ethnologen. Hierdurch stieg sein Bekanntheitsgrad<br />
in den unterschiedlichsten Kreisen erheblich. 10<br />
Mo<strong>der</strong>ne trifft Vorzeit<br />
Abb. 3 Leo Frobenius in <strong>der</strong> Pariser Salle<br />
Pleyel, 1930<br />
Der Hype um die Höhlenmalerei erreichte auch die Künstler<br />
<strong>der</strong> Mo<strong>der</strong>ne. Für sie war ihre Entdeckung ein Schlüsselerlebnis.<br />
Viele ließen sich von diesen Uranfängen <strong>der</strong> <strong>Kunst</strong><br />
zu ganzen Serien eigener Arbeiten inspirieren. Höhlen,<br />
als von <strong>der</strong> Außenwelt abgeschirmte, dunkle Räume,<br />
faszinieren und ängstigen die Menschheit seit jeher. Die<br />
darin verborgene <strong>Kunst</strong> hat erst recht etwas Geheimes,<br />
Intimes und Zeitloses. 11 Die Menschen <strong>der</strong> Vorzeit begannen<br />
dort vor mindestens 35 000 Jahren ihre Lebens- und<br />
Götterwelt in erstaunlicher Präzision abzubilden. 12 Eine<br />
Zeitspanne jenseits je<strong>der</strong> Vorstellungskraft. Die Künstler<br />
<strong>der</strong> Mo<strong>der</strong>ne waren fasziniert von den abstrahierenden<br />
Darstellungsformen und an<strong>der</strong>en stilistischen Mitteln <strong>der</strong><br />
Felsbil<strong>der</strong>. Sie waren überzeugt, in diesen Darstellungen<br />
dem anthropologischen Kern <strong>der</strong> <strong>Kunst</strong> näher zu kommen.<br />
Die Menschwerdung ist dabei untrennbar mit <strong>der</strong> Entwicklung<br />
von <strong>Kunst</strong> verbunden.<br />
22 23
Auf den Spuren<br />
von Paul Klees<br />
Reise in<br />
die Vorzeit<br />
Fabienne Eggelhöfer<br />
Der Zeitgeist <strong>der</strong> ersten Jahrzehnte des 20. Jahrhun<strong>der</strong>ts<br />
war ein fruchtbarer Nährboden für die Entdeckungen von<br />
Felsmalereien und Petroglyphen, die seit dem 19. Jahrhun<strong>der</strong>t<br />
vermehrt dokumentiert wurden. In <strong>der</strong> Biologie<br />
hoffte man mithilfe <strong>der</strong> Mikroskopie dem Ursprung des<br />
Lebens auf die Spur zu kommen, in <strong>der</strong> Psychologie wurde<br />
das Unbewusste durch Freud und C. G. Jung erforscht, und<br />
die Künstler:innen glaubten in <strong>der</strong> prähistorischen <strong>Kunst</strong><br />
die »Uranfänge«, wie Paul Klee sie nannte, zu entdecken. 1<br />
Die Vorstellung von Uranfängen in <strong>der</strong> <strong>Kunst</strong> ist aus<br />
heutiger Sicht eine problematische Denkfigur <strong>der</strong> Mo<strong>der</strong>ne,<br />
weil mit dem Begriff des Ursprungs Eigenschaften wie<br />
unverfälscht, unschuldig und unbewusst in Verbindung<br />
gebracht wurden. Im Gegensatz zur <strong>Kunst</strong> <strong>der</strong> sogenannten<br />
zivilisierten Welt – damit war Europa gemeint – wurden<br />
Höhlenmalereien ebenso wie Kin<strong>der</strong>zeichnungen, <strong>Kunst</strong> von<br />
Menschen mit Psychiatrieerfahrung o<strong>der</strong> nichteuropäische<br />
<strong>Kunst</strong> als wild, unverdorben und »primitiv« erachtet. Auch<br />
die Künstler:innen Europas, unter ihnen Klee, betonten,<br />
dass sie sich ganz bewusst für eine Reduktion und<br />
Vereinfachung in <strong>der</strong> Darstellung entschieden. Bei aller<br />
Bewun<strong>der</strong>ung stellten sie ihre eigene <strong>Kunst</strong> damit auf eine<br />
höhere, reflektierte Stufe. 2<br />
Die prähistorische <strong>Kunst</strong> war für die Avantgarde zu<br />
Beginn des 20. Jahrhun<strong>der</strong>ts auch deshalb eine wichtige<br />
Anregung, weil sie als zeitlos erachtet wurde. Sie ließ sich<br />
nicht in die europäische <strong>Kunst</strong>entwicklung einglie<strong>der</strong>n und<br />
war deshalb ein interessanter Ausgangspunkt. Auch Klee<br />
wollte »wie neugeboren« sein, »nichts wissen von Europa,<br />
gar nichts. Keine Dichter kennen, ganz schwunglos sein;<br />
fast Ursprung«, wie er 1902 in seinem Tagebuch notierte. 3<br />
Die Suche nach dem künstlerischen Ursprung beschäftigte<br />
ihn zu jener Zeit stark, da er darin eine Möglichkeit sah,<br />
sich vom erstarrten akademischen <strong>Kunst</strong>kanon zu lösen.<br />
Er fand Gleichgesinnte bei Künstler:innen im Umkreis des<br />
Blauen Reiter zu Beginn <strong>der</strong> 1910er Jahren in München,<br />
des Dadaismus in Zürich und später, in den 1920er Jahren,<br />
des Surrealismus in Paris.<br />
Auch wenn sich Klee nie explizit zur prähistorischen<br />
<strong>Kunst</strong> äußerte, weisen Werke mit Titeln wie Landschaft<br />
mit praehistorischen Tieren (1917, 145), Praehistorische<br />
Flora (1920, 146) o<strong>der</strong> etwa Zeichen auf Felsen (1938, 271)<br />
(Kat. 45) eindeutig auf eine Auseinan<strong>der</strong>setzung mit<br />
ebendieser hin. 4 Des Weiteren übersetzte er die Technik<br />
<strong>der</strong> Petroglyphen – Ritzzeichnungen in Steine – mit seinen<br />
eigenen bildnerischen Mitteln, indem er Jute mit einer<br />
Gipsschicht o<strong>der</strong> Papier mit Kleisterfarbe überzog und<br />
darauf mit einem scharfen Gegenstand eine Zeichnung hineinritzte,<br />
wie bei Versuchung (1934, 12) (Abb. 1). Wie in <strong>der</strong><br />
Abb. 1 Paul Klee, Versuchung, 1934, 12,<br />
Ritzzeichnung in Kleisterfarbe, Aquarell und<br />
Bleistift auf Papier auf Karton, 32 × 48,7 cm,<br />
Zentrum Paul Klee, Bern<br />
prähistorischen <strong>Kunst</strong> ist auch in Klees Schaffen die Linie<br />
das vorherrschende bildnerische Element. Er erachtete die<br />
Linie als das »primitivste Mittel«, das auch »in Vorzeiten <strong>der</strong><br />
Völker, wo schreiben und zeichnen noch zusammenfällt, […]<br />
das gegebene Element« gewesen sei. 5<br />
Werfen wir einen Blick ins Archiv und suchen nach<br />
den Quellen für Klees Auseinan<strong>der</strong>setzung mit <strong>der</strong> Vorzeit!<br />
Seine Frau Lily beschreibt in ihren Lebenserinnerungen,<br />
wie sie 1928 während <strong>der</strong> Sommerferien in <strong>der</strong> Bretagne<br />
30 31
Abb. 3 Ansichtskarte von Locmariaquer,<br />
Frankreich, mit dem Dolmen <strong>der</strong> Table-des-<br />
Marchands aus dem Besitz von Paul Klee,<br />
Zentrum Paul Klee, Bern, Schenkung<br />
Familie Klee<br />
Abb. 2 Spitzbogige Basis <strong>der</strong> Table-des-<br />
Marchands bei Locmariaquer, Frankreich,<br />
Buchseite aus: Zacharie Le Rouzic,<br />
Carnac. Menhirs – Statues avec signes<br />
figuratifs et amulettes ou idoles des dolmens<br />
Abb. 4 Paul Klee, Steinsammlung, 1932, 72,<br />
Aquarell auf Grundierung auf Papier auf<br />
Karton, 48,5 × 58,2 × 3,4 cm, Zentrum<br />
32 du Morbihan, Nantes 1913, S. 2<br />
Paul Klee, Bern, Leihgabe aus Privatbesitz<br />
33
Katalog
Kat. 1<br />
Jüngerer geometrisieren<strong>der</strong> Stil<br />
ca. 11 000 – 2000 v. Chr.<br />
Afrika, Simbabwe, Matobo District, Modschelele (Höhle)<br />
Agnes Schulz, Maria Weyersberg, 1929<br />
Frobenius-Institut, Frankfurt<br />
62 63
JOAN MIRÓ<br />
Préparatifs d’Oiseaux I, 1963<br />
Sammlung Würth, Inv. 764<br />
Kat. 26<br />
Kat. 27<br />
JOAN MIRÓ<br />
Personnages dans la nuit, 1944<br />
96 <strong>Kunst</strong>museum Basel<br />
97
JOAN MIRÓ<br />
La Main, 1953<br />
Sammlung Living Bauhaus<br />
<strong>Kunst</strong>stiftung SbR<br />
Kat. 36<br />
Kat. 35<br />
JOAN MIRÓ<br />
Les Agulles del Pastor, 1973<br />
Sammlung Museum für Druckgrafik,<br />
110 Rankweil<br />
111
Kat. 74<br />
PABLO PICASSO<br />
Le Taureau, 1945 – 1946<br />
150 <strong>Kunst</strong>museum Pablo Picasso Münster<br />
151
Verzeichnis <strong>der</strong><br />
ausgestellten Werke<br />
Kat. 1<br />
Jüngerer geometrisieren<strong>der</strong> Stil, ca. 11 000 – 2000 v. Chr.<br />
Afrika, Simbabwe, Matobo District, Modschelele (Höhle)<br />
Agnes Schulz, Maria Weyersberg, 1929<br />
Öl auf Leinwand, 237 × 900 cm<br />
FBA-D4 01620, Frobenius-Institut, Frankfurt<br />
Kat. 2<br />
HANS ARP<br />
Composition I, 1958<br />
Farbaquatinta und Radierung nach aquarellierter Collage auf Velin<br />
BFK Rives, 50 × 32,5 cm<br />
Sprengel Museum Hannover, Vermächtnis Wolf und Ursula Hermann<br />
Kat. 3<br />
HANS ARP<br />
Jambes fantômes, um 1942<br />
Bleistift auf Papier, 26,9 × 21,1 cm<br />
Privatsammlung Tom Holert<br />
Kat. 4<br />
HANS ARP<br />
A travers les myrtes du rêve, Blatt 4 <strong>der</strong> Mappe Vers le blanc Infini,<br />
1960<br />
Radierung auf Velin BFK Rives (Doppelbogen), 37,7 × 26,8 cm<br />
Sprengel Museum Hannover,<br />
<strong>Kunst</strong>besitz <strong>der</strong> Landeshauptstadt Hannover<br />
Kat. 5<br />
HANS ARP<br />
Vers le blanc Infini, Blatt 3 <strong>der</strong> Mappe Vers le blanc Infini, 1960<br />
Radierung auf Velin BFK Rives (Doppelbogen), 37,7 × 26,8 cm<br />
Sprengel Museum Hannover,<br />
<strong>Kunst</strong>besitz <strong>der</strong> Landeshauptstadt Hannover<br />
Kat. 6<br />
HANS ARP<br />
Duo-dessin déchiré aux éléments de S. Taeuber et Jean Arp, 1947<br />
Collage aus gerissenen Papieren, Tusche, Kleisterfarbe<br />
auf Halbkarton, Blatt: 30,4/30,2 × 23,2 cm<br />
<strong>Kunst</strong>museum Basel, Kupferstichkabinett,<br />
Schenkung Marguerite Arp-Hagenbach 1968<br />
Kat. 7<br />
PAUL KLEE<br />
Nicht endend, 1930<br />
Radierung auf Büttenkarton, 27,7 × 22,4 cm<br />
<strong>Kunst</strong>palast, Düsseldorf<br />
Kat. 8<br />
Fries stehen<strong>der</strong> und liegen<strong>der</strong> Gruppen langgezogener Formlinge,<br />
ca. 8000 – 2000 v. Chr.<br />
Afrika, Simbabwe, Chinamora Reserve, Makumbe-Höhle<br />
Joachim Lutz, 1929<br />
Aquarell und Farbstift auf Papier, 134 × 735 cm<br />
FBA-D3 02982, Frobenius-Institut, Frankfurt<br />
Kat. 9<br />
Drei stehende und langovale Formlinge, ca. 8000 – 2000 v. Chr.<br />
Afrika, Simbabwe, Mutoko District, Sassa<br />
Joachim Lutz, 1929<br />
Aquarell auf Papier, 44,5 × 31 cm, doppelt montiert<br />
FBA-B 00717a, Frobenius-Institut, Frankfurt<br />
Kat. 10<br />
Schlankovale stehende Formlinge in gelbbrauner Kontur,<br />
ca. 8000 – 2000 v. Chr.<br />
Afrika, Simbabwe, Mutoko District, Sassa<br />
Joachim Lutz, 1929<br />
Aquarell auf Papier, 35 × 26 cm, doppelt montiert<br />
FBA-B 00717b, Frobenius-Institut, Frankfurt<br />
Kat. 11<br />
WILLI BAUMEISTER<br />
Eidos landschaftlich III, 1939<br />
Öl auf Pappe auf Malkarton, 55,2 × 45 cm<br />
Kassel, Museumslandschaft Hessen Kassel,<br />
Neue Galerie – Sammlung <strong>der</strong> Mo<strong>der</strong>ne<br />
Kat. 12<br />
WILLI BAUMEISTER<br />
Ur-Schanabi auf Violett, 1943<br />
Öl auf Malkarton, 54 × 65 cm<br />
Kassel, Museumslandschaft Hessen Kassel,<br />
Neue Galerie – Sammlung <strong>der</strong> Mo<strong>der</strong>ne<br />
Kat. 13<br />
WILLI BAUMEISTER<br />
Afrikanische Erzählung, 1942<br />
Öl mit <strong>Kunst</strong>harz und Spachtelkitt auf Karton, 35,5 × 45,5 cm<br />
Archiv Baumeister im <strong>Kunst</strong>museum Stuttgart<br />
Kat. 14<br />
WILLI BAUMEISTER<br />
Noch nicht entziffert, 1942<br />
Öl mit <strong>Kunst</strong>harz auf Hartfaserplatte, 54 × 64,9 cm<br />
Archiv Baumeister im <strong>Kunst</strong>museum Stuttgart<br />
Kat. 15<br />
WILLI BAUMEISTER<br />
Archaische Figuren im Dialog, 1946<br />
Kohle (gewischt), radiert, Ölkreide in Schwarz, durchgerieben,<br />
fixiert auf Ingres-Bütten (ziegelrot), 48 × 66 cm<br />
Staatsgalerie Stuttgart, Graphische Sammlung,<br />
erworben 1976 mit Lotto-Mitteln<br />
Kat. 16<br />
WILLI BAUMEISTER<br />
Archaische Szene (Urzeitgestalten), um 1946<br />
Kohle (gewischt), radiert, Ölkreide in Schwarz, durchgerieben,<br />
fixiert auf Ingres-Büttenpapier (hellbraun), 48,2 × 63,2 cm<br />
Staatsgalerie Stuttgart, Graphische Sammlung,<br />
erworben 1973 Land Baden-Württemberg<br />
Kat. 17<br />
WILLI BAUMEISTER<br />
Ur-Nirgal, 1955<br />
Kohle (gewischt), radiert, fixiert, Collage (mit Lithografie)<br />
auf Zeichenkarton (elfenbeinfarben), 42,4 × 61 cm<br />
Staatsgalerie Stuttgart, Graphische Sammlung,<br />
erworben 1965 Land Baden-Württemberg<br />
Kat. 18<br />
WILLI BAUMEISTER<br />
Komposition, 1947<br />
Kohle und Pastell auf Büttenpapier, 31,7 × 48,3 cm<br />
Staatliche Museen zu Berlin, Nationalgalerie, Sammlung<br />
Scharf-Gerstenberg<br />
Kat. 19<br />
WILLI BAUMEISTER<br />
Im Palast, 1945<br />
Bleistift, Kohle (gewischt), Aquarell, Deckweiß auf Papier (rohweiß),<br />
38,2 × 56,4 cm<br />
Staatsgalerie Stuttgart, Graphische Sammlung,<br />
Überstellung 1958 <strong>der</strong> Gemäldeabteilung<br />
Kat. 20<br />
Geometrische Figur, Datierung unbekannt<br />
Afrika, Südafrika, Queenstown District, Farm Rockwoods<br />
Elisabeth Mannsfeld, 1929<br />
Farbstift auf Papier, 32 × 23,5 cm<br />
FBA-B 01103, Frobenius-Institut, Frankfurt<br />
Kat. 21<br />
Gelbe und schwarze geometrische Gebilde, Datierung unbekannt<br />
Afrika, Südafrika, Queenstown District, Farm Rockwoods<br />
Elisabeth Mannsfeld, 1929<br />
Farbstift auf Papier, 32 × 49 cm<br />
FBA-B 00867, Frobenius-Institut, Frankfurt<br />
Kat. 22<br />
Gelbe, weiße, braune und schwarze geometrische Zeichen,<br />
Datierung unbekannt<br />
Afrika, Südafrika, Queenstown District, Farm Rockwoods<br />
Elisabeth Mannsfeld, 1929<br />
Farbstift auf Papier, 32 × 49,5 cm<br />
FBA-B 00866, Frobenius-Institut, Frankfurt<br />
Kat. 23<br />
Geometrisieren<strong>der</strong> junger Stil. Gelbe und weiße Tiere,<br />
ca. 11 000 – 2000 v. Chr.<br />
Afrika, Simbabwe, Matopo District, Modschelele (Höhle)<br />
Leo Frobenius, 1928 – 1930<br />
Aquarell auf Papier, > 27 × 45 cm<br />
FBA-B 00861, Frobenius-Institut, Frankfurt<br />
Kat. 24<br />
JOAN MIRÓ<br />
Ohne Titel, ohne Jahr<br />
Lithografie, 31 × 23 cm<br />
Sammlung Würth, Inv. 79<br />
Kat. 25<br />
JOAN MIRÓ<br />
La Petite Blonde au parc d’attractions, 1950<br />
Öl auf Leinwand, 65 × 92,5 cm<br />
Staatliche Museen zu Berlin, Nationalgalerie<br />
Kat. 26<br />
JOAN MIRÓ<br />
Préparatifs d’Oiseaux I, 1963<br />
Weicher Grund und Aquatinta auf Rives-Papier, 49 × 58 cm<br />
Sammlung Würth, Inv. 764<br />
Kat. 27<br />
JOAN MIRÓ<br />
Personnages dans la nuit, 1944<br />
Öl auf Leinwand, 16,1 × 17,7 cm<br />
<strong>Kunst</strong>museum Basel, Schenkung Dr. Charles F. Leuthardt,<br />
Riehen 1980<br />
Kat. 28<br />
JOAN MIRÓ<br />
Zeichen und Konfigurationen, 1935<br />
Öl auf Dachpappe auf Leinwand auf Holz, 134 × 98,4 cm<br />
Galerie Haas Zürich<br />
Kat. 29<br />
JOAN MIRÓ<br />
Constellations, Blatt aus <strong>der</strong> gleichnamigen Mappe, 1959<br />
Farbaquatintaradierung auf Arches-Papier, 45 × 36 cm<br />
Sammlung Würth, Inv. 763<br />
Kat. 30<br />
JOAN MIRÓ<br />
Hommage à Curt Burgauer, 1969<br />
Farblithografie auf Velin, 56 × 44,5 cm<br />
Andreas Tschirner<br />
Kat. 31<br />
Menschendarstellungen, ca. 4500 – 1500 v. Chr.<br />
Europa, Spanien, Galizien, Pontevedra, Laxe dos Homes<br />
Alf Bayrle, 1936<br />
Öl auf Leinwand, 132 × 226 cm<br />
FBA-D3 02689, Frobenius-Institut, Frankfurt<br />
Kat. 32<br />
Stilisierte Tierdarstellungen, geometrische Zeichen,<br />
ca. 8000 – 5000 v. Chr.<br />
Afrika, Algerien, Djebel Dermel<br />
Bernhard Bauschke, 1914<br />
Aquarell auf Papier, > 26 × 20 cm<br />
FBA-B 00054, Frobenius-Institut, Frankfurt<br />
Kat. 33<br />
Reiterfiguren und symbolische Zeichen, ca. 8000 – 5000 v. Chr.<br />
Afrika, Algerien, Djebel Dermel<br />
Bernhard Bauschke, 1914<br />
Aquarell auf Papier, > 32 × 23,5 cm<br />
FBA-B 00055, Frobenius-Institut, Frankfurt<br />
Kat. 34<br />
Große Elefanten, weitere Tiere sowie Menschen in vielen<br />
Schichten gemalt, ca. 30 000 – 2000 v. Chr.<br />
Afrika, Simbabwe, Ruchera (Höhle)<br />
Joachim Lutz, 1929<br />
Aquarell auf Papier, 283 × 695,5 cm<br />
FBA-D4 01619, Frobenius-Institut, Frankfurt<br />
Kat. 35<br />
JOAN MIRÓ<br />
La Main, 1953<br />
Vernis mou und Farbaquatinta auf Velin, 35,5 × 48,4 cm<br />
Sammlung Living Bauhaus <strong>Kunst</strong>stiftung SbR<br />
Kat. 36<br />
JOAN MIRÓ<br />
Les Agulles del Pastor, 1973<br />
Farblithografie auf Velin, 59 × 83 cm<br />
Sammlung Museum für Druckgrafik, Rankweil<br />
Kat. 37<br />
Hand- und Fußsilhouetten, mind. 2500 v. Chr.<br />
Ozeanien, Indonesien, Westpapua, Kap Abba<br />
Albert Hahn, 1937<br />
Öl auf Leinwand, 224 × 490 cm<br />
FBA-D4 03237b, Frobenius-Institut, Frankfurt<br />
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