8 DA HAB’ ICH WAS GELERNTViola Haas ist gewählte Vorsitzende desKirchengemeinderats. Wenn sie nichtgerade ehrenamtlich engagiert ist, unterrichtetsie an einer Beruflichen Schule.
Alle Bilder: Viola HaasTat-Kraftbei der Tafel— statt Schreibtischund UnterrichtFür manche Orte muss man bewusstseinen alltäglichen Arbeitsplatz verlassen.Ein Einblick in die Mit-Arbeitbei der Tafel Region Heilbronn.Donnerstagmorgen, 10 Uhr: Ankunft im Lager der TafelHeilbronn. Nach einer kurzen Begrüßung durch die Leitungmuss ich erst mal Sicherheitsschuhe anziehen. Zurück inder Lagerhalle, braucht es etwas Orientierung: an zentraler Stelledas Sortierband. Hier wird gespendetes Obst und Gemüse ausgepackt,auf die Qualität geprüft, geputzt, sortiert und für die Ausgabeim Tafelladen vorbereitet. Verdorbene Ware wird aussortiert.Allein im Lager Heilbronn werden täglich neun Tonnen Obst undGemüse umgesetzt.Dann wird es auf einmal sehr hektisch: Ein Tafellaster fährt rückwärtsin die Halle und bringt eine große Menge an Obst und Gemüse.Viele Paletten mit grünen Klappkisten müssen ausgeladenund auf dem verfügbaren Raum platziert werden. Gefühlt geht esjetzt zu wie in einem Bienenstock – die hauptberuflichen Mitarbeiter:innensind so fix unterwegs, dass ich ständig das Gefühl habe,im Weg zu stehen. Ich möchte endlich auch tat-kräftig unterstützen!Dann geht es los: Ich darf zahlreiche Dosen und Gläser mitunterschiedlichen Lebensmitteln aus einem riesigen Palettenkartonin grüne Klappkisten umräumen, sodass die Kisten anschließendauf einer Palette gestapelt werden können. Am Anfang macht derRücken noch gut mit, je tiefer die Produkte liegen, desto anstrengenderwird es. Geschafft – nach 60 Minuten ist alles verräumt!Was gibt es im Lager noch zu entdecken? Natürlich zahlreicheHochregale, in welchen die gespendeten haltbaren Waren gelagertwerden. Alle Paletten sind genau gekennzeichnet, sodass man aufden ersten Blick erkennt, welche Ware auf der Palette sitzt. Wasgeschieht eigentlich mit dem sortierten Obst und Gemüse? Wiegelangt das denn nun in den Tafelladen zu den Kunden? Voller Stolzwird mir der Tafelladen, welcher auch in der Halle untergebrachtist, präsentiert. Durch eine Türe in der Trennwand gelangt man vomLager direkt in den Laden und steht vermutlich in dem modernstenTafelladen Deutschlands. Dank tatkräftiger Unterstützung einesregionalen Handelsunternehmens konnte der Tafelladen in seinerjetzigen Gestalt im April 2022 eröffnet werden.Ich habe das Gefühl, in einem kleinen Discounter zu stehen: DieRegale und die Beschriftung kommen mir vertraut vor. Und dochist etwas anders als in meinem Einkaufsalltag: Ich entdecke großeLücken in den Regalen und auch die Backwarenabteilung ist um11:30 Uhr so gut wie leer. Jeder Kunde, der im Tafelladen einkaufenmöchte, benötigt eine Einkaufskarte (Tafelausweis). Einen Tafelausweiswiederum erhalten Personen mit einem geringen Einkommen.Welches Angebot an den einzelnen Tagen bzw. Stunden zurVerfügung steht, entscheidet ein Stück weit der Zufall bzw. derSpendeneingang. Wurden am Vortag zahlreiche Clementinen angeliefert,so kommen diese in den Verkauf. Sind diese ausverkauft,wird das nächste Obst, an diesem Tag z.B. Khaki, aufgefüllt.Zurück im Lager, fällt mir in unmittelbarer Nähe zum Sortierbandfür Obst und Gemüse eine kleine Spülstraße auf. Hier arbeiten zweiEhrenamtliche, um stark verschmutzte, leere grüne Klappkistenwieder sauber zu bekommen. Anschließend werden die Kistenwieder dem Transportkreislauf zugeführt. Mein Mit-Arbeitstag gehtschnell vorbei: Ich durfte nochmals Ware in Klappkisten umpacken,anschließend verdorbenes Obst und Gemüse in einem Bioabfallcontainerentsorgen und an der Spülstraße 100 Klappkisten fürunsere Adventskalender Reverse-Aktion spülen.Ein spannender Einblick in die Abläufe und Organisation derTafel Heilbronn; ein Einblick, der meinen eigenen Alltag etwasgeerdet hat.„da hab’ ichwas gelernt“„da hab’ ich was gelernt“ ist die Reihebetitelt, in der Menschen aus unsererGemeinde die gewohnten Bahnenverlassen und einen Tag mal einenanderen Beruf oder eine andere Rolleeinnehmen. Schließlich lernt man nieaus – und schafft es so, andere besserzu verstehen.DA HAB’ ICH WAS GELERNT9