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MELBA 2023 Extended Edition

Kulturzeitung der www.arttourist.com mit den Themen Jazz, Neue Musik, Elektronische Musik, Kunst, Klangkunst. Jahrespublikation Laufzeit von Mai 2023 bis April 2024) mit Informationen, Hintergründen, Interviews und vielen Links.

Kulturzeitung der www.arttourist.com mit den Themen Jazz, Neue Musik, Elektronische Musik, Kunst, Klangkunst. Jahrespublikation Laufzeit von Mai 2023 bis April 2024) mit Informationen, Hintergründen, Interviews und vielen Links.

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MELBA

#JAZZ | Neue Musik

arttourist.com gazette

2023

Jazz | Neue Musik | Crossover | Elektronische Musik | Klangkunst | Clubs | Festival


In

Freund

schaft

9.–25.6.2023

Von Familienbanden, Bruderzwist und

Wahlverwandtschaften in der Musik

Tickets 0331 28 888 28 / musikfestspiele-potsdam.de

Prinz Louis Ferdinand, Jean Laurent Mosnier ©Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg, Fotograf: Gerhard Murza / photocase.de ©Addictive Stock


MELBA | arttourist.com Jazz | Neue Musik | Elektro | 2023 Editorial | 3

Editorial

Liebe Leserin, lieber Leser,

liebe Freunde der arttourist,

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Dresden

20. OKT – 26. NOV

MARIA JOAO

JAMES MORRISON

UTE LEMPER

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REBEKKA BAKKEN

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DOMINIC MILLER

TINA TANDLER

ANDREAS KÜMMERT

SARAH MCKENZIE

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TINGVALL TRIO

LAILA BIALI

KENNEDY ADMINISTRATION

HOTEL BOSSA NOVA

TORSTEN GOODS

UND VIELE WEITERE …

18. - 30. JULI 2023

TRAVEMÜNDE

INTERNATIONAL

EMOTIONAL

PHÄNOMENAL

es ist wieder jazzahead!-Zeit, zu der unsere Zeitung

in gedruckter Form und in erweiterter Form

als Extended Version auch online erscheint. Und

das war lange nicht klar, ob wir unsere Zeitung

in einer für die Kultur-und Veranstalterbranche

immer noch fragilen Zeit finanziert bekommen.

Teuerung, Ukraine-Krieg und Energiekrise, ein

immer noch zurückhaltendes Publikum und die

ständige Frage, wie sich die finanziellen Rahmenbedingungen,

Förder- und Subventionsstrukturen

verändern werden, machen es der Kultur

nicht leicht.

Mehr denn je benötigt die Kultur Sie, mich, uns,

die die Kultur produzieren, leidenschaftlich dem

Kai Geiger © Michael Schrodt

kreativen Schaffen nachgehen, es auf die Bühne

bringen, dies finanzieren, darüber berichten und immer und immer wieder begeistert besuchen.

Damit Kultur entsteht und auch bleibt, sind Formate wie die jazzahead! unersetzbar, als Marktplatz der

Musikbranche zum Austausch, zur Vernetzung, zur Interessenvertretung, Solidarisierung, zur Sichtbarmachung

von Vielfalt und Diversität und zur Vereinbarung von neuen Allianzen, Ideen und Formaten.

Ergänzt wird die jazzahead! seit letztem Jahr durch die Preisverleihung des Deutschen Jazzpreises der

Initiative Musik, der wir mit großer Vorfreude entgegensehen. Drei unserer Titelgesichter, Joo Kraus (MI-

LES 2016), Nicole Johänntgen (PEGGY 2019) und Antonia Hausmann (MELBA 2023) sind im Rennen

um den Deutschen Jazzpreis.

Wir haben wieder interessante Inhalte rings um die Themen Jazz, Neue Musik, Elektronische Musik und

Klangkunst für Sie zusammengetragen, alles Bereiche, in denen Künstler:innen vermehrt genreübergreifend

experimentieren und innovative Produktionen realisieren. Mit großer Freude haben wir mitbekommen,

dass die Inhalte unserer letztjährigen Ausgabe TONY zu neuen Kooperationen geführt haben, die

gerade an verschiedenen Orten im Entstehen sind.

Unsere Patin für MELBA ist die unvergessene amerikanische Posaunistin Melba Liston (1926 – 1999).

Unser Titelgesicht ist die wunderbare Antonia Hausmann aus Leipzig, die der FAZ Journalist Thomas

Lindemann als Entdeckung und neue Stimme im deutschen Jazz bezeichnete. Sie sprüht vor facettenreicher

Musikalität und hat sich bereits in jungen Jahren einen festen Platz in der Männerdomäne der

Posaunen gesichert. Und dabei wäre der Traum, Musik zu machen, beinahe schon früh zu Ende gewesen!

Wir wünschen Ihnen eine spannende Klanglesereise durch MELBA. Zwischen unseren Jahrespublikationen

halten wir Sie über www.arttourist.com, @thearttourist und @jazzacrosseurope auf dem

Laufenden. Folgen Sie uns, wir nehmen Sie gerne mit zu unseren Kultur-Entdeckungen.

MÖGE VIELES MÖGLICH SEIN

Die Kultur braucht uns, wie brauchen Kultur!

Mit herzlichen Grüßen

Kai Geiger

Herausgeber arttourist,

geiger@artcities.com

ZBIGGY

#JAZZ

| Neue Musik

arttourist.com gazette

2023

Jazz | Neue Musik | Crossover | Elektronische Musik | Klangkunst | Clubs | Festival

Vorschau ZBIGGY 2024

Namensgeber ist der polnische Jazzgeiger

Zbigniew „Zbiggy“ Seifert (7.6.1946 –

15.2.1979), der zu einem der kreativsten Jazzmusiker

Europas gehörte. Unser ZBIGGY ist

der deutsche Komponist, Violinist und Pianist

Gregor Hübner, der in

New York und München lebt und Schöpfer

des Begriffs Progressive Chamber Music

(siehe MELBA Extended Version) ist.

NORDIC SOUNDS

www.classicalbeat.de

Danke:

DRUCKHAUS WAIBLINGEN

Impressum: arttourist | Titel: Antonia Hausmann © Marco Sensche | Produktion,

Gestaltung & Layout: Chris Bernert, chris@ deluxe-grafik.com | Druck: Druckhaus

Waiblingen www.dhw.de | Redaktion: arttourist, Glärnischstraße 7, D-78464 Konstanz,

Tel. +49 (0)7531 8074704, www.arttourist.com, info@artcities.com

www.facebook.com/arttourist.com

www.instagram.com/thearttourist/

#thearttourist #jazzacrosseurope


4 | Allensbach

MELBA | arttourist.com Jazz | Neue Musik | Elektro | 2023

Allensbach (D)

Allensbach Hat's

24. JAZZ am SEE 2023

>>Grenzgänge – Jazz und mehr….

JAZZ am SEE steht von Anfang an für außergewöhnliche musikalische Begegnungen

verschiedener Kulturen, Genres und großer Stimmen des Jazz. Ein Konzert mit der

Musikerlegende Charlie Mariano war der Beginn der Reihe. Viele weitere unvergessliche

Konzerte mit beeindruckenden Künstlern aus der ganzen Welt folgten. Auch

in diesem Jahr wird es Wiederbegegnungen und Entdeckungen geben. Ein

kleines, feines und internationales Programm, das Raum für musikalische

Grenzgänge gibt.

Neugierig geworden? Wir laden herzlich dazu ein, uns auf diesen vielseitigen

akustischen Reisen zu begleiten, denn Musik kennt keine

Grenzen.

Adam Bałdych | © Magda Tracz

WOLFGANG HAFFNER TRIO

„Haffner plays Haffner“

Mo. 11. September 2023

ev. Gnadenkirche Allensbach | 20 Uhr

Wolfgang Haffner – drums | Simon Oslender –

keys | Thomas Stieger - bass

Ein Meister von Atmosphäre, Groove und Flow.

Der zweifache ECHO-Jazz-Preisträger Wolfgang

Haffner zählt zu den bekanntesten deutschen

und weltweit erfolgreichsten Schlagzeugern.

In seinem aktuellen Programm „Haffner plays

Haffner“ präsentiert er ausschließlich eigene

Kompositionen in komplett überarbeiteten Arrangements.

Für dieses besondere Projekt hat

er sich mit dem Shooting-Star der deutschen

Jazzszene Simon Oslender und dem Bassisten

und begehrten Sessionmusiker Thomas Stieger

gleich zwei Ausnahmemusiker in die Band geholt.

THE JAKOB MANZ PROJECT

„Natural Energy“

Mo. 09. Oktober 2023

ev. Gnadenkirche Allensbach | 20 Uhr

Jakob Manz – sax | Hannes Stollsteimer - piano |

Frieder Klein - bass | Paul Albrecht - drums

Young & Next. 21 Jahre jung und bereits Landesjazzpreisträger

Baden-Württemberg 2022.

Ein Ausnahmetalent und die Entdeckung. Das

„The Jakob Manz Project“ zählt mit ihrem frischen

und zupackenden Sound zu den erfolgreichsten

Bands des jungen deutschen Jazz und

trat auf großen Festivals wie Jazz Baltica auf.

Ihr Debüt Album „Natural Energy“ erschien im

April 2020 beim renommierten Label ACT.

Die Band spielt einen sehr groovigen Jazz, eine

Balance aus Tradition und Moderne, die mit

zahlreichen Einflüssen aus Funk, Soul, Pop,

Filmmusik, Hip-Hop, Rock oder Weltmusik

angereichert ist. Die Individualität der Bandmitglieder

spiegelt sich in den vielfältigen Eigenkompositionen

wider, jedes gibt der Musik

seine eigenen Impulse.

ADAM BAŁDYCH QUARTET

Mo. 13. November 2023

ev. Gnadenkirche Allensbach | 20 Uhr

Adam Bałdych – violine | Łukasz Ojdana – piano |

Michał Barański – Bass | Dawid Fortuna – drums

Adam Baldych gehört zu den größten Jazzgeigern

unserer Zeit. Kaum ein anderer vermag

es, die Violine mit einer solch unglaublichen

Virtuosität zu spielen. Seine technisch atemberaubenden

Linien erinnern an die eines Bläsers

und mehrstimmige Passagen an das Akkordspiel

eines Pianisten. Seine musikalischen Interpretationen

und gleichermaßen lyrische

und dynamische Musik begeistern. Mit seiner

Kreativität, die Grenzen seines Instruments,

zwischen den Genres und zwischen Komposition

und Improvisation zu überschreiten sorgt

er für Furore. Zahlreiche Preise hat er für sein

außergewöhnliches Spiel erhalten und trat auf

den wichtigsten Jazzfestivals, in renommierten

Konzertsälen auf.

Bei JAZZ am SEE gab er vor einigen Jahren ein

gefeiertes Konzert mit dem israelischen Pianisten

Yaron Hermann und kommt nun erstmalig

mit seinem Quartett.

M. Mezquida | © MireiaMiralles

MARCO MEZQUIDA TRIO

„Letter to Milos“

Di. 28. November 2023

ev. Gnadenkirche Allensbach | 20 Uhr

Marco Mezquida – piano | Martin Melendez –

cello | Aleix Tobias – drums, percussions

Eine der quirligsten Figuren und wichtigster

Vertreter der spanischen Jazzszene.

Der 1987 auf Menorca geborene Pianist, Improvisator

und Komponist Marco Mezquida wurde

von der „Asociación De Músicos de Jazz y Moderna

de Cataluña“ gleich viermal zum Musiker

des Jahres gewählt. Auf seinen Tourneen rund

um den Globus begeistert der klassisch ausgebildete

Pianist sein Publikum mit überschäumender

Spielfreude und einem genreüberschreitenden

musikalischen Feuerwerk. „Letter to Milos“,

ein musikalischer Liebesbrief an seinen Sohn im

ersten Lebensjahr, ist das neueste Werk und eine

Hommage an die traditionelle iberische Musik

mit ihren verschiedenen Stilen.

NILS LANDGREN

„CHRISTMAS WITH MY FRIENDS“

Do. 07. Dezember 2023

ev. Gnadenkirche Allensbach | 20 Uhr

Eine jazzige Weihnachtsmusik mit

Gänsehautgarantie.

dere Reiz liegt in der klaren und eindringlichen

musikalischen Sprache, die wohltönend, wärmend,

gefühlvoll und berührend ist. Eine jazzige

Weihnachtsmusik mit Gänsehautgarantie.

JAZZ UND MEHR… der besondere

musikalische Grenzgang

Mo. 23. Oktober 2023

ev. Gnadenkirche Allensbach | 20 Uhr

MARIE SPAEMANN (cello, voc.) &

CHRISTIAN BAKANIC (acc.)

Ein Cello, eine Stimme, ein Akkordeon – Vielfalt

und Virtuosität, die fesselt und Grenzen sprengt.

Beide sind erfolgreiche Solokünstler. Dem Duo

gehört ihre Leidenschaft. Wenn ihre Stimme,

ihr Cello und sein Akkordeon zusammen erklingen,

treffen Soul und Jazz, Klassik, Tango

Nuevo und Weltmusik aufeinander und verschmelzen

zu erfrischenden Eigenkompositionen,

Songs und spannenden Neuinterpretationen.

Charakteristisch für die Musik des Wiener

Duos ist jedoch, wie elegant und gleichzeitig

entschlossen sie verschiedene Traditionen als

Sprungbrett für eigene Ideen nutzen.

Info und VVK für alle JAZZ am SEE-Konzerte:

Kultur- und Tourismusbüro Allensbach

Tel. +49 7533 801 35

kulturbuero@allensbach.de

www.allensbach.de

www.facebook.de/allensbach

www.instagram.de/allensbachambodensee

www.mühlenwegmuseum.de

TIPP: 25. JAZZ am SEE 2024

Jubiläumsprogramm voraussichtlich

ab Dezember 2023 erhältlich

The Jakob Manz Project | © Thomas Kiehl

Ein festlicher und ganz besonderer Abschluss

der 24. JAZZ am SEE-Reihe. Weihnachtslieder,

so schön und so anders - von „Mr. Red Horn“

Nils Landgren und seinen virtuosen Freunden.

Der schwedische Posaunist, Sänger und

einer der erfolgreichsten Jazzmusiker Europas

Nils Landgren träumte viele Jahre davon, ein

musikalisches Weihnachtsfest zu feiern. 2006

war es soweit, und weil ›Christmas With My

Friends‹ unter Fans wie Kritikern bald als eine

der schönsten je aufgenommenen Weihnachtsplatten

galt, folgten dem Werk weitere. Inzwischen

gehören die kitschfreien, wärmenden

Aufnahmen und Konzerte für zehntausende

Menschen fest zur Weihnachtszeit. Der beson-

Nils Landgren | © Nicola Stankovic


MELBA | arttourist.com Jazz | Neue Musik | Elektro | 2023 Bonn | 5

Bonn (D)

Jazzfest

Bonn 2023

Der zeitgenössische Jazz ist so vielfältig wie nie. Wer ihn in seiner ganzen

Bandbreite erleben will, hat beim Jazzfest Bonn vom 1. bis 14. Mai

2023 und beim Jazzfest Bonn Extended am 26. und 27. August 2023

reichlich Gelegenheit dazu.

Julia Hülsmann | © Peter Hundert

Natur und Kultur erleben – in Bonn lässt sich

beides optimal verbinden. Rheinufer und Siebengebirge

laden zu ausgedehnten Ausflügen

ein, und in Museen und Konzertstätten von

internationalem Rang lassen sich die Künste

bestens genießen. Die zahlreichen in der UN-

Stadt ansässigen überstaatlichen Institutionen

sorgen zudem für ein anregendes, kosmopolitisches

Flair.

International besetzt ist auch das Jazzfest

Bonn, das sich in bald 15 Jahren als zentraler

Player in der hiesigen Kulturlandschaft etabliert

hat. Mittlerweile gilt es als „Hotspot für

Jazzmusiker aller Genres“ (WDR). Mit Auftritten

von Jazz-Legenden wie Jan Garbarek,

Klaus Doldinger oder dem kürzlich verstorbenen

Wayne Shorter hat es eine Strahlkraft entwickelt,

die weit über die Stadtgrenzen hinaus

reicht.

Mit Doppelkonzerten an renommierten Spielorten

wie Opernhaus, Post Tower, Haus der

Geschichte, Beethoven-Haus oder dem Pantheon

lockt das Festival jährlich tausende

Besucher aus der Region und ganz Deutschland

nach Bonn. In diesem Jahr sind es ganze

140 Musiker*innen, die sich an 13 Abenden

die Ehre geben. Und der Zuspruch ist groß:

Während der anhaltende Publikumsschwund

vielen Kulturevents auch drei Jahre nach dem

Beginn der Corona-Pandemie zu schaffen

macht, waren viele der Konzerte des Jazzfest

Bonn schnell ausverkauft.

Brad Mehldau Trio | © Michael Wilson

Bobby Sparks | © Boris Breuer

Caroline Thon und Christina Fuchs, die

Leiterinnen des Fuchsthone Orchestras

© Volker Beushausen

Manz & Summer | © ACT Mirko Polo

Das liegt vielleicht nicht zuletzt an der ausnehmend

heterogenen Programmgestaltung.

Durch die große Abwechslung ist für jede*n

etwas dabei, so dass nicht nur ausgemachte

Fans der improvisierten Musik, sondern auch

Jazz-Neulinge und Klassik-Liebhaber*innen

auf ihre Kosten kommen. „Der zeitgenössische

Jazz ist lebendig und abwechslungsreich wie

nie“, so Peter Materna, Saxophonist, Gründer

und künstlerischer Leiter des Jazzfest Bonn.

„Mit unserem Programm möchten wir genau

diese Vielfalt abbilden. Deshalb laden wir jedes

Jahr Musiker*innen ein, die musikalische

Grenzen sprengen – das kann eine Fusion von

Jazz und klassischer Musik sein, freie Improvisation

oder durchaus tanzbare Musik, die sich

zwischen Jazz, Soul und Funk bewegt. Der gemeinsame

Nenner ist: Sie brechen mit hergebrachten

Kategorien und schaffen so Neues.“

Schon der Festivalauftakt trägt diesem Innovationsgeist

Rechnung. Mit der Uraufführung

seines Werkes „Bach Comprovised“ eröffnet

der Pianist Florian Weber das Jazzfest Bonn

2023. Gemeinsam mit dem preisgekrönten

Dogma Chamber Orchestra findet Weber neue

Zugänge zum Werk Johann Sebastian Bachs,

bei denen Rhythmik und kollektive Improvisation

im Fokus stehen. Im Zusammenspiel

erzeugen sie einen mitreißenden Sog, den

Musiker*innen und Publikum gemeinsam erleben.

Man darf gespannt sein, wie es klingt,

wenn ein Jazz-Pianist ein ganzes Kammerorchester

zum Improvisieren bringt. Im zweiten

Teil des Abends verleihen Thomas D und die

Hamburger Band The KBCS den zeitlosen Texten

des Rap-Urgesteins ein neues, jazzig-lässiges

Gewand. Der Sprechgesang des Rappers

und der Vintage-Sound der KBCS mit seinen

trockenen Drums, erdigen Basslines und souligen

Gitarrenklängen setzen der gegenwärtigen

Popästhetik aus Auto-Tune und synthetischen

Beats eine organische Rückbesinnung

auf das Menschliche entgegen.

In den folgenden zwei Wochen gastiert ein

breites Spektrum aus internationalen Stars,

renommierten Künstler*innen und jungen

Talenten in Bonn. Musiker*innen wie Bobby

Sparks und Delvon Lamarr betreiben ein postmodernes

Spiel mit dem afroamerikanischen

Musikerbe von Gospel bis Hip-Hop. Der europäische

Jazz ist mit kleineren Formationen

wie Jakob Manz & Johanna Summer, Sendecki

& Spiegel, Kit Downes‘ ENEMY und Petter

Eldhs Post Koma, aber auch mit Großensembles

wie Julia Hülsmanns Heaven Steps To Seven,

Thärichens Tentett und dem 20-köpfigen

Fuchsthone Orchestra unter der Leitung von

Caroline Thon und Christina Fuchs vertreten.

Mit Brad Mehldau kehrt zudem ein internationaler

Großmeister in die Bundesstadt zurück,

der schon beim Jazzfest Bonn 2017 Begeisterungstürme

auslöste.

Der Ausnahmekünstler Prince spielt im Programm

des Jazzfest Bonn 2023 eine wichtige

Rolle. Mit Ida Nielsen, Philip Lassiter und Judith

Hill stellen mehrere Weggefährt*innen

der 2016 verstorbenen Musiklegende ihre

aktuellen Projekte vor. Ihren Höhepunkt erreicht

die Prince-Hommage beim Jazzfest

Bonn Extended am 26. und 27. August, wenn

ehemalige Bandmitglieder der Ikone und die

WDR Big Band unter der Leitung von Vince

Mendoza die Songs des Weltstars unter dem

Titel The Prince Experience wieder aufleben

lassen.

Neben dem Kerngeschäft, Bonn jedes Frühjahr

in eine Jazz-Metropole zu verwandeln,

widmen sich Materna und sein Team der

Vermittlungsarbeit. Wichtiges Element ist

hier das Festivalmagazin „zettbe:“, das in

diesem Jahr zum siebten Mal erscheint. Dazu

Materna: „Wir finden, es reicht heute nicht

mehr, ein hochkarätiges Programm mit improvisierter

Musik zu stricken. Es ist auch

unsere Aufgabe als Veranstalter, diese Musik

zu kontextualisieren und ihre Bedeutung zu

erklären. Das Publikum ist in dieser Richtung

anspruchsvoller geworden, und das

zu Recht – denn ein informiertes Hören ist

eine ganz andere Erfahrung, ein viel tieferer

Genuss.“ Dem Magazin gelingt dies mit

einer Mischung aus übergreifenden Essays

und Interviews, die tief in die persönliche

Geschichte und die Musik der Jazzfest Bonn-

Künstler*innen eintauchen.

Hinter all dieser Arbeit steckt die Überzeugung,

dass der Jazz als Ausdruck kultureller

Vielfalt einen hohen gesellschaftlichen Wert

hat. Der liegt nicht zuletzt in der authentischen,

zwischenmenschlichen Begegnung.

Und die gibt es mit Musik nur live, wenn

Menschen zusammenkommen und gemeinsam

die Energie im Konzertsaal erleben. Wie

jedes Jahr beim Jazzfest Bonn.

Nähere Informationen zu den Konzerten und

den Download des Festival-Magazins „zettbe:“

finden Sie auf www.jazzfest-bonn.de.


6 | Leipzig

MELBA | arttourist.com Jazz | Neue Musik | Elektro | 2023

Trend ab: Es bleiben nicht nur die jungen

Menschen nach ihrer Ausbildung in Leipzig,

sondern gerade auch etablierte Kunst- und

Kulturschaffende ziehen aus anderen Städten

dorthin, um das inspirierende Umfeld zu genießen

und sich in der vielfältigen, urbanen

Kulturlandschaft auszuleben.

In diesem Prozess wandelte sich auch die

Leipziger Jazzszene und ebenso ihr größtes

und renommiertestes Festival. Die Leipziger

Jazztage wuchsen in den letzten dreißig

Jahren zu einem Spektakel heran, das über

eine Woche dichtes Programm mit über 100

Musiker*innen bietet und sich über das ganze

Stadtgebiet erstreckt. Neben traditionellen

Spielorten wie der Kongresshalle am Zoo und

der Oper Leipzig finden sich ebenso historische

Veranstaltungsorte wie das UT Connewitz,

das Alte Stadtbad und die Schaubühne

Lindenfels, die als Heimat der ‚Freien Szene‘

die Lebendigkeit dieser zugleich so traditionsreichen

und sich erneuernden, jungen

Stadtbevölkerung erfahrbar machen. Darüber

hinaus erschließen die Festivalmacher*innen

unterschiedlichste Räume wie Kirchen, soziokulturelle

Zentren, kleine Galerien und

Ladenlokale und regen dazu an, die Stadt immer

wieder neu kennenzulernen.

Leipzig (D)

47. Leipziger Jazztage

14. – 21.10.2023

Ein Festival zwischen Tradition und Innovation,

für lokale Held*innen und internationale Szene

Leipzig ist eine Stadt historischer Zäsuren und Wendepunkte. Als Messe- und Buchstadt war und ist sie ein

Ort des Wissenstransfers und der liberalen Bürgerlichkeit. So ist es auch nicht verwunderlich, dass hier bereits

während des dritten Reichs Figuren wie Rolf Kühn und Jutta Hipp in geheimen Clubs ihre ersten Schritte taten

oder zu DDR-Zeiten im Zeichen kultureller Freiheit und internationaler Offenheit sich eine Gruppe von

Jazz-Enthusiast*innen zu einem Verein zusammenschloss. Genau 50 Jahre ist es nun her, dass sich der Jazzclub

Leipzig e.V. gründete. Wenig später wurden die Leipziger Jazztage geboren – ein Festival, dass sich von

Beginn an der Präsentation internationaler Künstler*innen des zeitgenössischen Jazz verschrieb und bereits in

seinen Anfangsjahren Bands aus Ost- und Westeuropa wie auch aus den USA auf die Bühne brachte.

Seitdem ist viel passiert: Leipzig behielt sich

als Ort der friedlichen Revolution auch während

des DDR-Regimes eine Bevölkerung, die

Wandel zuließ und initiierte. Die Nachwendejahre

brachten Abwanderung und Leerstand

mit sich, wovon sich die Stadt aber

vergleichsweise rasch erholte. Eine Mentalität

der Aufgeschlossenheit, Bildungsinstitutionen

mit gutem Ruf, eine starke Kulturtradition

und vielleicht nicht zuletzt auch die

Nähe zu Berlin schufen ein Umfeld, in dem

sich kreative Szenen Stadtviertel für Stadtviertel

erschließen konnten und Leipzig damit

eine enorme Lebensqualität schenkten.

Die Stadt genoss einen starken Zuzug von

vielen, überwiegend jungen Menschen aus

Laura Totenhagen | © Susann Jehnichen

dem ganzen Bundesgebiet – ihre Bevölkerung

ist in den letzten 20 Jahren um mehr

als 100.000 Einwohner*innen gewachsen.

Waren es zunächst vor allem Studierende,

die kamen und die preisgünstigen Lebensbedingungen

genossen, nach ihrem Abschluss

aber wegzogen, um sich woanders Arbeit zu

suchen, zeichnet sich inzwischen ein neuer

Die Programmgestaltung der vergleichsweise

jung und weiblich besetzten Festivalleitung

überzeugt durch innovative und stilistisch

undogmatische Konzepte, die bei allem vorhandenen

Geschichtsbewusstsein doch deutlich

an der Neuerungskraft des Genres orientiert

sind. Mit einem jährlich wechselnden

thematischen Fokus, durch Open Calls und

internationale Festivalkooperationen, durch

die Kuration von Neubegegnungen und die

Entwicklung von Eigenproduktionen entsteht

ein abwechslungsreiches Programm,

in welchem experimentelle Ansätze und

Nachwuchsförderung genauso ihren Platz

finden wie Koryphäen der internationalen

Jazzwelt. Das neugierige Publikum vereint

Gründungsmitglieder der ersten Stunde mit

überregionalem Fachpublikum, interessierte

Bürger*innen mit Musikstudierenden und

einem für Leipzig so typischen ‚hippen‘ Publikum,

das sich aus der diversen Clubszene

speist – alles in allem eine spannende Gemengelage,

die zu interessanten Zusammenkünften

führt und nicht umsonst 2021 mit

dem 1. Deutschen Jazzpreis als ‚Festival des

Jahres‘ ausgezeichnet wurde.

Wenn man davon ausgeht, dass ‚Jazz‘ seine

Lebendigkeit daraus gewinnt, dass sich die

Musik mit ihrem gesellschaftlichen Umfeld

verbindet und ihre Inspiration aus sozialen

Innovationen zieht, erweist sich Leipzig als

ein sehr guter Ort, um sich dieser Musik in

ihren zeitgenössischen Formen zu widmen –

und sollte definitiv eine Reise wert sein.

www.jazzclub-leipzig.de/leipziger-jazztage/

Maria Reich | © Susann Jehnichen

For Jaimie – Dave Gisler Trio ft. David Murray |

© Susann Jehnichen

Jazztage2022 | © LukasDiller


MELBA | arttourist.com Jazz | Neue Musik | Elektro | 2023 Moers | 7

Moers (D)

52. moers

festival 2023

26. – 29.5.2023

Jazzfestival für Musik/Synapsenbidung/

Politik/Medienkunst und: Zusammensein!

Das moers festival ist seit 1972 das Highlight des Jahres für die

Fans von Klangerlebnissen fernab des Mainstreams. Vom 26.-29.

Mai 2023 bespielen über 250 Künstler*innen aus 23 Nationen

die Stadt am Niederrhein mit Unerhörtem und Außergewöhnlichem.

Über das Pfingstwochenende können Besucher*innen

auf drei Hauptbühnen in der Stadt Moers einen Trip durch den

großen Synapsenraum zwischen Mut und Demut unternehmen.

Unter der künstlerischen Leitung von Tim Isfort präsentiert das

Festival ein vielfältiges Programm mit weit über 70 Acts allein im

Hauptprogramm, das um die Schlagworte AUFBRUCH, ?AFRIKA,

KYLWIRIA, WERT, BEFREIUNG konzipiert ist.

AUFBRUCH

Das moers festival hat den Anspruch, ein

Seismograph für neue wegweisende Entwicklungen

zu sein: Unerhörte Musik, wagemutige

Klänge, starke Haltungen und berührende

Klänge. Exemplarisch seien hieraus dem Programm

eddy kwon + SUN HAN GUILD (US),

Selvhenter (DK) oder Neptunian Maximalism

(BE) genannt.

?AFRIKA

Allein die Reduktion der vielschichtigen und

reichen Musikkulturen des afrikanischen Kontinents

auf den Stereotyp „Afrika“ fordert das

Team des moers festivals heraus. Auch den teilweise

absurd erschwerenden Einreisebedingungen

setzt moers entschieden ein „Trotzdem“

entgegen. Mit ?AFRIKA liegt künftig ein jährlicher

Schwerpunkt auf wechselnde Länder. In

diesem Jahr liegt der Fokus auf Äquatorialguinea,

aus dem u. a. die Stimme Nelida Karrs herausragt.

Zudem kommen Künstler*innen aus

dem Senegal und Burkina Faso in diesem Jahr

nach Moers.

KYLWIRIA

Das moers festival feiert den 100. Geburtstag

des legendären ungarischen Komponisten György

Ligeti (*28. Mai 1923) mit einem ausgewachsenen

Schwerpunkt, der seine prägenden

Klangwelten und Kompositionen würdigt.

MUSIC FROM KYLWIRIA ist eine international

besetzte Auftragskomposition des moers festivals,

Ligetis Sohn Lukas Ligeti kommt gleich

mit drei Formationen (u. a. Burkina Electric)

und auch der Nachfolger des Jugendprojektes

moersterclass, le petit macabre, beschäftigt sich

in Anlehnung an Ligetis Oper Le Grand Macabre

mit dem Jahrhundertkomponisten.

WERT

Wie wichtig ist uns ein Lieblingssong? Welchen

(Stellen-)Wert haben Kunst und Kultur? Was ist

der Wert von Musik und Kultur für eine Gesellschaft,

für die Menschheit? Das moers festival

diskutiert um diese essenzielle(n) Frage(n) und

präsentiert eine Reihe von Künstler*innen, die

sich mit dieser Frage auseinandersetzen, darunter

vier Weggefährt*innen des legendären

Miles Davis (Kenny Garrett, Billy Hart, Gary

Bartz und Marilyn Mazur) und der Brite Gavin

Bryars.

BEFREIUNG

Das moers festival, Kind der 68er, stand schon

zu seiner Gründung für Befreiung. Auch heute

geht es darum, sich Klischees zu entledigen,

sich freizuspielen und genauso dringend

wie damals politisch Bezug zu nehmen. Dafür

braucht es Mut. Diesen zeigen das iranische

Tember Ensemble, das russische Trio Kruglov –

Kozhevnikova – Yudanov und das ihre Botschaft

laut in die Welt schreiende Techno-Punk

Duo Deli Girls (US) oder Pharmakon (US).

Neben weiteren außergewöhnlichen musikalischen

Programmpunkten wie den traditionellen

moers sessions, diversen moersify-Guerilla-

Konzerten und fahrenden Freejazz-E-Mobilen

gehören das große Festivaldorf mit kreativen

Ständen von Ethno bis Vintage sowie einem

Pop-up-Planetarium, Workshops, Vorträge und

discussions zum moers festival.

Konzerte finden in der Festivalhalle, auf der

OpenAir-Bühne, auf der unkuratierten Bühne

Artifacts | André Symann

ANNEX und zahlreichen spontanen Spielorten

auf dem Festivalgelände und in der Moerser

Innenstadt statt. Dabei sind Publikum und

Künstler*innen einander ganz nah und feiern

mitunter sogar gemeinsam auf der Bühne.

Außerdem gibt es das 2022 entstandene

hybride Format @thesametime: Dabei treten

Musiker*innen gleichzeitig auf zwei Bühnen

auf und spielen miteinander, während das Publikum

vor Ort nur das hört, was es auch sieht.

Die beiden Konzertteile werden anschließend

zusammengeschnitten und können einige

Stunden später in der virtuellen Realität des

moerslands VR als Ganzes erlebt werden.

Das große Festivaldorf mit zahlreichen Marktständen,

Angeboten für Kids und viel Musik ist

kostenlos. Das Festivalticket für die Hauptbühnen

an allen vier Tagen gibt es für 159 € im Vorverkauf

und ermäßigt bereits ab 53 € (ermäßigt

sind u. a. Studierende oder Menschen bis 23

Jahre). Zudem gibt es Tagestickets und das Null-

Euro-Ticket für Volunteers (1 Tag arbeiten –

1 Tag feiern, 2 Tage arbeiten – 2 Tage feiern).

Das Camping ist mit einem Ticket inklusive.

Weitere Infos und Tickets gibt es unter

www.moers-festival.de.

moers festival 2023 Hauptprogramm:

Alex Ikot

Arbenz/Hart X Friedman X Mondlak „Blending Contrasts“

Baby Sommer‘s Brother & Sisterhood

Billy Hart Quartet feat. Ethan Iverson

Burkina Electric

Burkina Electric und Ensemble BRuCH

Cafe OTO #1: Elvin Brandhi und Joel Grip

Cafe OTO #2: Simon Camatta und Bex Burch

Crystal Peñalosa

Das Kondensat (plus Liz Kosack) – Andere Planeten

Deli Girls

eddy kwon + SUN HAN GUILD

Editrix

Ensemble Icosikaihenagone / Volumes II, fiction for

musicians only

EVE RISSER - RED DESERT ORCHESTRA : EURYTHMIA

FYEAR

Ganelin Trio Priority

HYDRA ENSEMBLE

Jooklo Duo

Kenny Garrett - Sounds from the Ancestors

Keune Ewen Smith

Kruglov-Kozhevnokova-Yudanov

le petit macabre

Luc Ex

Lukas Ligeti spricht: … à propos de mon père

Lukas Ligeti: en même temps

Mark Ernestus’ Ndagga Rhythm Force

Maya Dunietz, Chris Cutler and Tim Hodgkinson

moers sessions

MUSIC FROM KYLWIRIA

Nelida Karr

NEPTUNIAN MAXIMALISM

Pharmakon

Propan

Putan Club

Recursion

SCATTER THE ATOMS THAT REMAIN with special guest Gary

Bartz

SEABROOK TRIO

Selvhenter feat. Marilyn Mazur

SWR Vokalensemble

TEMBER Ensemble & guests

The Gavin Bryars Ensemble

Trondheim Voices

Virginia Genta

Wendy Eisenberg

ZAÄAR


8 | jazzahead!

MELBA | arttourist.com Jazz | Neue Musik | Elektro | 2023

Bremen (D)

jazzahead!

2023

27. – 30.4.2023

Die jazzahead! ist das Must-Go-Event für die internationale Jazzbranche

und der Ort für hochwertigen, zeitgenössischen Jazz aus Deutschland,

Europa und Übersee. Als weltweit größte Veranstaltung auf

der sich alle Protagonisten der Szene (Musiker:innen, Labels, Agenturen,

Festivalverantwortliche, Booker und Medienvertreter:innen)

treffen, gilt sie bei den Fachbesuchern aus aller Welt als das „Familientreffen

des Jazz“. Denn trotz ihres steten Wachstums hat sie es

geschafft, ihren familiären Charakter nicht zu verlieren.

Die jazzahead! ist nicht nur Messe für Fachpublikum,

sondern auch ein Festival für die

breite Öffentlichkeit – und zwar mit einem

Programm, das einmal jährlich die Hansestadt

Bremen zur Jazzmetropole macht.

Seit 2015 wird die jazzahead! aus Mitteln

des Haushalts der Beauftragten des Bundes

für Kultur und Medien gefördert.

Das Festivalprogramm der jazzahead! steht

– und kann sich auch in diesem Jahr so

richtig sehen lassen! Zu den Höhepunkten

zählen eine musikalische Lesung mit

Sebastian Koch am Samstag, 29. April, die

große CLUBNIGHT am Freitag, 28. April,

das Konzert zum Deutschen Jazzpreis am

Donnerstag, 27. April, und die 36 Showcase-Konzerte,

die über drei Tage verteilt

sind. Die jazzahead! 2023 der MESSE BRE-

MEN findet vom 27. bis zum 30. April statt.

Das Festivalprogramm läuft in diesem Jahr

weitestgehend parallel zur Messe.

Für besondere Aufmerksamkeit dürfte in

diesem Jahr wieder die CLUBNIGHT sorgen.

Motto: „1 Nacht 1 Ticket 30 Clubs“.

Das All-in-One Ticket beinhaltet dann

auch den öffentlichen Nahverkehr im

Verkehrsverbund Bremen Niedersachsen

(VBN), so dass in Sachen Mobilität keine

Wünsche offen sind. Das Ticket gewährt

den Eintritt in alle 30 Locations.

Weitere Informationen zur jazzahead! unter

www.jazzahead.de

2022 jazzahead! | © M3B GmbH Jörg Sarbach

2022 jazzahead! | © M3B GmbH Jörg Sarbach

2022 jazzahead! | © M3B GmbH Jörg Sarbach

Wir sprachen mit der Projektleiterin Sybille Kornitschky über das diesjährige Partnerland Deutschland

und was das für die jazzahead! bedeutet

Schlicht gefragt: Partnerland

Deutschland – warum?

Sybille Kornitschky: Diese Entscheidung

mag für manche überraschend

klingen – für uns aber keineswegs,

sondern sie war gewissermaßen sogar

überfällig. Doch ich will weiter ausholen:

Die Wahl des Partnerlandes treffen

wir immer künstlerisch. Wir wollen einem

Land und einer Szene damit international

zu mehr Sichtbarkeit verhelfen

– und zwar Ländern, von denen wir

denken, dass sie diese Aufmerksamkeit

einfach verdient haben.

Also ist Deutschland zu wenig

sichtbar gewesen?

Sybille Kornitschky: Definitiv!

Und in diesem Sinne ist es mehr als

überfällig, dass wir Deutschland diese

Möglichkeit geben, sich als Jazz-

Sybille Kornitschky | © Kerstin Rolfes

Land zu präsentieren. Man muss

wissen: Die deutsche Szene steht im

eigenen Land in starker Konkurrenz

zu Produktionen aus dem Ausland,

weil ein Booking von ausländischen

Bands aufgrund der Förderstrukturen

für deutsche Clubs und Festivals zum

Teil lukrativer ist als deutsche Bands zu

buchen. Deutschland ist ein sehr erfolgreiches

Import-Land für Jazz aus aller

Welt, aber eben noch nicht so stark im

Export seiner eigenen Produktionen.

Hier müssen wir einfach besser werden.

Wie seid Ihr an die Frage der

Präsentation des Partnerlandes

Deutschland herangegangen?

Sybille Kornitschky: Uns war schon

bewusst, dass wir intensiv darüber

nachdenken, müssen, wie wir ein Partnerland

Deutschland präsentieren.

Eins war klar: Es sollten jetzt nicht

jenseits der acht Bands, die wir musikalisch

ohnehin jedes Jahr im Rahmen

der German Jazz Expo präsentiert haben,

einfach nur ein paar mehr Bands

sein. Das wäre viel zu kurz gegriffen.

Hinter unseren Planungen steht der

künstlerische Austausch. Wir sind

darüber auf die Idee der „Commissioned

Works“ gekommen. Wir starten

deshalb bewusst mit Nachbarländern,

mit denen es schon Austausch gegeben

hat. Wir wollten etwas, das bereits

existiert, neu beleuchten und wiederbeleben

und haben uns daher für Frankreich,

Österreich und die Niederlande

entschieden. Weil wir dort Partner haben,

die in der Lage sind, dieses Projekt

nicht nur für die jazzahead! 2023 anzugehen,

sondern auch darüber hinaus

begleiten können.

Letzte Frage: Was hat das Partnerlandjahr

Deutschland für

langfristige Auswirkungen auf die

jazzahead!?

Sybille Kornitschky: Uns war schon

länger klar: Irgendwann werden wir

mit unserem Konzept eines bestimmten

Partnerlandes an Grenzen stoßen. Wir

werden aber nicht darauf warten, bis

wir alle 195 Länder, die es auf der Welt

gibt, einmal als Partnerland durchhaben.

Die Liste der Jazz-Nationen, die

in der Lage sind, ein solch umfangreiches

Projekt mit uns zusammen

zu präsentieren, ist nun auch nicht

endlos lang – also wollen wir neue

Möglichkeiten schaffen. Man könnte

zum Beispiel Regionen präsentieren

oder Tandems. Das knüpft wiederum

auch wunderbar an die Idee der „Commissioned

Works“ an. Klar ist: Wir

wollen in Zukunft andere Wege gehen

und bereiten das jetzt bereits ein bisschen

vor. Die jazzahead! war ja immer

in Bewegung, keine Ausgabe war

gleich, das hat sie auch über die Jahre

immer erfolgreicher werden lassen.

DAS GESPRÄCH FÜHRTE KAI GEIGER


MELBA | arttourist.com Jazz | Neue Musik | Elektro | 2023 jazzahead! | 9

2022 jazzahead! | © M3B GmbH Jörg Sarbach

2022 jazzahead! | © M3B GmbH Jörg Sarbach

Götz Bühler rückt ins

Leitungsteam nach

Nach dieser jazzahead! ist Schluss: Ulrich Beckerhoff

und Peter Schulze, die Künstlerischen

Leiter des großen Jazz-Branchentreffs,

verkünden ihren Abschied. Nach 17 Jahren

wolle man den Weg nun für die nächste Generation

freimachen, so die beiden unisono.

Und ein Nachfolger steht bereits fest: Es ist der

Hamburger Musikjournalist, Autor und Moderator

Götz Bühler, der erklärte Wunschkandidat

des gesamten Leitungsteams. Beckerhoff

war von der ersten Ausgabe der jazzahead!

im Jahre 2006 als Künstlerischer Leiter tätig,

Schulze wirkte von Beginn an als Berater mit,

ehe er 2013 auch offiziell der Künstlerischen

Leitung angehörte. Bühler bildet damit ab dem

kommenden Jahr mit der Projektleiterin Sybille

Kornitschky die neue Doppelspitze.

Der Geschäftsführer der M3B GmbH, Hans Peter

Schneider, hat die jazzahead! gemeinsam

mit den Künstlerischen Leitern im Jahre 2006

ins Leben gerufen. „Ich danke beiden ganz außerordentlich.

Wir haben mit der jazzahead!

etwas weltweit Einzigartiges und Erfolgreiches

geschaffen, das aus der Jazzwelt nicht mehr

wegzudenken ist“, sagt Schneider und fügt

hinzu: „Mit Götz Bühler, der die jazzahead! seit

vielen Jahren kennt, haben wir den richtigen

Nachfolger gefunden. Ich freue mich sehr auf

die Zusammenarbeit.“

Goetz Buehler

Sowohl Beckerhoff als auch Schulze sind Jahrgang

1947, ihr Nachfolger Götz Bühler ist 21

Jahre jünger. Auch für ihn sind Messe und

Festival der jazzahead! alles andere als Neuland.

In den verschiedensten Funktionen war

er von Anfang an dabei, etwa als Redakteur

des Magazins Jazz thing, als Labelmanager

für Künstler:innen wie Kellylee Evans oder Ed

Motta oder als Moderator der digitalen jazzahead!

2021 und des Deutschen Jazzpreises im

vergangenen Jahr. Seit 2020 ist er Head of Content

für die App jazzed in Deutschland.

Wohin geht die Reise künftig? Der Jazz öffne

sich gegenwärtig ohnehin, so Bühler: „Wir

sehen Einflüsse von der Neuen Musik über

elektronische Popmusik oder Hip Hop und

verschiedene Roots-Musiken bis hin zur Neo

Klassik“ – und diese Bandbreite müsse die

jazzahead! ebenfalls abbilden, was zum Teil

schon geschieht. Beim Winter Jazzfest in New

York habe er die ganze Bandbreite einmal

mehr gespürt, so Bühler weiter: „Die Faszination

dieser Musik endet nicht, im Gegenteil, sie

wird immer größer.“ Es gehe jetzt auch darum,

sich einem jüngeren Publikum zu öffnen, den

Jüngeren klarzumachen, was für eine Chance

die jazzahead! für sie bedeute – „und was für

eine Tür in Richtung internationalem Jazzgeschehen

die jazzahead! öffnet.“

Zum Abschied 12 Fragen an Peter Schulze und Uli Beckerhoff

Uli Beckerhoff und Peter Schulze haben die jazzahead! von Beginn an begleitet, geprägt und am Puls der Zeit

weiterentwickelt. Mit der diesjährigen jazzahead! scheiden die beiden Künstlerischen Leiter auf eigenen Wunsch

aus, bleiben der jazzahead! aber weiterhin verbunden.

Ich kam zur jazzahead! wann und

wie?

Peter Schulze: 2005, bevor die jazzahead!

losging, durch einen Anruf von

Hans Peter Schneider, den Messechef,

der „was mit Jazz machen“ wollte.

Uli Beckerhoff: Im Jahr 2005 kontaktierten

mich Hans Peter Schneider, der

Chef der Bremer Messe und Sybille Kornitschky,

die damals zukünftige Projektleiterin

der jazzahead!, um mit mir über

die Chancen einer internationalen Messe

zu sprechen, die das Thema JAZZ in den

Mittelpunkt stellen will. Nach ihren Recherchen

gab es schon internationale Musikmessen,

aber der Jazz würde dort ihrer

Meinung nach immer nur eine untergeordnete

und unbedeutende Rolle spielen.

Dies würden sie als Bremer Messe gerne

© Frank Pusch

Peter Schulze

*1947, studierte in Berlin Komposition

und Tonmeister, 1970-1998 Jazzredakteur

und Produzent bei Radio Bremen,

1987–91 Artistic Director Bilsak

Jazz Festival in Istanbul, 1998–2002

Musikchef Radio Bremen, 2003–2007

Artistic Director Jazzfest Berlin, 2006

Mitgründer der Messe jazzahead!,

2012–2022 dort Artistic Director,

2009–2022 Artistic Director Sendesaal

Bremen.

ändern wollen. Ich musste gestehen, dass

dies für mich eine äußerst wagemutige,

aber eben auch großartige Idee war: Alle

Beteiligten der deutschen und internationalen

Jazzszene zu einem jährlichen Treffen

in Bremen eizuladen: Musiker:innen,

Bands, Promoter:innen, Kritiker:innen,

Veranstalter:innen, Produzent:innen, Labels,

Musikhochschulen, Fotograf:innen,

Journalist:innen von Presse, Rundfunk,

Fernsehen und anderen Medien. All dies

mit vielen Live Showcase-Konzerten und

einer Clubnight.

Ich habe immer an den Erfolg der

jazzahead! geglaubt, weil ...

Peter Schulze: Keiner hat am Anfang

an den Erfolg der jazzahead! geglaubt,

auch wir nicht. Wenn sie nicht so erfolgreich

geworden wäre, hätten wir

sie wahrscheinlich nach ein paar Ausgaben

sterben lassen – und jeder hätte

gesagt: Das konnte ja nichts werden.

Wurde aber.

Uli Beckerhoff: … obwohl es am Anfang

noch mit sehr vielen Zweifeln verbunden

war, ob diese großartige Idee

sich national und international durchsetzen

kann.

17 Jahre jazzahead! waren für

mich ...

Peter Schulze: … eine spannende und

aufregende Zeit, künstlerisch sowie

auch von der internationalen Vernetzung

und den vielen persönlichen Begegnungen

her.

Uli Beckerhoff: … eine der besten Erfahrungen,

die ich in meiner Karriere

als Musiker und Hochschullehrer gemacht

habe.

Mein schönster Moment in

17 Jahren jazzahead! war ...

Peter Schulze: Da gab’s zu viele

Uli Beckerhoff: … dass die jazzahead!

2022 nach Corona endlich wieder live

mit Bands, Ausstellern und Publikum

sehr erfolgreich war. Alle Beteiligten

sah man diese übergroße Freude sehr

deutlich an.

… und der schwierigste?

Peter Schulze: Die kurzfristige Absage

der voll vorbereiteten Ausgabe wegen

Corona 2020.

Uli Beckerhoff: … war die digitale

Ausgabe der jazzahead! im Jahr 2021.

Die Herausforderung Corona war

... Peter Schulze: … die erste voll digitale

Ausgabe 2021, die an einer Stelle

sehr unbefriedigend war, weil sie das

wesentliche Moment der jazzahead!,

nämlich das persönliche Zusammenkommen,

nicht leisten konnte. Das war

2022 mit der hybriden Ausgabe schon

sehr viel zukunftsträchtiger.

Uli Beckerhoff: … ermüdend, deprimierend,

entnervend und ganz furchtbar.

Welche beeindruckende Karriere

begann für Sie auf der jazzahead!?

Peter Schulze: Keine Karriere begann

dort, für viele war der Showcase bei der

jazzahead! aber ein gewisser Durchbruch,

z.B. für Julia Hülsmann, Michael

Wollny, Omer Klein oder international

Andreas Schaerer, Hamilton de

Holanda, Shai Maestro.

Uli Beckerhoff: Gwylim Symcock, Andreas

Schaerer, Michael Wollny, Chloe

Charles.

Welchen Künstler:innen aus der

Vergangenheit hätten Sie gerne einen

Auftritt auf der jazzahead! ermöglicht?

Peter Schulze: Charles Mingus, Pat

Metheny, Maria Schneider.

Uli Beckerhoff: Gerd Dudeck, Bob Degen,

John Taylor.

Die drei bleibenden Künstler:innen?

Peter Schulze: Andreas Schaerer, Marcin

Masecki, Mathias Eick und viele

andere.

Uli Beckerhoff: Arve Hendriksen,

Trompete aus Norwegen, Chloe

Charles, Sängerin aus Kanada, Andreas

Schaerer, Gesang aus der Schweiz.

Die jazzahead! 2030 wird ...

Peter Schulze: … hoffentlich alive

and kicking werden.

Uli Beckerhoff: … hoffentlich noch

immer in Bremen existieren und so erfolgreich

sein wie bisher!

© Frank Pusch

Uli Beckerhoff

ist Trompeter und Komponist von

hoher internationaler Reputation. Er

war Professor für Trompete an der

renommierten Folkwang Universität

der Künste in Essen. Er konzertierte in

nahezu allen europäischen Ländern

sowie in Brasilien, mit Volker Kriegers

Band in elf afrikanischen Staaten

sowie auf Festivals in Paris, Barcelona,

Amsterdam,Moers, Berlin, Nancy, Oslo,

Sevilla, Jerusalem, Kopenhagen, Rio de

Janeiro und vielen mehr. Zusammenarbeit

u.a. mit Jon Christensen, Arild

Andersen, John Scofield, John Surman,

Dave Liebman, Kenny Wheeler, Marylin

Mazur, Norma Winstone, John Taylor,

Adam Nussbaum, John Abercrombie,

Matthias Nadolny, Albert Mangelsdorf,

Michel Gibbs Orchestra, NDR Big Band,

Sinfonieorchester des NDR Hannover

und anderen.

Ich wünsche Götz Bühler ...

Peter Schulze: … nur das Beste.

Uli Beckerhoff: … dass er weiterhin

ein so großartiger, positiver, fachkundiger,

kreativer und humorvoller Mensch

bleibt, wie ich ihn vor mehr als ca. 35

Jahren in einem Interview für den damals

neuen Musiksender VIVA kennengelernt

habe.

Nach der jazzahead! ist vor ...

Peter Schulze: … neuen Reisen, Begegnungen,

Büchern und Entspannung.

Uli Beckerhoff: … der Entwicklung

neuer musikalischer Projekte.

DAS GESPRÄCH FÜHRTE KAI GEIGER.


10 | Deutscher Jazzpreis

MELBA | arttourist.com Jazz | Neue Musik | Elektro | 2023

Nubya Garcia | Band | Deutscher Jazzpreis 2022 – Metropol Theatre – Bremen – 27 April 2022 | © Camille Blake

Deutscher Jazzpreis 2023

Zum zweiten Mal wird der von der Initiative Musik 2021 ins Leben gerufene Deutsche

Jazzpreis in 31 Kategorien im Rahmen der jazzahaed! in Bremen verliehen.

Jazz made in Germany ist ein

weltweit beachtetes Aushängeschild

und mehr denn je auf

der Höhe unserer Zeit: Seine

Akteur:innen leben und vermitteln

kulturelle Vielfalt auf

der Bühne und in der Lehre,

im Kulturmanagement ebenso

wie in der Tonträgerproduktion.

Künstler:innen im Jazz und der

improvisierten Musik sind hochgradig

mobil, bilden Netzwerke,

entwickeln neue Konzepte und

Formate für die Aufführung, Aufzeichnung

und Verbreitung.

Glückliche Preisträger, Nominierte und Gäste vor der Photowall

bei der Preisverleihung zum Deutschen Jazzpreis 2022

© Jewgeni Roppel | Deutscher Jazzpreis

INITIATIVE MUSIK

Die Initiative Musik ist die zentrale Fördereinrichtung

der Bundesregierung und der Musikbranche

für die deutsche Musikwirtschaft. Wir

stärken die Präsentation und Verbreitung von

Musik aus Deutschland im In- und Ausland.

Schwerpunkte unserer Programme, Projekte

und Awards sind die Unterstützung von professionellen

Newcomer:innen, Musiker:innen,

Livemusikclubs und Musikunternehmen sowie

der Ausbau bundesweit nachhaltiger

Strukturen für Rock, Pop und Jazz. Darüber

hinaus realisiert die Initiative Musik für die

Bundesregierung aktuell fünf Teilprogramme

im Rahmen des Rettungs- und Zukunftspakets

NEUSTART KULTUR.

www.initiative-musik.de

Um diese Innovationskraft in all ihren Facetten

auszuzeichnen, hat die ehemalige Kulturstaatsministerin

Prof. Monika Grütters (die Beauftragte

der Bundesregierung für Kultur und

Medien 2013-2021), den Deutschen Jazzpreis

ausgelobt. Als zentrale Fördereinrichtung der

Bundesregierung für die Musikwirtschaft ist

die Initiative Musik mit der Realisierung betraut

worden. Das Konzept wurde gemeinsam

mit einem eigens dafür berufenen Beirat, der

sich aus hochkarätigen Vertreter:innen der

Jazzszene zusammensetzt, entwickelt.

Die Erstauflage des Deutschen Jazzpreises fand

am 3. Juni 2021 statt mit dem Ziel sich als

jährlich wiederkehrende, kulturelle Leuchtturm-Veranstaltung

zu etablieren. Der Deutsche

Jazzpreis richtet das Scheinwerferlicht auf

Darstellung und Erhaltung des vielfältigen Jazzschaffens

in Deutschland, Würdigung und Stärkung

außergewöhnlicher künstlerischer und

innovativer Kreativität und Leistungen im nationalen

und internationalen Jazz, Ausbau der

weltweiten Strahlkraft von Jazz aus Deutschland,

eine stärkere Verankerung der Kunstform

Jazz in der Gesellschaft und sichtbare Unterstützung

der Jazzschaffenden einerseits durch

die öffentliche Aufmerksamkeit im Rahmen der

Verleihung sowie durch die Vergabe angemessen

finanziell dotierter Preise.

Der Deutsche Jazzpreis würdigt in 31 Kategorien

außergewöhnliche, künstlerische und

innovative Leistungen im nationalen und internationalen

Kontext. Die Preisträger:innen

werden mit einer Trophäe und einem Preisgeld

in Höhe von 10.000 € prämiert.

www.deutscher-jazzpreis.de


MELBA | arttourist.com Jazz | Neue Musik | Elektro | 2023 Deutscher Jazzpreis | 11

Interview

Wir sprachen mit Beate Sampson,

Sprecherin des Beirats des Deutschen

Jazzpreises.

Wie muss man sich den Prozess von

der Ausschreibung über die Einreichungen

bis zur Preisverleihung

vorstellen und in welcher Funktion

sind Sie in diesen Prozess involviert?

Beate Sampson: Die Jury des Deutschen

Jazzpreises bestimmt in einem

transparenten und unabhängigen Prozess

die Preisträgerinnen und Preisträger.

Die Auswahl der Preisträger:innen

erfolgt in einem zweistufigen Prozess.

Zunächst werden aus allen Vorschlägen

der jeweiligen Jurys einer Preiskategorie

jeweils drei auszeichnungswürdige

Künstler:innen nominiert. Dies

geschieht, sofern für die Preiskategorie

nicht gesondert bestimmt, durch eine

Fachjury. In einem zweiten Schritt wählt

die Hauptjury die Preisträger:innen für

jede Preiskategorie aus den drei Nominierten.

Es gibt eine Hauptjury und eine

Fachjury. Wie sind deren Zusammensetzung

und Aufgaben?

Beate Sampson: Die Fachjury wählt

aus und beruft drei Nominierte pro Kategorie,

die Hauptjury entscheidet. Die Jurys

setzen sich aus Persönlichkeiten der

Jazzszene aus verschiedenen Bereichen

(Journalismus, Medien, Künstler:innen,

Programmgestaltung, Label, Agenten,

Jazzverbände und Jazzeinrichtungen)

zusammen, was ein multiperspektivisches

Vorgehen bei der Nominierung

und der Ermittlung der Preisträger:innen

sicherstellt. Die Jurys werden geschlechterparitätisch

und unter Diversitätskriterien

besetzt.

Es gibt fünf Fachjurys, die mit jeweils

fünf Jurymitgliedern begrenzt sind. Die

Mitglieder der Fachjurys wählen aus ihrer

Mitte jeweils zwei Sprecher:innen zur

Entsendung in die Hauptjury.

Die Jurys werden durch die Beauftragte

des Bundes für Kultur und Medien

(BKM) auf Basis eines Vorschlags des

Beirats berufen.

Was sind die Voraussetzungen und

Erwartungen an Sie als Jurorinnen?

Beate Sampson: Die Mitglieder der Jurys

sollten über eine entsprechende fachliche

Expertise verfügen, unabhängig

und neutral in ihrer Entscheidung sein

und sich an alle Anforderungen und

Grundlagen der Statuten, Vertraulichkeit

und Verschwiegenheit im Rahmen der

Entscheidungsfindung und Verleihung

des Deutschen Jazzpreises halten.

Nach welchen Kriterien gehen Sie

an Ihre Aufgabe und Entscheidung

heran? Gibt es einen Leitfaden oder

eine Art Entscheidungskriterien?

Beate Sampson: Einen Leitfaden gibt

es nicht. Die Regeln finden sich in den

Jurystatuten des Deutschen Jazzpreises.

Jedes Jurymitglied erhält alle Unterlagen

der eingereichten Bewerbungen um den

Deutschen Jazzpreis, die im Anschluss

geprüft werden. In den entsprechenden

Fachjurysitzungen werden dann die

einzelnen Vorschläge der Jurymitglieder

diskutiert.. Die Fachjurys bestimmen

in ihrer jeweiligen Preiskategorie drei

auszeichnungswürdige Künstler:innen

bzw. Leistungen und begründen ihre

Entscheidung schriftlich. Die Auswahlentscheidung

der Fachjury erfolgt ohne

Angabe einer Reihung, jedoch kann die

Fachjury gegenüber der Hauptjury eine

Empfehlung für die Preiskategorie aussprechen.

Mit dem Deutschen Jazzpreis werden

gemäß der Präambel Künstler:innen,

Beate Sampson | © Jewgeni Roppel | Deutscher Jazzpreis

Akteur:innen und Projekte ausgezeichnet,

die wesentlich zur Strahlkraft des

Jazz in Deutschland in allen seinen

Spielarten beitragen. Dabei ist die Gewichtung

von Vielfalt in der Gesamtzusammensetzung

der Preisträger:innen

und kreativer Schaffenskraft der einzelnen

Künstler:innen von der jeweiligen

Jury individuell zueinander in Beziehung

zu setzen.

Gibt es persönliche Interessenkonflikte?

Und wenn ja, wie stellt man

sich dieser Situation?

Beate Sampson: Ja das kann es geben.

Interessenkonflikte bestehen u.a., wenn

die Juror:innen an einem vorgeschlagenen

Projekt beteiligt waren/sind bzw. persönlich

nominiert wurden, Gremienmitgliedschaft

oder Berater:innentätigkeit

in einem vorgeschlagenen Projekt/Unternehmen

besteht, es ein direktes finanzielles

Interesse am Erfolg oder Misserfolg

eines Antrages gibt oder familiäre Verquickungen.

Jeder tatsächlich vorhandene

oder subjektiv empfundene Interessenkonflikt

sollte im Sinne der Integrität

und der Objektivität des Auswahlverfahrens

vermieden werden. Sollte es zu

einer Befangenheit eines Jurymitglieds

kommen, darf das entsprechende Jurymitglied

nicht an der jeweiligen Diskussion

und Abstimmung teilhaben, bis die

Befangenheit möglicherweise entfällt.

Wie wird die Entscheidung für

den:die Preisträger:in pro Kategorie

herbeigeführt?

Beate Sampson: Die beiden in der

Hauptjury vertretenen Fachjurymitglieder

stellen der Hauptjury die von ihnen

nominierten Künstler:innen bzw.

Leistungen vor und begründen sowohl

die Nominierungsentscheidung als

auch eine mögliche Vergabeempfehlung

der Fachjury. Im Anschluss findet

eine Aussprache zu den nominierten

Künstler:innen statt. Nach der Aussprache

bestimmt die Hauptjury die

Preisträger:innen in der jeweiligen Preiskategorie.

Für die Nachvollziehbarkeit

der Entscheidung legt die Jury eine Begründung

ihrer Auswahl fest.

Wie wichtig war es, dass nach der

skandalbedingten Einstellung des

Echo Jazz im Jahr 2018 kein Vakuum

entstand und schnell eine neue

Form, ein neuer Preis installiert

wurde?

Beate Sampson: Es war enorm wichtig!

Vorweg sei betont, dass an dem

damaligen Skandal, der zur Einstellung

aller Sparten des Echo Musikpreises

führte, weder der Echo Jazz noch der

Echo Klassik einen Anteil trugen. Diese

beiden Preise haben den Genres Jazz

und Klassik ein hohes Maß an breiter,

öffentlicher Aufmerksamkeit eingebracht

und damit – so meine persönliche

Einschätzung – auch den Weg zu der

kulturpolitischen Entscheidung geebnet,

einen neu aufgestellten „Deutschen

Jazzpreis“ mit internationaler Strahlkraft

einzurichten und zu finanzieren.

Mit ihm geht es darum, die enorme,

kreative Schaffenskraft und Vielfalt der

Jazzszene widerzuspiegeln und sie zugleich

zu würdigen und zu stärken. Um

das zu erreichen, erhielt der Preis eine

neue Organisationsstruktur und wurde

auch – im Unterschied zum Echo Jazz –

mit einem Preisgeld von 10.000€ pro

Kategorie und Preisträger:in ausgestattet.

Ab diesem Jahr erhalten außerdem

alle Nominierten, die nicht mit einem

Preis ausgezeichnet werden, ein Nominierungsgeld

von 1000€.

Warum ist der Deutsche Jazzpreis

so wichtig für die Branche und welchen

Effekt und Nachhaltigkeit hat

dieser für die Künstler:innen?

Beate Sampson: Ich verstehe den

Begriff „Branche“ als Gesamtheit

der Akteur:innen des Jazz, also

Musiker:innen, Labels, Clubs, Festivals,

Konzertveranstalter:innen, Agenturen,

Musikjournalist:innen und Autor:innen

in Printmedien, Privatsendern und

öffentlich-rechtlichen Sendern, Musikhochschulen

mit Jazzabteilungen,

freie Musikschulen, Musikverlage, Forschungsstätten

wie etwa das Jazzinstitut

in Darmstadt und Jazzverbände wie

etwa die Deutsche Jazzunion, diverse

Kulturinstitute und Kulturreferate der

Städte und Kommunen, bis hin zum

Deutschen Musikrat mit seinen Jazzprojekten.

Alle sind miteinander verbunden

und bauen aufeinander auf.

Die Musiker:innen sind diejenigen, die

mit ihrer künstlerischen Leistung das

Herzstück dieser „Branche“ darstellen.

Deswegen ist es besonders wichtig, ihre

Sichtbarkeit und Hörbarkeit zu erhöhen

und damit den Jazz in all seiner Vielfalt

einem größeren und, meiner Erfahrung

nach, potenziell schon längst vorhandenen

Publikum bekannt und vertraut

zu machen. Der „Deutsche Jazzpreis“

spielt, indem er Künstler:innen und Ensembles,

Spielstätten und Festivals auszeichnet,

dabei eine ganz wichtige Rolle.

Er bringt diese facettenreiche, ebenso

zeitgenössische wie traditionsbewusste,

komponierte und improvisierte Musik,

die sich sowohl aus der afroamerikanischen

als auch anderen globalen Kunstmusik-

und ethnischen Musiktraditionen

nährt, noch viel mehr Menschen

nahe mit dem Ziel, sie als Kunstform

in der Gesellschaft noch stärker zu verankern.

Das finde ich außerordentlich

nachhaltig für alle Beteiligten.

Es gibt nur jeweils ein:e Gewinner:in,

aber ist nicht die Nominierung, ein

Platz auf der Top3-Liste auch schon

eine Auszeichnung, ähnlich der Umwerbung

einer Oscar Nominierung

im Bereich Film?

Beate Sampson: Ich bin davon überzeugt,

dass die meisten ihre Nominierung

zum „Deutschen Jazzpreis“ schon

als einen Gewinn empfinden. So habe

ich das auf jeden Fall bei den Preisverleihungs-Feierlichkeiten

und in den sozialen

Kanälen der Nominierten in 2021

und 2022 erlebt. Aber ich möchte an

dieser Stelle auch sagen, dass es bei aller

Bedeutung von Preisvergaben und Nominierungen

ganz wichtig ist, im Blick

zu behalten, dass preiswürdiger Jazz

permanent auf Bühnen, Tonträgern und

im Netz stattfindet ohne zunächst einmal

oder auch je eine Auszeichnung zu

erhalten. Wobei gerade der „Deutsche

Jazzpreis“ mit seiner Vorgehensweise

und Organisationsstruktur sehr gute Voraussetzungen

dafür schafft, den großen

kreativen Reichtum der Jazzszene durch

seine Preisvergabe-Praxis umfänglich

abzubilden: Elf der 31 Preiskategorien

stehen zur öffentlichen Bewerbung, die

25 Personen in den geschlechter-paritätisch

besetzten Fachjurys bringen ihr

geballtes Jazzwissen und die Kenntnis

der Jazzszene mit ihren Kuratierungen

ein, und auch der Blick der potenziellen

Jazzhörerschaft wird eingebracht, denn

zur siebenköpfigen Hauptjury gehören

dazu noch Menschen, die nicht unbedingt

Expert:innen sind, sich aber für

Jazz interessieren. Die Jurys arbeiten anhand

von klaren Statuten und ihre Besetzungen

rotieren im Zweijahresrhythmus.

Anregungen von innen und außen

werden in die Weiterentwicklung des

Preises aufgenommen, womit eine permanente

Weiterentwicklung des Deutschen

Jazzpreises stattfinden kann. Diese

Beweglichkeit schätze ich besonders.

Jetzt bin ich ein wenig abgeschweift. Ich

hoffe, Sie verzeihen mir den Exkurs …

Die Tendenz zum genreübergreifenden

Arbeiten unter den

Künstler:innen ist unübersehbar

und nicht mehr von der Hand zu

weisen. Wie stellt sich die Initiative

Musik zu dieser Entwicklung? Thema

für eine zukünftige „Cross-over-

Rubrik“?

Beate Sampson: Ein Blick auf die Nominierungen

zeigt, dass in allen Kategorien

ein „Cross-over“ stattfindet. Die

Verbindung und Verschmelzung von

Stilen und Klangsprachen ist ja neben

der Improvisation eines der wichtigsten

Entwicklungs- und Stilmerkmale des

Jazz. Das findet permanent und in jeweils

ganz individueller Ausprägung in

Kompositionen und Spielweisen statt.

Deswegen halte ich persönlich die Einführung

dieses Begriffs in einer gesonderten

Kategorie nicht für nötig.

Seit letztem Jahr findet die Preisverleihung

im Rahmen der jazzahead!

statt. Wie wichtig ist diese Symbiose

und welche Win-Win-Situation ergibt

sich hierbei?

Beate Sampson: Das Partnerland bei

der diesjährigen jazzahead!-Messe in

Bremen ist Deutschland. Die Projektleiterin

der jazzahead!, Sybille Kornitschky,

möchte damit die internationale

Sichtbarkeit der deutschen Szene besonders

stärken und in einem Artikel in der

„Jazzthing“ merkte sie dazu im Januar

an, dass der „Deutsche Jazzpreis“ ein

wichtiger Grund für sie gewesen sei, diese

Partnerlandwahl ins Jahr 2023 zu

legen. Im Umkehrschluss ist es für den

„Deutschen Jazzpreis“ wirklich großartig,

am 27. April 2023, dem Eröffnungstag

der jazzahead! zum zweiten

Mal die Preisverleihungsfeier und dann

auch im Anschluss ab 20.30 Uhr das

Konzert im wunderschönen Metropol

Theater in Bremen mit den Headlinern

Michael Mayo (Künstler des Jahres International

2022) sowie Natalie Greffel

und Annika Nilles, die beide in diesem

Jahr nominiert sind, veranstalten zu

können. Das empfinde ich als eine großartige

Kooperation mit gegenseitigem

Zugewinn, würde es aber nicht als Symbiose

bezeichnen. Denn auch wenn es

Künstler*innen gibt, die einen Showcase

auf der jazzahead! haben und gleichzeitig

für den „Deutschen Jazzpreis“

nominiert sind – wie etwa die Pianistin

Olga Reznichenko mit ihrem Trio – ist

das Line-up der beiden Veranstaltungen

vollkommen unabhängig voneinander

entstanden. Aber auch ohne Symbiose

ist es ein Gewinn für die jazzahead! und

den „Deutschen Jazzpreis“, in Bremen

gemeinsam zu agieren.

DAS GESPRÄCH FÜHRTE KAI GEIGER.

BEATE SAMPSON

Leitende Redakteurin, Musikjournalistin

und Moderatorin beim

Bayerischen Rundfunk (BR-KLAS-

SIK). 2022 zusammen mit ihren

Kollegen Ulrich Habersetzer und

Roland Spiegel Preisträgerin des

„Deutschen Radiopreises“ in der

Kategorie „Beste Sendung“ für das

Jazzformat „Hören wir Gutes und

reden darüber“


12 | Jazz Montez

MELBA | arttourist.com Jazz | Neue Musik | Elektro | 2023

Frankfurt (D)

Jazz Montez

Jazz Montez möchte den Jazzfans Frankfurts und seinen

Gästen wieder etwas Aufregendes und Neuartiges bieten.

Jazz Montez existiert seit März 2016 und ist seit 2018 ein

gemeinnütziger, eingetragener Verein. Die Veranstaltungen

zeichnen sich durch ein buntes und vielfältiges Programm

von traditionellen bis hin zu modernen Jazz-Konzerten

aus. Jazz Montez möchte den außergewöhnlichen

Jazzmusiker:innen der Stadt wieder etwas Aufregendes und

Neuartiges bieten, und das fängt für die Veranstalter mit

dem Publikum an. Das Durchschnittsalter bei den Konzerten

von Jazz Montez liegt bei ca. 30 Jahren. Sehr viele Gäste

sind um die 20 Jahre alt; auf den Netzwerkkanälen von

Jazz Montez liegt das Durchschnittsalter bei 24 Jahren. Das

ist für die heutigen Jazzverhältnisse deutschlandweit etwas

Einzigartiges und sucht erst recht in Frankfurt seinesgleichen.

Sie sind keinesfalls ein altersdiskriminierender Veranstaltungsort.

Im Gegenteil ist es ihr Ziel, ein möglichst

heterogenes Publikum anzusprechen und zwischen den

verschiedenen Generationen zu vermitteln. Während sie

dem jüngeren Publikum gerne klassischen Jazz näherbringen

möchten, wollen sie das ältere Publikum für moderne

Spielarten interessieren. So trägt Jazz Montez zu einer vielfältigen

Jazzszene bei, die in Zukunft wieder so lebendig

sein kann, wie sie in Frankfurt vor ein paar Jahrzehnten

schon einmal war. Auch der Zuschauerschnitt von 100

Gästen pro Konzert bestätigt Jazz Montez als erfolgreichste

Jazzreihe der Rhein-Main-Region und strahlt weit darüber

hinaus. So haben sie für ihre Arbeit im letzten Jahr den Applaus

Award der Initiative Musik für die beste Konzertreihe

Deutschlands erhalten.

Wir sprachen mit dem ersten Vorsitzenden, Lorenzo Dolce,

und John Steinmark, der für Öffentlichkeitsarbeit und

Internationales Booking zuständig ist.

www.jazzmontez.de

@ Selina Zehetgruber

Lorenzo Dolce (links) und John Steinmark (rechts) | Foto: © Stephen Suckale

@ Selina Zehetgruber

Wie und mit welchem persönlichen

Background entstand die Idee zu

Jazz Montez?

Lorenzo Dolce: Jazz Montez entstand

aus der Idee, an einem besonderen, auf

den ersten Blick nicht unbedingt für

Livemusik ausgelegten Ort Jazz-Konzerte

zu organisieren. Das erste Mal,

als wir das Brückengewölbe des Kunstvereins

Familie Montez betreten haben,

war klar: Hier wollen wir was machen!

Was ist Ihr Antrieb, Idee und Vision

für und mit Jazz Montez?

John Steinmark: Wir wollen einzigartige

Erlebnisse für die Musikfans aus

Frankfurt und darüber hinaus ermöglichen

und dabei jungen und aufstrebenden

Musiker:innen eine Plattform

bieten, ihre Kunst vor einem interessierten

und offenen Publikum vorzustellen.

Dadurch wollen wir Frankfurt

zu einem wichtigen Standpunkt für

progressive und qualitativ hochwertige

Musik jenseits des Mainstreams und

des musikalischen Establishments

entwickeln.

Was sind Ihre programmatischen

Schwerpunkte?

Lorenzo Dolce: In erster Linie buchen

wir Bands, die uns gefallen und

die einen gewissen Bezug zur Tradition

des Jazz haben. Dabei lassen wir uns

nicht von althergebrachten, scheinbaren

Genre-Grenzen aufhalten. Rapper

finden bei uns genauso eine Plattform

wie Afrobeat-Künstler:innen oder eine

Techno-DJ. Die Hauptsache ist, dass

die Musiker:innen neue Wege gehen und

uns mit ihrer Kunst emotional berühren.

Für die Sie im letzten Jahr den AP-

PLAUS Hauptpreis für die „Beste

Konzertreihe“ erhalten haben. Wie

wichtig ist diese Auszeichnung für

Ihre Arbeit?

John Steinmark: Der APPLAUS-Preis

als „Beste Konzertreihe“ ist eine schöne

Auszeichnung, die uns anfeuert,

weiterzumachen. Praktisch hilft uns

das Preisgeld, die Kosten unserer Programmarbeit

zu decken. Darüber hinaus

beschert uns der Preis eine hohe

Aufmerksamkeit, die es uns erleichtert,

potenzielle Partner und Förderer anzusprechen.

Dafür sind wir sehr dankbar.

Der Name Jazz Montez ist auch ein

Ort und eine Partnerschaft. Was

verbirgt sich dahinter?

Lorenzo Dolce: Im Kunstverein Familie

Montez fanden die ersten Konzerte

unter dem Namen „Jazz Montez“ statt

und es ist immer noch die Location, in

der über das Jahr verteilt die meisten

Konzerte stattfinden. Mit Mirek, Daniel

und dem gesamten Team haben

wir gemeinsam schon viel erlebt, und

uns verbindet mittlerweile eine tiefe

Freundschaft und gegenseitige Anerkennung.

Jedes Mal, wenn wir die Hallen

unter der Honsellbrücke betreten,

sind wir aufs Neue inspiriert. Und auch

von den Künstler:innen, die wir dorthin

einladen, hören wir immer wieder,

wie sehr sie der einzigartige Spirit der

Räumlichkeiten beflügelt.

Das ist nicht der einzige Ort, den

Sie mit Ihrer Kreativität bespielen?

John Steinmark: Das stimmt. In den

letzten Jahren haben wir auch Konzerte

im ATELIERFRANKFURT, im und rund

um das Museum Angewandte Kunst

(EL BARRIO in Kooperation mit AMP

und Emma Metzler) und in einigen

weiteren Locations in Frankfurt organisiert.

Wir sind immer auf der Suche

nach neuen Orten und veranstalten

am 1. April mit dem Konzert der türkischen

Sängerin Gaye Su Akyol zum

ersten Mal etwas im Internationalen

Theater Frankfurt.

Viel war nicht möglich in der Pandemie.

Viele Veranstalter und Locations

sind in dieser Zeit in die Knie

gezwungen worden. Wie haben Sie

das Überleben geschafft und ist Ihnen

und der Veranstalterbranche

in dieser Zeit genügend geholfen

worden?

Lorenzo Dolce: Zu Beginn der Corona-Einschränkungen

mussten wir uns

selbst helfen und haben aus dem Stand

einige digitale Formate entwickelt, die

die neuartige Situation reflektierten. So

entstand zum Beispiel die Reihe „Gute

Nacht“, in der Lorenzo an menschenleer

gewordenen Orten Jazz-Standards

auf seinem Saxofon interpretiert hat

(zu sehen auf YouTube). Ab 2021 hat

„Neustart Kultur“ viele Veranstalter

und auch uns stark unterstützt. Das

hat die Erfolge von Holidays und El

Barrio in den letzten zwei Jahren möglich

gemacht.

Was sind die größten Herausforderungen

für Sie und die Veranstalterbranche

in den nächsten

Jahren?

John Steinmark: Nach dem Auslaufen

von „Neustart Kultur“ sind wir auf

der Suche nach Alternativen, um die

Open-Air-Konzertreihe in gewohnter

Manier fortsetzen zu können. Ohne

staatliche oder sonstige finanzielle

Unterstützung wird es nicht möglich

sein, ein solch qualitativ hochwertiges

Musikprogramm niedrigschwellig für

alle Menschen anzubieten. Holidays

und El Barrio haben gezeigt, dass das

Interesse des Publikums für aufregende

Musik jenseits des Mainstreams groß

ist. Leider scheint die Entwicklung an

vielen Stellen in die andere Richtung

zu gehen. Wenn man sich die Ticketpreise

für Konzerte im Waldstadion,

in der Festhalle oder der Alten Oper

anschaut, scheint Livemusik immer

mehr zu einem Hobby zu werden, das

sich nur noch ein sehr kleiner Teil der

Bevölkerung leisten kann. Wir appellieren

an dieser Stelle an alle, statt einem

großen Konzert lieber viele kleine

zu besuchen und dabei insbesondere

jungen und lokalen Künstler:innen zuzuhören!

Welche Ideen von Lorenzo Dolce

und John Steinmark sind noch

nicht realisiert?

Lorenzo Dolce: Seit Jahren denken

wir darüber nach, eine eigene Musikschule

zu gründen, sind damit aber

noch nicht wirklich weit gekommen.

Zunächst braucht unser Label „Jazz

Montez Records“ noch viel Aufmerksamkeit,

damit es sich als eine innovative

Plattform für junge und

aufstrebende Jazz-beeinflusste Musik

etabliert.

In Anspielung auf die Aussage „Irgendwann

hatte ich die Stadt satt“

einer OB-Kandidatin für Frankfurt

haben Sie jetzt die Chance

für eine „Ode“ an die Kultur- und

Musikstadt Frankfurt und warum

Sie die Stadt und Frankfurt noch

lange nicht satthaben?

John Steinmark: Frankfurt satt zu

haben, würde bedeuten, keine Chance

zu sehen, in der Stadt etwas zu bewegen

oder zu verändern. Wir erfahren

im Gegenteil, dass sich gerade sehr viel

entwickelt. Jedes Jahr entstehen neue

Partnerschaften und Konzepte und

wir merken, dass die Stadtbevölkerung

große Lust darauf hat, neuartige kulturelle

Erfahrungen zu machen. Wenn

wir alle an einem Strang ziehen und

die etablierten Kulturinstitutionen

sich noch offener für neue und junge

Formate und Künstler:innen zeigen,

kann Frankfurt innerhalb von ein

paar Jahren zu einem echten kulturellen

Hotspot mit internationaler Strahlkraft

werden.

DAS GESPRÄCH FÜHRTE KAI GEIGER.

APPLAUS steht für „Auszeichnung

der Programmplanung unabhängiger

Spielstätten“. Mit dem Programmpreis

ehrt die Kulturstaatsministerin

Konzertprogramme unabhängiger

Musikclubs sowie Veranstaltungsreihen

aus allen Genres der Popularmusik,

wie Rock, Hip-Hop, elektronische

und experimentelle Musik oder Jazz

und improvisierte Musik. Die Initiative

Musik setzt die Auszeichnung

in Absprache mit der Bundeskonferenz

Jazz (BK Jazz) und der LiveMusikKommission

– Verband der Musikspielstätten

in Deutschland e.V.

(LiveKomm) um. Bewerben können

sich Spielstättenbetreiber:innen und

Veranstalter:innen aus allen Bereichen

von Popularmusik und Jazz.

www.applaus-award.de


MELBA | arttourist.com Jazz | Neue Musik | Elektro | 2023 Jazz Clubs | 13

JAZZCLUBS

© Lena Semmelroggen

Basel (CH)

the bird’s eye jazz club Basel

Internationaler Jazz von Dienstag bis

Samstag in einmaliger Atmosphäre

Unter Insidern und Expert:innen gilt „the

bird’s eye jazz club“ als einer der besten Jazz-

Clubs Europas. Musiker:innen und Gäste

schätzen die warme, kreative Atmosphäre

und die Intimität des gewölbeförmigen Clubs,

dessen hervorragende Akustik es ermöglicht,

die Konzerte aus nächster Nähe zu erleben.

Während fünf Abenden pro Woche bietet der

Club aktuellen diversen Live-Jazz auf höchstem

Niveau, bei dem außerdem viel Wert auf

die Pflege der Jazz-Traditionen gelegt wird und

artverwandte Stile im Programm ihren Platz

finden. Bekannte Jazz-Größen aus aller Welt

und die besten Musiker:innen der nationalen

und regionalen Szene geben sich hier die Klinke

in die Hand und sorgen für einen unvergesslichen

Abend.

www.birdseye.ch

© Sendesaal Bremen

Bremen (D)

Sendesaal Bremen

Der Sendesaal Bremen ist hervorragendes Aufnahmestudio

und Konzertsaal in einem. Er

wurde 1952 für Radio Bremen gebaut und war

der erste Saal in Deutschland, der in Raum-in-

Raum-Bauweise hergestellt wurde.

Als Radio Bremen 2007 in ein neues Gebäude

umzog, gab es den Sendesaal auf. Die

Bürgerinitiative Verein Freunde des Sendesaales

kämpfte sieben Jahre gegen den drohenden

Abriss des Saales – letztlich mit Erfolg.

Seit März 2009 betreibt nunmehr der Verein

den Saal gänzlich unabhängig und veranstaltet

dort ca. 100 Konzerte aller musikalischen

Genres pro Jahr und nutzt ihn an über 150

Tagen jährlich für Aufnahmen. Der Saal bietet

Platz für bis zu 250 Zuhörer:innen und Gelegenheit

für einmalige, intime und lebhafte

Konzerterlebnisse.

www.sendesaal-bremen.de

Freiburg (D)

Jazzhaus Freiburg

Das Jazzhaus ist seit nunmehr über 30 Jahren

nicht nur ein einzigartiger Club im Herzen

der Stadt Freiburg, sondern zählt zu einer der

renommiertesten Livemusik-Venues Deutschlands.

Mit einem abwechslungsreichen Programm

bietet der einzigartige Gewölbekeller

ein großartiges Ambiente zum Wohlfühlen

und Feiern. Das ehemalige Weinlager entwickelte

sich seit seinem Umbau zum Veranstaltungsort

im Jahre 1987 in kurzer Zeit zu

einer Heimat für regionale, nationale und

© Jazzhaus Freiburg

internationale Künstler:innen unterschiedlichster

Genres. Bereits fünf Mal (2013, 2018,

2019/20, 2021, 2022) wurde das Jazzhaus Freiburg

mit dem Spielstättenpreis „APPLAUS“

für sein herausragendes Livemusikprogramm

vom Staatsministerium für Kultur und Medien

ausgezeichnet.

www.jazzhaus.de

RoKeT mit Jan Klare, Luc Ex und Onno Govaert

© Frank Schindelbeck

Heidelberg (D)

Heidelberger Jazzclub

Im Jazzclub Heidelberg hat sich eine Gruppe

jazzbegeisterter Menschen aus Heidelberg und

Umgebung zusammengefunden, die dafür

sorgen, dass besondere Konzerte in Heidelberg

stattfinden. Seit fast 50 Jahren sind sie gefragte

Veranstalter, sowohl für Musiker von Weltruf

als auch für die Talente aus der Region.

Der Jazzclub Heidelberg organisiert 10 bis 15

Konzerte im Jahr, die meistens im DAI (dem

Deutsch-Amerikanischen Institut Heidelberg)

stattfinden, außerdem Workshops, Filmvertonungen

und anderes. Der Jazzclub Heidelberg

arbeitet ehrenamtlich und wird vom

Kulturamt der Stadt Heidelberg unterstützt.

Gegründet wurde er Ende 1972 von Heidelberger

Musiker:innen mit dem Ziel, den Jazzgruppen

der Stadt und der Region Auftrittsmöglichkeiten

zu bieten. Im Jahr 2022 wurde

der Jazzclub Heidelberg als unabhängige Spielstätte

zum vierten Mal mit dem „Applaus“ für

seine Programmplanung ausgezeichnet.

www.jazzclub-heidelberg.de

Lindau (D)

Zeughaus Lindau

Der Zeughausverein bietet ein in Lindau

nicht wegzudenkendes, hochwertiges Kulturprogramm

aus folgenden Bereichen: Singer-

Jazz-Kreuzfahrt

Die Stimmung ist gigantisch, die

Musik mitreißend – der „Kreuzfahrt-

Planer“ veranstaltet seit über zehn

Jahren Jazz-Flusskreuzfahrten (auch

bekannt als Riverboat-Jazz-Festival).

Hierzu werden deutsche und internationale

Jazz-Musiker engagiert,

die z.B. auch aus Australien, den

USA oder Japan eingeflogen werden.

4 bis 7 Nächte dauern die Swing,

Blues & Boogie Cruises, immer mit

einem musikalischen Schwerpunkt.

Mehrere Auftritte gibt es pro Tag.

Highlights sind die abendlichen

Konzerte in der Panorama-Lounge

des Schiffes. Ein kurzer Weg in die

eigene Kabine erlaubt den Gästen,

sich auch mal einen Drink mehr zu

gönnen oder die Zeit bis zur Jam Session

zu überbrücken. Auf so einem

kleinen Schiff gehört das familiäre

Miteinander und das Plaudern mit

den Musikern zu den einzigartigen

Erlebnissen, die kaum ein Konzert

an Land bietet.

www.jazz-kreuzfahrt.de

Zeughaus Außen, 2019 | © Thomas Haas

Songwriter, meist deutschsprachig, Musik im

Grenzbereich Jazz, Pop und Elektronik, aber

auch „alpine Weltmusik“, dazu noch Theater-

und Kabarettveranstaltungen. Besonderer

Wert wird dabei auf ein vielseitiges Programm

abseits des Mainstreams gelegt. Die komplette

Ehrenamtlich- und Unabhängigkeit von Zuschussgebern

macht auch Experimente und

Auftritte von Künstler:innen möglich, die

sonst im kleinstädtischen Umfeld nicht stattfinden.

„Ganz nebenbei“ macht der Verein

eines der spannendsten historischen Gebäude

Lindaus, das Zeughaus, mit seiner wechselhaften

500-jährigen Geschichte (von Waffenlager

über Theater im 17. und 18. Jahrhundert bis

hin zu HJ-Heim während der Nazi-Diktatur

und anschließender Nutzung als Lager) für die

Öffentlichkeit zugänglich.

www.zeughaus-lindau.de

ganzschönjazz © Kulturclub schon schön

Mainz (D)

Kulturclub schon schön

Mainz liegt zwar nicht gerade zwischen New

Orleans und Montreux, hat mit dem Kulturclub

„schon schön“ aber jazztechnisch eine

herausragende Location, die für das Konzert-

Programm erst 2022 mit dem APPLAUS-Preis

prämiert wurde. Jeden Montag heißt es hier ab

20 Uhr bei freiem Eintritt „Ganz schön Jazz“.

In schummrigem Licht erklingen Jazz-Standards

in neuem Gewand, Eigenkompositionen

der jungen Bands oder völlig avantgardistische

Mischungen aus bekannten Pop-Songs

mit Jazz-Anleihen. Besonders gefördert werden

junge Künstler:innen und Bands, oftmals

mit lokalem Bezug. Viele herausragende Talente

der Mainzer Hochschule für Musik sind

schon im „schon schön“ aufgetreten und prägen

so das Mainzer Bild als Jazzstadt. Der stets

freie Eintritt ermöglicht der breiten Masse, in

den Live-Jazz einzutauchen!

www.schon-schoen.de

© Kai Geiger

München (D)

Milla Club

Die Milla ist Live-Venue, Club und Bar gleichermaßen,

sie wurde 2012 von Gerd Baumann

und Till Hoffmann gegründet und hat

im letzten Oktober ihr 10-jähriges Jubiläum

gefeiert. Das Programm ist vielfältig und abwechslungsreich

und schließt die verschiedensten

Genres, Stile und auch die Münchner

Szene ein. Bis zu sechs Konzerte pro Woche

werden im Milla, Newcomer im Wechsel mit

etablierten Künstler:innen, präsentiert. Deutsche

und internationale Künstler:innen geben

sich ein Stelldichein im trendigen Glockenbachviertel.

Feste Termine sind das monatliche „jazz jam“,

die monatliche Jam-Session mit Studierenden

des Jazz-Instituts der Hochschule für Musik

und Theater München, und der „Song Slam“,

bei dem sich jedes Mal sechs Musiker:innen

aus allen Genres mit einem 8-Minuten-Auftritt

um die Gunst des Publikums buhlen.

Der Kellerclub ist eine der angesagtesten Locations

in München und Heimat des Progressive

Chamber Music Festival jeden November,

das von Gerd Baumann und Gregor Hübner

gegründet wurde.

www.milla-club.de

Jazzrausch Big Band im Harry Club

© Sebastian Reiter

München (D)

Harry Klein Club

Das Harry Klein ist ein Elektroclub in München,

der regelmäßig zu einem der zehn besten

Techno Clubs Europas und einem der

besten Clubs weltweit gewählt wird. Die international

namhaftesten DJs und Visual Jockeys

geben sich im Harry Klein die Klinke in die

Hand. Doch nicht nur Techno und Elektronische

Musik passieren im Harry Klein. Im oder

außerhalb des Clubs entwickeln die Macher

vom Harry Klein innovative Cross-over-Formate,

wie mit der Kunsthalle München, wo

das Harry Klein einmal pro Ausstellung zu Gast

ist, um Kunst neu erlebbar zu machen. Visual

Artists lassen sich von den Kunstwerken inspirieren,

und DJs sorgen auf der Tanzfläche im

Café der Kunsthalle für den passenden Sound.

Oder wie mit der gefeierten Jazzrausch Bigband:

Mit „Klanggewalt, Groove und enormer

Bühnenpräsenz“ (FAZ) bringt die Jazzrausch

Bigband weltweit Jazzfans und Tanzwütige zusammen,

wie wohl aktuell kein vergleichbares

Ensemble. Ausgangspunkt der musikalischen

Reise ist das Harry Klein. 2015 wird die Jazzrausch

Bigband Artist in Residence im „Harry“

und das junge Publikum flippt aus: Eine Big

Band im Techno Club – einmalig für München

und die Welt. So ist es nicht übertrieben,

die Band ein Phänomen zu nennen, das auf

ganz eigene Art mit dem Publikum Grenzen

einreißt. Die Musik der Jazzrausch Bigband

erfüllt in diesem Zusammenhang mehrerlei

Sehnsüchte: die der Clubgänger nach mehr

Echtem und Handgemachtem – die der Jazzund

Klassik-Hörer nach mehr Wumms, Entertainment

und fettem Groove.

www.harrykleinclub.de

www.jazzrauschbigband.de


14 | Regensburg

MELBA | arttourist.com Jazz | Neue Musik | Elektro | 2023

preisgekrönt und mehrfach ausgezeichnet.

Eines der Highlights: Die Komponistin und

Gitarristin Monika Roscher ist mit ihrer Big

Band zu Gast. Die Nürnbergerin wurde neben

den Werken für ihre eigene Band auch für

ihre herausragenden Kompositionen für die

zeitgenössische Musik und die Bühnenmusik

bekannt. Beim Jazzweekend ist sie gleich

zweimal zu hören: Zum Auftakt am 13. Juli im

Gewerbepark, und am 14. Juli in der Regensburger

Innenstadt.

Regensburg (D)

Jazz in der Stadt,

eine Stadt im Jazz.

42. Bayerisches Jazzweekend, 13.-16. Juli 2023

Das Jazzweekend in Regensburg steht für wippende Köpfe und zuckende Fußspitzen, für treibende Beats und

sanfte Melodien. Für junge Talente, die ins Rampenlicht der Bühne treten, und erfolgreiche Größen, die ihr

musikalisches Wiedersehen feiern. Für ein gemütliches Treiben auf historischen Plätzen, in atmosphärischen

Innenhöfen und engen Gassen, und für wilde und aufregende Sessions in Bars, Clubs und Cafés. Vom 13. bis

16. Juli 2023 ist Regensburg ganz Jazz.

Am Bayerischen Jazzweekend verteilen sich

zahlreiche große Bühnen und kleine Schauplätze

auf die ganze Regensburger Innenstadt.

Vom Jazzclub im Leeren Beutel zum urigen

Biergarten, vom italienischen Restaurant zum

klanggewaltigen Kirchenraum, vom Schiffsanleger

am wunderschönen Marc-Aurel-Ufer bis

hin zum ehrwürdigen Thon-Dittmer-Palais

werden Orte bespielt, die an diesen Tagen die

Stadt pulsieren lassen. Den Auftakt des Jazzweekends

macht der Regensburger Gewerbepark,

auf seiner Piazza.

Rund 100 nationale sowie internationale

Bands, Kombos und Einzelkünstlerinnen und

-künstler folgen 2023 wieder der Einladung

nach Regensburg. „Eine ganze Stadt ist vier

Tage lang im positiven Jazz-Ausnahmezustand.

Wenn Regensburgs UNESCO-Weltkulturerbe-Altstadt

zum Jazzclub wird, kann man

in einer der schönsten Städte Deutschlands

ein paar Tage völlig in den Jazz abtauchen und

einfach mit allen Sinnen genießen.“, sagt der

Regensburger Kulturreferent und Veranstalter

Wolfgang Dersch.

Neue Akzente, neue Expertise

Im Jahr 2022 hatte sich das Bayerische Jazzweekend

nach einem Wechsel der künstlerischen

Leitung neu aufgestellt: Das Jazz-Großereignis

wird seitdem von einem Kuratorium

begleitet, das sich aus Expertinnen und Experten

aus ganz Deutschland zusammenstellt.

Das Kuratorium gestaltet das musikalische

Programm und verantwortet die Auswahl

der beteiligten Künstlerinnen und Künstler.

2023 wird die freie Jazz-Szene von Karoline

Weidt vertreten, die im vergangenen Jahr

selbst mit ihrem vielbeachteten Quartett auf

der Jazzweekend-Bühne stand. Den jährlich

wechselnden Sitz der bayerischen Jazz-Hochschulen

innerhalb des Kuratoriums hat 2023

Nürnberg inne.

Große Namen und junge

aufstrebende Formationen

feiern die unterschiedlichen

Genres des Jazz

Zahlreiche nationale Bands aus den verschiedenen

Genres des Jazz sind in diesem Jahr wieder

in Regensburg vertreten, viele von ihnen

Ebenfalls zum Auftakt steht das Tentett

SH41KH9 extended auf dem Programm, das

groß orchestrierten Modern Jazz und den

klassischen Stil einer Singer-Songwriterin fusioniert:

2020 erweiterte Gründer Maximilian

Shaikh-Yousef – Gewinner des Münchner

Jazzpreises 2019 – das zunächst neunköpfige

Projekt um die Sängerin Veronika Morscher.

Die Musikerinnen und Musiker kommen aus

Frankfurt, Köln, Mainz, München, Berlin,

Amsterdam und Lissabon nach Regensburg.

Internationaler Auftritt

2023 sind die Regensburger Partnerstädte groß

vertreten und verstärken das Programm mit

Acts aus Budapest, Brixen, Clermont-Ferrand

und Pilsen. Mit dem Aberdeen Jazz Festival

(AJF) entstand die Komposition „Dee-Don-

Danube“, an der Musikerinnen und Musiker

aus beiden Städten beteiligt sind. Das fertige

Werk feierte bereits in Schottland Premiere

und begeistert im Juli in Regensburg.

Der Regensburger Jazz-Drummer Gerwin Eisenhauer

gestaltet im Austausch mit international

bekannten Musikerinnen und Musikern

ein Artist-in-Residence-Programm für das

Jazzweekend, das in gemeinsamen Konzerten

und Formaten mündet und neue Perspektiven

eröffnet. So ist Wolfgang Flür, Schlagzeuger

der legendären Band Kraftwerk, am 15. Juli gemeinsam

mit Eisenhauer zu erleben. Ein weiteres

Erlebnis: Der brasilianische Perkussionist

Marco Lobo. Schon als Kind experimentierte

er damit, den unerwartetsten Gegenständen

verschiedene Klänge zu entlocken. Die ersten

Karriere-Schritte machte er in der nächtlichen

Musikszene von Salvador, tourte schließlich

mit der Schlagzeuger-Legende Billy Cobham,

und ist heute als Perkussionist weltweit unterwegs.

Zum Bayerischen Jazzweekend kommt

er nach Regensburg.

Dem Nachwuchs

eine Stimme geben

Als das Jazzweekend vor über 40 Jahren begann,

war es in erster Linie ein Amateurfestival,

die Jazz-Ausbildung in Bayern steckte noch in

den Kinderschuhen. Im Laufe der Jahrzehnte

hat sich die Jazz-Ausbildung gewandelt und

akademisiert. Alleine in Bayern gibt es heute

drei Musikhochschulen mit Jazz-Abteilungen.

Das Bayerische Jazzweekend stellt den Musik-

Nachwuchs bewusst in den Vordergrund. „Wir

legen mit einer eigenen Bühne auf dem Bismarckplatz

einen Schwerpunkt auf die jungen

Talente. Die Jazz-Hochschulen aus München,

Nürnberg und Würzburg sind hier mit Formationen

vertreten und präsentieren ein richtig

spannendes Programm. Modern Jazz, Classic

Jazz, Fusion – die jungen Musikerinnen und

Musiker zeigen, wie innovativ der Jazz heute

gelehrt und gelebt wird und wo die musikalische

Reise hingeht“, so Christian Sommerer,

der künstlerische Leiter des Festivals. Erstmals

wird das Festival 2023 auch eine wissenschaftliche

Begleitung erfahren. In Kooperation mit

der Hochschule für Musik Würzburg werden

Grundlagen und Maßnahmen für die Weiterentwicklung

des Jazzweekends ausgelotet.

Regensburg jazzt.

Regensburg flimmert!

Das komplette Programm für das Bayerische

Jazzweekend wird im Mai veröffentlicht.

Alle Infos: www.jazzwe.de

Impressionen Bayerisches Jazzweekend | alle Fotos: © Dominik Hupf


MELBA | arttourist.com Jazz | Neue Musik | Elektro | 2023

Zürich | Eiterfeld | 15

Zürich (CH)

23rd ZURICH

JAZZNOJAZZ

FESTIVAL 2023

1.-4.11.2023 – Gessnerallee Zürich

Am Mittwoch, 1. November 2023,

ist es wieder soweit: Das ZURICH

JAZZNOJAZZ FESTIVAL geht zum

23. Mal über die Bühne der Gessnerallee

Zürich. Unterstützt von der

Hauptsponsorin Zürcher Kantonalbank

sowie der Co-Partnerin Migros-

Kulturprozent stehen vom 1. bis 4.

November 2023 vier reich befrachtete

Konzertnächte im Herzen von

Zürich auf dem Programm.

Mit stilbildenden Jazz-Sounds von

Stars wie Stanley Clarke, Joshua

Redman, Avishai Cohen, Jojo Mayer

und Michel Camilo & Tomatito, europäischen

Spitzenjazzern wie Jojo

Mayer, Web Web feat. Max Herre,

4 Wheel Drive mit Nils Landgren

und Michael Wollny, mitreissendem

Funk & Soul von Incognito,

The Headhunters, Mario Biondi, den

umwerfenden Lehmanns Brothers

und frischen Tönen von Newcomers

wie Samara Joy, Nubya Garcia und

Laura Misch.

jazznojazz.ch

allblues.ch

Programmübersicht 2023

Mittwoch 1.11.23

19.00 Joshua Redman Group feat. Gabrielle Cavassa

20.45 Jojo Mayer Me/Machine

21.00 Laura Misch

22.15 Stanley Clarke N’4Ever

Donnerstag 2.11.23

19.00 Avishai Cohen Trio

20.45 Nubya Garcia

21.00 Gewinnerband ZKB Jazzpreis

22.15 4 Wheel Drive - Landgren/Wollny/Daniellson/Haffner

Freitag 3.11.23

19.00 Web Web x Max Herre

20.45 The Headhunters

21.00 Lehmanns Brothers

22.15 Incognito

23.00 Lehmanns Brothers

Samstag 4.11.23

19.00 Michel Camilo & Tomatito

20.45 Samara Joy

21.00 Lehmanns Brothers

22.15 Mario Biondi

23.00 Lehmanns Brothers

Alle Konzerte exklusiv in der Schweiz oder Deutschschweiz

Vorverkauf:

Alle Ticketcorner-Verkaufstellen; ticketcorner.ch, allblues.ch,

Tel. 0900 800 800 (1.19/min)

JOJO MAYER JOJO MAYER

AVISHAI AVISHAI COHEN COHEN

INCOGNITO INCOGNITO

LAURA MISCH LAURA • LEHMANNS MISCH • LEHMANNS BROTHERS BROTHERS

JOSHUA JOSHUA REDMAN REDMAN

MICHEL CAMILO & TOMATITO

SAMARA SAMARA JOY JOY

MARIO BIONDI MARIO • NUBYA BIONDI GARCIA • NUBYA GARCIA

STANLEY STANLEY CLARKE CLARKE

4 WHEEL DRIVE 4 WHEEL – LANDGREN/WOLLNY/DANIELLSON/HAFFNER

DRIVE – 23 rd ZURICH JAZZNOJAZZ 23 rd ZURICH FESTIVAL JAZZNOJAZZ FESTIVAL

jazznojazz.ch jazznojazz.ch

Gessnerallee Zürich Gessnerallee Zürich

ticketcorner.ch ticketcorner.ch

1.–4.11.2023 1.–4.11.2023

MICHEL CAMILO & TOMATITO

THE HEADHUNTERS THE HEADHUNTERS

WEB WEB X WEB MAX WEB HERRE X MAX HERRE

SAMARA

JOY

SAMARA

JOY

Eiterfeld (D)

Jazz auf

Burg Fürsteneck

Die Akademie Burg Fürsteneck ist eine

Bildungsstätte der kulturellen, beruflichen

und gesellschaftspolitischen Weiterbildung

mit langer Geschichte und

prägender Tradition. 1953 zur Heimvolkshochschule

umgebaut und neu gegründet,

feiert sie in 2023 ihr 70jähriges

Jubiläum.

Neben einer großen Vielfalt an Kursinhalten

und -formaten, wird in den letzten

Jahre verstärkt der Themenschwerpunkt

Jazz, u.a. in Kooperation mit den Classic

Jazz Workshop Angeboten des Pianisten

Jan Luley, ausgebaut.

Luley: „Die Burg Fürsteneck ist für unser

Workshop-Konzept einfach ideal

mit ihren zahlreichen mit moderner Tagungs-

und Soundtechnik ausgestatteten

Räumen und ihren Übernachtungsmöglichkeiten

direkt vor Ort samt eines

vielseitigen kulinarischen Angebots aus

der Burgküche. Das Ambiente der historischen

Burgmauern hat dazu einen umwerfenden

Charme.“

Der 16. Classic Jazz Workshop, den Jan

Luley mit einem neunköpfigen Dozententeam

2007 in Marburg ins Leben

gerufen hat, fand in 2023 zum

ersten Mal auf Burg Fürsteneck statt.

Neben Instrumentalunterricht und Ensemblespiel

für alle im Jazz gängigen

Instrumente einschließlich Gesang,

bietet der abwechslungsreiche Stundenplan

Kurse zu Gehörbildung, Harmonielehre,

Rhythmik, Jazzgeschichte,

Atemtechnik und Bühnenpräsenz bis hin

zu Musikbusiness und Soundtechnik.

Abendliche Jam-Sessions in der Burghalle,

ein Konzert des Dozententeams sowie

ein Abschlusskonzert der Workshop-Ensembles

runden das Angebot ab.

„Die einzigartige Atmosphäre der Location

hat sowohl die Teilnehmenden als

auch uns Dozenten völlig in den Bann

gezogen“, resümiert Jan Luley, der auch

künstlerischer Leiter des Swing & Wine

Festivals im nicht weit entfernten Bad

Hersfeld ist, nach dem ersten Workshop.

„Das Konzept des gemeinsamen Arbeitens

und Lebens sowie das wirklich entgegenkommende,

engagierte Team der

Burg machen Spaß und motivieren ungemein.“

Die Kooperation zwischen Burg

Fürsteneck und Jan Luleys Classic Jazz

Workshops wird in diesem und den kommenden

Jahren fortgesetzt und das Angebot

an Workshops rund um die Thematik

Jazz und improvisierte Musik weiter

ausgebaut. Der 17. Classic Jazz Workshop

findet vom 08. bis 13. Januar 2024 auf

der Burg statt.

www.burg-fuersteneck.de

Jan Luley

www.luleymusic.de

www.pianoversum.eu

Classic Jazz Workshops

www.jazzworkshop.info

Weitere Jazz-Workshops auf Burg Fürsteneck:

Classic Jazz Band Workshop, 22. bis 24.09.2023

Jazzmusik für Einsteiger*innen, 22. bis 24.09.2023

Contemporary Jazz, 22. bis 24.09.2023

Jazz-Gitarre, 30.06 bis 02.07.2023

42. Fürstenecker Rock, Pop und Jazz Werkstatt, 15. bis 21.07.2023

Swingin’ Castle, 15. bis 17.09.2023

Latin Jazz Gesang, 17. bis 19.11.2023


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MELBA | arttourist.com Jazz | Neue Musik | Elektro | 2023 Antonia Hausmann | 17

Foto: © Antje Seifarth

Eine

schicksalhafte

Leidenschaft

für die

Posaune

Die aus Jonsdorf stammende Antonia Hausmann ist mit Talent gesegnet

und begann schon früh mit der Klarinette, bevor die schicksalhafte

Begegnung mit einem Holzspalter ihre Idee von einer klassischen Orchestermusikerin

jäh beendete. Doch das Schicksal hatte die Rechnung

ohne ihre Leidenschaft für die Musik gemacht, die auch die Kommission

der Hochschule für Musik Carl Maria von Weber in Dresden erkannte

und ihr einen der dort sehr begehrten Studienplätze gab. Um

so mehr eine Auszeichnung für die junge Antonia Hausmann, weil sie

sich für die Posaune entschied, alles andere als ein Instrument für Frauen,

da es bis dahin eine Männerdomäne war. Thomas Lindemann von

der Frankfurter Allgemeinen Zeitung bezeichnete sie jüngst als Entdeckung

und als neue Stimme im deutschen Jazz. Die Nominierung

in der Kategorie Blechblasinstrumente zum Deutschen Jazzpreis 2023

bestätigt dies und spricht für sich.


18 | Antonia Hausmann

MELBA | arttourist.com Jazz | Neue Musik | Elektro | 2023

Foto: © Marco Sensche

Möglichkeit hatte, bei Nils Wogram

Posaunenunterricht zu bekommen. Außerdem

konnte ich in der Hochschul-

Big-Band unter der Leitung von Ed

Partyka spielen und lernen (Bassposaune)

und habe natürlich noch in vielen

anderen tollen Ensembles Unterricht

bekommen und wunderbare Menschen

kennengelernt. Das ganze Jahr in dieser

idyllischen Umgebung war ein einziges

Geschenk für mich und eine große Bereicherung.

Ich habe in Luzern viel geübt,

gelernt, viele Wanderungen allein unternommen,

Wertschätzung erfahren und

immer einen tollen Austausch mit den

anderen ca. zehn Posaunenstudenten

gehabt. Da gab es keine Ellenbogenoder

Neid-Mentalität, sondern ein tolles

miteinander und voneinander Lernen,

wir waren alle auf Augenhöhe, sind

respektvoll und mit Freude füreinander

da gewesen. Nils ist ein wunderbarer

Lehrer und Pädagoge, der mit Klarheit,

Präzision und ehrlichem Interesse für

sein Gegenüber unterrichtet, zuhört und

sich Gedanken macht. Bis heute ist er

menschlich wie musikalisch ein Kompass

für mich.

Wir sind Antonia Hausmann anlässlich eines musikalisch-literarischen

Zwiegesprächs mit dem Schauspieler Michael Mendl im Burgenlandkreis in

Sachsen-Anhalt erstmals begegnet. Was für eine kulturelle Erscheinung. Der

große Charakterdarsteller und die junge Musikerin, die sich davor nie begegnet

waren, sich so wunderbar aufeinander einließen, sich die Worte und

Töne zuwarfen, machten die literarische Reise durch Weingüter Dank der

großen, facettenreichen und einzigartigen Musikalität von Antonia Hausmann

und der unglaublichen Präsenz von Michael Mendl zu einem besonderen

Erlebnis.

Antonia Hausmann fordert sich jeden Tag selbst heraus und arbeitet akribisch

an ihrer musikalischen Entwicklung, die beeindruckend vielseitig ist.

Mit Selbstverständnis ist sie in den Welten verschiedener Musikrichtungen

zu Hause: Pop und Indie (Clueso, Karl die Große, Kat Frankie), Songwriter

(Sarah Lesch), Elektronische Musik (Wooden Peak, Philipp Rumsch Ensemble)

und Jazz (Trio Diktion, Volker Heuken Sextett). Außerdem trat sie

als Solo-Posaunistin in musikalischen Lesungen mit Martin Beyer, Michael

Mendl, Ewald Arenz oder Simone Lappert auf.

Wir sprachen mit Antonia Hausmann.

ANTONIA HAUSMANN | TELEIDOSCOPE

Eine Jazzband OHNE Bass, dafür mit Posaune und Bassklarinette und kein

Platz für Eitelkeiten: Antonia Hausmann hat einen unverstellten Zugang

zu einer emotionalen Erzählweise – Kammerjazz mit Pop-Appeal. Auf „Teleidoscope“

präsentiert sich ein Jazz-Ensemble, das schon allein der Besetzung

wegen etwas Besonderes ist: Ohne Bass, dafür mit Posaune und

Bassklarinette. Eine in dieser Konsequenz seltene Paarung, der Hausmann

und ihr Bläserpartner Damian Dalla Torre immer wieder neue Facetten des

Zusammenspiels abzugewinnen vermögen. Komplettiert durch Philipp

Scholz (Schlagzeug) und Johannes Bigge (Klavier) haben sich vier umtriebige

Instrumentalist:innen der Leipziger Szene zusammengefunden, die das

Faible für eine komplexe Einfachheit teilen.

Auf ihrem Debütalbum „Teleidoscope“ ermutigt Antonia Hausmann, die

Perspektive zu wechseln und die eigene Wahrnehmung zu hinterfragen.

„Als Kind hatte ich so ein optisches Spielzeug. Und ich habe mich genau

an dieses Teleidoskop erinnert, als das Projekt langsam an Kontur gewann.

Wenn wir meine Musik spielen und sie zum Leben erwecken, gleicht das

dem Blick durch ein Teleidoskop.

www.nwog-records.com, www.antoniahausmann.com

Coverfoto: Marco Sensche | Artwork: Corinne Hächler

Was für ein Jahr liegt hinter Ihnen?!

Viele, viele Konzerte und Formate,

u.a. die große Tournee mit Clueso,

erste eigene CD, Würdigung Ihres

Schaffens als neue Stimme im deutschen

Jazz in der FAZ, zum ersten

Mal eine Big Band dirigiert und

jetzt die Nominierung zum Deutschen

Jazzpreis in der Kategorie

Blechblasinstrumente! Wie fühlt

sich das für Sie an?

Antonia Hausmann: Ja, mir sind im

vergangenen Jahr so viele wunderbare

Dinge passiert, über die ich unendlich

dankbar bin. Es gab viel Unerwartetes

und manches, wovon ich schon länger

geträumt habe und was nun tatsächlich

in Erfüllung gegangen ist. Und jetzt

kam auch noch die Nominierung zum

Deutschen Jazzpreis hinzu, was für eine

große Ehre! Wahrscheinlich hätte ich es

nicht geglaubt, wenn mir jemand vor

ein paar Jahren diesen Ausblick gegeben

hätte.

Wurde Ihnen die Musik in die Wiege

gelegt oder was hat Sie dazu bewegt,

das zu tun, was Sie heute tun?

Antonia Hausmann: Es war schon

immer Musik um mich herum, neben

den ersten gesungenen Einschlafliedern

meiner Mutter und Oma gab es meinen

Baritonsaxophon spielenden Vater sowie

meinen Onkel, der als Trompeter,

Lehrer und Big-Band-Leiter tätig war

und die viel Einfluss auf mich hatten.

Dann war da noch mein großer Cousin

mit seiner Rockband. Das alles hat

mich in meinen Kinderjahren alltäglich

begleitet, geprägt und meinen eigenen

Wunsch nach einem Leben mit Musik

auf den Weg gebracht.

Was für Musik macht Antonia

Hausmann?

Antonia Hausmann: Meine Musik

hat ihren Ursprung im Jazz, geformt

durch das Heranwachsen in der Big

Band meines Onkels, dann das Jazzstudium

und die vielen verschiedenen

Studi-Ensembles, in denen ich gespielt

habe. Sie ist aber auch beeinflusst durch

andere Bands und Klangkörper, die aus

dem Pop, Indie, Liedermacher-Genre

kommen.

Was inspiriert Sie und was ist Ihnen

an Ihrer Musik wichtig?

Antonia Hausmann: Ich gehe sehr

gern selbst auf Konzerte, um anderen

Musikerinnen und Musikern zu lauschen.

Ich lasse mich aber auch gerne von anderen

Kunstrichtungen durch Theater-,

Museums- oder Ausstellungsbesuche inspirieren.

Sehr wichtiger Impulsgeber für

meine Musik ist aber auch die Natur: Ich

mag es sehr, durch Wälder oder durchs

Gebirge zu laufen, innezuhalten, zu beobachten,

in die Weite, aufs Wasser zu

schauen, zu schwimmen, einfach im

Fluss zu sein und auch hier immer wieder

stehen zu bleiben, zu lauschen. Dabei

sind Gedanken und Erlebtes in Bewegung

und mir kommen kleine Melodien oder

Rhythmen in den Sinn.

Mir ist es wichtig, durch meine Musik

etwas zu erzählen, etwas zu sagen zu

haben und auch andere zu bewegen. Ich

möchte etwas transportieren können,

wodurch in dem Gegenüber etwas

ausgelöst werden kann.

Im Alter von 14 Jahren mussten Sie

nach einem Unfall von Klarinette

auf Posaune umsatteln, da eine

Handverletzung das Spiel der Klarinette

unmöglich gemacht hat. Aus

heutiger Sicht: Was hat die Posaune

Ihnen eröffnet, was der Klarinette

womöglich verschlossen geblieben

wäre?

Antonia Hausmann: Mein großer

Traum war eigentlich, klassische Klarinettistin

in einem Orchester zu werden.

Durch den Unfall musste ich ganz

neu denken. Da für mich zu diesem

Zeitpunkt klar war, dass ich unbedingt

Musikerin werden wollte, war nun die

Überlegung, bei welchem Instrument die

Finger nicht unbedingt gebraucht werden.

So kam der Wechsel zur Posaune

und damit natürlich ein neuer Klang

und neue Möglichkeiten ins Spiel. Durch

das Jazzposaunespielen in der Big Band

meines Onkels und damit das verstärkte

Hören und Kennenlernen unterschiedlicher

Musikstile haben sich daraus ganz

andere Wege aufgetan, die ich mit der

Klarinette so wahrscheinlich nicht kennengelernt

hätte.

Nils Wogram, bei dem Sie von 2013

bis 2014 an der Musikhochschule

Luzern studiert haben, ist eines Ihrer

Vorbilder. Wie hat Sie die Zeit

in Luzern und mit Nils Wogram

geprägt?

Antonia Hausmann: Ich bin sehr sehr

dankbar, dass ich dieses Erasmusjahr in

der Schweiz verbringen durfte und die

Im Dezember haben Sie in

Schwäbisch Hall erstmalig ein Orchester,

die Big Band Schwäbisch

Hall, dirigiert. Wie kam es dazu

und wie war diese Erfahrung?

Antonia Hausmann: Das war eine

großartige Erfahrung! Dazu kam auch

noch, dass ich ein paar Solo-Features

spielen und auch meine eigenen Stücke

mitbringen durfte (arrangiert von Malte

Schiller). Dazu habe ich das Konzert-

Programm aus dem Repertoire der Band

zusammenstellen dürfen und durch die

beiden Konzertsets moderiert. Das Ganze

gleich zwei Mal an einem Tag. Das war

eine große Herausforderung für mich, getreu

dem Motto einer Freundin und mir:

„Immer einmal mutig sein am Tag.“

Zu dem Auftrag kam es überhaupt, weil

ich seit dem Coronajahr eine Online-

Schülerin in Schwäbisch Hall habe, die

das Ganze eingefädelt hat.

Neben den Konzerten wirken Sie

immer wieder auch in literarischen

Projekten von Martin Beyer und

Beat Toniolo mit. Was fasziniert

Sie an der Literatur als Gegensatz

oder im Zusammenspiel mit Ihrer

Musik?

Antonia Hausmann: Mir bereitet es

große Freude, mit dem Bamberger Autor

Martin Beyer seit einigen Jahren auf musikalischer

Lesereise sein zu können und

bereits schon für zwei seiner Romane

Musik geschrieben zu haben. Ich empfinde

es nicht als Gegensatz, sondern

als Zusammenspiel, Ergänzung und gegenseitige

Inspiration auf der Bühne. Zu

beobachten und zu lernen, durch welche

Betonungen, Gesten, Lautstärken oder

Stimmungen gelesen werden kann und

wie ich Geschichten, Dialoge oder Texte

musikalisch umsetze, unterstütze und

Stücke dafür komponiere.

Bei der Vorbereitung auf unser Interview

bin ich auf Suntje gestoßen.

Wer oder was verbirgt sich hinter

Suntje und wie wichtig ist Suntje

für Sie?

Antonia Hausmann: Suntje ist genau

genommen mein zweiter Vorname und

dieses persönliche Projekt ist während

des ersten Corona-Lockdowns entstanden.

Plötzlich zu Hause, plötzlich länger

als drei Tage im gleichen Bett schlafen,

Routinen lernen, so eine Art Alltag, der

auf der einen Seite Spaß, aber auch Lust

auf etwas Neues gemacht hat. Zusammen

mit André Karius, abgeschottet

in seinem Studio, haben wir uns auf

eine neue Spielwiese gewagt, nur zu


MELBA | arttourist.com Jazz | Neue Musik | Elektro | 2023

Antonia Hausmann | Jazzfestivals | 19

zweit rumprobieren, singen, Schlagzeug

spielen, produzieren, eine neue Art

des Musikmachens entdecken. Gleichzeitig

hatte ich Lust auf eine optische

Veränderung, mal eine andere Haarfarbe

auszuprobieren, denn wenn man

nicht mehr auf der Bühne steht und es

doof aussieht, interessiert es sowieso

keinen. Nach vielen Stunden des Ideen-

Austauschs mit einem engen Freundeskreis

und deren Hilfe, kamen wir dann

auf die Videoidee zu „Puppet“ und wie

man das alles während des Lockdowns

allein umsetzen kann. Mit Suntje kann

ich mich als Künstlerin ganz anders

ausdrücken, kann gewohnte Pfade verlassen.

Dieses Projekt, bei dem ich das

erste Mal im Vordergrund und nicht als

Teil einer Band agiert habe, hat mich

auch darin bestärkt, meiner eigenen Musik

mehr Aufmerksamkeit zu schenken,

und so schließlich auch meinem Debut-

Album „Teleidoscope“ den Weg geebnet.

Ich wünsche mir, dass ich mich Suntje

in diesem Jahr wieder etwas mehr widmen

kann, auch ohne Lockdown.

Zeit für ein flammendes Plädoyer

für mehr Frauen an der Posaune!

Die Posaune, heißt es ist immer

noch, sei eine Männerdomäne,

schlimm genug, dass man dies

in der heutigen Zeit noch so

formuliert. Sehen Sie sich als

„Vorbildkämpferin“? Und was

muss sich tun, verändern, damit

Frauen zur Posaune greifen?

Antonia Hausmann: Ich sehe mich

nicht als Kämpferin, sondern einfach

als eine Posaunistin und Musikerin.

Ich bin schon sehr regelmäßig mit den

Fragen, Kommentaren und Sprüchen

der genannten Denkmuster konfrontiert.

Dann versuche ich ruhig und geduldig

nach den Konzerten oder unterwegs in

der Bahn darauf einzugehen und zu

erklären und auf diese Art und Weise

dazu beizutragen, dass sich in den

Köpfen etwas ändert. Ich denke, es muss

vor allem bei den Eltern beginnen, dass

es keine „Männer- oder Fraueninstrumente“

gibt, sondern jede und jeder alles

spielen kann.

Damit irgendwann keiner mehr sagt

„Sie als Frau? Ihre Lunge ist doch nur

halb so groß!“ oder „Was, Sie, als so

kleines zierliches Persönchen können

davon leben?“ oder hin und wieder anstößige

Bemerkungen, wie zum Beispiel

„Geil, bläst du mir auch mal einen?“

bei denen es schwer fällt gelassen zu reagieren.

„Es gibt keinen Erfolg ohne Frauen“,

das wusste schon Kurt Tucholsky,

aber wo bleibt die Teilhabe am Erfolg,

wenn die Unvereinbarkeit von

Beruf und Familie weiterhin im

Raum steht? In einer Studie des

Vereins „Bühnenmütter, Verein und

Netzwerk für familienfreundliche

Strukturen in Theaterberufen“ haben

45 Prozent der in der Studie

befragten Musikerinnen diskriminierendes

Verhalten aufgrund ihrer

Mutterschaft erlebt. Welche Gedanken

und Hoffnungen treiben Sie

dazu um?

Antonia Hausmann: Ich kenne mich

mit dem Thema nicht so wahnsinnig

gut aus und kann nur berichten, welche

Beobachtungen ich bisher dazu machen

konnte. Egal ob auf der Clueso-Tour

mit einem fünf Monate alten Baby im

Nightliner oder bei den Moop Mama

Videodrehs draußen in Berlin mit Kinderwagen,

Instrumentenkoffer und Stillzeiten

zwischendurch, konnte ich nur

staunen, wie die beiden Mütter das so

gewuppt haben. Wie viel guten Support

sie von den Menschen um uns herum

Foto: © Marco Sensche

bekommen haben und durchgeplante

Tage mit Baby und Tagesmüttern organisiert

haben. Das betrifft natürlich

nur erstmal die vielleicht noch besser

zu händelnde Anfangszeit. Ich denke,

schwieriger wird es mit dem Eintritt in

die Schule, regelmäßigem Alltag oder

Erkrankungen des Kindes/der Kinder.

Kann man dann noch länger auf Tour

fahren? Sind immer Elternteile in der

Nähe oder Freunde, welche kurzfristig

einspringen? Macht der Partner auch

Musik und sagt dann Konzerte ab oder

hat er so einen Job, dass er das dann

allein schafft und macht? Ich denke,

da liegt eher das „Problem“ bzw. die

Herausforderung. Eventuell auch, dass

es bei Konzertabsagen aufgrund von erkranktem

Kind keine Ausfallgagen oder

Ähnliches gibt. Diese Gedanken treiben

mich natürlich auch um. Dazu die Hoffnung,

dass zumindest in all den verschiedenen

Kunstformen gegenseitiges

Verständnis und Unterstützung da sein

sollte. Vielleicht gibt es ja irgendwann

sogar ein vom Staat gefördertes Budget

für genau solche Situationen: kurzfristige

Absagen durch Krankheitsfälle usw.,

bereitgestellt direkt an die Veranstalter

und Veranstalterinnen, welches sie

dafür dann ausgeben könnten. Ich hoffe,

dass sich hier auch strukturell etwas

tut, damit man sich nicht entscheiden

muss zwischen Musikerin und Mutter

sein.

Nach dem Jahr, was jetzt hinter

Ihnen liegt, was fehlt da noch zum

Glück von Antonia Hausmann?

Antonia Hausmann: Hinter mir liegt

ein sehr bereicherndes Jahr, viele verschiedene

Bands, Projekte und damit

verbundenen Aufgaben und Rollen. Ich

habe ein so großes Glück und empfinde

es als großes Privileg, umgeben von so

vielen wunderbaren Menschen Musik

machen zu können, hier in diesem Land

zu leben, gesund zu sein und so viele

Möglichkeiten zu haben. Eine Familie

und einen engen Freundeskreis zu haben,

die da sind, mir zuhören, mir ehrlich

ihre Meinung sagen und den Rücken

stärken, auch wenn ich nur selten und

unbeständig da sein kann. Vielleicht

klingt es kitschig, aber so empfinde ich.

Ich werde jeden Tag so reich beschenkt

und kann vom Musikmachen leben.

Es wäre wunderbar, würde das so weitergehen

und sich noch schlummernde

Träume, Utopien oder langfristige

Wünsche irgendwann erfüllen.

DAS GESPRÄCH FÜHRTE KAI GEIGER.

www.antoniahausmann.com

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antonia.hausmann

JAZZFESTIVALS

James Carter | © Vincent Soyez

Dresden (D)

JAZZTAGE DRESDEN

20.10. – 26.11.2023

Seit über 20 Jahren laden die Jazztage Dresden,

inzwischen eines der größten Jazzfestivals in

Deutschland, alljährlich zu rund 80 Konzerten

ins sächsische Elbflorenz. Zu den Konzerten

mit Weltstars der Jazz-Szene, mit Ensembles

aller Kontinente und den Rising-Stars von

Morgen aus nah und fern reisen alljährlich

rund 40.000 Gäste aus aller Welt im Oktober-

November nach Dresden. Die Gestaltung der

Festivalprogramme spiegelt die künstlerische

Triebfeder der Festivalmacher, Jazz in der gesamten

Vielfalt und Bandbreite seiner Genres

und Stile und der permanenten Weiterentwicklung

seiner selbst zu präsentieren. Der

Bogen spannt sich von Swing, Traditional,

Latin und Afro über Singer-Songwriter, Funk,

Bebop, Blues, Avantgarde bis hin zu Modern

und Experimental. Ergänzt um den besonderen

Fokus auf Genre- und Stilüberschreitende

Projekte wie Jazz-Klassik, Swing-Elektro oder

Worldmusic-Techno.

Im Line-Up des Festivaljahres 2023 finden sich

u.a. der australische Startrompeter und Multiinstrumentalist

James Morrison, DIE Stimme

Norwegens, Rebekka Bakken, die sehr unterschiedlichen

aber in ihrer Art außergewöhnlichen

Saxophonisten James Carter (US) und

Günther Fischer (D), der „Crooner aus Köln“

Tom Gabel sowie der Gitarrenvirtuose und

Youtube-Star Luca Stricagnoli. Ute Lemper, die

Grande Dame der großen Geschichten auf der

Bühne mit großer Stimme und fesselnder Bühnenpräsenz

ist ebenso zu erleben wie feinster

Trio-Jazz mit dem Tingvall Trio, die jungen

wilden Mega-Stars des Fusion-Pop Dirty Loops

aus Schweden und die Meister des Classical

Crossover Klazz Brothers & Cuba Percussion.

Das Programm des Herbstfestivals wird bis

zum Frühsommer sukzessive erweitert und

vervollständigt. Alles Aktuelle, auch zu einzelnen

Open-Air-Konzerten im Sommer unter

www.jazztage-dresden.de

Montreux (CH)

Montreux Jazz Festival

20.6. – 15.7.2023

Das Montreux Jazz Festival hat den

französischen Künstler Guillaume Grando

alias SupaKitch eingeladen, das offizielle Plakat

für 2023 zu gestalten. Im Mittelpunkt des

Werkes steht der Genfer See, der so emblematisch

für das Image und die Geschichte des

Festivals ist. Das Originalbild wurde als Relief

aus überlagerten Harzschichten angefertigt.

Fondation du Festival de Jazz de Montreux 2023 ©

Guillaume „SupaKitch“ Grando

Es wird während der 57. Ausgabe des Festivals

vom 30. Juni bis zum 15. Juli 2023 ausgestellt.

Das radikale und geheimnisvolle Plakat des

57. Montreux Jazz Festivals zeigt die nächtlichen

Wellen des Genfer Sees, beleuchtet von

den belebten Kais des Festivals. Die Buchstaben

des Montreux Jazz Festivals, animiert

durch die Bewegung des Wassers, scheinen in

den Tiefen des Sees zu tanzen.

www.montreuxjazzfestival.com

Trentino (I)

I Suoni delle Dolomiti 2023

23.8. – 30.9.2023

Großartige Kulturevents gibt es nicht nur in

Großstädten. Im Trentino finden sie gerne

auch in den Bergen statt. Das Festival „I Suoni

delle Dolomiti/Die Klänge der Dolomiten“

ist einer der absoluten Höhepunkte des sommerlichen

Kulturprogramms und ein faszinierendes

Beispiel dafür, wie man Menschen mit

unkonventionellen Ideen begeistern kann.

Knapp tausend Meter über dem Meer – in den

Trentiner Bergen – musizieren weltberühmte

Musiker vor der atemberaubenden Kulisse des

Trentino, in der Nähe von Schutzhütten, Almen,

Festungen und weiteren außergewöhnlichen

Orten, die man zu Fuß entlang gut

markierter Wanderwege erreicht. Die Konzerte

beginnen bei Sonnenaufgang und dauern bis

spät in die Nacht.

www.visittrentino.info/it/isuonidelledolomiti

Baita Pra © Martin A. Polla


20 | Festivals

MELBA | arttourist.com Jazz | Neue Musik | Elektro | 2023

© Oddbjørn Steffensen / Nattjazz

Bergen (N)

Nattjazz

26.5. – 3.6.2023

Nattjazz (est. 1972) swings into action in late

May every year, and over the course of 9 nights

more than 60 concerts are presented. In the

converted sardines factory at USF Verftet, both

upcoming and established artists perform at

the “all-in-one venue”, with 4 stages under one

roof.Lineup: Susanne Sundfør, Louis Cole, Eliades

Ochoa, Carminho, Stanley Clarke, Selma

French, Mariam Wallentin & Vestnorsk Jazzensemble,

Kenny Garrett, Anja Lauvdals Cosmic

River, Gyedu Blay Ambolley & His Sekondi

Band, Håker Flaten & Nilssen-Love’s Guts and

Skins Octet, Gaye Sy Akyol, Skarbø Skulekorps,

Gyedu-Blay Ambolley & His Sekondi Band, Simin

Tander New Quartet, Amalie Holt Kleive,

Håvard Wiik Trio, Nelly Moar, Tribino, Simon

Toldam Trio, Rachel Eckroth, Eyolf Dale Trio,

Treverket, Aksel Røed’s Other Aspects, Warrios

of Water, Elephant9, Lotus, Tuva Halse Quintet,

Bergen Ungdomsstorband blåser i Fliflet/Hamre,

Eivind Austad Trio, Rolanda Luna Trio +++

www.nattjazz.no

Logo © Berliner Festspiele

Berlin

Jazzfest Berlin 2023

2. – 5.11.2023

Rund um stilbildende Ikonen des Jazz wie auch

junge Positionen aus verschiedensten Stilrichtungen

entwirft das Jazzfest Berlin ein Festivalprogramm

voller kreativer Grenzgänge und

kollektiver Visionen. Als Berliner Jazztage 1964

gegründet, zählt das Jazzfest Berlin zu Europas ältesten

und renommiertesten Festivals seiner Art.

Nach Joachim-Ernst Berendt (1964–72), George

Gruntz (1973–94), Albert Mangelsdorff (1995–

2000), Nils Landgren (2001, 2008–11), John

Corbett (2002), Peter Schulze (2003–07), Bert

Noglik (2012–14) und Richard Williams (2015–

17) liegt die künstlerische Verantwortung seit

2018 bei der Kuratorin Nadin Deventer.

Während die ersten beiden Festival-Dekaden

geprägt waren von den stilbildenden und populären

Jazzgrößen aus den Vereinigten Staaten,

hat sich das Spektrum inzwischen global

geweitet – mit einem ebenso deutlichen wie

naheliegenden Schwerpunkt beim gegenwärtigen

Jazz europäischer Provenienz.

Ein Theatergebäude, das Haus der Berliner

Festspiele, mit ca. 1000 Sitzen, betrieben von

den Berliner Festspielen, unter deren Dach das

Jazzfest Berlin veranstaltet wird, ist aktueller

Dreh- und Angelpunkt des musikalischen Geschehens

vor zumeist ausverkauftem Haus. Die

ARD Hörfunkstationen und das Deutschlandradio

sind mit Live-Übertragungen und Konzert-Mitschnitten

am Erfolg des Jazzfest Berlin

maßgeblich beteiligt.

Das Programm erscheint im Herbst 2023.

www.berlinerfestspiele.de/de/jazzfest-berlin

XJazz 2022 © XJazz

Berlin

XJAZZ! Festival

8. – 14.5.2023

Nach seiner Auszeichnung als „Festival des Jahres“

beim Deutschen Jazzpreis 2022 kehrt das

XJAZZ! mit seinem bisher innovativsten Lineup

zurück.

Aufstrebende lokale Acts treffen auf Berlins

bekanntestem Jazzfestival auf internationale

Größen – zudem wartet das XJAZZ! in diesem

Jahr mit einem neuen Gemeinschaftsbereich,

Überraschungs-Jam-Sessions, Podiumsdiskussionen

und mehr auf.

Schon seit seiner Gründung im Jahre 2014, die

die deutsche Jazzszene auf den Kopf stellte, ist

das XJAZZ! dafür bekannt, für ordentlich Wirbel

zu sorgen. Geboren aus einem unabhängigen

und grundlegenden Verlangen, mit den Konventionen

zu brechen, bietet das Festival etablierten

und weniger bekannten Künstler:innen

eine Plattform, um sich ohne Einschränkungen

auszudrücken, Stile miteinander zu verweben

und die Definition von „Jazz“ auf eine

weitere und aufregendere Ebene auszudehnen

als es traditionell erlaubt ist – von moderner

Klassik bis hin zur Elektronik und allem, was

dazwischen liegt.

www.xjazz.net

© schlieter & friends Event GmbH & Co.KG

Düsseldorf

Eine Stadt im Musikfieber: Die 29.

schauinsland-reisen Jazz Rally

26. – 28.5.2023

Vom 26. bis 28. Mai wird Düsseldorf wieder

zum Anziehungspunkt für Besucher aus nah

und fern, die sich dem Rhythmus der „Swinging

City“ am Pfingstwochenende hingeben.

Ob Jazz, Swing, Funk oder Soul: So vielschichtig

wie die Musik sind auch die Spielorte. Gespielt

wird auf Open-Air-Bühnen und in angesagten

Clubs, in Kirchen und in Kultureinrichtungen.

Rally-Fans können sich wieder auf ein vielseitiges

Programm mit rund 40 Konzerten freuen

(Änderungen vorbehalten). Funk- und Jazz-

Legende Fred Wesley, der französische Jazztrompeter

Erik Truffaz und die furiose Bigband

Jazzrausch sind ebenso dabei wie Wolfgang

Haffners All-Star-Band, der Singer-Songwriter

Charles Pasi, die herausragende polnische Sängerin

Anna Maria Jopek und Senor Coconut,

der mit Kraftwerk-Klassikern im Latino-Style

für Furore sorgte. Der Auftritt von Kid Creole

& The Coconuts verspricht zudem einen zeitlosen

Ohrenschmaus voller Originalität. Auch

dem musikalischen Nachwuchs bietet die Rally

mit dem Sparda Jazz Award wieder eine Bühne:

Die drei Bestplatzierten erhalten neben einem

attraktiven Preisgeld einen Live-Auftritt sowie

einen professionellen Mitschnitt ihres Konzerts.

www.duesseldorfer-jazzrally.de

Logo ELBJAZZ © ELBJAZZ GmbH

Hamburg

ELBJAZZ

9. – 10.6.2023

im Hamburger Hafen

Seit 2010 macht das ELBJAZZ im Frühsommer

im Hamburger Hafen fest – um den Sound

großer Künstler:innen auf die maritimen

Bühnen zu holen: Auf das Werftgelände von

Blohm+Voss und in die renommierte Elbphilharmonie.

Am 9. und 10. Juni 2023 verwandelt

das ELBJAZZ den Hamburger Hafen wieder

für zwei Tage in einen spektakulären Melting

Pot für Live-Musik: Inmitten der urban-maritimen

Szenerie von Hamburg bilden einzigartige

Spielorte wie das Werftgelände von

Blohm+Voss und die weltbekannte Elbphilharmonie

mit der angrenzenden HafenCity die

Herzstücke des Festivals. Rund 50 Konzerte mit

nationalen und internationalen Acts aus dem

Jazz und populären Genre-Verwandten stehen

alljährlich für ein zeitgenössisches Musikprogramm.

www.elbjazz.de

Anat Cohen © Shervin Lainez

Hamburg

Elbphilharmonie Jazz Academy

15. – 19.8.2023

Die Elbphilharmonie Jazz Academy geht in

die nächste Runde. Workshops, Jamsessions

und ein großes Abschlusskonzert im August

bilden den Rahmen für die Jazz Academy.

Nach dem erfolgreichen Auftakt im Jahr 2021

bietet sich Jazzmusiker:innen zwischen 18

und 30 Jahren erneut die Möglichkeit, eine

Woche lang mit namhaften Dozierenden an

musikalischen Eigenkompositionen zu arbeiten

und diese am 20. August im Großen

Saal der Elbphilharmonie der Öffentlichkeit

zu präsentieren. Die künstlerische Leitung

übernimmt die von der „Jazz Journalists Association“

mehrfach als Klarinettistin des

Jahres ausgezeichnete israelische Jazzmusikerin

Anat Cohen. Neben ihr wird ein hochkarätiges

Dozierendenteam aus internationalen

Jazz-Größen die Workshops leiten. Mit dabei

sind der Saxophonist Donny McCastin, der

Schlagzeuger Matt Wilson, Grammy Award

Gewinner Sullivan Forster am Klavier, der

Bassist Martin Wind und die brasilianische

Sängerin Clarice Assad.

www.elbphilharmonie.de

Moor Mother © Samantha Isasian

Heidelberg-Mannheim-Ludwigshafen

Enjoy Jazz:

Deutschlands größtes Jazzfestival

wird 25

30.9. – 31.10.2023

Im Herbst feiert Enjoy Jazz 25. Geburtstag –

und wartet mit zahlreichen Überraschungen

und Neuerungen auf. Das Programm ist zwar

noch Verschlusssache, aber so viel sei schon

mal verraten: Das Festival wird übersichtlicher,

zeitlich komprimiert und erstmals in

Themenwochen aufgeteilt. Zu den Highlights

wird eine einzigartige Festival-der-Festivals-

Woche zählen. Eine Woche lang kommt an

jedem Tag ein anderes international renommiertes

Jazz-Festival in die Metropolregion,

um Enjoy Jazz mit einem eigens zum Jubiläum

kuratierten Konzertabend zu gratulieren.

Ein Pflichttermin für alle, die Jazz und anderes

lieben.

www.enjoyjazz.de

Jazzweek Promo Breit © Niclas Weber

Köln

Köln Jazzweek

12. – 18.8.2023

Die Cologne Jazzweek geht in die dritte Runde.

Die Reise geht weiter. Auch im Jahr 2023

werden einzigartige Künstler:innen der Kölner,

deutschen und internationalen Jazzszene

auf den vielen Bühnen in der ganzen Stadt zu

erleben sein. Ob im Stadtgarten, LOFT, King

Georg, Open Air, den Ehrenfeld-Clubs oder

unseren neuen Spielstätten im Filmhaus,

dem Klaus von Bismarck Sendesaal im WDR

oder der Philharmonie – es entstehen neue

Begegnungen und neue Geschichten werden

geschrieben. Seid mit dabei im Festivalsommer

2023 und taucht ein in die wunderbare

Welt der improvisierten Musik!

Kaum eine Stadt in Europa schaut auf eine

so weit zurückreichende Jazzgeschichte und

schöpft aktuell so aus dem Vollen wie Köln.

Was vielen Kölner:innen, Musiker:innen natürlich

ebenso wie der Fachpresse schon lange

klar ist, wird mit der neuen Cologne Jazzweek

noch einmal unterstrichen: Köln ist eine Jazzstadt

von internationalem Ruf. Seit mehr als

60 Jahren gehen von der umtriebigen Szene

am Rhein (jazz-)musikalische Impulse und


MELBA | arttourist.com Jazz | Neue Musik | Elektro | 2023 Festivals | 21

kulturpolitische Initiativen aus, die maßgeblich

zur Entwicklung des deutschen und europäischen

Jazz beigetragen haben.

Die Kölner Jazzszene präsentiert im internationalen

Austausch die Diversität, Vitalität

und Vielfalt des Jazz: Eine ganze Stadt wird

zum Forum für internationale, deutsche und

Kölner Musiker:innen.

www.jazzweek.de

ticketed; and some are in the open air (beach,

squares, parks...) and some others are indoors

(theatres, museums, auditoriums...).

www.jazzaldia.eus/en/

Elements (USA), Linda Fedriksson (Finland),

The Baylor Project (USA), Jorge Luis Pacheco

Trio (Cuba) and many others. UNESCO Cities

of Music, Tallinn and Katowice will collaborate

across festivals: bassist-composer Mingo Rajandi

will join her creative ideas with DEAE (Zofia

Ilnicka and Ola Rzepka) in a Tallinn-Katowice

joint band, whereas the Estonian music will be

introduced to the Polish audience at the Katowice

JazzArt festival by Mingo Rajandi Quintet

and Kirke Karja with her trio.

www.jazzkaar.ee/en/

© Riga Ritmi Festival

© Manchester Jazz Festival

Manchester (GB)

Manchester Jazz Festival

19. – 28.5.2023

Manchester Jazz Festival is the city’s longestrunning

music festival and is an established

part of Manchester’s cultural heritage. First staged

in the summer of 1996, this annual festival

features hundreds of musicians, across 60+

free and ticketed events. mjf2023 is back from

the 19-28 May for 10 days of live music from

some of the best northern, national and international

musicians operating in the world of

contemporary jazz. The festival traverses the

city’s music venues including Matt & Phreds,

St Ann’s Church, Band on the Wall, NQJazz at

The Yard and Forsyths and the festival starts

with a free opening weekender located in the

new vibrant neighbourhood, First Street, celebrating

the breadth and individuality of its

home-grown scene. It’s also about shining

the spotlight on artists who have journeyed

through some of mjf’s talent development programmes

in recent years and features original

works through its commissions and premieres.

www.manchesterjazz.com

Festival Rive Jazzy, Quartier de Rive, Nyon

Nyon (CH)

Festivals Rive Jazzy 2023

19.6. -6.8.2023

Das Festival Rive Jazzy ist einer der schönsten

Schätze von Nyon, das während der Sommermonate

einem breiten Publikum Konzerte von

hoher Qualität in allen Facetten an den wunderschönen

Ufern des Genfersees bietet.

30 Jahre Rive Jazzy sind ein Grund zum Feiern,

und zwar während fünf Wochen und

einem Wochenende als Schlussbouquet mit

vielen Überraschungen vom 3. bis 6. August

2023. Dort treffen sich alle Generationen, um

Musiker aus der Gegend, dem süddeutschen

Raum und der Deutschschweiz mit den verschiedenen

Tendenzen des traditionellen Jazz,

Gypsy-Jazz, Blues, Swing, Latin-Jazz bis hin zu

Pop zu genießen.

Dieses Jahr setzt das Festival auf die Jugend und

ruft Musiker zwischen 18 und 30 Jahren dazu

auf, sich kreativ zu betätigen. Sie können vom

4. bis 6. August 2023 auf der Bühne stehen, an

Jam-Sessions teilnehmen und sich mit gestandenen

Jazzgrößen austauschen.

www.rivejazzy.ch

Riga (LV)

Riga Ritmi Festival

5. – 8.7.2023

The 23rd international improvisation, jazz

and global music festival Rīgas Ritmi will take

place from July 5 to July 8 this year. Artists

from Cuba, Switzerland, Mozambique, Spain,

France, Denmark and the United Kingdom will

come to Riga, but the main Latvian artist at the

festival will be Maestro Raimonds Pauls, who

together with the chamber orchestra Sinfonietta

Rīga will premiere the symphonic jazz program

Songs Without Words.

www.rigasritmi.lv

Mainstage, Trondheim Jazzorchestra

© Matthias Heschl

Saalfelden (A)

43. Jazzfestival Saalfelden

17. – 20.8.2023

65 Konzerte – 200 Künstler:innen –

4 Tage – 13 Stages

Seit über 40 Jahren ist das Jazzfestival Saalfelden

in Österreich ein Treffpunkt der internationalen

Jazzszene, an dem es immer wieder

Neues und Innovatives zu entdecken gibt.

Die Kombination aus einer landschaftlich

atemberaubenden Gegend und experimentellen

Klängen zieht jedes Jahr im August

Anhänger:innen aus der ganzen Welt in die

kleine Stadt am Steinernen Meer. Internationale

Künstler:innen bespielen an diesen vier

Tagen neue und bereits etablierte Bühnen in

und rund um Saalfelden. Denn Saalfelden

begreift Jazz weniger als Musikstil, denn als

ein Synonym für Offenheit und Freiheit, für

musikalische Grenzüberschreitung und Experiment.

Erste Programmhighlights: Lukas Koenig’s

„Sound Hazard“, Ralph Mothwurf Orchestra,

Leo Genovese, Brekky Boy, Michiyo Yagi, Andreas

Schaerer, Dave Douglas Quintet, Ullén/

Bergman/Lund und viele mehr.

www.jazzsaalfelden.com

2018 Público en la playa en el concierto

de Rubén Blades © Lolo Vasco

San Sebastian (E)

Jazzaldia

58th San Sebastian Jazz Festival

(Jazzaldia)

21. – 25.7.2023

The Jazzaldia or San Sebastian Jazz Festival was

founded in 1966, it is the oldest jazz festival in

Spain and one of the oldest in Europe. The Jazzaldia

hosts around a hundred concerts on stages

across the city, some are free and others are

Keyvisual Presse © Festival da Jazz

St. Moritz (CH)

Festival da Jazz

6. – 31.7.2023

Das Festival da Jazz zeichnet sich aus durch

eine rar gewordene Nähe zu den Künstlern.

Jazz zurück im Club. Selbst die Main Stage – der

Dracula Club – fasst nur ca. 150 Gäste. In diesem

äußerst intimen Rahmen sind schon Stars

und Legenden wie Al Jarreau, Chick Correa,

Diana Krall, Nigel Kennedy und viele weitere

aufgetreten.

Trotz der mit Vorfreude erwarteten Rückkehr in

den Dracula Club wird auch der schöne Karajan-Saal

im Reine Victoria wieder mit von der

Partie sein.

Neben den Main Concerts versprüht das FDJ in

und um St. Moritz mit einer Vielzahl kostenfreier

Konzerte seinen Festival-Groove: Brunchund

Apérokonzerte auf Hauser’s Terrasse, Late

Night Konzerte in der Sunny Bar etc.

Das Festival da Jazz wurde gegründet von

Christian Jott Jenny mit gütlicher Mithilfe von

Künstler und Designer Rolf Sachs.

Das Festival da Jazz entstand nicht als Consulting-Konzept,

sondern als Leidenschafts-Gedanke,

ganz organisch. Erst waren da ein paar

vereinzelte Konzerte, dann wurde es größer.

www.festivaldajazz.ch

Maris Pihlap © Mia Tohver

Tallinn (EST)

FESTIVAL JAZZKAAR 2023

23. – 30.4.2023

Taking place from 23 to 30 April, the 34th Tallinn

International Jazzkaar Festival will present

the most prominent artists in today’s local and

international jazz scene and also focus on new

works and albums as well as exciting special

projects. At the festival you can see — Mike

Stern Band (USA), Ben Wendel Group (USA),

Sara Correia (Portugal), Steve Coleman & Five

Timmendorfer Strand

Jazz Baltica

22. – 25.6.2023

JazzBaltica verwandelt jedes Jahr im Juni den

Festsaal des Maritim Seehotel Timmendorfer

Strand und den umliegenden Strandpark in

eine maritime Kulisse für Jazzmusik direkt am

Meer. Künstlerischer Leiter des Festivals ist der

schwedische Posaunist Nils Landgren. An einem

verlängerten Wochenende treten auf fünf

Bühnen in rund 30 Konzerten sowohl Stars als

auch Nachwuchstalente auf. Hier treffen internationale

Jazzgrößen auf junge Talente der

baltischen und regionalen Musikszene. Auf das

jüngste Publikum warten ein Familienkonzert

und die Kindermusikwerkstatt.

Zum Konzept von JazzBaltica gehört es, einmalige

Projekte anzustoßen und Musikerinnen

und Musiker zusammenzubringen. Amerikanische

Künstlerinnen und Künstler wie Dave

Brubeck, Max Roach, Milt Jackson, Herbie

Hancock, Wayne Shorter, Roy Haynes, Dianne

Reeves und Pat Metheny oder europäische

Kolleginnen und Kollegen wie Albert Mangelsdorff,

Wolfgang Haffner, Cæcilie Norby, Viktoria

Tolstoy, Ulf Wakenius, Tomasz Stanko, Lars

Danielsson und Michael Wollny sind nur einige

der Namen, die bereits auf der JazzBaltica-

Bühne zu erleben waren und immer wieder

gern zum Festival zurückkehren.

www.jazzbaltica.de

Vienne (F)

Jazz à

Vienne

28.6. –

13.7.2023

Das Jazz à Vienne

Festival

wurde 1981

von Jean-Paul

Boutellier ins

Leben gerufen

und findet

seitdem jedes

Jahr von Ende

jazzbaltica 2022 © John Garve Agentur

Festivalplakat © Jazz à Vienne

Juni bis Mitte Juli statt. Das Festival lockt jedes

Jahr mehr als 20.000 Besucher an, auf die tausende

Künstler:innen auf vier Bühnen warten.

Das Théâtre Antique, das im 1. Jahrhundert n.

Chr. erbaut wurde, ist das Epizentrum von Jazz

à Vienne. Seine einzigartige Akustik und seine

Geschichte machen es zu einem außergewöhnlichen

Veranstaltungsort, sowohl für das Publikum

als auch für die international bekannten

Musiker:innen, die dort auftreten. Das Festivalprogramm

ist eine vielfältige Mischung aus Alt

und Neu, eine authentische musikalische Fusion.

In diesem Jahr treten u.a. Jacob Collier,

Dee Dee Bridgewater, Goran Bregović, Melody

Gardot, Pat Metheny und Yaron Herman auf.

www.jazzavienne.com


22 | SOUNDSGOOD Music Agency

MELBA | arttourist.com Jazz | Neue Musik | Elektro | 2023

SOUNDSGOOD

Music Agency

Die SOUNDSGOOD Music Agency ist eine junge Musikagentur aus Overath

bei Köln rund um die Geschäftsführer Ruben Bauer und Friedemann

Bauknecht. Nach jahrelanger Erfahrung in verschiedensten Bereichen

der Musikbranche, unter anderem im Booking, Management

und Veranstaltungswesen, entschlossen sich die beiden Gründer dazu,

SOUNDSGOOD im Jahr 2018 zu gründen und nationale und internationale

Bands im Jazz & Crossover zu booken. Im Laufe der Jahre wuchs

nicht nur das Team der Agentur, sondern auch die Anzahl und Vielseitigkeit

der Tätigkeitsbereiche.

Interview

Wir sprachen mit Ruben Bauer und

Friedemann Bauknecht.

Wie und wo haben sich Friedemann

Bauknecht und Ruben Bauer kennengelernt

und wie entstand daraus

die Idee zur Agenturgründung?

Ruben Bauer: Wir haben zusammen

in Karlsruhe Kunst- und Kulturmanagement

studiert. Neben den

geteilten Studieninhalten haben wir

auch Vorerfahrungen im Booking und

Bandmanagement sowie bald auch

stellenweise die Bühne geteilt. Die Idee

zur Agenturgründung entwickelte sich

dann aus der Unzufriedenheit in Studi-

Jobs sowie Arbeits- und Projektangeboten,

die wir dann über die Agentur

abwickelten.

Was ist Ihr persönlicher Antrieb

und die Mission mit Ihrer Agentur?

Friedemann Bauknecht: Grundsätzlich

hatten wir beide schon früh

den Antrieb, in die Selbstständigkeit

zu gehen und nach den eigenen (musikalischen)

Vorstellungen zu arbeiten.

Dabei ist es uns persönlich wichtig,

Jazz weiter zu denken und ein breiteres

Jazzverständnis zu propagieren. Was

uns besonders interessiert, sind Acts,

die frische, moderne Ansätze verfolgen.

Nicht zuletzt ist es unsere Mission,

zusammen mit unserem tollen Team

unsere Künstler:innen bestmöglich zu

unterstützen und die Projekte voranzubringen.

Das und auch die Arbeit im

Team an sich treibt uns jeden Tag aufs

Neue an!

Was umfasst das Leistungsspektrum

der SOUNDSGOOD Music

Agency?

Ruben Bauer: Die Agentur steht auf

fünf Säulen. Unser Kern ist weiterhin

das Konzert-/Tour-/Festival-Booking

von (inter)nationalen Künstler:innen.

Daneben gewinnen die Bereiche

Künstler-Management (Joo Kraus,

Matti Klein, Webster), Social Media

Management, Promotion und Projekt-

Management zunehmend an Bedeutung

für unser Leistungsspektrum. Der

Vorteil davon ist, dass wir inhouse viele

Dienstleistungen, die miteinander

verwoben sind, anbieten können und

dadurch bei Bedarf an verschiedenen

Stellschrauben unterstützen können.

Nachhaltigkeit wird auch in der

Musikbranche ein immer größeres

Thema, sowohl bei Veranstaltungen

als auch bei den Künstler:innen

selbst. Wie stellen Sie sich dem

Thema?

Friedemann Bauknecht: Uns ist das

Thema Nachhaltigkeit von Anfang

an ein persönliches Anliegen gewesen,

und auch meine Abschlussarbeit im

Bachelor beschäftigte sich mit dem

Thema ökologische Nachhaltigkeit bei

Künstleragenturen. Bei uns selbst sind

vor allem die Auswirkungen unserer Arbeit

die Haupttreiber aus ökologischer

Perspektive, da Künstler:innen von A

nach B fahren und Veranstaltungen

grundsätzlich durch ihre Aktivitäten

unter anderem Müll produzieren und

Energie benötigen. Entsprechend versuchen

wir hier einerseits durch Kommunikation

mit den Künstler:innen,

aber auch den Veranstalter:innen,

mehr Bewusstsein zu schaffen und

entsprechende Handlungen zu erwirken.

Ganz konkret bedeutet das, dass

wir versuchen, ein effizientes Routing

für Touren zu entwickeln und Flüge zu

vermeiden. Zudem haben wir hierzu

einen Green Rider entwickelt, den wir

an die Veranstalter:innen schicken,

um ökologische Themen aufzugreifen.

Das reicht dann von der Vermeidung

von Einmalbesteck bis hin zu

Friedemann Bauknecht studierte BWL, Kulturmanagement und Kulturwissenschaft und spielte mit seiner Band bereits u.a.

in England, Frankreich und Spanien. Als Booker, Manager und Veranstalter von Konzerten und Festivals kennt er auch die

Businessseite ausgezeichnet. Zudem ist er auch als Conference Speaker zu Themen wie Booking oder Nachhaltigkeit gefragt

und war unter anderem bereits beim Reeperbahn Festival eingeladen.

© Ruben Bauer

ökologische(re)n Unterkünften oder

LED-Beleuchtung. Zudem verfassen

wir einen jährlichen Report, um unsere

Bemühungen transparent zu machen,

und kompensieren Teile der Reisestrecken

der Bands. Außerdem bin ich hin

und wieder bei Konferenzen als Speaker

zu dem Thema aktiv (u.a. Reeperbahn

Festival, Kulturbörse Freiburg)

und versuche darüber mehr Leute für

das Thema zu begeistern. Denn klar

ist, dass wir dieses Themenfeld nur

gemeinschaftlich angehen oder lösen

können.

Sie haben Ihre Agentur im Jahr

2018 gegründet. 2020 kam die

Corona-Pandemie, die auch Ihnen

als junge Agentur viele Konzertabsagen

und Stornierungen

von Aufträgen bescherte. Viele

Neugründungen haben diese Zeit

nicht überstanden. Wie haben Sie

es geschafft?

Ruben Bauer: Wir haben sowohl

das Glück gehabt, gerade in der Anfangszeit

vermehrt auf Social-Media-Management

gesetzt zu haben.

Der Bedarf bei Künstler:innen war

hier umso größer, und es gab mehrere

Förderungen, über welche dies für

Musiker:innen und Bands finanzierbar

war. Darüber hinaus waren wir

in einigen Projekten tätig, die speziell

durch die Pandemie entstanden waren.

So entwickelten wir schon vor der

großen Streaming-Welle für das CLAS-

SICAL BEAT Festival eine Projektidee

für ein Crossover-Streaming-Konzert

mit dem Berliner Rapper BRKN, zusammen

mit einer Jazzband und

© Micha Roth

Streichensemble, das dann im Eutiner

Schloss durchgeführt wurde. Dennoch

war die Zeit ein harter Kampf für uns,

da wir auch durch das Raster vieler

Förderprogramme fielen. Zudem mussten

wir unser eigentlich für März 2020

geplantes SOUNDSGOOD Festival &

Konferenz schweren Herzens absagen.

Sie repräsentieren eine neue

Generation von Agentur. Sie

sind ein Team aus studierten

Betriebswirt:innen, Kultur- und

Medienwissenschaftler:innen und

Kultur- und Medienmanager:innen.

Was machen Sie anders und wie

spiegelt sich das angeeignete Wissen

in Ihrer Arbeit wider?

Friedemann Bauknecht: Es ist

schwierig, da einen Vergleich zu ziehen.

Grundsätzlich kann man aber

sagen, dass das Studium sicherlich

eine professionelle Basis vermittelt

hat. Das heißt in unserem Kontext,

ein Branchenverständnis mitzubringen,

den Umgang mit sozialen und

auch klassischen Medien zu verstehen

und eine manageriale Perspektive auf

die Dinge zu bekommen. Zudem ist

uns das Thema Kommunikation ein

sehr großes Anliegen und der Wille,

das beste Ergebnis für alle Beteiligten

zu erzielen. Dennoch gibt es auch eine

große Diskrepanz zwischen Studium

und Arbeitsalltag. Entsprechend wichtig

sind eben auch die praktischen

Erfahrungen, um sich ein Netzwerk

aufzubauen und die Strukturen und

Arbeitsweisen der Musikbranche zu

verstehen.


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SOUNDSGOOD Music Agency | 23

© Karlshochschule gGmbH

Ihre Internetseite zum

Gesamterlebnis

Kultur

Informationen, Berichte,

Interviews und Hintergründe

zu den Themen

Ruben Bauer studierte Kulturmanagement und BWL und spezialisierte sich währenddessen auf den Bereich der „Cultural

Brandings“. Als Trompeter ist er genreübergreifend in verschiedenen Formationen aktiv. Zudem lernte er die Musikbranche

als Veranstalter am Moritzhof in Magdeburg, beim WDR Köln, die Label-Arbeit beim Label Herbie Martin Music sowie die

Theater- und Orchesterlandschaft an den Staatstheatern Nürnberg und Karlsruhe kennen.

Wie wird sich aus Ihrer Sicht das

Musikbusiness, das sehr fragil und

von großer Unsicherheit geprägt

ist, verändern und weiterentwickeln

müssen, damit die Branche

langfristig überlebt?

Friedemann Bauknecht: Puh ... keine

leichte Frage! Einerseits gibt es einfach

natürlich viele Probleme, die wir

momentan sehen. Vom Ausbleiben der

Konzertbesucher:innen, dem „Clubsterben“,

prekären Lebenssituationen

von vielen Künstler:innen bis hin zu

veränderten Hör- und Erlebnisgewohnheiten

der neuen Zuhörergenerationen.

Da eine pauschale Antwort zu geben,

ist schwierig. Dennoch denke ich, dass

wir wieder offener für Transformationen

sein müssen. Dabei muss die Frage

gestellt werden, was die Leute hören

wollen, welche Bedürfnisse bestehen

und in welcher Art und Weise das

Konzert diese Bedürfnisse noch erfüllt.

Speziell im Jazz sehe ich hier die Notwendigkeit

einer größeren programmatischen

und auch finanziellen Anpassung

hin zu einem zumindest teilweise

„jüngeren“ Programm. Ansonsten

braucht es, denke ich, mehr kooperative

anstatt kompetitive Ansätze.

Nach dem Motto „zusammen sind wir

stark“ sind Kooperationen sämtlicher

Art und Weise hilfreich – sei es im

Alltag (bspw. Agenturen untereinander)

oder auch auf politischer Ebene

(z.B. „Music Declares Emergency“).

Zuletzt bleibt ein Problem in unserer

Branche natürlich das liebe Geld, das

doch oft knapp ist. Hier ist auch der

Staat gefragt, auch wenn Sponsoring &

Co. nicht zu vernachlässigen sind. Ich

schaue hier zum Beispiel gerne nach

Frankreich, wo Musiker:innen bei einer

bestimmten Anzahl an Auftritten

ein monatliches Fixgehalt ausgezahlt

bekommen. Das würde sicherlich vielen

helfen und wäre meiner Meinung

nach ein zu diskutierender Ansatz

nach dem Motto „Was ist uns Kultur

wert?“.

Sie sind beide auch Musiker! Haben

Sie noch Zeit, live auf der

Bühne zu stehen, auf Tournee zu

gehen, sich künstlerisch zu erden

und die Welt Ihrer Kunden hautnah

selbst noch zu spüren?

Ruben Bauer: Leider viel zu und

zunehmend wenig ... Ich persönlich

habe das Glück, zuletzt jedoch auch

mit einer unserer Bands (Jin Jim) gemeinsam

auf Tour gewesen zu sein

und dabei mit ihnen gar in Nepal auf

der Bühne gestanden zu haben. Frisch

nach Berlin gezogen, bin ich (zumindest

die kommenden Monate) Teil des

Jazzorchesters X-Berg und genieße

dort fetten Big Band Sound!

Friedemann Bauknecht: Auch bei

mir ist das eigene Musizieren leider

stark zurückgegangen und hat sich

hauptsächlich in den privaten Kontext

verlegt. Dennoch merkt man immer

wieder, wie hilfreich es ist, selbst

schon mal auf einer Bühne gestanden

zu haben und die Künstler:innen-

Perspektive auch schon mal erlebt zu

haben. Das hilft im Alltag ungemein!

Dieses Jahr wird SOUNDSGOOD

fünf Jahre und das wird verdient

gefeiert? Was ist geplant?

Ruben Bauer: Das stimmt! Die

Zeit verging schnell und dieses kleine

Jubiläum wollen wir natürlich mit

Musik feiern! Daher wird es zwei Ein-

Tages-Festivals geben:

Am Mo., 20.3.23 im Kölner „Stadtgarten“

(Jin Jim, Matti Klein Soul Trio,

Ron Minis Trio) und am Fr., 28.4.23

im Rahmen der Jazzahead! Clubnight

im „Irgendwo“ (ESINAM, WEBSTER,

Cats&Breakkies, After-Show-Party). –

Herzliche Einladung!

www.soundsgoodagency.com

soundsgoodagency

@soundsgoodmusicagency

SoundsgoodMusicAgency

Künstler:innen:

Bossarenova Trio

Cats & Breakkies

ESINAM

J.Lamotta

Jin Jim

Joo Kraus

Luciano Supervielle Matti Klein

Matti Klein Soul Trio MOLASS

Pierre Bertrand

Ron Minis Trio

RSxT

The Vampires WEBSTER

MEDIENKUNST

LICHTKUNST

ARCHITEKTUR

FESTIVAL

JAZZ

FOTOGRAFIE

DESIGN

KUNST

DIGITALE KUNST

MUSIK

TANZ

NEUE MUSIK

KLANGKUNST

FILM

MODE

LITERATUR

ESSEN & TRINKEN

© SOUNDSGOOD_Jazzahead2022

www.arttourist.com

#thearttourist


24 | Progressive Chamber Music

MELBA | arttourist.com Jazz | Neue Musik | Elektro | 2023

Progressive

Chamber Music

Eine musikalische Bewegung etabliert sich

Die Stadt New York war schon immer Schmelztiegel

für Stile und Experimente in allen Bereichen

und Nischen der Musik, insbesondere in

der Klassik-Szene und im Jazz. Nirgendwo sonst

auf der Welt wurden und werden die Mauern

der Erwartungen und Definitionen, wie Kunst

zu sein hat oder präsentiert werden sollte, so

wohltuend eingerissen. Vom Minimalismus

von Young, Reich und Glass in den 60er- und

70er-Jahren bis zum experimentellen Genie

von Zorn und der Knitting Factory-Szene in

den 80er- und 90er-Jahren gab es eine beispiellose

Offenheit, Mauern und Annahmen darüber

einzureißen, was sogenannte „Kunst“-Musik

sein kann und wie sie präsentiert werden

sollte.

Dort hatten 2016 Gregor Huebner, Fung Chern

Hwei, Ron Lawrence und Jeremy Harman vom

Sirius Quartet, das wie das Kronos oder Modern

String Quartet ganz oben in der Liga der

besonderen Streichquartette spielt, die Idee,

Kammermusik des 21. Jahrhunderts in den Fokus

ihrer Arbeit und Konzerttätigkeit zu stellen.

Sie nannten dies Progressive Chamber Music.

Was als interner Arbeitstitel gedacht war, hat

sich über die Jahre zu einem stehenden Begriff

eines neuen Musikverständnisses und Stils entwickelt.

Progressive Chamber Music sprengt

Grenzen zwischen Kammermusik, Jazz, Avantgarde,

Folklore, Pop, Hip-Hop und anderen

Genres zeitgenössischer Musik. Ein genialer

Schachzug war die Gründung eines gleichnamigen

Festivals, das erstmalig im Oktober 2016

in New York, wo Gregor Huebner lebt, und ab

2018 als Ableger auch in München, wo Gregor

Huebner an der Musikhochschule eine Professur

für Jazz-Komposition, Jazz-Improvisation

für Streicher und Jazz-Musiktheorie innehat,

im Milla Club stattfand. In München zusammen

mit seinem Freund und Professorenkollegen

Gerd Baumann, einem der Gründer und

Macher des Millas. Seitdem haben sich viele

Musiker:innen der Progressive Chamber Music

geöffnet, und es sind zahlreiche unterschiedliche

und mitreißende Kompositionen, Interpretationen

und Formate entstanden, die auf den

Bühnen New Yorks und Münchens als spannende

und moderne Klangwelten ihr Publikum

finden. Gerade im Bereich der Hochschule

hat sich ein wahres Füllhorn an großartigen,

talentierten und hungrigen Musiker:innen aufgetan,

die sich für die kongeniale Verschmel-

Gregor Huebner | © Asher & Oak Photography

Sirius Quartet | © Ralf Dombrowsky


MELBA | arttourist.com Jazz | Neue Musik | Elektro | 2023 Progressive Chamber Music | 25

Progressive Chamber Music Festival

Künstler:innen

2016 – 2023 New York | München

PCMF 2016 New York

Unanimity Music Collective

Pauline Kim Harris

RighteousGIRLS

Seven)Suns

Cruche Trio

Warp Trio

Mark Feldman & Sylvie Couvoisier

Sirius Quartet

zung der verschiedenen Stile und klanglichen

Richtungen begeistern und ganz eigene Klangmarken

setzen. So sind es junge Ensembles und

Musiker:innen wie Fiona Grond, Tetra Brass,

Fallwander, das von Gregor Huebner gegründete

Munich Composer Collective oder das

Paranormal String Quartet um Gustavo Strauß,

mit dem wir über Progressive Chamber Music

sprachen.

Angedacht war von Beginn an der Austausch

von Musiker:innen aus New York und München,

was sich bisher nur für das veranstaltende

Sirius Quartet realisieren ließ. Aber in diesem

Jahr soll es endlich funktionieren. Wenn,

und daran hängt so vieles, entsprechende Fördermittel

beschafft oder stiftende Mentoren für

die Idee der Progressive Chamber Music begeistert

werden können.

Interview

Wir sprachen mit Gustavo Strauß.

Wer oder was ist das Paranormal

Quartet, wie und wo sind Sie sich

begegnet und wann kam es zur

Gründung?

Gustavo Strauß: Das Paranormal

String Quartet ist ein Ensemble, welches

wie ein klassisches Streichquartett

aus zwei Violinen, Bratsche und

Cello besteht. Da wir aber im Gegensatz

zu den „normalen“ Streichquartetten

hauptsächlich eigene Stücke

mit Improvisationsanteilen spielen,

haben wir uns „paranormal“ genannt.

Gegründet wurde das Ensemble

während meiner Zeit als Student

an der Musikhochschule München im

Studiengang „Improvisation für Streicher“

bei Gregor Huebner, in dem ich

Felix Key Weber kennenlernte – der

neben mir der einzige andere Student

im Studiengang war. Katie Barritt

kannte ich aus meiner Zeit aus der

HfM Nürnberg und Jakob war Felix´

bester Freund und Mitbewohner.

Paranormal Quartet erforscht

Wege zwischen Klangwelten

klassisch geprägter Komposition,

heißt es auf Ihrer Internetseite.

Was muss man sich darunter

vorstellen?

Gustavo Strauß: Aus der Klassik

kommend und mit großer Liebe für

das bisher für Streichquartett komponierte

Material versuchen wir auch

Paranormal String Quartet | © Pepe Arts

Definition

Progressive Chamber Music

„Progressive Kammermusik“ ist Kammermusik

des 21. Jahrhunderts, die weder durch ein Genre

definiert noch durch die Unterscheidung

zwischen Konzert- und Unterhaltungsmusik

eingeschränkt ist, sondern von Musiker:innen

gemacht wird, die versuchen, die Grenzen zwischen

Interpret:innen, Komponist:innen und

Improvisator:innen aufzubrechen. Musik, die

die Mauern und Annahmen darüber sprengt,

was sogenannte „Kunst“-Musik sein kann und

wie sie präsentiert werden sollte.

Gustavo Strauß

in unseren eigenen Kompositionen

die Stärken des Klangkörpers Streichquartett

ernst zu nehmen und sie mit

den Möglichkeiten von Improvisation,

neuen Spieltechniken, Groove und

„Band Spirit“ zu kombinieren.

Gregor Huebner prägte den Begriff

Progressive Chamber Music.

Bei der Premiere des gleichnamigen

Festivals 2018 und im letzten

Jahr haben Sie dort mit dem

Quartet gespielt. Was verbinden

Sie mit Progressive Chamber Music?

Gustavo Strauß: Musik, die im

kammermusikalischen Rahmen neue

Freiheiten erlangt, besonders hinsichtlich

starrer Genregrenzen und

Schubladendenken.

Wie wichtig sind solche Begrifflichkeiten

für experimentelle und

Neue Musik und Formate wie das

Progressive Chamber Music Festival

(23.–24.11.2023, Milla Club

München) und das Munich Composers

Collective, um diesen Musikstil

bekannt zu machen und

zu etablieren?

Gustavo Strauß: Solche Begrifflichkeiten

sind tatsächlich aus meiner

Sicht wichtig, da es wie in diesem

Fall für genau dieses Phänomen von

Musik noch keine gute, etablierte

Beschreibung gab. Vor derselben Herausforderung

stehen wir als Quartett

oft, wenn wir unsere Musik in

wenigen Worten erklären sollen. Ein

Festival wie das Progressive Chamber

Music Festival hilft enorm, der Begrifflichkeit

einem Sound oder einem

Approach zuordenbar zu machen.

Sie haben bei Gregor Huebner

Ihr Masterstudium in „Improvisation

für Streicher“ und „Jazz-

Composition“ an der Hochschule

für Musik und Theater München

gemacht. Wie hat er Sie geprägt

und in welchem künstlerischen

Austausch sind sie mit ihm bis

heute?

Gustavo Strauß: Gregor Huebner

hat mich tatsächlich stark geprägt,

angefangen damit, dass er mich ermutigt

hat, überhaupt für Streichquartett

zu schreiben. Die Kombination

aus klassischem Klangkörper

und Improvisation ist ja an sich selten,

deswegen war Gregor mit seinem

Sirius Quartet auch von Anfang an

eine starke Inspiration für uns. Wenn

ich an einem besonders kniffligen

Projekt sitze oder eine experimentelle

Paranormal String Quartet | © Anton Roters

Während diese Grenzen immer mehr verschwimmen

und ineinander übergehen, gibt es

einen stetigen Strom von Künstler:innen und

Ensembles, die die Fackel weitertragen und die

Grenzen verschieben. Beim jährlichen Progressive

Chamber Music Festival, das vom Sirius

Quartet kuratiert wird, treten solche Ensembles

auf, jedes mit einer eigenen Identität und dem

gemeinsamen Wunsch, Kammermusik auf seine

eigene Weise zu definieren. Es handelt sich

um Kammermusikensembles des 21. Jahrhunderts,

die sich nicht auf ein Genre festlegen lassen,

die nicht zwischen Konzert- und Unterhaltungsmusik

unterscheiden und die die Grenzen

zwischen Interpret:innen, Komponist:innen

und Improvisator:innen verwischen. Das ist

progressive Kammermusik.

-SIRIUS QUARTET-

PCMF New York 13.-14.10.2023

Greenwich House

PCMF München 22.-23.11.2023

Milla Club

Quadrat Farbfläche + spaces

Idee habe, melde ich mich regelmäßig

noch bei Gregor, und sein Input oder

das Diskutieren der Ideen bringt mich

immer weiter.

Von experimenteller Musik allein

kann man nicht leben, dafür

ist und wird es womöglich

immer eine Nische bleiben. Sie

alle machen noch andere spannende

Musik. Geben Sie uns einen

Einblick in die Musikwelt der

Musiker:innen des Paranormal

Quartets?

Gustavo Strauß: Das stimmt, Felix

Weber arbeitet als Violinist bei

der Bayerischen Staatsoper und spielt

nebenbei auch in ganz verschiedenen

Bands (Hannes Beckmann Band,

Donnerbalkan). Jakob Roters lebt als

freischaffender Cellist in der Welt moderner

Opernproduktionen und hat

auch schon ein Hip-Hop-Album produziert,

Katie Baritt ist Mitglied des

Bayerischen Kammerorchesters, und

ich selbst habe neben dem Quartett

z.B. noch ein Improvisationstrio mit

Harfe und Bassklarinette („Schimmer

Trio“), mein Solo-Loop-Projekt

„Loopolution“, und als Kontrastprogramm

spiele ich den Fiddler in einer

wilden Folkrock-Band.

www.paranormalstringquartet.com

@paranormal_string_quartet

paranormalstringquartet

@paranormalstringquartet

PCMF 2017 New York

Mark Feldman & Mario Forte

Allison Loggins-Hull

Tanya Kalmanovitch, Ted Reichmann and

Anthony Coleman

Theo Bleckmann and Ben Monder

Shoko Nagai, Marco Capelli and Jeff Davis

Colin Hinton Quartet

Sirius Quartet

PCMF 2018 New York

String Noise

Richard Sussman

Rob Mosher’s Brooklynburg “Breath and

Hammer”

Erik Friedlander (cello)

Sirius Quartet

PCMF 2018 München

Ruzicka Turban

Lovebird and Diskotäschchen

Ark Noir

Paranormal String Quartet

Madisiusovanda

Sirius Quartet feat Marlis Petersen

Munich Composers Collective

PCMF 2019 New York

Lisa Hoppe’s Third Reality

Pascal’s Triangle

Shoko Nagai & Satoshi Takeishi’s VORTEX

For Living Lovers

Theremin Noir - 20th anniversary performance

Sirius Quartet

PCMF 2019 München

PentAnemos Bläserquintett

Tetra Brass + 1

Parade + Sirius Quartet

Alex Machke + Dominik Giesrigl

Spelunken Orchester

Sirius Quartet + Evelyn Huber

Munich Composers Collective

PCMF 2020 New York virtual stage

Chano Dominguez, solo piano

Jennifer Choi/Kathleen Supove Duo

Sirius Quartet

PCMF 2021 New York

Kathleen Supové and Jennifer Choi

Gregor Huebner’s El Violin Latino

Mat Maneri, Craig Taborn and Randy Peterson

Curtis Stewart›s «Of Power»

Leonor Falcón and Juanma Trujillo

Billy Martin (drums) and Sirius Quartet

PCMF 2021 München

Fiona Grond/Interspaces

Sirius Quartet feat Joo Kraus and Veit

Hübner

B-Parade:

Benjamin Schäfer

Flurin Mück

FALLWANDER:

Quartetto Barinetto

Munich Composers Collective

PCMF 2022 New York

Sam Bardfeld Trio

Michael Bates’ Acrobat

Hwei and Michael Sarin

Ben Sutin’s Klazz-Ma-Tazz

Judith Insell’s Jump Off This Bridge

Aliya Ultan Trio

Sirius Quartet

PCMF 2022 München

Prisma Ambit

Joo Kraus / Gregor Huebner Duo

Munich Tetra Brass

Paranormal String Quartet

Lightville

MCC Munich Composers Collective

PCMF 2023 München

Lidermayr/Bordenave

Sirius Quartet

Jelena Kuljik/Baumann/Huebner

Jaques Pier

Pre.Pared

MCC Munich Composers Collective


26 | Fabiana Striffler

MELBA | arttourist.com Jazz | Neue Musik | Elektro | 2023

Unbändige

Lust an der

Musik

Die Musikerin und Komponistin Fabiana Striffler gilt als Ausnahmetalent der

Musik und ist eine der gefragtesten Geigerinnen im deutschen Jazz und Pop.

Sie arbeitet mit so bekannten Musiker*innen wie Greg Cohen, Joey Baron, der

Oscarpreisträgerin Hildur Guðnadóttir oder der schottischen Band Travis und

kommt jetzt auf der Release Tour ihrer neuesten CD nach Singen.

Ihre Musik ist grenzenlos leidenschaftlich, eigensinnig, experimentell, unkonventionell,

ein faszinierendes und atmosphärisches Klangerlebnis. Einzigartig,

mit welcher Konsequenz Fabiana Striffler ihren eigenen Weg durch die

Welt der Musik sucht, geht und findet. Sie hat ein feines Gefühl für Stimmungen

und einen Mix aus unterschiedlichsten musikalischen Einflüssen, die sie

auf Reisen in die ganze Welt aufsaugt, „katalogisiert“ und in ihre Eigenkompositionen

einfließen lässt.

Interview

Wir sprachen mit Fabiana Striffler.

Sie leben für die Musik und sie begleitet

Sie seit Ihrer Kindheit. Sie

sind in Schwäbisch- Hall geboren,

in Italien und am Bodensee aufgewachsen.

Kann man sagen, dass in

Wahlwies alles oder vieles begann?

Fabiana Striffler: Wahlwies ist der

Ort, an dem ich langsam von einem

Mädchen zu einer jungen Frau wurde. Es

war eine vielseitige und aufregende Zeit.

Als Kind habe ich mich so wohl gefühlt

in meiner Haut und im Einklang mit der

Welt, in der ich lebte. Ich konnte mich

mit so vielen Dingen identifizieren, bis

zu den Steinen in meiner Hosentasche.

Ich war neugierig und offen für vieles. Je

älter ich wurde, desto mehr spürte ich,

dass mein wacher Geist von den alltäglichen

Dingen und der Gesellschaft eingenommen

wurde; Erwartungen, Moral,

Vorschriften. Die Kunst hat mir immer

wieder geholfen, zu dem zurückzufinden,

wohin in mich zugehörig fühle,

und mich wieder zu öffnen für die Welt.

Insofern kann ich sagen, dass ich diese

Art zu leben dem kreativen Umfeld verdanke,

in dem ich aufwachsen durfte.

Wie kamen Sie zur Musik und wie

entstand der Wunsch, die Gewissheit,

Musikerin und Komponistin

zu werden?

Fabiana Striffler: Mit ca. fünf Jahren

war der Gedanke in mir entstanden,

Geige spielen zu wollen. Meine Mutter

und ich besuchten den Geigenbauer in

unserem Dorf. Er gab mir eine kleine

Geige in die Hand, meine Hand reichte

aber kaum bis an das Griffbrett. Er sagte

uns, dass ich in einem Jahr vermutlich

groß genug sei und dann wiederkommen

könne. Mein Verlangen, dieses Instrument

spielen zu können, blieb bestehen

und ein Jahr später hielt ich meine erste

Leihgeige in der Hand und habe bis

heute eine große Faszination für dieses

Instrument. Professionelle Musikerin zu

werden widerstrebte mir jedoch lange

Zeit. Ich wollte nicht verkaufen müssen,

was mir so lieb war. Dass ich mich

heute als Musikerin und Komponistin

bezeichnen kann, verdanke ich einigen

Menschen und Begebenheiten, die mir

gezeigt haben, dass für mich kein Weg

an der Musik vorbeiführt. Ich bin sehr

glücklich, diesen Weg gegangen zu sein,

weil ich mir selbst damit treu geblieben

bin und meine Musik ein Ausdruck meiner

Sicht auf die Welt ist. Ich hoffe, dass

sich Menschen in einigen meiner Geschichten

wiederfinden können.

Sie leben in Berlin, waren gerade

über das Kulturaustauschstipendium

des Berliner Senats in der Kooperation

mit der Cité Internationales

des Arts für ein halbes Jahr in

Paris und sind ständig unterwegs.

Was bedeutet für Sie Heimat?

Fabiana Striffler: Heimat ist ein

wichtiges Thema für mich. Zum einen

liebe ich es, an einem Ort zu leben, der

pulsiert, der mich inspiriert, an dem

ich im künstlerischen und geistigen

Austausch mit anderen Menschen sein

kann. In dieser Hinsicht liebe ich Paris

und Berlin. Auch für mein eigenes

Schaffen empfinde ich diese Städte als

bereichernd. Interessanterweise entstehen

viele Ideen für neue Kompositionen,

wenn ich auf dem Fahrrad durch

die Stadt fahre, sie entstehen in Bussen,

in Zügen, auf Toilettenpapier und den

Rändern von Zeitschriften; selten jedoch

am Schreibtisch oder am Instrument.

Allerdings brauche ich oftmals Zeit, um

in einen kreativen Prozess zu kommen.

Der Geist wird beständig abgelenkt.

Die Einflüsse sind enorm und teilweise

auch überwältigend. Wenn ich in meiner

alten Heimat bin, ist mein Geist

sehr viel fokussierter und ruhiger. Hier

habe ich Zeit, am Vormittag ein Stück

zu skizzieren, es in eine erste Form zu

bringen, danach auf das Rad zu steigen,

den Nachmittag schwimmend im

Bodensee zu verbringen, anschließend

Gemüse aus dem Garten zu holen und

den Abend auf der Terrasse unter dem

glitzernden Sternenhimmel zu genießen.

In der Stadt empfinde ich es als sehr viel

schwerer, Gedanken loszulassen. Und

ich glaube, das Loslassen ist ein wichtiger

Teil des kreativen Prozesses. Im Moment

kann ich mir jedoch weder vorstellen

das Stadtleben noch das Landleben

missen zu müssen und bin gespannt, wo

es mich langfristig hinverschlagen wird.

Sie werden als musikalischer Freigeist

bezeichnet, der zwischen

verschiedensten Musik- und Stilrichtungen

und vielerlei „geomusikalischen“

Einflüsse und Begegnungen

hin und her springt. Was

für Musik macht Fabiana Striffler,

was erwartet die Besucher bei Ihrem

Konzert, zu dem der Jazzclub Singen

ins Kulturzentrum GEMS einlädt?

Fabiana Striffler: Ein Thema für

mich ist, nach Zugehörigkeit, Identifikation

und Authentizität zu suchen. In

einer Zeit der zunehmenden Anonymisierung

möchte ich mit meinem Album

„Archiotíc“ dieser Tendenz etwas Persönliches

entgegensetzen. Komponiert

habe ich für eine spezielle Zusammenstellung

an Menschen, die am 7. Dezember

live zu hören sein werden. Zum

anderen sind alle Kompositionen mit

improvisatorischen Anteilen versehen,

bei denen sich einzelne Spieler*innen

ihren eigenen Weg durch die Musik bahnen

werden. Das verlangt eine gewisse

Risikobereitschaft aller Beteiligten und

birgt die Möglichkeit des Scheiterns,

aber ebenso magischer Momente und

Humor. Humor ist neben der Improvisation

ein großes Thema für mich, weil ich

das Gefühl habe, dass es in der Art und

Weise, in der uns Dinge präsentiert werden,

häufig etwas an Skurrilität fehlt.

Meine Musik hat nostalgische Momente,

sie hat aber ebenso humorvolle und

sogar wütende Elemente. Sie stellt dar,

was ich bin und was mich interessiert,

ebenso wie meine Mitmusiker*innen.

Aber nicht alles, was auf dem Album

humorvoll klingt, hat auch die Absicht,

humorvoll zu sein. Humor ist eine Präsentation

des Skurrilen und ich möchte

damit ein Bewusstsein schaffen für Dinge,

die um uns herum passieren. Gleichzeitig

möchte ich einen Raum schaffen,

in dem sich Menschen begegnen können.

Was inspiriert Sie und woher kommt

diese Multimusikalität und unbändige

Lust am Experimentieren und

Ausprobieren?

Fabiana Striffler: Dass ich als Geigerin

einen nicht traditionell klassischen

Fabiana Strifler | © rwfischer photography

Weg gewählt habe, war für mich unumgänglich.

Auch wenn ich selbst wie

die meisten Geiger*innen mit einer klassischen

Ausbildung begann und nach

wie vor die Klarheit, Ausdruckskraft,

den Fokus und die Hingabe und Herausforderung

und irgendwie auch die

Gemeinschaft von besessenen Nerds in

der klassischen Musik mag. Wenn es

bei mir selbst allerdings zum Schaffensprozess

kommt, dann möchte ich die

Kunst schützen, was bedeutet, dem zu

lauschen, was sie mir zu sagen hat und

darin keine Kompromisse zu machen.

Mich in ein neues Umfeld zu begeben,

hat mir oft geholfen dabei. Ich bin viel

gereist, habe in Italien, Spanien und

Frankreich gelebt, war in Lateinamerika,

Afrika und den USA unterwegs und

habe schon in meiner Kindheit gerne

am geschriebenen Notenmaterial vorbei

improvisiert. Der aber wohl anspruchsvollste

Teil für mich bleibt es, der Musik

gerecht zu werden, ihr nicht zu viel

aufzuzwingen, sie aber gleichzeitig herauszufordern

und sie aus mir heraus

sprechen zu lassen.

www.fabianaStriffler.com

DAS GESPRÄCH FÜHRTE KAI GEIGER.


JOJO MAYER

AVISHAI COHEN

4 WHEEL DRIVE – LANDGREN/WOLLNY/DANIELLSON/HAFFNER

INCOGNITO

LAURA MISCH • LEHMANNS BROTHERS

JOSHUA REDMAN

MICHEL CAMILO & TOMATITO

SAMARA JOY

MARIO BIONDI • NUBYA GARCIA

STANLEY CLARKE

THE HEADHUNTERS

WEB MAX FEAT. MAX HERRE

SAMARA

JOY

23 rd ZURICH JAZZNOJAZZ FESTIVAL

Gessnerallee Zürich

1.–4.11.2023

jazznojazz.ch

ticketcorner.ch


28 | Bremen

MELBA | arttourist.com Jazz | Neue Musik | Elektro | 2023

und der Region, die man im gemeinsamen

Interesse bündeln und unter einer Dachmarke

zu einem Format zusammenführen und

vermarkten sollte. Mit dem Ziel „Gemeinsam

MEHR für Bremen“ die Neue und Elektronische

Musik, den Jazz, die Klangkunst und die

Tech-Branche zu bewegen, aus ihren Nischen

zu holen und zu mehr Öffentlichkeit und mittelfristig

zu einem wirtschaftlichen Erfolg zu

führen und für Sponsoren und Förderungen

attraktiv zu werden.

Wie könnte das aussehen? Eine Gedankenskizze

für einen Zeitraum vor/zur jazzahead!

bis zum Ende/nach dem realtime Festival.

Klangallianz Bremen

Ein Plädoyer von Kai Geiger für Bremen als europäisches Zentrum des Klangs.

Seit mehr als 25 Jahren arbeiten wir als Brückenbauer

an Verknüpfungen zwischen

Menschen, Orten und der Kultur in all ihren

Facetten. Als Ideengeber, Vermittler und

Initiant von Innovationen, Grenzen und

Genres übergreifenden Kooperationen, Formaten

und deren Umwerbung, um der Vielfalt

der Kultur mehr Zugang und Beachtung

zu verschaffen und ihr Nachhaltigkeit und

Wertschöpfung zuzuführen. Diese benötigen

die Kultureinrichtungen in unserer momentanen

fragilen Gegenwart mehr denn je zur

Daseinsberechtigung und Existenzsicherung.

Hierfür sind kreative neue Wege ein wichtiger

Baustein.

Mit Bremen beschäftigen wir uns seit Anfang

der 2000er-Jahre, wo wir als Partner der Kunsthalle

Bremen in die Vermarktung der großen

Ausstellungen Van Gogh, Monet und Paula

involviert waren und mit dem leider viel zu

früh verstorbenen Hans Diers eng zusammengearbeitet

haben – einem der kreativsten Köpfe,

den wir kennenlernen durften. Auch wenn

die Zeit der großen kulturtouristischen Kampagnen

in Bremen, wo viele Leistungsträger

an einem Strang zielorientiert zusammengearbeitet

hatten, vorbei sind, ist Bremen weiterhin

und nicht zuletzt durch die Kooperation

mit der jazzahead! für uns eine sehr spannende

und herausfordernde Kulturstadt, die unserer

Meinung nach noch immer oder wieder

viel zu wenig Menschen auf ihrer persönlichen

Kulturreisekarte stehen haben.

Nun entstand und arbeitet seit Längeren ein

Gedanke und eine Vision für Bremen

und die Region, die Idee für eine genre-

und veranstalterübergreifende

Allianz für ein europäisches Zentrum

des Klangs, das die Bereiche

Neue Musik, Jazz, Elektronische

Musik und Klangkunst wie die

technischen Entwicklungen einschließen.

Immer mehr Künstler:innen denken,

arbeiten, entwickeln und erfinden

sich neu und suchen die Nähe,

Herausforderung und Chance, mit

anderen Musik-, Kunst- und Ausdrucksformen

grenzüberschreitend

neue künstlerische Kooperationen

einzugehen. In aller Regel gepaart

mit der Auseinandersetzung und

dem Ausprobieren der digitalen

Alle Festivals machen

noch mehr

Spaß, wenn man

sie mit dem Rad

besucht.

Ride like a local!

Bike it!

Infos zur

Radkultur:

www.bremen.de/

bike-it

Lange Nacht der Museen | © klangpol Bremen

Techniken und Möglichkeiten wie Immersive

Art, Augmented Reality und Künstliche Intelligenz.

Diese künstlerische Gegenwart spiegelt Bremen

und die Region.

In Bremen und Umgebung gibt es mit der

weltgrößten Jazzmesse, der jazzahead!, dem

realtime Festival, einem neuen ambitionierten

Festival für Neue Musik, dem

klangpol – Netzwerk Neue Musik

Nordwest, die mit ihren 20 Netzwerkpartnern

in Oldenburg, Bremen

und Bremerhaven möglichst

viele Ohren für Töne, Neue Klänge

und Neue Musik öffnen möchten,

und der international einmaligen

„Sound Collection Guy Schranen“,

die im Jahr 2018 von der Weserburg,

dem Museum für Moderne

Kunst in Bremen, erworben wurde,

vier herausragende Einrichtungen/

Player des Klangs, die in der Kunstund

Musiklandschaft einzigartig

sind.

Dies ist aus unserer Sicht ein Alleinstellungsmerkmal

von Bremen

Eröffnung einer internationalen Klangkunst-Ausstellung

am Vorabend der jazzahead!

im Museum Weserburg und dem

Edith-Russ-Haus für Medienkunst in Oldenburg

mit entsprechendem Begleitprogramm

(Vorträge, Filmvorführungen,

Konzerte, Workshops)

Anlässlich der jazzahead!

· Showcase Programm Elektronische Musik,

Neue Musik, Klangkunst, Immersive Art,

Augmented Reality und KI auf der Messe

Bremen

· Neuer Ausstellungsbereich jazzahead!

CROSSOVER mit Ausstellern aus den Bereichen

Klassik, Neue Musik, Elektronische

Musik, Museen, Galerien, Tech-Branche

sowie Hochschulen/Universitäten

und sonstige Bildungseinrichtungen aus

dem Bereich der Künste und TechnikBegleitende

Fachvorträge/Fachtagung

· Clubnight Programm in der Weserburg

und anderen Partnereinrichtungen des

Klangpol Netzwerkes

Zeit zwischen Ende jazzahead! und realtime

Festival

· Klangwochen mit vielfältigem Programm

der Netzwerkpartner von klangpol in Bremen,

Bremerhaven und Oldenburg

· Lange Nacht der Klangkunst oder ähnliches

Format an einem der Wochenenden

· Klangkunstprojekte, Klangkunstaktionen

im öffentlichen Raum

Anlässlich des realtime Festivals

· Cross-over-Konzerte als Bestandteil des

realtime Festivals

· Inhaltliche Zusammenfassung des gesamten

Zeitraums in einem Format/Veranstaltung

Abschlussveranstaltung und Finnisage der

Klangkunstausstellung

Es ist „nur“ eine Anregung, in der wir Potenzial

sehen, wenn die Protagonist:innen zu

einem Dialog bereit sind, ein gemeinsames

Konzept erarbeiten, an die Idee und Vision

glauben und einen langen Atem haben und

die Öffentliche Hand, Sponsoren und Förderer

dieser Idee folgen und sie zu einem Erfolg

werden lassen.

Vier Partner im Klang!

jazzahead! 2023

27. – 30.3.2023

Die 2006 gestartete jazzahead! ist die größte

Jazz-Fachmesse der Welt. Stetig gewachsen, gilt

der Branchentreff auch als „Familientreffen

des Jazz“, da er seinen familiären Charakter

nie verloren hat. Die 40 Showcase-Konzerte im

Rahmen der Messe und das jazzahead! Festival

wenden sich auch an das breite Publikum. Seit

2011 stellt dieses Festival zusammen mit rund

60 Kooperationspartnern die Kulturszene eines

jährlich wechselnden Partnerlandes und Bands

aus aller Welt vor. Diese treten unter anderem

in der CLUBNIGHT in 30 Spielstätten in Bremen

auf. Seit 2015 wird die jazzahead! aus Mitteln

der Beauftragten der Bundesregierung für

Kultur und Medien gefördert. 2019 wurde sie

als europäische Kulturmarke des Jahres ausgezeichnet.

Die jazzahead! ist das Must-Go-Event für die internationale

Jazzbranche und der Ort für hochwertigen,

zeitgenössischen Jazz aus Deutschland,

Europa und Übersee. Als weltweit größte

Veranstaltung auf der sich alle Protagonisten

der Szene (Musiker, Labels, Agenturen, Festivalmacher,

Booker und Medienvertreter) treffen,

gilt sie bei den Fachbesuchern aus aller Welt als

das „Familientreffen des Jazz“. Denn trotz ihres

steten Wachstums hat sie es geschafft, ihren familiären

Charakter nicht zu verlieren.

www.jazzahead.de

Siehe auch Seite 8-9

2022 jazzahead! | © M3B GmbH Jörg Sarbach


MELBA | arttourist.com Jazz | Neue Musik | Elektro | 2023 Bremen | 29

tuellen Kunstmusik im Nordwesten erfahrbar,

in ihrem ganzen Reichtum und ihrer enormen

Vielfalt. Dabei verwandeln sich die Peterstraße

in Oldenburg und die Bremer Innenstadt

jeweils in eine „Kulturmeile“, auf der zum

Hören, Verweilen, Flanieren und Entdecken

eingeladen wird – mit bis zu 40 Konzerten an

besonderen Orten drinnen und draußen.

NOIeS! – klangpol-Konzertreihe in

der Exerzierhalle Oldenburg

Neben den Veranstaltungen der Partner hat

klangpol seit der Spielzeit 14/15 eine gemeinsame

Konzertreihe, die die Oldenburger Exerzierhalle

regelmäßig zu einem Ort der Neuen

Musik werden lässt. Die Konzerte werden von

unterschiedlichen klangpol-Partnern gestaltet.

Gemeinsam mit ihnen zeigt das Oldenburgische

Staatstheater die spannende Vielfalt

zeitgenössischer Musik und lässt dabei

jegliches Schubladendenken hinter sich: Ensemblemusik

steht neben Medienkunst, Improvisation

neben elektronischer Musik oder

den Ergebnissen aus Vermittlungsprojekten.

Erlaubt ist, was aktuell ist und im wahrsten

Sinne „offene“ Ohren erfreut.

Lange Nacht der Musik

Die LANGE NACHT DER MUSIK findet seit

2013 jeweils im Sommer als gemeinsame

Großveranstaltung der klangpol-Netzwerkpartner

statt. Bei der LANGEN NACHT präsentieren

sich die unterschiedlichen Partner

mit ihren Ensembles und den dort jeweils

aktiven Künstler*innen in zahlreichen Kurz-

Konzerten, Installationen und Performances.

In konzentrierter Form wird die Szene der akklangpol

Netzwerk Neue Musik Nordwest

Wie klingt die Musik unserer Zeit? Was fühle

und erlebe ich mit ihr? Was hat sie mit meiner

Welt zu tun? 20 Einrichtungen aus Oldenburg

und Bremen haben sich vor dem Hintergrund

dieser Fragen zu klangpol – Netzwerk Neue

Musik Nordwest zusammengeschlossen, geeint

im Engagement für die aktuelle Musik. Sie

verbindet das Interesse am Unbekannten und

an Musik, die über die Grenzen bekannter Einund

Zuordnungen hinweg neue Hörwelten

betritt, aber auch Interesse daran, gemeinsam

mit dem Publikum diese Welten zu erkunden.

Im Rahmen von klangpol finden innerhalb

einer Saison über fünfzig Veranstaltungen der

einzelnen Partnerinstitutionen statt.

Mitglied bei klangpol sind freie Träger ebenso

wie kommunale und Landesinstitutionen.

Neben Partnern, die in der Hauptsache komponierte

Musik der Gegenwart aufführen (der

Oldenburger Verein oh ton, die Bremer projektgruppe

neue musik, der Arbeitskreis Bremer

Komponisten und Komponistinnen und

das Bremer Ensemble New Babylon), vereint

NOIeS! | © klangpol Bremen

das Netzwerk große musikalische Bildungseinrichtungen

der Region (die Musikschule der

Stadt Oldenburg mit dem Ensemble Schlagwerk

Nordwest, das Atelier Neue Musik der

Hochschule für Künste Bremen und das Institut

für Musik der Carl von Ossietzky Universität

Oldenburg), das Oldenburgische Staatstheater,

den Oldenburger Förderverein Haus des

Hörens und Partner, die an der Schnittstelle

von Neuer Musik und Soziokultur arbeiten wie

das Oldenburger Blauschimmel Atelier. Darüber

hinaus finden sich Gruppen bei klangpol,

die im Grenzbereich von improvisierter Musik

und Performance arbeiten wie S.Y.L.K.E. (Bremen)

oder die Reihe IMPROVISATIONEN der

Musikerinitiative Bremen, Unerhört in Bremerhaven

oder die Reihe GEHÖRGÄNGE der

Jazzmusiker-Initiative Oldenburg sowie das

Bremer Schlagzeugensemble.

Schwankhalle Bremen | © klangpol Bremen

klangpol wurde 2007 auf Initiative und mit einem

Konzept des Vereins oh ton – Förderung

aktueller Musik gemeinsam mit zehn weiteren

Partnern in der Metropolregion Bremen-Oldenburg

gegründet. Anlass war die Ausschreibung

der Kulturstiftung des Bundes »Netzwerk

Neue Musik«. Deren Anliegen war eine gezielte

Förderung der Neuen und Zeitgenössischen

Musik und bot die Gelegenheit für eine vertiefte

Zusammenarbeit verschiedener Akteure

und Veranstalter in der Nordwest-Region. Bei

dieser Ausschreibung für regionale Netzwerke

mit über 80 Bewerbungen wurde klangpol mit

bundesweit 14 anderen Netzwerken für eine

vierjährige Förderung ausgewählt. Ab Januar

2008 wurden die ersten Veranstaltungen unter

dem Namen klangpol durchgeführt.

Zusammen mit dem Netzwerk Neue Musik

förderten das Land Niedersachsen und die

Stadt Oldenburg das Vorhaben. Seit dem Auslaufen

der Bundesförderung unterstützen die

Stadt Oldenburg und das Land Niedersachsen

das regionale Netzwerk. Der Senator für Kultur

der Freien Hansestadt Bremen beteiligt sich

seit 2012 ebenfalls an klangpol. Durch die Beschlüsse

der Netzwerkpartnerversammlung in

den Jahren 2016 und 2022, sechs respektive

einen weitere(n) Partner aus der Region aufzunehmen,

gewann das Netzwerk zusätzlich an

Bedeutung für die Kulturregion. klangpol wird

derzeit mit seinen nunmehr 20 Netzwerkpartnern

gefördert durch das Land Niedersachsen,

das Land Bremen und die Stadt Oldenburg.

klangpol-Projekte

Die gemeinsamen Projekte von klangpol sind

das Herzstück des Netzwerks. Hier präsentieren

sich die Partner und deren Musiker*innen

und Akteure publikumsnah – sei es einzeln

oder gemeinsam, neben- oder miteinander,

online oder „analog“, in parallel gespielten

Konzerten oder im Zusammenspiel bei Konzerten

im Freien oder drinnen in ungezwungener

Lounge-Atmosphäre.

NETZ WERK MUSIK –

Fünf interaktive

audiovisuelle Ensemblestücke

„NETZ WERK MUSIK“ ist das jüngste Gemeinschaftsprojekt

von klangpol, initiiert vom Arbeitskreis

Bremer Komponisten und Komponistinnen

e.V. (ABK). „NETZ WERK MUSIK“

– das sind fünf interaktive Stücke von Komponisten

des ABK, die das Publikum online

selbst spielen und erkunden kann. Jedes Werk

besteht aus mehreren, von bei klangpol aktiven

Musiker*innen eingespielten, audiovisuellen

»Stimmen«, die Solo oder als Ensemble

frei kombinierbar sind. So ergeben sich nicht

nur verschiedene Hörperspektiven, sondern

auch das sehr differenziertes Bild eines facettenreichen

»klangpol-Sounds«.

Hier geht es zu „NETZ WERK MUSIK“: https://

abk-ev.com/

Aktuelle und weiterführende Informationen

zum Netzwerk finden Sie unter:

www.klangpol.de

NETZWERKPARTNER KLANGPOL

Arbeitskreis Bremer Komponisten und Komponistinnen

(ABK) e.V.

Atelier Neue Musik der Hochschule für Künste

Bremen

Blauschimmel Atelier e.V. / BlueScreen Ensemble

(Oldenburg)

Bremer Schlagzeugensemble

Deutscher Tonkünstlerverband (DTKV) Nordwest

(Oldenburg)

Edith-Russ-Haus für Medienkunst (Oldenburg)

Ensemble New Babylon GbR (Bremen)

Förderverein Haus des Hörens Oldenburg e.V.

Institut für Musik der Carl von Ossietzky Universität

Oldenburg

Jazzmusiker-Initiative Oldenburg (JMO) e.V.

Musikerinitiative Bremen (MIB) e.V.

Musikschule der Stadt Oldenburg / Schlagwerk

Nordwest

oh ton – Förderung aktueller Musik e.V. (Oldenburg)

Oldenburgisches Staatstheater

pgnm – projektgruppe neue musik e.V. (Bremen)

realtime – Forum Neue Musik e.V. (Bremen)

Schwankhalle Bremen

S.Y.L.K.E. – verein zur förderung gegenwärtiger

musik e.V. (Bremen)

Unerhört – Verein für Neue Musik e.V. (Bremerhaven)

Zentrum für Performance Studies der Universität

Bremen mit dem Theater der Versammlung

zwischen Bildung, Wissenschaft und

Kunst


30 | Bremen

MELBA | arttourist.com Jazz | Neue Musik | Elektro | 2023

realtime 2023

internationales festival für neue musik bremen

Thema „Mensch – Musik – Maschine“

17. – 21.5.2023

Mit der Hamburger Andi-Otto-Band geht das Festival am 21. Mai mit dem Fello im

Schlachthof zu Ende.

© Konstantin von Sichart & Antonia Lang

Unter dem Titel „Mensch – Musik – Maschine“ findet

von Mittwoch, 17., bis Sonntag, 21. Mai, zum zweiten

Mal das „realtime-festival“ an verschiedenen Veranstaltungsorten

in Bremen statt.

„realtime“ ist eines der größten Festivals im Bereich der

Neuen Musik in Deutschland. Nach der ersten Ausgabe

vor zwei Jahren wird vom 17. bis 21. Mai erneut an unterschiedlichen

Orten in Bremen ein breites Spektrum

an Konzerten zur modernen zeitgenössischen klassischen

Musik geboten.

Unter dem Motto „Mensch, Musik, Maschine“ stehen

Aufführungskonzepte mit neuen auditiven und visuellen

Impulsen im Mittelpunkt, bei denen auch Themen

wie Zukunft und künstliche Intelligenz musikalisch, inhaltlich

und visuell beleuchtet werden. Künstlerinnen

und Künstler aus aller Welt, vor allem aus dem Gastland

Frankreich sowie aus Deutschland setzten sich mit diesen

Themen auseinander und zeigen inspirierende Umsetzungen

und Spielarten.

Das gesamte Programm inkl. Dauer der Veranstaltungen und

Eintrittspreise findet sich unter www.realtime-bremen.de.

© Grzesizk Mart

Interview

Wir sprachen mit der Intendantin

Claudia Birkholz.

Woher kommt Ihre Leidenschaft für

die Neue Musik, die Sie selbst als

späte Liebe bezeichneten?

Claudia Birkholz: So spät war es eigentlich

gar nicht. Als Kind und als Teenager

habe ich mich natürlich erst einmal

auf die Werke von Chopin, Beethoven,

Brahms und so gestürzt. Das hat sich

geändert, als ich mein Musikstudium an

der Hochschule für Künste in Bremen bei

Prof. Kurt Seibert aufgenommen habe.

Während dieses Studiums – während

ich mich also mit den Fugen von Bach

und der Tonsatzlehre abmühte – wurde

mir eine Tür aufgestoßen. Ich bekam

die Chance, in einer Besetzung für zwei

Klaviere und zwei Schlagzeuge etliche

Werke – auch Auftragskompositionen –

in vielen Konzerten aufzuführen. Und

in diesen Werken war es „erlaubt“, ungeheuerliche

Dinge mit dem Konzertflügel

anzustellen! Klänge auf den Saiten

zu erzeugen mit Gummibällen, Ketten,

Spielkarten und Glaskugeln. Klänge, die

ich nie zuvor aus „meinem“ Instrument

gehört hatte. Es war eine Wow-Welt, die

sich vor mir auftat: Die Welt der Neuen

Musik. Aufregend, regellos, spielerisch,

humorvoll, unterhaltsam. Diese Musik

bietet so viel. Und es gibt immer wieder

Neues zu entdecken.

Toll war es für mich auch – und ist es

noch immer – dass ich zu den Erschaffern

dieser Werke, den Komponisten, in

Kontakt kommen konnte. Antworten

bekommen konnte auf Fragen, die sich

bei der Erarbeitung der Werke ergaben.

Das war so eine Erleichterung. Beethoven

konnte ich nichts mehr fragen.

Nach dem Studium habe ich mich entschlossen,

mich ganz dieser Musik zu

widmen, ausschließlich Werke des 20.

und 21. Jahrhunderts auf der Bühne

zu spielen. Weil diese Musik, noch

mehr als andere Stilrichtungen, das

Live-Erlebnis braucht. Nur so, im Live-

Austausch zwischen Künstler:innen und

Zuhörer:innen, lässt sich ein Zugang zu

der Neuen Musik finden und nur so lässt

sie sich genussvoll erleben.

Wie sind die Idee und die Vision für

ein neues Festival für Neue Musik in

Bremen entstanden?

Claudia Birkholz: Ursprünglich hat

sich der Verein realtime – Forum Neue

Musik gegründet, um als Veranstalter für

Neue Musik in Bremen und Umgebung

dieser Musik mehr Aufmerksamkeit zu

verschaffen. Da viele Menschen diese

Musik kaum kannten, mussten wir erst

einmal diese Menschen neugierig machen

und Zugänge auf Augenhöhe anbieten.

Das haben wir durch Gesprächskonzerte,

Moderationen, Konzerte zu Ausstellungen

etc. erreicht. So haben wir die musikliebenden,

neugierigen Bremer:innen für

uns gewinnen können und haben dann

gedacht: Jetzt ist es an der Zeit, etwas

Großen zu wagen.

Ein Festival, das noch mehr Menschen

auf diese Musik aufmerksam macht. Ein

Festival für alle, die Musik einmal anders

erleben wollen, die Lust auf etwas Neues

haben.

Was passiert beim realtime Festival?

Claudia Birkholz: Für alle, die neugierig

auf etwas Neues sind, haben wir ein

Programm entworfen, das etliche Entdeckungen

bereithält.

Dafür haben wir uns ein Thema vorgenommen,

das unser aller Alltag immer

mehr berührt: Die technische Entwicklung

bis hin zur künstlichen Intelligenz.

Wir stellen uns die Frage: Wie wird unser

Leben, wie wird unsere Kunst in Zukunft

aussehen? Unser diesjähriges Motto ist

„Mensch – Musik – Maschine“ und das

Gastland ist Frankreich.

Jeder kann sich bei diesem Festival einen

Überblick verschaffen, wie und in welcher

Weise technische Neuerungen Einfluss

auf die Musik genommen haben. Von der

Entwicklung der ersten neuartigen Instrumente

über die Erfindung der rein elektronischen

Musik bis hin zur Einbeziehung

Künstlicher Intelligenz.

© Andreas Caspari

Es wird Konzerte mit ungewöhnlichen

Instrumenten geben, wie zum Beispiel

dem „visual piano“ und der „Ondes

Martenot“ beim Eröffnungskonzert im

Sendesaal oder dem Roboterschlagzeuger

in der Weserburg Museum für moderne

Kunst und dem „Fello“ im Schlachthof.

Einer der vielen Höhepunkte des Festivals

wird das Musiktheater „Alan T.“ in der

Shakespeare Company sein sowie die

Uraufführung des multimedialen Musikwerkes

im Rahmen der Preisverleihung

des Köster-Preises 2023.

Außerdem im Programm: Tanz- und

Lichtshows, experimentelle Konzerte und

Late Night-Veranstaltungen mit DJs sowie

Mitmachkonzerte und Workshops

für Kinder und Jugendliche, Klangspaziergänge

und Pop-up-Konzerte.

Zahlreiche Open-Air-Aktionen und Popup-Konzerte

bieten all denen eine Einstiegsmöglichkeit,

die bisher noch gar

nicht in Berührung mit der Neuen Musik

gekommen sind.

Ganz wichtig: Wir möchten, dass unsere

Künstler:innen, unser Publikum und wir

miteinander in Kontakt kommen. Darum

gibt es bei allen Konzerten ein Catering

und die Möglichkeit, miteinander, mit

den Künstler:innen, den anderen Gästen,

den Helfer:innen und Macher:innen des

Festivals ins Gespräch zu kommen. So

können Fragen beantwortet werden und

wir bekommen ein Feedback, was wir

verbessern können.

CLAUDIA JANET BIRKHOLZ

ist eine im In- und Ausland gefragte Interpretin für Klaviermusik des 20. und

21. Jahrhunderts, Filmproduzentin und Komponistin. Sie konzipiert Programme,

mit denen sie sich künstlerisch und musikalisch in neue Richtungen

bewegt. Freude am Experimentellen, ein hoher intellektueller Anspruch

sowie die Sensibilisierung des Publikums für ungewöhnliche akustische

Ereignisse in immer neuen Zusammenhängen machen ihre Konzerte zu besonderen

Erlebnissen. Sie ist Dozentin der Hochschule für Künste Bremen,

Vorsitzende des Vereins „realtime – Forum Neue Musik“ und künstlerische

Leiterin des „realtime – internationales Festival für Neue Musik Bremen“.

In der Shakespeare Company wird am 19. Mai das Kammerwerk “Alan T.“ des französischen

Star-Komponisten Pierre Jodlowski über den Mathematiker Alan Turing aufgeführt.

Der Start hätte nicht schwieriger

sein können. Wie viele Veranstaltungen

mussten auch Sie coronabedingt

immer wieder verschieben oder reduzieren?

Können Sie in diesem Jahr

endlich aus dem Vollen schöpfen

und vieles von dem umsetzen, was

Sie sich vorgenommen haben?

Claudia Birkholz: Wir haben einfach

losgelegt, unseren Ideen freien Lauf gelassen

und hoffen, dass wir dieses Jahr alles

so umsetzen können wie geplant.

Wie bringt man die für viele Menschen

unzulängliche und sperrige

Neue Musik einem breiten Publikum

nahe, und welche Tools und „Tricks“

nutzen Sie, um Berührungsängste

abzubauen?

Claudia Birkholz: Ich habe immer das

Bild einer Entdeckungsreise vor Augen. In

die Welt der Neuen Musik aufzubrechen

ist ein Abenteuer, man weiß nie, was einen

erwartet. Und es ist immer gut, eine

Reiseführung dabeizuhaben. Diese Aufgabe

übernehme ich bei vielen Veranstaltungen

durch meine Moderationen. Ich

gebe akustische Einstiegshilfen oder erzähle

etwas zu dem Werk, das anschließend

zu hören ist. Oftmals reicht das

schon. Wenn nicht, dann gibt es bei jeder

Veranstaltung die Möglichkeit, in einem

Meet&Greet mit den Künstler:innen in

Kontakt zu kommen und Fragen direkt

loszuwerden. Alle erzählen sehr gern von

ihrer Arbeit. Ich habe es nie anders erlebt.

Wir haben bei der Planung des Festivals

auch darauf geachtet, dass mehrere Sinne

angesprochen werden. Wenn ich Bilder

zu der Musik sehen kann, dann habe ich

gleich einen ganz anderen Zugang. Das

ist bei fast allen Konzerten des Festivals

der Fall. Es gibt immer auch etwas zu

gucken.

Und die Faszination eines schlagzeugspielenden

KI-Systems wird auch niemanden

kalt lassen. Wer sich da genauer

informieren möchte, ist bei den TalkTimes

mit den Bremer Forscher:innen

der Universitäten und des DFKI genau

richtig. Zusätzlich haben wir Veranstaltungen,

die einfach nur zum Reinschnuppern

in die Welt der neuen Klänge

einladen: der Klangspaziergang durch

die Wallanlagen zum Beispiel, bei dem

unter der Leitung eines Audiotherapeuten

die Geräusche und Klänge der Stadt

erlebt werden können. Oder man kann

selbst ein Instrument ausprobieren, das

nur mit Armbewegungen gesteuert wird,

den Chordeographen. Dieser Einstieg in

die Neue Musik ist der Königsweg. Das

Selbermachen öffnet sofort Türen.

Immer mehr Musiker:innen und

Bildende Künstler arbeiten genreübergreifend,

finden sich zu neuen

Formaten zusammen und nutzen

die digitalen Möglichkeiten für neue

Ausdrucksformen. Eine spannende

Entwicklung oder ein Produkt des

Zeitgeists?

Claudia Birkholz: Das ist eine natürliche

Entwicklung. Komponist:innen waren

seit Beginn des 20. Jahrhunderts auf

der Suche nach neuen Ausdrucksformen.

Es entstanden neue Instrumente, elektronische

Instrumente wie die „Ondes Martenot“,

die beim Eröffnungskonzert zu

hören sein wird. Karlheinz Stockhausen

hat dann in den 1950er-Jahren die ersten

rein elektronischen Stücke komponiert –

und wird dafür heute in der Techno-

Szene als Vater des Techno bezeichnet.

Schon seit den 1970ern erforscht David

Cope als einer der Pioniere von KI in der

Musik die Re-Kombination von Mustern.

Und all diese neuen Entdeckungen werden

immer auch irgendwie künstlerisch

verarbeitet. Weil die Künstler:innen sich

auf die sie umgebende reale Welt beziehen

und ihre Inspiration daraus erhalten.

Darum ist die Neue Musik immer wieder

faszinierend: Sie greift direkt die uns umgebende

Realität, politische und gesellschaftliche

Ereignisse sowie technische

Neuerungen auf. Und es entstehen immer

wieder abgefahrene neue Produktionen.

Wie zum Beispiel das Gewinnerprojekt

des diesjährigen Köster-Preises. Was

diese jungen Leute sich da ausgedacht

haben und am 20. Mai uraufführen werden,

ist mind-blowing.

Mit dem realtime Festival, der jazzahead,

dem Museum Weserburg mit

der Sound Collection Guy Schraenen

und dem Netzwerk klangpol steckt

viel Musik und Klang in Bremen und

Umgebung. Hat Bremen das Potenzial,

zu einem europäischen Zentrum

für Neue Musik und Klangkunst zu

werden, und wenn ja, was ist zu tun,

Frau Birkholz?

Claudia Birkholz: Auf jeden Fall. Wir

müssen nur alle an einem Strang ziehen.

Gemeinsam können wir etwas bewirken.

Gemeinsam können wir das schaffen.

DAS GESPRÄCH FÜHRTE KAI GEIGER.


MELBA | arttourist.com Jazz | Neue Musik | Elektro | 2023 Bremen | 31

Bremen Kultur

Die Deutsche

Kammerphilharmonie Bremen

Fassade der Weserburg | © Museum für moderne Kunst

Zentrum für Künstlerpublikationen

Sound Collection

Guy Schraenen

Weserburg – Museum für

moderne Kunst Bremen

Die Deutsche Kammerphilharmonie Bremen

ist eines der international führenden Orchester

und begeistert mit ihrem einzigartigen Musizierstil

weltweit ihr Publikum. Künstlerischer

Leiter ist seit 2004 der estnische Dirigent

Paavo Järvi.

Ein Höhepunkt der Zusammenarbeit mit

Järvi war das gemeinsame maßstabsetzende

Beethoven-Projekt, auf das sich Dirigent und

Orchester zehn Jahre konzentrierten. Ergebnis

waren weltweit umjubelte Aufführungen sowie

internationales Lob für die Einspielungen.

Auf Beethoven folgte ein phänomenaler Schumann-Zyklus.

Seit 2015 konzentrierte sich Die

Deutsche Kammerphilharmonie Bremen mit

Paavo Järvi auf den Komponisten Johannes

Brahms.

Für ihre Einspielungen und das einzigartige

Zukunftslabor, Entwicklungsmotor für Gesellschaft

und inzwischen eine weltweite Bewegung,

wurde Die Deutsche Kammerphilharmonie

Bremen mit unzähligen Preisen wie

Die Deutsche Kammerphilharmonie Bremen.

Paavo Jarvi | © Julia Baier

Echo, Opus und Diapason d’Or geehrt und

pflegt seit Jahren enge musikalische Freundschaften

zu internationalen Solisten.

Die Deutsche Kammerphilharmonie Bremen

ist seit Eröffnung 2017 eines der Residenzorchester

der Elbphilharmonie Hamburg und

langjähriges Residenzorchester der Kölner

Philharmonie. 2019 war das Orchester erstes

Orchestra in Residence beim Rheingau Musik

Festival und wurde mit dem Rheingau Musik

Preis für die wegweisenden Projekte und das

damit verbundene Schreiben von Interpretationsgeschichte

ausgezeichnet.

www.kammerphilharmonie.com

Die umfangreiche und international bedeutende

Sammlung zur Sound Art widmet sich

der faszinierenden Verschränkung von visuellen

und akustischen Werken im Bereich der

bildenden Kunst. Vinyl-Künstlerschallplatten

bilden dabei den Schwerpunkt. Die Sound

Collection Guy Schraenen umfasst den ganzen

Kosmos von Sound-Arbeiten bildender

Künstler und Künstlerinnen und deren Cover-

Gestaltungen im ansprechenden Format von

31×31 cm. Guy Schraenen baute die Sammlung

mit sicherem Gespür für aktuelle Tendenzen

der Sound Art in all ihren Facetten auf.

Die kunst- und kulturhistorische Bedeutung

der Sound Collection basiert auf ihrer übergreifenden

Vollständigkeit und Einzigartigkeit,

ihrer besonderen Bedeutung für Deutschland,

ihrer kulturhistorischen Relevanz im

interdisziplinären Feld von Pop-Kultur, Kunst,

Musik, Literatur und Design, ihrer speziellen

kunsthistorischen Manifestation der akustischen

Kunst des 20. Jahrhunderts sowie einer

‚indirekt‘ dargestellten Mediengeschichte.

Diese online-Plattform präsentiert Ausschnitte

der Sammlung als eine Zusammenstellung

beispielhafter Werke der Sound Collection.

Regelmäßig wird zwischen dem 6. April 2018

und Ende 2019 eine Soundarbeit präsentiert

und freigeschaltet, die öffentlich zugänglich

und über diese Plattform abhörbar zur Verfügung

steht. Die Plattform bietet somit einen

kleinen, kontinuierlich wachsenden Überblick

über die vielfältigen Ausprägungen der

Sound Art.

Die renommierte Sound Collection Guy

Schraenen konnte Anfang 2018 für das in

seiner Art einzigartige Zentrum für Künstlerpublikationen

erworben werden. Die Kulturstiftung

der Länder und die Karin und Uwe

Hollweg Stiftung haben den Ankauf der weltweit

beachteten Sound Collection möglich gemacht.

Über den Ankauf hinaus finanziert die

Karin und Uwe Hollweg Stiftung die Erschließung,

Digitalisierung und Vermittlung von

Werken der Sound Collection, unter anderem

mit dieser Webseite.

www.weserburg.de

Guy Schraenen, Je est un autre, 1987,

Privatsammlung Antwerpen

OpenSpace 1.9.22 | © Rukmini Zoepel

Leben in der Stadt!

Open Space Domshof 2023 startet Mitte Juni

Es geht wieder los auf dem Bremer Domshof:

Am 15. Juni startet Open Space in die fünfte

Runde! Bis Mitte September wird der Domshof

zu einem Ort, an dem das Leben in der

Stadt in all seinen Facetten sichtbar und gefeiert

wird. Wie in den vergangenen vier Jahren

richtet sich Open Space Domshof an Kunstund

Kulturinteressierte jeden Alters. Ein abwechslungsreiches

Bühnenprogramm, regionale

Speisen und Getränke, Spiel, Tanz und

Bewegung, Erlebnisse wie zum Beispiel eine

große Essenstafel sowie viel Aufenthaltsqualität

machen den Domshof zu einem lebendigen

Treffpunkt.

Die Konzerte auf der Open Space-Bühne reichen

von Jazz und Klassik über lateinamerikanische

Musik, Metal, Singer-Songwriter und

World Music bis hin zu Rap und Hiphop. Freitags

gibt es wieder die beliebten DJ-Clubabende,

donnerstags findet der Feierabendmarkt

statt. Perfekt für alle, die die Freude am Genuss

von Bio-Produkten haben und die in netter

Gesellschaft etwas essen, trinken und verweilen

möchten. Musikalisch begleitet wird

der Feierabendmarkt durch Marktkonzerte.

Für Kinder finden wöchentlich Workshops

unter dem Motto „Stadtwerkstatt“ statt. Köstlichkeiten

aus Bremen und der Region bietet

der „Ratskeller meets Küche13“-Pavillon an,

darunter Ratskeller-Weine und andere Getränke

sowie wechselnde Speisen und Snacks. Das

familienfreundliche und begrünte Gartenlokal

bietet dazu passend gemütliche Plätze zum

Verweilen und Genießen – und für die kleinen

Gäste sogar Spielgeräte.

www.openspace-domshof.de

Breminale

12. – 16.7.2023

Blick in die Ausstellung "Vinyl-Records and Covers by Artists", Bremen 2005 | © Museum für moderne Kunst

Über dreißig Jahre Breminale - Das fünftägige

Kulturfestival an der Weser lädt zu Musik und

Kunst. Für fünf spannende Tage im Jahr leuchten

Bühnen und Stände an der Weser: die Breminale

lädt vom 12. bis 16. Juli 2023 zu einem

bunten Programm aus Musik, Kunst und Kultur

ein. Ein ganz besonderes Vergnügen!

Die Breminale ist ein fünftägiges Open-Air-

Festival am Bremer Osterdeich. Alljährlich

im Sommer gibt es dort viel zu entdecken.

2017 feierte die Breminale ihren 30sten Geburtstag

und bietet alljährlich ein vielseitiges

Programm für kleine und große Gäste - ganz

umsonst. Das Programm umfasst Live-Musik

in Zirkuszelten, Kunst, Jongleur*innen und

Breminale | © concept bureau UG

Gaukler*innen, Kinderspiele wie auch Theater,

Tanz und Lesungen. Auf gleich acht

Bühnen erwartet euch dieses Jahr ein buntes

Musikprogramm. Ein ausgedehnter Tag auf

der Breminale dauert meist bis in die Nacht.

Abgerundet wird das Programm durch einige

kulinarische Highlights.

www.breminale-festival.de


32 | Bern

MELBA | arttourist.com Jazz | Neue Musik | Elektro | 2023

stadt ist ein halbes Jahrhundert nach seinem

Tod immer noch eine Lichtfigur der hiesigen

Kulturszene.

Eine andere wichtige Figur der Berner Szene

wird im Konzert des Arditti Quartetts gefeatured:

Daniel Glaus, Komponist und bis vor

einem Jahr Münsterorganist. Von ihm erklingt

ein neues Streichquartett. Uraufführungen

sind so ein wesentlicher Bestandteil

des Musikfestival Bern, aber es versteht sich

nicht nur als Festival für Neue Musik, sondern

bringt immer mehrere Epochen ins Spiel. So

erklingt zur Eröffnung etwa Mahlers «Lied von

der Erde», in der kammerorchestralen Version

von Arnold Schönberg bzw. Rainer Riehn. Peter

Rundel leitet ein Kollektivensemble.

Musikfestival Bern (CH)

Verwurzelungen

Indem es lokale Kräfte bündelt und sie in einen internationalen Vergleich stellt, hat das Musikfestival Bern

im Lauf der letzten zehn Jahre sein unverwechselbares Gepräge entwickelt. Diesen September fragt es nach

unseren Wurzeln und bietet dazu ein vielfarbiges Programm.

Das mathematische Wurzelzeichen steht

heuer als Thema über dem Programm des

Musikfestival Bern. Manch jemand wird dabei

zunächst an mathematische Operationen

denken, aber gleichzeitig öffnen sich dahinter

auch imaginäre (Zahlen-)Räume und weiterführende

Fragen und Assoziationen. Wo liegt

unser Ursprung, wie tief reichen unsere Wurzeln:

Biologisch, kulturell und musikalisch,

biographisch? Wie gehen wir damit um? Gerade

heute?

Die Themen, die sich das Musikfestival Bern

alljährlich gibt, sind mehrdeutig und lassen

einen weiten Bedeutungsraum offen. Mit

«Irrlicht», «Schwärme» oder «unvermittelt»

waren frühere Jahrgänge überschrieben. Dazu

können jeweils Musikschaffende aus Stadt

und Kanton Bern ihre Projektentwürfe eingeben.

Das vierköpfige Kuratorium, welches

das Festival künstlerisch leitet, wählt daraus

mehrere Konzepte aus, ergänzt sie mit eigenen

Ideen und gestaltet damit ein Programm.

Der Spielraum reicht dabei von Konzerten mit

improvisierter und komponierter Musik und

Musiktheater über Installationen und Performances

bis hin zu Filmen und Diskussionsveranstaltungen.

Die Vermittlung nimmt dabei

einen wesentlichen Platz ein.

Das Kuratorium des Musikfestival Bern, v.l.: Susanne

Huber, Martin Schütz, Thomas Meyer, Vera Schnider

© Samuel Paul Gäumann

Jedes Projekt greift die Thematik auf seine

Weise auf: Im Wurzeljahr 2023 ist da zum

Beispiel das Ensemble Mycelium, das den Pilz

schon im Namen trägt und das schon frühere

Festivaljahrgänge auf unverwechselbare Weise

bereichert hat. Die Wurzel dient ihm «als

Metapher für unser gegenwärtiges Verwurzeltsein

in der (realen und virtuellen) Welt, wir

verwenden sie als (essbare) Materie (Wurzelgemüse),

wir belauschen ihre Verbindungen

und Anschlüsse im Kommunikationsnetz

pflanzlicher Ökosysteme und wir nutzen sie

als mathematische Komponente in der experimentellen

Klangbearbeitung.» In «Kompost

Sinnliche Musikerlebnisse im Berner Münster | © Annette Boutellier

Klang Küche», so der Titel der Performance,

werde die Wurzel zum komplex-imaginären

Klang- und Denkraum, denn wenn man aus

negativen Zahlen die Quadratwurzel zieht, erhält

man imaginäre. So kommen gleich mehrere

Bedeutungsebenen ins Spiel.

Dem Ursprung der Arten und mithin auch

des Menschen geht das Vokalensemble «Solo-

Voices» in «L’origine des espèces» des grecofranzösischen

Komponisten Georges Aperghis

nach, der lange als Dozent an der Hochschule

der Künste in Bern wirkte und das Théâtre

musical in der Schweiz wesentlich mitprägte.

Andere Konzerte gehen «Back to Bach» oder

gehen den lokalen Verwurzelungen nach,

etwa der Künstlerin Meret Oppenheim, die

hier einst in der Schule ihre rebellischen Seiten

entdeckte.

Zahlreiche wichtige Schweizer Komponisten

stammen aus Bern und besuchten hier einst

den Unterricht bei Sándor Veress, so etwa

Heinz Holliger, Jürg Wyttenbach oder Roland

Moser. Dessen «Brentanophantasien» stehen

im Zentrum des Konzerts «Wurzeln in Bern».

Ausserdem vertont Moser im Auftrag des Festivals

einen Text von Mani Matter. Der früh verstorbene

Chansonnier aus der Bundeshaupt-

Das Musikfestival Bern ist damit stark lokal

und regional verwurzelt, sucht aber gleichzeitig

den internationalen Vergleich und die

Ausstrahlung über den engeren Bereich hinaus.

Dies besonders, indem es zum Thema

eine*n Composer in Residence auswählt und

ein Ensemble einlädt. So gab es in früheren

Jahren etwa einen Fokus auf Bernd Alois Zimmermann;

Michael Pelzel, das Arditti Quartett

oder das Trio Accanto waren zu Gast. Diesen

September nun kommt es zu einer aussergewöhnlichen

Begegnung. Da ist zum einen die

Musik der Französin Éliane Radigue, die in die

tiefsten Schichten der Klangerfahrung hinunterreicht;

von ihr sind Instrumentalwerke zu

hören, aber auch die dreistündige elektronische

«Trilogie de la mort». Da ist zum anderen

das belgische Vokalensemble «Graindelavoix»,

das für die Musik des Spätmittelalters und der

Renaissance radikal umwälzende Ansätze gefunden

hat; sie werden die «Tenebrae» Gesualdos

und die Missa «Et ecce terrae motus» von

Antoine Brumel aufführen. Beide treffen sich

aber auch für eine neuartige Erfahrung: Ein

neues Stück der «Occam»-Reihe, entwickelt

von Radigue und der Ko-Komponistin Carol

Robinson, wird mit Graindelavoix erarbeitet.

Bislang gab es im Schaffen Radigues nur wenige

Vokalstücke, und Graindelavoix begab sich

nur ausnahmsweise in die Neue Musik. Über

diesen neuen Ansatz hinaus gelangt man mit

der menschlichen Stimme gleichsam zur körperlichen

Wurzel des Klangs.

Das Musikfestival Bern versucht damit den

Spagat: unmittelbare Klangerfahrung und die

Vermittlung von Extremen. Die Kommunikation

zum Publikum spielt dabei eine entscheidende

Rolle. In diesem Zusammenhang

ist auch die Reihe zu sehen, in der Musik und

Wissenschaft aufeinandertreffen: Aspekte

des Festivalthemas – heuer zum Beispiel das

Woodwideweb oder Mutterschaft – werden

dabei herausgegriffen und diskutiert. Ein*e

Wissenschaftler*in hält ein kurzes Impulsreferat,

ein*e Künstler*in macht ein neues Stück

oder eine Performance dazu; dann treten beide

Seiten ins Gespräch miteinander. So kam

es immer wieder zum anregenden Erfahrungsaustausch.

Das Musikfestival Bern « √ » findet

vom 6. bis 10. September 2023 statt.

Tickets und Infos: www.musikfestivalbern.ch

TEXT: THOMAS MEYER

Arditti Quartett | © Annette Boutellier

Installation im Botanischen Garten

© Annette Boutellier

Blick ins Festivalzentrum | © Annette Boutellier


MELBA | arttourist.com Jazz | Neue Musik | Elektro | 2023 Donaueschingen | 33

Donaueschingen (D) | Forum Neuester Musik

Donaueschinger

Musiktage 2023

19. – 22.10.2023

Seit die Donaueschinger Musiktage 1921 als

Forum avancierter Kammermusik durch den

fürstlichen Musikdirektor Heinrich Burkhard

gegründet worden sind, waren sie nicht nur ein

interner Branchentreffpunkt der jeweiligen Gegenwartskomponisten,

sondern auch ein mythischer

Ort. In seiner fiktiven Komponistenbiografie

„Doktor Faustus“ verewigte Thomas

Mann Donaueschingen als magischen Punkt

auf der Landkarte der Moderne und erhob ihn

in den Rang der Weltliteratur. Sehr viel später

findet er Eingang in Edgar Reitz’ filmisches

Epos „Heimat“ – ohne überhaupt gezeigt zu

werden. Allein der Name „Donaueschingen“

ist dort Klang: Klang der neuen Musik.

Bis in die aktuelle Gegenwart ist und bleibt

Donaueschingen ein Ort, an dem die musikalischen

Karrieren von Komponisten geschmiedet

werden – oder aber auch scheitern können.

Denn die Spannung der Donaueschinger

Musiktage besteht nicht aus ihrem ständigen

Gelingen, ihrem ewig gleichen Hochstand,

sondern aus dem Wagnis, Musik immer wieder

neu zu bestimmen. Dieser Anspruch ist ein hoher

für alle Beteiligten – sowohl für die Festivalmacher

als auch die beteiligten Komponisten.

Aber es ist auch zugleich Herausforderung. Und

eine solche, die die Donaueschinger Musiktage

in einem Vergleich akzentuieren: Was die documenta

für die bildende Kunst ist, sind die

Donaueschinger Musiktage für die neue Musik.

Die jeweiligen künstlerischen Leiter der Donaueschinger

Musiktage – Heinrich Strobel,

Otto Tomek, Josef Häusler, Armin Köhler und

Björn Gottstein sowie seit 2022 Lydia Rilling –

setzten und setzen nicht nur individuelle Akzente,

sondern haben sich stets auch als Suchende

und Forschende verstanden. Entdeckt

wurden dabei Persönlichkeiten, die die Musik

des 20. Jahrhunderts geprägt haben: Hans

Werner Henze, Olivier Messiaen, Pierre Boulez,

Karlheinz Stockhausen, Luigi Nono, György

Ligeti, Mauricio Kagel, John Cage, Helmut

Lachenmann, Wolfgang Rihm, Mark Andre

oder Georg Friedrich Haas sind nur wenige

Gipfel, die aus der großen und vielgestaltigen

Klanglandschaft des Neuen bei den Donaueschinger

Musiktagen herausragen.

Abschlusskonzert | © SWR / Astrid Karger

Lydia Rilling, die Musikwissenschaftlerin und

-publizistin mit dem Schwerpunkt zeitgenössische

Musik und Musiktheater, hat im Frühjahr

2022 als erste Frau die Leitung der Donaueschinger

Musiktage übernommen und wird in

diesem Jahr erstmals eigene programmatische

Akzente setzen. Die Musiktage 2022 wurden

noch von ihrem Vorgänger Björn Gottstein

geplant. Lydia Rilling wird die Donaueschinger

Musiktage neu aufstellen. Sie sollen digitaler,

jünger und internationaler werden und ab

diesem Jahr einen jährlichen Themenschwerpunkt

haben.

Bis zur Ernennung zur neuen Künstlerischen

Leitung der Donaueschinger Musiktage war

sie Chefdramaturgin an der Philharmonie

Luxemburg und als Künstlerische Leiterin für

die Programmierung des Festivals für zeitgenössische

Musik „rainy days“ verantwortlich.

Zusätzlich war sie eine der Initiator:innen des

spannenden „red bridge projects“, das Bildende

Kunst, Musik, Tanz, Theater und Performance

verbindet und bei dem Künstler:innen

wie Anne Teresa De Keersmaeker oder der südafrikanische

Künstler William Kentridge im

Fokus standen.

www.swr.de/swrclassic/donaueschinger-musiktage

© SWR Kwadrofonik Majewska | © SWR / Ralf Brunner Klanginstallation Donausprung | © SWR

Interview

Wir sprachen mit Lydia Rilling über

die Neuausrichtung und die Pläne

für die Donaueschinger Musiktage.

Sie werden in diesem Jahr (19.–

22.10.2023) erstmalig für das

Programm der Musiktage verantwortlich

sein. Die SWR Programmdirektorin

sprach davon, dass es mit

Ihnen einen „Generationen- und

Blickwechsel“ geben werde. Wie

sieht dieser aus? Was haben Sie sich

für Donaueschingen vorgenommen?

Was steht in Ihrem Fokus für die

nächsten Jahre?

Lydia Rilling: Zwei Prinzipien sind

für meine Pläne für die nächsten Jahre

bestimmend, nämlich zum einen, Verbindungen

herzustellen und das Festival

stärker zu vernetzen, und zum anderen,

die Musiktage zu erweitern. Diese beiden

Prinzipien erstrecken sich auf alle Dimensionen

des Festivals – künstlerischästhetisch,

medial, geografisch und perspektivisch.

Das Festival wird sich dabei

in jedem Jahr einem bestimmten Thema

widmen. Mir ist es grundsätzlich wichtig

zu zeigen, dass zeitgenössische Musik

tief in der aktuellen Gegenwart verankert

ist. All die großen Themen, die uns jenseits

der Musik umtreiben, werden auch

in und mit ihr verhandelt, auch wenn

sie sich natürlich keinesfalls darauf beschränken

lässt.

Wie war und ist der Spielraum für

Veränderungen auf den Schultern einer

100-jährigen Festivalgeschichte?

Lydia Rilling: Grundsätzlich ist der

Spielraum für Veränderungen groß. Es

gibt einiges, was ich erhalten möchte,

Lydia Rilling | © Lisa Burke

wie die zentrale Rolle des SWR Symphonieorchesters

und der anderen SWR

Klangkörper und natürlich das große

und leidenschaftliche Publikum. Auch

wenn ich vieles anders gestalten werde,

wird sich im Rahmen der bestehenden

Strukturen und des vorhandenen Budgets

nicht alles von einem Jahr auf das

andere ändern. Das ginge z.B. dieses

Jahr auch gar nicht, da die Planung

etwa der Hälfte der Konzerte noch von

meinem Vorgänger stammt, nicht zuletzt

aufgrund der vielen Covid-Verschiebungen.

Vieles wird sich im Laufe der

Zeit entwickeln und verändern.

Welche Rolle spielen Frauen in der

Neuen Musik? Björn Gottstein hat

bei seinem letzten Festival 2021/22

die „Frauenquote“ deutlich erhöht,

was längst überfällig war. Hat dies

zu einer Bewusstseinsveränderung

beigetragen und ist Ihnen dies für

mehr programmatische Vielfalt und

Gleichberechtigung der Geschlechter

hilfreich?

Lydia Rilling: Glücklicherweise spielen

Frauen inzwischen eine zentrale Rolle

in der zeitgenössischen Musik – als

Komponistinnen, als Musikerinnen,

als Dirigentinnen, als Managerinnen,

als Festivalleiterinnen etc. Ich habe seit

Beginn meiner Tätigkeit als Kuratorin

immer großen Wert darauf gelegt, sehr

viele Komponistinnen unterschiedlicher

Generationen im Programm zu präsentieren

und zwar unabhängig von Quoten.

2023 wird das Programm der Donaueschinger

Musiktage zu etwa 70%

von Frauen stammen, das ist sicher beispiellos

in der bisherigen Geschichte des

Festivals.

Ist ein Klangkunst-Museum in Donaueschingen

oder anderswo als

Ort, der die Musiktage und die Neue

Musik ganzjährig repräsentiert, hörund

erfahrbar macht, nicht schon

lange überfällig?

Lydia Rilling: Ein ganz der Klangkunst

gewidmetes Museum wäre für Deutschland

natürlich sehr wünschenswert.

In Donaueschingen gibt es inzwischen

aus dem Wunsch heraus, Klangkunstinstallationen

ganzjährig erfahrbar zu

machen und nicht nur während der

Festivalzeit, die Initiative, Klanginstallation

der Donaueschinger Musiktage zu

verstetigen, also dauerhaft zu installieren.

Das finde ich sehr wichtig, und ich

werde es auf jeden Fall unterstützen und

fortführen.

Wie viel „Nachhaltigkeit“ liegt in

der Neuen Musik, in Auftragskompositionen

und Uraufführungen,

wenn diese nach den Donaueschinger

Musiktagen, dem Eclat Festival

oder der MaerzMusik in den Archiven

verschwinden?

Lydia Rilling: Dass nicht allen Kompositionen

die Ewigkeit auf den Spielplänen

gegönnt ist, liegt in der Natur der Sache

und ist in der Geschichte der Künste

nichts Neues. Schaut man sich heute die

Konzertprogramme des 19. Jahrhunderts

an, stellt man fest, dass viele der

gespielten Werke und Komponisten heute

ganz unbekannt sind. Was wir heute

aus dem 17., 18. und 19. Jahrhundert

kennen, ist nur eine sehr kleine Auswahl

dessen, was damals aufgeführt wurde.

Im Hinblick auf die Donaueschinger

Musiktage ist es absolut verblüffend, wie

viele „Klassiker“ und einflussreiche Werke

hier uraufgeführt wurden. Ich habe

zur Frage, was von den Donaueschinger

Musiktagen für das „Repertoire“ bleibt,

neben allen Programmen auch einmal

Statistiken von Verlagen zu Wiederaufführungen

studiert und mit Agent:innen,

Journalist:innen etc. gesprochen. Eine realistische

Schätzung ist, dass etwas 5 bis

10% der Werke bleiben.

Aber wie oft ein Werk anschließend gespielt

wird, ist nur ein Aspekt der Bedeutung

und Wirkung eines Festivals.

Entscheidend ist auch, welche Impulse

von den Uraufführungen ausgehen

und das ist oft ganz unabhängig von

der weiteren Anzahl der Aufführungen.

Und schließlich liegt die Bedeutung des

Festivals gerade darin, weit mehr als

ein Ort von Uraufführungen zu sein,

nämlich ein Ort des Austauschs, des

gemeinsamen Erlebens von Musik, an

dem anschließend leidenschaftlich über

das Gehörte diskutiert wird und die

Eindrücke in die Welt hinausgetragen

werden – also ein Ort der gemeinsamen

Reflexion über Musik. Es wäre stark

verkürzend, wenn man die „Nachhaltigkeit“

eines Festivals allein auf die

späteren Aufführungen der uraufgeführten

Werke und Projekte reduzieren

würde.

Wie kann man das Programm der

Donaueschinger Musiktage einem

breiteren Publikum zugänglich machen?

Lydia Rilling: Für viele vor Ort sind

Klanginstallationen ideal „zum Einstieg“,

weil sie sehr niederschwellig

sind: Man kann jederzeit kommen und

gehen, kann so lange bleiben, wie man

möchte, sich meistens bewegen, die Position

wechseln, und oft kann auch die

visuelle Dimension der Installationen

den Zugang erleichtern.

Auf der einen Seite ist das Wichtigste

für den Zugang zum Hören, dass Hörende

ihren eigenen Ohren vertrauen.

Natürlich gilt auch für das Hören, dass

man desto mehr hört, je mehr man

weiß. Aber die Vorstellung, dass man

als interessierte Person erst mal ganz

viel wissen muss, steht dem Hören im

Weg und zerstört ganz viel an Offenheit

und Interesse. In Luxemburg habe ich

mit den rainy days ein Festival geleitet,

das sich vor allem an ein breites Publikum

wendet. Dort habe ich immer

wieder erlebt, wie befreiend es für Menschen

sein konnte, wenn sie nicht mehr

die Erwartung hatten, jeden Klang einordnen

und „verstehen“ zu müssen,

sondern sich dem Hören hingegeben

haben.

Auf der anderen Seite planen wir in

Donaueschingen ganz konkret verschiedene

Initiativen, um das Programm einem

breiteren Publikum zugänglich zu

machen, zum Beispiel durch Einbeziehung

von Donaueschingern. Und ganz

zentral ist natürlich die Kommunikation

eines Festivals, die viele Barrieren

einreißen kann.

DAS GESPRÄCH FÜHRTE KAI GEIGER.


34 | Köln

MELBA | arttourist.com Jazz | Neue Musik | Elektro | 2023

Köln (D)

ACHT BRÜCKEN

Musik für Köln

28.4. – 7.5.2023

10 Tage, 50 Veranstaltungen, 36 Uraufführungen, über 90 Stunden neue

Musik, elektronische Musik, Jazz, Weltmusik, alles dazwischen und darüber

hinaus, in der Kölner Philharmonie und an 13 verschiedenen

Spielorten in Köln

Zur dreizehnten Festivalausgabe von ACHT BRÜCKEN | Musik für Köln ist das Publikum vom

28. April bis 7. Mai 2023 unter dem Motto »Musik oder Nichts« eingeladen, sich in 50 Veranstaltungen

mit 36 neuen Werken von der Freude an der Klanggestaltung anstecken zu lassen

und eine neue Art des Hörens zu praktizieren: fokussiert, unvoreingenommen und neugierig.

Im Fokus steht das Werk der Komponistin Rebecca Saunders. Optimale Ausgangsbedingung zur

individuellen Klangerfahrung bieten Akustik-Tempel wie die Kölner Philharmonie sowie 13 weitere

Spielstätten. Mit dem Ensemble Modern, ensemble mosaik, Ensemble Musikfabrik, Mahler

Chamber Orchestra, der Basel Sinfonietta, der Jungen Deutschen Philharmonie, dem Gürzenich-Orchester

Köln, WDR Sinfonieorchester und vielen weiteren Künstler:innen der internationalen

und lokalen Szene ist feinfühligste Klanggestaltung garantiert. Auf dem Programm stehen

neben Werken von Rebecca Saunders u. a. Kompositionen von Helmut Lachenmann, Milica

Djordjević, Yu Kuwabara, Gérard Grisey, Lucia Ronchetti und Michael Pelzel sowie Kaitlyn Aurelia

Smith und weitere Kreationen aus Jazz-, Pop- oder elektronischer Musik. Zehn Tage Festival –

inklusive der beliebten Eintritt-frei-Formate ACHT BRÜCKEN Freihafen am 1. Mai, dem ACHT

BRÜCKEN Lunch zur Mittagszeit und der ACHT BRÜCKEN Lounge im Festivalzelt zum Chill-

Out am Abend.

ACHT BRÜCKEN Freihafen

Mo 1.5.2023 ab 11:00 Uhr

Kölner Philharmonie, WDR Funkhaus

Wallrafplatz, Baptisterium,

ACHT BRÜCKEN Festivalzelt

In seiner diesjährigen Auflage wird der ACHT

BRÜCKEN Freihafen dem Festival-Motto

nicht wirklich gerecht. Eigentlich steht er

sogar im ausdrücklichen Widerspruch dazu.

Statt »Musik oder Nichts« gilt hier Musik für

nichts, für kein Geld der Welt. Konzerte von

morgens elf bis abends weit nach neun bei

Trio Gabbeh | © Hessam Samavatian

Rebecca Saunders | © Astrid Ackermann

durchweg freiem Eintritt. Aber bevor man sich

in Wortklaubereien verliert, wird gleich zum

Auftakt des Konzertmarathons in Helmut Lachenmanns

»Got Lost« die Sprache sinnzerlegt

und fragmentiert, bis wirklich nichts als

Musik übrigbleibt – womit das Motto dann

doch wieder bestätigt wäre. Die Klangnatur

diverser Soloinstrumente untersucht die Reihe

»KonSequenzen«, und das in jeweils zwei

verschiedenen akustischen Umgebungen.

Den existenziellen Krisen der Gegenwart begegnet

ein sechsköpfiges Kammerensemble

mit »Music for a future, without guarantees«,

und das Trio Gabbeh unternimmt mit Aida

Shirazi transkulturelle und transtraditionelle

Brückenschläge. Ein engagiertes Programm

und maximal breit gefächert. Zwei abschließenden

Konzerten mit Werken von Rebecca

Saunders geht am frühen Abend ein Gespräch

mit der Porträtkomponistin voraus.

Für einen letzten Höhepunkt sorgt dann die

Uraufführung einer neuen Komposition, die

Saunders mit den zuvor gespielten Stücken zu

einem Triptychon ergänzt, bevor die ACHT

BRUCKEN Lounge zum Ausklang einlädt.

Was nichts kostet, muss also am Ende nicht

umsonst gewesen sein. Man geht sogar mit

beachtlichem Gewinn nachhause, bereichert

um viele neue, vielfach spektakuläre Konzerterlebnisse.

Kaitlyn Aurelia Smith | © Daria Gwaltney

Kaitlyn Aurelia Smith

Do 4.5. 20:00 Uhr

Kölner Philharmonie

Let's turn It Into Sound

Für Kaitlyn Aurelia Smith ist Musik ein ganzheitliches

Erlebnis, das untrennbar mit ihrem

eigenen Körper verbunden ist. Im Zentrum

steht dabei ihre Stimme. Aus Gesangsmelodien

entwickelt die 1987 geborene Komponistin

Ideen für ihre komplex geschichteten

Songstrukturen, Stimmaufnahmen liefern das

Material, das sie mit ihrem bevorzugten Instrument

- dem Buchla Easel - zu einer viszeralen,

Mensch und Maschine verbindenden

Musik formt. Der legendäre Synthesizer, in

den 1960er Jahren von Don Buchla in Konkurrenz

zum heute ungleich bekannteren

Moog Synthie entwickelt, bestimmt mit seiner

modularen Architektur auch Smith’ aktuelles

Album »Let’s Turn It Into Sound«. Die aus dieser

Arbeitsweise resultierende bunt schillernde

Musik verdankt Minimal-Music-Pionieren

wie Terry Riley oder Steve Reich genauso viel

wie dem Avantgarde-Pop eines Yellow Magic

Orchestra. Eine vergleichsweise kühle, aber

ebenfalls funkensprühende Musik zelebriert

das Leo Betzl Trio mit seinem akustischen

Techno-Entwurf.

Zola Mennenöh | © Hipermania

Zola Mennenöh

Sa 6.5. 20:00 Uhr

Lagerstätte für die mobilen

Hochwasserschutzelemente

A Labour of Love

Liebe ist eine wichtige Ressource gesellschaftlicher

Gestaltungskraft. Zola Mennenöh weiß

das und setzt ihren ausdrucksstarken Gesang

bei ihrer elektro-akustischen Suite »A Labour

of Love« in eine fruchtbare Beziehung zum

virtuosen Spiel der Harfenistin Sissi Rada, zur

Klangsensibilität des Kopenhagener Streichquartetts

Halvcirkel und zur klugen Zurückhaltung

des dänischen Jazzpianisten Simon

Toldam: Heraus kommt eine feinsinnige Musik,

die Inspiration für neue Begegnungsformen

zu liefern vermag. Zola Mennenöh studierte

in Berlin und Kopenhagen sowie bei

Sidsel Endresen in Oslo bevor sie sich mit ihrer

Musik zwischen Avant-Pop und Neoklassik

nicht nur hierzulande etablieren konnte; im

Frühjahr 2021 wurde sie vom britischen Guardian

zu einer der besten neuen Künstler:innen

gekürt. Der fast sakrale Innenraum der Lagerstätte

für mobile Hochwasserschutzelemente

wird sich mit Mennenöhs Liebesarbeit in einen

immersiven Performance-Raum verwandeln,

der die Grenze zwischen Bühne und Publikum

auflöst.

Helena Cánovas i Parés | © Anna Tena

S0 7.5. 15:00 Uhr

WDR Funkhaus am Wallrafplatz

Samuel Beckett, Words and Music

Samuel Beckett konnte Vertonungen seiner

Texte nicht ausstehen. Doch in seinem experimentellen

Radiohörspiel »Words and Music«

von 1961 trat nun einmal neben dem sprechenden

»Words« (alias Joe) ein gewisser »Music«

(alias Bob) auf, der sich nur in wortlosen

Klängen äußerte. Um ihn zum Leben zu erwecken,

benötigte der Autor einen Komponisten

als Partner. Für eine Neuproduktion im Jahr

1987 schlug Beckett selbst Morton Feldman

vor, vielleicht ja, weil er in der Arbeitsweise

des US-Amerikaners, in der subtilen Variation

und Neukombination von sehr reduziertem

Material, Parallelen zum eigenen Schaffen

erkannte. »Es war ein riesiger Spaß, etwas für

Beckett zu machen«, erklärte Feldman dazu,

»sozusagen ihm zu Ehren, der seit den 1950er

Jahren Teil meines Lebens war.« Abgerundet

wird das Programm des E-MEX-Ensembles

durch ein neues Werk der Katalanin Helena

Cánovas i Parés, das sich ebenfalls auf einen

Beckett-Text bezieht: die Novelle »Company«

aus dem Jahr 1979.

ACHT BRÜCKEN | MUSIK FÜR KÖLN

Festivalzeitraum:

28. April bis 7. Mai 2023

Tickets und Infos auf

www.achtbruecken.de

und unter + 49 (0)221 280 281

Festivalpass:

Besuchen Sie bis zu 21 Konzerte mit

einem Pass zum Preis von

EUR 119,- / ermäßigt EUR 59,-


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Potsdam | 35

Potsdam (D)

Musikfestspiele Potsdam

Sanssouci 2023

IN FREUNDSCHAFT

9.-25.6.2023

Unter dem Motto „In Freundschaft“ widmen sich knapp 60 Veranstaltungen,

darunter drei Opern und drei Open Airs, eine Landpartie nach Schloss

Rheinsberg, das Fahrradkonzert und ein musikalisches Waldbaden den frei

gewählten zwischenmenschlichen Beziehungen. Neben Wahlverwandtschaften

und dem Bruderzwist im noch jungen preußischen Königshaus geht

es vor allem um die Gestaltungskraft, mit der bürgerliche Freundschaftszirkel

seit dem 19. Jahrhundert eine Zukunft für die Musik, die Gesellschaft

und den heutigen urbanen Lebensraum geschaffen haben.

In insgesamt 45 musikalischen Veranstaltungen und 14 Führungen erwecken

die Musikfestspiele das Kulturerbe der preußischen Schlösser und

Gärten von Sanssouci, Schloss Rheinsberg, die historische Mitte und die

neuen grünen Stadtviertel Potsdams sowie den Outdoor-Trail der Glindower

Alpen mit Musik zum Leben. Klänge vom Mittelalter und dem Barock

über Romantik bis zu Jazz, A-capella-Pop und Uraufführungen erwarten das

Publikum, dazu große Barockopern im Schlosstheater des Neuen Palais und

in der Erlöserkirche, Open Airs auf dem Alten Markt Potsdam und vor der

Kulisse des Orangerieschloss von Sanssouci.

Große Namen der Alten Musik, die dem Festival langjährig verbunden sind,

haben einen Freundschaftsbesuch angekündigt, darunter Jordi Savall mit

der Capella Reial de Catalunya und Hespèrion XXI, Ottavio Dantone und

die Accademia Bizantina, Giovanni Antonini und Il Giardino Armonico, Vittorio

Ghielmi und Il Suonar Parlante, Alessandro De Marchi und das Innsbrucker

Festwochenorchester sowie die Akademie für Alte Musik Berlin. Erstmals

in Potsdam zu hören sind das französische Orchester Les Épopées, das

{oh!} Orkiestra Hystoryczna aus Katowice und das Quatuor Cambini-Paris.

Viele junge Gesichter kommen mit dem Teresia Orchestra, dem Jugendbarockorchester

der EU, und den Teilnehmern des Lunchkonzert-Wettbewerbs

nach Brandenburg.

www.musikfestspiele-potsdam.de

Interview

Wir sprachen mit Prof. Dorothee

Oberlinger, der Intendantin der Musikfestspiele

Potsdam Sanssouci.

© Stefan Gloede

Sie sind künstlerische Leiterin der

Musikfestspiele Potsdam Sanssouci,

eines Festivals für Originalklang,

sind Professorin und stellvertretende

Leiterin des Instituts für Neue Musik

an der Universität Mozarteum Salzburg,

sind vielfältig und in wechselnden

Formationen als Blockflötistin

und Dirigentin engagiert und haben

u.a. im Jahr 2009 mit dem Schweizer

Elektropop-Duo Dieter Meier und

Boris Blank (Yello) das Stück „Taklamakan“

für deren Album Touch

Yello aufgenommen. Ein breites Musikspektrum,

das Sie als Künstlerin

abdecken! Wie sind Sie verortet,

welchen Reiz und Inspiration ziehen

Sie aus der musikalischen Vielfalt in

Ihrem Tun?

Dorothee Oberlinger: Ich war seit

dem Studium immer schon in der Neuen

wie der Alten Musik unterwegs, fand

(und finde) es auch erhellend, mich intensiv

mit der Aufführungspraxis Alter

Musik auseinanderzusetzen, aber auch

in den Kosmos der zeitgenössischen

Komponist:innen einzutauchen und das

Repertoire für mein Instrument stetig zu

erweitern.

Die Arbeit mit Boris Blank von Yello, die

Sie ansprechen, war enorm inspirierend.

Blank arbeitet mit ganz eigenen Kreationen

von elektronischen Klängen, mit

starken Bildern, dazu hat er mich ganz

ohne Noten improvisieren lassen und

dann aus dem Füllhorn des Materials

das Stück „Taklamakan“ komponiert.

Aber zurück zu Ihrer Frage nach meiner

Verortung. Natürlich spielt mein Instrument,

die Flöte, nach wie vor eine große

Rolle für mich, sie ist mein Sprachrohr,

mein Ausdrucksmittel und manchmal

sogar eine Art Mediationsinstrument,

mit dem ich ganz „bei mir“ sein kann.

Nach meinem Studium kam die Frage,

was ich jetzt beruflich mit meinem Flötenspiel

mache. Man muss als Blockflötistin

sein Berufsfeld ganz individuell

entwickeln, einen festen Job an einem

Orchester gibt es für dieses historische

Instrument ja nicht. Im Laufe der Jahre

entwickelte sich eine Melange aus meiner

Arbeit als Solistin mit Ensembles und

Orchestern, als Leiterin eines eigenen

Ensembles, als Pädagogin in der Konzertfachausbildung,

später als Dirigentin

und Festivalleiterin.

Heute kann ich sagen, dass sich die Felder

ideal gegenseitig beflügeln. Zum Beispiel

profitiere ich vom stetigen Austausch mit

der jüngeren Generation, der ich mein

Wissen vermitteln darf. Als Dirigentin

kann ich den Orchesterklang formen, als

Ensembleleiterin neue Projekte kreieren,

© Johannes Ritter

als Gast anderer Ensembles auf neue

Perspektiven und Musiker:innen treffen –

und die Erkenntnisse aus diesen Bereichen

können wiederum in die Dramaturgie

des Festivals einfließen.

Die Tendenz geht in der Musikausbildung

heute immer mehr in Richtung Spezialisierung.

Dabei finde ich eine breitere

Aufstellung gar nicht schädlich, auch

nicht für die Verfeinerung des Ausdrucks

und der Instrumentaltechnik. Ganz im

Gegenteil. Eine Erweiterung des Horizonts

über das Instrument hinaus kann

beflügeln.

Zur Barockzeit war das Multitasking

auch oft die Regel. Händel war z.B. nicht

nur Komponist, er war hervorragender

Cembalist und Organist, dazu Intendant

eines Opernhauses und riss noch die Karten

am Eingang selbst ab.

Wir stoßen bei unseren Recherchen

immer häufiger auf Künstler:innen,

die genreübergreifend denken, arbeiten

und sich zu Hause fühlen. Wie

nehmen Sie dies wahr, und ist dieses

sich künstlerisch über Grenzen Hinwegsetzen

primär die Suche nach

der künstlerischen Herausforderung

oder auch die Tür zum Überleben in

der Musikbranche?

Dorothee Oberlinger: Das sogenannte

„Cross-over“ und stilistische „über den

Tellerrand schauen“ gab es irgendwo ja

schon immer in der Geschichte der Musik.

Denken wir an Telemann, der sich

von der polnischen Volksmusik in den

Pubs von Krakau inspirieren ließ, an

Purcell, der irische und schottische Tänze

in seiner Musik verarbeitete. An Händel,

der die italienische Oper als Deutscher

in London groß machte. An italienische

Komponisten der Endzeit der Renaissance,

die Madrigale ihrer Großväter

diminuierten, sie verzierten, aus dem

„alten“ Stoff eine neue Stilistik entstehen

ließen.

An Bach, der sich Drucke italienischer

Komponisten nach Hause bestellte und

Cembalosoli daraus arrangierte, mit

ganz eigenen Verzierungen.

Ich will damit sagen: Das Philosophieren

über das historische oder das stilistisch

fremde Material, die intensive, auch musikologische

Auseinandersetzung mit historisch

informierter Aufführungspraxis

und letztendlich der Vergangenheit, das

Arrangieren, das Ausloten von Stilistik

ist keine moderne Erfindung des heutigen

„Musikbetriebs“.

In Potsdam steht der Originalklang seit

Gründung des Festivals im Zentrum, der

sprechende und sinnliche Klang originaler

Instrumente, mit denen historische

Werke adäquat im wahrsten Sinne des

Wortes lebendig werden können – und

zum „Originalklang“ zählt auch der

Klang Neuer Musik frisch aus der Feder,

Improvisation, Jazz und Volksmusik,

Weltmusik.

Im Profil Ihres Festivals steht die

Öffnung der Alten Musik in den

Jazz, die Weltmusik und die Neue

Musik wie das kreative Zusammenspiel

der verschiedenen Kunstformen

in interdisziplinären Konzepten. Wie

sieht dies konkret aus und wie spiegelt

sich dieser Leitgedanke im Programm

2023?

Dorothee Oberlinger: Beim Fahrradkonzert

am 18.06. kann man radelnd

interdisziplinäre Konzepte erfahren, z.B.

den Potsdamer Schauspieler und Tangotänzer

Michael Ihnow mit historischer

Traversflöte und Akkordeon, Breakdance

auf dem BMX-Rad und eine alte griechische

Doppelflöte, ein Jazztrio oder mit

dem Ensemble BACH BY BIKE mitfahren.

Beim Waldbaden kann man dem

Spirit der Wandervogel-Bewegung und

dem Chorsingen in der Natur wieder

ganz neu und interaktiv begegnen, mit

Chorgesang der Romantik, aber auch

Wald-Guides, die Neues über das Ökosystem

Wald berichten.

In meinem neuen Programm mit Nils

Mönkemeyer spannen wir z.B. den Bogen

von Hildegard von Bingen über Morton

Feldmann und John Cage zu improvisierter

schottischer Volksmusik bis hin zu uns

gewidmeten Kompositionen der Griechin

Konstantia Gourzi und einer von den

Festspielen beauftragten Uraufführung

des Taiwanesen Wen Cheng Wei.

Dadurch entwickeln sich neue Ideen,

Projekte und Freundschaften. Das

passt perfekt zu Ihrem diesjährigen

Festivalmotto „In Freundschaft“!

Was hat es mit dem Thema auf sich?

Das Motto „In Freundschaft“, mit dem

wir uns nach der Isolation während die

Pandemie beschäftigen wollten, um

die Bedeutung des Miteinanders neu zu

bewerten, hat durch den Angriffskrieg

Russlands einen brisanten neuen Akzent

bekommen. Schon in der Antike werteten

die Philosophen die Art, wie wir mit unseren

engsten Freunden Umgang pflegen,

als eine Keimzelle der Gesellschaft und

grundlegend für deren Qualität. Dem

Philosophen Montaigne gab sie einen

Grund zu leben, und in der Romantik

war sie der Königsweg, um im Briefwechsel

gemeinsam die Welt zu begreifen.

Auch wenn die Beteiligten selbst oftmals

gar nicht sagen können, was genau sie

zueinander gebracht hat, gehören zu einer

Freundschaft immer Sympathie und

Vertrauen. Bei den Musikfestspielen geht

es dieses Jahr um die frei gewählten zwischenmenschlichen

Beziehungen (etymologisch

schwingt das Wort „frei“ als

Wurzel im Wort „Freundschaft“ mit),

die Wahlverwandtschaft (auch der Beziehung

unter wirklich Verwandten),

das fruchtbare Duo, die Hommage an

bewunderte Vorbilder und das Tombeau

als Ehrenmal und Bekenntnis zu bereits

verstorbenen Genies. Daneben werfen sie

auch einen Blick auf spannungsvolle Facetten,

die Konkurrenz, die in Eifersucht

umschlagende Liebe. Das Programm

zeigt quer durch 800 Jahre Musikgeschichte

Erzählungen davon, was Menschen

aufeinander zugehen und aufrichtig

befreundet sein lässt.

Wie wichtig ist die programmatische

Öffnung und Diversifizierung für die

Musikfestspiele Potsdam Sanssouci?

Die „Festspielfamilie“ unserer Künstler:innen

ist sehr bunt und divers, man

kann sagen, sie spiegelt die seit Jahren

gewachsene äußerst kreative und vielfältige

Freelancing-Szene des Originalklangs

wider, und es kommen auch durch unser

Konzept der „Lunchkonzerte“ immer

wieder neue junge Künstler:innen dazu,

die ganz neue Ansätze einbringen, z.B.

der Tänzer und Barockgeiger Yves Ytier,

der für die Festspiele ein neues Projekt

mit den „RosenTanzsonaten“ kreierte.

Inhaltlich gesehen: Vieles ist unerhört

und meist nicht Mainstream-Repertoirekanon,

sondern es geht um Wiederentdeckungen,

Improvisation, Musik vom Mittelalter

bis heute von Komponist:innen,

mit internationalen Solist:innen und

Ensembleleiter:innen.

DAS GESPRÄCH FÜHRTE KAI GEIGER.


36 | Neue Musik

NEUE MUSIK

MELBA | arttourist.com Jazz | Neue Musik | Elektro | 2023

ven des Hörens, der zeitgenössischen Musik

und des Klangs, öffnet das Festival mit Konzerten,

Performances, Musiktheater, installativen

und diskursiven Formaten einen Raum

gemeinsamen Erlebens.

www.berlinerfestspiele.de

Atmo Glatt&Verkehrt 2018_ Lukas Kranzelbinder &

Simon Mayer, Shake Stew & Sons Of Sissy

© Sascha Osaka Glatt&Verkehrt

Krems an der Donau (A)

Festival Glatt&Verkehrt

„Das Lied bleibt“

14. – 30.7.2023

Die Kraft des Geschichten-Erzählens spinnt

sich wie ein roter Faden durch das vielfältige

Programm von Festival Glatt&Verkehrt Nr. 27.

„Menschen, die protestieren, können inhaftiert

werden. Aber der Protest selbst lässt sich nicht

einsperren. The Singer, not the Song.“ (Albert

Hosp, Festivalleiter).

Ein zweiter Themenstrang führt nach Osten,

von der Slowakei über die Türkei bis in den Iran.

Das Festival für spannende Musikideen aus allen

Erdteilen ohne stilistische Schubladen bietet

auch 2023 eine Bestandsaufnahme davon, was

Musizieren auf der Basis von Traditionen heute

bedeuten kann.

Aus dem Programm:

15. Juli, Schloss zu Spitz:

Corina Sîrghi & Taraful Jean Americanu

Das Quintett zaubert das Flair der verrauchten

Bukarester Salons der Zwischenkriegszeit ebenso

auf die Bühne wie das der extravaganten Mahala-Blockpartys

der 1990er-Jahre.

28. Juli, Winzer Krems: El Khat

Sechs Musiker:innen aus Tel Aviv schaffen eine

süchtig machende retrofuturistische Mischung

aus alten yemenitischen Liedern, zeitgenössischen

Grooves und selbstgebauten Instrumenten.

www.glattundverkehrt.at

© Dirk Letsch

Brandenburg (D)

Brandenburgisches Fest

der Neuen Musik

„intersonanzen”

18. – 22.5.2023

„Der Wandel des Jetzt“ – über den Faktor

Zeit in zeitgenössischer klingender Kunst.

Dem möchten die „intersonanzen“ 2023 in

diversen Konzerten mit unterschiedlichsten

Formaten – „Brückenkonzerten“, einer

Klangkunst- und Partitur-Ausstellung, einem

Symposium, einem Soundwalk, einer

„RadKlangTour“, einem Workshop inkl. Aktionstag

zweier Gymnasialklassen sowie in

„KlangWandeln“ und regelmäßigen Diskursgesprächen

– nachgehen.

www.neue-musik-brandenburg.de

Lääne-Harju vald, Harjumaa (EST)

Arvo Pärt Centre

Das Arvo Pärt Centre vereint das persönliche

Archiv des Komponisten mit einem Informations-

und Musikzentrum. Es ist ein offener

Treffpunkt für Musiker:innen, Forscher:innen

und Musikliebhaber:innen – für alle, die sich

für die Musik und die Ideenwelt von Arvo Pärt

interessieren. Es wurde von Arvo Pärt und seiner

Familie mit dem Ziel gegründet, Möglichkeiten

zur Bewahrung und Erforschung des

kreativen Erbes des Komponisten im Kontext

Arvo Pärt | © Birgit Püve

seiner Muttersprache in Estland zu schaffen.

Das Zentrum befindet sich in Laulasmaa, 35 Kilometer

von Tallinn entfernt, auf einer Halbinsel

mit herrlicher Natur in einem Kiefernwald

in Meeresnähe. Das Gebäude mit einzigartiger

Architektur stimmt mit der schöpferischen

Einstellung Arvo Pärts überein und ist für alle

an Musik Interessierte geöffnet. Im Gebäude

befinden sich das persönliche Archiv, eine Bibliothek,

ein Konzertsaal mit 150 Plätzen, ein

Ausstellungsbereich, ein Videoraum und Unterrichtsräume.

Das Arvo Pärt Centre bietet ein

ganzjähriges Programm mit Konzerten, Ausstellungen,

Seminaren und Meisterklassen.

www.arvopart.ee/en/

© Annette Fischer

Basel (CH)

Gare du Nord

Von Zeit zu Zeit

Die Reihe „Von Zeit zu Zeit“ widmet sich dem

Spannungsfeld zwischen Alter und Neuer Musik.

Auf der Reise durch die Jahrhunderte kreieren

die Ensembles erstaunliche musikalische

Zusammenhänge –musikalische Gedankengänge

zwischen Mittelalter und Gegenwart.

Gare du Nord ist ein kuratierter Produktionsund

Aufführungsort für die Schweizer und

internationale zeitgenössische Musikszene. In

rund 100 Veranstaltungen pro Saison präsentieren

junge und erfahrene Profimusiker:innen,

Komponist:innen und Sänger:innen unterschiedliche

Abende mit komponierter, improvisierter

Musik, Musiktheater und Klanginstallationen.

Gare du Nord bietet ein breites

Spektrum von zeitgenössischer Kammermusik

über elektronische Musik bis hin zu interdisziplinären

performativen Formaten.

Nachtstrom

„Nachtstrom“ ist elektrisierende, frühestens

zum Sonnenuntergang einsetzende Klangforschung

und zeigt verschiedenste Formen der

elektronischen Musik auf der Bühne: Live-

Elektronik, akusmatische Musik, audiovisuelle

Werke, Improvisation etc.

Die Nachtstrom-Konzerte werden vom Elektronischen

Studio Basel veranstaltet, das Teil

der Hochschule für Musik FHNW ist. Die Zusammenarbeit

zwischen dem Elektronischen

Studio Basel und Gare du Nord besteht seit

den Anfängen des Gare du Nord im Jahr 2002.

Vier bis sechs Konzerte pro Saison finden jeweils

um 21 Uhr im Gare du Nord statt. In den

Konzerten präsentieren Studierende des Elektronischen

Studio Basel ihre neuesten Stücke

und können somit Erfahrungen in Aufführungssituationen

sammeln. Des Weiteren werden

Gäste aus der Schweiz und dem Ausland

eingeladen, aktuelle Werke zu präsentieren.

www.garedunord.ch

www.garedunord.ch

© Carlos Juica / silent green

Berlin

Future Soundscapes Festival 2023

22. – 23.9.2023

Mit dem Future Soundscapes Festival kuratiert

und veranstaltet das silent green eines der ambitioniertesten

Festivals und erfolgreichsten

Projekte des Kulturquartiers in Berlin-Wedding.

Während die Geschichten und Bildwelten

der Science-Fiction fest im kollektiven Gedächtnis

verankert sind, widmet sich Future

Soundscapes dem Sound als Mittel zur Gestaltung

zukünftiger Welten – sei es als Geräusch,

als Klang oder als Musik.

In diesem Jahr findet die bereits vierte Ausgabe

des interdisziplinären Festivals statt. An

zwei Tagen erkunden Künstler:innen aus der

elektronischen Musik, der Medienkunst und

der Sound Art die Zukunft des Hörens. Im Zusammenklang

mit einem Diskurs- und Filmprogramm

widmen sich alle Beiträge einer

Frage: Wie klingt die Zukunft?

www.future-soundscapes-festival.de

www.silent-green.net

© inm – initiative neue musik berlin e.V.

Berlin

inm – initiative neue musik berlin e.V.

Die inm – initiative neue musik berlin e.V.

bündelt und vertritt als Dachverband der freien

Szene der neuen Musik die Interessen der

Akteure der Berliner Szene gegenüber Politik

und Verwaltung. Sie ist als Förderinstitution

ein wichtiger Bestandteil der Berliner Kulturlandschaft

und trägt als Trägerin des field notes

Programms zur Stärkung der Sichtbarkeit

und Professionalisierung der zeitgenössischen

Musikszene bei. Die inm – initiative neue

musik berlin e.V. wurde 1991 kurz nach dem

Mauerfall gegründet. Sie etablierte ein aktives

kulturpolitisches Forum für Akteur:innen

der Neuen Musik in Berlin. Im offenen Dialog

hat sie es verstanden, die vielfältigen, oft

unterschiedlichen Interessen der Szene zu

bündeln. Veranstalter:innen, Ensembles und

Komponist:innen finden seither in der inm

stets eine verlässliche Partnerin.

www.inm-berlin.de

Berlin

MaerzMusik

März 2024

MaerzMusik versteht sich als ein Ort des Austauschs

von künstlerischem Wissen durch

neue Begegnungen und geteilte Erfahrungen.

Entwickelt aus unterschiedlichen Perspekti-

Musikfest Berlin 23, Mirga Grazinyte Tyla

© Andreas Hechenberger

Musikfest Berlin

Das Musikfest Berlin

26.8. – 18.9.2023

Das Musikfest Berlin versteht sich als ein Forum

für die innovative künstlerische Arbeit

der großen Orchester und Ensembles im Bereich

der klassischen und modernen Musik.

Es präsentiert ein ambitioniertes Festivalprogramm

mit wechselnden Schwerpunkten.

Das Orchesterfestival der Berliner Festspiele –

veranstaltet in Kooperation mit der Stiftung

Berliner Philharmoniker – bildet jeweils im

Spätsommer den spektakulären Auftakt der

Berliner Konzertsaison. Die Vielfalt der heute

bestehenden Orchesterformationen hat sich

unter dem Einfluss der modernen Technologien

und in Kenntnis der historischen Aufführungspraxen

wesentlich erweitert. Das rund

dreiwöchige Festival widmet sich daher nicht

nur dem symphonischen Repertoire, sondern

insbesondere den bedeutenden, raren, vergessenen,

ungewöhnlichen und neuen Werken

aus Geschichte und Gegenwart. Das Musikfest

Berlin versteht sich als ein Forum für die

innovative künstlerische Arbeit der großen

Orchester und Ensembles des internationalen

Musiklebens.

www.berlinerfestspiele.de

Ultraschall Festival Eröffnungskonzert

Berlin

Ultraschall Berlin –

Festival für Neue Musik

von kulturradio vom rbb und

Deutschlandfunk Kultur

17. – 21.1.2024

Ultraschall Berlin – das Festival hat manche

Metamorphose durchlaufen. Und ist sich

doch in seinem Grundgedanken treu geblieben.

Von Anfang an war Ultraschall Berlin

ein Festival, das jüngst entstandene Werke

in einen musikhistorischen Kontext einbindet,

der bis zu den Anfängen der Nachkriegs-

Avantgarde zurückreicht, also mittlerweile

immerhin einen Zeitraum von mehr als 70

Jahren umfasst. In einem solchen historischen

Hallraum werden ästhetische Entwicklungen

erkennbar, lassen sich Generationenfolgen

und zyklische Bewegungen besser

nachvollziehen. Zwar hat in den letzten Jahren

die Zahl der Ur- und Erstaufführungen,

auch der vom Festival in Auftrag gegebenen

Werke, erkennbar zugenommen – dennoch

bleibt dieser doppelte Ansatz auch weiterhin

für das Festival gültig: aktuellen Tendenzen

der zeitgenössischen Musik ein Forum zu

bieten und zugleich diese aktuellen Produktionen

in einem musikgeschichtlichen Kontinuum

zu verorten.


MELBA | arttourist.com Jazz | Neue Musik | Elektro | 2023 Neue Musik | 37

Zugleich wird die Zerstreuung größer, sorgen

die sozialen Medien für eine Auflösung dessen,

was in Vorzeiten „Muße“ genannt wurde.

Auch die Neue Musik ist von diesen Strömungen

erfasst. Ein Festival wie Ultraschall Berlin

kann und will vor solchen Entwicklungen

nicht die Ohren verschließen. Gleichwohl

setzt das Festival hier ganz bewusst einen

Kontrapunkt zu Tendenzen der jüngeren Zeit.

Nicht die extensive zeitliche Ausweitung von

Hörfeldern, sondern die Intensivierung und

die Konzentration auf das genaue Hören ist

unser Ziel – ein Bekenntnis zum „kritischen

Hören“, einem selbstbewussten Hören und

Begreifen dessen, was zeitgenössische Künstler

zu sagen haben. Dafür ist die Qualität der

musikalischen Aufführung eine unverzichtbare

Voraussetzung. Erst die bestmögliche

Interpretation schafft die Möglichkeit, hinter

dem unmittelbar Klingenden das zu verstehen,

worum es – im Medium der Musik – den

Künstler:innen geht. Und so bürgen auch in

diesem Jahr wieder die eingeladenen Ensembles

für jene interpretatorische Qualität, die

uns immer am Herzen liegt.

www.ultraschallberlin.de

Dessau-Roßlau

Kurt Weil Fest

LEUCHTEN IM SCHATTEN

23.2. – 10.3.2024

Das Kurt Weill Fest findet jährlich seit 30 Jahren

statt. Es handelt sich um ein internationales

Musikfestival mit über 50 Veranstaltungen

an 21 Spielstätten und in vier Städten.

Es hat sich die Pflege des musikalischen Erbes

des Komponisten Kurt Weill (*1900 in Dessau

† 1950 in New York) zur Aufgabe gemacht und

setzt jährlich Maßstäbe in der lebendigen Pflege

des kulturellen Reichtums der Klassischen

Moderne, für die Kurt Weill ebenso steht wie

seine Geburtsstadt Dessau-Roßlau.

www.kurt-weill-fest.de

FBE Team © Maximillian Schachtner

Feet Become Ears

Contemporary Chamber Musi Series

„Take a walk at night. Walk so silently that the

bottom of your feet become ears“, lautet eine

der berühmten Sonic Meditations der amerikanischen

Komponistin Pauline Oliveros.

Diese aufgeschlossene Haltung eines achtsamen

Zuhörens und Musikmachens inspiriert

die Arbeit von Feet Become Ears, einer Gruppe

von Komponist:innen und Musiker:innen

aus Deutschland. Feet Become Ears möchten

eine internationale Gruppe gleichgesinnter

Künstler:innen zusammenbringen, um zeitgenössische

Kammermusik in einem einladenden,

subkulturellen Raum zu feiern. Mit einer

Reihe von Konzerten bauen sie auf den Ideen

von Komponist:innen der amerikanischen

Avantgarde des 20. Jahrhunderts wie Oliveros

auf und erforschen die Vergangenheit, Gegenwart

und Zukunft minimalistischer und postminimalistischer

Musik.

Feet Become Ears starten ihre Reihe für zeitgenössische

Kammermusik in der Saison

2022/23 mit vier verschiedenen Programmen.

Jedes wird zweimal stattfinden – einmal

in München im ZIRKA und einmal in

Leipzig in der naTo. Sie präsentieren neue

Werke von Komponist:innen wie Viktor Orri

Árnason, Friederike Bernhardt, Carlos Cipa,

Matīss Čudars, Aftab Darvishi, Fjóla Evans,

Ralph Heidel, Sophia Jani, Annamaria Kowalsky,

Simon Popp, Philipp Rumsch, and

Theresa Zaremba neben bekannten Stücken

von Komponist:innen wie Laurie Anderson,

Hildur Guðnadóttir, David Lang, Onuté Narbutaité,

Caroline Shaw, Ann Southam and

Pēteris Vasks.

www.feetbecomeears.com

Graz (A)

open music – eine Konzertreihe

aktueller Musik

Aktuelle Musik – dies auch im Sinne gegenwartsrelevanter

Kunst – steht seit mehr als

zwei Jahrzehnten im Fokus von „open music“.

Zahlreiche Grazpremieren und Uraufführungen

wie auch Projekte, die spielend traditionelle

Genregrenzen überwinden, finden sich

selbstredend wieder in vorliegendem Frühjahrsprogramm.

Formationen wie Still Head,

Trio Catch (neuerdings mit Martin Adámek

an der Klarinette, der bereits mit 19 Jahren

Soloklarinettist des Ensemble Intercontemporain

war), das Hank Roberts Trio und das Trio

BaarsBuisDeman sind dabei erstmals in Graz

zu Gast. Auf Einladung von „open music“

treffen mit dem jungen Österreicher Michael

Schwarzenbacher und dem bereits international

renommierten Dänen Andreas Booregard

zwei Akkordeonisten aufeinander, die zeitgenössische

Musik auch in Richtung Visuelles

und Performatives öffnen. Und nicht zuletzt

heben Klangforum Wien Musiker unter dem

Motto „Junge Stücke“ bereits zum vierten

Male Kompositionsaufträge von „open music“

aus der Taufe.

Keine Sommerpause vergönnt sich und Ihnen

heuer „open music“, denn das Programm wird

im Juli mit zwei spannenden Konzerten von

den Ensembles Schallfeld und NEKO3 fortgesetzt

– dies sodann im Rahmen des impuls

Festivals (www.impuls.cc) 2023, das von 23.7.

bis 3.8. täglich mit einer Vielzahl an Konzerten

und Diskursprogrammen und mehr als

200 internationalen Spitzenkräften wie auch

jungen Musiker:innen und Komponist:innen

Graz einmal als Zentrum zeitgenössischer Musik

erstrahlen lässt.

www.openmusic.at

Echoes of Mediterranean Babylon Orchestra

© Katharina Oppel

Hannover

KunstFestSpiele Herrenhausen

11. – 28.5.2023

Die KunstFestSpiele Herrenhausen in Hannover

sind ein jährlich stattfindendes internationales

und interdisziplinäres Festival, bei dem Musik

eine zentrale Rolle spielt. Auch für die 14. Ausgabe

des Festivals haben Intendant Ingo Metzmacher

und die Dramaturgie ein vielfältiges

Programm zusammengestellt, das Genregrenzen

überwindet und das Publikum zu einmaligen

künstlerischen Erfahrungen einlädt. Vom

11.5. bis 28.5.2023 präsentieren die KunstFest-

Spiele Musiktheater, Performances, Konzerte,

Tanz- und Theatervorstellungen sowie Installationen

internationaler Künstler:innen. Einige

der gezeigten Werke wurden speziell für die

Spielorte der KunstFestSpiele Herrenhausen in

Auftrag gegeben und entwickelt.

Die zentralen Spielorte des Festivals – die Galerie

und die Orangerie, der Große Garten und

das Arne Jacobsen Foyer – befinden sich in der

prachtvollen Kulisse der Herrenhäuser Gärten.

Die DHC-Halle in unmittelbarer Nähe der

Herrenhäuser Gärten hat sich mittlerweile als

neuer Spielort etabliert und wird auch dieses

Jahr wieder bespielt. Im zentralen Festivalzentrum

der KunstFestSpiele in den Herrenhäuser

Gärten treffen sich die Künstler:innen,

Mitarbeiter:innen und das Publikum in entspannter

Atmosphäre.

Highlight der KunstFestSpiele 2023 ist die Aufführung

von Gustav Mahlers selten zu hörender

Achter Symphonie im Kuppelsaal des HCC.

Am So., 21.5. bündeln die KunstFestSpiele erneut

die musikalischen Kräfte Hannovers: Unter

der Leitung von Ingo Metzmacher bringen

die hannoverschen Chöre zusammen mit der

NDR Radiophilharmonie, dem Orchester der

Hochschule für Musik, Theater und Medien

Hannover und einer Reihe renommierter internationaler

Solist:innen Mahlers „Symphonie

der Tausend“ zur Aufführung.

www.kunstfestspiele.de

Saunders Stasis © Klaus Gigga

Hellerau

4:3 Kammer Musik Neu

17. & 18.11.2023

Seit 2018 präsentiert das Festival „4:3 Kammer

Musik Neu“ in HELLERAU jährlich im

November experimentelle, zeitgenössische

Musik und aktuelle Kunst, die sich Verhältnissen

und Konstellationen von Räumen, künstlerischen

Parametern oder auch zwischen

Künstler:innen und Rezipient:innen widmet.

Mit Ensemble Decoder, AuditivVokal Dresden,

Ensemble Modern u.a. standen seither Uraufführungen

und Adaptionen z.B. von Rebecca

Saunders, Alexander Schubert, Robert Henke,

Shiva Feshareki oder Ragnar Kjartansson auf

dem Programm.

www.hellerau.org

Kloeckner Benedict © Marco Borggreve

Hitzacker

78. Sommerliche Musiktage Hitzacker

– Hi.Mozart –

29.7. – 6.8.2023

Das Motto „Hi.Mozart“ offenbart sofort, wer

2023 im Fokus der Sommerlichen Musiktage

steht. Doch dies – da bleibt sich das Festival

treu– nicht ohne Begegnung mit zeitgenössischer

Musik. Das Programm für die 78. Saison

von Deutschlands ältestem Kammermusikfestival

beinhaltet international renommierte

Künstler:innen, von denen viele gerade auch

für ihre Mozartinterpretationen berühmt sind:

unter ihnen Isabelle Faust und Alexander Melnikov,

Antje Weithaas, Anna Lucia Richter,

Jörg Widmann, Matthias Kirschnereit, Dénes

Várjon, Garth Knox, Sarah Maria Sun, das Cuarteto

Casals, das Atos Trio und das Kuss Quartett,

das Wiener Glasharmonika Duo sowie

weitere Überraschungsgäste. Das Festival wagt

sich an den Komponisten heran, den die ganze

Welt verehrt, unendlich bewundert und vor

dem man zuweilen erschreckt. „Kaum einer

wurde im Laufe der Zeit wohl unterschiedlicher

interpretiert als er, dessen Kunst uns stets

erfrischt, überrascht und überwältigt“, so Intendant

Wille. „Welche innovativen Kräfte im

Schaffen Mozarts noch heute kreative Reflexe

auslösen? Das wollen wir erkunden.“

www.musiktage-hitzacker.de

Robert Vater © kgnm wft

Köln

Kölner Gesellschaft

für Neue Musik e.V.

Neben der Tätigkeit als Konzertveranstalterin

organisierte die kgnm in Zusammenarbeit

mit anderen Kölner Institutionen auch

musikwissenschaftliche Symposien, deren

Ergebnisse über Köln hinaus einer breiteren

Öffentlichkeit vorgestellt werden. Seit 1992

gibt die kgnm alle zwei Monate den Veranstaltungskalender

„neue musik – termine“ heraus,

der sich in Kooperation mit ON – Neue

Musik Köln erst zur „karlheinz“ und dann seit

2022 zum nrw-weiten Szenemagazin „NOIES“

entwickelte. 1999 ging aus einem Arbeitskreis

der kgnm der Initiativkreis freie Musik (IFM)

Köln hervor, ein spartenübergreifender Zusammenschluss,

der die kulturpolitischen Interessen

der freien Musikszene Kölns vertritt

und in dem die kgnm nach wie vor personell

und logistisch stark engagiert ist. Mit der Zeit

hat sich ein extensives Archiv an Programmheften

und Briefen angehäuft, das im November

2022 dem Historischen Archiv der Stadt

Köln übergeben wurde und somit der breiten

Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird. Die

Noten und Tonträger werden im Jahr 2023 in

Kooperation mit der HfmT Köln katalogisiert.

Seit 100 Jahren schlägt das Herz der kgnm von

& für virtuose / profilierte / heranwachsende /

spezialisierte / moderne / neue Musiker:innen

& Komponist:innen sowie multi- / media- /

trans- / tutti-disziplinäre Schauplätze sowie

experimentelles Denken / Schreiben / Aufführen

/ Spielen / Entdecken.

www.kgnm.culturebase.org

FORWARD OUTER SPACE LFCO PLANETARIUM

© PETER FISCHLI, LUCERNEFESTIVAL

Luzern (CH)

FORWARD-FESTIVAL ENTDECKEN

17. – 19.11.2023

Alljährlich im November bietet Lucerne Festival

Forward der Gegenwartsmusik eine Bühne

und gibt den Musiker:innen der jungen Generation

eine Stimme. Ausgangspunkt ist die

Idee, das über die Jahre gewachsene internationale

Netzwerk der Lucerne Festival Academy,

das heute mehr als 1.200 Künstler:innen

umfasst, als kollektives Mastermind zu nutzen.

Und das in mehrfacher Hinsicht: Die

Konzerte werden nicht nur vom Lucerne

Festival Contemporary Orchestra (LFCO) gestaltet,

unserem Exzellenzorchester für die

Aufführung neuer und neuester Musik. Ausgewählte

Contemporary Leaders aus dem

Academy-Netzwerk entwickeln überdies als

Kurator:innen das Programm. Dabei gehen

sie neue Wege, um den Graben zwischen der

sogenannten „Neuen Musik“ und dem Publikum

zu schließen: Sie suchen den Kontakt

mit den Hörer:innen, erproben ungewohnte


38 | Neue Musik

MELBA | arttourist.com Jazz | Neue Musik | Elektro | 2023

Konzertformate, rücken weniger bekannte

Stimmen und ästhetische Positionen des zeitgenössischen

Musikschaffens in den Fokus

und mischen bewusst Nationalitäten, Generationen

und Geschlechter.

www.lucernefestival.ch

MIET+, Adrian Pereyra und Ruben M. Santorsa,

NAMES Ensemble Salzburg mit Salome

Kammer, Coco Lau und Ansgar Theis und das

Innsbrucker Ensemble Walzerklang.

www.adevantgarde.de

Barbara Frey, 2021 © Daniel Sadrowski

SCHOLA HD © Thilo Ross

Metropolregion Rhein-Neckar

2. Biennale für Neue Musik

28.4. – 7.5.2023

Endlich ist es so weit: Die BIENNALE für Neue

Musik geht 2023 in die zweite Runde.

Dabei war der Start der ersten BIENNALE wegen

der Pandemie 2021 zunächst um einige

Monate verschoben worden und musste selbst

dann noch überwiegend digital stattfinden.

Anders nun der zweite Durchgang des Festivals,

der vom 29.4. bis 7.5.2023 wiederum an

verschiedenen Orten in der Metropolregion

Rhein-Neckar stattfinden wird.

Erstmals beteiligen sich auch die Schwetzinger

SWR Festspiele, die die BIENNALE am 29.4.

gleich mit einem Doppelkonzert eröffnen.

An neun Festivaltagen finden anschließend

Konzerte des Nationaltheaters Mannheim,

der Gesellschaft für Neue Musik Mannheim,

des Theaters und Orchesters Heidelberg, der

Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz, des

Ernst-Bloch-Zentrums sowie des KlangForums

Heidelberg statt und entwerfen eine Übersicht

der vielfältigen Strömungen und Landschaften

der Neuen Musik.

www.biennale-neue-musik.de

Ensemble Via Nova © Guido Werner

München

17. aDevantgarde-Festival

BIEDER_MEIER_X

17.6. – 2.7.2023

Zum 17. Mal findet in diesem Sommer in

München die aDevantgarde – Festival der

Komponist:innen statt. Alexander Strauch

und Markus Lehmann-Horn haben ein Programm

zusammengestellt, das die beiden

Jahre der Pandemie und ihre Wirkung auf das

künstlerische Schaffen von Musiker:innen

und Komponist:innen reflektiert. Welche Formen

der Biedermeierlichkeit sind in unser Leben,

unseren Alltag eingezogen? Oder waren

sie schon immer da? An sieben Abenden sind

neugierige Zuhörer:innen in die Seidlvilla, ins

schwere reiter, in die Bayerische Akademie der

Schönen Künste und ins Einstein Kulturzentrum

eingeladen, zum Sich-überraschen-Lassen,

zum Innehalten, zum Genießen und auch

zum Lachen. Unter den Protagonist:innen

sind bekannte Player und neue Gesichter,

wie das Minguet Quartett und das Zentaur-

Quartett, Trio Abstrakt und ensemble recherche,

Phönix-3, ensemble via nova & Ensemble

Gianmario Borio © Matteo De Fina

München

„HAPPY NEW EARS“-INITIATIVE

der Hans und Gertrud Zender-Stiftung

In Anlehnung an eine prägnant-ironische

Aufforderung John Cages zu vorurteilsfreiem

Hören hat der Komponist, Dirigent und Musikschriftsteller

Hans Zender eine Initiative

der Hans und Gertrud Zender-Stiftung „Happy

New Ears“ genannt. Seit 2011 vergibt die Stiftung

in Zusammenarbeit mit der Bayerischen

Akademie der Schönen Künste, der musica

viva und BR-KLASSIK des Bayerischen Rundfunks

alle zwei Jahre eine mit dem Cage-Wort

betitelte Auszeichnung: den „Happy New

Ears“-Preis. Er teilt sich auf in einen Komponistenpreis

und einen Preis für Publizistik

zur Neuen Musik. Der Komponistenpreis ist

„gedacht für wagemutige und nicht am unmittelbaren

Erfolg orientierte Kollegen“, der

Preis für Publizistik zur Neuen Musik „möchte

Menschen danken, welche in ihrer Arbeit zum

Bilden ‚Neuer Ohren‘ beitragen.“

Liza Lim © Astrid Ackermann

Die Preise der Hans und Gertrud Zender-Stiftung

werden nicht ausgeschrieben, eine Bewerbung

ist ausgeschlossen.

Aktuelle Preisträger:

Liza Lim – Happy New Ears Preis für Komposition

Gianmario Borio – Happy New Ears Preis für

Publizistik zur Neuen Musik

www.br-musica-viva.de/

München

Tune 1—12.23

TUNE ist eine Serie kurzer Soundresidencies,

die zwischen den Feldern Sound, Musik und

visuelle Kunst angesiedelt sind. Die eingeladenen

Künstler:innen arbeiten genre-, epochenund

stilübergreifend und schaffen klangliche

Beiträge, die im Dialog mit dem aktuellen Programm

des Hauses der Kunst stehen.

2023 beginnt das TUNE-Programm mit einer

radikal freien musikalischen Darbietung von

Alvin Curran, mit der er die Grenzen der Improvisation

auslotet und sein Publikum sowie seine

Produktionsbedingungen thematisiert. Seine

Arbeit schafft einen Freiraum für ein intensives

Gemeinschaftserlebnis und für etwas, das Curran

einen „schlichten musikalischen Vulkanismus“

nennt, der oft im Rahmen einer Auseinandersetzung

mit dem eigenen politischen und

sozialen Kontext in Erscheinung tritt. Curran

knüpft mit seiner Arbeit an die Werke von Joan

Jonas an, mit der er seit Langem kooperiert und

mit der er seine Leidenschaft für Spontaneität,

nicht-lineare Strukturen und Assemblagen teilt.

HDK, Tune, Jerome Ellis © Gabriela Neeb

Post-Punk, Dub, Metal, Free Jazz und experimentelle

Elektronik sind Musikrichtungen,

mittels derer im TUNE-Programm die Grenzen

zwischen Komposition und Improvisation

verwischt werden. Rohe Emotionen und ihr

Ausdruck bilden einen roten Faden, der durch

gruppendynamische Prozesse und kreative Intuition

freigesetzt wird. Inspiriert von Meredith

Monks Schaffen liegt das Hauptaugenmerk auf

der Stimme und dem unmittelbaren Ausdruck,

wobei Erstere in ihrer ganzen Kraft und Vulnerabilität

zur Geltung kommt. Lyrik, Neo-Blues,

Soul und R&B leiten zu Selbstreflexion und Intimität,

während der Raum zwischen dem Klang

und der Bedeutung der Worte erkundet und das

Ursprüngliche und Instinkthafte freigelegt wird.

Wie im Werk von Katalin Ladik wirkt die Unbeständigkeit

hier als generative Kraft, die einen

Raum schafft, der nicht statisch oder übermäßig

definiert, sondern offen und voller Potenziale

ist. Der Körper ist hierbei ein Instrument, aus

dessen Tiefen die Musik entspringt.

Eingeladene Künstler:innen für 2023: Ihor Okuniev,

Alvin Curran, Standing on the Corner,

Lifetones, Phew, Nina, Still House Plants, Exotic

Sin, Dawuna, Katalin Ladik, KeiyaA und Duma.

Kuratiert von Sarah Miles.

www.hausderkunst.de/tune

Between Music Aqua Sonic Nanna Bec

© Charlotta de Miranda

Odense (DK)

Between Music

Between Music creates and produces unique

art projects and innovative performance concerts

in a hybrid of music, live performance,

visual arts, architecture and new technology.

The group masters a vast range of aesthetics,

skills and genres, but finds the most potential

in the ever-fluctuating spaces between them.

Under the heading ARS HUMANA, our work

and artistic research revolves around four

aspects of Human Nature: Being, Instinct,

Emotion, Intellect. This theme-based research

derives from a deep desire to uncover what

we have in common as human beings – regardless

of religious, cultural and societal differences.

Embedded in each of us lies a deep

knowledge and experience with the world

that transcends boundaries and goes beyond

words. ARS HUMANA is our artistic framework

for unlocking this intuitive, emotional,

and corporeal knowledge.

www.betweenmusic.dk

Bochum

Ruhrtriennale 2023

10.8. – 23.9.2023

in Bochum, Dortmund, Duisburg und

Essen

Von Donnerstag, 10. August bis Samstag, 23.

September bespielt die Ruhrtriennale die ehemaligen

Industriemonumente der Metropole

Ruhr in den Städten Bochum, Dortmund, Duisburg

und Essen. Das jährliche Festival begeistert

mit Schauspiel, Musiktheater, Konzert, Tanz,

Performance, Installationen, Lesungen und Begegnungs-Angeboten,

sucht stets den künstlerischen

Grenzgang und fasziniert mit den besonderen

Spielstätten. Die diesjährige Ruhrtriennale

ist die dritte Ausgabe unter der auf drei Jahre

angelegten Intendanz der Schweizer Regisseurin

Barbara Frey, jüngst erst mit der höchsten Theaterauszeichnung

der Schweiz als außergewöhnliche

Künstlerin und umsichtige Intendantin

gewürdigt.

Die Ruhrtriennale, deren Zentrum in der Regel

die Jahrhunderthalle Bochum ist, lädt zur Begegnung

mit einer Vielzahl von Kunstschaffenden

sowohl aus aller Welt als auch der Region ein. Mit

starken Themensetzungen und flankiert durch

Vermittlungsangebote sowie Kooperationen mit

verschiedenen Medien- und Kulturpartnerschaften

zählt die Ruhrtriennale zu den renommiertesten

Festivals seiner Art in Deutschland.

www.ruhrtriennale.de

© Festival Rümlingen

Ascona und Valle Onsernone (CH)

Finisterre – Festival für Neue Musik

im Tessin

28.7. – 1.8.2023

Finisterre ist ein Festival über viereinhalb Tage.

Es nimmt das Publikum mit auf eine Pilgerreise

durch Landschaften gescheiterter und gelungener

Lebensentwürfe. Auf den Spuren der Wahrheitssuchenden

vergangener Zeiten gelangt das

Publikum vom Monte Verità über den Lago

Maggiore hinein ins Onsernone-Tal bis zu den

Bagni di Craveggia. Für dieses ungewöhnliche

musikalische Abenteuer mit Konzerten, Musiktheater

und Klanginstallationen hat sich das Festival

Neue Musik Rümlingen (BL) mit der Associazione

Olocene (Valle Onsernone, TI) und dem

Teatro del Tempo (Vacallo, TI) zusammengetan.

www.neue-musik-ruemlingen.ch

future lab 2023, Schallfeld Ensemble © Maria Frodl

Schwaz (A)

Klangspuren Schwaz

30 x Klangspuren

7. – 24.9.2023

Das Tiroler Festival für Neue Musik KLANG-

SPUREN SCHWAZ feiert 2023 unter dem Motto

„Preview – Review“ seine 30. Festivalausgabe (7.

– 24.9.2023). Rückblick und Vorausschau wirken

als Subtext, der gleichermaßen die einzelnen

Konzerte wie auch die Vergangenheit mit der

Gegenwart in einen Dialog bringt. Nicht der nostalgische

Blick auf viele Jahre Konzertgeschehen

bei KLANGSPUREN steht anlässlich des 30-jäh-


MELBA | arttourist.com Jazz | Neue Musik | Elektro | 2023 Neue Musik | 39

rigen Jubiläums im Fokus, sondern die kritische

Befragung der Vergangenheit und die Auseinandersetzung

mit der Gegenwart, die durch einen

tiefgreifenden und krisenhaften Wandel geprägt

ist. Darauf reagiert das Festival mit Diversität,

großer Offenheit, Neugierde, einer auf Kooperation

ausgerichteten Haltung und vor allem auf

musikalisch-ästhetischer Ebene.

Seit der Gründung bestand die Idee, dass ein

Festival über die Präsentation gegenwärtiger

Musik hinaus Raum für Begegnung, Vermittlung,

Austausch und neue Erfahrungen bieten

soll. KLANGSPUREN SCHWAZ realisiert dieses

Konzept 2022 mit der Akademie „Future Lab“,

die 2023 auf zwei Säulen steht. Das „Composers

Lab“ bietet Nachwuchskomponist:innen Raum

zur kreativen Reflexion und Spiegelung durch

erfahrene Komponist:innen. In diesem Jahr sind

das Chaya Czernowin und Klaus Lang, die gemeinsam

mit den Teilnehmer:innen und dem

Schallfeld Ensemble, Ensemble in Residence

2023, ihre speziell für dieses Ensemble geschriebenen

Werke erarbeiten. „konsTellation plus“,

die andere Säule der Klangspuren Akademie „Future

Lab“, wurde als eine Plattform zur Weiterbildung

und Professionalisierung hochbegabter

Musiker:innen, in Kooperation mit dem Tiroler

Landeskonservatorium, eingerichtet.

www.klangspuren.at

PONY-SAYS © JULIA SCHAEFER

Stuttgart

Musik der Jahrhunderte

Experimentell–Innovativ–Multimedial.

Musik der Jahrhunderte im Porträt

1978 gegründet, zählt Musik der Jahrhunderte

(MDJ) heute zu den international wichtigsten

Veranstaltern und Produzenten für zeitgenössische

Musik in Europa.

Musik der Jahrhunderte (MDJ) zählt international

zu den wichtigsten Akteur:innen für die

Produktion, Interpretation und Veranstaltung

zeitgenössischer Musik. Im Zentrum ihrer Arbeit

steht das Management der Neuen Vocalsolisten

und die Realisation des Festivals ECLAT–zwei

zentrale Player in der Welt der aktuellen Musik.

MDJ verantwortet bis zu 80 Uraufführungen im

Jahr. In ihnen spiegeln sich die großen kulturpolitischen

Themen der Zeit sowie die aktuellen

technologischen Entwicklungen in den Künsten.

Zunehmend prägen hybride Formate das Programm

und damit einhergehend die Auflösung

des (Bühnen-)Raums, von Perspektiven und

Funktionen durch den Einsatz digitaler Medien.

www.mdjstuttgart.de

SÜDSEITE NACHTS

In dieser Konzertreihe von Musik der Jahrhunderte

wird dem Schrägen, Experimentellen, Unerwarteten

poetischer Raum gegeben. Hier laden

die Neuen Vocalsolisten, Ensemble Ascolta und

Gäste in ebenso konzentrierter wie informeller

Atmosphäre auf der Südseite des Theaterhauses

zu künstlerischen Ereignissen und informellem

Austausch ein. Spielort ist die vielseitige große

Probebühne P1.

SOMMER IN STUTTGART

Das Festival bietet seit 2007 insbesondere jungen

Komponist:innen aus der Stadt und der Region

eine perspektivenreiche Plattform für Experimentelles.

Regelmäßig dabei sind die Neuen Vocalsolisten

und Ensemble ASCOLTA.

ECLAT, POETRY-AFFAIRS, DORNIER BARNAS

© MARTIN SIGMUND

ECLAT

31.1. – 4.2.2024

ECLAT Festival Neue Musik Stuttgart ist jung,

innovativ, interdisziplinär – zu erleben alljährlich

in der ersten Februarwoche im Theaterhaus

Stuttgart und seit 2021 live im WorldWideWeb.

ECLAT bietet jungen Komponist:innen und

Künstler:innen ebenso eine Plattform wie den

Arrivierten.

www.eclat.org

Iiro Rantala © Jari Kivelä

Lübeck | Travemünde

CLASSICAL BEAT Festival

18. – 29.7.2023

Das siebte CLASSICAL BEAT Festival präsentiert

zwischen dem 18. und 29. Juli Crossover der

Extraklasse mit internationalen Künstler:innen.

Das diesjährige Thema ist „Kurs Nordic Sounds“

und versteht sich als eine musikalische Segelreise

rings um die Ostsee in Richtung Norden.

Unter der künstlerischen Leitung der drei Musiker

Bernd Ruf (D), Etienne Abelin (CH, USA)

und Pierre Bertrand (F), die ihre ganze Erfahrung

und ihr weit gespanntes Netzwerk einbringen,

konnten herausragende Künstler:innen für das

Festival 2023 gewonnen werden. Eröffnet wird

das Festival am 18. Juli von dem finnischen Ausnahmepianisten

Iiro Rantala. Auf Ihn folgen

u.a. der in Rom geborene und in Paris lebende

Schlagzeuger Simone Prattico und der österreichische

Geiger Yuri Revich. Das weltbekannte

schwedische A-cappella-Quintett The Real

Group beschließt das Festival in diesem Jahr.

Alle proben und spielen mit den Ensembles des

CLASSICAL BEAT Festivals, das sich aus jungen

Musiker:innen aus der ganzen Welt zusammensetzt.

Aus diesem Kreis ist vor zwei Jahren

auch das deutsch-französische Festivalorchester

unter der Leitung von Pierre Bertrand erwachsen,

das die deutsch-französische Achse und

Freundschaft musikalisch prägen soll. Unterstützt

werden die Musiker:innen hierbei von Joel

Chaussee, Stephane Chaussee und Steen Nicolaj

Hansen, die die Orchesterentwicklung professionell

begleiten. Auch in diesem Jahr findet im

Rahmen des CLASSICAL BEAT Festivals die geopolitische

Plattform PassatDIALOG statt. Neu im

Jahr 2023 ist das CLASSICAL BEAT Festival open

Air vor dem SLOW DOWN Hotel auf dem Priwall,

womit man ein jüngeres Publikum für das

Festival gewinnen möchte.

Das von der Stiftung Neue Musik Impulse

Schleswig-Holstein initiierte und 2017 erstmalig

als Pilotprojekt durchgeführte CLASSICAL

BEAT Festival ist ein Novum in der deutschen

Musikkultur-Landschaft. Der Grundgedanke

ist, neue Wege in der klassischen Musik zu erforschen,

Konventionen zu hinterfragen und

Grenzen zu überschreiten. Dafür verbindet das

Festival klassische Musik mit anderen Musikgenres

und sucht den Brückenschlag zur modernen

Clubkultur. Mit der Leitidee „CLASSICAL BEAT

ist Klassik am Puls der Zeit“ fördert das Festival

neue, andersartige und eigenständige Formen

im Umgang mit und der Darstellung von Klassik

und setzt auf Kreativität, Spielfreude, Professio-

MUSICAL BELONGINGS

Die lautten compagney BERLIN auf der Suche

nach einer postkolonialen Musikpraxis

2023/2024 wird das neu errichtete Humboldt-Forum

zum Ort von vier musikalischen

Begegnungen: Alte Musik aus Europa

trifft auf traditionelle Musik aus Indien, Lateinamerika,

China und der Karibik.

Die lautten compagney BERLIN, eines der

renommiertesten Ensembles für historische

Aufführungspraxis, fragt mit ihrem Projekt

MUSICAL BELONGINGS nach den Möglichkeiten

einer Musik

jenseits des kolonialen

Kanons.

Gemeinsam mit Musik -

er*innen und Komponist*innen

aus vier

Kulturen sucht das Orchester

nach einer transkulturellen

Praxis: Wie

lassen sich neue Töne

und hybride Formen

finden, die sich dem

Label der „Weltmusik“

entziehen? Welchen

Gemeinsamkeiten gibt

es zwischen indischen

Ragas und der europäischen

Ostinato-Praxis?

Die Musiker*innen reagieren

mit ihrem Projekt

auf die Sammlungen

des Ethnologischen

Museums und des Museums

für Asiatische

Kunst, in der sich auch

viele Instrumente und

das Phonogramm-Archiv

befinden. Im begleitenden

Diskurs wird

der postkoloniale Blick

auf die musikalische

Praxis des europäischen

Klassikbetriebs angewandt

und der Horizont

der jeweiligen Spielund

Produktionsweisen

verglichen, verhandelt,

erweitert.

Den Auftakt der Reihe

machen Konzerte am

16. und 17. Juni, in dem

zwei der wichtigsten indischen

Musikerinnen

unserer Gegenwart zu

KONZERTTERMINE:

Gast in Berlin sein werden: Die Geigerin Kala

Ramnath und die Veena-Spielerin Jayanthi

Kumaresh.

MUSICAL BELONGINGS # I

lautten compagney BERLIN meets

Indian Raga Music

Raga and Passacaglia

Mit Kala Ramnath (Violine) und Jayanthi

Kumaresh (Veena), Indien

16. und 17. Juni 2023,

Humboldt Forum, Saal 2

18:00 Musikalische Einführung

19:00 Konzert

20:30 Publikumsgespräch

MUSICAL BELONGINGS # II

lautten compagney BERLIN meets

Native Music from Latin America

Huaciascaita – Holy Experiments

10. und 11. November 2023,

Humboldt Forum, Saal 2

MUSICAL BELONGINGS # III

lautten compagney BERLIN meets

Chinese Classical Music:

Guzheng and Viola da Gamba

Erste Hälfte 2024,

Humboldt Forum, Saal 2

MUSICAL BELONGINGS # IV

lautten Compagney BERLIN meets

Carribean Punta Music:

Punta gegen Polly – How to decolonize

the Beggar’s Opera?

Zweite Hälfte 2024,

Humboldt Forum, Saal 2

Das Projekt MUSICAL BELON-

GINGS # I-IV 2023/24 wird gefördert

im Programm „Exzellente Orchesterlandschaft

Deutschland“ der

Beauftragten der Bundesregierung

für Kultur und Medien (BKM).

TICKETS

www.humboldtforum.org/LauttenCompagney

oder tickets@lauttencompagney.de

Kala Ramnath, bekannt für Fusion-Projekte

mit Hilary Hahn, hat ihren einzigartig singenden

Stil bei Guru Pandit Jasraj erlernt. Sie

kommt aus der nordindischen Hindustani-

Musiktradition.

Jayanthi Kumaresh, Vertreterin der karnatischen

Musiktradition Südindiens, spielt und

unterrichtet die Saraswati Veena, die indische

Laute. Das erste Konzertprojekt steht damit

im Zeichen einer doppelten

Begegnung: Nicht

nur Europas und Indiens

Lautenmusik, sondern

auch nord- und südindische

Musik treffen hier

aufeinander und zeigen

die ganze Vielfalt der alten

Tradition des Raga.

Im Zusammenspiel und

Kontrast zwischen Raga

und der europäischen

Tradition werden sich

neuartige Einblicke in

die Musik zweier Kontinente

ergeben. Man

darf gespannt sein, welche

hybride Musik sich

während des einwöchigen

gemeinsamen

Workshops ergibt!

Im begleitenden Diskursprogramm

werden Differenzen

und Ähnlichkeiten

verhandelt. Dazu

sind u.a. Lars-Christian

Koch (Direktor für die

Sammlungen der Staatlichen

Museen im Humboldt

Forum und Spezialist

für Indische Musik)

sowie Suddhaseel Sen aus

Mumbai eingeladen, Spezialist

für interkulturelle

Adaptionen zwischen

Indien und Europa. Die

lautten compagney BER-

LIN will mit diesem Projekt

zur Bildung einer globalen

Gesellschaft des 21.

Jahrhunderts beitragen,

ihre eigene Praxis befragen

und im Austausch

mit den eingeladenen

Musiker*innen beitragen zu einer postkolonialen

Musikpraxis, die diesen Namen verdient.

www.lauttencompagney.de


40 | Neue Musik

MELBA | arttourist.com Jazz | Neue Musik | Elektro | 2023

nalität und Emotionalität. CLASSICAL BEAT ist

Ort vieler spannender Begegnungen zwischen

etablierten, internationalen Künstler:innen und

neuen, jungen Talenten. Die Zusammenführung

all dessen in Musik und Erlebnis erschafft eine

neue Verbundenheit zwischen Menschen, Orten

und Welten.

www.classicalbeat.de

Jokers © Stanislas Augris

Ulm

Verein für moderne Musik

Ulm/Neu-Ulm e.V.

Der Verein wurde 1976 gegründet, um zeitgenössischen

Jazz und improvisierte Musik auf internationalem

Niveau in Ulm/Neu-Ulm zu etablieren.

Ziel war und ist es bis heute, neue und neueste

Strömungen zu präsentieren. Seither haben immer

wieder internationale Größen von Herbie

Hangock über Renaud Garcia-Fons bis Carla Bley

und aufstrebende junge Musiker:innen von Pablo

Held bis Trish Clowes beim Verein für moderne

Musik gastiert und den Verein zu einer der

ersten Adressen für zeitgenössische Musikformen

im südwestdeutschen Raum gemacht.

Mit dem Stadthaus kooperiert der Verein für moderne

Musik e.V. seit 1996.

www.verein-fuer-moderne-musik.de

Foto algemeen © Félice Hofhuizen

Utrecht (NL)

Gaudeamus Festival 2023

6. – 10.9.2023

Gaudeamus presents, stimulates and supports

the latest music by young music pioneers. The

concerts and activities of Gaudeamus, such as

the annual Gaudeamus Muziekweek festival, international

co-productions and the Gaudeamus

Award, are leading the way in contemporary

music. Gaudeamus scouts new talent and contributes

to its professional development. For more

than 75 years already Gaudeamus is breaking

new ground supporting music pioneers worldwide.

Gaudeamus knows how to present the music

of tomorrow to curious music lovers. Innovation

and progress come from the bottom up. That is

why Gaudeamus presents, stimulates and supports

the latest music by young music pioneers.

The annual Gaudeamus Muziekweek is the oldest

music festival in the Netherlands and takes

place in Utrecht since 2011. It is the international

meeting place for young composers and music

pioneers from all over the world.

www.gaudeamus.nl/en/

Weingarten

Weit! Weingarten 2023

17. – 19.11.2023

Rolf Riehm ist composer in residence bei weit!

weingarten 2023

Bild_33 Rolf Riehm © Rolf W. Stoll, sinusfoto.

com

Das neu aufgelegte Festival „weit! weingarten“

geht in sein drittes Jahr. Die Porträt-Reihe stellt

immer an einem November-Wochenende einen

Komponisten oder eine Komponistin in

den Mittelpunkt des Geschehens. Nach Toshio

Hosokawa (2021) und Sarah Nemtsov (2022) begrüßen

die Festivalmacher in diesem Jahr (17. –

19.11.2023) Rolf Riehm in Weingarten.

Rolf Riehm © Rolf W. Stoll, sinusfoto.com

Der 1937 in Saarbrücken geborene und in

Frankfurt a.M. aufgewachsene Riehm gehört

zu jenen Größen der Neuen Musik, die sich

mit ihrer Kunst stets politisch positionierten

und positionieren. Dabei agierte er meist abseits

der einschlägigen Avantgarde-Zirkel.

Francois Lyotard, Michel Foucalt und Niklas

Luhmann prägten sein ästhetisches Denken.

Riehm war 1976–1981 Teil des „Sogenannten

Linksradikalen Blasorchesters“, das von

Heider Goebbels gegründet wurde und sich

der Frankfurter Sponti-Szene zurechnete. Seit

Ende der 1980er-Jahre beschäftigt sich Rihm

immer wieder auch mit antiken mythischen

Stoffen.

In fünf Konzerten im Kultur- und Kongresszentrum

sowie der PH Weingarten werden

renommierte Interpret:innen die Musik

Riehms dem Publikum nahebringen, wobei

die Programme auch Anknüpfungspunkte

für Werke weiterer Komponist:innen und für

Gespräche bieten. Zu Gast sind das Ensemble

Mosaik, die Sopranistin Sarah Maria Sun, die

Stuttgarter Philharmoniker, die Pianistin Theresa

Cerezo-Falces sowie das Trio Accanto.

www.weit-weingarten.de

Rebecca Saunders © Astrid Ackermann

Wien (A)

Wien Modern 36

31.10. – 2.12.2023

Das Festival Wien Modern zeigt in jedem

Herbst die Musikstadt Wien von ihrer innovativen

Seite: Fast fünf Wochen lang sorgen

rund 40 Produktionen an über 20 Orten in der

ganzen Stadt für inspirierende Begegnungen

von Hörer:innen und Künstler:innen Neuer

Musik aller Formen und Farben. Die Bandbreite

der Spielstätten reicht von Wiener Konzerthaus

und Musikverein über Stephansdom,

Tanzquartier Wien, Odeon und Semperdepot

bis in Museen, Off-Locations, U-Bahn-Stationen

und den öffentlichen Raum.

Ähnlich bunt ist die Palette der Formate: Nach

drei Jahren, in denen Konzerte gewissermaßen

nur mit angezogener Handbremse denkbar

waren, bringt die kommende 36. Festivalausgabe

neue Bewegung in die Frage, wie und wo

man Musik hören kann. Hier ein kleiner aktueller

Blick in die Festivalküche: Die Wiener

Symphoniker eröffnen am 30.10. mit einem

begehbaren Stück von Peter Jakober gleichzeitig

in allen drei historischen Sälen des Wiener

Konzerthauses. Tags darauf lässt Georg Friedrich

Haas für sein Stück „11.000 Saiten“ 50

Klaviere im Hundertsteltonabstand stimmen.

RSO Wien und mehrere Chöre lassen den Stephansdom

atmen mit den leisen Klängen von

Mark Andres rwh 1–4. RSO Wien und Klangforum

Wien beginnen mit Rebecca Saunders’

Concerto grosso wound im Goldenen Saal des

Musikvereins eine außergewöhnliche Festivalwoche

mit dem Schweizer Architekten Peter

Zumthor, die u.a. zu Judith Unterpertinger

in den mittelalterlichen Kreuzgang des Stifts

Klosterneuburg führt.

www.wienmodern.at

Meine Liebe

zur Neuen Musik ...

... begann im Mai 1992 anlässlich der Einweihung

des Schulungs-, Ausstellungs- und

Sozialgebäudes der Max Weishaupt GmbH

in Schwendi, das der New Yorker Architekt

Richard Meier geplant und gebaut hat. Es

war das Interesse für die Architektur und das

Werk Richard Meiers, das mich an den drei

Eröffnungstagen nach Schwendi trieb und

mich meine Eltern begleiten ließ die Karten

für „EIN“ Konzert hatten. Es war kein

geringerer als einer der bedeutendsten zeitgenössischen

Komponisten und Vertreter

der Minimal Music, der Amerikaner Philip

Glass, der dort aufspielte. Millionen Menschen

lieben seine pulsierenden Dreiklänge.

Glass Musik prägte den Zeitgeist und seine

Opern wie „Einstein on the Beach“ und

Soundtracks zu Filmen wie „The Hours“

genießen Kultstatus. Im letzten Jahr ist er

85 geworden. Damals war er 55 und seine

Musik, seine Erscheinung, wie er die Musik

den Tasten entzauberte, in Kombination

mit der Architektur Richard Meiers, war

für mich, damals in den Zwanzigern, eine

Offenbarung, eine Kehrtwende in meinem

Musikgeschmack. Im Herbst 1992 erlebte

© Südwestrundfunk/Archiv

Redaktion Neue Musik SWR2

Philip Glass © MAX WEISHAUPT GMBH

© Südwestrundfunk/Archiv

Redaktion Neue Musik SWR2

ich ihn ein zweites Mal beim ART PROJEKT

´92 des genialen Franz Abraham im Gasteig

in München, einem für mich unerreichten

Festivalkonzept, bei der die eingeladenen

Künstler:innen jeweils einen Tag kuratierten.

Mit meinem ersten Besuch bei den Donaueschinger

Musiktagen im Oktober 1993

und dem unvergesslichen Konzert von Nam

June Paik und den Einstürzenden Neubauten,

war ich endgültig der Neuen Musik und

der Klangkunst verfallen und erfreue mich

seit 30 Jahren an außergewöhnlichen Musikerlebnissen,

die mich inspirieren, wach

und jung halten.

KAI GEIGER, HERAUSGEBER

Architekt: Richard Meier, New York


MELBA | arttourist.com Jazz | Neue Musik | Elektro | 2023 Label | 41

LABEL

Heinrich Schütz

Kaleidoskop der Räume (4 CDs)

„weil ich lebe“ – unter diesem Motto fand

2022 das Heinrich Schütz Musikfest statt.

Es war eine besondere Ausgabe, jährte sich

doch der Todestag des Komponisten, laut

Grabsteininschrift „seines Jahrhunderts hervorragendster

Musiker“, im Jahr 2022 zum

350. Mal. Vom 7. bis 16. Oktober 2022 stand

in Dresden, Torgau, Gera, Bad Köstritz, Weißenfels

und Zeitz der Sagittarius im Mittelpunkt,

einer der vielen Höhepunkte ist die

vierteilige Klanginstallation „Kaleidoskop

der Räume“ von Fabian Russ, die in diesem

Jahr ihren Abschluss fand. „Orchestronik“

nennt Russ seine Herangehensweise, mit

der er den Werken von Schütz per elektronischer

Überarbeitung einen besonderen

Raumklang verleiht. Den Zyklus gibt es jetzt

ganz frisch auf 4 CDs, in Stereoqualität bzw.

binaural (lat. „mit zwei Ohren“) abgemischt.

Jubiläumsbox mit 4 CDs. 3D-Audio trifft

Heinrich Schütz, trifft Orchestronik – ZWEI

Versionen derselben Musik. „Eine sehr interessante

Mischung zwischen alt und neu“

(MDR Klassik). 2x120 Minuten. Normales

Stereo für Hifi oder was auch immer – binaurales

Stereo optimiert für Kopfhörer.

www.fabianruss.de

www.zweitausendeins.de

PYANOOK – „ZAS“

recorded in Oslo, Trondheim and

Freiburg

feat. Hakon Stene, Morten Qvenild,

Trondheim Voices, Joo Kraus,

Etienne Abelin, Johannes Jäck, Mathis

Schwörer-Boehning

Die Mischung analoger und digitaler Klänge

ist in modernen Kompositionen längst

kein Novum mehr, doch nur wenige

Künstler:innen haben diese musikalische

Symbiose so breit und tief in ihrem Schaffen

verankert wie der Pianist Ralf Schmid

mit seinem Projekt PYANOOK. Während in

akustischen Stücken oft auf Postproduktionsebene

Technologie eingesetzt wird, um

bestehende Klänge zu modifizieren oder zu

erweitern, setzt Schmid diese von Anfang an

schon bei der Komposition und Aufführung

seiner Stücke ein. Dazu nutzt er eine besonders

bahnbrechende Innovation der modernen

Musiktechnologie: mi.mu-Gloves. Mit

ihnen kann er den Klang dessen, was er auf

dem Klavier spielt, sofort digital verfremden

– allein durch Handgesten. Diese Interaktion

von instrumentaler Virtuosität und sensibel

eingesetzter Technologie führte Schmid

nicht nur zu einem Album, vielmehr war sie

die Grundlage seines Alter-Ego.

www.pyanook.com

www.neue-meister-music.com

Patrick Manzecchi

Talking To Myself

Patrick Manzecchi gehört seit mehr als

25 Jahren zu den erfahrensten Sidemen

Deutschlands. Stars wie Sheila Jordan, Pee

Wee Ellis und Fred Wesley, Paolo Fresu, Arthur

Blythe, Harry Allen, Scott Hamilton,

Bobby Watson, Richie Beirach und George

Mraz, aber auch deutsche Koriphäen wie

Gregor Hübner, Steffen Schorn, Sebastian

Studnitzky, Torsten Goods, Thomas Siffling,

Lyambiko, Anke Helfrich und Lisa Bassenge

sind da nur einige wenige Namen, die genannt

werden sollten, wenn es um die musikalischen

Qualitäten des Schlagzeugers geht.

Nach vier Produktionen unter eigenem Namen

zwischen 2000 und 2017 (darunter

die ebenfalls auf e113 produzierte und für

die Bestenliste 3/17 der Deutschen Schallplattenkritik

nominierte CD „Rectilinear“

mit Richie Beirach) ist ein reines Solo-Werk

entstanden: 24 Schlagzeug- und Percussion-

Soli. Interessant hierbei ist die Tatsache, dass

sich Manzecchi selbst nicht so sehr als Techniker,

denn als Klangmaler versteht. Musikalische

Gimmicks sind ihm ohnehin fremd,

und so ist ein eher spontanes Werk entstanden,

ohne Overdubs, ohne Nachbearbeitung

– pur, spontan und stets authentisch. Die

daraus resultierende Vielfalt veranlasste den

Musiker, einen Gesamtbogen zu entwerfen,

der den Hörer einlädt, genauer hinzuhören,

statt sich eben nur beeindrucken zu lassen.

Gewidmet ist dieses Gesamtwerk keinem

Geringeren als dem Vater Franco Manzecchi

(1931–1979), der einer der aktivsten

europäischen Schlagzeuger Zeit seines Lebens

war und der seinen Sohn noch immer

inspiriert, laut eigenen Liner Notes.

www.manzecchi.de

www.e113.eu

Rufus Wainwright „Folkocracy“

Mit Folkocracy – dem Nachfolger von Wainwrights

letztem Studioalbum, dem 2020 für

den GRAMMY® und den Juno Award nominierten

Unfollow The Rules – feiert der

von der Kritik gelobte Künstler seinen bevorstehenden

50. Geburtstag. Dabei besinnt

er sich auf seine Wurzeln, auf die Sommer

seiner Kindheit, die er auf Folk-Festivals

verbrachte, wo er seine berühmte Familie

auf der Bühne beobachtete. Produziert wurde

Folkocracy von seinem langjährigen Wegbegleiter

Mitchell Froom (Paul McCartney,

Crowded House). Auf dem Album Folkocracy

spielt Rufus Wainwrights mit Brandi Carlile,

John Legend, David Byrne, Sheryl Crow,

Nicole Scherzinger, Chaka Khan, Andrew

Bird, ANOHNI, Susanna Hoffs, Van Dyke

Parks, Madison Cunningham. „This album

is almost like a recorded birthday party and

birthday present to myself. I just invited all

the singers that I greatly admire and always

wanted to sing with. “ (Rufus Wainwright)

www.rufuswainwright.com

www.bmg.com

Wendy McNeill

„First there were Feathers“

Das neue Album „First There Were Feathers“

der kanadischen Sängerin Wendy McNeill

thematisiert unter anderem die Zerstörung

ihrer Wahlheimat nahe dem spanischen Valencia

durch zahlreiche Waldbrände in den

Dürresommern der vergangenen Jahre. Betroffen

davon sind nicht nur die Menschen,

die Haus und Hof verlieren, sondern auch

viele Hunderttausende Tiere, die ihre Leben

lassen. Ausgehend von wissenschaftlichen

Studien, persönlichen Erfahrungen, klassischer

Literatur und Mythen erforscht ihr

neues Album die Schönheit, das Geheimnis

und die Widerstandsfähigkeit der Vögel und

zeigt, wie eng ihr Schicksal mit dem unseren

verbunden ist.

www.wendymcneill.com

Roots and Ramblers Music

www.redeyeworldwide.com

Septology

„The Black Forest Session“

Canadian Jazz Collective

Die Mitglieder des Canadian Jazz Collective

gehören zu den Jazzgrößen ihres Landes und

sind stolz darauf, ihr Debütalbum dort eingespielt

zu haben, wo ihr Landsmann Oscar


42 | Label

MELBA | arttourist.com Jazz | Neue Musik | Elektro | 2023

Angesichts ihrer langen Erfahrung ist es

nicht übertrieben zu sagen, dass die Mitglieder

des Canadian Jazz Collective die Fackelträger

einer geschichtsträchtigen Tradition

sind. Im Mai 2022 begab sich das Septett

auf eine Reihe von Terminen in Europa. Es

spielte in Paris und Wien sowie in Londons

berühmtem Ronnie Scott’s Club vor ausverkauftem

Haus. Anlässlich ihres Konzerts im

traditionsreichen Villinger Jazz-Club wurde

im alten MPS-Studio die vorliegende Aufnahme

aufgezeichnet, natürlich analog und

direkt auf Band.

www.canadianjazzcollective.com

www.black-forest-sounds.de

Peterson viele Jahre aufgenommen hat: bei

Brunner-Schwer in Villingen.

Seit den 1950er-Jahren hat Kanada eine unverzichtbare

Rolle in der Jazzwelt inne. Oscar

Peterson ist der wohl bekannteste Name

dieser Szene, aber auch Maynard Ferguson

und Gil Evans sind Musikerpersönlichkeiten

aus Kanada. Das CJC wird von drei der

aktuell bekanntesten und versiertesten kanadischen

Jazzgrößen angeführt: dem Saxophonisten

Kirk MacDonald, dem Gitarristen

Lorne Lofsky und dem Trompeter Derrick

Gardner. Ergänzt durch vier weitere gefeierte

kanadische Musiker, verfolgt dieses innovative

Septett einen eigenen Ansatz bei

der Präsentation von kanadischem Jazz und

verschmilzt die einzigartigen künstlerischen

Visionen der Leader zu einer kreativen und

kohärenten Stimme. Vitaler Jazz aus Amerika

wird mit dieser Aufnahme dokumentiert

und setzt die traditionsreiche Verbindung

von kanadischem Jazz im Schwarzwald lebendig

fort.

MacDonald, Gardner und Lofsky (der übrigens

auch mit Oscar Peterson zusammengespielt

hat) sind Ikonen des kanadischen Jazz.

BEZAU BEATZ

10. – 13.8.2023

Der österreichische Schlagzeuger Alfred

Vogel organisiert zum 16. Mal das beachtenswerte

Festival BEZAU BEATZ im wunderschönen

Bregenzerwald rund um das

Dorf Bezau. In einer Dampflock-Remise,

auf einer 1650m hoch gelegenen Aussichtsplattform,

in einer Kunstschmiede und an

weiteren Locations finden Konzerte aus allen

Genres statt, spannend wie ein Puzzle

zusammengestellt. Vogel präsentiert neben

aufstrebenden und bekannten europäischen

Künstler:innen gerne auch Acts, welche auf

seinem Label BOOMSLANG RECORDS (im

Vertrieb von Galileo Music GmbH) erscheinen,

wie z.B.:

PERCUSSION II

Seit geraumer Zeit entsteht eine äußerst

interessante Improvisation-Szene in und

um Köln. Felix Hauptmann am Piano, Roger

Kintopf am Kontrabass und Leif Berger an

den Drums finden sich in zahlreichen Projekten

mit weitreichenden Verästelungen in

der europäischen Jazz-Szene. Im Trio PER-

CUSSION haben sich die Freunde um Felix

Hauptmann wieder zusammengeschlossen,

um nun ein Nachfolgealbum ihres viel beachteten

Erstlingswerkes aufzunehmen. Die

drei Musiker verbindet ein gemeinsames ästhetisches

Fühlen, sie erschaffen Klangwelten

auf der Basis von komplexen rhythmischen

Strukturen und improvisierten Zellen.

Die seit 2020 bestehende intensive Zusammenarbeit

des Ensembles PERCUSSION beruht

auf der einzigartigen Klangsprache der

Kompositionen des Pianisten Felix Hauptmann,

die dem Publikum einen kommunikativen

und frischen Zugang zur kollektiven

Improvisationskultur dieser Band ermöglicht.

Die Königsdisziplin des Jazz wird

durch dieses Piano-Trio um einen wichtigen,

zeitgenössischen Beitrag bereichert.

www.boomslangrecordings.com

www.galileomusic.de

FORGES by Tancréde D. Kummer

Remi Ploton: piano | Samuel Mastorakis: vibraphones,

bows, small objects | Tancrède D. Kummer:

compositions, drums, percussions, toys

Hier wird geschriebene Musik wie ein Block

roher Materie verstanden, den jedes Mitglied

schälen, biegen oder aneinanderschweißen

muss. Es ist die Idee einer Musik,

die sich ihrer selbst bewusst ist, die „sich

selbst denkt“, wo Aktion und Spontaneität

vorherrschen, wo Wiederholungen und

thematische Wiederholungen fast kontingent

erscheinen und kein ästhetisches Erfordernis

darstellen, sondern eher das eines

Déjà-vu oder einer durch Zeit und Interaktion

veränderten schwachen Erinnerung.

Als akustisch-mobile Installation konzipiert,

entwickeln sich die Stücke in verwobenen

Modulen, die sich gegenseitig umkreisen.

Rhythmische Strukturen oder abstrakte Texturen

werden alternativ verwendet, um intensive

Klanglandschaften zu skizzieren und

zu verzerren. Jeder Abschnitt wird als kleine

Spielzeugkiste mit Konzepten betrachtet, in

der die Spieler aufgefordert werden, auszuwählen,

wodurch die Gesamtrichtung der

Aufführung geändert wird.

www.tancrededkummer.com

www.boomslangrecordings.com

www.galileomusic.de

”A sound experience of a special kind.“ SWR2

”Melodious, energetic and relaxing at the same time.“ Kulturnews

”They elevate Classic into the Modern. They free Jazz from convulsive gymnastics.

And possibly the most significant, they have relieved New Music from the chilling confines

of the intellect and given it human dimensions and a balance full of soul.“

by Wolfgang Pichler, Bonner Generalanzeiger

MARKUS

STOCKHAUSEN

GROUP

MARKUS STOCKHAUSEN (FLUGELHORN, TRUMPET)

JEROEN VAN VLIET (PIANO, SYNTHESIZER)

JÖRG BRINKMANN (CELLO)

CHRISTIAN THOMÉ (DRUMS)

Markus Stockhausen Group: Tales

compositions improvisations

o-tonemusic OT 045-2 / 3CD-Set

Sponsored by

label & booking: o-tone music +49 (0) 641-948 89 32 www.o-tonemusic.de

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MELBA | arttourist.com Jazz | Neue Musik | Elektro | 2023 Label | 43

Dähn|Maos Potenzial 7x3

Den Cellisten Fried Dähn kennen wir bereits

von einer der spannendsten Veröffentlichungen

im flavoredtune-Katalog. Für dieses

Album hat er sich mit dem phänomenalen

Avantgarde-Gitarristen Thomas Maos zusammengetan.

Das Album überrascht mit

einem Mix von der gefühlvollen Ballade

über ekstatische Rock-Kompositionen bis

zur experimentellen Klangskulptur. Vor allem

die titelgebende Suite der zweiten Seite

fasziniert; sie besteht aus sieben Sätzen mit

jeweils exakt drei Minuten Länge. In denen

einem so ziemlich alles begegnen kann, was

man sich an Musik und Sound vorzustellen

in der Lage ist, von indischer Raga-Motivik

über Fusion-Improvisation und Rock-Riffs

bis hin zur reinen Klang-Installation. Letztendlich

ist das so wenig kategorisier- wie

beschreibbar. Feststeht: Man hört bis zum

Ende der 21. Minute gebannt zu! Michael

Fetscher sorgte wie immer für vorzügliche

Klangqualität bei dieser außergewöhnlichen

Produktion (Janis Obodda).

www.flavoredtune.com

ca, the Tübingen guitarist using his solidbody

electric more as a trigger/conduit for a

bevy of samplers, sequencers and signal processors

than as an acoustic signature. A multimedia

artist who brings cinematic vision

to music, he employs various implements

and stomp pedals to evoke effects sounding

like anything but a guitar: crinkles, rattles,,

scratches, chimes, buzz-saws, depth sounders,

duck calls, church organs, plunging

sirens, cascading bombs, low-flying helicopters,

breaking waves and the like. The

dramatic arc of many of the dozen tracks

is largely sustained by contrasts of timbre

and texture, mixed so that each distinctive

sound is panned to opposite sides of the stereo

mix, creating an engaging ‘dialogue’.

www.elektrogitarre.de

Tobias Hoffmann Conspiracy

Am 9.9.2022 veröffentlichte Mons Records

das neue Album des mehrfach preisgekrönten

deutschen Saxophonisten, Komponisten

und Arrangeurs Tobias Hoffmann mit dem

Titel „Conspiracy“. Unter dem Motto, dass

die Dinge immer größer werden, folgt diese

Aufnahme auf seine 2019er Veröffentlichung

„Retrospective“, die er mit einer

neunköpfigen Band aufgenommen hatte,

dieses Mal mit einer kompletten Big Band.

Der Titeltrack „Conspiracy“ wurde mit dem

3. Preis beim „Bill Conti Big Band Contest

2021“ ausgezeichnet, der von der American

Society of Music Arrangers and Composers

organisiert wird. Die Komposition „Relentless“

wurde bei den 45th Annual Downbeat

Student Music Awards 2022 mit dem ersten

Preis in der Kategorie „Original Composition

– Large Ensemble“ ausgezeichnet.

Diese Aufnahme zeigt, dass Tobias Hoffmann

sein Komponistenherz fest im Griff

hat. Die Band ist erstaunlich gut aufeinander

abgestimmt, die einzelnen Sektionen

verschmelzen auf eine Art und Weise miteinander,

wie dies sonst nur bei etablierten

Bands der Fall ist.

Diese Aufnahme macht sicherlich eine Aussage

und die lautet: „Das Tobias Hoffmann

Jazz Orchestra ist hier und kann nicht ignoriert

werden.“

„Conspiracy“ ist als CD und auf allen digitalen

Plattformen erhältlich.

www.tobiashoffmannmusic.com

www.monsrecords.de

TRIAGE – DIE DIE BE feat. PCR Test

Pünktlich zur zweiten Verjährung der diversen

Maßnahmen während der intensivsten

Coronazeit erblickt im Frühling 2023

ein Derivat dieser Zeit das strahlende Licht

der Sonne. In fünf Liedern, entstanden in

einer spontanen Improvisation mit Synth,

Schlagzeug und Bass im Lockdown in den

Schweizer Bergen, erzählen die beiden Protagonisten

der Band DIE DIE BE, Mater und

Spirit, was sie so umtreibt. Sphärisch und

weit weg, dann wieder ganz nah und klar,

die beiden scheinen ganz genau zu wissen,

worum es nun eigentlich geht. Aber was ist

Wissen schon. „Whobble“ ist ein Zerwürfnis

mit allen Seiten, „Opus“ ein Zerwürfnis mit

dem Zerwürfnis. „Epicureus“ besinnt sich

auf längst dagewesene Worte und „Spheres“

weiß ganz genau, wo die Macht liegt. Bei

„Core“ geht es dann ums Eingemachte und

das, ist uns letztendlich allen klar, ist genau

der Moment, wenn das Wasser nach Schnee

zu klingen beginnt.

Label: Die Diebe

www.diediebe.ch/ddb-pcr-test-triage/

Riich

Ech glaube etz gohts dor uf

Nicht nur wie die anderen, sondern genau

wie die anderen möchte auch Riich sein. Ein

Reich oder noch reicher, aus der Schweiz

wird ja auch nichts anderes erwartet. Alle

Erwartungen erfüllen und übertreffen, das

wollten wir alle einmal. Und einmal ist bekanntlich

keinmal, darum gelingt es auch

einfach nicht, dieses Anpassen und Mitmachen.

Es gelingt ihr nicht, wie es allen

anderen auch nicht gelingt, und da treffen

sich alle wieder, im gemeinsamen Durcheinander

von Wertgefühl und Wertschätzung.

Diese EP besteht nur aus zwei Pop-Rock-

Liedern, aus Muur und Gnue, Mauer und

Genug, einmal ein äußeres und einmal ein

inneres Problem, das reich beleuchtet wird.

Da es der Probleme aber reichlich sind, ist

dies auch nur ein kleiner Vorgeschmack auf

ein baldiges Album der gleichen Band.

Label: Die Diebe

www.diediebe.ch/riich

Fried Dähn now&then

Man darf ihn wohl mit Recht als Extremmusiker

bezeichnen: Ausgezeichneter klassischer

Cellist, Hochschulprofessor, spielte im

Ensemble Modern in den gloriosen Jahren,

als die Formation u.a. mit Ornette Coleman

und Frank Zappa arbeitete, und war in den

letzten drei Jahrzehnten an einer Vielzahl

von Avantgarde-Projekten beteiligt. Was er

hier mit seinem elektrischen Cello anstellt,

läßt Apocalyptica doch ganz schön alt aussehen;

zumal der Mann zwar mit Looptechnologie

und einer ganzen Menge anderer Effekte

arbeitet, aber letztlich eben doch ganz

allein ist. Die zehn Eigenkompositionen hier

werfen nicht nur jedes traditionelle Bild

vom Cellospiel gnadenlos über den Haufen:

Das ist vom ersten bis zum letzten Ton

reine Hochspannung. Man kann bei so viel

Kreativität deshalb nur dazu aufrufen, sich

die Dähn’sche Klangwelt selbst anzuhören.

Michael Fetschers Aufnahme ist auch hier

phänomenal (Janis Obodda). Erschienen auf

flavoredtune.

www.flavoredtune.com

Thomas Maos’ Glühen CD

Nominiert für den Preis der deutschen

Schallplattenkritik 2021

Tom Greenland vom NEW YORK CITY JAZZ

RECORD schreibt:

Thomas Maos’ Glühen embraces electroni-

DIE DIE BE – STOP THE STORY

Drei Songs sind zu hören, einer über halbpatzige

Träumereien, einer über zerschlissene

Konformität und einer zur verflogenen Zeit.

Für diejenigen, die schlafen, werden Träume

nur in der Nacht wahr. Ständig werden wir

von Werbung, Filmen und Musik im Schlaf

gehalten. Und natürlich durch das Internet.

Dies wurde uns – wie alles andere auch – zunächst

als Freiheit verkauft und kann schließlich

zu einer totalen Lähmung oder Überwachung

führen. Die Uhr ist ein altes Internet,

das niemand mehr infrage stellt. Früher hatte

jedes Reich seine eigenen Uhren und Zeiteinheiten.

Heute arbeiten alle nach der gleichen

Zeit. Auf dem Handy, auf dem Computer, in

der Zeitung und jetzt auch in deinem Kopf

steht alles, was zu sehen, was zu lesen und was

zu glauben ist. Also sind wir gehorsam und

immer fettleibiger. Auf die Plätze, fertig, los!

Schlagt sie tot! Oder lass sie vorbeigehen …

über dich hinwegkriechen … in dich hinein

… STOP THE STORY ist der Anfang des kommenden

Albums FOR THOSE WHO SLEEP

DREAMS ONLY COME TRUE AT NIGHT.

Label: Die Diebe

Hier vorbestellen: lili@diediebe.ch

EP und hier die anhören:

www.diediebe.ch/ddb-sts


44 | Klang

MELBA | arttourist.com Jazz | Neue Musik | Elektro | 2023

Ist Klang Kunst, Musik oder

ein gesellschaftliches Thema?

Klang ist in aller Munde. Ob als Kunstform,

Musikrichtung, als Geräuschkulisse oder eine

städtebauliche Herausforderung von urbanen

Räumen. Noch nie wurde so viel über die Auswirkungen

von Klang auf die Lebensqualität

diskutiert, geforscht und in genreübergreifenden

Projekten von Bildenden Künstler:innen

und Musiker:innen aller Stile genutzt und zur

Aufführung gebracht, ob in Konzerten, auf

Festivals oder museal wie Anfang des Jahres

in Krefeld in der Ausstellung „On Air“ in den

Fokus gestellt.

Noch hat es die Klangkunst schwer, als Kunstform

von einem breiten Publikum erschlossen

zu werden, und fristet weiterhin ein Nischendasein.

Dabei ist ein Museum für Klangkunst,

ähnlich dem Zentrum für Internationale

Lichtkunst in Unna, schon lange und dringend

überfällig.

Der Musikwissenschaftler Carsten Seiffahrt beschrieb

die Bedeutung der Klangkunst in seinem

Essay „Blick auf eine junge Kunstform“

für das Goethe Institut wie folgt: „Im Bereich

der Neuen Musik wird Klangkunst mehr als

eine Erweiterung des musikalischen Raums

verstanden und vor allem im Randbereich

großer Musikfestivals gezeigt. Im zeitgenössischen

Kunstbetrieb, der zunehmend vom

Kunstmarkt und der Eventkultur bestimmt

wird, ist es bisher selten gelungen, künstlerische

Arbeiten mit Klang adäquat zu präsentieren.

Das liegt unter anderem an ihrem starken

Ortsbezug und ephemeren Charakter. Die

Klangkunst hat sich bisher eher als ein ideales

Medium erwiesen, Orte, die aufgrund ihrer

baulichen Struktur oder wegen ihres historischen

und sozialen Kontextes bereits eine gewisse

Aura haben, atmosphärisch aufzuladen

und zu einem besonderen Erlebnisort werden

zu lassen.“

(www.goethe.de)

So beschäftigen sich heute nicht nur

Künstler:innen und Musiker:innen mit dem

Thema „Klang=Geräusch=Lärm?“, sondern

auch Architekt:innen, Stadtplaner:innen,

Lärmschutzfachleute, Psycholog:innen und

Ärzt:innen. Es geht unter anderem darum,

wie Geräusche Einfluss auf unser Wohlbefinden

haben, welche Möglichkeiten es gibt, den

Klang der eigenen Stadt mitzugestalten, wie

man sie als ein Teil der Gesellschaft und unserem

täglichen Leben akzeptieren und handhaben

kann. Klangforscher fordern schon lange,

die Dimension von Klang bei der Gestaltung

des öffentlichen Raumes in Form einer Klanglandschaft

zu berücksichtigen.

Der Cercle Bruit, die Vereinigung kantonaler

Lärmschutzfachleute in der Schweiz,

definiert Klanglandschaft wie folgt: „Eine

Klanglandschaft (engl. Soundscape) bezeichnet

die Gesamtheit aller hörbaren Klänge

in einer räumlich begrenzten Umgebung.

Sie ist als gesamte akustische Hülle, die den

Menschen in seinem Alltag umgibt, zu verstehen.

Diese akustische Umwelt umfasst alle

Arten von Klängen; natürliche, menschliche

und technische, aber auch Musik. Klanglandschaften

sind nicht nur vor unserer Tür

zu finden; auch die Sounds in den eigenen

vier Wänden bilden eine Klanglandschaft.

Jeder Ort zeichnet sich durch seine spezifische

Klanglandschaft aus – diese entsteht erst

durch das Zusammenspiel aller vorhandenen

Klänge.“

(www.klanglandschaften.ch)

Sie erkunden Klanglandschaften, indem sie

innehalten, ihre Augen schließen und ihr Gehör

trainieren und es für die sie umgebenden

Klänge sensibilisieren. Sie machen Tonaufnahmen,

konservieren Klänge, analysieren

und verändern sie.

Methodisch nutzen sie herbei den Hörspaziergang

(listening walk), wobei eine Umgebung

mit offenen Ohren durchlaufen wird, den

Klangspaziergang (sound walk), bei welchem

man sich auf einen bestimmten Ort fokussiert

und sein akustisches Phänomen unter die

Lupe nimmt, sowie die Tonaufnahme (Field

Recording), die es ermöglicht, auch losgelöst

vom Aufnahmeort dessen klangliche Vielfalt

zu analysieren. Mit der Soundscapes-Komposition

werden die gewonnenen Tonaufnahmen

zu einer akustischen Collage zusammengestellt,

die bei den Hörer:innen Assoziationen,

Erinnerungen und Vorstellungen auslösen

und sie für die klangliche Umwelt sensibilisieren

sollen.

Und damit sind wir wieder bei der Kunst und

der Musik angekommen. Wir möchten mit

dem Themenkomplex Klang dazu beitragen,

dass die Kunst und die Musik in diesem omnipräsenten

Bereich sowie die Verschmelzung

von gesellschaftlichen Themen und neuen

künstlerischen Interventionen Beachtung findet

und sich neue Ideen, Visionen und Formate

entwickeln können. Auch ist es uns ein

Anliegen, dass dieser Kunstform endlich der

Platz eingeräumt wird, der ihr gebührt, und

die eigene Wahrnehmung für Klang, Geräusche

und Lärm verändert wird.

Wir sprachen mit Dr. Sylvia Martin vom Kunstmuseum

Krefeld über Klangkunst im Museum

und mit dem Klangkünstler Andres Bosshard

und stellen Ihnen zahlreiche Klangkunst-Projekte,

-Ausstellungen und -Festivals vor.

Aus der Ausstellung "Zimoun. Gleichstrommotoren, Kugelketten, Messingschalen, Kartonboxen",

Kulturhaus Obere Stube, Stein am Rhein, Windler Stiftung | © Kai Geiger

Andres Bosshard | © Kai Geiger


MELBA | arttourist.com Jazz | Neue Musik | Elektro | 2023 Klang | 45

KLANG

der Universität Santa Marta in Kolumbien die

Klänge und Lebensbedingungen von Fröschen

im Regenwald untersucht und neue Klanginstallationen

sowohl in Bonn als auch in Santa

Marta in Kolumbien realisiert.

www.soundforum.info

Frith im Künstlerhaus Faktor sowie auf weitere

Musiker:innen aus dem europäischen Ausland.

Zu hören sein wird wieder der spezielle Sound

aus komponierter Musik, freien und Konzept-Improvisationen,

Field Recordings und

Klanginstallationen in Galerien. Monomedial

oder multimedial, solo oder in größeren Ensembles,

zusammengekommen für den Anlass

oder schon lange zusammenarbeitend –

Musiker:innen präsentieren ihre neuesten Werke

und führen uns in unbekannte Klangwelten.

www.blurrededges.de

Mosaik Manuel Rodríguez Valenzuela time cage

© Roberto Maqueda

Berlin

Klangwerkstatt Berlin – Festival für

Neue Musik

10. – 19.11.2023

Die Klangwerkstatt präsentiert jährlich an mehreren

Tagen Konzerte, Performances und multimediale

Formate mit zahlreichen Ur- und

deutschen Erstaufführungen sowie Podiumsdiskussionen,

Workshops und anderen diskursiven

Veranstaltungen. Über Genre- und Generationengrenzen

hinweg finden hochkarätige

und lebendige Aufführungen relevanter Musikströmungen

statt. Das Festival initiiert und

begleitet die Entwicklung neuer künstlerischer

Formen und bietet Raum für die Diskussion musikästhetischer

Positionen. Eine Besonderheit

dabei ist die in vielen Jahren gewachsene und

heute auf diesem Festival selbstverständliche

Art der Zusammenarbeit von professionellen

Ensembles und Komponisten mit Kinder- und

Jugendensembles. Das Festival widmet sich drei

Programmschienen: I. Neueste Musik, II. Zukunftslabor

Partizipation, III. Zugang offen!

www.klangwerkstatt-berlin.de

Roswitha von den Driesch und Jens-Uwe Dyffort

© press crop scaled

Bonn

stadtklangkünstler bonn 2023

Die Beethovenstiftung für Kunst und Kultur der

Bundesstadt Bonn hat im Rahmen ihres Klangkunstprojektes

„echoes – soundforum bonn“

das renommierte Berliner Künstlerduo Roswitha

von den Driesch und Jens-Uwe Dyffort

zur Stadtklangkünstlerin & Stadtklangkünstler

Bonn 2023 berufen. Beide arbeiten seit 1994

zusammen und realisierten seitdem zahlreiche

Klanginstallationen für Kunstorte und Parks,

Seen, Industrie- und Kirchengebäude sowie für

Plätze und Straßen in Städten.

Roswitha von den Driesch und Jens-Uwe

Dyffort werden in diesem Jahr während ihrer

künstlerischen Forschungsresidenz über

Biodiversität im Pflanzenreich mit Biolog:innen

des Nees-Instituts der Universität Bonn und

des internationalen Forschungsverbunds

CRC1211 (Earth – Evolution at the dry limit)

als Kooperationspartner zusammenarbeiten.

Bereits im vergangenen Jahr nahmen sie an

einer wissenschaftlichen Expedition in der

Atacama-Wüste in Chile teil. Im Dialog mit

den Wissenschaftler:innen und als Resultat einer

ersten Kurz-Residenz bei Proyecto SACO

in Antofagasta in Chile werden zwei neue

klangkünstlerische Arbeiten zuerst in Antofagasta

und danach in Bonn im Rahmen des Beethovenfestes

Bonn entstehen.

Bereits in den Jahren 2010-2019 hatte die

Beethovenstiftung Bonn im Rahmen ihres

Klangkunst-Projektes „bonn hoeren“

jährlich namhafte Klangkünstler:innen als

Stadtklangkünstler:innen nach Bonn berufen.

Zum Start des neuen Projekts der Beethovenstiftung

Bonn „echoes – soundforum bonn“

im Jahr 2022 hatte der letztjährige Bonner

Stadtklangkünstler Robin Minard gemeinsam

mit Biolog:innen des Museums Koenig und

Gais (CH)

KLANG MOOR SCHOPFE 2023

Biennales Festival für audiovisuelle

Kunst im Hochmoor Gais AR

31.8. – 10.9.2023

Internationale Klangkunst in einer einzigartigen

Umgebung: Elf ursprünglich landwirtschaftlich

genutzte Riedgras-Scheunen werden von den

eingeladenen Künstler*innen mit ortsspezifischen

audiovisuellen Installationen bespielt.

Die Scheunen liegen verstreut im Hochmoor

von Gais und können vom Publikum auf einem

Rundgang „erwandert“ werden. Es wird ein

Rahmenprogramm mit Artist Talks, Konzerten,

Live-Performances, Workshops usw. geben.

Dem künstlerischen Leiter Patrick Kessler ist es

erneut gelungen, namhafte Kunstschaffende

aus dem In- und Ausland für das Festival zu begeistern.

Sie repräsentieren nicht nur ein breites

und facettenreiches Spektrum audiovisueller

Kunst, sondern zeichnen sich darüber hinaus

durch eine stark ortsbezogene Arbeitsweise aus.

Etwas stolz und sehr geehrt ist das Festival, dass

der gebürtige Appenzeller Roman Signer, einer

der renommiertesten Schweizer Künstler des

20. Jahrhunderts, der dieses Jahr seinen 85. Geburtstag

feiert, nach 2017 neben vielen weiteren

Künstler:innen erneut zugesagt hat, in einem

der Schöpfe für eine typisch Signersche Überraschung

zu sorgen.

www.klangmoorschopfe.ch

Krems (A)

Klangraum Krems

Minoritenkirche

Der Klangraum Krems Minoritenkirche,

eine säkularisierte

spätromanische Kirche in

Krems-Stein, ist ein multifunktionaler

Veranstaltungsraum.

Er beherbergt das FESTIVAL

IMAGO DEI im Frühjahr sowie

Ende April/Anfang Mai Teile des

DONAUFESTIVALS. Auch das

Festival GLATT & VERKEHRT

macht hier im Sommer immer

wieder mit Spezialprojekten

Station. Seit 2019 ist der Klangraum

Krems Minoritenkirche

außerdem Hauptschauplatz der

EUROPÄISCHEN LITERATUR-

TAGE im November.

Von Juni bis September machen

KLANGKUNSTWERKE

international renommierter

Künstler*innen die Kirche und

den angrenzenden Kapitelsaal

des ehemaligen Minoritenklosters

zu einzigartigen Hör-, aber

auch Schau-Plätzen. Raumbezogene

Arbeiten, Interaktionen

von Klang, Raum, Licht, Zeit,

KMS 2023 Visual

Hamburg

blurred edges

2. – 28.6.2023

Zum 18. Mal startet in diesem Jahr das Festival

für aktuelle Musik „blurred edges“ in Hamburg.

Mit 65 Veranstaltungen in zwei Wochen ist

„blurred edges“ eines der größten Festivals für

aktuelle Musik in Deutschland! Verteilt über das

gesamte Stadtgebiet finden vom 2. bis 18. Juni

2023 Konzerte, Performances, Musiktheater,

Lectures, Videos, Multimedia-Performances und

Klanginstallationen statt.

Besondere Musik braucht besondere Räume:

Vom Künstlerhaus Faktor in der Schanze bis

zum Pudel am Hafen, vom Warburg-Haus in

Harvestehude zum Resonanzraum im Bunker

Feldstraße, vom Hinterconti bis zum Westwerk,

vom Gängeviertel bis zum Oberhafen –

in über 30 Locations läßt sich die Vielfalt experimenteller

Musik erleben.

Auch dieses Jahr ist „blurred edges“ wieder ein

reines Produzent:innen-Festival mit dem bewährten

Konzept: Hamburger Musiker:innen

präsentieren sich selbst und laden sich internationalen

Gäste ein. Wir freuen uns z.B. auf

ein Konzert des britischen Komponisten Fred

Atmo Klangraum Krems Minoritenkriche

© Sascha Osaka

Bewegung und Form machen die Architektur und deren

Akustik dann auf besondere Weise erfahrbar. Vom 29. Juni

bis 1. Oktober 2023 wird die Arbeit „Verweben“ der international

renommierten Klangkünstlerin Christina Kubisch

im Hauptschiff gezeigt, „Schwarm/Essaim“ von Félix Blume

zeitgleich im Kapitelsaal.

www.klangraum.at

© Christian Kern

Leipzig

Leipziger Notenspur APP

Dem Leipziger Sound per App durch die Innenstadt

folgen. Mit der neuen Notenspuren-

App die einzigartige Tradition der Musikstadt

individuell und modern erleben. Erster CLA-

RO-Soundwalk für Clara und Robert Schumann

mit sechs Hörbeiträgen und Neukompositionen

im 3D-Sound.

© Christian Kern

Wie klingt eigentlich der Sound der Musikstadt

Leipzig? Herauszufinden ist dies per

Smartphone und der neuen kostenfreien Leipziger

Notenspuren-App (für iOS und Android).

Zahlreiche musikalische Spaziergänge im Innenstadtbereich

laden zukünftig zum Entdecken

und Verweilen ein. Zum Teil nicht mehr

original existierende Orte werden mittels GPS

basierter Klangwolken – gefüllt mit Musik und

Wort – erlebbar gemacht. Die Soundwalks fangen

die einzigartige Atmosphäre der Musikmetropole

modern und unterhaltsam ein. Der

CLARO-Soundwalk des Schumann-Hauses ist

der erste musikalische Spaziergang, der in der

Leipziger Notenspuren-App verfügbar ist. In

den nächsten Monaten folgen ein weiterer

Soundwalk des Bach-Archivs, alle Stationen

der Leipziger Notenspur sowie Angebote weiterer

Kulturinstitutionen.

Der CLARO-Soundwalk führt in insgesamt

sechs Lebens- und Wirkungsstationen des

Künstlerpaares Clara und Robert Schumann

durch die Innenstadt bis zum Museum in

der Inselstraße. Neben den Originalwerken

des Künstlerpaares sind an jedem Sound-Ort

ein informatives Audiostück von Franziska

Franke-Kern sowie eine Neukomposition mit

Schumann-Bezug zu hören.

Fabian Russ’ innovative Bearbeitungen der

originalen Werke von Clara und Robert Schumann

ragen durch die Verbindung von Romantik

und Gegenwart in die Zukunft und

sorgen mit der 3D-Wiedergabetechnik für

außergewöhnliche Klangerlebnisse. Der Rundgang

dauert ca. zwei Stunden, kann an jeder

Station begonnen werden und nach Belieben

unterbrochen und fortgesetzt werden.

Der CLARO-Soundwalk stellt eine Fortführung

der Arbeit von Fabian Russ (Orchestronik) und

Tobias Philipp dar. Beide entwickelten 2019

mit dem Mitteldeutschen Barockmusik e. V.

für das Wohnhaus von Heinrich Schütz in

Weißenfels den Schütz-Soundwalk (SWALK).

Inzwischen umfasst dieser alle mit dem Komponisten

verbundenen wichtigen Lebensorte

in Sachsen-Anhalt und Thüringen.

App-Download: leipziger-notenspuren-app.de


46 | Klang

MELBA | arttourist.com Jazz | Neue Musik | Elektro | 2023

22. – 26. Juni 2022

Das Abenteuer geht weiter

Intendant: Reiner Michalke Kuratorinnen und Kuratoren: Swantje Lichtenstein, Louis Rastig, Rainbow Robert,

Meghan Stabile, Thomas Venker Artwork: Mesh Cover 1/8 by Vasilis Marmatakis

www.monheim-triennale.de

Monheim

Monheim Triennale II

The Sound |The Prequel |The Festival

3.6. – 2.7.2023

Vom 3. Juni bis 2. Juli 2023 wird Monheim am

Rhein Schauplatz eines neuen Klangkunstfestivals:

The Sound – Sonic Art in Public Spaces.

Auf Einladung von Reiner Michalke, dem Intendanten

der Monheim Triennale, erarbeitet

das kuratorische Team um Kathrin Jentjens und

Frank Schulte seit 2020 exklusive Kooperationen

mit internationalen Klangkünstler:innen.

Die Arbeiten, die überwiegend ortsspezifisch auf

Monheim zugeschnitten sind, werden für mehrere

Wochen im öffentlichen Raum vorgestellt.

Die meisten Künstler:innen waren bereits mehrfach

in Monheim, um ihre Ideen zu entwickeln

und auf ihre Machbarkeit hin zu überprüfen.

www.monheim-triennale.de

München

APP „SOUND OF DESIGN“

Die Töne von Designobjekten sind oft so charakteristisch

wie ihre Gestalt. Ab dem 21. Februar

2019 stehen den Besucherinnen und

Besuchern daher die Geräusche verschiedener

Ausstellungsstücke der Neuen Sammlung in der

Web-App „Sound of Design“ zur Verfügung. Die

Bandbreite der Töne reicht vom Klingeln historischer

Telefonapparate über spezifische Motorengeräusche

ikonischer Automobile bis zum

Klacken einer Schreibmaschinentastatur. Durch

die App werden sie Teil

der multimedialen Besuchererfahrung

und

erwecken die sonst

museal entrückten Objekte

zum Leben.

Derzeit enthält die

App 49 Objekte aus

der aktuellen Ausstellung,

zu denen jeweils

bis zu fünf Töne zur

Verfügung stehen. Die

Besucherinnen und

Besucher können sich

ihre Favoriten in einer

© Vorschaubild der

App Sound of Design.

Entwicklung: Klangerfinder

GmbH & Co KG,

Zeichnung: Carla Nagel

© Monheim Triennale

Liste zusammenstellen

sowie alle Geräusche

für die private

Nutzung kostenlos herunterladen.

Die Web-App selbst muss nicht

heruntergeladen werden, man kann sie einfach

unter WWW.SOUND-OF-DESIGN.DE im

Browser aufrufen. Zur Nutzung der App steht

kostenloses BayernWLAN in allen Räumen

der Ausstellung zur Verfügung. Es ist geplant,

die Objektauswahl in der App zu erweitern,

vor allem in Hinblick auf das geplante Schaudepot.

www.pinakothek-der-moderne.de

Münsterland

Klangkunstfestival

SOUNDSEEING 2023

1.3. – 31.8.2023

20.000 Besucherinnen und Besucher zog das

münsterlandweite Klangfestival SOUNDSEEING

bei seiner letzten Auflage 2021 in seinen Bann.

2023 vernetzt SOUNDSEEING wieder gezielt internationale

Klangkünstler:innen mit der NRW-

Klangkunstszene, die europaweit als eine der

aktivsten und profiliertesten gilt.

ON AIR. Der Klang des Materials in der Kunst der 1950er bis 1970er Jahre, Kunstmuseen Krefeld / Kaiser Wilhelm Museum, 2022 (Installationsansicht)

© Dirk Rose / Kunstmuseen Krefeld

Sound in der Kunst

Die Kunstmuseen Krefeld sind seit 120 Jahren

Ort der Präsentation aktueller Kunst. An

drei Spielstätten, dem Kaiser Wilhelm Museum

in der Krefelder Innenstadt und den modernen

Villen Haus Lange und Haus Esters

im Wohngebiet Bockum bieten sie ein ideales

Forum für ein Programm, in dem bildende

und angewandte Kunst aufeinandertreffen.

Vom 25.11.2022 bis 26.3.2023 widmete sich

das Museum dem unsichtbaren Material

Sound in der Kunst der 1950er bis 1970er

Jahre eine Ausstellung unter dem Titel On

Air. In dieser experimentierfreudigen Zeit

werden Grenzen in der Kunst gesprengt und

Werkstoffe von Künstler*innen verarbeitet,

2010 Coffee Time II Panhuysen

© Museum Glaskasten, Marl

Den künstlerischen Schwerpunkt von

SOUNDSEEING 2023 bildet ein über das

Münsterland gelegtes „Ausstellungsquadrat“

die bislang im Kunstkontext keine Rolle

spielten. Auch Klänge, Töne, Geräusche, Signale

und Stimmen werden zum ‚handfesten‘

bildhauerischen Material. Das Hören bereichert

nun die sinnliche Wahrnehmung. Ausgehend

von der Maschinenplastik, fließt der

Sound in Gattungen wie Performance, Installation

und Neue Medien ein, die gerade erst

Gestalt annehmen. Im Fokus stehen Soundobjekte

von Künstler wie Yaakov Agam, Joseph

Beuys, Hermann Goepfert, Jannis Kounellis,

Bruce Nauman, Robert Rauschenberg,

Jean Tinguely, David Tudor, Timm Ulrichs

und andere.

www.kunstmuseenkrefeld.de

Timm Ulrichs | Einton-Musik außerhalb (oberhalb) des

menschlichen Hörbereichs, 1969/70 und 2022

Sinusfrequenzgenerator, Lautsprecher, Oszillograph

Maße variabel | © VG Bild-Kunst, Bonn 2023 / Foto:

Dirk Rose / Kunstmuseen Krefeld

ON AIR. Der Klang des Materials in der Kunst der

1950er bis 1970er Jahre, Kunstmuseen Krefeld /

Kaiser Wilhelm Museum, 2022 (Installationsansicht)

Foto: Dirk Rose / Kunstmuseen Krefeld

mit vier repräsentativen Ausstellungen international

renommierter Klangkünstler:innen

mit zum Teil für die Orte „in situ“ geschaffenen

Werken.

Außergewöhnliche Klänge an münsterländischen

Kulturorten. Das zeichnet das bundesweit

einmalige Klangkunstfestival SOUND-

SEEING schon seit mehr als 14 Jahren aus.

Von Rheine bis Münster und von Hörstel bis

Bocholt ist hochkarätige Klangkunst im gesamten

Münsterland und der Stadt Münster

an authentischen Orten zu erleben. Das Festival

beginnt im Kulturgut Haus Nottbeck in

Oelde mit der Ausstellung „Autokult Sketch

Trübung“, die Studierende der Klasse Suchan

Kinoshita der Kunstakademie Münster vor

Ort entwickeln. Das „Ausstellungsquadrat“

über das Münsterland wird mit einer Retrospektive

des berühmten niederländischen

Klangkünstlers Paul Panhuysen ab Anfang

KATALOG ZUR

AUSSTELLUNG

Anlässlich der Ausstellung

erscheint ein

320 Seiten umfassender,

reich bebilderter

Katalog im DCV Verlag.

Herausgeberin. Sylvia

Marin, Kunstmuseen

Krefeld,

304 Seiten, 19,5, x 25 cm,

100 Abbildungen, in deutscher

und englischer Sprache.

ISBN 978-3-96912-109-2.

EUR 40

www.dcv-books.com

Mai in der Kunsthalle Hawerkamp fortgesetzt.

Arbeiten von Peter Vogel & Achim Vogel sind

ab Ende Mai auf Burg Vischering in Lüdinghausen

zu sehen und zu hören, im Juni eröffnet

eine Einzelausstellung des nigerianischen

Künstlers Emeka Ogboh im DA, Kunsthaus

Kloster Gravenhorst. Hinzu kommen bespielbare

Installationen, Konzerte und Workshops

im Künstlerdorf Schöppingen, im Kreativhaus

Altenberge, im rock’n’popmuseum

Gronau, dem ARTandTECH.space Rheine,

der Landesmusikakademie NRW Heek, der

Musikhochschule Münster und in den Innenstädten

von Ibbenbüren und Bocholt.

Sie verzaubern das Publikum mit poetischen

Klangobjekten, raumfüllenden Klanginstallationen,

interaktiven Höranweisungen und

neuartigen Konzertformen.

www.soundseeing.net


MELBA | arttourist.com Jazz | Neue Musik | Elektro | 2023 Klang | 47

Interview

Wir sprachen mit der stellvertretenden

Direktorin und Kuratorin der

Ausstellung Frau Dr. Sylvia Martin.

Wie klingt Krefeld und welchen

Klang, welcher Klang-Ort Ihrer Stadt

ist für Sie ein Kunstwerk?

Sylvia Martin: Der Sound der Stadt

Krefeld ist quirlig, in einem angenehmen

Klangbereich, manchmal auch ein bisschen

erdenschwer. Die Stille in den Gärten

von Haus Lange und Haus Esters,

der zwei Villen von Ludwig Mies van der

Rohe, die wir seit 1955 beziehungsweise

seit 1981 als Ausstellungsorte nutzen,

ist für mich ein Kunstwerk. Mies van der

Rohe hat ja nicht nur die Häuser Ende

der 1920er gebaut, sondern auch den

Garten gestaltet. Neben Skulpturen von

Thomas Schütte oder auch Richard Serra

befindet sich seit letztem Jahr auch

eine Installation von der amerikanischen

Künstlerin Andrea Zittel, die wunderbar

zum Verweilen und Zuhören einlädt.

Erstmalig wurde die beeindruckende

Sammlung an Soundarbeiten Ihres

Hauses in der Ausstellung „ON Air“

einer Öffentlichkeit präsentiert. Sie

hatten die Idee. Wie kam es dazu?

Sylvia Martin: Die Idee zur Ausstellung

hat sich aus zwei herausragenden

Sound-Objekten entwickelt: Einmal eine

Soundarbeit von Hermann Goepfert aus

den Jahren 1961/62 und eine Arbeit

von Takis aus dem Jahr 1966. Der niederländische

Künstler Jan Dibbets hatte

1969/70 eine Einzelausstellung im Haus

Lange mit dem Titel Audio-Visuelle Dokumentationen.

Der Blick auf die eigene

Sammlung hatte sich bei mir fokussiert,

und es fanden sich immer mehr Werke

zur frühen Soundart. Seit 2016, nach der

Generalsanierung des Kaiser Wilhelm

SYLVIA MARTIN

ist seit 2005 stellvertretende Direktorin

und Kuratorin an den Kunstmuseen

Krefeld. Sie promovierte in

Kunstgeschichte an der Universität

Köln, absolvierte ein Volontariat

am Kunstmuseum Düsseldorf und

arbeitete als Kuratorin und wissenschaftliche

Mitarbeiterin am

museum kunst palast in Düsseldorf

sowie als freie Kuratorin. Zahlreiche

Ausstellungen und Publikationen

zur zeitgenössischen Kunst sowie

Kunst des 19. und 20. Jahrhunderts,

u. a. ON AIR (2022/23), Lehmbruck

Kolbe Mies van der Rohe. Künstliche

Biotope (2021), Marcel Odenbach

(2020), Christian Falsnaes. Force

(2018), Ludger Gerdes (2016/2017),

Anonyme Skulpturen. Video und

Form in der zeitgenössischen Kunst

(2010), Allora & Calzadilla (2009),

Der große Wurf. Faltungen in der

Gegenwartskunst (2008), Video-Art

(2006).

Museums und unter der Leitung von Katia

Baudin arbeiten wir verstärkt mit unseren

Sammlungsbeständen und der eigenen

Geschichte. Und da wir mittlerweile

über 120 Jahre alt sind, kommen da viele

unterschiedliche Werke und eine überaus

spannende Geschichte zusammen.

Was ist Klangkunst und wie erklärungsbedürftig

ist diese Kunstform?

Sylvia Martin: Klangkunst ist ein sehr

allgemeiner Begriff, unter dem sich viele

unterschiedliche Formen von Kunst, die

mit Sound in Verbindung stehen, verbinden

lassen. Man sollte klingenden Kunstwerken

mit wachen Augen und Ohren

begegnen, denn das, was sie auszeichnet,

ist eine Verfeinerung der Wahrnehmung.

Im Alltag ist unsere akustische Wahrnehmung

stets der visuellen nachgeordnet.

Bei einem Soundobjekt wird beides

gleichzeitig herausgefordert – das macht

es zu einer besonderen Erfahrung.

Dr. Sylvia Martin, Stadt Krefeld, Presse und Kommunikation

Es ist in diesem Zusammenhang

auch immer vom Museum als Resonanzraum

die Rede? Was versteht

man darunter und wie haben Sie

diesen gefüllt?

Sylvia Martin: Der Resonanzraum im

Rahmen der Ausstellung ON AIR bedeutete

einen Widerhall aus dem Bereich der

Musik. Gerade die Neue Musik, angefangen

mit John Cage, hat die Bildende

Kunst seit den 1950er Jahren wesentlich

geprägt und Impulse gesetzt. So sollte aus

der Perspektive der Musik das Räumliche

und das Plastische von Tönen, Klängen

und Geräuschen die Werke der Bildenden

Kunst ergänzen. Die unglaublich

lebendige Atmosphäre, das sich gegenseitige

Inspirieren und das Miteinander

von Musiker:innen und Künstler:innen

ist ein zentrales Merkmal der damaligen

Kunstszene. Für diesen Resonanzraum

haben wir ein Netzwerk an Kooperationen

gesponnen. Wir haben mit den Niederrheinischen

Sinfonikern ebenso zusammengearbeitet

wie mit dem Theater

am Marienplatz Krefeld, der Mediothek

in Krefeld und dem Musikwissenschaftlichen

Institut der Universität Köln. Es

war schön zu erleben, wie begeistert alle

mitgemacht haben.

Was setzen Sie der Formulierung

und Kunstkritik „Klangkunst legitimiert

nicht selten im Namen der

Kunstfreiheit Lärm zu machen“ entgegen?

Sylvia Martin: Was ist gegen Lärm zu

sagen? Lärm kann ebenso sensibilisieren

wie die Stille.

Sie präsentieren die Klangkunst der

1950er bis 1970er Jahre in Ihrer Ausstellung?

Was war der Stellenwert

von Klangkunst in dieser Zeit, was

ist seither in dieser Kunstform passiert

und welchen Stellenwert hat

Klangkunst heute?

Sylvia Martin: Heute ist Sound ein

selbstverständlicher Teil in der Kunst

von vielen Künstler:innen. Tatsächlich

hat die Ausstellung ON AIR, die sich

auf dieses spezielle Zeitfenster in der

Geschichte der Kunst des 20. Jahrhundert

fokussiert hat, gezeigt, dass Sound

damals als Material verstanden wurde.

Es war die Zeit, als der Kunstbegriff sich

enorm ausdehnte und viele Materialien –

Luft, Feuer, Asche, Fett – die zuvor nicht

im Kunstkontext existierten, zum Werkstoff

wurden. Künstler:innen wie auch

Musiker:innen entdeckten den Sound der

Dinge, die Klänge, die man mit elektronischen

Geräten produzieren und reproduzieren

kann, und die Geräusche von

Maschinen wurden inhaltlich Teil der

Arbeiten. Es war eine Zeit des Experimentierens,

des Entdeckens, der Überraschungen

und der gemeinsamen Arbeit.

Welche neuen Chancen und Räume

öffnen die digitalen Welten der

Klangkunst und der Präsentation

und Vermittlung dieser?

Sylvia Martin: In der Zeit der 1950er

bis 1970er Jahre spielt die Digitalisierung

natürlich noch keine Rolle. Allerdings ist

sie für die Erhaltung von Werken der

frühen Soundart und der Präsentation

dieser nun mittlerweile über ein halbes

Jahrhundert alten Objekte überaus wichtig.

Analoge Formate, ob Tonband oder

Videoband, werden heute in der Form

digitalisiert, dass die Arbeiten überhaupt

wieder für die Besucher:innen zugänglich

gemacht werden können. Durch die Digitalisierung

werden sie erhalten für die

Zukunft und auch so aufgearbeitet, dass

man sie in einer Ausstellung zeigen kann.

Klangkunst verursacht Energiekosten.

Gab es Diskussionen, ähnlich

wie bei der Lichtkunst, die Ausstellung

aus Kostengründen und einer

gesellschaftlichen Verantwortung

nicht zu machen?

Sylvia Martin: Wir haben tatsächlich

auch darüber nachgedacht. Jedoch ist

der Verbrauch an Strom bei den frühen

Soundobjekten eher gering. Zudem sind

Haus Lange, Ludwig Mies van der Rohe,

© Dirk Rose, Kunstmuseen Krefeld

DIE KUNSTMUSEEN KREFELD SIND

MUSEUM DES JAHRES 2022

Das Kunstmuseum Krefeld mit ihren

drei Spielstätten Kaiser Wilhelm

Museum und den Mies van der

Rohe-Villen Haus Lange und Haus

Esters sind von der deutschen

Sektion des Internationalen Kunstkritikerverbands

AICA zum Museum

des Jahres 2022 gekürt worden.

Die Jury begründet Ihren Entscheid

unter anderem damit, dass die

Kunstmuseen Krefeld mit ihrer

aktuellen Programmatik ein bedeutender

Pionier in der aktuell wieder

diskutierten, spartenübergreifenden

„Mehrstimmigkeit“ künstlerischer

Disziplinen seien. Seit 2016 arbeiten

die Kunstmuseen Krefeld intensiv

daran, das einzigartige Profil der

Kunstmuseen Krefeld mit ihren drei

architektonischen Juwelen und ihrer

langen, facettenreichen Geschichte

zu stärken. Der Ausgangspunkt ist

die unverwechselbare DNA des

Hauses als Schnittstellen von Kunst,

Design und Architektur.

nur wenige Arbeiten im Dauerbetrieb.

Vielmehr aktivieren Besucher:innen

zahlreiche Arbeiten selbst, und es entsteht

entsprechend nur ein temporärer

Stromverbraucht. Kunstwerke, die Strom

verbrauchen, gar nicht mehr zu zeigen,

wäre ein enormer Verlust. Ein verantwortungsbewusster

Umgang sollte jedoch

selbstverständlich sein.

DAS GESPRÄCH FÜHRTE KAI GEIGER.

Katia Baudin, Sylvia Martin, Thomas Janzen, Magdalena Holzhey, Juliane Duft (v.l.n.r.)

© Dirk Jochmann, Stadt Krefeld Presse + Kommunikation

Ruhrgebiet

Urbane Künste Ruhr

Ruhr Ding: Schlaf

5.5. – 25.6.2023

Das Ruhr Ding: Schlaf steht im Mittelpunkt des

diesjährigen Programms von Urbane Künste

Ruhr. Von 5. Mai bis 25. Juni 2023 umfasst das umfangreiche

Ausstellungsprojekt im öffentlichen

Raum 22 Werke von 19 Künstler:innen. Es bildet

zugleich den Abschluss einer Trilogie, mit der Urbane

Künste Ruhr unter der künstlerischen Leitung

von Britta Peters durch das Ruhrgebiet wandert.

Nach dem Ruhr Ding: Territorien (2019)

und dem Ruhr Ding: Klima (2021) zeigt das dritte

Ruhr Ding ortsspezifische künstlerische Neuproduktionen

in den Städten Mülheim an der Ruhr,

Essen, Witten und Gelsenkirchen-Erle. Von Fragen

nach Umwelt und Umgebung verschiebt es

den Blick auf den menschlichen Körper und dessen

Bedürfnis nach Schlaf und reflektiert mit den

Urbane Künste Ruhr, Schwesternpark Witten

© Heinrich Holtgreve

Mitteln der Kunst die Frage, wie wir leben wollen.

Zwischen Acht-Stunden-Schlafrhythmus, flexibilisierten

Arbeitszeiten, innerer Uhr und

dem Druck, immer verfügbar zu sein, stellt

der Schlaf als Phase des Nicht-Produktiv-Seins

und des Nicht-Konsumierens einen fast schon

widerständigen Zustand dar. Zugleich wird

selbst der ruhende Körper digital vermessen und

durch zahlreiche Erfindungen optimiert. Schlaflose

Nächte stehen kreativer Ausgeschlafenheit

gegenüber, traumhafte Fantasiewelten wechseln

sich ab mit real gewordenen Albtraumszenarien.

Vor dem Hintergrund neoliberaler Ökonomien

sowie technologischer wie digitaler Vermessbarkeit

von Körpern und Schlaf knüpft das Thema

auch an die einschneidenden Erfahrungen

der Corona-Pandemie an. So facettenreich der

Schlafbegriff, so auch die künstlerische Auseinandersetzung

damit.

www.urbanekuensteruhr.de

Workshop | © Sascha Markus

Saarbrücken

Experimance Festival

13. – 16.7.2023

Mittlerweile schon zu einer festen Institution

der internationalen Klangkunstszene herangewachsen,

bietet das Festival auch in seiner

diesjährigen vierten Ausgabe interdisziplinär

und an den Schnittstellen von Bildender Kunst,

Darstellender Kunst und Musik arbeitenden


48 | Klang

MELBA | arttourist.com Jazz | Neue Musik | Elektro | 2023

Andres Bosshard

Ein Leben

für den Klang

Die Vögel zwitschern, das Klappern der Leinen einer Fahnenstange,

ein Skateboard, das auf dem Asphalt aufschlägt,

murmelnde Sportler von einer Open-Air-Fitness-Station,

Musik und kreischende Kinder aus der Eishalle, ein Horn eines

herausfahrenden Schiffes, das Klingeln eines Fahrrads,

Glockengeläut, ...

Andres Bosshard hatte mich damit auf den

Heimweg geschickt. Mal genau hinhören und

zu lauschen. Ich war über die Vielfalt der Geräusche

und die wahrgenommenen Dinge –

denn man hört und schaut, woher der Klang

kommt – überrascht. Vieles von dem, was

schon immer da war, habe ich zum ersten Mal

registriert, für mich entdeckt.

Andres Bosshard, der studierte Musik- und

Kunstwissenschaftler, beschäftigt sich seit den

1970er-Jahren mit Musik und deren Improvisation,

den Tönen und Klängen und gehört zu

den international anerkannten Experten im

Bereich Klangkunst und Klangarchitektur. In

den letzten Jahren beschäftigt er sich intensiv

mit der Frage, wie ein Ort klingt, eine Stadt

und deren Umgebung, der Klang am Rande

des urbanen Raums, mit der Befragung des

Zivilisationsrauschens und dem lebensraumbezogenen

Klang. Seine Inspiration sind die

Philosophen und die Spiritualität Indiens und

Japans, wo er immer wider längere Zeit verbracht

und geforscht hat. Besonders die Rituale

haben seine Sicht auf den Klang geweitet,

und er ist der festen Überzeugung, dass der

Klang etwas Rituelles braucht. So hat er der

Bürgermeisterin von Essen bei einem Forum

für gesunde Städte auf die Frage, „Wie kann

ich den Klang meiner Stadt verändern?“, ein

einfaches, aber so erweckendes Ritual an die

Hand gegeben. Sie soll jeden Morgen, wenn

sie das Haus verlässt, für eine Minute stehen

bleiben, innehalten und lauschen. So wie er

mir diese Aufgabe nach unserem Gespräch

mit auf den Weg gegeben hat.

Bosshard hat viele spannende Projekt realisiert

und ist eine anerkannte Koryphäe auf dem

Gebiet des Klangs. Ob für die Kulturhauptstadt

Europas 2017 in Aarhus, das Naturhistorische

Museum in Wien oder eine Klangkarte

und Klangspaziergänge für die Stadt Zürich,

wo er die Teilnehmer:innen auffordert, ihre

Ohren neu zu entdecken sowie ihre Fähigkeit,

die Stimmen der Stadt zu hören und ihnen

zu antworten. Er ist immer in Sachen Klang

unterwegs und der Bedeutsamkeit einer Auseinandersetzung

über die Ursachen und Auswirkungen

auf die Gesellschaft, die Natur, die

Gesundheit und auf jeden einzelnen von uns.

Getroffen habe ich Andres Bossard in der Remise

von Schloss Seeburg in Kreuzlingen,

wo er bis Ende Juli auf Einladung des Kunstraums

Kreuzlingen arbeitet und forscht. „;

„Mumures hors Murs autour du Lac de Constanze“

oder „Andres Bosshards Audio-Ritte über

den Bodensee“ heißt sein Projekt, mit dem der

Klang-Gärtner, Klang-Architekt & Klang-Turm-

Gedanken-Springer in den ehemaligen Stallungen

der Seeburg und deren Umgebung forscht

und dort ortsspezifische Klang- und Hörexperimente

durchführt. Wir sprachen mit Andres

Bosshard über sein Leben für und mit dem Klang

und über seine Mitarbeit im Projekt „Ruheorte.

Hörorte“ im Rahmen der Regionale 2025 im

Limmattal in der Schweiz. Dort, wo das Thema

Lärm, dichter Siedlungsraum, der steigende

Verkehr und dessen Geräuschkulisse eine große

Herausforderung für die Bevölkerung darstellt.

www.soundcity.ws

Interview

Wir sprachen mit Andres Bosshard,

Klangkünstler und Musikwissenschaftler.

Herr Bosshard, Sie galten früher als

schnellster Kassettenwechsler der

Schweiz. Wieso?

Andres Bosshard: Ich war eine Art DJ,

der mit Kassetten arbeitete. Ich schloss

mehrere Kassettengeräte zusammen und

bediente sie gleichzeitig. Darin erlangte

ich eine gewisse Fertigkeit, das heißt, ich

war sehr schnell. Ich gründete eine Band

und wir spielten 15 Jahre lang sehr erfolgreich.

Wir experimentierten mit

Klängen und Geräuschen. Wir spielten

auf Dächern, in Unterführungen, ja sogar

in Bunkern. Das war in den 1980er-

Jahren.

Sie sprechen von Ihrer Band «Nachtluft»?

Andres Bosshard: Genau.

Was ist ein Klang?

Andres Bosshard: Das Wort Klang

beschreibt alle Töne, die wir gernhaben.

ANDRES BOSSHARD

ist 1955 in Zürich geboren. Studium

der Musik- und Kunstwissenschaft.

Er ist ein international gefragter

Experte für Klang und hat Projekte

auf der ganzen Welt realisiert. Er ist

selbständiger Klangkünstler und

Musiker und gestaltet Klangtürme,

-inseln, -gärten und -himmel im

öffentlichen Raum. Er publiziert

über Klangkunst, war von 2005

bis 2020 Dozent an der Zürcher

Hochschule der Künste im Departement

Kunst und Medien, ist seit

2020 Klangturm-Dozent an der

Musikhochschule Luzern und ist

Fachbeauftragter für die Realisation

der integralen Klangqualität des

Klanghauses Toggenburg. Andres

Bosshard ist ein Visionär, der Kunst

und den Klang im Alltag für alle

erfahrbar macht.

Das Gegenteil wäre der Lärm, Töne, die

uns stören. Wobei die Grenzen zwischen

Klang und Lärm fließend sind. Manche

mögen das Krachen eines Feuerwerks,

andere können es nicht ausstehen.

Lärm könnte folglich auch Klang

sein.

Andres Bosshard: Natürlich. Wir sind

es, die definieren, was Klang und was

Lärm ist. Das legen wir als Gesellschaft

fest. Dessen sollte man sich bewusst

sein, wenn man über Lärm spricht.

Ihr Leben ist verschränkt mit Klängen.

Wie fühlt sich das an?

Andres Bosshard: Klänge «haben»

mich, und zwar immer! Ich spüre sie –

beim Träumen, Aufwachen, Aufstehen,

tagsüber. Klänge sind ein Universum

und dieses Universum umgibt mich

und verändert mich. Es begleitet mich

überallhin. Klänge können Menschenstimmen

sein, eine Gabel, die auf den

Teller gelegt wird, oder ein Wassertropfen,

der auf den Boden fällt – einfach

alles. Es ist ein wunderbares Gefühl.

Besitzt ein Klang etwas, was ein

Bild oder ein Wort nicht aufweist?

Andres Bosshard: Ein Klang geht

weiter als ein Bild oder ein Wort. Der

Mensch hat die Fähigkeit, sich in den

Klang hineinzuversetzen, er ist sozusagen

im Klang drin. Denken wir an das

Gesprochene: Wir erfassen nicht nur

die Wörter, sondern auch die Tiefe oder

den Rhythmus der Stimme. Das weckt

Gefühle und diese Gefühle verbinden

den Menschen mit dem Klang.

Sie bezeichnen sich als Klang-Gärtner.

Wie kommt das?

Andres Bosshard: Um die Jahrtausendwende

durfte ich mit einem Gärtner

des berühmten Boboli-Gartens in

Florenz zusammenarbeiten. Ich merkte

rasch, dass er eine besondere Haltung

gegenüber Pflanzen hatte: Morgens,

nachmittags und abends schaute er

nach ihnen, er hegte und pflegte sie. Genau

das wollte ich anschließend auch

erreichen, Alltagsklänge hegen und pflegen.

Das ist seither meine Maxime.

Hat es nicht auch mit Japan zu tun?

Dort werden Gärtner als Künstler

angesehen.

Andres Bosshard: Das spielt auch eine

Rolle. Die Komposition eines Gartens

wird in Japan als hohe Kunst respektiert.

Das kann man direkt auf Klänge

übertragen, was ich auch tue. Aber ich

will die Klänge nicht beherrschen. Für

mich ist jeder Klang ein Wesen. Er hat

mir etwas zu sagen und ich muss ihm

zuhören. Ich führe ein Zwiegespräch mit

ihm. Das passiert mir auch im Limmattal,

soll ich das erzählen?

Bitte.

Andres Bosshard: Stehe ich auf dem

Altberg, erfasst mich jedes Mal das Raunen,

das durch das Tal geht. Darauf

muss ich mich einlassen. Ich erkenne

seine Vielfalt, ich lasse es auf mich wirken

und setze mich damit auseinander.

Dann ist es nicht mehr bloß etwas Störendes,

sondern ein Klang. Ein Fingerabdruck

des Limmattals.

Was bedeuten Ihnen Stille und

Ruhe?

Andres Bosshard: Absolute Stille ist

ein Schrecken, ich habe das zweimal

erlebt. Ist die Stille aber nicht absolut,

dann entdeckt man Geräusche, die man

sonst überhört, und das begeistert mich.

Ruhe anderseits hat mit Vertrauen zu

tun. Befinde ich mich an einem Ruheort,

kann ich davon ausgehen, dass kein störendes

Geräusch auftaucht, kein Vorbeidonnern

eines Lastwagens, kein Hochfahren

eines Rasenmähers. Das Projekt

«Ruheorte. Hörorte.» will solche Orte im

Limmattal auf einer Karte zusammenhängend

erfassen.

Ruhe gleicht also einer Einladung.

Andres Bosshard: Richtig. Man darf

darauf vertrauen, dass man etwas Spezielles

erlebt an einem Ruheort. Ich sage

hier bewusst «speziell», denn im Limmattal

grenzt der Lärm aus, und das ist

das Normale.

Wie meinen Sie das?

Andres Bosshard: Die Schneisen für

die Verkehrsachsen sind besetzte Landschaftsräume.

Sie grenzen den Menschen

aus. Diese Verkehrsachsen stehen

für den Lärm, das Hintergrundrauschen,

von dem alle reden. Das heißt, der Lärm

grenzt den Menschen aus. Und wo man

ausgegrenzt wird, fühlt man sich nicht

zu Hause. Das ist die große Herausforderung

des Limmattals!

Sie mögen den Begriff «Lärmschutz»

nicht. Wieso nicht?

Andres Bosshard: Das hängt damit

zusammen. Lärm ist eine Tatsache. Er

gehört offenbar zu der Art und Weise,

wie wir gerade leben. Man kann ihn

nicht hinter Lärmschutzwänden wegsperren,

die notabene sehr teuer sind

und wieder nur trennen. Das ist Unsinn!

Wir müssen lernen, in unserer Umgebung

so zu leben, dass der Lärm uns

nicht gegenseitig ausgrenzt. Deshalb

spreche ich von Klangraumgestaltung.

Das ändert den Blickwinkel. Ich möchte

alle dazu einladen, jedes Alltagsgeräusch

als Klang zu begreifen und zu

erleben, sodass wir diesen gemeinsamen

Klangraum aktiv gestalten können. Das

wäre einfach wunderbar und wir schaffen

das!

Wie setzt man das um?

Andres Bosshard: Ich, Andres Bosshard,

habe nicht die ultimative Lösung

dafür. Wie gesagt, wir müssen diese

Umsetzung gemeinsam gestalten. Ich

benötige die Unterstützung anderer

Menschen, denn alle können etwas dazu

beitragen. Wir müssen zusammenarbeiten,

daraus entsteht etwas Großartiges.

Das ist immer so.

Sie haben Klangspaziergänge in Dietikon

durchgeführt. Was erlebt man

bei einem solchen Spaziergang?

Andres Bosshard: Etwas vorweg: Die

Lärmemissionen einer Stadt sind nicht

naturgegeben. Es ist der Mensch, der


MELBA | arttourist.com Jazz | Neue Musik | Elektro | 2023 Klang | 49

den Lärm verursacht, und wir sind alle

daran beteiligt. Dieser Lärm ist Teil des

Klangs von Dietikon. Hinzu kommen

andere Geräusche, natürliche Geräusche,

in Dietikon etwa das Rauschen der

Reppisch. Während des Spaziergangs

mache ich auch auf diesen Stadtklang

aufmerksam.

Sie fordern also auf, genau hinzuhören.

Andres Bosshard: Nicht nur. Es geht

um viel Grundsätzlicheres: Viele Menschen

sind notorische Weghörer. Ihr Gehör

ist darin geübt, alles wegzufiltern,

was nicht benötigt wird. Sie müssen

deshalb das Hinhören wiederentdecken.

Künstler:innen eine Bühne. Dabei steht all das

im Fokus, was die Besucher:innen in überraschende,

ungeahnte Klangwelten entführt: ungewöhnliche

Klangobjekte, interaktive Installationen

oder auch selbstgebaute Instrumente.

Die vielgestaltigen Veranstaltungsformate, die

von Performance-Abend bis Club-Event reichen,

finden an diversen Veranstaltungsorten

in Saarbrücken statt: Etwa im Garelly-Haus, der

Galerie Puzić, der Johanneskirche oder dem Kulturgut

Ost sowie dem Silodom.

Weitere Informationen zum Event finden Sie unter:

www.experimance.de

Wie schafft man das?

Andres Bosshard: Wir stellen uns zum

Beispiel auf den Dietiker Bahnhofplatz

und achten bewusst auf die Stimmen

der Passanten oder die Geräusche der

abfahrenden Busse. Manchmal fordere

ich auf, mit Pylonen am Ohr zu hören.

Das hilft, den Fokus auf bestimmte

Klänge zu richten und die Tiefe des

Raums wahrzunehmen.

Limmattal (CH)

Regionale 2025

Regionale | Park am Wasser | © Regionale 2025.

In diesem Zusammenhang sprechen

Sie von «akustischem Guthaben».

Andres Bosshard: Jeder Klang gleicht

einem Aktivposten dieses Guthabens.

Das ist die Idee dahinter. Das lässt sich

auf das Limmattal übertragen. Wir sollten

seine Klanglandschaft als «akustisches

Guthaben» betrachten und es

für unser Wohlergehen einsetzen. Wir

nehmen ja nur ei Prozent davon wahr,

99 Prozent bleiben unentdeckt. Was für

eine Verschwendung!

Haben Sie deshalb die Idee eines

Klangwegs durch Dietikon lanciert?

Andres Bosshard: Ja. Der Klangweg

wäre eine Einladung, dieses Guthaben

zu nutzen. Darüber hinaus würde man

die Vielschichtigkeit des Dietiker Stadtklangs

erleben. Anstatt ins Auto oder

in den Bus zu steigen, würde man den

Weg hinunterschlendern und horchen.

Das Ziel ist, den Weg akustisch so zu

planen, dass er zum Erlebnis wird. Ein

solches Hinhören ist erholsam, man

vergisst dabei den Alltag. Viele Klänge

geben obendrein Rätsel auf, denen man

nachgehen kann. Jeder Mensch findet

darin eine persönliche Bedeutung. Das

garantiere ich!

Sie führen seit mehr als zehn Jahren

Klangspaziergänge durch. Wie sehen

die Reaktionen der Teilnehmer

aus?

Andres Bosshard: Überraschung und

Staunen sind immer dabei. Wie gesagt,

wir sind Meister des Wegfilterns. Wir

sind mit unseren Gedanken ganz woanders,

aber nicht dort, wo wir uns gerade

befinden. Beim Klangspaziergang zählt

dagegen jeder Schritt; man macht einen

Schritt, bleibt stehen und horcht. Das

unterbricht die Hektik, die uns umtreibt.

Wir gehen langsamer, denken nicht

schon an das Ziel, sondern erleben das

Jetzt.

Die Zukunft wird vom Menschen gestaltet.

Auch im Limmattal. Die Regionale 2025 unterstützt

die Ideen dieser Menschen und zeigt

ihre innovativen Projekte.

Sie gestalten neue Begegnungsorte. Sie denken

über neue Wohnformen nach. Sie organisieren

den Nahverkehr neu: Viele Menschen im

Limmattal setzen sich mit neuen Ideen für ihr

Tal auseinander.

Die Regionale 2025 bietet diesen Ideen eine

Plattform. Sie versteht sich als große Projektschau

(Ausstellung) und erinnert an eine Triennale

– eine Triennale für die Region. Die

Regionale 2025 findet im Jahr 2025 statt und

lenkt ihren Fokus auf eine der wichtigsten Regionen

der Schweiz. Zwei Zwischenausstellungen

in den Jahren 2019 und 2022 präsentieren,

wie weit die Umsetzung der Projekte bis

dahin gekommen ist.

Die vorgestellten Projekte sind innovativ. Sie

geben Antworten auf Fragen, die mit den Herausforderungen

des Limmattals einhergehen.

Sie fördern Lösungen, die den Erhalt der Lebendigkeit

und der Vielfalt des Limmattals gewährleisten

beziehungsweise diese ausbauen.

Die an der Regionalen 2025 gezeigten Projekte

machen die Zukunft des Limmattals für ein

breites Publikum sichtbar und erlebbar.

Hinter der Regionale 2025 steht der Verein

Regionale Projektschau Limmattal. Er wurde

2015 gegründet und wird von 17 Limmattaler

Gemeinden und Städten sowie von den Kantonen

Aargau und Zürich getragen. Der Verein

verfolgt das Ziel, das Image des Limmattals

Regionale Park am Wasser | © Regionale 2025.

aufzuwerten und die verschiedenen Projekte

zu koordinieren.

Die Regionale 2025 dient als Motor für die

nachhaltige Entwicklung des Limmattals. Ihre

Aktivitäten tragen zu einer weithin sichtbaren

Identität für die Region bei. Was in den

kommenden Jahren im Limmattal passiert, ist

wegweisend für die Schweiz.

Ruheorte. Hörorte.

Das Thema Lärm bleibt für das Limmattal und

seine Bevölkerung eine Herausforderung. Der

dichte Siedlungsraum und der steigende Verkehr

wirken sich direkt auf die Geräuschkulisse

aus. Im gesamten Limmattal herrscht ein

ständiges Hintergrundrauschen. Am stärksten

nimmt man dieses Rauschen an den Talhängen

und im Flussraum wahr – auch wenn dort teilweise

weder Autobahn noch Bahnlinie sichtbar

sind. Das Projekt besteht aus mehreren Initiativen,

die das Bewusstsein für die akustische

Qualität im öffentlichen Raum schärfen und

diese mit gezielten Maßnahmen aufwerten.

www.urbanidentity.info/klangreferenzlimmattal

ISA Badge © International Sound Awards

International Sound Awards

Ton und Musik spielen im modernen Alltag

eine herausragende Rolle. Mit der zunehmenden

Digitalisierung erfährt der Ton einen enormen

Aufschwung. Lärm und schlechte Akustik

beeinträchtigen unsere Gesundheit viel stärker,

als uns bewusst ist. Mehr denn je müssen wir

uns die Frage stellen, wie wir unsere akustische

Umgebung gestalten wollen. Auch Klang und

Musik haben eine große Wirkung und tragen zu

unserem persönlichen Wohlbefinden, zu einem

besseren sozialen und kulturellen Miteinander

oder zu vielen anderen gesellschaftlichen Vorteilen

bei. Sie machen die Welt zu einem besseren

Ort.

Die International Sound Awards (ISA) fördern

innovative, intelligente und nützliche Sound-

Projekte, -Produkte und -Dienstleistungen,

die zu dem Motto beitragen: Make The World

Sound Better!

Die ISA verbinden und bringen Menschen aus

verschiedenen Branchen zusammen: Sounddesigner,

Musiker, Akustiker, Ingenieure, Kreative,

Künstler, Wissenschaftler, Produktentwickler,

Innovatoren, Studenten, die Musikindustrie,

Start-ups, Investoren, Organisationen, Praktiker,

Werbung, Agenturen, Markenexperten, Medien,

Journalisten und weitere Interessierte.

Als Teil des Reeperbahn Festivals, Europas größtem

Clubfestival und B2B-Plattform für die

Musik- und Digitalbranche, bieten die International

Sound Awards den Branchenprofis ein

Programm, das Sessions, Networking-Events,

Meetings, Showcases, Award-Shows und Konzerte

mit internationalen Nachwuchskünstlern

umfasst.

www.international-sound-awards.com

Das klingt nach Zen.

Andres Bosshard: Dieses Zen gibt es

vor der Haustür und noch dazu gratis.

Will sich das Limmattal positiv entwickeln,

müssen wir aus dieser Hektik

herausfinden. Davon bin ich felsenfest

überzeugt. Hör- und Ruheorte machen

dafür einen Anfang. Es liegt an uns. Die

Klänge sind da. Sie warten auf uns.

#INTERVIEW © REGIONALE 2025

Klangspaziergang mit Andres Bosshard | © Regionale 2025.

2023 Opening, Aliresa Nesai

Trier

OPENING 24

Internationales Festival für

Aktuelle Klangkunst

2. – 4.2.2024

Das Openingfestival für Aktuelle Klangkunst ist

ein Ort der Begegnung und innovativer Raum

künstlerischer Auseinandersetzung im weitesten

Sinne, zentral verankert in der Klangkunstausstellung:

OPEN-EXPO. Die dort gezeigte wie


50 | Klang | Ausstellungen

hörbare Klangkunst stellt inhaltlich eine gleichgewichtige

Position zu ihren Konzert-Programmen

zeitgenössischer Musik dar.

Das Festival hat für die agierenden Künstler:innen

mitunter Werkstattcharakter und ist ein Zeitort

neuer Schöpfungen, experimenteller Unternehmungen,

Entwicklung und Realisierung von

Neuem. OPENING ist auch Forum für junge

Künstler:innen und Komponist:innen, die am

Beginn ihrer musikalischen Karriere stehen. Das

Festival hat mittlerweile viele Uraufführungen

zu verzeichnen, Geburtsakte, die mit besonderem

Interesse wahrgenommen werden. Nicht

selten dabei auch Werke, die explizit für Opening

entstanden sind.

Das Ansinnen und Ziel, Neue Musik einem breiteren

Publikum nahezubringen, Brückenschläge

zu vollziehen, wie es die Veranstalter immer

wieder formulierten, versuchen sie stets aus der

künstlerischen Sache selbst heraus zu realisieren.

Das bedeutet auch, auf einen Mainstream

zu verzichten.

Opening ist kein Festival für Spezialisten, sondern

versucht durch vielschichtige Programme

mit Alter + Neuer und Neuester Musik,

Klassikern der Moderne, außereuropäischer

Musik, im Augenblick entstehender Musik

oder grenzüberschreitender Performanceund

Klangkunst gerade denjenigen Türen zu

öffnen, die sich nicht als ausgewiesene Kenner

zeitgenössischer, musikalischer Avantgarde verstehen.

www.opening-festival.de

Aline Viana Prado | © Pexels

Weimar

Listening to the World

Künstlerisches Forschungsprojekt

anlässlich 100 Jahre Radio an der

Bauhaus-Universität Weimar

gestartet

2023 wird der Rundfunk in Deutschland 100

Jahre alt. Anlässlich dieses Jubiläums ist nun

das Projekt „Listening to the World – 100 Jahre

Radio“ als Kooperation zwischen der Professur

„Experimentelles Radio“ an der Bauhaus-Universität

Weimar, dem Goethe-Institut, Deutschlandfunk

Kultur und dem Haus der Kulturen der

Welt gestartet.

In Deutschland nimmt die Berliner Funk Stunde

A.G. am 29. Oktober 1923 den ersten regelmäßigen

Sendebetrieb auf. Fast ein Jahr später

folgt das erste deutsche Hörspiel. 1924 gehen

auch von London und Paris aus die ersten Radiodramen

über den Äther und läuten damit

die Geburtsstunde der Radiokunst ein. „Dieses

doppelte Jubiläum – 100 Jahre Radio und 100

Jahre Radiokunst – soll Anlass sein, die historische

Verbindung von Rundfunk und Globalisierung

zu erforschen und internationale, zum

Teil unbekannte Archive und Geschichten der

Radiophonie zu erkunden“, beschreibt Nathalie

Singer, Professorin des Experimentellen Radios,

den Ansatz des Projektes.

„Kaum eine Kulturtechnik hat unser Zusammenleben

so nachhaltig beeinflusst wie das Radiohören.

Radio vereint Völker und stiftet Identität,

es wird aber auch für Propagandazwecke

und als Spionage- und Machtinstrument eingesetzt.

Es ist von Anfang an ein Medium der Globalisierung

und spielt eine Schlüsselrolle in der

Kolonialgeschichte. Dem möchten wir genauer

auf den Grund gehen und dabei die Hörer:innen

in den Mittelpunkt rücken.“

Jede Weltregion hat ihre eigenen Geschichten

des Zuhörens und Weghörens, der Versammlung

und Spaltung von Gemeinschaften rund

um den Radioapparat. Weil aber Radiowellen

an keiner Landesgrenze halt machen, sind diese

Geschichten vielfältig miteinander verknüpft.

Die regionalen Unterschiede möchten Nathalie

Singer und ihr Team in der vierteiligen

Veranstaltungsreihe „The Bauhaus.Listening.

Workshop“ auf verschiedenen Kontinenten

herausarbeiten: u.a. in Südamerika, Südostasien

und im südlichen Afrika widmen sich

Künstler:innen, Forscher:innen, Medienschaffende

und Hörer:innen aus den jeweiligen Regionen

verschiedenen Fragen rund um das Hören

als Kulturtechnik in seiner Vielfalt und seiner

transkulturellen Vernetzungen. Der erste Workshop

ist im März 2023 in Montevideo in Uruguay

geplant.

www.uni-weimar.de

© OTO SOUND MUSEUM

Zürich (CH)

OTO SOUND MUSEUM & Sound Turm

Das OTO SOUND MUSEUM ist ein nomadisches

Museum, das Klangwerke von zeitgenössischen

Künstlern unterschiedlicher Herkunft,

Geografie und Generationen produziert, präsentiert

und sammelt. Das Museum wurde digital

als ikonoklastische Umgebung und utopische

Architektur auf der Plattform www.oto.museum

geboren. Sie wird auch genutzt, um an verschiedene

Orte in der physischen Welt zu reisen und

dabei seine Identität zu verändern.

Die Plattform www.oto.museum bewegt sich

weiter und lässt das klangliche Erbe durch vier

digitale Klangshows in verschiedene Teile der

Welt reisen. Ziel ist, die Erfahrung über Grenzen

hinweg zu verstärken, das digitale Programm zu

einem imaginären Faden werden zu lassen, der

Nähe und Ferne, An- und Abwesenheit verbindet

und jede künstlerische Erfahrung in etwas

übersetzt, das für jeden, zu jeder Zeit und an jedem

Ort zugänglich ist.

Für das Jahr 2023 hat sich das kuratorische Kollektiv

Zaira Oram entschieden, Stimmen aus

verschiedener geografischer Herkunft und Forschungsbereichen

einzuladen, die sich mit der

soziopolitischen Rolle der Klangkunst befassen.

Digitals Shows

28.3. – 30.5.2022 Zehra Doğan

6.6. – 8.8.2023 Pedro Reyes

29.8. – 31.10.2023 Ivan Kurbakov

14.11.2023 – 23.1.2024 Shata Al-Deghady in

Kooperation mit ÉDHÉA

Zaira Oram ist ein kuratorisches Kollektiv, das

sich auf experimentelle Ausstellungen und interdisziplinäre

Projekte konzentriert. Sie forschen

in den Bereichen bildender Kunst, Performance

und Klangkunst sowie in der Bildung

von Netzwerken zwischen verschiedenen Disziplinen

und Studienbereichen. Ihre Forschungsschwerpunkte

sind Migration, zeitgenössische

Erzählungen und Grenzerfahrungen. Zaira

Oram hat eine offene Identität: Sie reist und

verwandelt sich auf ihrem Weg. Das Kollektiv

wurde von Francesca Ceccherini und Eleonora

Stassi initiiert und durch die Teilnahme von

Chloé Dall’Olio, Camille Regli, Elisa Bernardoni,

Francesca Brusa und Magda Drozd erweitert.

www.oto.museum

AUSSTELLUNGEN

Rolf Julius, Musik für die Augen, 1982,

Installationsansicht Kehrer Galerie, Berlin 2015

© Estate Rolf Julius/VG Bild-Kunst, Bonn 2023

Basel (CH)

À bruit secret

Das Hören in der Kunst

bis 14.5.2023

À bruit secret. Das Hören in der Kunst ist

die vierte in einer Reihe von fünf Themenausstellungen

im Museum Tinguely, die

sich auf experimentelle Art und Weise in

die Welt der menschlichen Sinne begibt.

Vom 22. Februar bis zum 14. Mai 2023 rückt

die Schau unseren auditiven Sinn ins Zentrum,

der beim multisensorischen Erleben

von Kunst eine wichtige Rolle spielt. Sie

bietet eine Vielfalt von kunsthistorischen,

immersiven sowie interaktiven Begegnungen

mit uns bekannten und unbekannten

Klangwelten dieser Erde. Sowohl historische

als auch speziell für diese Ausstellung realisierte

Arbeiten von rund 25 internationalen

Kunstschaffenden animieren das Publikum

zum genauen Hinhören und eröffnen

dabei auch akustische Bereiche, die für das

menschliche Ohr normalerweise verborgen

bleiben. Wie hört sich die Klanglandschaft

des Basler Rheins an, oder wie klingt es unter

der Wasseroberfläche des Ozeans? Lassen

sich Stadtlärm oder tierische und menschliche

Stimmen als bildnerisch-skulpturales

Material verwenden? Wie verändern sich

die Geräusche des Urwalds im Zuge der Einflüsse

von Menschen und Klimawandel?

Können Schallwellen auch anders als über

die Ohren wahrgenommen werden, und wie

lassen sich akustische Phänomene visuell

darstellen? Gezeigt werden Skulpturen, multimediale

Installationen, Fotografien, Papierarbeiten

und Gemälde von der Zeit des

Barocks bis zur Gegenwart.

Museum Tinguely | www.tinguely.ch

Monira Al Qadiri, Holy Quarter, 2020, 20-minute

video and glass sculpture installation (video still)

© Courtesy the artist

Muttenz/Basel (CH)

Nature. Sound. Memory

Monira Al Qadiri Joan Jonas,

Sigalit Landau Maya Schweizer

Hannah Weinberger

bis 9.7.2023

Die Ausstellung Nature. Sound. Memory legt

den Schwerpunkt auf raumgreifende installative

Werkkomplexe, die sich explizit mit den

Themen Natur, Sound und Gedächtnis auseinandersetzen.

Auf eine poetische und zugleich

immersive Art und Weise ermöglichen

die fünf eingeladenen Künstlerinnen damit

ein Eintauchen in die dringlichen Themen

der kollektiven Verantwortung gegenüber

unserer Natur mit ihren Lebewesen und unserer

aller Rolle und Teilhabe an einer nötigen

Veränderung unseres Verhaltens.

MELBA | arttourist.com Jazz | Neue Musik | Elektro | 2023

Eingeladen sind fünf internationale Positionen,

die das Untergeschoss des Kunsthauses

Baselland vollumfänglich einnehmen werden.

Das Zusammenspiel der Werkgruppen

von Joan Jonas, Sigalit Landau, Monira Al Qadiri,

Maya Schweizer und Hannah Weinberger

trifft sich, so unterschiedlich die einzelnen Arbeiten

sein mögen, in der Hoffnung aller, uns

in Achtsamkeit zu schulen und stärker eine

gemeinsame Verantwortung für ein gemeinsames

Miteinander zu übernehmen. Ergänzt

werden diese fünf Positionen durch eine Reihe

von performativen Abenden, Artists Talks und

Events innerhalb der Laufzeit der Ausstellung.

Kunsthaus Baselland

www.kunsthausbaselland.ch

Hiwa K Its spring and the weather is great scaled

Herford

Sound as Message

4.11.2023 – 25.2.2024

Die internationale Gruppenausstellung

„Sound as Message“ ist Teil der programmatischen

Neuausrichtung des Museums Marta

Herford, sich künftig als Ort synästhetischer

Erfahrung zu positionieren. Im Mittelpunkt

der Ausstellung stehen multisensorische Installationen,

in denen sich Künstler:innnen

mit der menschlichen Erfahrung mittels

Klang auseinandersetzen. Sie kreieren Installationen,

die nicht primär visuell abbilden

oder darstellen, sondern vor allem akustisch

und physisch erfahren werden, innere Bilder

und Klänge erzeugen und das Raumerlebnis

bestimmen. Sie thematisieren das in seinem

Wesen immaterielle Medium Klang in seiner

physischen Dimension, sowohl was seine

Erzeugung als auch seine Rezeption betrifft,

und nutzen es als Vehikel, um Orte, Räume,

Menschen und Gemeinschaften in einer Form

zu gegenwärtigen, die zwischen Präsenz und

Flüchtigkeit oszilliert. Die Künstler:innen erkunden

das subversive Potenzial des immateriellen

Mediums, dem man sich nur schwer

entziehen kann, um unterdrückte Narrative

lebendig zu halten und ein Gefühl von Gemeinschaft

zu erzeugen. Die klangbasierten

Werke setzen auf die körperliche Anwesenheit

der Besucher:innen über einen determinierten

Zeitraum.

Marta Herford, Gehry-Galerien

www.marta-herford.de

München

Katalin Ladik Ooooooooo-pus

bis 10.9.23

Kunst_4 HDK, Katalin Ladik, Androgyn 3 ©

courtesy of the artist and acb Gallery

„Ooooooooo-pus“ ist Katalin Ladiks erste

Überblicksausstellung in Deutschland. Sie

widmet sich ihrem künstlerischen Schaffen

in den Bereichen Poesie, Performance und

Sound. Geistig und konzeptuell verwurzelt ist

das Werk der wegweisenden Künstlerin (geb.

1942, Novi Sad) in den multiethnischen und

feministischen Avantgarden des ehemaligen

Jugoslawiens. Ladik greift folkloristische, mythologische

und religiöse Motive auf, um Geschlechterrollen

und weibliche Archetypen

infrage zu stellen. Oft setzt sie dabei ihren

Körper und ihre Stimme als Instrument und

Medium ein.

Für Ladik ist der Körper eine Quelle der Poesie

und ein Ort der Selbstdarstellung, den sie

seit den 1960er-Jahren in ihren Performances

immer wieder erforscht hat. Ihre visuellen

Gedichte – Collagen aus Schnittmustern,


photo

basel

June

13 – 18

2023

© PUTPUT Popsicles 2012

Switzerland‘s first

and only art fair

dedicated to

photography based

art

Volkshaus Basel

Rebgasse 12-14

4058 Basel

Switzerland

photo-basel.com


52 | Ausstellungen

MELBA | arttourist.com Jazz | Neue Musik | Elektro | 2023

HDK, Katalin Ladik, Androgyn 3

© courtesy of the artist and acb Gallery

Notenblättern und Objekten wie Platinen

von Radios und Küchengeräten – fungieren

als musikalische Partituren. Sie erforschen

die Verbindung von Stimme und Bild und erweitern

Sprache durch lautmalerische Experimente.

„Ooooooooo-pus“ führt Ladiks vielseitiges

Werk in einer Ausstellung zusammen, die

man nicht nur sehen, sondern auch hören

soll. Klang ist zentral für das Programm des

Hauses der Kunst im Jahr 2023. „Ooooooooopus“

sowie auch „Meredith Monk: Calling“

de- monstrieren ein neues Ausstellungmodell,

das auf die Installation wegweisender Praktiken,

die auf Klang basieren, ausgerichtet ist.

Haus der Kunst | www.hausderkunst.de

HDK, Meredith Monk, Millimeter Earrings

© Kenneth van Sickle

München

Meredith Monk Calling

10.11.2023 – 3.3.2024

„Meredith Monk: Calling“ ist die bislang umfassendste

Präsentation zum Schaffen der einflussreichen

US-amerikanischen Künstlerin

(geb. 1942, New York City) mit Werken aus

sechs Jahrzehnten. Monk, die sich frei zwischen

verschiedenen Kunstdisziplinen bewegt,

hat mit ihrer Arbeit die Grenzen von

Musik, Theater, Tanz, Video und Installation

kontinuierlich erweitert. Sie gilt als Wegbereiterin

der ortsspezifischen Performance,

und ihre interdisziplinäre Arbeitsweise hat

die nachfolgenden Generationen maßgeblich

mit- beeinflusst. Im Zentrum steht dabei stets

die suggestive Kraft der verschiedenen Dimensionen

der menschlichen Stimme. Während

Monk in der Musik- und Theaterwelt weithin

bekannt ist, wird die Ausstellung im Haus der

Kunst die erste Ausstellung in Europa sein, die

dem immersiven Werk der Künstlerin gewidmet

ist. Ziel dieser Ausstellung ist es deshalb,

diese Lücke zu schließen und die Rezeption

ihres Werks in Form einer multisensorischen,

innovativen Präsentation zu ermöglichen.

Haus der Kunst | www.hausderkunst.de

Ausstellungsansicht „Broken Music Vol. 2“,

Hamburger Bahnhof – Nationalgalerie der Gegenwart,

17.12.2023–14.5.2024

© Nationalgalerie – Staatliche Museen zu Berlin /

Thomas Bruns

Berlin

Broken Music Vol. 2

70 Jahre Schallplatten und Soundarbeiten

von Künstler:innen

bis 14.5.2023

Alle waren da, Björk, Yoko Ono, Sonic Youth

und John Cage sowieso: gelbe MUSIK, ein kleiner,

1981 gegründeter Plattenladen in West-

Berlin. Betrieben wurde er bis 2014 von Ursula

Block, die 1989 die legendäre Ausstellung

„Broken Music. Artists’ Recordworks“ kuratierte.

Wenn es ein Medium gibt, in dem sich

die Wechselwirkung von Kunst und Musik

seit der Nachkriegszeit widerspiegelt, dann ist

es die Schallplatte. Künstler:innen von Andy

Warhol bis Barbara Kruger gestalten ikonische

Cover, Christina Kubisch und Susan Philipsz

schaffen intensive Soundinstallationen, und

auch Performances oder Lesungen von Anne

Imhof bis Jimmie Durham machen die Schallplatte

für ein späteres Publikum erlebbar.

„Broken Music Vol. 2“ führt die Geschichte

der Schallplatte in der Kunst bis in die Gegenwart

und zeigt rund 700 Schallplatten und

raumfüllende Soundinstallationen aus 70 Jahren

Kunst- und Musikgeschichte.

Hamburger Bahnhof –

Nationalgalerie der Gegenwart – Berlin

www.smb.museum

MK&G, Can You Hear It, Musik und KI

© Henning Rogge

Hamburg

CAN YOU HEAR IT?

Musik und Künstliche Intelligenz

26.5. – 31.10.2023

Im digitalen Zeitalter ist die Künstliche Intelligenz

(KI) ein zentrales Diskussionsthema. Welche

Chancen bietet KI, welche Gefahren birgt

sie? Und wie funktioniert sie überhaupt? Können

Algorithmen die menschliche Kreativität

ersetzen oder sogar übertreffen? Diese Fragen

stellt die Ausstellung „Can You Hear It? Musik

und Künstliche Intelligenz” im MK&G und

präsentiert verschiedene Anwendungen von

KI auf dem Gebiet der Musik. Das Spektrum

der Themen ist vielfältig und reicht von dem

Einsatz der KI in Streamingdiensten über Emotionalität

in der Filmmusik, neue Erkenntnisse

der Musikethnologie und der Instrumentenakustik

bis hin zu Hip-Hop als politisches und

globalisiertes Phänomen. Die Besucher:innen

können die multimedialen und interaktiven

Stationen der facettenreichen Ausstellung auf

spielerische Weise erkunden.

MK&G Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg

www.mkg-hamburg.de

Nevin Aladag, Visualisation

© VG Bild-Kunst, Bonn 2023

Bonn

INTERACTIONS

bis Mitte Oktober 2023

Die Bundeskunsthalle veranstaltet ein Sommerprogramm

der Interaktionen, des Spiels

sowie visueller und akustischer Impulse rund

um das Haus und ergänzt damit die vorhandenen

Kunstwerke im Außenraum: Den sich

allsommerlich auf dem Platz präsentierenden

Wasserpavillon Circular Appearing Rooms

von Jeppe Hein, die Bonner Rutschbahn von

Carsten Höller, die sich um seine eigene Achse

die Fassade hinaufschlängelt, und The Curve

von Bettina Pousttchi, die sich ebenfalls der

Bewegung widmet. Alle drei werden als partizipative

Angebote von einem breiten Publikum

sehr dankbar genutzt und eröffnen neue

Momente der eigenen Wahrnehmung.

Mit den „Interaktionen“ werden verschiedene

Orte des öffentlichen Raumes der Bundes-

kunsthalle – teilweise auch bis zum

Herbst – besetzt: Vom Dach über das Foyer

und das Forum in den Innenhof und auf den

Vorplatz werden ausgewählte Kunstwerke

oder Aufführungen angeboten, die zum interaktiven

Spiel einladen, sich aber auch mit

Bild- sprachen, Tanz, Musik oder Klang als

grenzüberschreitende und universelle Kommunikationsform

beschäftigen. Performances

verschiedener Künstler*innen bilden eine gestische

Ergänzung.

Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik

Deutschland | www.bundeskunsthalle.de

Frankfurt

„MILESTONES – Favorite Club

Tracks 1985–2020“

seit Anfang Februar

Nachdem sich in der Eröffnungsausstellung

des Museum of Modern Electronic Music (gefördert

durch die Hauptpartner Hyundai und

Samsung) alles um den Frankfurter Sven Väth

drehte, steht in der Folge-Präsentation die

elektronische Musik selbst im Mittelpunkt.

Dazu hat das MOMEM über 100 DJs aus über

20 Nationen von sechs Kontinenten eingeladen,

ihre Top 20 der für sie bedeutendsten

Tracks der elektronischen Musik einzureichen.

Unter den teilnehmenden DJs befinden

sich u.a. der italienische Shooting-Star Anfisa

Letyago, die Detroit-Legende Carl Craig,

MOMEM Portal, Foto © Kristof Lemp

aus Frankreich Miss Kittin, die Brasilianierin

BlancaH, der Däne Kölsch und der japanische

Techno-Pionier Ken Ishii.

Aus diesen persönlichen TOP 20 der teilnehmenden

DJs und der Vielzahl der in den letzten

Jahren veröffentlichten Rankings in Magazinen

wie dem deutschen „Groove“ oder

dem internationalen „Mixmag“ haben die

Kuratoren der Ausstellung, Dr. Torben Giese,

Alex Azary und Talla 2XLC, die 50 wichtigsten

Tracks der elektronischen Musik ausgewählt.

Die Ausstellung „MILESTONES – Favorite Club

Tracks 1985–2020“ macht die Energie, Kraft

und Kreativität dieser Tracks nun im zum

Club umgestalteten Museum erlebbar. Der

Ausstellungsbesuch wird zur musikalischen

Reise zwischen House, Trance und Techno, auf

der das Stillstehen schwerfällt.

Zeitgenössische elektronische Musik wird

vor allem über den Tanz-Kontext wahrgenommen.

Dies visualisieren im Rahmen der

Ausstellung über 50 Fotografien von Tanzenden

aus der ganzen Welt, die auf überdimensionierten

Screens (in Zusammenarbeit mit

SAMSUNG) präsentiert werden.

MOMEM Frankfurt, Hauptwache

www.momem.org

pid, 1973-08-28 © Hartmut Beifuss

Dortmund

Nam June Paik: I Expose the Music

bis 27.8.2023

Als „the world’s most famous bad pianist“ bezeichnete sich Nam June Paik gern selbst und

spielte damit auf das musikalische und performative Element in seinem Werk an. Die Ausstellung

„Nam June Paik: I Expose the Music“ des Museums Ostwall im Dortmunder U stellt das

Werk des Pioniers der Videokunst unter diesem Schwerpunkt vor: Live-Momente, die sich wie

ein roter Faden durch seine künstlerische Karriere ziehen.

Rund 100 Arbeiten zeigt die Ausstellung, die am 16. März 2023 eröffnet wurde, darunter Installationen,

Skulpturen, Audio- und Videoarbeiten, ungewöhnliche Partituren, Handlungsanweisungen

und Konzepte sowie Fotodokumente und Plakate. Anschaulich wird so, wie das

Publikum Paiks Performances unmittelbar erlebte und aktiv einbezogen wurde, ob im Galerieraum

oder in der Live-Fernsehübertragung. Erstmals wird in Deutschland die sound- und

bildgewaltige Rauminstallation „Sistine Chapel“ (1993) zu sehen sein, die als frühes Beispiel

multimedialer Immersion einen Remix Paik-spezifischer Pop-/Kulturgeschichte aufführt.

Museum Ostwall im Dortmunder U

www.dortmunder-u.de


MELBA | arttourist.com Jazz | Neue Musik | Elektro | 2023 Elektro | 53

Elektro

© Kai Geiger

Basel (CH)

HEK Haus der

Elektronischen Künste

Das HEK (Haus der Elektronischen

Künste) in Basel widmet sich der

digitalen Kultur und den neuen

Kunstformen des Informationszeitalters.

Seit 2011 finden an diesem

Ort kreative und kritische Diskurse

über die ästhetischen, gesellschaftspolitischen

und ökonomischen

Auswirkungen von Medientechnologien

statt. Das HEK zeigt zeitgenössische

Kunst, die neue Technologien

erforscht und gestaltet;

es fördert eine ästhetische Praxis,

die Informationstechnologien als

Medium nutzt, anschaulich macht

und aktiv in deren Prozesse eingreift.

Damit stellt sich das HEK

den drängenden Fragen zur Kultur

des 21. Jahrhunderts und trägt aktiv

zu deren Vermittlung bei.

Als interdisziplinär ausgerichtetes

Museum befasst sich die Institution

spartenübergreifend mit dem

aktuellen Kunstgeschehen in der

bildenden Kunst, Musik, Theater,

Tanz, Performance und Design. Dabei

bietet das HEK einer breiten Öffentlichkeit

Einblicke in Kunstproduktionen

an der Schnittstelle von

Kunst, Medien und Technologien.

In einem vielfältigen Programm,

bestehend aus Ausstellungen, Performances,

Konzerten, kleineren

Festivalformaten, Vermittlungsangeboten

und Online-Angeboten,

greift das Haus aktuelle gesellschaftliche

Themen und Fragestellungen

auf.

www.hek.ch

Radar Festival, Langstrasse Zurich © Dirk Hoogendoornmoens

11°22’4“142°35’5’’ / Accordion Noise and Visual

Performance / Stefan Mittlböck-Jungwirth-Fohringer

(AT), Johannes Pöll (AT) and Johannes Lugstein (AT)

© Tom Mesic

Linz (A)

Ars Electronica Festival 2023

Festival für Kunst, Technologie

und Gesellschaft

6. – 10.9.2023

Aus erster Hand erfahren, wie neue

Technologien unser Leben verändern.

Selbst erleben, wie Machine

Learning, VR, Robotik oder Biotech

zu einem sozial und ökologisch

nachhaltigen Fortschritt beitragen

können. Auf Augenhöhe mitdiskutieren,

welche Rechte und Pflichten

wir als digitale Bürger*innen haben

sollten. Menschen aus aller Welt

kennenlernen, die kritisch, aber optimistisch

unser aller Zukunft mitgestalten

wollen. Für all das steht

Ars Electronica. Wir freuen uns darauf,

dass auch du mit dabei bist!

Ars Electronica zählt weltweit zu

den ersten Adressen für Medienkunst.

Auf dem Festival triffst du

das Who is Who der internationalen

Medienkunstszene ebenso wie

junge Shootingstars, die gerade erst

anfangen, sich einen Namen zu

machen. Allen voran möchten wir

dir eine der vielen Ausstellungen,

die „CyberArts“ ans Herz legen, wo

die besten Medienkunstwerke des

Jahres zu sehen sind, die von der

internationalen Jury des renommierten

Prix Ars Electronica ausgezeichnet

wurden.

Ein weiteres „Muss“ ist die große

Ausstellung zum jeweiligen Jahresthema

des Festivals, in der immer

wieder künstlerische Positionen auf

spektakuläre Weise präsentiert werden.

Lass dich bei der STARTS Prize

Exhibition von bahnbrechenden

Kooperationen zwischen Wissenschaft,

Technologie und Kunst inspirieren!

Jedes Jahr nutzen mehrere

Dutzend internationale Universitäten

die Ars Electronica als Plattform

Paris (F)

Days Off

29.6. – 8.7.2023

Days Off ist ein Multi-Genre-Musikfestival, das

zu Beginn jedes Sommers in Paris stattfindet.

Die Konzertreihe, die dieses Jahr ihre zehnte

Ausgabe feiert, beherbergt eine Reihe aufregender

und äußerst talentierter Musiker:innen

aus einer Vielzahl von Genres.

Was alle Acts vereint, ist ihr Wunsch zu experimentieren

und etwas Einzigartiges zu schaffen

– von der Ikone der alternativen Musik,

David Byrne, bis zum modernen klassischen

Komponisten Nils Frahm. Das Line-up feiert

die kreativsten Personen und Acts mit mit

Sigur Rós, José González, Obongjayar, Kevin

Morby und viele mehr.

www.daysoff.fr/fr/

und präsentieren in der Campus-

Ausstellung beeindruckende Ergebnisse

ihrer Bildungsprogramme

an der Schnittstelle von Kunst und

Technologie.

www.ars.electronica.art

Graz (A)

springfestival for electronic

art & music Graz

EYE & EAR OPENERS

7.–11.6.2023

Das Programm der 23. Ausgabe des

Festivals steht. Neben hochkarätigen

Acts, die es heuer auch im

Stream zu sehen gibt, verwandeln

außergewöhnliche Streetart-Artists

die Stadt in ein audiovisuelles Gesamtkunstwerk.

Das springfestival

Graz ist seit jeher eine der größten

österreichischen Plattformen für

Elektronische Kunst und Musik und

somit auch Sprungbrett für ein internationales

Fachpublikum. So hat

es beispielsweise im letzten Jahr den

„The Sound Of Graz Wettbewerb“

ins Leben gerufen. Über 80 Einreichungen

von heimischen Talenten

machen den Wettbewerb zu einem

der erfolgreichsten Initiativen, diese

Zürich (CH)

RADAR – Festival For New Music 2023

16.9.2023

Gemeinsam neue Künstler:innen entdecken – im

Spätsommer 2023 geht das Radar Festival in die fünfte

Runde und lässt dich entlang der Langstrasse wieder

frische musikalische Entdeckungen machen. Das

Festival bietet am Samstag, 16. September 2023 ein

unverwechselbares Musik-Erlebnis: Über 25 nationale

und internationale Acts spielen an einem Abend in

mehr als 8 Locations live. Der kompakte Timetable

sowie die Vielfalt und Dichte an Konzerten in einzigartigen

Locations machen das Festival zu einem

außergewöhnlichen, inspirierenden und aufregenden

Erlebnis. Genres spielen am Radar Festival keine

Rolle. Die musikaffinen Festivalbesucher:innen

lassen sich von der Energie der unterschiedlichen

Newcomer-Acts anstecken, ziehen mit Neugier zu

Fuß um die Häuser und tanzen zu unterschiedlichen

Musikgenres bis in die frühen Morgenstunden. Das

Radar Festival begeistert mit genreübergreifender

Live-Musik und ohne Headliner – ein Pflichttermin

für alle neugierigen Musikliebhaber:innen.

www.radarfestival.ch

zu fördern. Nach wie vor zeichnet

sich das Festival dadurch aus, dass

60 Prozent der auftretenden Acts

heimische Künstler:innen sind.

www.springfestival.at

Tomás Saraceno, »Algo-r(h)i(y)thms « (2023) in der

Ausstellung »Renaissance 3.0« im ZKM | Karlsruhe,

2023. | © ZKM | Zentrum für Kunst und Medien

Karlsruhe. Foto: Felix Grünschloß

Radar Festival, Langstrasse Zurich © Dirk Hoogendoornmoens

Radar Festival, Langstrasse Zurich © Dirk Hoogendoornmoens

Ben Howard © BH

Karlsruhe

Peter Weibels Abschiedsausstellung

„Renaissance 3.0. Ein

Basislager für neue Allianzen

von Kunst und Wissenschaft

im 21. Jahrhundert”

bis 7.1.2024

Das ZKM | Zentrum für Kunst und

Medien Karlsruhe trauert um Peter

Weibel, der am 1. März 2023 nach

kurzer schwerer Krankheit verstorben

ist. Bis zuletzt hat er an seinem

Ausstellungs- und Forschungsprojekt

»Renaissance 3.0« gearbeitet.

In seiner neuen und zugleich letzten

Ausstellung der arabischen

und italienischen Renaissance zur

gegenwärtigen dritten Renaissance.

Die Ausstellung errichtet ein Basislager

für neue Allianzen von Kunst

und Wissenschaft im 21. Jahrhundert

und veranschaulicht das Entstehen

einer neuen Werkzeugkultur.

Ein zentrales Element im Ausstellungsraum

bildet das interaktive

Wissensfeld, in dem Besucher:innen

Begriffe im Raum physisch ansteuern

und sich erläutern lassen können.

Das künstlerische Wissensfeld ist

als eine experimentelle Kollaboration

zwischen Mensch und Maschine

konzipiert, bei der menschliches und

maschinelles Lernen performativ in

Aktion zueinander treten.

www.zkm.de

KW-KP-grün © Kraftwerk

Karlsruhe

MENSCH-MASCHINE

KRAFTWERK: Einziges

Deutschland-Konzert 2023

in Karlsruhe

Elektronische Musik und

multimediale Performance

am 12.8. vor dem Schloss

Das KRAFTWERK Projekt wurde

1970 von Ralf Hütter und Florian

Schneider in ihrem Kling.Klang

Studio in Düsseldorf begründet. Als

erste deutsche Künstler wurden sie

2014 mit dem Grammy Lifetime

Achievement Award für ihr Lebenswerk

ausgezeichnet und im Jah-

re 2021 in die Rock & Roll Hall of

Fame aufgenommen. Am Samstag,

12. August, werden KRAFTWERK

ihr einziges Deutschland-Konzert in

diesem Jahr spielen – und zwar in

Karlsruhe.

Das einzige Deutschland-Konzert

2023 verspricht auch eine einzigartige

Show zu werden: Während

KRAFTWERK auf dem Balkon des

Karlsruher Schlosses in Stellung

gehen, projizieren 16 Hochleistungsbeamer,

die für die SCHLOSS-

LICHTSPIELE bereits aufgebaut sein

werden, die Multimedia-Show zum

Konzert auf die 170 Meter breite

Schlossfassade. Im Zusammenspiel

von Musik und Performance-Kunst

kreieren KRAFTWERK auf und vor

dem Karlsruher Schloss ein Gesamtkunstwerk.

Das Projection Mapping

des KRAFTWERK-Konzertes

wird auch während der SCHLOSS-

LICHTSPIELE, die vom 16. August

bis zum 17. September allabendlich

das Karlsruher Schloss leuchten lassen,

als eigenständige Show im Programm

zu sehen sein.

www.karlsruhe-event.de


54 | Elektro | Immersive Art

MELBA | arttourist.com Jazz | Neue Musik | Elektro | 2023

Olafur Eliasson, 2020, Photo © Franca Candrian

Studio Olafur Eliasson

Das Team im Studio Olafur Eliasson besteht aus

Handwerkern und spezialisierten Technikern,

Architekten, Archivaren und Kunsthistorikern,

Web- und Grafi kdesignern, Filmemachern,

Köchen und Administratoren. Sie arbeiten mit

Eliasson zusammen, um sowohl Kunstwerke,

Projekte und Ausstellungen zu entwickeln, zu

produzieren, zu installieren als auch um zu experimentieren,

zu archivieren, zu recherchieren,

zu veröffentlichen und zu kommunizieren.

Eliasson und das Studio realisieren nicht nur

Kunstwerke im eigenen Haus, sondern arbeiten

auch mit Bauingenieuren und anderen Spezialisten

und weltweit mit Kulturschaffenden,

politischen Entscheidungsträgern und Wissenschaftlern

zusammen. Das Studio veranstaltet

Workshops und Veranstaltungen, um den

künstlerischen und intellektuellen Austausch

mit Menschen und Institutionen außerhalb

der Kunstwelt zu fördern. Olafur Eliasson ist

ein sozial und ökologisch engagierter Künstler,

der im Dialog mit Politikern und NGOs steht.

Im September 2019 wurde er von der UN zum

Botschafter für den Klimaschutz ernannt. Eliasson

ist der Überzeugung, dass Kunst eine

Sprache ist, die das Potenzial hat, Menschen in

Bewegung zu versetzen. Raumfü llende Werke,

durch deren Erleben beim Betrachter die Refl

exion über sich selbst und die Welt angeregt

wird, sind sein Kennzeichen. Eliasson arbeitet

seit Mitte der 1990er-Jahre aus seinem Studio in

Berlin mit einem großen Team verschiedenster

Spezialistinnen und Spezialisten, etwa in den

Bereichen Design, Architektur, Recherche und

Multimedia. Das Studio umfasst neben den verschiedenen

Teams und Werkstätten auch eine

Küche, in der gemeinschaftlich gegessen wird.

www.olafureliasson.net

At Studio Olafur Eliasson, lunch at the studio, 2017 Photo: Marí a del Pilar Garcí a Ayensa© 2017 Olafur Eliasson

LATENT BEING - REFIK ANADOL - LIGHT ART SPACE - KRAFTWERK

BERLIN © Camille Blake

Lichtfaktor

Lichtfaktor ist eine Kreativagentur im Bereich

der Premium Kommunikation und des

Live- Entertainments. Von Klassischer Print-

Werbung über Viral-Marketing bis hin zu interaktiven

Installationen und Live-Bühnen-

Performance bietet Lichtfaktor innovative und

einzigartige Produkte. Getrieben von ihrem Anspruch,

die Grenzen des technisch Möglichen

auszureizen und bestehende Kunstformen mit

neuen Darstellungsformen zu kombinieren, erschaffen

Lichtfaktor kreative und individuelle

Lösungen. Seit mehr als zehn Jahren setzt sich

Lichtfaktor professionell mit Light Painting

auseinander. Es ist die Quelle der meisten Innovationen,

die sie geschaffen haben, und der

Ursprung von Lichtfaktor. Mit ihren hohen

Ansprüchen an die Zeichnungen und Lichttexturen

haben sie neue Maßstäbe gesetzt.

Ob Studioproduktion oder Shooting on Location: