MELBA 2023 Extended Edition
Kulturzeitung der www.arttourist.com mit den Themen Jazz, Neue Musik, Elektronische Musik, Kunst, Klangkunst. Jahrespublikation Laufzeit von Mai 2023 bis April 2024) mit Informationen, Hintergründen, Interviews und vielen Links.
Kulturzeitung der www.arttourist.com mit den Themen Jazz, Neue Musik, Elektronische Musik, Kunst, Klangkunst. Jahrespublikation Laufzeit von Mai 2023 bis April 2024) mit Informationen, Hintergründen, Interviews und vielen Links.
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MELBA
#JAZZ | Neue Musik
arttourist.com gazette
2023
Jazz | Neue Musik | Crossover | Elektronische Musik | Klangkunst | Clubs | Festival
In
Freund
schaft
9.–25.6.2023
Von Familienbanden, Bruderzwist und
Wahlverwandtschaften in der Musik
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Prinz Louis Ferdinand, Jean Laurent Mosnier ©Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg, Fotograf: Gerhard Murza / photocase.de ©Addictive Stock
MELBA | arttourist.com Jazz | Neue Musik | Elektro | 2023 Editorial | 3
Editorial
Liebe Leserin, lieber Leser,
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20. OKT – 26. NOV
MARIA JOAO
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JAZZTAGE-DRESDEN.DE
DOMINIC MILLER
TINA TANDLER
ANDREAS KÜMMERT
SARAH MCKENZIE
JAMES CARTER
MORGAN JAMES
TINGVALL TRIO
LAILA BIALI
KENNEDY ADMINISTRATION
HOTEL BOSSA NOVA
TORSTEN GOODS
UND VIELE WEITERE …
18. - 30. JULI 2023
TRAVEMÜNDE
INTERNATIONAL
EMOTIONAL
PHÄNOMENAL
es ist wieder jazzahead!-Zeit, zu der unsere Zeitung
in gedruckter Form und in erweiterter Form
als Extended Version auch online erscheint. Und
das war lange nicht klar, ob wir unsere Zeitung
in einer für die Kultur-und Veranstalterbranche
immer noch fragilen Zeit finanziert bekommen.
Teuerung, Ukraine-Krieg und Energiekrise, ein
immer noch zurückhaltendes Publikum und die
ständige Frage, wie sich die finanziellen Rahmenbedingungen,
Förder- und Subventionsstrukturen
verändern werden, machen es der Kultur
nicht leicht.
Mehr denn je benötigt die Kultur Sie, mich, uns,
die die Kultur produzieren, leidenschaftlich dem
Kai Geiger © Michael Schrodt
kreativen Schaffen nachgehen, es auf die Bühne
bringen, dies finanzieren, darüber berichten und immer und immer wieder begeistert besuchen.
Damit Kultur entsteht und auch bleibt, sind Formate wie die jazzahead! unersetzbar, als Marktplatz der
Musikbranche zum Austausch, zur Vernetzung, zur Interessenvertretung, Solidarisierung, zur Sichtbarmachung
von Vielfalt und Diversität und zur Vereinbarung von neuen Allianzen, Ideen und Formaten.
Ergänzt wird die jazzahead! seit letztem Jahr durch die Preisverleihung des Deutschen Jazzpreises der
Initiative Musik, der wir mit großer Vorfreude entgegensehen. Drei unserer Titelgesichter, Joo Kraus (MI-
LES 2016), Nicole Johänntgen (PEGGY 2019) und Antonia Hausmann (MELBA 2023) sind im Rennen
um den Deutschen Jazzpreis.
Wir haben wieder interessante Inhalte rings um die Themen Jazz, Neue Musik, Elektronische Musik und
Klangkunst für Sie zusammengetragen, alles Bereiche, in denen Künstler:innen vermehrt genreübergreifend
experimentieren und innovative Produktionen realisieren. Mit großer Freude haben wir mitbekommen,
dass die Inhalte unserer letztjährigen Ausgabe TONY zu neuen Kooperationen geführt haben, die
gerade an verschiedenen Orten im Entstehen sind.
Unsere Patin für MELBA ist die unvergessene amerikanische Posaunistin Melba Liston (1926 – 1999).
Unser Titelgesicht ist die wunderbare Antonia Hausmann aus Leipzig, die der FAZ Journalist Thomas
Lindemann als Entdeckung und neue Stimme im deutschen Jazz bezeichnete. Sie sprüht vor facettenreicher
Musikalität und hat sich bereits in jungen Jahren einen festen Platz in der Männerdomäne der
Posaunen gesichert. Und dabei wäre der Traum, Musik zu machen, beinahe schon früh zu Ende gewesen!
Wir wünschen Ihnen eine spannende Klanglesereise durch MELBA. Zwischen unseren Jahrespublikationen
halten wir Sie über www.arttourist.com, @thearttourist und @jazzacrosseurope auf dem
Laufenden. Folgen Sie uns, wir nehmen Sie gerne mit zu unseren Kultur-Entdeckungen.
MÖGE VIELES MÖGLICH SEIN
Die Kultur braucht uns, wie brauchen Kultur!
Mit herzlichen Grüßen
Kai Geiger
Herausgeber arttourist,
geiger@artcities.com
ZBIGGY
#JAZZ
| Neue Musik
arttourist.com gazette
2023
Jazz | Neue Musik | Crossover | Elektronische Musik | Klangkunst | Clubs | Festival
Vorschau ZBIGGY 2024
Namensgeber ist der polnische Jazzgeiger
Zbigniew „Zbiggy“ Seifert (7.6.1946 –
15.2.1979), der zu einem der kreativsten Jazzmusiker
Europas gehörte. Unser ZBIGGY ist
der deutsche Komponist, Violinist und Pianist
Gregor Hübner, der in
New York und München lebt und Schöpfer
des Begriffs Progressive Chamber Music
(siehe MELBA Extended Version) ist.
NORDIC SOUNDS
www.classicalbeat.de
Danke:
DRUCKHAUS WAIBLINGEN
Impressum: arttourist | Titel: Antonia Hausmann © Marco Sensche | Produktion,
Gestaltung & Layout: Chris Bernert, chris@ deluxe-grafik.com | Druck: Druckhaus
Waiblingen www.dhw.de | Redaktion: arttourist, Glärnischstraße 7, D-78464 Konstanz,
Tel. +49 (0)7531 8074704, www.arttourist.com, info@artcities.com
www.facebook.com/arttourist.com
www.instagram.com/thearttourist/
#thearttourist #jazzacrosseurope
4 | Allensbach
MELBA | arttourist.com Jazz | Neue Musik | Elektro | 2023
Allensbach (D)
Allensbach Hat's
24. JAZZ am SEE 2023
>>Grenzgänge – Jazz und mehr….
JAZZ am SEE steht von Anfang an für außergewöhnliche musikalische Begegnungen
verschiedener Kulturen, Genres und großer Stimmen des Jazz. Ein Konzert mit der
Musikerlegende Charlie Mariano war der Beginn der Reihe. Viele weitere unvergessliche
Konzerte mit beeindruckenden Künstlern aus der ganzen Welt folgten. Auch
in diesem Jahr wird es Wiederbegegnungen und Entdeckungen geben. Ein
kleines, feines und internationales Programm, das Raum für musikalische
Grenzgänge gibt.
Neugierig geworden? Wir laden herzlich dazu ein, uns auf diesen vielseitigen
akustischen Reisen zu begleiten, denn Musik kennt keine
Grenzen.
Adam Bałdych | © Magda Tracz
WOLFGANG HAFFNER TRIO
„Haffner plays Haffner“
Mo. 11. September 2023
ev. Gnadenkirche Allensbach | 20 Uhr
Wolfgang Haffner – drums | Simon Oslender –
keys | Thomas Stieger - bass
Ein Meister von Atmosphäre, Groove und Flow.
Der zweifache ECHO-Jazz-Preisträger Wolfgang
Haffner zählt zu den bekanntesten deutschen
und weltweit erfolgreichsten Schlagzeugern.
In seinem aktuellen Programm „Haffner plays
Haffner“ präsentiert er ausschließlich eigene
Kompositionen in komplett überarbeiteten Arrangements.
Für dieses besondere Projekt hat
er sich mit dem Shooting-Star der deutschen
Jazzszene Simon Oslender und dem Bassisten
und begehrten Sessionmusiker Thomas Stieger
gleich zwei Ausnahmemusiker in die Band geholt.
THE JAKOB MANZ PROJECT
„Natural Energy“
Mo. 09. Oktober 2023
ev. Gnadenkirche Allensbach | 20 Uhr
Jakob Manz – sax | Hannes Stollsteimer - piano |
Frieder Klein - bass | Paul Albrecht - drums
Young & Next. 21 Jahre jung und bereits Landesjazzpreisträger
Baden-Württemberg 2022.
Ein Ausnahmetalent und die Entdeckung. Das
„The Jakob Manz Project“ zählt mit ihrem frischen
und zupackenden Sound zu den erfolgreichsten
Bands des jungen deutschen Jazz und
trat auf großen Festivals wie Jazz Baltica auf.
Ihr Debüt Album „Natural Energy“ erschien im
April 2020 beim renommierten Label ACT.
Die Band spielt einen sehr groovigen Jazz, eine
Balance aus Tradition und Moderne, die mit
zahlreichen Einflüssen aus Funk, Soul, Pop,
Filmmusik, Hip-Hop, Rock oder Weltmusik
angereichert ist. Die Individualität der Bandmitglieder
spiegelt sich in den vielfältigen Eigenkompositionen
wider, jedes gibt der Musik
seine eigenen Impulse.
ADAM BAŁDYCH QUARTET
Mo. 13. November 2023
ev. Gnadenkirche Allensbach | 20 Uhr
Adam Bałdych – violine | Łukasz Ojdana – piano |
Michał Barański – Bass | Dawid Fortuna – drums
Adam Baldych gehört zu den größten Jazzgeigern
unserer Zeit. Kaum ein anderer vermag
es, die Violine mit einer solch unglaublichen
Virtuosität zu spielen. Seine technisch atemberaubenden
Linien erinnern an die eines Bläsers
und mehrstimmige Passagen an das Akkordspiel
eines Pianisten. Seine musikalischen Interpretationen
und gleichermaßen lyrische
und dynamische Musik begeistern. Mit seiner
Kreativität, die Grenzen seines Instruments,
zwischen den Genres und zwischen Komposition
und Improvisation zu überschreiten sorgt
er für Furore. Zahlreiche Preise hat er für sein
außergewöhnliches Spiel erhalten und trat auf
den wichtigsten Jazzfestivals, in renommierten
Konzertsälen auf.
Bei JAZZ am SEE gab er vor einigen Jahren ein
gefeiertes Konzert mit dem israelischen Pianisten
Yaron Hermann und kommt nun erstmalig
mit seinem Quartett.
M. Mezquida | © MireiaMiralles
MARCO MEZQUIDA TRIO
„Letter to Milos“
Di. 28. November 2023
ev. Gnadenkirche Allensbach | 20 Uhr
Marco Mezquida – piano | Martin Melendez –
cello | Aleix Tobias – drums, percussions
Eine der quirligsten Figuren und wichtigster
Vertreter der spanischen Jazzszene.
Der 1987 auf Menorca geborene Pianist, Improvisator
und Komponist Marco Mezquida wurde
von der „Asociación De Músicos de Jazz y Moderna
de Cataluña“ gleich viermal zum Musiker
des Jahres gewählt. Auf seinen Tourneen rund
um den Globus begeistert der klassisch ausgebildete
Pianist sein Publikum mit überschäumender
Spielfreude und einem genreüberschreitenden
musikalischen Feuerwerk. „Letter to Milos“,
ein musikalischer Liebesbrief an seinen Sohn im
ersten Lebensjahr, ist das neueste Werk und eine
Hommage an die traditionelle iberische Musik
mit ihren verschiedenen Stilen.
NILS LANDGREN
„CHRISTMAS WITH MY FRIENDS“
Do. 07. Dezember 2023
ev. Gnadenkirche Allensbach | 20 Uhr
Eine jazzige Weihnachtsmusik mit
Gänsehautgarantie.
dere Reiz liegt in der klaren und eindringlichen
musikalischen Sprache, die wohltönend, wärmend,
gefühlvoll und berührend ist. Eine jazzige
Weihnachtsmusik mit Gänsehautgarantie.
JAZZ UND MEHR… der besondere
musikalische Grenzgang
Mo. 23. Oktober 2023
ev. Gnadenkirche Allensbach | 20 Uhr
MARIE SPAEMANN (cello, voc.) &
CHRISTIAN BAKANIC (acc.)
Ein Cello, eine Stimme, ein Akkordeon – Vielfalt
und Virtuosität, die fesselt und Grenzen sprengt.
Beide sind erfolgreiche Solokünstler. Dem Duo
gehört ihre Leidenschaft. Wenn ihre Stimme,
ihr Cello und sein Akkordeon zusammen erklingen,
treffen Soul und Jazz, Klassik, Tango
Nuevo und Weltmusik aufeinander und verschmelzen
zu erfrischenden Eigenkompositionen,
Songs und spannenden Neuinterpretationen.
Charakteristisch für die Musik des Wiener
Duos ist jedoch, wie elegant und gleichzeitig
entschlossen sie verschiedene Traditionen als
Sprungbrett für eigene Ideen nutzen.
Info und VVK für alle JAZZ am SEE-Konzerte:
Kultur- und Tourismusbüro Allensbach
Tel. +49 7533 801 35
kulturbuero@allensbach.de
www.allensbach.de
www.facebook.de/allensbach
www.instagram.de/allensbachambodensee
www.mühlenwegmuseum.de
TIPP: 25. JAZZ am SEE 2024
Jubiläumsprogramm voraussichtlich
ab Dezember 2023 erhältlich
The Jakob Manz Project | © Thomas Kiehl
Ein festlicher und ganz besonderer Abschluss
der 24. JAZZ am SEE-Reihe. Weihnachtslieder,
so schön und so anders - von „Mr. Red Horn“
Nils Landgren und seinen virtuosen Freunden.
Der schwedische Posaunist, Sänger und
einer der erfolgreichsten Jazzmusiker Europas
Nils Landgren träumte viele Jahre davon, ein
musikalisches Weihnachtsfest zu feiern. 2006
war es soweit, und weil ›Christmas With My
Friends‹ unter Fans wie Kritikern bald als eine
der schönsten je aufgenommenen Weihnachtsplatten
galt, folgten dem Werk weitere. Inzwischen
gehören die kitschfreien, wärmenden
Aufnahmen und Konzerte für zehntausende
Menschen fest zur Weihnachtszeit. Der beson-
Nils Landgren | © Nicola Stankovic
MELBA | arttourist.com Jazz | Neue Musik | Elektro | 2023 Bonn | 5
Bonn (D)
Jazzfest
Bonn 2023
Der zeitgenössische Jazz ist so vielfältig wie nie. Wer ihn in seiner ganzen
Bandbreite erleben will, hat beim Jazzfest Bonn vom 1. bis 14. Mai
2023 und beim Jazzfest Bonn Extended am 26. und 27. August 2023
reichlich Gelegenheit dazu.
Julia Hülsmann | © Peter Hundert
Natur und Kultur erleben – in Bonn lässt sich
beides optimal verbinden. Rheinufer und Siebengebirge
laden zu ausgedehnten Ausflügen
ein, und in Museen und Konzertstätten von
internationalem Rang lassen sich die Künste
bestens genießen. Die zahlreichen in der UN-
Stadt ansässigen überstaatlichen Institutionen
sorgen zudem für ein anregendes, kosmopolitisches
Flair.
International besetzt ist auch das Jazzfest
Bonn, das sich in bald 15 Jahren als zentraler
Player in der hiesigen Kulturlandschaft etabliert
hat. Mittlerweile gilt es als „Hotspot für
Jazzmusiker aller Genres“ (WDR). Mit Auftritten
von Jazz-Legenden wie Jan Garbarek,
Klaus Doldinger oder dem kürzlich verstorbenen
Wayne Shorter hat es eine Strahlkraft entwickelt,
die weit über die Stadtgrenzen hinaus
reicht.
Mit Doppelkonzerten an renommierten Spielorten
wie Opernhaus, Post Tower, Haus der
Geschichte, Beethoven-Haus oder dem Pantheon
lockt das Festival jährlich tausende
Besucher aus der Region und ganz Deutschland
nach Bonn. In diesem Jahr sind es ganze
140 Musiker*innen, die sich an 13 Abenden
die Ehre geben. Und der Zuspruch ist groß:
Während der anhaltende Publikumsschwund
vielen Kulturevents auch drei Jahre nach dem
Beginn der Corona-Pandemie zu schaffen
macht, waren viele der Konzerte des Jazzfest
Bonn schnell ausverkauft.
Brad Mehldau Trio | © Michael Wilson
Bobby Sparks | © Boris Breuer
Caroline Thon und Christina Fuchs, die
Leiterinnen des Fuchsthone Orchestras
© Volker Beushausen
Manz & Summer | © ACT Mirko Polo
Das liegt vielleicht nicht zuletzt an der ausnehmend
heterogenen Programmgestaltung.
Durch die große Abwechslung ist für jede*n
etwas dabei, so dass nicht nur ausgemachte
Fans der improvisierten Musik, sondern auch
Jazz-Neulinge und Klassik-Liebhaber*innen
auf ihre Kosten kommen. „Der zeitgenössische
Jazz ist lebendig und abwechslungsreich wie
nie“, so Peter Materna, Saxophonist, Gründer
und künstlerischer Leiter des Jazzfest Bonn.
„Mit unserem Programm möchten wir genau
diese Vielfalt abbilden. Deshalb laden wir jedes
Jahr Musiker*innen ein, die musikalische
Grenzen sprengen – das kann eine Fusion von
Jazz und klassischer Musik sein, freie Improvisation
oder durchaus tanzbare Musik, die sich
zwischen Jazz, Soul und Funk bewegt. Der gemeinsame
Nenner ist: Sie brechen mit hergebrachten
Kategorien und schaffen so Neues.“
Schon der Festivalauftakt trägt diesem Innovationsgeist
Rechnung. Mit der Uraufführung
seines Werkes „Bach Comprovised“ eröffnet
der Pianist Florian Weber das Jazzfest Bonn
2023. Gemeinsam mit dem preisgekrönten
Dogma Chamber Orchestra findet Weber neue
Zugänge zum Werk Johann Sebastian Bachs,
bei denen Rhythmik und kollektive Improvisation
im Fokus stehen. Im Zusammenspiel
erzeugen sie einen mitreißenden Sog, den
Musiker*innen und Publikum gemeinsam erleben.
Man darf gespannt sein, wie es klingt,
wenn ein Jazz-Pianist ein ganzes Kammerorchester
zum Improvisieren bringt. Im zweiten
Teil des Abends verleihen Thomas D und die
Hamburger Band The KBCS den zeitlosen Texten
des Rap-Urgesteins ein neues, jazzig-lässiges
Gewand. Der Sprechgesang des Rappers
und der Vintage-Sound der KBCS mit seinen
trockenen Drums, erdigen Basslines und souligen
Gitarrenklängen setzen der gegenwärtigen
Popästhetik aus Auto-Tune und synthetischen
Beats eine organische Rückbesinnung
auf das Menschliche entgegen.
In den folgenden zwei Wochen gastiert ein
breites Spektrum aus internationalen Stars,
renommierten Künstler*innen und jungen
Talenten in Bonn. Musiker*innen wie Bobby
Sparks und Delvon Lamarr betreiben ein postmodernes
Spiel mit dem afroamerikanischen
Musikerbe von Gospel bis Hip-Hop. Der europäische
Jazz ist mit kleineren Formationen
wie Jakob Manz & Johanna Summer, Sendecki
& Spiegel, Kit Downes‘ ENEMY und Petter
Eldhs Post Koma, aber auch mit Großensembles
wie Julia Hülsmanns Heaven Steps To Seven,
Thärichens Tentett und dem 20-köpfigen
Fuchsthone Orchestra unter der Leitung von
Caroline Thon und Christina Fuchs vertreten.
Mit Brad Mehldau kehrt zudem ein internationaler
Großmeister in die Bundesstadt zurück,
der schon beim Jazzfest Bonn 2017 Begeisterungstürme
auslöste.
Der Ausnahmekünstler Prince spielt im Programm
des Jazzfest Bonn 2023 eine wichtige
Rolle. Mit Ida Nielsen, Philip Lassiter und Judith
Hill stellen mehrere Weggefährt*innen
der 2016 verstorbenen Musiklegende ihre
aktuellen Projekte vor. Ihren Höhepunkt erreicht
die Prince-Hommage beim Jazzfest
Bonn Extended am 26. und 27. August, wenn
ehemalige Bandmitglieder der Ikone und die
WDR Big Band unter der Leitung von Vince
Mendoza die Songs des Weltstars unter dem
Titel The Prince Experience wieder aufleben
lassen.
Neben dem Kerngeschäft, Bonn jedes Frühjahr
in eine Jazz-Metropole zu verwandeln,
widmen sich Materna und sein Team der
Vermittlungsarbeit. Wichtiges Element ist
hier das Festivalmagazin „zettbe:“, das in
diesem Jahr zum siebten Mal erscheint. Dazu
Materna: „Wir finden, es reicht heute nicht
mehr, ein hochkarätiges Programm mit improvisierter
Musik zu stricken. Es ist auch
unsere Aufgabe als Veranstalter, diese Musik
zu kontextualisieren und ihre Bedeutung zu
erklären. Das Publikum ist in dieser Richtung
anspruchsvoller geworden, und das
zu Recht – denn ein informiertes Hören ist
eine ganz andere Erfahrung, ein viel tieferer
Genuss.“ Dem Magazin gelingt dies mit
einer Mischung aus übergreifenden Essays
und Interviews, die tief in die persönliche
Geschichte und die Musik der Jazzfest Bonn-
Künstler*innen eintauchen.
Hinter all dieser Arbeit steckt die Überzeugung,
dass der Jazz als Ausdruck kultureller
Vielfalt einen hohen gesellschaftlichen Wert
hat. Der liegt nicht zuletzt in der authentischen,
zwischenmenschlichen Begegnung.
Und die gibt es mit Musik nur live, wenn
Menschen zusammenkommen und gemeinsam
die Energie im Konzertsaal erleben. Wie
jedes Jahr beim Jazzfest Bonn.
Nähere Informationen zu den Konzerten und
den Download des Festival-Magazins „zettbe:“
finden Sie auf www.jazzfest-bonn.de.
6 | Leipzig
MELBA | arttourist.com Jazz | Neue Musik | Elektro | 2023
Trend ab: Es bleiben nicht nur die jungen
Menschen nach ihrer Ausbildung in Leipzig,
sondern gerade auch etablierte Kunst- und
Kulturschaffende ziehen aus anderen Städten
dorthin, um das inspirierende Umfeld zu genießen
und sich in der vielfältigen, urbanen
Kulturlandschaft auszuleben.
In diesem Prozess wandelte sich auch die
Leipziger Jazzszene und ebenso ihr größtes
und renommiertestes Festival. Die Leipziger
Jazztage wuchsen in den letzten dreißig
Jahren zu einem Spektakel heran, das über
eine Woche dichtes Programm mit über 100
Musiker*innen bietet und sich über das ganze
Stadtgebiet erstreckt. Neben traditionellen
Spielorten wie der Kongresshalle am Zoo und
der Oper Leipzig finden sich ebenso historische
Veranstaltungsorte wie das UT Connewitz,
das Alte Stadtbad und die Schaubühne
Lindenfels, die als Heimat der ‚Freien Szene‘
die Lebendigkeit dieser zugleich so traditionsreichen
und sich erneuernden, jungen
Stadtbevölkerung erfahrbar machen. Darüber
hinaus erschließen die Festivalmacher*innen
unterschiedlichste Räume wie Kirchen, soziokulturelle
Zentren, kleine Galerien und
Ladenlokale und regen dazu an, die Stadt immer
wieder neu kennenzulernen.
Leipzig (D)
47. Leipziger Jazztage
14. – 21.10.2023
Ein Festival zwischen Tradition und Innovation,
für lokale Held*innen und internationale Szene
Leipzig ist eine Stadt historischer Zäsuren und Wendepunkte. Als Messe- und Buchstadt war und ist sie ein
Ort des Wissenstransfers und der liberalen Bürgerlichkeit. So ist es auch nicht verwunderlich, dass hier bereits
während des dritten Reichs Figuren wie Rolf Kühn und Jutta Hipp in geheimen Clubs ihre ersten Schritte taten
oder zu DDR-Zeiten im Zeichen kultureller Freiheit und internationaler Offenheit sich eine Gruppe von
Jazz-Enthusiast*innen zu einem Verein zusammenschloss. Genau 50 Jahre ist es nun her, dass sich der Jazzclub
Leipzig e.V. gründete. Wenig später wurden die Leipziger Jazztage geboren – ein Festival, dass sich von
Beginn an der Präsentation internationaler Künstler*innen des zeitgenössischen Jazz verschrieb und bereits in
seinen Anfangsjahren Bands aus Ost- und Westeuropa wie auch aus den USA auf die Bühne brachte.
Seitdem ist viel passiert: Leipzig behielt sich
als Ort der friedlichen Revolution auch während
des DDR-Regimes eine Bevölkerung, die
Wandel zuließ und initiierte. Die Nachwendejahre
brachten Abwanderung und Leerstand
mit sich, wovon sich die Stadt aber
vergleichsweise rasch erholte. Eine Mentalität
der Aufgeschlossenheit, Bildungsinstitutionen
mit gutem Ruf, eine starke Kulturtradition
und vielleicht nicht zuletzt auch die
Nähe zu Berlin schufen ein Umfeld, in dem
sich kreative Szenen Stadtviertel für Stadtviertel
erschließen konnten und Leipzig damit
eine enorme Lebensqualität schenkten.
Die Stadt genoss einen starken Zuzug von
vielen, überwiegend jungen Menschen aus
Laura Totenhagen | © Susann Jehnichen
dem ganzen Bundesgebiet – ihre Bevölkerung
ist in den letzten 20 Jahren um mehr
als 100.000 Einwohner*innen gewachsen.
Waren es zunächst vor allem Studierende,
die kamen und die preisgünstigen Lebensbedingungen
genossen, nach ihrem Abschluss
aber wegzogen, um sich woanders Arbeit zu
suchen, zeichnet sich inzwischen ein neuer
Die Programmgestaltung der vergleichsweise
jung und weiblich besetzten Festivalleitung
überzeugt durch innovative und stilistisch
undogmatische Konzepte, die bei allem vorhandenen
Geschichtsbewusstsein doch deutlich
an der Neuerungskraft des Genres orientiert
sind. Mit einem jährlich wechselnden
thematischen Fokus, durch Open Calls und
internationale Festivalkooperationen, durch
die Kuration von Neubegegnungen und die
Entwicklung von Eigenproduktionen entsteht
ein abwechslungsreiches Programm,
in welchem experimentelle Ansätze und
Nachwuchsförderung genauso ihren Platz
finden wie Koryphäen der internationalen
Jazzwelt. Das neugierige Publikum vereint
Gründungsmitglieder der ersten Stunde mit
überregionalem Fachpublikum, interessierte
Bürger*innen mit Musikstudierenden und
einem für Leipzig so typischen ‚hippen‘ Publikum,
das sich aus der diversen Clubszene
speist – alles in allem eine spannende Gemengelage,
die zu interessanten Zusammenkünften
führt und nicht umsonst 2021 mit
dem 1. Deutschen Jazzpreis als ‚Festival des
Jahres‘ ausgezeichnet wurde.
Wenn man davon ausgeht, dass ‚Jazz‘ seine
Lebendigkeit daraus gewinnt, dass sich die
Musik mit ihrem gesellschaftlichen Umfeld
verbindet und ihre Inspiration aus sozialen
Innovationen zieht, erweist sich Leipzig als
ein sehr guter Ort, um sich dieser Musik in
ihren zeitgenössischen Formen zu widmen –
und sollte definitiv eine Reise wert sein.
www.jazzclub-leipzig.de/leipziger-jazztage/
Maria Reich | © Susann Jehnichen
For Jaimie – Dave Gisler Trio ft. David Murray |
© Susann Jehnichen
Jazztage2022 | © LukasDiller
MELBA | arttourist.com Jazz | Neue Musik | Elektro | 2023 Moers | 7
Moers (D)
52. moers
festival 2023
26. – 29.5.2023
Jazzfestival für Musik/Synapsenbidung/
Politik/Medienkunst und: Zusammensein!
Das moers festival ist seit 1972 das Highlight des Jahres für die
Fans von Klangerlebnissen fernab des Mainstreams. Vom 26.-29.
Mai 2023 bespielen über 250 Künstler*innen aus 23 Nationen
die Stadt am Niederrhein mit Unerhörtem und Außergewöhnlichem.
Über das Pfingstwochenende können Besucher*innen
auf drei Hauptbühnen in der Stadt Moers einen Trip durch den
großen Synapsenraum zwischen Mut und Demut unternehmen.
Unter der künstlerischen Leitung von Tim Isfort präsentiert das
Festival ein vielfältiges Programm mit weit über 70 Acts allein im
Hauptprogramm, das um die Schlagworte AUFBRUCH, ?AFRIKA,
KYLWIRIA, WERT, BEFREIUNG konzipiert ist.
AUFBRUCH
Das moers festival hat den Anspruch, ein
Seismograph für neue wegweisende Entwicklungen
zu sein: Unerhörte Musik, wagemutige
Klänge, starke Haltungen und berührende
Klänge. Exemplarisch seien hieraus dem Programm
eddy kwon + SUN HAN GUILD (US),
Selvhenter (DK) oder Neptunian Maximalism
(BE) genannt.
?AFRIKA
Allein die Reduktion der vielschichtigen und
reichen Musikkulturen des afrikanischen Kontinents
auf den Stereotyp „Afrika“ fordert das
Team des moers festivals heraus. Auch den teilweise
absurd erschwerenden Einreisebedingungen
setzt moers entschieden ein „Trotzdem“
entgegen. Mit ?AFRIKA liegt künftig ein jährlicher
Schwerpunkt auf wechselnde Länder. In
diesem Jahr liegt der Fokus auf Äquatorialguinea,
aus dem u. a. die Stimme Nelida Karrs herausragt.
Zudem kommen Künstler*innen aus
dem Senegal und Burkina Faso in diesem Jahr
nach Moers.
KYLWIRIA
Das moers festival feiert den 100. Geburtstag
des legendären ungarischen Komponisten György
Ligeti (*28. Mai 1923) mit einem ausgewachsenen
Schwerpunkt, der seine prägenden
Klangwelten und Kompositionen würdigt.
MUSIC FROM KYLWIRIA ist eine international
besetzte Auftragskomposition des moers festivals,
Ligetis Sohn Lukas Ligeti kommt gleich
mit drei Formationen (u. a. Burkina Electric)
und auch der Nachfolger des Jugendprojektes
moersterclass, le petit macabre, beschäftigt sich
in Anlehnung an Ligetis Oper Le Grand Macabre
mit dem Jahrhundertkomponisten.
WERT
Wie wichtig ist uns ein Lieblingssong? Welchen
(Stellen-)Wert haben Kunst und Kultur? Was ist
der Wert von Musik und Kultur für eine Gesellschaft,
für die Menschheit? Das moers festival
diskutiert um diese essenzielle(n) Frage(n) und
präsentiert eine Reihe von Künstler*innen, die
sich mit dieser Frage auseinandersetzen, darunter
vier Weggefährt*innen des legendären
Miles Davis (Kenny Garrett, Billy Hart, Gary
Bartz und Marilyn Mazur) und der Brite Gavin
Bryars.
BEFREIUNG
Das moers festival, Kind der 68er, stand schon
zu seiner Gründung für Befreiung. Auch heute
geht es darum, sich Klischees zu entledigen,
sich freizuspielen und genauso dringend
wie damals politisch Bezug zu nehmen. Dafür
braucht es Mut. Diesen zeigen das iranische
Tember Ensemble, das russische Trio Kruglov –
Kozhevnikova – Yudanov und das ihre Botschaft
laut in die Welt schreiende Techno-Punk
Duo Deli Girls (US) oder Pharmakon (US).
Neben weiteren außergewöhnlichen musikalischen
Programmpunkten wie den traditionellen
moers sessions, diversen moersify-Guerilla-
Konzerten und fahrenden Freejazz-E-Mobilen
gehören das große Festivaldorf mit kreativen
Ständen von Ethno bis Vintage sowie einem
Pop-up-Planetarium, Workshops, Vorträge und
discussions zum moers festival.
Konzerte finden in der Festivalhalle, auf der
OpenAir-Bühne, auf der unkuratierten Bühne
Artifacts | André Symann
ANNEX und zahlreichen spontanen Spielorten
auf dem Festivalgelände und in der Moerser
Innenstadt statt. Dabei sind Publikum und
Künstler*innen einander ganz nah und feiern
mitunter sogar gemeinsam auf der Bühne.
Außerdem gibt es das 2022 entstandene
hybride Format @thesametime: Dabei treten
Musiker*innen gleichzeitig auf zwei Bühnen
auf und spielen miteinander, während das Publikum
vor Ort nur das hört, was es auch sieht.
Die beiden Konzertteile werden anschließend
zusammengeschnitten und können einige
Stunden später in der virtuellen Realität des
moerslands VR als Ganzes erlebt werden.
Das große Festivaldorf mit zahlreichen Marktständen,
Angeboten für Kids und viel Musik ist
kostenlos. Das Festivalticket für die Hauptbühnen
an allen vier Tagen gibt es für 159 € im Vorverkauf
und ermäßigt bereits ab 53 € (ermäßigt
sind u. a. Studierende oder Menschen bis 23
Jahre). Zudem gibt es Tagestickets und das Null-
Euro-Ticket für Volunteers (1 Tag arbeiten –
1 Tag feiern, 2 Tage arbeiten – 2 Tage feiern).
Das Camping ist mit einem Ticket inklusive.
Weitere Infos und Tickets gibt es unter
www.moers-festival.de.
moers festival 2023 Hauptprogramm:
Alex Ikot
Arbenz/Hart X Friedman X Mondlak „Blending Contrasts“
Baby Sommer‘s Brother & Sisterhood
Billy Hart Quartet feat. Ethan Iverson
Burkina Electric
Burkina Electric und Ensemble BRuCH
Cafe OTO #1: Elvin Brandhi und Joel Grip
Cafe OTO #2: Simon Camatta und Bex Burch
Crystal Peñalosa
Das Kondensat (plus Liz Kosack) – Andere Planeten
Deli Girls
eddy kwon + SUN HAN GUILD
Editrix
Ensemble Icosikaihenagone / Volumes II, fiction for
musicians only
EVE RISSER - RED DESERT ORCHESTRA : EURYTHMIA
FYEAR
Ganelin Trio Priority
HYDRA ENSEMBLE
Jooklo Duo
Kenny Garrett - Sounds from the Ancestors
Keune Ewen Smith
Kruglov-Kozhevnokova-Yudanov
le petit macabre
Luc Ex
Lukas Ligeti spricht: … à propos de mon père
Lukas Ligeti: en même temps
Mark Ernestus’ Ndagga Rhythm Force
Maya Dunietz, Chris Cutler and Tim Hodgkinson
moers sessions
MUSIC FROM KYLWIRIA
Nelida Karr
NEPTUNIAN MAXIMALISM
Pharmakon
Propan
Putan Club
Recursion
SCATTER THE ATOMS THAT REMAIN with special guest Gary
Bartz
SEABROOK TRIO
Selvhenter feat. Marilyn Mazur
SWR Vokalensemble
TEMBER Ensemble & guests
The Gavin Bryars Ensemble
Trondheim Voices
Virginia Genta
Wendy Eisenberg
ZAÄAR
8 | jazzahead!
MELBA | arttourist.com Jazz | Neue Musik | Elektro | 2023
Bremen (D)
jazzahead!
2023
27. – 30.4.2023
Die jazzahead! ist das Must-Go-Event für die internationale Jazzbranche
und der Ort für hochwertigen, zeitgenössischen Jazz aus Deutschland,
Europa und Übersee. Als weltweit größte Veranstaltung auf
der sich alle Protagonisten der Szene (Musiker:innen, Labels, Agenturen,
Festivalverantwortliche, Booker und Medienvertreter:innen)
treffen, gilt sie bei den Fachbesuchern aus aller Welt als das „Familientreffen
des Jazz“. Denn trotz ihres steten Wachstums hat sie es
geschafft, ihren familiären Charakter nicht zu verlieren.
Die jazzahead! ist nicht nur Messe für Fachpublikum,
sondern auch ein Festival für die
breite Öffentlichkeit – und zwar mit einem
Programm, das einmal jährlich die Hansestadt
Bremen zur Jazzmetropole macht.
Seit 2015 wird die jazzahead! aus Mitteln
des Haushalts der Beauftragten des Bundes
für Kultur und Medien gefördert.
Das Festivalprogramm der jazzahead! steht
– und kann sich auch in diesem Jahr so
richtig sehen lassen! Zu den Höhepunkten
zählen eine musikalische Lesung mit
Sebastian Koch am Samstag, 29. April, die
große CLUBNIGHT am Freitag, 28. April,
das Konzert zum Deutschen Jazzpreis am
Donnerstag, 27. April, und die 36 Showcase-Konzerte,
die über drei Tage verteilt
sind. Die jazzahead! 2023 der MESSE BRE-
MEN findet vom 27. bis zum 30. April statt.
Das Festivalprogramm läuft in diesem Jahr
weitestgehend parallel zur Messe.
Für besondere Aufmerksamkeit dürfte in
diesem Jahr wieder die CLUBNIGHT sorgen.
Motto: „1 Nacht 1 Ticket 30 Clubs“.
Das All-in-One Ticket beinhaltet dann
auch den öffentlichen Nahverkehr im
Verkehrsverbund Bremen Niedersachsen
(VBN), so dass in Sachen Mobilität keine
Wünsche offen sind. Das Ticket gewährt
den Eintritt in alle 30 Locations.
Weitere Informationen zur jazzahead! unter
www.jazzahead.de
2022 jazzahead! | © M3B GmbH Jörg Sarbach
2022 jazzahead! | © M3B GmbH Jörg Sarbach
2022 jazzahead! | © M3B GmbH Jörg Sarbach
Wir sprachen mit der Projektleiterin Sybille Kornitschky über das diesjährige Partnerland Deutschland
und was das für die jazzahead! bedeutet
Schlicht gefragt: Partnerland
Deutschland – warum?
Sybille Kornitschky: Diese Entscheidung
mag für manche überraschend
klingen – für uns aber keineswegs,
sondern sie war gewissermaßen sogar
überfällig. Doch ich will weiter ausholen:
Die Wahl des Partnerlandes treffen
wir immer künstlerisch. Wir wollen einem
Land und einer Szene damit international
zu mehr Sichtbarkeit verhelfen
– und zwar Ländern, von denen wir
denken, dass sie diese Aufmerksamkeit
einfach verdient haben.
Also ist Deutschland zu wenig
sichtbar gewesen?
Sybille Kornitschky: Definitiv!
Und in diesem Sinne ist es mehr als
überfällig, dass wir Deutschland diese
Möglichkeit geben, sich als Jazz-
Sybille Kornitschky | © Kerstin Rolfes
Land zu präsentieren. Man muss
wissen: Die deutsche Szene steht im
eigenen Land in starker Konkurrenz
zu Produktionen aus dem Ausland,
weil ein Booking von ausländischen
Bands aufgrund der Förderstrukturen
für deutsche Clubs und Festivals zum
Teil lukrativer ist als deutsche Bands zu
buchen. Deutschland ist ein sehr erfolgreiches
Import-Land für Jazz aus aller
Welt, aber eben noch nicht so stark im
Export seiner eigenen Produktionen.
Hier müssen wir einfach besser werden.
Wie seid Ihr an die Frage der
Präsentation des Partnerlandes
Deutschland herangegangen?
Sybille Kornitschky: Uns war schon
bewusst, dass wir intensiv darüber
nachdenken, müssen, wie wir ein Partnerland
Deutschland präsentieren.
Eins war klar: Es sollten jetzt nicht
jenseits der acht Bands, die wir musikalisch
ohnehin jedes Jahr im Rahmen
der German Jazz Expo präsentiert haben,
einfach nur ein paar mehr Bands
sein. Das wäre viel zu kurz gegriffen.
Hinter unseren Planungen steht der
künstlerische Austausch. Wir sind
darüber auf die Idee der „Commissioned
Works“ gekommen. Wir starten
deshalb bewusst mit Nachbarländern,
mit denen es schon Austausch gegeben
hat. Wir wollten etwas, das bereits
existiert, neu beleuchten und wiederbeleben
und haben uns daher für Frankreich,
Österreich und die Niederlande
entschieden. Weil wir dort Partner haben,
die in der Lage sind, dieses Projekt
nicht nur für die jazzahead! 2023 anzugehen,
sondern auch darüber hinaus
begleiten können.
Letzte Frage: Was hat das Partnerlandjahr
Deutschland für
langfristige Auswirkungen auf die
jazzahead!?
Sybille Kornitschky: Uns war schon
länger klar: Irgendwann werden wir
mit unserem Konzept eines bestimmten
Partnerlandes an Grenzen stoßen. Wir
werden aber nicht darauf warten, bis
wir alle 195 Länder, die es auf der Welt
gibt, einmal als Partnerland durchhaben.
Die Liste der Jazz-Nationen, die
in der Lage sind, ein solch umfangreiches
Projekt mit uns zusammen
zu präsentieren, ist nun auch nicht
endlos lang – also wollen wir neue
Möglichkeiten schaffen. Man könnte
zum Beispiel Regionen präsentieren
oder Tandems. Das knüpft wiederum
auch wunderbar an die Idee der „Commissioned
Works“ an. Klar ist: Wir
wollen in Zukunft andere Wege gehen
und bereiten das jetzt bereits ein bisschen
vor. Die jazzahead! war ja immer
in Bewegung, keine Ausgabe war
gleich, das hat sie auch über die Jahre
immer erfolgreicher werden lassen.
DAS GESPRÄCH FÜHRTE KAI GEIGER
MELBA | arttourist.com Jazz | Neue Musik | Elektro | 2023 jazzahead! | 9
2022 jazzahead! | © M3B GmbH Jörg Sarbach
2022 jazzahead! | © M3B GmbH Jörg Sarbach
Götz Bühler rückt ins
Leitungsteam nach
Nach dieser jazzahead! ist Schluss: Ulrich Beckerhoff
und Peter Schulze, die Künstlerischen
Leiter des großen Jazz-Branchentreffs,
verkünden ihren Abschied. Nach 17 Jahren
wolle man den Weg nun für die nächste Generation
freimachen, so die beiden unisono.
Und ein Nachfolger steht bereits fest: Es ist der
Hamburger Musikjournalist, Autor und Moderator
Götz Bühler, der erklärte Wunschkandidat
des gesamten Leitungsteams. Beckerhoff
war von der ersten Ausgabe der jazzahead!
im Jahre 2006 als Künstlerischer Leiter tätig,
Schulze wirkte von Beginn an als Berater mit,
ehe er 2013 auch offiziell der Künstlerischen
Leitung angehörte. Bühler bildet damit ab dem
kommenden Jahr mit der Projektleiterin Sybille
Kornitschky die neue Doppelspitze.
Der Geschäftsführer der M3B GmbH, Hans Peter
Schneider, hat die jazzahead! gemeinsam
mit den Künstlerischen Leitern im Jahre 2006
ins Leben gerufen. „Ich danke beiden ganz außerordentlich.
Wir haben mit der jazzahead!
etwas weltweit Einzigartiges und Erfolgreiches
geschaffen, das aus der Jazzwelt nicht mehr
wegzudenken ist“, sagt Schneider und fügt
hinzu: „Mit Götz Bühler, der die jazzahead! seit
vielen Jahren kennt, haben wir den richtigen
Nachfolger gefunden. Ich freue mich sehr auf
die Zusammenarbeit.“
Goetz Buehler
Sowohl Beckerhoff als auch Schulze sind Jahrgang
1947, ihr Nachfolger Götz Bühler ist 21
Jahre jünger. Auch für ihn sind Messe und
Festival der jazzahead! alles andere als Neuland.
In den verschiedensten Funktionen war
er von Anfang an dabei, etwa als Redakteur
des Magazins Jazz thing, als Labelmanager
für Künstler:innen wie Kellylee Evans oder Ed
Motta oder als Moderator der digitalen jazzahead!
2021 und des Deutschen Jazzpreises im
vergangenen Jahr. Seit 2020 ist er Head of Content
für die App jazzed in Deutschland.
Wohin geht die Reise künftig? Der Jazz öffne
sich gegenwärtig ohnehin, so Bühler: „Wir
sehen Einflüsse von der Neuen Musik über
elektronische Popmusik oder Hip Hop und
verschiedene Roots-Musiken bis hin zur Neo
Klassik“ – und diese Bandbreite müsse die
jazzahead! ebenfalls abbilden, was zum Teil
schon geschieht. Beim Winter Jazzfest in New
York habe er die ganze Bandbreite einmal
mehr gespürt, so Bühler weiter: „Die Faszination
dieser Musik endet nicht, im Gegenteil, sie
wird immer größer.“ Es gehe jetzt auch darum,
sich einem jüngeren Publikum zu öffnen, den
Jüngeren klarzumachen, was für eine Chance
die jazzahead! für sie bedeute – „und was für
eine Tür in Richtung internationalem Jazzgeschehen
die jazzahead! öffnet.“
Zum Abschied 12 Fragen an Peter Schulze und Uli Beckerhoff
Uli Beckerhoff und Peter Schulze haben die jazzahead! von Beginn an begleitet, geprägt und am Puls der Zeit
weiterentwickelt. Mit der diesjährigen jazzahead! scheiden die beiden Künstlerischen Leiter auf eigenen Wunsch
aus, bleiben der jazzahead! aber weiterhin verbunden.
Ich kam zur jazzahead! wann und
wie?
Peter Schulze: 2005, bevor die jazzahead!
losging, durch einen Anruf von
Hans Peter Schneider, den Messechef,
der „was mit Jazz machen“ wollte.
Uli Beckerhoff: Im Jahr 2005 kontaktierten
mich Hans Peter Schneider, der
Chef der Bremer Messe und Sybille Kornitschky,
die damals zukünftige Projektleiterin
der jazzahead!, um mit mir über
die Chancen einer internationalen Messe
zu sprechen, die das Thema JAZZ in den
Mittelpunkt stellen will. Nach ihren Recherchen
gab es schon internationale Musikmessen,
aber der Jazz würde dort ihrer
Meinung nach immer nur eine untergeordnete
und unbedeutende Rolle spielen.
Dies würden sie als Bremer Messe gerne
© Frank Pusch
Peter Schulze
*1947, studierte in Berlin Komposition
und Tonmeister, 1970-1998 Jazzredakteur
und Produzent bei Radio Bremen,
1987–91 Artistic Director Bilsak
Jazz Festival in Istanbul, 1998–2002
Musikchef Radio Bremen, 2003–2007
Artistic Director Jazzfest Berlin, 2006
Mitgründer der Messe jazzahead!,
2012–2022 dort Artistic Director,
2009–2022 Artistic Director Sendesaal
Bremen.
ändern wollen. Ich musste gestehen, dass
dies für mich eine äußerst wagemutige,
aber eben auch großartige Idee war: Alle
Beteiligten der deutschen und internationalen
Jazzszene zu einem jährlichen Treffen
in Bremen eizuladen: Musiker:innen,
Bands, Promoter:innen, Kritiker:innen,
Veranstalter:innen, Produzent:innen, Labels,
Musikhochschulen, Fotograf:innen,
Journalist:innen von Presse, Rundfunk,
Fernsehen und anderen Medien. All dies
mit vielen Live Showcase-Konzerten und
einer Clubnight.
Ich habe immer an den Erfolg der
jazzahead! geglaubt, weil ...
Peter Schulze: Keiner hat am Anfang
an den Erfolg der jazzahead! geglaubt,
auch wir nicht. Wenn sie nicht so erfolgreich
geworden wäre, hätten wir
sie wahrscheinlich nach ein paar Ausgaben
sterben lassen – und jeder hätte
gesagt: Das konnte ja nichts werden.
Wurde aber.
Uli Beckerhoff: … obwohl es am Anfang
noch mit sehr vielen Zweifeln verbunden
war, ob diese großartige Idee
sich national und international durchsetzen
kann.
17 Jahre jazzahead! waren für
mich ...
Peter Schulze: … eine spannende und
aufregende Zeit, künstlerisch sowie
auch von der internationalen Vernetzung
und den vielen persönlichen Begegnungen
her.
Uli Beckerhoff: … eine der besten Erfahrungen,
die ich in meiner Karriere
als Musiker und Hochschullehrer gemacht
habe.
Mein schönster Moment in
17 Jahren jazzahead! war ...
Peter Schulze: Da gab’s zu viele
Uli Beckerhoff: … dass die jazzahead!
2022 nach Corona endlich wieder live
mit Bands, Ausstellern und Publikum
sehr erfolgreich war. Alle Beteiligten
sah man diese übergroße Freude sehr
deutlich an.
… und der schwierigste?
Peter Schulze: Die kurzfristige Absage
der voll vorbereiteten Ausgabe wegen
Corona 2020.
Uli Beckerhoff: … war die digitale
Ausgabe der jazzahead! im Jahr 2021.
Die Herausforderung Corona war
... Peter Schulze: … die erste voll digitale
Ausgabe 2021, die an einer Stelle
sehr unbefriedigend war, weil sie das
wesentliche Moment der jazzahead!,
nämlich das persönliche Zusammenkommen,
nicht leisten konnte. Das war
2022 mit der hybriden Ausgabe schon
sehr viel zukunftsträchtiger.
Uli Beckerhoff: … ermüdend, deprimierend,
entnervend und ganz furchtbar.
Welche beeindruckende Karriere
begann für Sie auf der jazzahead!?
Peter Schulze: Keine Karriere begann
dort, für viele war der Showcase bei der
jazzahead! aber ein gewisser Durchbruch,
z.B. für Julia Hülsmann, Michael
Wollny, Omer Klein oder international
Andreas Schaerer, Hamilton de
Holanda, Shai Maestro.
Uli Beckerhoff: Gwylim Symcock, Andreas
Schaerer, Michael Wollny, Chloe
Charles.
Welchen Künstler:innen aus der
Vergangenheit hätten Sie gerne einen
Auftritt auf der jazzahead! ermöglicht?
Peter Schulze: Charles Mingus, Pat
Metheny, Maria Schneider.
Uli Beckerhoff: Gerd Dudeck, Bob Degen,
John Taylor.
Die drei bleibenden Künstler:innen?
Peter Schulze: Andreas Schaerer, Marcin
Masecki, Mathias Eick und viele
andere.
Uli Beckerhoff: Arve Hendriksen,
Trompete aus Norwegen, Chloe
Charles, Sängerin aus Kanada, Andreas
Schaerer, Gesang aus der Schweiz.
Die jazzahead! 2030 wird ...
Peter Schulze: … hoffentlich alive
and kicking werden.
Uli Beckerhoff: … hoffentlich noch
immer in Bremen existieren und so erfolgreich
sein wie bisher!
© Frank Pusch
Uli Beckerhoff
ist Trompeter und Komponist von
hoher internationaler Reputation. Er
war Professor für Trompete an der
renommierten Folkwang Universität
der Künste in Essen. Er konzertierte in
nahezu allen europäischen Ländern
sowie in Brasilien, mit Volker Kriegers
Band in elf afrikanischen Staaten
sowie auf Festivals in Paris, Barcelona,
Amsterdam,Moers, Berlin, Nancy, Oslo,
Sevilla, Jerusalem, Kopenhagen, Rio de
Janeiro und vielen mehr. Zusammenarbeit
u.a. mit Jon Christensen, Arild
Andersen, John Scofield, John Surman,
Dave Liebman, Kenny Wheeler, Marylin
Mazur, Norma Winstone, John Taylor,
Adam Nussbaum, John Abercrombie,
Matthias Nadolny, Albert Mangelsdorf,
Michel Gibbs Orchestra, NDR Big Band,
Sinfonieorchester des NDR Hannover
und anderen.
Ich wünsche Götz Bühler ...
Peter Schulze: … nur das Beste.
Uli Beckerhoff: … dass er weiterhin
ein so großartiger, positiver, fachkundiger,
kreativer und humorvoller Mensch
bleibt, wie ich ihn vor mehr als ca. 35
Jahren in einem Interview für den damals
neuen Musiksender VIVA kennengelernt
habe.
Nach der jazzahead! ist vor ...
Peter Schulze: … neuen Reisen, Begegnungen,
Büchern und Entspannung.
Uli Beckerhoff: … der Entwicklung
neuer musikalischer Projekte.
DAS GESPRÄCH FÜHRTE KAI GEIGER.
10 | Deutscher Jazzpreis
MELBA | arttourist.com Jazz | Neue Musik | Elektro | 2023
Nubya Garcia | Band | Deutscher Jazzpreis 2022 – Metropol Theatre – Bremen – 27 April 2022 | © Camille Blake
Deutscher Jazzpreis 2023
Zum zweiten Mal wird der von der Initiative Musik 2021 ins Leben gerufene Deutsche
Jazzpreis in 31 Kategorien im Rahmen der jazzahaed! in Bremen verliehen.
Jazz made in Germany ist ein
weltweit beachtetes Aushängeschild
und mehr denn je auf
der Höhe unserer Zeit: Seine
Akteur:innen leben und vermitteln
kulturelle Vielfalt auf
der Bühne und in der Lehre,
im Kulturmanagement ebenso
wie in der Tonträgerproduktion.
Künstler:innen im Jazz und der
improvisierten Musik sind hochgradig
mobil, bilden Netzwerke,
entwickeln neue Konzepte und
Formate für die Aufführung, Aufzeichnung
und Verbreitung.
Glückliche Preisträger, Nominierte und Gäste vor der Photowall
bei der Preisverleihung zum Deutschen Jazzpreis 2022
© Jewgeni Roppel | Deutscher Jazzpreis
INITIATIVE MUSIK
Die Initiative Musik ist die zentrale Fördereinrichtung
der Bundesregierung und der Musikbranche
für die deutsche Musikwirtschaft. Wir
stärken die Präsentation und Verbreitung von
Musik aus Deutschland im In- und Ausland.
Schwerpunkte unserer Programme, Projekte
und Awards sind die Unterstützung von professionellen
Newcomer:innen, Musiker:innen,
Livemusikclubs und Musikunternehmen sowie
der Ausbau bundesweit nachhaltiger
Strukturen für Rock, Pop und Jazz. Darüber
hinaus realisiert die Initiative Musik für die
Bundesregierung aktuell fünf Teilprogramme
im Rahmen des Rettungs- und Zukunftspakets
NEUSTART KULTUR.
www.initiative-musik.de
Um diese Innovationskraft in all ihren Facetten
auszuzeichnen, hat die ehemalige Kulturstaatsministerin
Prof. Monika Grütters (die Beauftragte
der Bundesregierung für Kultur und
Medien 2013-2021), den Deutschen Jazzpreis
ausgelobt. Als zentrale Fördereinrichtung der
Bundesregierung für die Musikwirtschaft ist
die Initiative Musik mit der Realisierung betraut
worden. Das Konzept wurde gemeinsam
mit einem eigens dafür berufenen Beirat, der
sich aus hochkarätigen Vertreter:innen der
Jazzszene zusammensetzt, entwickelt.
Die Erstauflage des Deutschen Jazzpreises fand
am 3. Juni 2021 statt mit dem Ziel sich als
jährlich wiederkehrende, kulturelle Leuchtturm-Veranstaltung
zu etablieren. Der Deutsche
Jazzpreis richtet das Scheinwerferlicht auf
Darstellung und Erhaltung des vielfältigen Jazzschaffens
in Deutschland, Würdigung und Stärkung
außergewöhnlicher künstlerischer und
innovativer Kreativität und Leistungen im nationalen
und internationalen Jazz, Ausbau der
weltweiten Strahlkraft von Jazz aus Deutschland,
eine stärkere Verankerung der Kunstform
Jazz in der Gesellschaft und sichtbare Unterstützung
der Jazzschaffenden einerseits durch
die öffentliche Aufmerksamkeit im Rahmen der
Verleihung sowie durch die Vergabe angemessen
finanziell dotierter Preise.
Der Deutsche Jazzpreis würdigt in 31 Kategorien
außergewöhnliche, künstlerische und
innovative Leistungen im nationalen und internationalen
Kontext. Die Preisträger:innen
werden mit einer Trophäe und einem Preisgeld
in Höhe von 10.000 € prämiert.
www.deutscher-jazzpreis.de
MELBA | arttourist.com Jazz | Neue Musik | Elektro | 2023 Deutscher Jazzpreis | 11
Interview
Wir sprachen mit Beate Sampson,
Sprecherin des Beirats des Deutschen
Jazzpreises.
Wie muss man sich den Prozess von
der Ausschreibung über die Einreichungen
bis zur Preisverleihung
vorstellen und in welcher Funktion
sind Sie in diesen Prozess involviert?
Beate Sampson: Die Jury des Deutschen
Jazzpreises bestimmt in einem
transparenten und unabhängigen Prozess
die Preisträgerinnen und Preisträger.
Die Auswahl der Preisträger:innen
erfolgt in einem zweistufigen Prozess.
Zunächst werden aus allen Vorschlägen
der jeweiligen Jurys einer Preiskategorie
jeweils drei auszeichnungswürdige
Künstler:innen nominiert. Dies
geschieht, sofern für die Preiskategorie
nicht gesondert bestimmt, durch eine
Fachjury. In einem zweiten Schritt wählt
die Hauptjury die Preisträger:innen für
jede Preiskategorie aus den drei Nominierten.
Es gibt eine Hauptjury und eine
Fachjury. Wie sind deren Zusammensetzung
und Aufgaben?
Beate Sampson: Die Fachjury wählt
aus und beruft drei Nominierte pro Kategorie,
die Hauptjury entscheidet. Die Jurys
setzen sich aus Persönlichkeiten der
Jazzszene aus verschiedenen Bereichen
(Journalismus, Medien, Künstler:innen,
Programmgestaltung, Label, Agenten,
Jazzverbände und Jazzeinrichtungen)
zusammen, was ein multiperspektivisches
Vorgehen bei der Nominierung
und der Ermittlung der Preisträger:innen
sicherstellt. Die Jurys werden geschlechterparitätisch
und unter Diversitätskriterien
besetzt.
Es gibt fünf Fachjurys, die mit jeweils
fünf Jurymitgliedern begrenzt sind. Die
Mitglieder der Fachjurys wählen aus ihrer
Mitte jeweils zwei Sprecher:innen zur
Entsendung in die Hauptjury.
Die Jurys werden durch die Beauftragte
des Bundes für Kultur und Medien
(BKM) auf Basis eines Vorschlags des
Beirats berufen.
Was sind die Voraussetzungen und
Erwartungen an Sie als Jurorinnen?
Beate Sampson: Die Mitglieder der Jurys
sollten über eine entsprechende fachliche
Expertise verfügen, unabhängig
und neutral in ihrer Entscheidung sein
und sich an alle Anforderungen und
Grundlagen der Statuten, Vertraulichkeit
und Verschwiegenheit im Rahmen der
Entscheidungsfindung und Verleihung
des Deutschen Jazzpreises halten.
Nach welchen Kriterien gehen Sie
an Ihre Aufgabe und Entscheidung
heran? Gibt es einen Leitfaden oder
eine Art Entscheidungskriterien?
Beate Sampson: Einen Leitfaden gibt
es nicht. Die Regeln finden sich in den
Jurystatuten des Deutschen Jazzpreises.
Jedes Jurymitglied erhält alle Unterlagen
der eingereichten Bewerbungen um den
Deutschen Jazzpreis, die im Anschluss
geprüft werden. In den entsprechenden
Fachjurysitzungen werden dann die
einzelnen Vorschläge der Jurymitglieder
diskutiert.. Die Fachjurys bestimmen
in ihrer jeweiligen Preiskategorie drei
auszeichnungswürdige Künstler:innen
bzw. Leistungen und begründen ihre
Entscheidung schriftlich. Die Auswahlentscheidung
der Fachjury erfolgt ohne
Angabe einer Reihung, jedoch kann die
Fachjury gegenüber der Hauptjury eine
Empfehlung für die Preiskategorie aussprechen.
Mit dem Deutschen Jazzpreis werden
gemäß der Präambel Künstler:innen,
Beate Sampson | © Jewgeni Roppel | Deutscher Jazzpreis
Akteur:innen und Projekte ausgezeichnet,
die wesentlich zur Strahlkraft des
Jazz in Deutschland in allen seinen
Spielarten beitragen. Dabei ist die Gewichtung
von Vielfalt in der Gesamtzusammensetzung
der Preisträger:innen
und kreativer Schaffenskraft der einzelnen
Künstler:innen von der jeweiligen
Jury individuell zueinander in Beziehung
zu setzen.
Gibt es persönliche Interessenkonflikte?
Und wenn ja, wie stellt man
sich dieser Situation?
Beate Sampson: Ja das kann es geben.
Interessenkonflikte bestehen u.a., wenn
die Juror:innen an einem vorgeschlagenen
Projekt beteiligt waren/sind bzw. persönlich
nominiert wurden, Gremienmitgliedschaft
oder Berater:innentätigkeit
in einem vorgeschlagenen Projekt/Unternehmen
besteht, es ein direktes finanzielles
Interesse am Erfolg oder Misserfolg
eines Antrages gibt oder familiäre Verquickungen.
Jeder tatsächlich vorhandene
oder subjektiv empfundene Interessenkonflikt
sollte im Sinne der Integrität
und der Objektivität des Auswahlverfahrens
vermieden werden. Sollte es zu
einer Befangenheit eines Jurymitglieds
kommen, darf das entsprechende Jurymitglied
nicht an der jeweiligen Diskussion
und Abstimmung teilhaben, bis die
Befangenheit möglicherweise entfällt.
Wie wird die Entscheidung für
den:die Preisträger:in pro Kategorie
herbeigeführt?
Beate Sampson: Die beiden in der
Hauptjury vertretenen Fachjurymitglieder
stellen der Hauptjury die von ihnen
nominierten Künstler:innen bzw.
Leistungen vor und begründen sowohl
die Nominierungsentscheidung als
auch eine mögliche Vergabeempfehlung
der Fachjury. Im Anschluss findet
eine Aussprache zu den nominierten
Künstler:innen statt. Nach der Aussprache
bestimmt die Hauptjury die
Preisträger:innen in der jeweiligen Preiskategorie.
Für die Nachvollziehbarkeit
der Entscheidung legt die Jury eine Begründung
ihrer Auswahl fest.
Wie wichtig war es, dass nach der
skandalbedingten Einstellung des
Echo Jazz im Jahr 2018 kein Vakuum
entstand und schnell eine neue
Form, ein neuer Preis installiert
wurde?
Beate Sampson: Es war enorm wichtig!
Vorweg sei betont, dass an dem
damaligen Skandal, der zur Einstellung
aller Sparten des Echo Musikpreises
führte, weder der Echo Jazz noch der
Echo Klassik einen Anteil trugen. Diese
beiden Preise haben den Genres Jazz
und Klassik ein hohes Maß an breiter,
öffentlicher Aufmerksamkeit eingebracht
und damit – so meine persönliche
Einschätzung – auch den Weg zu der
kulturpolitischen Entscheidung geebnet,
einen neu aufgestellten „Deutschen
Jazzpreis“ mit internationaler Strahlkraft
einzurichten und zu finanzieren.
Mit ihm geht es darum, die enorme,
kreative Schaffenskraft und Vielfalt der
Jazzszene widerzuspiegeln und sie zugleich
zu würdigen und zu stärken. Um
das zu erreichen, erhielt der Preis eine
neue Organisationsstruktur und wurde
auch – im Unterschied zum Echo Jazz –
mit einem Preisgeld von 10.000€ pro
Kategorie und Preisträger:in ausgestattet.
Ab diesem Jahr erhalten außerdem
alle Nominierten, die nicht mit einem
Preis ausgezeichnet werden, ein Nominierungsgeld
von 1000€.
Warum ist der Deutsche Jazzpreis
so wichtig für die Branche und welchen
Effekt und Nachhaltigkeit hat
dieser für die Künstler:innen?
Beate Sampson: Ich verstehe den
Begriff „Branche“ als Gesamtheit
der Akteur:innen des Jazz, also
Musiker:innen, Labels, Clubs, Festivals,
Konzertveranstalter:innen, Agenturen,
Musikjournalist:innen und Autor:innen
in Printmedien, Privatsendern und
öffentlich-rechtlichen Sendern, Musikhochschulen
mit Jazzabteilungen,
freie Musikschulen, Musikverlage, Forschungsstätten
wie etwa das Jazzinstitut
in Darmstadt und Jazzverbände wie
etwa die Deutsche Jazzunion, diverse
Kulturinstitute und Kulturreferate der
Städte und Kommunen, bis hin zum
Deutschen Musikrat mit seinen Jazzprojekten.
Alle sind miteinander verbunden
und bauen aufeinander auf.
Die Musiker:innen sind diejenigen, die
mit ihrer künstlerischen Leistung das
Herzstück dieser „Branche“ darstellen.
Deswegen ist es besonders wichtig, ihre
Sichtbarkeit und Hörbarkeit zu erhöhen
und damit den Jazz in all seiner Vielfalt
einem größeren und, meiner Erfahrung
nach, potenziell schon längst vorhandenen
Publikum bekannt und vertraut
zu machen. Der „Deutsche Jazzpreis“
spielt, indem er Künstler:innen und Ensembles,
Spielstätten und Festivals auszeichnet,
dabei eine ganz wichtige Rolle.
Er bringt diese facettenreiche, ebenso
zeitgenössische wie traditionsbewusste,
komponierte und improvisierte Musik,
die sich sowohl aus der afroamerikanischen
als auch anderen globalen Kunstmusik-
und ethnischen Musiktraditionen
nährt, noch viel mehr Menschen
nahe mit dem Ziel, sie als Kunstform
in der Gesellschaft noch stärker zu verankern.
Das finde ich außerordentlich
nachhaltig für alle Beteiligten.
Es gibt nur jeweils ein:e Gewinner:in,
aber ist nicht die Nominierung, ein
Platz auf der Top3-Liste auch schon
eine Auszeichnung, ähnlich der Umwerbung
einer Oscar Nominierung
im Bereich Film?
Beate Sampson: Ich bin davon überzeugt,
dass die meisten ihre Nominierung
zum „Deutschen Jazzpreis“ schon
als einen Gewinn empfinden. So habe
ich das auf jeden Fall bei den Preisverleihungs-Feierlichkeiten
und in den sozialen
Kanälen der Nominierten in 2021
und 2022 erlebt. Aber ich möchte an
dieser Stelle auch sagen, dass es bei aller
Bedeutung von Preisvergaben und Nominierungen
ganz wichtig ist, im Blick
zu behalten, dass preiswürdiger Jazz
permanent auf Bühnen, Tonträgern und
im Netz stattfindet ohne zunächst einmal
oder auch je eine Auszeichnung zu
erhalten. Wobei gerade der „Deutsche
Jazzpreis“ mit seiner Vorgehensweise
und Organisationsstruktur sehr gute Voraussetzungen
dafür schafft, den großen
kreativen Reichtum der Jazzszene durch
seine Preisvergabe-Praxis umfänglich
abzubilden: Elf der 31 Preiskategorien
stehen zur öffentlichen Bewerbung, die
25 Personen in den geschlechter-paritätisch
besetzten Fachjurys bringen ihr
geballtes Jazzwissen und die Kenntnis
der Jazzszene mit ihren Kuratierungen
ein, und auch der Blick der potenziellen
Jazzhörerschaft wird eingebracht, denn
zur siebenköpfigen Hauptjury gehören
dazu noch Menschen, die nicht unbedingt
Expert:innen sind, sich aber für
Jazz interessieren. Die Jurys arbeiten anhand
von klaren Statuten und ihre Besetzungen
rotieren im Zweijahresrhythmus.
Anregungen von innen und außen
werden in die Weiterentwicklung des
Preises aufgenommen, womit eine permanente
Weiterentwicklung des Deutschen
Jazzpreises stattfinden kann. Diese
Beweglichkeit schätze ich besonders.
Jetzt bin ich ein wenig abgeschweift. Ich
hoffe, Sie verzeihen mir den Exkurs …
Die Tendenz zum genreübergreifenden
Arbeiten unter den
Künstler:innen ist unübersehbar
und nicht mehr von der Hand zu
weisen. Wie stellt sich die Initiative
Musik zu dieser Entwicklung? Thema
für eine zukünftige „Cross-over-
Rubrik“?
Beate Sampson: Ein Blick auf die Nominierungen
zeigt, dass in allen Kategorien
ein „Cross-over“ stattfindet. Die
Verbindung und Verschmelzung von
Stilen und Klangsprachen ist ja neben
der Improvisation eines der wichtigsten
Entwicklungs- und Stilmerkmale des
Jazz. Das findet permanent und in jeweils
ganz individueller Ausprägung in
Kompositionen und Spielweisen statt.
Deswegen halte ich persönlich die Einführung
dieses Begriffs in einer gesonderten
Kategorie nicht für nötig.
Seit letztem Jahr findet die Preisverleihung
im Rahmen der jazzahead!
statt. Wie wichtig ist diese Symbiose
und welche Win-Win-Situation ergibt
sich hierbei?
Beate Sampson: Das Partnerland bei
der diesjährigen jazzahead!-Messe in
Bremen ist Deutschland. Die Projektleiterin
der jazzahead!, Sybille Kornitschky,
möchte damit die internationale
Sichtbarkeit der deutschen Szene besonders
stärken und in einem Artikel in der
„Jazzthing“ merkte sie dazu im Januar
an, dass der „Deutsche Jazzpreis“ ein
wichtiger Grund für sie gewesen sei, diese
Partnerlandwahl ins Jahr 2023 zu
legen. Im Umkehrschluss ist es für den
„Deutschen Jazzpreis“ wirklich großartig,
am 27. April 2023, dem Eröffnungstag
der jazzahead! zum zweiten
Mal die Preisverleihungsfeier und dann
auch im Anschluss ab 20.30 Uhr das
Konzert im wunderschönen Metropol
Theater in Bremen mit den Headlinern
Michael Mayo (Künstler des Jahres International
2022) sowie Natalie Greffel
und Annika Nilles, die beide in diesem
Jahr nominiert sind, veranstalten zu
können. Das empfinde ich als eine großartige
Kooperation mit gegenseitigem
Zugewinn, würde es aber nicht als Symbiose
bezeichnen. Denn auch wenn es
Künstler*innen gibt, die einen Showcase
auf der jazzahead! haben und gleichzeitig
für den „Deutschen Jazzpreis“
nominiert sind – wie etwa die Pianistin
Olga Reznichenko mit ihrem Trio – ist
das Line-up der beiden Veranstaltungen
vollkommen unabhängig voneinander
entstanden. Aber auch ohne Symbiose
ist es ein Gewinn für die jazzahead! und
den „Deutschen Jazzpreis“, in Bremen
gemeinsam zu agieren.
DAS GESPRÄCH FÜHRTE KAI GEIGER.
BEATE SAMPSON
Leitende Redakteurin, Musikjournalistin
und Moderatorin beim
Bayerischen Rundfunk (BR-KLAS-
SIK). 2022 zusammen mit ihren
Kollegen Ulrich Habersetzer und
Roland Spiegel Preisträgerin des
„Deutschen Radiopreises“ in der
Kategorie „Beste Sendung“ für das
Jazzformat „Hören wir Gutes und
reden darüber“
12 | Jazz Montez
MELBA | arttourist.com Jazz | Neue Musik | Elektro | 2023
Frankfurt (D)
Jazz Montez
Jazz Montez möchte den Jazzfans Frankfurts und seinen
Gästen wieder etwas Aufregendes und Neuartiges bieten.
Jazz Montez existiert seit März 2016 und ist seit 2018 ein
gemeinnütziger, eingetragener Verein. Die Veranstaltungen
zeichnen sich durch ein buntes und vielfältiges Programm
von traditionellen bis hin zu modernen Jazz-Konzerten
aus. Jazz Montez möchte den außergewöhnlichen
Jazzmusiker:innen der Stadt wieder etwas Aufregendes und
Neuartiges bieten, und das fängt für die Veranstalter mit
dem Publikum an. Das Durchschnittsalter bei den Konzerten
von Jazz Montez liegt bei ca. 30 Jahren. Sehr viele Gäste
sind um die 20 Jahre alt; auf den Netzwerkkanälen von
Jazz Montez liegt das Durchschnittsalter bei 24 Jahren. Das
ist für die heutigen Jazzverhältnisse deutschlandweit etwas
Einzigartiges und sucht erst recht in Frankfurt seinesgleichen.
Sie sind keinesfalls ein altersdiskriminierender Veranstaltungsort.
Im Gegenteil ist es ihr Ziel, ein möglichst
heterogenes Publikum anzusprechen und zwischen den
verschiedenen Generationen zu vermitteln. Während sie
dem jüngeren Publikum gerne klassischen Jazz näherbringen
möchten, wollen sie das ältere Publikum für moderne
Spielarten interessieren. So trägt Jazz Montez zu einer vielfältigen
Jazzszene bei, die in Zukunft wieder so lebendig
sein kann, wie sie in Frankfurt vor ein paar Jahrzehnten
schon einmal war. Auch der Zuschauerschnitt von 100
Gästen pro Konzert bestätigt Jazz Montez als erfolgreichste
Jazzreihe der Rhein-Main-Region und strahlt weit darüber
hinaus. So haben sie für ihre Arbeit im letzten Jahr den Applaus
Award der Initiative Musik für die beste Konzertreihe
Deutschlands erhalten.
Wir sprachen mit dem ersten Vorsitzenden, Lorenzo Dolce,
und John Steinmark, der für Öffentlichkeitsarbeit und
Internationales Booking zuständig ist.
www.jazzmontez.de
@ Selina Zehetgruber
Lorenzo Dolce (links) und John Steinmark (rechts) | Foto: © Stephen Suckale
@ Selina Zehetgruber
Wie und mit welchem persönlichen
Background entstand die Idee zu
Jazz Montez?
Lorenzo Dolce: Jazz Montez entstand
aus der Idee, an einem besonderen, auf
den ersten Blick nicht unbedingt für
Livemusik ausgelegten Ort Jazz-Konzerte
zu organisieren. Das erste Mal,
als wir das Brückengewölbe des Kunstvereins
Familie Montez betreten haben,
war klar: Hier wollen wir was machen!
Was ist Ihr Antrieb, Idee und Vision
für und mit Jazz Montez?
John Steinmark: Wir wollen einzigartige
Erlebnisse für die Musikfans aus
Frankfurt und darüber hinaus ermöglichen
und dabei jungen und aufstrebenden
Musiker:innen eine Plattform
bieten, ihre Kunst vor einem interessierten
und offenen Publikum vorzustellen.
Dadurch wollen wir Frankfurt
zu einem wichtigen Standpunkt für
progressive und qualitativ hochwertige
Musik jenseits des Mainstreams und
des musikalischen Establishments
entwickeln.
Was sind Ihre programmatischen
Schwerpunkte?
Lorenzo Dolce: In erster Linie buchen
wir Bands, die uns gefallen und
die einen gewissen Bezug zur Tradition
des Jazz haben. Dabei lassen wir uns
nicht von althergebrachten, scheinbaren
Genre-Grenzen aufhalten. Rapper
finden bei uns genauso eine Plattform
wie Afrobeat-Künstler:innen oder eine
Techno-DJ. Die Hauptsache ist, dass
die Musiker:innen neue Wege gehen und
uns mit ihrer Kunst emotional berühren.
Für die Sie im letzten Jahr den AP-
PLAUS Hauptpreis für die „Beste
Konzertreihe“ erhalten haben. Wie
wichtig ist diese Auszeichnung für
Ihre Arbeit?
John Steinmark: Der APPLAUS-Preis
als „Beste Konzertreihe“ ist eine schöne
Auszeichnung, die uns anfeuert,
weiterzumachen. Praktisch hilft uns
das Preisgeld, die Kosten unserer Programmarbeit
zu decken. Darüber hinaus
beschert uns der Preis eine hohe
Aufmerksamkeit, die es uns erleichtert,
potenzielle Partner und Förderer anzusprechen.
Dafür sind wir sehr dankbar.
Der Name Jazz Montez ist auch ein
Ort und eine Partnerschaft. Was
verbirgt sich dahinter?
Lorenzo Dolce: Im Kunstverein Familie
Montez fanden die ersten Konzerte
unter dem Namen „Jazz Montez“ statt
und es ist immer noch die Location, in
der über das Jahr verteilt die meisten
Konzerte stattfinden. Mit Mirek, Daniel
und dem gesamten Team haben
wir gemeinsam schon viel erlebt, und
uns verbindet mittlerweile eine tiefe
Freundschaft und gegenseitige Anerkennung.
Jedes Mal, wenn wir die Hallen
unter der Honsellbrücke betreten,
sind wir aufs Neue inspiriert. Und auch
von den Künstler:innen, die wir dorthin
einladen, hören wir immer wieder,
wie sehr sie der einzigartige Spirit der
Räumlichkeiten beflügelt.
Das ist nicht der einzige Ort, den
Sie mit Ihrer Kreativität bespielen?
John Steinmark: Das stimmt. In den
letzten Jahren haben wir auch Konzerte
im ATELIERFRANKFURT, im und rund
um das Museum Angewandte Kunst
(EL BARRIO in Kooperation mit AMP
und Emma Metzler) und in einigen
weiteren Locations in Frankfurt organisiert.
Wir sind immer auf der Suche
nach neuen Orten und veranstalten
am 1. April mit dem Konzert der türkischen
Sängerin Gaye Su Akyol zum
ersten Mal etwas im Internationalen
Theater Frankfurt.
Viel war nicht möglich in der Pandemie.
Viele Veranstalter und Locations
sind in dieser Zeit in die Knie
gezwungen worden. Wie haben Sie
das Überleben geschafft und ist Ihnen
und der Veranstalterbranche
in dieser Zeit genügend geholfen
worden?
Lorenzo Dolce: Zu Beginn der Corona-Einschränkungen
mussten wir uns
selbst helfen und haben aus dem Stand
einige digitale Formate entwickelt, die
die neuartige Situation reflektierten. So
entstand zum Beispiel die Reihe „Gute
Nacht“, in der Lorenzo an menschenleer
gewordenen Orten Jazz-Standards
auf seinem Saxofon interpretiert hat
(zu sehen auf YouTube). Ab 2021 hat
„Neustart Kultur“ viele Veranstalter
und auch uns stark unterstützt. Das
hat die Erfolge von Holidays und El
Barrio in den letzten zwei Jahren möglich
gemacht.
Was sind die größten Herausforderungen
für Sie und die Veranstalterbranche
in den nächsten
Jahren?
John Steinmark: Nach dem Auslaufen
von „Neustart Kultur“ sind wir auf
der Suche nach Alternativen, um die
Open-Air-Konzertreihe in gewohnter
Manier fortsetzen zu können. Ohne
staatliche oder sonstige finanzielle
Unterstützung wird es nicht möglich
sein, ein solch qualitativ hochwertiges
Musikprogramm niedrigschwellig für
alle Menschen anzubieten. Holidays
und El Barrio haben gezeigt, dass das
Interesse des Publikums für aufregende
Musik jenseits des Mainstreams groß
ist. Leider scheint die Entwicklung an
vielen Stellen in die andere Richtung
zu gehen. Wenn man sich die Ticketpreise
für Konzerte im Waldstadion,
in der Festhalle oder der Alten Oper
anschaut, scheint Livemusik immer
mehr zu einem Hobby zu werden, das
sich nur noch ein sehr kleiner Teil der
Bevölkerung leisten kann. Wir appellieren
an dieser Stelle an alle, statt einem
großen Konzert lieber viele kleine
zu besuchen und dabei insbesondere
jungen und lokalen Künstler:innen zuzuhören!
Welche Ideen von Lorenzo Dolce
und John Steinmark sind noch
nicht realisiert?
Lorenzo Dolce: Seit Jahren denken
wir darüber nach, eine eigene Musikschule
zu gründen, sind damit aber
noch nicht wirklich weit gekommen.
Zunächst braucht unser Label „Jazz
Montez Records“ noch viel Aufmerksamkeit,
damit es sich als eine innovative
Plattform für junge und
aufstrebende Jazz-beeinflusste Musik
etabliert.
In Anspielung auf die Aussage „Irgendwann
hatte ich die Stadt satt“
einer OB-Kandidatin für Frankfurt
haben Sie jetzt die Chance
für eine „Ode“ an die Kultur- und
Musikstadt Frankfurt und warum
Sie die Stadt und Frankfurt noch
lange nicht satthaben?
John Steinmark: Frankfurt satt zu
haben, würde bedeuten, keine Chance
zu sehen, in der Stadt etwas zu bewegen
oder zu verändern. Wir erfahren
im Gegenteil, dass sich gerade sehr viel
entwickelt. Jedes Jahr entstehen neue
Partnerschaften und Konzepte und
wir merken, dass die Stadtbevölkerung
große Lust darauf hat, neuartige kulturelle
Erfahrungen zu machen. Wenn
wir alle an einem Strang ziehen und
die etablierten Kulturinstitutionen
sich noch offener für neue und junge
Formate und Künstler:innen zeigen,
kann Frankfurt innerhalb von ein
paar Jahren zu einem echten kulturellen
Hotspot mit internationaler Strahlkraft
werden.
DAS GESPRÄCH FÜHRTE KAI GEIGER.
APPLAUS steht für „Auszeichnung
der Programmplanung unabhängiger
Spielstätten“. Mit dem Programmpreis
ehrt die Kulturstaatsministerin
Konzertprogramme unabhängiger
Musikclubs sowie Veranstaltungsreihen
aus allen Genres der Popularmusik,
wie Rock, Hip-Hop, elektronische
und experimentelle Musik oder Jazz
und improvisierte Musik. Die Initiative
Musik setzt die Auszeichnung
in Absprache mit der Bundeskonferenz
Jazz (BK Jazz) und der LiveMusikKommission
– Verband der Musikspielstätten
in Deutschland e.V.
(LiveKomm) um. Bewerben können
sich Spielstättenbetreiber:innen und
Veranstalter:innen aus allen Bereichen
von Popularmusik und Jazz.
www.applaus-award.de
MELBA | arttourist.com Jazz | Neue Musik | Elektro | 2023 Jazz Clubs | 13
JAZZCLUBS
© Lena Semmelroggen
Basel (CH)
the bird’s eye jazz club Basel
Internationaler Jazz von Dienstag bis
Samstag in einmaliger Atmosphäre
Unter Insidern und Expert:innen gilt „the
bird’s eye jazz club“ als einer der besten Jazz-
Clubs Europas. Musiker:innen und Gäste
schätzen die warme, kreative Atmosphäre
und die Intimität des gewölbeförmigen Clubs,
dessen hervorragende Akustik es ermöglicht,
die Konzerte aus nächster Nähe zu erleben.
Während fünf Abenden pro Woche bietet der
Club aktuellen diversen Live-Jazz auf höchstem
Niveau, bei dem außerdem viel Wert auf
die Pflege der Jazz-Traditionen gelegt wird und
artverwandte Stile im Programm ihren Platz
finden. Bekannte Jazz-Größen aus aller Welt
und die besten Musiker:innen der nationalen
und regionalen Szene geben sich hier die Klinke
in die Hand und sorgen für einen unvergesslichen
Abend.
www.birdseye.ch
© Sendesaal Bremen
Bremen (D)
Sendesaal Bremen
Der Sendesaal Bremen ist hervorragendes Aufnahmestudio
und Konzertsaal in einem. Er
wurde 1952 für Radio Bremen gebaut und war
der erste Saal in Deutschland, der in Raum-in-
Raum-Bauweise hergestellt wurde.
Als Radio Bremen 2007 in ein neues Gebäude
umzog, gab es den Sendesaal auf. Die
Bürgerinitiative Verein Freunde des Sendesaales
kämpfte sieben Jahre gegen den drohenden
Abriss des Saales – letztlich mit Erfolg.
Seit März 2009 betreibt nunmehr der Verein
den Saal gänzlich unabhängig und veranstaltet
dort ca. 100 Konzerte aller musikalischen
Genres pro Jahr und nutzt ihn an über 150
Tagen jährlich für Aufnahmen. Der Saal bietet
Platz für bis zu 250 Zuhörer:innen und Gelegenheit
für einmalige, intime und lebhafte
Konzerterlebnisse.
www.sendesaal-bremen.de
Freiburg (D)
Jazzhaus Freiburg
Das Jazzhaus ist seit nunmehr über 30 Jahren
nicht nur ein einzigartiger Club im Herzen
der Stadt Freiburg, sondern zählt zu einer der
renommiertesten Livemusik-Venues Deutschlands.
Mit einem abwechslungsreichen Programm
bietet der einzigartige Gewölbekeller
ein großartiges Ambiente zum Wohlfühlen
und Feiern. Das ehemalige Weinlager entwickelte
sich seit seinem Umbau zum Veranstaltungsort
im Jahre 1987 in kurzer Zeit zu
einer Heimat für regionale, nationale und
© Jazzhaus Freiburg
internationale Künstler:innen unterschiedlichster
Genres. Bereits fünf Mal (2013, 2018,
2019/20, 2021, 2022) wurde das Jazzhaus Freiburg
mit dem Spielstättenpreis „APPLAUS“
für sein herausragendes Livemusikprogramm
vom Staatsministerium für Kultur und Medien
ausgezeichnet.
www.jazzhaus.de
RoKeT mit Jan Klare, Luc Ex und Onno Govaert
© Frank Schindelbeck
Heidelberg (D)
Heidelberger Jazzclub
Im Jazzclub Heidelberg hat sich eine Gruppe
jazzbegeisterter Menschen aus Heidelberg und
Umgebung zusammengefunden, die dafür
sorgen, dass besondere Konzerte in Heidelberg
stattfinden. Seit fast 50 Jahren sind sie gefragte
Veranstalter, sowohl für Musiker von Weltruf
als auch für die Talente aus der Region.
Der Jazzclub Heidelberg organisiert 10 bis 15
Konzerte im Jahr, die meistens im DAI (dem
Deutsch-Amerikanischen Institut Heidelberg)
stattfinden, außerdem Workshops, Filmvertonungen
und anderes. Der Jazzclub Heidelberg
arbeitet ehrenamtlich und wird vom
Kulturamt der Stadt Heidelberg unterstützt.
Gegründet wurde er Ende 1972 von Heidelberger
Musiker:innen mit dem Ziel, den Jazzgruppen
der Stadt und der Region Auftrittsmöglichkeiten
zu bieten. Im Jahr 2022 wurde
der Jazzclub Heidelberg als unabhängige Spielstätte
zum vierten Mal mit dem „Applaus“ für
seine Programmplanung ausgezeichnet.
www.jazzclub-heidelberg.de
Lindau (D)
Zeughaus Lindau
Der Zeughausverein bietet ein in Lindau
nicht wegzudenkendes, hochwertiges Kulturprogramm
aus folgenden Bereichen: Singer-
Jazz-Kreuzfahrt
Die Stimmung ist gigantisch, die
Musik mitreißend – der „Kreuzfahrt-
Planer“ veranstaltet seit über zehn
Jahren Jazz-Flusskreuzfahrten (auch
bekannt als Riverboat-Jazz-Festival).
Hierzu werden deutsche und internationale
Jazz-Musiker engagiert,
die z.B. auch aus Australien, den
USA oder Japan eingeflogen werden.
4 bis 7 Nächte dauern die Swing,
Blues & Boogie Cruises, immer mit
einem musikalischen Schwerpunkt.
Mehrere Auftritte gibt es pro Tag.
Highlights sind die abendlichen
Konzerte in der Panorama-Lounge
des Schiffes. Ein kurzer Weg in die
eigene Kabine erlaubt den Gästen,
sich auch mal einen Drink mehr zu
gönnen oder die Zeit bis zur Jam Session
zu überbrücken. Auf so einem
kleinen Schiff gehört das familiäre
Miteinander und das Plaudern mit
den Musikern zu den einzigartigen
Erlebnissen, die kaum ein Konzert
an Land bietet.
www.jazz-kreuzfahrt.de
Zeughaus Außen, 2019 | © Thomas Haas
Songwriter, meist deutschsprachig, Musik im
Grenzbereich Jazz, Pop und Elektronik, aber
auch „alpine Weltmusik“, dazu noch Theater-
und Kabarettveranstaltungen. Besonderer
Wert wird dabei auf ein vielseitiges Programm
abseits des Mainstreams gelegt. Die komplette
Ehrenamtlich- und Unabhängigkeit von Zuschussgebern
macht auch Experimente und
Auftritte von Künstler:innen möglich, die
sonst im kleinstädtischen Umfeld nicht stattfinden.
„Ganz nebenbei“ macht der Verein
eines der spannendsten historischen Gebäude
Lindaus, das Zeughaus, mit seiner wechselhaften
500-jährigen Geschichte (von Waffenlager
über Theater im 17. und 18. Jahrhundert bis
hin zu HJ-Heim während der Nazi-Diktatur
und anschließender Nutzung als Lager) für die
Öffentlichkeit zugänglich.
www.zeughaus-lindau.de
ganzschönjazz © Kulturclub schon schön
Mainz (D)
Kulturclub schon schön
Mainz liegt zwar nicht gerade zwischen New
Orleans und Montreux, hat mit dem Kulturclub
„schon schön“ aber jazztechnisch eine
herausragende Location, die für das Konzert-
Programm erst 2022 mit dem APPLAUS-Preis
prämiert wurde. Jeden Montag heißt es hier ab
20 Uhr bei freiem Eintritt „Ganz schön Jazz“.
In schummrigem Licht erklingen Jazz-Standards
in neuem Gewand, Eigenkompositionen
der jungen Bands oder völlig avantgardistische
Mischungen aus bekannten Pop-Songs
mit Jazz-Anleihen. Besonders gefördert werden
junge Künstler:innen und Bands, oftmals
mit lokalem Bezug. Viele herausragende Talente
der Mainzer Hochschule für Musik sind
schon im „schon schön“ aufgetreten und prägen
so das Mainzer Bild als Jazzstadt. Der stets
freie Eintritt ermöglicht der breiten Masse, in
den Live-Jazz einzutauchen!
www.schon-schoen.de
© Kai Geiger
München (D)
Milla Club
Die Milla ist Live-Venue, Club und Bar gleichermaßen,
sie wurde 2012 von Gerd Baumann
und Till Hoffmann gegründet und hat
im letzten Oktober ihr 10-jähriges Jubiläum
gefeiert. Das Programm ist vielfältig und abwechslungsreich
und schließt die verschiedensten
Genres, Stile und auch die Münchner
Szene ein. Bis zu sechs Konzerte pro Woche
werden im Milla, Newcomer im Wechsel mit
etablierten Künstler:innen, präsentiert. Deutsche
und internationale Künstler:innen geben
sich ein Stelldichein im trendigen Glockenbachviertel.
Feste Termine sind das monatliche „jazz jam“,
die monatliche Jam-Session mit Studierenden
des Jazz-Instituts der Hochschule für Musik
und Theater München, und der „Song Slam“,
bei dem sich jedes Mal sechs Musiker:innen
aus allen Genres mit einem 8-Minuten-Auftritt
um die Gunst des Publikums buhlen.
Der Kellerclub ist eine der angesagtesten Locations
in München und Heimat des Progressive
Chamber Music Festival jeden November,
das von Gerd Baumann und Gregor Hübner
gegründet wurde.
www.milla-club.de
Jazzrausch Big Band im Harry Club
© Sebastian Reiter
München (D)
Harry Klein Club
Das Harry Klein ist ein Elektroclub in München,
der regelmäßig zu einem der zehn besten
Techno Clubs Europas und einem der
besten Clubs weltweit gewählt wird. Die international
namhaftesten DJs und Visual Jockeys
geben sich im Harry Klein die Klinke in die
Hand. Doch nicht nur Techno und Elektronische
Musik passieren im Harry Klein. Im oder
außerhalb des Clubs entwickeln die Macher
vom Harry Klein innovative Cross-over-Formate,
wie mit der Kunsthalle München, wo
das Harry Klein einmal pro Ausstellung zu Gast
ist, um Kunst neu erlebbar zu machen. Visual
Artists lassen sich von den Kunstwerken inspirieren,
und DJs sorgen auf der Tanzfläche im
Café der Kunsthalle für den passenden Sound.
Oder wie mit der gefeierten Jazzrausch Bigband:
Mit „Klanggewalt, Groove und enormer
Bühnenpräsenz“ (FAZ) bringt die Jazzrausch
Bigband weltweit Jazzfans und Tanzwütige zusammen,
wie wohl aktuell kein vergleichbares
Ensemble. Ausgangspunkt der musikalischen
Reise ist das Harry Klein. 2015 wird die Jazzrausch
Bigband Artist in Residence im „Harry“
und das junge Publikum flippt aus: Eine Big
Band im Techno Club – einmalig für München
und die Welt. So ist es nicht übertrieben,
die Band ein Phänomen zu nennen, das auf
ganz eigene Art mit dem Publikum Grenzen
einreißt. Die Musik der Jazzrausch Bigband
erfüllt in diesem Zusammenhang mehrerlei
Sehnsüchte: die der Clubgänger nach mehr
Echtem und Handgemachtem – die der Jazzund
Klassik-Hörer nach mehr Wumms, Entertainment
und fettem Groove.
www.harrykleinclub.de
www.jazzrauschbigband.de
14 | Regensburg
MELBA | arttourist.com Jazz | Neue Musik | Elektro | 2023
preisgekrönt und mehrfach ausgezeichnet.
Eines der Highlights: Die Komponistin und
Gitarristin Monika Roscher ist mit ihrer Big
Band zu Gast. Die Nürnbergerin wurde neben
den Werken für ihre eigene Band auch für
ihre herausragenden Kompositionen für die
zeitgenössische Musik und die Bühnenmusik
bekannt. Beim Jazzweekend ist sie gleich
zweimal zu hören: Zum Auftakt am 13. Juli im
Gewerbepark, und am 14. Juli in der Regensburger
Innenstadt.
Regensburg (D)
Jazz in der Stadt,
eine Stadt im Jazz.
42. Bayerisches Jazzweekend, 13.-16. Juli 2023
Das Jazzweekend in Regensburg steht für wippende Köpfe und zuckende Fußspitzen, für treibende Beats und
sanfte Melodien. Für junge Talente, die ins Rampenlicht der Bühne treten, und erfolgreiche Größen, die ihr
musikalisches Wiedersehen feiern. Für ein gemütliches Treiben auf historischen Plätzen, in atmosphärischen
Innenhöfen und engen Gassen, und für wilde und aufregende Sessions in Bars, Clubs und Cafés. Vom 13. bis
16. Juli 2023 ist Regensburg ganz Jazz.
Am Bayerischen Jazzweekend verteilen sich
zahlreiche große Bühnen und kleine Schauplätze
auf die ganze Regensburger Innenstadt.
Vom Jazzclub im Leeren Beutel zum urigen
Biergarten, vom italienischen Restaurant zum
klanggewaltigen Kirchenraum, vom Schiffsanleger
am wunderschönen Marc-Aurel-Ufer bis
hin zum ehrwürdigen Thon-Dittmer-Palais
werden Orte bespielt, die an diesen Tagen die
Stadt pulsieren lassen. Den Auftakt des Jazzweekends
macht der Regensburger Gewerbepark,
auf seiner Piazza.
Rund 100 nationale sowie internationale
Bands, Kombos und Einzelkünstlerinnen und
-künstler folgen 2023 wieder der Einladung
nach Regensburg. „Eine ganze Stadt ist vier
Tage lang im positiven Jazz-Ausnahmezustand.
Wenn Regensburgs UNESCO-Weltkulturerbe-Altstadt
zum Jazzclub wird, kann man
in einer der schönsten Städte Deutschlands
ein paar Tage völlig in den Jazz abtauchen und
einfach mit allen Sinnen genießen.“, sagt der
Regensburger Kulturreferent und Veranstalter
Wolfgang Dersch.
Neue Akzente, neue Expertise
Im Jahr 2022 hatte sich das Bayerische Jazzweekend
nach einem Wechsel der künstlerischen
Leitung neu aufgestellt: Das Jazz-Großereignis
wird seitdem von einem Kuratorium
begleitet, das sich aus Expertinnen und Experten
aus ganz Deutschland zusammenstellt.
Das Kuratorium gestaltet das musikalische
Programm und verantwortet die Auswahl
der beteiligten Künstlerinnen und Künstler.
2023 wird die freie Jazz-Szene von Karoline
Weidt vertreten, die im vergangenen Jahr
selbst mit ihrem vielbeachteten Quartett auf
der Jazzweekend-Bühne stand. Den jährlich
wechselnden Sitz der bayerischen Jazz-Hochschulen
innerhalb des Kuratoriums hat 2023
Nürnberg inne.
Große Namen und junge
aufstrebende Formationen
feiern die unterschiedlichen
Genres des Jazz
Zahlreiche nationale Bands aus den verschiedenen
Genres des Jazz sind in diesem Jahr wieder
in Regensburg vertreten, viele von ihnen
Ebenfalls zum Auftakt steht das Tentett
SH41KH9 extended auf dem Programm, das
groß orchestrierten Modern Jazz und den
klassischen Stil einer Singer-Songwriterin fusioniert:
2020 erweiterte Gründer Maximilian
Shaikh-Yousef – Gewinner des Münchner
Jazzpreises 2019 – das zunächst neunköpfige
Projekt um die Sängerin Veronika Morscher.
Die Musikerinnen und Musiker kommen aus
Frankfurt, Köln, Mainz, München, Berlin,
Amsterdam und Lissabon nach Regensburg.
Internationaler Auftritt
2023 sind die Regensburger Partnerstädte groß
vertreten und verstärken das Programm mit
Acts aus Budapest, Brixen, Clermont-Ferrand
und Pilsen. Mit dem Aberdeen Jazz Festival
(AJF) entstand die Komposition „Dee-Don-
Danube“, an der Musikerinnen und Musiker
aus beiden Städten beteiligt sind. Das fertige
Werk feierte bereits in Schottland Premiere
und begeistert im Juli in Regensburg.
Der Regensburger Jazz-Drummer Gerwin Eisenhauer
gestaltet im Austausch mit international
bekannten Musikerinnen und Musikern
ein Artist-in-Residence-Programm für das
Jazzweekend, das in gemeinsamen Konzerten
und Formaten mündet und neue Perspektiven
eröffnet. So ist Wolfgang Flür, Schlagzeuger
der legendären Band Kraftwerk, am 15. Juli gemeinsam
mit Eisenhauer zu erleben. Ein weiteres
Erlebnis: Der brasilianische Perkussionist
Marco Lobo. Schon als Kind experimentierte
er damit, den unerwartetsten Gegenständen
verschiedene Klänge zu entlocken. Die ersten
Karriere-Schritte machte er in der nächtlichen
Musikszene von Salvador, tourte schließlich
mit der Schlagzeuger-Legende Billy Cobham,
und ist heute als Perkussionist weltweit unterwegs.
Zum Bayerischen Jazzweekend kommt
er nach Regensburg.
Dem Nachwuchs
eine Stimme geben
Als das Jazzweekend vor über 40 Jahren begann,
war es in erster Linie ein Amateurfestival,
die Jazz-Ausbildung in Bayern steckte noch in
den Kinderschuhen. Im Laufe der Jahrzehnte
hat sich die Jazz-Ausbildung gewandelt und
akademisiert. Alleine in Bayern gibt es heute
drei Musikhochschulen mit Jazz-Abteilungen.
Das Bayerische Jazzweekend stellt den Musik-
Nachwuchs bewusst in den Vordergrund. „Wir
legen mit einer eigenen Bühne auf dem Bismarckplatz
einen Schwerpunkt auf die jungen
Talente. Die Jazz-Hochschulen aus München,
Nürnberg und Würzburg sind hier mit Formationen
vertreten und präsentieren ein richtig
spannendes Programm. Modern Jazz, Classic
Jazz, Fusion – die jungen Musikerinnen und
Musiker zeigen, wie innovativ der Jazz heute
gelehrt und gelebt wird und wo die musikalische
Reise hingeht“, so Christian Sommerer,
der künstlerische Leiter des Festivals. Erstmals
wird das Festival 2023 auch eine wissenschaftliche
Begleitung erfahren. In Kooperation mit
der Hochschule für Musik Würzburg werden
Grundlagen und Maßnahmen für die Weiterentwicklung
des Jazzweekends ausgelotet.
Regensburg jazzt.
Regensburg flimmert!
Das komplette Programm für das Bayerische
Jazzweekend wird im Mai veröffentlicht.
Alle Infos: www.jazzwe.de
Impressionen Bayerisches Jazzweekend | alle Fotos: © Dominik Hupf
MELBA | arttourist.com Jazz | Neue Musik | Elektro | 2023
Zürich | Eiterfeld | 15
Zürich (CH)
23rd ZURICH
JAZZNOJAZZ
FESTIVAL 2023
1.-4.11.2023 – Gessnerallee Zürich
Am Mittwoch, 1. November 2023,
ist es wieder soweit: Das ZURICH
JAZZNOJAZZ FESTIVAL geht zum
23. Mal über die Bühne der Gessnerallee
Zürich. Unterstützt von der
Hauptsponsorin Zürcher Kantonalbank
sowie der Co-Partnerin Migros-
Kulturprozent stehen vom 1. bis 4.
November 2023 vier reich befrachtete
Konzertnächte im Herzen von
Zürich auf dem Programm.
Mit stilbildenden Jazz-Sounds von
Stars wie Stanley Clarke, Joshua
Redman, Avishai Cohen, Jojo Mayer
und Michel Camilo & Tomatito, europäischen
Spitzenjazzern wie Jojo
Mayer, Web Web feat. Max Herre,
4 Wheel Drive mit Nils Landgren
und Michael Wollny, mitreissendem
Funk & Soul von Incognito,
The Headhunters, Mario Biondi, den
umwerfenden Lehmanns Brothers
und frischen Tönen von Newcomers
wie Samara Joy, Nubya Garcia und
Laura Misch.
jazznojazz.ch
allblues.ch
Programmübersicht 2023
Mittwoch 1.11.23
19.00 Joshua Redman Group feat. Gabrielle Cavassa
20.45 Jojo Mayer Me/Machine
21.00 Laura Misch
22.15 Stanley Clarke N’4Ever
Donnerstag 2.11.23
19.00 Avishai Cohen Trio
20.45 Nubya Garcia
21.00 Gewinnerband ZKB Jazzpreis
22.15 4 Wheel Drive - Landgren/Wollny/Daniellson/Haffner
Freitag 3.11.23
19.00 Web Web x Max Herre
20.45 The Headhunters
21.00 Lehmanns Brothers
22.15 Incognito
23.00 Lehmanns Brothers
Samstag 4.11.23
19.00 Michel Camilo & Tomatito
20.45 Samara Joy
21.00 Lehmanns Brothers
22.15 Mario Biondi
23.00 Lehmanns Brothers
Alle Konzerte exklusiv in der Schweiz oder Deutschschweiz
Vorverkauf:
Alle Ticketcorner-Verkaufstellen; ticketcorner.ch, allblues.ch,
Tel. 0900 800 800 (1.19/min)
JOJO MAYER JOJO MAYER
AVISHAI AVISHAI COHEN COHEN
INCOGNITO INCOGNITO
LAURA MISCH LAURA • LEHMANNS MISCH • LEHMANNS BROTHERS BROTHERS
JOSHUA JOSHUA REDMAN REDMAN
MICHEL CAMILO & TOMATITO
SAMARA SAMARA JOY JOY
MARIO BIONDI MARIO • NUBYA BIONDI GARCIA • NUBYA GARCIA
STANLEY STANLEY CLARKE CLARKE
4 WHEEL DRIVE 4 WHEEL – LANDGREN/WOLLNY/DANIELLSON/HAFFNER
DRIVE – 23 rd ZURICH JAZZNOJAZZ 23 rd ZURICH FESTIVAL JAZZNOJAZZ FESTIVAL
jazznojazz.ch jazznojazz.ch
Gessnerallee Zürich Gessnerallee Zürich
ticketcorner.ch ticketcorner.ch
1.–4.11.2023 1.–4.11.2023
MICHEL CAMILO & TOMATITO
THE HEADHUNTERS THE HEADHUNTERS
WEB WEB X WEB MAX WEB HERRE X MAX HERRE
SAMARA
JOY
SAMARA
JOY
Eiterfeld (D)
Jazz auf
Burg Fürsteneck
Die Akademie Burg Fürsteneck ist eine
Bildungsstätte der kulturellen, beruflichen
und gesellschaftspolitischen Weiterbildung
mit langer Geschichte und
prägender Tradition. 1953 zur Heimvolkshochschule
umgebaut und neu gegründet,
feiert sie in 2023 ihr 70jähriges
Jubiläum.
Neben einer großen Vielfalt an Kursinhalten
und -formaten, wird in den letzten
Jahre verstärkt der Themenschwerpunkt
Jazz, u.a. in Kooperation mit den Classic
Jazz Workshop Angeboten des Pianisten
Jan Luley, ausgebaut.
Luley: „Die Burg Fürsteneck ist für unser
Workshop-Konzept einfach ideal
mit ihren zahlreichen mit moderner Tagungs-
und Soundtechnik ausgestatteten
Räumen und ihren Übernachtungsmöglichkeiten
direkt vor Ort samt eines
vielseitigen kulinarischen Angebots aus
der Burgküche. Das Ambiente der historischen
Burgmauern hat dazu einen umwerfenden
Charme.“
Der 16. Classic Jazz Workshop, den Jan
Luley mit einem neunköpfigen Dozententeam
2007 in Marburg ins Leben
gerufen hat, fand in 2023 zum
ersten Mal auf Burg Fürsteneck statt.
Neben Instrumentalunterricht und Ensemblespiel
für alle im Jazz gängigen
Instrumente einschließlich Gesang,
bietet der abwechslungsreiche Stundenplan
Kurse zu Gehörbildung, Harmonielehre,
Rhythmik, Jazzgeschichte,
Atemtechnik und Bühnenpräsenz bis hin
zu Musikbusiness und Soundtechnik.
Abendliche Jam-Sessions in der Burghalle,
ein Konzert des Dozententeams sowie
ein Abschlusskonzert der Workshop-Ensembles
runden das Angebot ab.
„Die einzigartige Atmosphäre der Location
hat sowohl die Teilnehmenden als
auch uns Dozenten völlig in den Bann
gezogen“, resümiert Jan Luley, der auch
künstlerischer Leiter des Swing & Wine
Festivals im nicht weit entfernten Bad
Hersfeld ist, nach dem ersten Workshop.
„Das Konzept des gemeinsamen Arbeitens
und Lebens sowie das wirklich entgegenkommende,
engagierte Team der
Burg machen Spaß und motivieren ungemein.“
Die Kooperation zwischen Burg
Fürsteneck und Jan Luleys Classic Jazz
Workshops wird in diesem und den kommenden
Jahren fortgesetzt und das Angebot
an Workshops rund um die Thematik
Jazz und improvisierte Musik weiter
ausgebaut. Der 17. Classic Jazz Workshop
findet vom 08. bis 13. Januar 2024 auf
der Burg statt.
www.burg-fuersteneck.de
Jan Luley
www.luleymusic.de
www.pianoversum.eu
Classic Jazz Workshops
www.jazzworkshop.info
Weitere Jazz-Workshops auf Burg Fürsteneck:
Classic Jazz Band Workshop, 22. bis 24.09.2023
Jazzmusik für Einsteiger*innen, 22. bis 24.09.2023
Contemporary Jazz, 22. bis 24.09.2023
Jazz-Gitarre, 30.06 bis 02.07.2023
42. Fürstenecker Rock, Pop und Jazz Werkstatt, 15. bis 21.07.2023
Swingin’ Castle, 15. bis 17.09.2023
Latin Jazz Gesang, 17. bis 19.11.2023
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MELBA | arttourist.com Jazz | Neue Musik | Elektro | 2023 Antonia Hausmann | 17
Foto: © Antje Seifarth
Eine
schicksalhafte
Leidenschaft
für die
Posaune
Die aus Jonsdorf stammende Antonia Hausmann ist mit Talent gesegnet
und begann schon früh mit der Klarinette, bevor die schicksalhafte
Begegnung mit einem Holzspalter ihre Idee von einer klassischen Orchestermusikerin
jäh beendete. Doch das Schicksal hatte die Rechnung
ohne ihre Leidenschaft für die Musik gemacht, die auch die Kommission
der Hochschule für Musik Carl Maria von Weber in Dresden erkannte
und ihr einen der dort sehr begehrten Studienplätze gab. Um
so mehr eine Auszeichnung für die junge Antonia Hausmann, weil sie
sich für die Posaune entschied, alles andere als ein Instrument für Frauen,
da es bis dahin eine Männerdomäne war. Thomas Lindemann von
der Frankfurter Allgemeinen Zeitung bezeichnete sie jüngst als Entdeckung
und als neue Stimme im deutschen Jazz. Die Nominierung
in der Kategorie Blechblasinstrumente zum Deutschen Jazzpreis 2023
bestätigt dies und spricht für sich.
18 | Antonia Hausmann
MELBA | arttourist.com Jazz | Neue Musik | Elektro | 2023
Foto: © Marco Sensche
Möglichkeit hatte, bei Nils Wogram
Posaunenunterricht zu bekommen. Außerdem
konnte ich in der Hochschul-
Big-Band unter der Leitung von Ed
Partyka spielen und lernen (Bassposaune)
und habe natürlich noch in vielen
anderen tollen Ensembles Unterricht
bekommen und wunderbare Menschen
kennengelernt. Das ganze Jahr in dieser
idyllischen Umgebung war ein einziges
Geschenk für mich und eine große Bereicherung.
Ich habe in Luzern viel geübt,
gelernt, viele Wanderungen allein unternommen,
Wertschätzung erfahren und
immer einen tollen Austausch mit den
anderen ca. zehn Posaunenstudenten
gehabt. Da gab es keine Ellenbogenoder
Neid-Mentalität, sondern ein tolles
miteinander und voneinander Lernen,
wir waren alle auf Augenhöhe, sind
respektvoll und mit Freude füreinander
da gewesen. Nils ist ein wunderbarer
Lehrer und Pädagoge, der mit Klarheit,
Präzision und ehrlichem Interesse für
sein Gegenüber unterrichtet, zuhört und
sich Gedanken macht. Bis heute ist er
menschlich wie musikalisch ein Kompass
für mich.
Wir sind Antonia Hausmann anlässlich eines musikalisch-literarischen
Zwiegesprächs mit dem Schauspieler Michael Mendl im Burgenlandkreis in
Sachsen-Anhalt erstmals begegnet. Was für eine kulturelle Erscheinung. Der
große Charakterdarsteller und die junge Musikerin, die sich davor nie begegnet
waren, sich so wunderbar aufeinander einließen, sich die Worte und
Töne zuwarfen, machten die literarische Reise durch Weingüter Dank der
großen, facettenreichen und einzigartigen Musikalität von Antonia Hausmann
und der unglaublichen Präsenz von Michael Mendl zu einem besonderen
Erlebnis.
Antonia Hausmann fordert sich jeden Tag selbst heraus und arbeitet akribisch
an ihrer musikalischen Entwicklung, die beeindruckend vielseitig ist.
Mit Selbstverständnis ist sie in den Welten verschiedener Musikrichtungen
zu Hause: Pop und Indie (Clueso, Karl die Große, Kat Frankie), Songwriter
(Sarah Lesch), Elektronische Musik (Wooden Peak, Philipp Rumsch Ensemble)
und Jazz (Trio Diktion, Volker Heuken Sextett). Außerdem trat sie
als Solo-Posaunistin in musikalischen Lesungen mit Martin Beyer, Michael
Mendl, Ewald Arenz oder Simone Lappert auf.
Wir sprachen mit Antonia Hausmann.
ANTONIA HAUSMANN | TELEIDOSCOPE
Eine Jazzband OHNE Bass, dafür mit Posaune und Bassklarinette und kein
Platz für Eitelkeiten: Antonia Hausmann hat einen unverstellten Zugang
zu einer emotionalen Erzählweise – Kammerjazz mit Pop-Appeal. Auf „Teleidoscope“
präsentiert sich ein Jazz-Ensemble, das schon allein der Besetzung
wegen etwas Besonderes ist: Ohne Bass, dafür mit Posaune und
Bassklarinette. Eine in dieser Konsequenz seltene Paarung, der Hausmann
und ihr Bläserpartner Damian Dalla Torre immer wieder neue Facetten des
Zusammenspiels abzugewinnen vermögen. Komplettiert durch Philipp
Scholz (Schlagzeug) und Johannes Bigge (Klavier) haben sich vier umtriebige
Instrumentalist:innen der Leipziger Szene zusammengefunden, die das
Faible für eine komplexe Einfachheit teilen.
Auf ihrem Debütalbum „Teleidoscope“ ermutigt Antonia Hausmann, die
Perspektive zu wechseln und die eigene Wahrnehmung zu hinterfragen.
„Als Kind hatte ich so ein optisches Spielzeug. Und ich habe mich genau
an dieses Teleidoskop erinnert, als das Projekt langsam an Kontur gewann.
Wenn wir meine Musik spielen und sie zum Leben erwecken, gleicht das
dem Blick durch ein Teleidoskop.
www.nwog-records.com, www.antoniahausmann.com
Coverfoto: Marco Sensche | Artwork: Corinne Hächler
Was für ein Jahr liegt hinter Ihnen?!
Viele, viele Konzerte und Formate,
u.a. die große Tournee mit Clueso,
erste eigene CD, Würdigung Ihres
Schaffens als neue Stimme im deutschen
Jazz in der FAZ, zum ersten
Mal eine Big Band dirigiert und
jetzt die Nominierung zum Deutschen
Jazzpreis in der Kategorie
Blechblasinstrumente! Wie fühlt
sich das für Sie an?
Antonia Hausmann: Ja, mir sind im
vergangenen Jahr so viele wunderbare
Dinge passiert, über die ich unendlich
dankbar bin. Es gab viel Unerwartetes
und manches, wovon ich schon länger
geträumt habe und was nun tatsächlich
in Erfüllung gegangen ist. Und jetzt
kam auch noch die Nominierung zum
Deutschen Jazzpreis hinzu, was für eine
große Ehre! Wahrscheinlich hätte ich es
nicht geglaubt, wenn mir jemand vor
ein paar Jahren diesen Ausblick gegeben
hätte.
Wurde Ihnen die Musik in die Wiege
gelegt oder was hat Sie dazu bewegt,
das zu tun, was Sie heute tun?
Antonia Hausmann: Es war schon
immer Musik um mich herum, neben
den ersten gesungenen Einschlafliedern
meiner Mutter und Oma gab es meinen
Baritonsaxophon spielenden Vater sowie
meinen Onkel, der als Trompeter,
Lehrer und Big-Band-Leiter tätig war
und die viel Einfluss auf mich hatten.
Dann war da noch mein großer Cousin
mit seiner Rockband. Das alles hat
mich in meinen Kinderjahren alltäglich
begleitet, geprägt und meinen eigenen
Wunsch nach einem Leben mit Musik
auf den Weg gebracht.
Was für Musik macht Antonia
Hausmann?
Antonia Hausmann: Meine Musik
hat ihren Ursprung im Jazz, geformt
durch das Heranwachsen in der Big
Band meines Onkels, dann das Jazzstudium
und die vielen verschiedenen
Studi-Ensembles, in denen ich gespielt
habe. Sie ist aber auch beeinflusst durch
andere Bands und Klangkörper, die aus
dem Pop, Indie, Liedermacher-Genre
kommen.
Was inspiriert Sie und was ist Ihnen
an Ihrer Musik wichtig?
Antonia Hausmann: Ich gehe sehr
gern selbst auf Konzerte, um anderen
Musikerinnen und Musikern zu lauschen.
Ich lasse mich aber auch gerne von anderen
Kunstrichtungen durch Theater-,
Museums- oder Ausstellungsbesuche inspirieren.
Sehr wichtiger Impulsgeber für
meine Musik ist aber auch die Natur: Ich
mag es sehr, durch Wälder oder durchs
Gebirge zu laufen, innezuhalten, zu beobachten,
in die Weite, aufs Wasser zu
schauen, zu schwimmen, einfach im
Fluss zu sein und auch hier immer wieder
stehen zu bleiben, zu lauschen. Dabei
sind Gedanken und Erlebtes in Bewegung
und mir kommen kleine Melodien oder
Rhythmen in den Sinn.
Mir ist es wichtig, durch meine Musik
etwas zu erzählen, etwas zu sagen zu
haben und auch andere zu bewegen. Ich
möchte etwas transportieren können,
wodurch in dem Gegenüber etwas
ausgelöst werden kann.
Im Alter von 14 Jahren mussten Sie
nach einem Unfall von Klarinette
auf Posaune umsatteln, da eine
Handverletzung das Spiel der Klarinette
unmöglich gemacht hat. Aus
heutiger Sicht: Was hat die Posaune
Ihnen eröffnet, was der Klarinette
womöglich verschlossen geblieben
wäre?
Antonia Hausmann: Mein großer
Traum war eigentlich, klassische Klarinettistin
in einem Orchester zu werden.
Durch den Unfall musste ich ganz
neu denken. Da für mich zu diesem
Zeitpunkt klar war, dass ich unbedingt
Musikerin werden wollte, war nun die
Überlegung, bei welchem Instrument die
Finger nicht unbedingt gebraucht werden.
So kam der Wechsel zur Posaune
und damit natürlich ein neuer Klang
und neue Möglichkeiten ins Spiel. Durch
das Jazzposaunespielen in der Big Band
meines Onkels und damit das verstärkte
Hören und Kennenlernen unterschiedlicher
Musikstile haben sich daraus ganz
andere Wege aufgetan, die ich mit der
Klarinette so wahrscheinlich nicht kennengelernt
hätte.
Nils Wogram, bei dem Sie von 2013
bis 2014 an der Musikhochschule
Luzern studiert haben, ist eines Ihrer
Vorbilder. Wie hat Sie die Zeit
in Luzern und mit Nils Wogram
geprägt?
Antonia Hausmann: Ich bin sehr sehr
dankbar, dass ich dieses Erasmusjahr in
der Schweiz verbringen durfte und die
Im Dezember haben Sie in
Schwäbisch Hall erstmalig ein Orchester,
die Big Band Schwäbisch
Hall, dirigiert. Wie kam es dazu
und wie war diese Erfahrung?
Antonia Hausmann: Das war eine
großartige Erfahrung! Dazu kam auch
noch, dass ich ein paar Solo-Features
spielen und auch meine eigenen Stücke
mitbringen durfte (arrangiert von Malte
Schiller). Dazu habe ich das Konzert-
Programm aus dem Repertoire der Band
zusammenstellen dürfen und durch die
beiden Konzertsets moderiert. Das Ganze
gleich zwei Mal an einem Tag. Das war
eine große Herausforderung für mich, getreu
dem Motto einer Freundin und mir:
„Immer einmal mutig sein am Tag.“
Zu dem Auftrag kam es überhaupt, weil
ich seit dem Coronajahr eine Online-
Schülerin in Schwäbisch Hall habe, die
das Ganze eingefädelt hat.
Neben den Konzerten wirken Sie
immer wieder auch in literarischen
Projekten von Martin Beyer und
Beat Toniolo mit. Was fasziniert
Sie an der Literatur als Gegensatz
oder im Zusammenspiel mit Ihrer
Musik?
Antonia Hausmann: Mir bereitet es
große Freude, mit dem Bamberger Autor
Martin Beyer seit einigen Jahren auf musikalischer
Lesereise sein zu können und
bereits schon für zwei seiner Romane
Musik geschrieben zu haben. Ich empfinde
es nicht als Gegensatz, sondern
als Zusammenspiel, Ergänzung und gegenseitige
Inspiration auf der Bühne. Zu
beobachten und zu lernen, durch welche
Betonungen, Gesten, Lautstärken oder
Stimmungen gelesen werden kann und
wie ich Geschichten, Dialoge oder Texte
musikalisch umsetze, unterstütze und
Stücke dafür komponiere.
Bei der Vorbereitung auf unser Interview
bin ich auf Suntje gestoßen.
Wer oder was verbirgt sich hinter
Suntje und wie wichtig ist Suntje
für Sie?
Antonia Hausmann: Suntje ist genau
genommen mein zweiter Vorname und
dieses persönliche Projekt ist während
des ersten Corona-Lockdowns entstanden.
Plötzlich zu Hause, plötzlich länger
als drei Tage im gleichen Bett schlafen,
Routinen lernen, so eine Art Alltag, der
auf der einen Seite Spaß, aber auch Lust
auf etwas Neues gemacht hat. Zusammen
mit André Karius, abgeschottet
in seinem Studio, haben wir uns auf
eine neue Spielwiese gewagt, nur zu
MELBA | arttourist.com Jazz | Neue Musik | Elektro | 2023
Antonia Hausmann | Jazzfestivals | 19
zweit rumprobieren, singen, Schlagzeug
spielen, produzieren, eine neue Art
des Musikmachens entdecken. Gleichzeitig
hatte ich Lust auf eine optische
Veränderung, mal eine andere Haarfarbe
auszuprobieren, denn wenn man
nicht mehr auf der Bühne steht und es
doof aussieht, interessiert es sowieso
keinen. Nach vielen Stunden des Ideen-
Austauschs mit einem engen Freundeskreis
und deren Hilfe, kamen wir dann
auf die Videoidee zu „Puppet“ und wie
man das alles während des Lockdowns
allein umsetzen kann. Mit Suntje kann
ich mich als Künstlerin ganz anders
ausdrücken, kann gewohnte Pfade verlassen.
Dieses Projekt, bei dem ich das
erste Mal im Vordergrund und nicht als
Teil einer Band agiert habe, hat mich
auch darin bestärkt, meiner eigenen Musik
mehr Aufmerksamkeit zu schenken,
und so schließlich auch meinem Debut-
Album „Teleidoscope“ den Weg geebnet.
Ich wünsche mir, dass ich mich Suntje
in diesem Jahr wieder etwas mehr widmen
kann, auch ohne Lockdown.
Zeit für ein flammendes Plädoyer
für mehr Frauen an der Posaune!
Die Posaune, heißt es ist immer
noch, sei eine Männerdomäne,
schlimm genug, dass man dies
in der heutigen Zeit noch so
formuliert. Sehen Sie sich als
„Vorbildkämpferin“? Und was
muss sich tun, verändern, damit
Frauen zur Posaune greifen?
Antonia Hausmann: Ich sehe mich
nicht als Kämpferin, sondern einfach
als eine Posaunistin und Musikerin.
Ich bin schon sehr regelmäßig mit den
Fragen, Kommentaren und Sprüchen
der genannten Denkmuster konfrontiert.
Dann versuche ich ruhig und geduldig
nach den Konzerten oder unterwegs in
der Bahn darauf einzugehen und zu
erklären und auf diese Art und Weise
dazu beizutragen, dass sich in den
Köpfen etwas ändert. Ich denke, es muss
vor allem bei den Eltern beginnen, dass
es keine „Männer- oder Fraueninstrumente“
gibt, sondern jede und jeder alles
spielen kann.
Damit irgendwann keiner mehr sagt
„Sie als Frau? Ihre Lunge ist doch nur
halb so groß!“ oder „Was, Sie, als so
kleines zierliches Persönchen können
davon leben?“ oder hin und wieder anstößige
Bemerkungen, wie zum Beispiel
„Geil, bläst du mir auch mal einen?“
bei denen es schwer fällt gelassen zu reagieren.
„Es gibt keinen Erfolg ohne Frauen“,
das wusste schon Kurt Tucholsky,
aber wo bleibt die Teilhabe am Erfolg,
wenn die Unvereinbarkeit von
Beruf und Familie weiterhin im
Raum steht? In einer Studie des
Vereins „Bühnenmütter, Verein und
Netzwerk für familienfreundliche
Strukturen in Theaterberufen“ haben
45 Prozent der in der Studie
befragten Musikerinnen diskriminierendes
Verhalten aufgrund ihrer
Mutterschaft erlebt. Welche Gedanken
und Hoffnungen treiben Sie
dazu um?
Antonia Hausmann: Ich kenne mich
mit dem Thema nicht so wahnsinnig
gut aus und kann nur berichten, welche
Beobachtungen ich bisher dazu machen
konnte. Egal ob auf der Clueso-Tour
mit einem fünf Monate alten Baby im
Nightliner oder bei den Moop Mama
Videodrehs draußen in Berlin mit Kinderwagen,
Instrumentenkoffer und Stillzeiten
zwischendurch, konnte ich nur
staunen, wie die beiden Mütter das so
gewuppt haben. Wie viel guten Support
sie von den Menschen um uns herum
Foto: © Marco Sensche
bekommen haben und durchgeplante
Tage mit Baby und Tagesmüttern organisiert
haben. Das betrifft natürlich
nur erstmal die vielleicht noch besser
zu händelnde Anfangszeit. Ich denke,
schwieriger wird es mit dem Eintritt in
die Schule, regelmäßigem Alltag oder
Erkrankungen des Kindes/der Kinder.
Kann man dann noch länger auf Tour
fahren? Sind immer Elternteile in der
Nähe oder Freunde, welche kurzfristig
einspringen? Macht der Partner auch
Musik und sagt dann Konzerte ab oder
hat er so einen Job, dass er das dann
allein schafft und macht? Ich denke,
da liegt eher das „Problem“ bzw. die
Herausforderung. Eventuell auch, dass
es bei Konzertabsagen aufgrund von erkranktem
Kind keine Ausfallgagen oder
Ähnliches gibt. Diese Gedanken treiben
mich natürlich auch um. Dazu die Hoffnung,
dass zumindest in all den verschiedenen
Kunstformen gegenseitiges
Verständnis und Unterstützung da sein
sollte. Vielleicht gibt es ja irgendwann
sogar ein vom Staat gefördertes Budget
für genau solche Situationen: kurzfristige
Absagen durch Krankheitsfälle usw.,
bereitgestellt direkt an die Veranstalter
und Veranstalterinnen, welches sie
dafür dann ausgeben könnten. Ich hoffe,
dass sich hier auch strukturell etwas
tut, damit man sich nicht entscheiden
muss zwischen Musikerin und Mutter
sein.
Nach dem Jahr, was jetzt hinter
Ihnen liegt, was fehlt da noch zum
Glück von Antonia Hausmann?
Antonia Hausmann: Hinter mir liegt
ein sehr bereicherndes Jahr, viele verschiedene
Bands, Projekte und damit
verbundenen Aufgaben und Rollen. Ich
habe ein so großes Glück und empfinde
es als großes Privileg, umgeben von so
vielen wunderbaren Menschen Musik
machen zu können, hier in diesem Land
zu leben, gesund zu sein und so viele
Möglichkeiten zu haben. Eine Familie
und einen engen Freundeskreis zu haben,
die da sind, mir zuhören, mir ehrlich
ihre Meinung sagen und den Rücken
stärken, auch wenn ich nur selten und
unbeständig da sein kann. Vielleicht
klingt es kitschig, aber so empfinde ich.
Ich werde jeden Tag so reich beschenkt
und kann vom Musikmachen leben.
Es wäre wunderbar, würde das so weitergehen
und sich noch schlummernde
Träume, Utopien oder langfristige
Wünsche irgendwann erfüllen.
DAS GESPRÄCH FÜHRTE KAI GEIGER.
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JAZZFESTIVALS
James Carter | © Vincent Soyez
Dresden (D)
JAZZTAGE DRESDEN
20.10. – 26.11.2023
Seit über 20 Jahren laden die Jazztage Dresden,
inzwischen eines der größten Jazzfestivals in
Deutschland, alljährlich zu rund 80 Konzerten
ins sächsische Elbflorenz. Zu den Konzerten
mit Weltstars der Jazz-Szene, mit Ensembles
aller Kontinente und den Rising-Stars von
Morgen aus nah und fern reisen alljährlich
rund 40.000 Gäste aus aller Welt im Oktober-
November nach Dresden. Die Gestaltung der
Festivalprogramme spiegelt die künstlerische
Triebfeder der Festivalmacher, Jazz in der gesamten
Vielfalt und Bandbreite seiner Genres
und Stile und der permanenten Weiterentwicklung
seiner selbst zu präsentieren. Der
Bogen spannt sich von Swing, Traditional,
Latin und Afro über Singer-Songwriter, Funk,
Bebop, Blues, Avantgarde bis hin zu Modern
und Experimental. Ergänzt um den besonderen
Fokus auf Genre- und Stilüberschreitende
Projekte wie Jazz-Klassik, Swing-Elektro oder
Worldmusic-Techno.
Im Line-Up des Festivaljahres 2023 finden sich
u.a. der australische Startrompeter und Multiinstrumentalist
James Morrison, DIE Stimme
Norwegens, Rebekka Bakken, die sehr unterschiedlichen
aber in ihrer Art außergewöhnlichen
Saxophonisten James Carter (US) und
Günther Fischer (D), der „Crooner aus Köln“
Tom Gabel sowie der Gitarrenvirtuose und
Youtube-Star Luca Stricagnoli. Ute Lemper, die
Grande Dame der großen Geschichten auf der
Bühne mit großer Stimme und fesselnder Bühnenpräsenz
ist ebenso zu erleben wie feinster
Trio-Jazz mit dem Tingvall Trio, die jungen
wilden Mega-Stars des Fusion-Pop Dirty Loops
aus Schweden und die Meister des Classical
Crossover Klazz Brothers & Cuba Percussion.
Das Programm des Herbstfestivals wird bis
zum Frühsommer sukzessive erweitert und
vervollständigt. Alles Aktuelle, auch zu einzelnen
Open-Air-Konzerten im Sommer unter
www.jazztage-dresden.de
Montreux (CH)
Montreux Jazz Festival
20.6. – 15.7.2023
Das Montreux Jazz Festival hat den
französischen Künstler Guillaume Grando
alias SupaKitch eingeladen, das offizielle Plakat
für 2023 zu gestalten. Im Mittelpunkt des
Werkes steht der Genfer See, der so emblematisch
für das Image und die Geschichte des
Festivals ist. Das Originalbild wurde als Relief
aus überlagerten Harzschichten angefertigt.
Fondation du Festival de Jazz de Montreux 2023 ©
Guillaume „SupaKitch“ Grando
Es wird während der 57. Ausgabe des Festivals
vom 30. Juni bis zum 15. Juli 2023 ausgestellt.
Das radikale und geheimnisvolle Plakat des
57. Montreux Jazz Festivals zeigt die nächtlichen
Wellen des Genfer Sees, beleuchtet von
den belebten Kais des Festivals. Die Buchstaben
des Montreux Jazz Festivals, animiert
durch die Bewegung des Wassers, scheinen in
den Tiefen des Sees zu tanzen.
www.montreuxjazzfestival.com
Trentino (I)
I Suoni delle Dolomiti 2023
23.8. – 30.9.2023
Großartige Kulturevents gibt es nicht nur in
Großstädten. Im Trentino finden sie gerne
auch in den Bergen statt. Das Festival „I Suoni
delle Dolomiti/Die Klänge der Dolomiten“
ist einer der absoluten Höhepunkte des sommerlichen
Kulturprogramms und ein faszinierendes
Beispiel dafür, wie man Menschen mit
unkonventionellen Ideen begeistern kann.
Knapp tausend Meter über dem Meer – in den
Trentiner Bergen – musizieren weltberühmte
Musiker vor der atemberaubenden Kulisse des
Trentino, in der Nähe von Schutzhütten, Almen,
Festungen und weiteren außergewöhnlichen
Orten, die man zu Fuß entlang gut
markierter Wanderwege erreicht. Die Konzerte
beginnen bei Sonnenaufgang und dauern bis
spät in die Nacht.
www.visittrentino.info/it/isuonidelledolomiti
Baita Pra © Martin A. Polla
20 | Festivals
MELBA | arttourist.com Jazz | Neue Musik | Elektro | 2023
© Oddbjørn Steffensen / Nattjazz
Bergen (N)
Nattjazz
26.5. – 3.6.2023
Nattjazz (est. 1972) swings into action in late
May every year, and over the course of 9 nights
more than 60 concerts are presented. In the
converted sardines factory at USF Verftet, both
upcoming and established artists perform at
the “all-in-one venue”, with 4 stages under one
roof.Lineup: Susanne Sundfør, Louis Cole, Eliades
Ochoa, Carminho, Stanley Clarke, Selma
French, Mariam Wallentin & Vestnorsk Jazzensemble,
Kenny Garrett, Anja Lauvdals Cosmic
River, Gyedu Blay Ambolley & His Sekondi
Band, Håker Flaten & Nilssen-Love’s Guts and
Skins Octet, Gaye Sy Akyol, Skarbø Skulekorps,
Gyedu-Blay Ambolley & His Sekondi Band, Simin
Tander New Quartet, Amalie Holt Kleive,
Håvard Wiik Trio, Nelly Moar, Tribino, Simon
Toldam Trio, Rachel Eckroth, Eyolf Dale Trio,
Treverket, Aksel Røed’s Other Aspects, Warrios
of Water, Elephant9, Lotus, Tuva Halse Quintet,
Bergen Ungdomsstorband blåser i Fliflet/Hamre,
Eivind Austad Trio, Rolanda Luna Trio +++
www.nattjazz.no
Logo © Berliner Festspiele
Berlin
Jazzfest Berlin 2023
2. – 5.11.2023
Rund um stilbildende Ikonen des Jazz wie auch
junge Positionen aus verschiedensten Stilrichtungen
entwirft das Jazzfest Berlin ein Festivalprogramm
voller kreativer Grenzgänge und
kollektiver Visionen. Als Berliner Jazztage 1964
gegründet, zählt das Jazzfest Berlin zu Europas ältesten
und renommiertesten Festivals seiner Art.
Nach Joachim-Ernst Berendt (1964–72), George
Gruntz (1973–94), Albert Mangelsdorff (1995–
2000), Nils Landgren (2001, 2008–11), John
Corbett (2002), Peter Schulze (2003–07), Bert
Noglik (2012–14) und Richard Williams (2015–
17) liegt die künstlerische Verantwortung seit
2018 bei der Kuratorin Nadin Deventer.
Während die ersten beiden Festival-Dekaden
geprägt waren von den stilbildenden und populären
Jazzgrößen aus den Vereinigten Staaten,
hat sich das Spektrum inzwischen global
geweitet – mit einem ebenso deutlichen wie
naheliegenden Schwerpunkt beim gegenwärtigen
Jazz europäischer Provenienz.
Ein Theatergebäude, das Haus der Berliner
Festspiele, mit ca. 1000 Sitzen, betrieben von
den Berliner Festspielen, unter deren Dach das
Jazzfest Berlin veranstaltet wird, ist aktueller
Dreh- und Angelpunkt des musikalischen Geschehens
vor zumeist ausverkauftem Haus. Die
ARD Hörfunkstationen und das Deutschlandradio
sind mit Live-Übertragungen und Konzert-Mitschnitten
am Erfolg des Jazzfest Berlin
maßgeblich beteiligt.
Das Programm erscheint im Herbst 2023.
www.berlinerfestspiele.de/de/jazzfest-berlin
XJazz 2022 © XJazz
Berlin
XJAZZ! Festival
8. – 14.5.2023
Nach seiner Auszeichnung als „Festival des Jahres“
beim Deutschen Jazzpreis 2022 kehrt das
XJAZZ! mit seinem bisher innovativsten Lineup
zurück.
Aufstrebende lokale Acts treffen auf Berlins
bekanntestem Jazzfestival auf internationale
Größen – zudem wartet das XJAZZ! in diesem
Jahr mit einem neuen Gemeinschaftsbereich,
Überraschungs-Jam-Sessions, Podiumsdiskussionen
und mehr auf.
Schon seit seiner Gründung im Jahre 2014, die
die deutsche Jazzszene auf den Kopf stellte, ist
das XJAZZ! dafür bekannt, für ordentlich Wirbel
zu sorgen. Geboren aus einem unabhängigen
und grundlegenden Verlangen, mit den Konventionen
zu brechen, bietet das Festival etablierten
und weniger bekannten Künstler:innen
eine Plattform, um sich ohne Einschränkungen
auszudrücken, Stile miteinander zu verweben
und die Definition von „Jazz“ auf eine
weitere und aufregendere Ebene auszudehnen
als es traditionell erlaubt ist – von moderner
Klassik bis hin zur Elektronik und allem, was
dazwischen liegt.
www.xjazz.net
© schlieter & friends Event GmbH & Co.KG
Düsseldorf
Eine Stadt im Musikfieber: Die 29.
schauinsland-reisen Jazz Rally
26. – 28.5.2023
Vom 26. bis 28. Mai wird Düsseldorf wieder
zum Anziehungspunkt für Besucher aus nah
und fern, die sich dem Rhythmus der „Swinging
City“ am Pfingstwochenende hingeben.
Ob Jazz, Swing, Funk oder Soul: So vielschichtig
wie die Musik sind auch die Spielorte. Gespielt
wird auf Open-Air-Bühnen und in angesagten
Clubs, in Kirchen und in Kultureinrichtungen.
Rally-Fans können sich wieder auf ein vielseitiges
Programm mit rund 40 Konzerten freuen
(Änderungen vorbehalten). Funk- und Jazz-
Legende Fred Wesley, der französische Jazztrompeter
Erik Truffaz und die furiose Bigband
Jazzrausch sind ebenso dabei wie Wolfgang
Haffners All-Star-Band, der Singer-Songwriter
Charles Pasi, die herausragende polnische Sängerin
Anna Maria Jopek und Senor Coconut,
der mit Kraftwerk-Klassikern im Latino-Style
für Furore sorgte. Der Auftritt von Kid Creole
& The Coconuts verspricht zudem einen zeitlosen
Ohrenschmaus voller Originalität. Auch
dem musikalischen Nachwuchs bietet die Rally
mit dem Sparda Jazz Award wieder eine Bühne:
Die drei Bestplatzierten erhalten neben einem
attraktiven Preisgeld einen Live-Auftritt sowie
einen professionellen Mitschnitt ihres Konzerts.
www.duesseldorfer-jazzrally.de
Logo ELBJAZZ © ELBJAZZ GmbH
Hamburg
ELBJAZZ
9. – 10.6.2023
im Hamburger Hafen
Seit 2010 macht das ELBJAZZ im Frühsommer
im Hamburger Hafen fest – um den Sound
großer Künstler:innen auf die maritimen
Bühnen zu holen: Auf das Werftgelände von
Blohm+Voss und in die renommierte Elbphilharmonie.
Am 9. und 10. Juni 2023 verwandelt
das ELBJAZZ den Hamburger Hafen wieder
für zwei Tage in einen spektakulären Melting
Pot für Live-Musik: Inmitten der urban-maritimen
Szenerie von Hamburg bilden einzigartige
Spielorte wie das Werftgelände von
Blohm+Voss und die weltbekannte Elbphilharmonie
mit der angrenzenden HafenCity die
Herzstücke des Festivals. Rund 50 Konzerte mit
nationalen und internationalen Acts aus dem
Jazz und populären Genre-Verwandten stehen
alljährlich für ein zeitgenössisches Musikprogramm.
www.elbjazz.de
Anat Cohen © Shervin Lainez
Hamburg
Elbphilharmonie Jazz Academy
15. – 19.8.2023
Die Elbphilharmonie Jazz Academy geht in
die nächste Runde. Workshops, Jamsessions
und ein großes Abschlusskonzert im August
bilden den Rahmen für die Jazz Academy.
Nach dem erfolgreichen Auftakt im Jahr 2021
bietet sich Jazzmusiker:innen zwischen 18
und 30 Jahren erneut die Möglichkeit, eine
Woche lang mit namhaften Dozierenden an
musikalischen Eigenkompositionen zu arbeiten
und diese am 20. August im Großen
Saal der Elbphilharmonie der Öffentlichkeit
zu präsentieren. Die künstlerische Leitung
übernimmt die von der „Jazz Journalists Association“
mehrfach als Klarinettistin des
Jahres ausgezeichnete israelische Jazzmusikerin
Anat Cohen. Neben ihr wird ein hochkarätiges
Dozierendenteam aus internationalen
Jazz-Größen die Workshops leiten. Mit dabei
sind der Saxophonist Donny McCastin, der
Schlagzeuger Matt Wilson, Grammy Award
Gewinner Sullivan Forster am Klavier, der
Bassist Martin Wind und die brasilianische
Sängerin Clarice Assad.
www.elbphilharmonie.de
Moor Mother © Samantha Isasian
Heidelberg-Mannheim-Ludwigshafen
Enjoy Jazz:
Deutschlands größtes Jazzfestival
wird 25
30.9. – 31.10.2023
Im Herbst feiert Enjoy Jazz 25. Geburtstag –
und wartet mit zahlreichen Überraschungen
und Neuerungen auf. Das Programm ist zwar
noch Verschlusssache, aber so viel sei schon
mal verraten: Das Festival wird übersichtlicher,
zeitlich komprimiert und erstmals in
Themenwochen aufgeteilt. Zu den Highlights
wird eine einzigartige Festival-der-Festivals-
Woche zählen. Eine Woche lang kommt an
jedem Tag ein anderes international renommiertes
Jazz-Festival in die Metropolregion,
um Enjoy Jazz mit einem eigens zum Jubiläum
kuratierten Konzertabend zu gratulieren.
Ein Pflichttermin für alle, die Jazz und anderes
lieben.
www.enjoyjazz.de
Jazzweek Promo Breit © Niclas Weber
Köln
Köln Jazzweek
12. – 18.8.2023
Die Cologne Jazzweek geht in die dritte Runde.
Die Reise geht weiter. Auch im Jahr 2023
werden einzigartige Künstler:innen der Kölner,
deutschen und internationalen Jazzszene
auf den vielen Bühnen in der ganzen Stadt zu
erleben sein. Ob im Stadtgarten, LOFT, King
Georg, Open Air, den Ehrenfeld-Clubs oder
unseren neuen Spielstätten im Filmhaus,
dem Klaus von Bismarck Sendesaal im WDR
oder der Philharmonie – es entstehen neue
Begegnungen und neue Geschichten werden
geschrieben. Seid mit dabei im Festivalsommer
2023 und taucht ein in die wunderbare
Welt der improvisierten Musik!
Kaum eine Stadt in Europa schaut auf eine
so weit zurückreichende Jazzgeschichte und
schöpft aktuell so aus dem Vollen wie Köln.
Was vielen Kölner:innen, Musiker:innen natürlich
ebenso wie der Fachpresse schon lange
klar ist, wird mit der neuen Cologne Jazzweek
noch einmal unterstrichen: Köln ist eine Jazzstadt
von internationalem Ruf. Seit mehr als
60 Jahren gehen von der umtriebigen Szene
am Rhein (jazz-)musikalische Impulse und
MELBA | arttourist.com Jazz | Neue Musik | Elektro | 2023 Festivals | 21
kulturpolitische Initiativen aus, die maßgeblich
zur Entwicklung des deutschen und europäischen
Jazz beigetragen haben.
Die Kölner Jazzszene präsentiert im internationalen
Austausch die Diversität, Vitalität
und Vielfalt des Jazz: Eine ganze Stadt wird
zum Forum für internationale, deutsche und
Kölner Musiker:innen.
www.jazzweek.de
ticketed; and some are in the open air (beach,
squares, parks...) and some others are indoors
(theatres, museums, auditoriums...).
www.jazzaldia.eus/en/
Elements (USA), Linda Fedriksson (Finland),
The Baylor Project (USA), Jorge Luis Pacheco
Trio (Cuba) and many others. UNESCO Cities
of Music, Tallinn and Katowice will collaborate
across festivals: bassist-composer Mingo Rajandi
will join her creative ideas with DEAE (Zofia
Ilnicka and Ola Rzepka) in a Tallinn-Katowice
joint band, whereas the Estonian music will be
introduced to the Polish audience at the Katowice
JazzArt festival by Mingo Rajandi Quintet
and Kirke Karja with her trio.
www.jazzkaar.ee/en/
© Riga Ritmi Festival
© Manchester Jazz Festival
Manchester (GB)
Manchester Jazz Festival
19. – 28.5.2023
Manchester Jazz Festival is the city’s longestrunning
music festival and is an established
part of Manchester’s cultural heritage. First staged
in the summer of 1996, this annual festival
features hundreds of musicians, across 60+
free and ticketed events. mjf2023 is back from
the 19-28 May for 10 days of live music from
some of the best northern, national and international
musicians operating in the world of
contemporary jazz. The festival traverses the
city’s music venues including Matt & Phreds,
St Ann’s Church, Band on the Wall, NQJazz at
The Yard and Forsyths and the festival starts
with a free opening weekender located in the
new vibrant neighbourhood, First Street, celebrating
the breadth and individuality of its
home-grown scene. It’s also about shining
the spotlight on artists who have journeyed
through some of mjf’s talent development programmes
in recent years and features original
works through its commissions and premieres.
www.manchesterjazz.com
Festival Rive Jazzy, Quartier de Rive, Nyon
Nyon (CH)
Festivals Rive Jazzy 2023
19.6. -6.8.2023
Das Festival Rive Jazzy ist einer der schönsten
Schätze von Nyon, das während der Sommermonate
einem breiten Publikum Konzerte von
hoher Qualität in allen Facetten an den wunderschönen
Ufern des Genfersees bietet.
30 Jahre Rive Jazzy sind ein Grund zum Feiern,
und zwar während fünf Wochen und
einem Wochenende als Schlussbouquet mit
vielen Überraschungen vom 3. bis 6. August
2023. Dort treffen sich alle Generationen, um
Musiker aus der Gegend, dem süddeutschen
Raum und der Deutschschweiz mit den verschiedenen
Tendenzen des traditionellen Jazz,
Gypsy-Jazz, Blues, Swing, Latin-Jazz bis hin zu
Pop zu genießen.
Dieses Jahr setzt das Festival auf die Jugend und
ruft Musiker zwischen 18 und 30 Jahren dazu
auf, sich kreativ zu betätigen. Sie können vom
4. bis 6. August 2023 auf der Bühne stehen, an
Jam-Sessions teilnehmen und sich mit gestandenen
Jazzgrößen austauschen.
www.rivejazzy.ch
Riga (LV)
Riga Ritmi Festival
5. – 8.7.2023
The 23rd international improvisation, jazz
and global music festival Rīgas Ritmi will take
place from July 5 to July 8 this year. Artists
from Cuba, Switzerland, Mozambique, Spain,
France, Denmark and the United Kingdom will
come to Riga, but the main Latvian artist at the
festival will be Maestro Raimonds Pauls, who
together with the chamber orchestra Sinfonietta
Rīga will premiere the symphonic jazz program
Songs Without Words.
www.rigasritmi.lv
Mainstage, Trondheim Jazzorchestra
© Matthias Heschl
Saalfelden (A)
43. Jazzfestival Saalfelden
17. – 20.8.2023
65 Konzerte – 200 Künstler:innen –
4 Tage – 13 Stages
Seit über 40 Jahren ist das Jazzfestival Saalfelden
in Österreich ein Treffpunkt der internationalen
Jazzszene, an dem es immer wieder
Neues und Innovatives zu entdecken gibt.
Die Kombination aus einer landschaftlich
atemberaubenden Gegend und experimentellen
Klängen zieht jedes Jahr im August
Anhänger:innen aus der ganzen Welt in die
kleine Stadt am Steinernen Meer. Internationale
Künstler:innen bespielen an diesen vier
Tagen neue und bereits etablierte Bühnen in
und rund um Saalfelden. Denn Saalfelden
begreift Jazz weniger als Musikstil, denn als
ein Synonym für Offenheit und Freiheit, für
musikalische Grenzüberschreitung und Experiment.
Erste Programmhighlights: Lukas Koenig’s
„Sound Hazard“, Ralph Mothwurf Orchestra,
Leo Genovese, Brekky Boy, Michiyo Yagi, Andreas
Schaerer, Dave Douglas Quintet, Ullén/
Bergman/Lund und viele mehr.
www.jazzsaalfelden.com
2018 Público en la playa en el concierto
de Rubén Blades © Lolo Vasco
San Sebastian (E)
Jazzaldia
58th San Sebastian Jazz Festival
(Jazzaldia)
21. – 25.7.2023
The Jazzaldia or San Sebastian Jazz Festival was
founded in 1966, it is the oldest jazz festival in
Spain and one of the oldest in Europe. The Jazzaldia
hosts around a hundred concerts on stages
across the city, some are free and others are
Keyvisual Presse © Festival da Jazz
St. Moritz (CH)
Festival da Jazz
6. – 31.7.2023
Das Festival da Jazz zeichnet sich aus durch
eine rar gewordene Nähe zu den Künstlern.
Jazz zurück im Club. Selbst die Main Stage – der
Dracula Club – fasst nur ca. 150 Gäste. In diesem
äußerst intimen Rahmen sind schon Stars
und Legenden wie Al Jarreau, Chick Correa,
Diana Krall, Nigel Kennedy und viele weitere
aufgetreten.
Trotz der mit Vorfreude erwarteten Rückkehr in
den Dracula Club wird auch der schöne Karajan-Saal
im Reine Victoria wieder mit von der
Partie sein.
Neben den Main Concerts versprüht das FDJ in
und um St. Moritz mit einer Vielzahl kostenfreier
Konzerte seinen Festival-Groove: Brunchund
Apérokonzerte auf Hauser’s Terrasse, Late
Night Konzerte in der Sunny Bar etc.
Das Festival da Jazz wurde gegründet von
Christian Jott Jenny mit gütlicher Mithilfe von
Künstler und Designer Rolf Sachs.
Das Festival da Jazz entstand nicht als Consulting-Konzept,
sondern als Leidenschafts-Gedanke,
ganz organisch. Erst waren da ein paar
vereinzelte Konzerte, dann wurde es größer.
www.festivaldajazz.ch
Maris Pihlap © Mia Tohver
Tallinn (EST)
FESTIVAL JAZZKAAR 2023
23. – 30.4.2023
Taking place from 23 to 30 April, the 34th Tallinn
International Jazzkaar Festival will present
the most prominent artists in today’s local and
international jazz scene and also focus on new
works and albums as well as exciting special
projects. At the festival you can see — Mike
Stern Band (USA), Ben Wendel Group (USA),
Sara Correia (Portugal), Steve Coleman & Five
Timmendorfer Strand
Jazz Baltica
22. – 25.6.2023
JazzBaltica verwandelt jedes Jahr im Juni den
Festsaal des Maritim Seehotel Timmendorfer
Strand und den umliegenden Strandpark in
eine maritime Kulisse für Jazzmusik direkt am
Meer. Künstlerischer Leiter des Festivals ist der
schwedische Posaunist Nils Landgren. An einem
verlängerten Wochenende treten auf fünf
Bühnen in rund 30 Konzerten sowohl Stars als
auch Nachwuchstalente auf. Hier treffen internationale
Jazzgrößen auf junge Talente der
baltischen und regionalen Musikszene. Auf das
jüngste Publikum warten ein Familienkonzert
und die Kindermusikwerkstatt.
Zum Konzept von JazzBaltica gehört es, einmalige
Projekte anzustoßen und Musikerinnen
und Musiker zusammenzubringen. Amerikanische
Künstlerinnen und Künstler wie Dave
Brubeck, Max Roach, Milt Jackson, Herbie
Hancock, Wayne Shorter, Roy Haynes, Dianne
Reeves und Pat Metheny oder europäische
Kolleginnen und Kollegen wie Albert Mangelsdorff,
Wolfgang Haffner, Cæcilie Norby, Viktoria
Tolstoy, Ulf Wakenius, Tomasz Stanko, Lars
Danielsson und Michael Wollny sind nur einige
der Namen, die bereits auf der JazzBaltica-
Bühne zu erleben waren und immer wieder
gern zum Festival zurückkehren.
www.jazzbaltica.de
Vienne (F)
Jazz à
Vienne
28.6. –
13.7.2023
Das Jazz à Vienne
Festival
wurde 1981
von Jean-Paul
Boutellier ins
Leben gerufen
und findet
seitdem jedes
Jahr von Ende
jazzbaltica 2022 © John Garve Agentur
Festivalplakat © Jazz à Vienne
Juni bis Mitte Juli statt. Das Festival lockt jedes
Jahr mehr als 20.000 Besucher an, auf die tausende
Künstler:innen auf vier Bühnen warten.
Das Théâtre Antique, das im 1. Jahrhundert n.
Chr. erbaut wurde, ist das Epizentrum von Jazz
à Vienne. Seine einzigartige Akustik und seine
Geschichte machen es zu einem außergewöhnlichen
Veranstaltungsort, sowohl für das Publikum
als auch für die international bekannten
Musiker:innen, die dort auftreten. Das Festivalprogramm
ist eine vielfältige Mischung aus Alt
und Neu, eine authentische musikalische Fusion.
In diesem Jahr treten u.a. Jacob Collier,
Dee Dee Bridgewater, Goran Bregović, Melody
Gardot, Pat Metheny und Yaron Herman auf.
www.jazzavienne.com
22 | SOUNDSGOOD Music Agency
MELBA | arttourist.com Jazz | Neue Musik | Elektro | 2023
SOUNDSGOOD
Music Agency
Die SOUNDSGOOD Music Agency ist eine junge Musikagentur aus Overath
bei Köln rund um die Geschäftsführer Ruben Bauer und Friedemann
Bauknecht. Nach jahrelanger Erfahrung in verschiedensten Bereichen
der Musikbranche, unter anderem im Booking, Management
und Veranstaltungswesen, entschlossen sich die beiden Gründer dazu,
SOUNDSGOOD im Jahr 2018 zu gründen und nationale und internationale
Bands im Jazz & Crossover zu booken. Im Laufe der Jahre wuchs
nicht nur das Team der Agentur, sondern auch die Anzahl und Vielseitigkeit
der Tätigkeitsbereiche.
Interview
Wir sprachen mit Ruben Bauer und
Friedemann Bauknecht.
Wie und wo haben sich Friedemann
Bauknecht und Ruben Bauer kennengelernt
und wie entstand daraus
die Idee zur Agenturgründung?
Ruben Bauer: Wir haben zusammen
in Karlsruhe Kunst- und Kulturmanagement
studiert. Neben den
geteilten Studieninhalten haben wir
auch Vorerfahrungen im Booking und
Bandmanagement sowie bald auch
stellenweise die Bühne geteilt. Die Idee
zur Agenturgründung entwickelte sich
dann aus der Unzufriedenheit in Studi-
Jobs sowie Arbeits- und Projektangeboten,
die wir dann über die Agentur
abwickelten.
Was ist Ihr persönlicher Antrieb
und die Mission mit Ihrer Agentur?
Friedemann Bauknecht: Grundsätzlich
hatten wir beide schon früh
den Antrieb, in die Selbstständigkeit
zu gehen und nach den eigenen (musikalischen)
Vorstellungen zu arbeiten.
Dabei ist es uns persönlich wichtig,
Jazz weiter zu denken und ein breiteres
Jazzverständnis zu propagieren. Was
uns besonders interessiert, sind Acts,
die frische, moderne Ansätze verfolgen.
Nicht zuletzt ist es unsere Mission,
zusammen mit unserem tollen Team
unsere Künstler:innen bestmöglich zu
unterstützen und die Projekte voranzubringen.
Das und auch die Arbeit im
Team an sich treibt uns jeden Tag aufs
Neue an!
Was umfasst das Leistungsspektrum
der SOUNDSGOOD Music
Agency?
Ruben Bauer: Die Agentur steht auf
fünf Säulen. Unser Kern ist weiterhin
das Konzert-/Tour-/Festival-Booking
von (inter)nationalen Künstler:innen.
Daneben gewinnen die Bereiche
Künstler-Management (Joo Kraus,
Matti Klein, Webster), Social Media
Management, Promotion und Projekt-
Management zunehmend an Bedeutung
für unser Leistungsspektrum. Der
Vorteil davon ist, dass wir inhouse viele
Dienstleistungen, die miteinander
verwoben sind, anbieten können und
dadurch bei Bedarf an verschiedenen
Stellschrauben unterstützen können.
Nachhaltigkeit wird auch in der
Musikbranche ein immer größeres
Thema, sowohl bei Veranstaltungen
als auch bei den Künstler:innen
selbst. Wie stellen Sie sich dem
Thema?
Friedemann Bauknecht: Uns ist das
Thema Nachhaltigkeit von Anfang
an ein persönliches Anliegen gewesen,
und auch meine Abschlussarbeit im
Bachelor beschäftigte sich mit dem
Thema ökologische Nachhaltigkeit bei
Künstleragenturen. Bei uns selbst sind
vor allem die Auswirkungen unserer Arbeit
die Haupttreiber aus ökologischer
Perspektive, da Künstler:innen von A
nach B fahren und Veranstaltungen
grundsätzlich durch ihre Aktivitäten
unter anderem Müll produzieren und
Energie benötigen. Entsprechend versuchen
wir hier einerseits durch Kommunikation
mit den Künstler:innen,
aber auch den Veranstalter:innen,
mehr Bewusstsein zu schaffen und
entsprechende Handlungen zu erwirken.
Ganz konkret bedeutet das, dass
wir versuchen, ein effizientes Routing
für Touren zu entwickeln und Flüge zu
vermeiden. Zudem haben wir hierzu
einen Green Rider entwickelt, den wir
an die Veranstalter:innen schicken,
um ökologische Themen aufzugreifen.
Das reicht dann von der Vermeidung
von Einmalbesteck bis hin zu
Friedemann Bauknecht studierte BWL, Kulturmanagement und Kulturwissenschaft und spielte mit seiner Band bereits u.a.
in England, Frankreich und Spanien. Als Booker, Manager und Veranstalter von Konzerten und Festivals kennt er auch die
Businessseite ausgezeichnet. Zudem ist er auch als Conference Speaker zu Themen wie Booking oder Nachhaltigkeit gefragt
und war unter anderem bereits beim Reeperbahn Festival eingeladen.
© Ruben Bauer
ökologische(re)n Unterkünften oder
LED-Beleuchtung. Zudem verfassen
wir einen jährlichen Report, um unsere
Bemühungen transparent zu machen,
und kompensieren Teile der Reisestrecken
der Bands. Außerdem bin ich hin
und wieder bei Konferenzen als Speaker
zu dem Thema aktiv (u.a. Reeperbahn
Festival, Kulturbörse Freiburg)
und versuche darüber mehr Leute für
das Thema zu begeistern. Denn klar
ist, dass wir dieses Themenfeld nur
gemeinschaftlich angehen oder lösen
können.
Sie haben Ihre Agentur im Jahr
2018 gegründet. 2020 kam die
Corona-Pandemie, die auch Ihnen
als junge Agentur viele Konzertabsagen
und Stornierungen
von Aufträgen bescherte. Viele
Neugründungen haben diese Zeit
nicht überstanden. Wie haben Sie
es geschafft?
Ruben Bauer: Wir haben sowohl
das Glück gehabt, gerade in der Anfangszeit
vermehrt auf Social-Media-Management
gesetzt zu haben.
Der Bedarf bei Künstler:innen war
hier umso größer, und es gab mehrere
Förderungen, über welche dies für
Musiker:innen und Bands finanzierbar
war. Darüber hinaus waren wir
in einigen Projekten tätig, die speziell
durch die Pandemie entstanden waren.
So entwickelten wir schon vor der
großen Streaming-Welle für das CLAS-
SICAL BEAT Festival eine Projektidee
für ein Crossover-Streaming-Konzert
mit dem Berliner Rapper BRKN, zusammen
mit einer Jazzband und
© Micha Roth
Streichensemble, das dann im Eutiner
Schloss durchgeführt wurde. Dennoch
war die Zeit ein harter Kampf für uns,
da wir auch durch das Raster vieler
Förderprogramme fielen. Zudem mussten
wir unser eigentlich für März 2020
geplantes SOUNDSGOOD Festival &
Konferenz schweren Herzens absagen.
Sie repräsentieren eine neue
Generation von Agentur. Sie
sind ein Team aus studierten
Betriebswirt:innen, Kultur- und
Medienwissenschaftler:innen und
Kultur- und Medienmanager:innen.
Was machen Sie anders und wie
spiegelt sich das angeeignete Wissen
in Ihrer Arbeit wider?
Friedemann Bauknecht: Es ist
schwierig, da einen Vergleich zu ziehen.
Grundsätzlich kann man aber
sagen, dass das Studium sicherlich
eine professionelle Basis vermittelt
hat. Das heißt in unserem Kontext,
ein Branchenverständnis mitzubringen,
den Umgang mit sozialen und
auch klassischen Medien zu verstehen
und eine manageriale Perspektive auf
die Dinge zu bekommen. Zudem ist
uns das Thema Kommunikation ein
sehr großes Anliegen und der Wille,
das beste Ergebnis für alle Beteiligten
zu erzielen. Dennoch gibt es auch eine
große Diskrepanz zwischen Studium
und Arbeitsalltag. Entsprechend wichtig
sind eben auch die praktischen
Erfahrungen, um sich ein Netzwerk
aufzubauen und die Strukturen und
Arbeitsweisen der Musikbranche zu
verstehen.
MELBA | arttourist.com Jazz | Neue Musik | Elektro | 2023
SOUNDSGOOD Music Agency | 23
© Karlshochschule gGmbH
Ihre Internetseite zum
Gesamterlebnis
Kultur
Informationen, Berichte,
Interviews und Hintergründe
zu den Themen
Ruben Bauer studierte Kulturmanagement und BWL und spezialisierte sich währenddessen auf den Bereich der „Cultural
Brandings“. Als Trompeter ist er genreübergreifend in verschiedenen Formationen aktiv. Zudem lernte er die Musikbranche
als Veranstalter am Moritzhof in Magdeburg, beim WDR Köln, die Label-Arbeit beim Label Herbie Martin Music sowie die
Theater- und Orchesterlandschaft an den Staatstheatern Nürnberg und Karlsruhe kennen.
Wie wird sich aus Ihrer Sicht das
Musikbusiness, das sehr fragil und
von großer Unsicherheit geprägt
ist, verändern und weiterentwickeln
müssen, damit die Branche
langfristig überlebt?
Friedemann Bauknecht: Puh ... keine
leichte Frage! Einerseits gibt es einfach
natürlich viele Probleme, die wir
momentan sehen. Vom Ausbleiben der
Konzertbesucher:innen, dem „Clubsterben“,
prekären Lebenssituationen
von vielen Künstler:innen bis hin zu
veränderten Hör- und Erlebnisgewohnheiten
der neuen Zuhörergenerationen.
Da eine pauschale Antwort zu geben,
ist schwierig. Dennoch denke ich, dass
wir wieder offener für Transformationen
sein müssen. Dabei muss die Frage
gestellt werden, was die Leute hören
wollen, welche Bedürfnisse bestehen
und in welcher Art und Weise das
Konzert diese Bedürfnisse noch erfüllt.
Speziell im Jazz sehe ich hier die Notwendigkeit
einer größeren programmatischen
und auch finanziellen Anpassung
hin zu einem zumindest teilweise
„jüngeren“ Programm. Ansonsten
braucht es, denke ich, mehr kooperative
anstatt kompetitive Ansätze.
Nach dem Motto „zusammen sind wir
stark“ sind Kooperationen sämtlicher
Art und Weise hilfreich – sei es im
Alltag (bspw. Agenturen untereinander)
oder auch auf politischer Ebene
(z.B. „Music Declares Emergency“).
Zuletzt bleibt ein Problem in unserer
Branche natürlich das liebe Geld, das
doch oft knapp ist. Hier ist auch der
Staat gefragt, auch wenn Sponsoring &
Co. nicht zu vernachlässigen sind. Ich
schaue hier zum Beispiel gerne nach
Frankreich, wo Musiker:innen bei einer
bestimmten Anzahl an Auftritten
ein monatliches Fixgehalt ausgezahlt
bekommen. Das würde sicherlich vielen
helfen und wäre meiner Meinung
nach ein zu diskutierender Ansatz
nach dem Motto „Was ist uns Kultur
wert?“.
Sie sind beide auch Musiker! Haben
Sie noch Zeit, live auf der
Bühne zu stehen, auf Tournee zu
gehen, sich künstlerisch zu erden
und die Welt Ihrer Kunden hautnah
selbst noch zu spüren?
Ruben Bauer: Leider viel zu und
zunehmend wenig ... Ich persönlich
habe das Glück, zuletzt jedoch auch
mit einer unserer Bands (Jin Jim) gemeinsam
auf Tour gewesen zu sein
und dabei mit ihnen gar in Nepal auf
der Bühne gestanden zu haben. Frisch
nach Berlin gezogen, bin ich (zumindest
die kommenden Monate) Teil des
Jazzorchesters X-Berg und genieße
dort fetten Big Band Sound!
Friedemann Bauknecht: Auch bei
mir ist das eigene Musizieren leider
stark zurückgegangen und hat sich
hauptsächlich in den privaten Kontext
verlegt. Dennoch merkt man immer
wieder, wie hilfreich es ist, selbst
schon mal auf einer Bühne gestanden
zu haben und die Künstler:innen-
Perspektive auch schon mal erlebt zu
haben. Das hilft im Alltag ungemein!
Dieses Jahr wird SOUNDSGOOD
fünf Jahre und das wird verdient
gefeiert? Was ist geplant?
Ruben Bauer: Das stimmt! Die
Zeit verging schnell und dieses kleine
Jubiläum wollen wir natürlich mit
Musik feiern! Daher wird es zwei Ein-
Tages-Festivals geben:
Am Mo., 20.3.23 im Kölner „Stadtgarten“
(Jin Jim, Matti Klein Soul Trio,
Ron Minis Trio) und am Fr., 28.4.23
im Rahmen der Jazzahead! Clubnight
im „Irgendwo“ (ESINAM, WEBSTER,
Cats&Breakkies, After-Show-Party). –
Herzliche Einladung!
www.soundsgoodagency.com
soundsgoodagency
@soundsgoodmusicagency
SoundsgoodMusicAgency
Künstler:innen:
Bossarenova Trio
Cats & Breakkies
ESINAM
J.Lamotta
Jin Jim
Joo Kraus
Luciano Supervielle Matti Klein
Matti Klein Soul Trio MOLASS
Pierre Bertrand
Ron Minis Trio
RSxT
The Vampires WEBSTER
MEDIENKUNST
LICHTKUNST
ARCHITEKTUR
FESTIVAL
JAZZ
FOTOGRAFIE
DESIGN
KUNST
DIGITALE KUNST
MUSIK
TANZ
NEUE MUSIK
KLANGKUNST
FILM
MODE
LITERATUR
ESSEN & TRINKEN
© SOUNDSGOOD_Jazzahead2022
www.arttourist.com
#thearttourist
24 | Progressive Chamber Music
MELBA | arttourist.com Jazz | Neue Musik | Elektro | 2023
Progressive
Chamber Music
Eine musikalische Bewegung etabliert sich
Die Stadt New York war schon immer Schmelztiegel
für Stile und Experimente in allen Bereichen
und Nischen der Musik, insbesondere in
der Klassik-Szene und im Jazz. Nirgendwo sonst
auf der Welt wurden und werden die Mauern
der Erwartungen und Definitionen, wie Kunst
zu sein hat oder präsentiert werden sollte, so
wohltuend eingerissen. Vom Minimalismus
von Young, Reich und Glass in den 60er- und
70er-Jahren bis zum experimentellen Genie
von Zorn und der Knitting Factory-Szene in
den 80er- und 90er-Jahren gab es eine beispiellose
Offenheit, Mauern und Annahmen darüber
einzureißen, was sogenannte „Kunst“-Musik
sein kann und wie sie präsentiert werden
sollte.
Dort hatten 2016 Gregor Huebner, Fung Chern
Hwei, Ron Lawrence und Jeremy Harman vom
Sirius Quartet, das wie das Kronos oder Modern
String Quartet ganz oben in der Liga der
besonderen Streichquartette spielt, die Idee,
Kammermusik des 21. Jahrhunderts in den Fokus
ihrer Arbeit und Konzerttätigkeit zu stellen.
Sie nannten dies Progressive Chamber Music.
Was als interner Arbeitstitel gedacht war, hat
sich über die Jahre zu einem stehenden Begriff
eines neuen Musikverständnisses und Stils entwickelt.
Progressive Chamber Music sprengt
Grenzen zwischen Kammermusik, Jazz, Avantgarde,
Folklore, Pop, Hip-Hop und anderen
Genres zeitgenössischer Musik. Ein genialer
Schachzug war die Gründung eines gleichnamigen
Festivals, das erstmalig im Oktober 2016
in New York, wo Gregor Huebner lebt, und ab
2018 als Ableger auch in München, wo Gregor
Huebner an der Musikhochschule eine Professur
für Jazz-Komposition, Jazz-Improvisation
für Streicher und Jazz-Musiktheorie innehat,
im Milla Club stattfand. In München zusammen
mit seinem Freund und Professorenkollegen
Gerd Baumann, einem der Gründer und
Macher des Millas. Seitdem haben sich viele
Musiker:innen der Progressive Chamber Music
geöffnet, und es sind zahlreiche unterschiedliche
und mitreißende Kompositionen, Interpretationen
und Formate entstanden, die auf den
Bühnen New Yorks und Münchens als spannende
und moderne Klangwelten ihr Publikum
finden. Gerade im Bereich der Hochschule
hat sich ein wahres Füllhorn an großartigen,
talentierten und hungrigen Musiker:innen aufgetan,
die sich für die kongeniale Verschmel-
Gregor Huebner | © Asher & Oak Photography
Sirius Quartet | © Ralf Dombrowsky
MELBA | arttourist.com Jazz | Neue Musik | Elektro | 2023 Progressive Chamber Music | 25
Progressive Chamber Music Festival
Künstler:innen
2016 – 2023 New York | München
PCMF 2016 New York
Unanimity Music Collective
Pauline Kim Harris
RighteousGIRLS
Seven)Suns
Cruche Trio
Warp Trio
Mark Feldman & Sylvie Couvoisier
Sirius Quartet
zung der verschiedenen Stile und klanglichen
Richtungen begeistern und ganz eigene Klangmarken
setzen. So sind es junge Ensembles und
Musiker:innen wie Fiona Grond, Tetra Brass,
Fallwander, das von Gregor Huebner gegründete
Munich Composer Collective oder das
Paranormal String Quartet um Gustavo Strauß,
mit dem wir über Progressive Chamber Music
sprachen.
Angedacht war von Beginn an der Austausch
von Musiker:innen aus New York und München,
was sich bisher nur für das veranstaltende
Sirius Quartet realisieren ließ. Aber in diesem
Jahr soll es endlich funktionieren. Wenn,
und daran hängt so vieles, entsprechende Fördermittel
beschafft oder stiftende Mentoren für
die Idee der Progressive Chamber Music begeistert
werden können.
Interview
Wir sprachen mit Gustavo Strauß.
Wer oder was ist das Paranormal
Quartet, wie und wo sind Sie sich
begegnet und wann kam es zur
Gründung?
Gustavo Strauß: Das Paranormal
String Quartet ist ein Ensemble, welches
wie ein klassisches Streichquartett
aus zwei Violinen, Bratsche und
Cello besteht. Da wir aber im Gegensatz
zu den „normalen“ Streichquartetten
hauptsächlich eigene Stücke
mit Improvisationsanteilen spielen,
haben wir uns „paranormal“ genannt.
Gegründet wurde das Ensemble
während meiner Zeit als Student
an der Musikhochschule München im
Studiengang „Improvisation für Streicher“
bei Gregor Huebner, in dem ich
Felix Key Weber kennenlernte – der
neben mir der einzige andere Student
im Studiengang war. Katie Barritt
kannte ich aus meiner Zeit aus der
HfM Nürnberg und Jakob war Felix´
bester Freund und Mitbewohner.
Paranormal Quartet erforscht
Wege zwischen Klangwelten
klassisch geprägter Komposition,
heißt es auf Ihrer Internetseite.
Was muss man sich darunter
vorstellen?
Gustavo Strauß: Aus der Klassik
kommend und mit großer Liebe für
das bisher für Streichquartett komponierte
Material versuchen wir auch
Paranormal String Quartet | © Pepe Arts
Definition
Progressive Chamber Music
„Progressive Kammermusik“ ist Kammermusik
des 21. Jahrhunderts, die weder durch ein Genre
definiert noch durch die Unterscheidung
zwischen Konzert- und Unterhaltungsmusik
eingeschränkt ist, sondern von Musiker:innen
gemacht wird, die versuchen, die Grenzen zwischen
Interpret:innen, Komponist:innen und
Improvisator:innen aufzubrechen. Musik, die
die Mauern und Annahmen darüber sprengt,
was sogenannte „Kunst“-Musik sein kann und
wie sie präsentiert werden sollte.
Gustavo Strauß
in unseren eigenen Kompositionen
die Stärken des Klangkörpers Streichquartett
ernst zu nehmen und sie mit
den Möglichkeiten von Improvisation,
neuen Spieltechniken, Groove und
„Band Spirit“ zu kombinieren.
Gregor Huebner prägte den Begriff
Progressive Chamber Music.
Bei der Premiere des gleichnamigen
Festivals 2018 und im letzten
Jahr haben Sie dort mit dem
Quartet gespielt. Was verbinden
Sie mit Progressive Chamber Music?
Gustavo Strauß: Musik, die im
kammermusikalischen Rahmen neue
Freiheiten erlangt, besonders hinsichtlich
starrer Genregrenzen und
Schubladendenken.
Wie wichtig sind solche Begrifflichkeiten
für experimentelle und
Neue Musik und Formate wie das
Progressive Chamber Music Festival
(23.–24.11.2023, Milla Club
München) und das Munich Composers
Collective, um diesen Musikstil
bekannt zu machen und
zu etablieren?
Gustavo Strauß: Solche Begrifflichkeiten
sind tatsächlich aus meiner
Sicht wichtig, da es wie in diesem
Fall für genau dieses Phänomen von
Musik noch keine gute, etablierte
Beschreibung gab. Vor derselben Herausforderung
stehen wir als Quartett
oft, wenn wir unsere Musik in
wenigen Worten erklären sollen. Ein
Festival wie das Progressive Chamber
Music Festival hilft enorm, der Begrifflichkeit
einem Sound oder einem
Approach zuordenbar zu machen.
Sie haben bei Gregor Huebner
Ihr Masterstudium in „Improvisation
für Streicher“ und „Jazz-
Composition“ an der Hochschule
für Musik und Theater München
gemacht. Wie hat er Sie geprägt
und in welchem künstlerischen
Austausch sind sie mit ihm bis
heute?
Gustavo Strauß: Gregor Huebner
hat mich tatsächlich stark geprägt,
angefangen damit, dass er mich ermutigt
hat, überhaupt für Streichquartett
zu schreiben. Die Kombination
aus klassischem Klangkörper
und Improvisation ist ja an sich selten,
deswegen war Gregor mit seinem
Sirius Quartet auch von Anfang an
eine starke Inspiration für uns. Wenn
ich an einem besonders kniffligen
Projekt sitze oder eine experimentelle
Paranormal String Quartet | © Anton Roters
Während diese Grenzen immer mehr verschwimmen
und ineinander übergehen, gibt es
einen stetigen Strom von Künstler:innen und
Ensembles, die die Fackel weitertragen und die
Grenzen verschieben. Beim jährlichen Progressive
Chamber Music Festival, das vom Sirius
Quartet kuratiert wird, treten solche Ensembles
auf, jedes mit einer eigenen Identität und dem
gemeinsamen Wunsch, Kammermusik auf seine
eigene Weise zu definieren. Es handelt sich
um Kammermusikensembles des 21. Jahrhunderts,
die sich nicht auf ein Genre festlegen lassen,
die nicht zwischen Konzert- und Unterhaltungsmusik
unterscheiden und die die Grenzen
zwischen Interpret:innen, Komponist:innen
und Improvisator:innen verwischen. Das ist
progressive Kammermusik.
-SIRIUS QUARTET-
PCMF New York 13.-14.10.2023
Greenwich House
PCMF München 22.-23.11.2023
Milla Club
Quadrat Farbfläche + spaces
Idee habe, melde ich mich regelmäßig
noch bei Gregor, und sein Input oder
das Diskutieren der Ideen bringt mich
immer weiter.
Von experimenteller Musik allein
kann man nicht leben, dafür
ist und wird es womöglich
immer eine Nische bleiben. Sie
alle machen noch andere spannende
Musik. Geben Sie uns einen
Einblick in die Musikwelt der
Musiker:innen des Paranormal
Quartets?
Gustavo Strauß: Das stimmt, Felix
Weber arbeitet als Violinist bei
der Bayerischen Staatsoper und spielt
nebenbei auch in ganz verschiedenen
Bands (Hannes Beckmann Band,
Donnerbalkan). Jakob Roters lebt als
freischaffender Cellist in der Welt moderner
Opernproduktionen und hat
auch schon ein Hip-Hop-Album produziert,
Katie Baritt ist Mitglied des
Bayerischen Kammerorchesters, und
ich selbst habe neben dem Quartett
z.B. noch ein Improvisationstrio mit
Harfe und Bassklarinette („Schimmer
Trio“), mein Solo-Loop-Projekt
„Loopolution“, und als Kontrastprogramm
spiele ich den Fiddler in einer
wilden Folkrock-Band.
www.paranormalstringquartet.com
@paranormal_string_quartet
paranormalstringquartet
@paranormalstringquartet
PCMF 2017 New York
Mark Feldman & Mario Forte
Allison Loggins-Hull
Tanya Kalmanovitch, Ted Reichmann and
Anthony Coleman
Theo Bleckmann and Ben Monder
Shoko Nagai, Marco Capelli and Jeff Davis
Colin Hinton Quartet
Sirius Quartet
PCMF 2018 New York
String Noise
Richard Sussman
Rob Mosher’s Brooklynburg “Breath and
Hammer”
Erik Friedlander (cello)
Sirius Quartet
PCMF 2018 München
Ruzicka Turban
Lovebird and Diskotäschchen
Ark Noir
Paranormal String Quartet
Madisiusovanda
Sirius Quartet feat Marlis Petersen
Munich Composers Collective
PCMF 2019 New York
Lisa Hoppe’s Third Reality
Pascal’s Triangle
Shoko Nagai & Satoshi Takeishi’s VORTEX
For Living Lovers
Theremin Noir - 20th anniversary performance
Sirius Quartet
PCMF 2019 München
PentAnemos Bläserquintett
Tetra Brass + 1
Parade + Sirius Quartet
Alex Machke + Dominik Giesrigl
Spelunken Orchester
Sirius Quartet + Evelyn Huber
Munich Composers Collective
PCMF 2020 New York virtual stage
Chano Dominguez, solo piano
Jennifer Choi/Kathleen Supove Duo
Sirius Quartet
PCMF 2021 New York
Kathleen Supové and Jennifer Choi
Gregor Huebner’s El Violin Latino
Mat Maneri, Craig Taborn and Randy Peterson
Curtis Stewart›s «Of Power»
Leonor Falcón and Juanma Trujillo
Billy Martin (drums) and Sirius Quartet
PCMF 2021 München
Fiona Grond/Interspaces
Sirius Quartet feat Joo Kraus and Veit
Hübner
B-Parade:
Benjamin Schäfer
Flurin Mück
FALLWANDER:
Quartetto Barinetto
Munich Composers Collective
PCMF 2022 New York
Sam Bardfeld Trio
Michael Bates’ Acrobat
Hwei and Michael Sarin
Ben Sutin’s Klazz-Ma-Tazz
Judith Insell’s Jump Off This Bridge
Aliya Ultan Trio
Sirius Quartet
PCMF 2022 München
Prisma Ambit
Joo Kraus / Gregor Huebner Duo
Munich Tetra Brass
Paranormal String Quartet
Lightville
MCC Munich Composers Collective
PCMF 2023 München
Lidermayr/Bordenave
Sirius Quartet
Jelena Kuljik/Baumann/Huebner
Jaques Pier
Pre.Pared
MCC Munich Composers Collective
26 | Fabiana Striffler
MELBA | arttourist.com Jazz | Neue Musik | Elektro | 2023
Unbändige
Lust an der
Musik
Die Musikerin und Komponistin Fabiana Striffler gilt als Ausnahmetalent der
Musik und ist eine der gefragtesten Geigerinnen im deutschen Jazz und Pop.
Sie arbeitet mit so bekannten Musiker*innen wie Greg Cohen, Joey Baron, der
Oscarpreisträgerin Hildur Guðnadóttir oder der schottischen Band Travis und
kommt jetzt auf der Release Tour ihrer neuesten CD nach Singen.
Ihre Musik ist grenzenlos leidenschaftlich, eigensinnig, experimentell, unkonventionell,
ein faszinierendes und atmosphärisches Klangerlebnis. Einzigartig,
mit welcher Konsequenz Fabiana Striffler ihren eigenen Weg durch die
Welt der Musik sucht, geht und findet. Sie hat ein feines Gefühl für Stimmungen
und einen Mix aus unterschiedlichsten musikalischen Einflüssen, die sie
auf Reisen in die ganze Welt aufsaugt, „katalogisiert“ und in ihre Eigenkompositionen
einfließen lässt.
Interview
Wir sprachen mit Fabiana Striffler.
Sie leben für die Musik und sie begleitet
Sie seit Ihrer Kindheit. Sie
sind in Schwäbisch- Hall geboren,
in Italien und am Bodensee aufgewachsen.
Kann man sagen, dass in
Wahlwies alles oder vieles begann?
Fabiana Striffler: Wahlwies ist der
Ort, an dem ich langsam von einem
Mädchen zu einer jungen Frau wurde. Es
war eine vielseitige und aufregende Zeit.
Als Kind habe ich mich so wohl gefühlt
in meiner Haut und im Einklang mit der
Welt, in der ich lebte. Ich konnte mich
mit so vielen Dingen identifizieren, bis
zu den Steinen in meiner Hosentasche.
Ich war neugierig und offen für vieles. Je
älter ich wurde, desto mehr spürte ich,
dass mein wacher Geist von den alltäglichen
Dingen und der Gesellschaft eingenommen
wurde; Erwartungen, Moral,
Vorschriften. Die Kunst hat mir immer
wieder geholfen, zu dem zurückzufinden,
wohin in mich zugehörig fühle,
und mich wieder zu öffnen für die Welt.
Insofern kann ich sagen, dass ich diese
Art zu leben dem kreativen Umfeld verdanke,
in dem ich aufwachsen durfte.
Wie kamen Sie zur Musik und wie
entstand der Wunsch, die Gewissheit,
Musikerin und Komponistin
zu werden?
Fabiana Striffler: Mit ca. fünf Jahren
war der Gedanke in mir entstanden,
Geige spielen zu wollen. Meine Mutter
und ich besuchten den Geigenbauer in
unserem Dorf. Er gab mir eine kleine
Geige in die Hand, meine Hand reichte
aber kaum bis an das Griffbrett. Er sagte
uns, dass ich in einem Jahr vermutlich
groß genug sei und dann wiederkommen
könne. Mein Verlangen, dieses Instrument
spielen zu können, blieb bestehen
und ein Jahr später hielt ich meine erste
Leihgeige in der Hand und habe bis
heute eine große Faszination für dieses
Instrument. Professionelle Musikerin zu
werden widerstrebte mir jedoch lange
Zeit. Ich wollte nicht verkaufen müssen,
was mir so lieb war. Dass ich mich
heute als Musikerin und Komponistin
bezeichnen kann, verdanke ich einigen
Menschen und Begebenheiten, die mir
gezeigt haben, dass für mich kein Weg
an der Musik vorbeiführt. Ich bin sehr
glücklich, diesen Weg gegangen zu sein,
weil ich mir selbst damit treu geblieben
bin und meine Musik ein Ausdruck meiner
Sicht auf die Welt ist. Ich hoffe, dass
sich Menschen in einigen meiner Geschichten
wiederfinden können.
Sie leben in Berlin, waren gerade
über das Kulturaustauschstipendium
des Berliner Senats in der Kooperation
mit der Cité Internationales
des Arts für ein halbes Jahr in
Paris und sind ständig unterwegs.
Was bedeutet für Sie Heimat?
Fabiana Striffler: Heimat ist ein
wichtiges Thema für mich. Zum einen
liebe ich es, an einem Ort zu leben, der
pulsiert, der mich inspiriert, an dem
ich im künstlerischen und geistigen
Austausch mit anderen Menschen sein
kann. In dieser Hinsicht liebe ich Paris
und Berlin. Auch für mein eigenes
Schaffen empfinde ich diese Städte als
bereichernd. Interessanterweise entstehen
viele Ideen für neue Kompositionen,
wenn ich auf dem Fahrrad durch
die Stadt fahre, sie entstehen in Bussen,
in Zügen, auf Toilettenpapier und den
Rändern von Zeitschriften; selten jedoch
am Schreibtisch oder am Instrument.
Allerdings brauche ich oftmals Zeit, um
in einen kreativen Prozess zu kommen.
Der Geist wird beständig abgelenkt.
Die Einflüsse sind enorm und teilweise
auch überwältigend. Wenn ich in meiner
alten Heimat bin, ist mein Geist
sehr viel fokussierter und ruhiger. Hier
habe ich Zeit, am Vormittag ein Stück
zu skizzieren, es in eine erste Form zu
bringen, danach auf das Rad zu steigen,
den Nachmittag schwimmend im
Bodensee zu verbringen, anschließend
Gemüse aus dem Garten zu holen und
den Abend auf der Terrasse unter dem
glitzernden Sternenhimmel zu genießen.
In der Stadt empfinde ich es als sehr viel
schwerer, Gedanken loszulassen. Und
ich glaube, das Loslassen ist ein wichtiger
Teil des kreativen Prozesses. Im Moment
kann ich mir jedoch weder vorstellen
das Stadtleben noch das Landleben
missen zu müssen und bin gespannt, wo
es mich langfristig hinverschlagen wird.
Sie werden als musikalischer Freigeist
bezeichnet, der zwischen
verschiedensten Musik- und Stilrichtungen
und vielerlei „geomusikalischen“
Einflüsse und Begegnungen
hin und her springt. Was
für Musik macht Fabiana Striffler,
was erwartet die Besucher bei Ihrem
Konzert, zu dem der Jazzclub Singen
ins Kulturzentrum GEMS einlädt?
Fabiana Striffler: Ein Thema für
mich ist, nach Zugehörigkeit, Identifikation
und Authentizität zu suchen. In
einer Zeit der zunehmenden Anonymisierung
möchte ich mit meinem Album
„Archiotíc“ dieser Tendenz etwas Persönliches
entgegensetzen. Komponiert
habe ich für eine spezielle Zusammenstellung
an Menschen, die am 7. Dezember
live zu hören sein werden. Zum
anderen sind alle Kompositionen mit
improvisatorischen Anteilen versehen,
bei denen sich einzelne Spieler*innen
ihren eigenen Weg durch die Musik bahnen
werden. Das verlangt eine gewisse
Risikobereitschaft aller Beteiligten und
birgt die Möglichkeit des Scheiterns,
aber ebenso magischer Momente und
Humor. Humor ist neben der Improvisation
ein großes Thema für mich, weil ich
das Gefühl habe, dass es in der Art und
Weise, in der uns Dinge präsentiert werden,
häufig etwas an Skurrilität fehlt.
Meine Musik hat nostalgische Momente,
sie hat aber ebenso humorvolle und
sogar wütende Elemente. Sie stellt dar,
was ich bin und was mich interessiert,
ebenso wie meine Mitmusiker*innen.
Aber nicht alles, was auf dem Album
humorvoll klingt, hat auch die Absicht,
humorvoll zu sein. Humor ist eine Präsentation
des Skurrilen und ich möchte
damit ein Bewusstsein schaffen für Dinge,
die um uns herum passieren. Gleichzeitig
möchte ich einen Raum schaffen,
in dem sich Menschen begegnen können.
Was inspiriert Sie und woher kommt
diese Multimusikalität und unbändige
Lust am Experimentieren und
Ausprobieren?
Fabiana Striffler: Dass ich als Geigerin
einen nicht traditionell klassischen
Fabiana Strifler | © rwfischer photography
Weg gewählt habe, war für mich unumgänglich.
Auch wenn ich selbst wie
die meisten Geiger*innen mit einer klassischen
Ausbildung begann und nach
wie vor die Klarheit, Ausdruckskraft,
den Fokus und die Hingabe und Herausforderung
und irgendwie auch die
Gemeinschaft von besessenen Nerds in
der klassischen Musik mag. Wenn es
bei mir selbst allerdings zum Schaffensprozess
kommt, dann möchte ich die
Kunst schützen, was bedeutet, dem zu
lauschen, was sie mir zu sagen hat und
darin keine Kompromisse zu machen.
Mich in ein neues Umfeld zu begeben,
hat mir oft geholfen dabei. Ich bin viel
gereist, habe in Italien, Spanien und
Frankreich gelebt, war in Lateinamerika,
Afrika und den USA unterwegs und
habe schon in meiner Kindheit gerne
am geschriebenen Notenmaterial vorbei
improvisiert. Der aber wohl anspruchsvollste
Teil für mich bleibt es, der Musik
gerecht zu werden, ihr nicht zu viel
aufzuzwingen, sie aber gleichzeitig herauszufordern
und sie aus mir heraus
sprechen zu lassen.
www.fabianaStriffler.com
DAS GESPRÄCH FÜHRTE KAI GEIGER.
JOJO MAYER
AVISHAI COHEN
4 WHEEL DRIVE – LANDGREN/WOLLNY/DANIELLSON/HAFFNER
INCOGNITO
LAURA MISCH • LEHMANNS BROTHERS
JOSHUA REDMAN
MICHEL CAMILO & TOMATITO
SAMARA JOY
MARIO BIONDI • NUBYA GARCIA
STANLEY CLARKE
THE HEADHUNTERS
WEB MAX FEAT. MAX HERRE
SAMARA
JOY
23 rd ZURICH JAZZNOJAZZ FESTIVAL
Gessnerallee Zürich
1.–4.11.2023
jazznojazz.ch
ticketcorner.ch
28 | Bremen
MELBA | arttourist.com Jazz | Neue Musik | Elektro | 2023
und der Region, die man im gemeinsamen
Interesse bündeln und unter einer Dachmarke
zu einem Format zusammenführen und
vermarkten sollte. Mit dem Ziel „Gemeinsam
MEHR für Bremen“ die Neue und Elektronische
Musik, den Jazz, die Klangkunst und die
Tech-Branche zu bewegen, aus ihren Nischen
zu holen und zu mehr Öffentlichkeit und mittelfristig
zu einem wirtschaftlichen Erfolg zu
führen und für Sponsoren und Förderungen
attraktiv zu werden.
Wie könnte das aussehen? Eine Gedankenskizze
für einen Zeitraum vor/zur jazzahead!
bis zum Ende/nach dem realtime Festival.
Klangallianz Bremen
Ein Plädoyer von Kai Geiger für Bremen als europäisches Zentrum des Klangs.
Seit mehr als 25 Jahren arbeiten wir als Brückenbauer
an Verknüpfungen zwischen
Menschen, Orten und der Kultur in all ihren
Facetten. Als Ideengeber, Vermittler und
Initiant von Innovationen, Grenzen und
Genres übergreifenden Kooperationen, Formaten
und deren Umwerbung, um der Vielfalt
der Kultur mehr Zugang und Beachtung
zu verschaffen und ihr Nachhaltigkeit und
Wertschöpfung zuzuführen. Diese benötigen
die Kultureinrichtungen in unserer momentanen
fragilen Gegenwart mehr denn je zur
Daseinsberechtigung und Existenzsicherung.
Hierfür sind kreative neue Wege ein wichtiger
Baustein.
Mit Bremen beschäftigen wir uns seit Anfang
der 2000er-Jahre, wo wir als Partner der Kunsthalle
Bremen in die Vermarktung der großen
Ausstellungen Van Gogh, Monet und Paula
involviert waren und mit dem leider viel zu
früh verstorbenen Hans Diers eng zusammengearbeitet
haben – einem der kreativsten Köpfe,
den wir kennenlernen durften. Auch wenn
die Zeit der großen kulturtouristischen Kampagnen
in Bremen, wo viele Leistungsträger
an einem Strang zielorientiert zusammengearbeitet
hatten, vorbei sind, ist Bremen weiterhin
und nicht zuletzt durch die Kooperation
mit der jazzahead! für uns eine sehr spannende
und herausfordernde Kulturstadt, die unserer
Meinung nach noch immer oder wieder
viel zu wenig Menschen auf ihrer persönlichen
Kulturreisekarte stehen haben.
Nun entstand und arbeitet seit Längeren ein
Gedanke und eine Vision für Bremen
und die Region, die Idee für eine genre-
und veranstalterübergreifende
Allianz für ein europäisches Zentrum
des Klangs, das die Bereiche
Neue Musik, Jazz, Elektronische
Musik und Klangkunst wie die
technischen Entwicklungen einschließen.
Immer mehr Künstler:innen denken,
arbeiten, entwickeln und erfinden
sich neu und suchen die Nähe,
Herausforderung und Chance, mit
anderen Musik-, Kunst- und Ausdrucksformen
grenzüberschreitend
neue künstlerische Kooperationen
einzugehen. In aller Regel gepaart
mit der Auseinandersetzung und
dem Ausprobieren der digitalen
Alle Festivals machen
noch mehr
Spaß, wenn man
sie mit dem Rad
besucht.
Ride like a local!
Bike it!
Infos zur
Radkultur:
www.bremen.de/
bike-it
Lange Nacht der Museen | © klangpol Bremen
Techniken und Möglichkeiten wie Immersive
Art, Augmented Reality und Künstliche Intelligenz.
Diese künstlerische Gegenwart spiegelt Bremen
und die Region.
In Bremen und Umgebung gibt es mit der
weltgrößten Jazzmesse, der jazzahead!, dem
realtime Festival, einem neuen ambitionierten
Festival für Neue Musik, dem
klangpol – Netzwerk Neue Musik
Nordwest, die mit ihren 20 Netzwerkpartnern
in Oldenburg, Bremen
und Bremerhaven möglichst
viele Ohren für Töne, Neue Klänge
und Neue Musik öffnen möchten,
und der international einmaligen
„Sound Collection Guy Schranen“,
die im Jahr 2018 von der Weserburg,
dem Museum für Moderne
Kunst in Bremen, erworben wurde,
vier herausragende Einrichtungen/
Player des Klangs, die in der Kunstund
Musiklandschaft einzigartig
sind.
Dies ist aus unserer Sicht ein Alleinstellungsmerkmal
von Bremen
Eröffnung einer internationalen Klangkunst-Ausstellung
am Vorabend der jazzahead!
im Museum Weserburg und dem
Edith-Russ-Haus für Medienkunst in Oldenburg
mit entsprechendem Begleitprogramm
(Vorträge, Filmvorführungen,
Konzerte, Workshops)
Anlässlich der jazzahead!
· Showcase Programm Elektronische Musik,
Neue Musik, Klangkunst, Immersive Art,
Augmented Reality und KI auf der Messe
Bremen
· Neuer Ausstellungsbereich jazzahead!
CROSSOVER mit Ausstellern aus den Bereichen
Klassik, Neue Musik, Elektronische
Musik, Museen, Galerien, Tech-Branche
sowie Hochschulen/Universitäten
und sonstige Bildungseinrichtungen aus
dem Bereich der Künste und TechnikBegleitende
Fachvorträge/Fachtagung
· Clubnight Programm in der Weserburg
und anderen Partnereinrichtungen des
Klangpol Netzwerkes
Zeit zwischen Ende jazzahead! und realtime
Festival
· Klangwochen mit vielfältigem Programm
der Netzwerkpartner von klangpol in Bremen,
Bremerhaven und Oldenburg
· Lange Nacht der Klangkunst oder ähnliches
Format an einem der Wochenenden
· Klangkunstprojekte, Klangkunstaktionen
im öffentlichen Raum
Anlässlich des realtime Festivals
· Cross-over-Konzerte als Bestandteil des
realtime Festivals
· Inhaltliche Zusammenfassung des gesamten
Zeitraums in einem Format/Veranstaltung
Abschlussveranstaltung und Finnisage der
Klangkunstausstellung
Es ist „nur“ eine Anregung, in der wir Potenzial
sehen, wenn die Protagonist:innen zu
einem Dialog bereit sind, ein gemeinsames
Konzept erarbeiten, an die Idee und Vision
glauben und einen langen Atem haben und
die Öffentliche Hand, Sponsoren und Förderer
dieser Idee folgen und sie zu einem Erfolg
werden lassen.
Vier Partner im Klang!
jazzahead! 2023
27. – 30.3.2023
Die 2006 gestartete jazzahead! ist die größte
Jazz-Fachmesse der Welt. Stetig gewachsen, gilt
der Branchentreff auch als „Familientreffen
des Jazz“, da er seinen familiären Charakter
nie verloren hat. Die 40 Showcase-Konzerte im
Rahmen der Messe und das jazzahead! Festival
wenden sich auch an das breite Publikum. Seit
2011 stellt dieses Festival zusammen mit rund
60 Kooperationspartnern die Kulturszene eines
jährlich wechselnden Partnerlandes und Bands
aus aller Welt vor. Diese treten unter anderem
in der CLUBNIGHT in 30 Spielstätten in Bremen
auf. Seit 2015 wird die jazzahead! aus Mitteln
der Beauftragten der Bundesregierung für
Kultur und Medien gefördert. 2019 wurde sie
als europäische Kulturmarke des Jahres ausgezeichnet.
Die jazzahead! ist das Must-Go-Event für die internationale
Jazzbranche und der Ort für hochwertigen,
zeitgenössischen Jazz aus Deutschland,
Europa und Übersee. Als weltweit größte
Veranstaltung auf der sich alle Protagonisten
der Szene (Musiker, Labels, Agenturen, Festivalmacher,
Booker und Medienvertreter) treffen,
gilt sie bei den Fachbesuchern aus aller Welt als
das „Familientreffen des Jazz“. Denn trotz ihres
steten Wachstums hat sie es geschafft, ihren familiären
Charakter nicht zu verlieren.
www.jazzahead.de
Siehe auch Seite 8-9
2022 jazzahead! | © M3B GmbH Jörg Sarbach
MELBA | arttourist.com Jazz | Neue Musik | Elektro | 2023 Bremen | 29
tuellen Kunstmusik im Nordwesten erfahrbar,
in ihrem ganzen Reichtum und ihrer enormen
Vielfalt. Dabei verwandeln sich die Peterstraße
in Oldenburg und die Bremer Innenstadt
jeweils in eine „Kulturmeile“, auf der zum
Hören, Verweilen, Flanieren und Entdecken
eingeladen wird – mit bis zu 40 Konzerten an
besonderen Orten drinnen und draußen.
NOIeS! – klangpol-Konzertreihe in
der Exerzierhalle Oldenburg
Neben den Veranstaltungen der Partner hat
klangpol seit der Spielzeit 14/15 eine gemeinsame
Konzertreihe, die die Oldenburger Exerzierhalle
regelmäßig zu einem Ort der Neuen
Musik werden lässt. Die Konzerte werden von
unterschiedlichen klangpol-Partnern gestaltet.
Gemeinsam mit ihnen zeigt das Oldenburgische
Staatstheater die spannende Vielfalt
zeitgenössischer Musik und lässt dabei
jegliches Schubladendenken hinter sich: Ensemblemusik
steht neben Medienkunst, Improvisation
neben elektronischer Musik oder
den Ergebnissen aus Vermittlungsprojekten.
Erlaubt ist, was aktuell ist und im wahrsten
Sinne „offene“ Ohren erfreut.
Lange Nacht der Musik
Die LANGE NACHT DER MUSIK findet seit
2013 jeweils im Sommer als gemeinsame
Großveranstaltung der klangpol-Netzwerkpartner
statt. Bei der LANGEN NACHT präsentieren
sich die unterschiedlichen Partner
mit ihren Ensembles und den dort jeweils
aktiven Künstler*innen in zahlreichen Kurz-
Konzerten, Installationen und Performances.
In konzentrierter Form wird die Szene der akklangpol
Netzwerk Neue Musik Nordwest
Wie klingt die Musik unserer Zeit? Was fühle
und erlebe ich mit ihr? Was hat sie mit meiner
Welt zu tun? 20 Einrichtungen aus Oldenburg
und Bremen haben sich vor dem Hintergrund
dieser Fragen zu klangpol – Netzwerk Neue
Musik Nordwest zusammengeschlossen, geeint
im Engagement für die aktuelle Musik. Sie
verbindet das Interesse am Unbekannten und
an Musik, die über die Grenzen bekannter Einund
Zuordnungen hinweg neue Hörwelten
betritt, aber auch Interesse daran, gemeinsam
mit dem Publikum diese Welten zu erkunden.
Im Rahmen von klangpol finden innerhalb
einer Saison über fünfzig Veranstaltungen der
einzelnen Partnerinstitutionen statt.
Mitglied bei klangpol sind freie Träger ebenso
wie kommunale und Landesinstitutionen.
Neben Partnern, die in der Hauptsache komponierte
Musik der Gegenwart aufführen (der
Oldenburger Verein oh ton, die Bremer projektgruppe
neue musik, der Arbeitskreis Bremer
Komponisten und Komponistinnen und
das Bremer Ensemble New Babylon), vereint
NOIeS! | © klangpol Bremen
das Netzwerk große musikalische Bildungseinrichtungen
der Region (die Musikschule der
Stadt Oldenburg mit dem Ensemble Schlagwerk
Nordwest, das Atelier Neue Musik der
Hochschule für Künste Bremen und das Institut
für Musik der Carl von Ossietzky Universität
Oldenburg), das Oldenburgische Staatstheater,
den Oldenburger Förderverein Haus des
Hörens und Partner, die an der Schnittstelle
von Neuer Musik und Soziokultur arbeiten wie
das Oldenburger Blauschimmel Atelier. Darüber
hinaus finden sich Gruppen bei klangpol,
die im Grenzbereich von improvisierter Musik
und Performance arbeiten wie S.Y.L.K.E. (Bremen)
oder die Reihe IMPROVISATIONEN der
Musikerinitiative Bremen, Unerhört in Bremerhaven
oder die Reihe GEHÖRGÄNGE der
Jazzmusiker-Initiative Oldenburg sowie das
Bremer Schlagzeugensemble.
Schwankhalle Bremen | © klangpol Bremen
klangpol wurde 2007 auf Initiative und mit einem
Konzept des Vereins oh ton – Förderung
aktueller Musik gemeinsam mit zehn weiteren
Partnern in der Metropolregion Bremen-Oldenburg
gegründet. Anlass war die Ausschreibung
der Kulturstiftung des Bundes »Netzwerk
Neue Musik«. Deren Anliegen war eine gezielte
Förderung der Neuen und Zeitgenössischen
Musik und bot die Gelegenheit für eine vertiefte
Zusammenarbeit verschiedener Akteure
und Veranstalter in der Nordwest-Region. Bei
dieser Ausschreibung für regionale Netzwerke
mit über 80 Bewerbungen wurde klangpol mit
bundesweit 14 anderen Netzwerken für eine
vierjährige Förderung ausgewählt. Ab Januar
2008 wurden die ersten Veranstaltungen unter
dem Namen klangpol durchgeführt.
Zusammen mit dem Netzwerk Neue Musik
förderten das Land Niedersachsen und die
Stadt Oldenburg das Vorhaben. Seit dem Auslaufen
der Bundesförderung unterstützen die
Stadt Oldenburg und das Land Niedersachsen
das regionale Netzwerk. Der Senator für Kultur
der Freien Hansestadt Bremen beteiligt sich
seit 2012 ebenfalls an klangpol. Durch die Beschlüsse
der Netzwerkpartnerversammlung in
den Jahren 2016 und 2022, sechs respektive
einen weitere(n) Partner aus der Region aufzunehmen,
gewann das Netzwerk zusätzlich an
Bedeutung für die Kulturregion. klangpol wird
derzeit mit seinen nunmehr 20 Netzwerkpartnern
gefördert durch das Land Niedersachsen,
das Land Bremen und die Stadt Oldenburg.
klangpol-Projekte
Die gemeinsamen Projekte von klangpol sind
das Herzstück des Netzwerks. Hier präsentieren
sich die Partner und deren Musiker*innen
und Akteure publikumsnah – sei es einzeln
oder gemeinsam, neben- oder miteinander,
online oder „analog“, in parallel gespielten
Konzerten oder im Zusammenspiel bei Konzerten
im Freien oder drinnen in ungezwungener
Lounge-Atmosphäre.
NETZ WERK MUSIK –
Fünf interaktive
audiovisuelle Ensemblestücke
„NETZ WERK MUSIK“ ist das jüngste Gemeinschaftsprojekt
von klangpol, initiiert vom Arbeitskreis
Bremer Komponisten und Komponistinnen
e.V. (ABK). „NETZ WERK MUSIK“
– das sind fünf interaktive Stücke von Komponisten
des ABK, die das Publikum online
selbst spielen und erkunden kann. Jedes Werk
besteht aus mehreren, von bei klangpol aktiven
Musiker*innen eingespielten, audiovisuellen
»Stimmen«, die Solo oder als Ensemble
frei kombinierbar sind. So ergeben sich nicht
nur verschiedene Hörperspektiven, sondern
auch das sehr differenziertes Bild eines facettenreichen
»klangpol-Sounds«.
Hier geht es zu „NETZ WERK MUSIK“: https://
abk-ev.com/
Aktuelle und weiterführende Informationen
zum Netzwerk finden Sie unter:
www.klangpol.de
NETZWERKPARTNER KLANGPOL
Arbeitskreis Bremer Komponisten und Komponistinnen
(ABK) e.V.
Atelier Neue Musik der Hochschule für Künste
Bremen
Blauschimmel Atelier e.V. / BlueScreen Ensemble
(Oldenburg)
Bremer Schlagzeugensemble
Deutscher Tonkünstlerverband (DTKV) Nordwest
(Oldenburg)
Edith-Russ-Haus für Medienkunst (Oldenburg)
Ensemble New Babylon GbR (Bremen)
Förderverein Haus des Hörens Oldenburg e.V.
Institut für Musik der Carl von Ossietzky Universität
Oldenburg
Jazzmusiker-Initiative Oldenburg (JMO) e.V.
Musikerinitiative Bremen (MIB) e.V.
Musikschule der Stadt Oldenburg / Schlagwerk
Nordwest
oh ton – Förderung aktueller Musik e.V. (Oldenburg)
Oldenburgisches Staatstheater
pgnm – projektgruppe neue musik e.V. (Bremen)
realtime – Forum Neue Musik e.V. (Bremen)
Schwankhalle Bremen
S.Y.L.K.E. – verein zur förderung gegenwärtiger
musik e.V. (Bremen)
Unerhört – Verein für Neue Musik e.V. (Bremerhaven)
Zentrum für Performance Studies der Universität
Bremen mit dem Theater der Versammlung
zwischen Bildung, Wissenschaft und
Kunst
30 | Bremen
MELBA | arttourist.com Jazz | Neue Musik | Elektro | 2023
realtime 2023
internationales festival für neue musik bremen
Thema „Mensch – Musik – Maschine“
17. – 21.5.2023
Mit der Hamburger Andi-Otto-Band geht das Festival am 21. Mai mit dem Fello im
Schlachthof zu Ende.
© Konstantin von Sichart & Antonia Lang
Unter dem Titel „Mensch – Musik – Maschine“ findet
von Mittwoch, 17., bis Sonntag, 21. Mai, zum zweiten
Mal das „realtime-festival“ an verschiedenen Veranstaltungsorten
in Bremen statt.
„realtime“ ist eines der größten Festivals im Bereich der
Neuen Musik in Deutschland. Nach der ersten Ausgabe
vor zwei Jahren wird vom 17. bis 21. Mai erneut an unterschiedlichen
Orten in Bremen ein breites Spektrum
an Konzerten zur modernen zeitgenössischen klassischen
Musik geboten.
Unter dem Motto „Mensch, Musik, Maschine“ stehen
Aufführungskonzepte mit neuen auditiven und visuellen
Impulsen im Mittelpunkt, bei denen auch Themen
wie Zukunft und künstliche Intelligenz musikalisch, inhaltlich
und visuell beleuchtet werden. Künstlerinnen
und Künstler aus aller Welt, vor allem aus dem Gastland
Frankreich sowie aus Deutschland setzten sich mit diesen
Themen auseinander und zeigen inspirierende Umsetzungen
und Spielarten.
Das gesamte Programm inkl. Dauer der Veranstaltungen und
Eintrittspreise findet sich unter www.realtime-bremen.de.
© Grzesizk Mart
Interview
Wir sprachen mit der Intendantin
Claudia Birkholz.
Woher kommt Ihre Leidenschaft für
die Neue Musik, die Sie selbst als
späte Liebe bezeichneten?
Claudia Birkholz: So spät war es eigentlich
gar nicht. Als Kind und als Teenager
habe ich mich natürlich erst einmal
auf die Werke von Chopin, Beethoven,
Brahms und so gestürzt. Das hat sich
geändert, als ich mein Musikstudium an
der Hochschule für Künste in Bremen bei
Prof. Kurt Seibert aufgenommen habe.
Während dieses Studiums – während
ich mich also mit den Fugen von Bach
und der Tonsatzlehre abmühte – wurde
mir eine Tür aufgestoßen. Ich bekam
die Chance, in einer Besetzung für zwei
Klaviere und zwei Schlagzeuge etliche
Werke – auch Auftragskompositionen –
in vielen Konzerten aufzuführen. Und
in diesen Werken war es „erlaubt“, ungeheuerliche
Dinge mit dem Konzertflügel
anzustellen! Klänge auf den Saiten
zu erzeugen mit Gummibällen, Ketten,
Spielkarten und Glaskugeln. Klänge, die
ich nie zuvor aus „meinem“ Instrument
gehört hatte. Es war eine Wow-Welt, die
sich vor mir auftat: Die Welt der Neuen
Musik. Aufregend, regellos, spielerisch,
humorvoll, unterhaltsam. Diese Musik
bietet so viel. Und es gibt immer wieder
Neues zu entdecken.
Toll war es für mich auch – und ist es
noch immer – dass ich zu den Erschaffern
dieser Werke, den Komponisten, in
Kontakt kommen konnte. Antworten
bekommen konnte auf Fragen, die sich
bei der Erarbeitung der Werke ergaben.
Das war so eine Erleichterung. Beethoven
konnte ich nichts mehr fragen.
Nach dem Studium habe ich mich entschlossen,
mich ganz dieser Musik zu
widmen, ausschließlich Werke des 20.
und 21. Jahrhunderts auf der Bühne
zu spielen. Weil diese Musik, noch
mehr als andere Stilrichtungen, das
Live-Erlebnis braucht. Nur so, im Live-
Austausch zwischen Künstler:innen und
Zuhörer:innen, lässt sich ein Zugang zu
der Neuen Musik finden und nur so lässt
sie sich genussvoll erleben.
Wie sind die Idee und die Vision für
ein neues Festival für Neue Musik in
Bremen entstanden?
Claudia Birkholz: Ursprünglich hat
sich der Verein realtime – Forum Neue
Musik gegründet, um als Veranstalter für
Neue Musik in Bremen und Umgebung
dieser Musik mehr Aufmerksamkeit zu
verschaffen. Da viele Menschen diese
Musik kaum kannten, mussten wir erst
einmal diese Menschen neugierig machen
und Zugänge auf Augenhöhe anbieten.
Das haben wir durch Gesprächskonzerte,
Moderationen, Konzerte zu Ausstellungen
etc. erreicht. So haben wir die musikliebenden,
neugierigen Bremer:innen für
uns gewinnen können und haben dann
gedacht: Jetzt ist es an der Zeit, etwas
Großen zu wagen.
Ein Festival, das noch mehr Menschen
auf diese Musik aufmerksam macht. Ein
Festival für alle, die Musik einmal anders
erleben wollen, die Lust auf etwas Neues
haben.
Was passiert beim realtime Festival?
Claudia Birkholz: Für alle, die neugierig
auf etwas Neues sind, haben wir ein
Programm entworfen, das etliche Entdeckungen
bereithält.
Dafür haben wir uns ein Thema vorgenommen,
das unser aller Alltag immer
mehr berührt: Die technische Entwicklung
bis hin zur künstlichen Intelligenz.
Wir stellen uns die Frage: Wie wird unser
Leben, wie wird unsere Kunst in Zukunft
aussehen? Unser diesjähriges Motto ist
„Mensch – Musik – Maschine“ und das
Gastland ist Frankreich.
Jeder kann sich bei diesem Festival einen
Überblick verschaffen, wie und in welcher
Weise technische Neuerungen Einfluss
auf die Musik genommen haben. Von der
Entwicklung der ersten neuartigen Instrumente
über die Erfindung der rein elektronischen
Musik bis hin zur Einbeziehung
Künstlicher Intelligenz.
© Andreas Caspari
Es wird Konzerte mit ungewöhnlichen
Instrumenten geben, wie zum Beispiel
dem „visual piano“ und der „Ondes
Martenot“ beim Eröffnungskonzert im
Sendesaal oder dem Roboterschlagzeuger
in der Weserburg Museum für moderne
Kunst und dem „Fello“ im Schlachthof.
Einer der vielen Höhepunkte des Festivals
wird das Musiktheater „Alan T.“ in der
Shakespeare Company sein sowie die
Uraufführung des multimedialen Musikwerkes
im Rahmen der Preisverleihung
des Köster-Preises 2023.
Außerdem im Programm: Tanz- und
Lichtshows, experimentelle Konzerte und
Late Night-Veranstaltungen mit DJs sowie
Mitmachkonzerte und Workshops
für Kinder und Jugendliche, Klangspaziergänge
und Pop-up-Konzerte.
Zahlreiche Open-Air-Aktionen und Popup-Konzerte
bieten all denen eine Einstiegsmöglichkeit,
die bisher noch gar
nicht in Berührung mit der Neuen Musik
gekommen sind.
Ganz wichtig: Wir möchten, dass unsere
Künstler:innen, unser Publikum und wir
miteinander in Kontakt kommen. Darum
gibt es bei allen Konzerten ein Catering
und die Möglichkeit, miteinander, mit
den Künstler:innen, den anderen Gästen,
den Helfer:innen und Macher:innen des
Festivals ins Gespräch zu kommen. So
können Fragen beantwortet werden und
wir bekommen ein Feedback, was wir
verbessern können.
CLAUDIA JANET BIRKHOLZ
ist eine im In- und Ausland gefragte Interpretin für Klaviermusik des 20. und
21. Jahrhunderts, Filmproduzentin und Komponistin. Sie konzipiert Programme,
mit denen sie sich künstlerisch und musikalisch in neue Richtungen
bewegt. Freude am Experimentellen, ein hoher intellektueller Anspruch
sowie die Sensibilisierung des Publikums für ungewöhnliche akustische
Ereignisse in immer neuen Zusammenhängen machen ihre Konzerte zu besonderen
Erlebnissen. Sie ist Dozentin der Hochschule für Künste Bremen,
Vorsitzende des Vereins „realtime – Forum Neue Musik“ und künstlerische
Leiterin des „realtime – internationales Festival für Neue Musik Bremen“.
In der Shakespeare Company wird am 19. Mai das Kammerwerk “Alan T.“ des französischen
Star-Komponisten Pierre Jodlowski über den Mathematiker Alan Turing aufgeführt.
Der Start hätte nicht schwieriger
sein können. Wie viele Veranstaltungen
mussten auch Sie coronabedingt
immer wieder verschieben oder reduzieren?
Können Sie in diesem Jahr
endlich aus dem Vollen schöpfen
und vieles von dem umsetzen, was
Sie sich vorgenommen haben?
Claudia Birkholz: Wir haben einfach
losgelegt, unseren Ideen freien Lauf gelassen
und hoffen, dass wir dieses Jahr alles
so umsetzen können wie geplant.
Wie bringt man die für viele Menschen
unzulängliche und sperrige
Neue Musik einem breiten Publikum
nahe, und welche Tools und „Tricks“
nutzen Sie, um Berührungsängste
abzubauen?
Claudia Birkholz: Ich habe immer das
Bild einer Entdeckungsreise vor Augen. In
die Welt der Neuen Musik aufzubrechen
ist ein Abenteuer, man weiß nie, was einen
erwartet. Und es ist immer gut, eine
Reiseführung dabeizuhaben. Diese Aufgabe
übernehme ich bei vielen Veranstaltungen
durch meine Moderationen. Ich
gebe akustische Einstiegshilfen oder erzähle
etwas zu dem Werk, das anschließend
zu hören ist. Oftmals reicht das
schon. Wenn nicht, dann gibt es bei jeder
Veranstaltung die Möglichkeit, in einem
Meet&Greet mit den Künstler:innen in
Kontakt zu kommen und Fragen direkt
loszuwerden. Alle erzählen sehr gern von
ihrer Arbeit. Ich habe es nie anders erlebt.
Wir haben bei der Planung des Festivals
auch darauf geachtet, dass mehrere Sinne
angesprochen werden. Wenn ich Bilder
zu der Musik sehen kann, dann habe ich
gleich einen ganz anderen Zugang. Das
ist bei fast allen Konzerten des Festivals
der Fall. Es gibt immer auch etwas zu
gucken.
Und die Faszination eines schlagzeugspielenden
KI-Systems wird auch niemanden
kalt lassen. Wer sich da genauer
informieren möchte, ist bei den TalkTimes
mit den Bremer Forscher:innen
der Universitäten und des DFKI genau
richtig. Zusätzlich haben wir Veranstaltungen,
die einfach nur zum Reinschnuppern
in die Welt der neuen Klänge
einladen: der Klangspaziergang durch
die Wallanlagen zum Beispiel, bei dem
unter der Leitung eines Audiotherapeuten
die Geräusche und Klänge der Stadt
erlebt werden können. Oder man kann
selbst ein Instrument ausprobieren, das
nur mit Armbewegungen gesteuert wird,
den Chordeographen. Dieser Einstieg in
die Neue Musik ist der Königsweg. Das
Selbermachen öffnet sofort Türen.
Immer mehr Musiker:innen und
Bildende Künstler arbeiten genreübergreifend,
finden sich zu neuen
Formaten zusammen und nutzen
die digitalen Möglichkeiten für neue
Ausdrucksformen. Eine spannende
Entwicklung oder ein Produkt des
Zeitgeists?
Claudia Birkholz: Das ist eine natürliche
Entwicklung. Komponist:innen waren
seit Beginn des 20. Jahrhunderts auf
der Suche nach neuen Ausdrucksformen.
Es entstanden neue Instrumente, elektronische
Instrumente wie die „Ondes Martenot“,
die beim Eröffnungskonzert zu
hören sein wird. Karlheinz Stockhausen
hat dann in den 1950er-Jahren die ersten
rein elektronischen Stücke komponiert –
und wird dafür heute in der Techno-
Szene als Vater des Techno bezeichnet.
Schon seit den 1970ern erforscht David
Cope als einer der Pioniere von KI in der
Musik die Re-Kombination von Mustern.
Und all diese neuen Entdeckungen werden
immer auch irgendwie künstlerisch
verarbeitet. Weil die Künstler:innen sich
auf die sie umgebende reale Welt beziehen
und ihre Inspiration daraus erhalten.
Darum ist die Neue Musik immer wieder
faszinierend: Sie greift direkt die uns umgebende
Realität, politische und gesellschaftliche
Ereignisse sowie technische
Neuerungen auf. Und es entstehen immer
wieder abgefahrene neue Produktionen.
Wie zum Beispiel das Gewinnerprojekt
des diesjährigen Köster-Preises. Was
diese jungen Leute sich da ausgedacht
haben und am 20. Mai uraufführen werden,
ist mind-blowing.
Mit dem realtime Festival, der jazzahead,
dem Museum Weserburg mit
der Sound Collection Guy Schraenen
und dem Netzwerk klangpol steckt
viel Musik und Klang in Bremen und
Umgebung. Hat Bremen das Potenzial,
zu einem europäischen Zentrum
für Neue Musik und Klangkunst zu
werden, und wenn ja, was ist zu tun,
Frau Birkholz?
Claudia Birkholz: Auf jeden Fall. Wir
müssen nur alle an einem Strang ziehen.
Gemeinsam können wir etwas bewirken.
Gemeinsam können wir das schaffen.
DAS GESPRÄCH FÜHRTE KAI GEIGER.
MELBA | arttourist.com Jazz | Neue Musik | Elektro | 2023 Bremen | 31
Bremen Kultur
Die Deutsche
Kammerphilharmonie Bremen
Fassade der Weserburg | © Museum für moderne Kunst
Zentrum für Künstlerpublikationen
Sound Collection
Guy Schraenen
Weserburg – Museum für
moderne Kunst Bremen
Die Deutsche Kammerphilharmonie Bremen
ist eines der international führenden Orchester
und begeistert mit ihrem einzigartigen Musizierstil
weltweit ihr Publikum. Künstlerischer
Leiter ist seit 2004 der estnische Dirigent
Paavo Järvi.
Ein Höhepunkt der Zusammenarbeit mit
Järvi war das gemeinsame maßstabsetzende
Beethoven-Projekt, auf das sich Dirigent und
Orchester zehn Jahre konzentrierten. Ergebnis
waren weltweit umjubelte Aufführungen sowie
internationales Lob für die Einspielungen.
Auf Beethoven folgte ein phänomenaler Schumann-Zyklus.
Seit 2015 konzentrierte sich Die
Deutsche Kammerphilharmonie Bremen mit
Paavo Järvi auf den Komponisten Johannes
Brahms.
Für ihre Einspielungen und das einzigartige
Zukunftslabor, Entwicklungsmotor für Gesellschaft
und inzwischen eine weltweite Bewegung,
wurde Die Deutsche Kammerphilharmonie
Bremen mit unzähligen Preisen wie
Die Deutsche Kammerphilharmonie Bremen.
Paavo Jarvi | © Julia Baier
Echo, Opus und Diapason d’Or geehrt und
pflegt seit Jahren enge musikalische Freundschaften
zu internationalen Solisten.
Die Deutsche Kammerphilharmonie Bremen
ist seit Eröffnung 2017 eines der Residenzorchester
der Elbphilharmonie Hamburg und
langjähriges Residenzorchester der Kölner
Philharmonie. 2019 war das Orchester erstes
Orchestra in Residence beim Rheingau Musik
Festival und wurde mit dem Rheingau Musik
Preis für die wegweisenden Projekte und das
damit verbundene Schreiben von Interpretationsgeschichte
ausgezeichnet.
www.kammerphilharmonie.com
Die umfangreiche und international bedeutende
Sammlung zur Sound Art widmet sich
der faszinierenden Verschränkung von visuellen
und akustischen Werken im Bereich der
bildenden Kunst. Vinyl-Künstlerschallplatten
bilden dabei den Schwerpunkt. Die Sound
Collection Guy Schraenen umfasst den ganzen
Kosmos von Sound-Arbeiten bildender
Künstler und Künstlerinnen und deren Cover-
Gestaltungen im ansprechenden Format von
31×31 cm. Guy Schraenen baute die Sammlung
mit sicherem Gespür für aktuelle Tendenzen
der Sound Art in all ihren Facetten auf.
Die kunst- und kulturhistorische Bedeutung
der Sound Collection basiert auf ihrer übergreifenden
Vollständigkeit und Einzigartigkeit,
ihrer besonderen Bedeutung für Deutschland,
ihrer kulturhistorischen Relevanz im
interdisziplinären Feld von Pop-Kultur, Kunst,
Musik, Literatur und Design, ihrer speziellen
kunsthistorischen Manifestation der akustischen
Kunst des 20. Jahrhunderts sowie einer
‚indirekt‘ dargestellten Mediengeschichte.
Diese online-Plattform präsentiert Ausschnitte
der Sammlung als eine Zusammenstellung
beispielhafter Werke der Sound Collection.
Regelmäßig wird zwischen dem 6. April 2018
und Ende 2019 eine Soundarbeit präsentiert
und freigeschaltet, die öffentlich zugänglich
und über diese Plattform abhörbar zur Verfügung
steht. Die Plattform bietet somit einen
kleinen, kontinuierlich wachsenden Überblick
über die vielfältigen Ausprägungen der
Sound Art.
Die renommierte Sound Collection Guy
Schraenen konnte Anfang 2018 für das in
seiner Art einzigartige Zentrum für Künstlerpublikationen
erworben werden. Die Kulturstiftung
der Länder und die Karin und Uwe
Hollweg Stiftung haben den Ankauf der weltweit
beachteten Sound Collection möglich gemacht.
Über den Ankauf hinaus finanziert die
Karin und Uwe Hollweg Stiftung die Erschließung,
Digitalisierung und Vermittlung von
Werken der Sound Collection, unter anderem
mit dieser Webseite.
www.weserburg.de
Guy Schraenen, Je est un autre, 1987,
Privatsammlung Antwerpen
OpenSpace 1.9.22 | © Rukmini Zoepel
Leben in der Stadt!
Open Space Domshof 2023 startet Mitte Juni
Es geht wieder los auf dem Bremer Domshof:
Am 15. Juni startet Open Space in die fünfte
Runde! Bis Mitte September wird der Domshof
zu einem Ort, an dem das Leben in der
Stadt in all seinen Facetten sichtbar und gefeiert
wird. Wie in den vergangenen vier Jahren
richtet sich Open Space Domshof an Kunstund
Kulturinteressierte jeden Alters. Ein abwechslungsreiches
Bühnenprogramm, regionale
Speisen und Getränke, Spiel, Tanz und
Bewegung, Erlebnisse wie zum Beispiel eine
große Essenstafel sowie viel Aufenthaltsqualität
machen den Domshof zu einem lebendigen
Treffpunkt.
Die Konzerte auf der Open Space-Bühne reichen
von Jazz und Klassik über lateinamerikanische
Musik, Metal, Singer-Songwriter und
World Music bis hin zu Rap und Hiphop. Freitags
gibt es wieder die beliebten DJ-Clubabende,
donnerstags findet der Feierabendmarkt
statt. Perfekt für alle, die die Freude am Genuss
von Bio-Produkten haben und die in netter
Gesellschaft etwas essen, trinken und verweilen
möchten. Musikalisch begleitet wird
der Feierabendmarkt durch Marktkonzerte.
Für Kinder finden wöchentlich Workshops
unter dem Motto „Stadtwerkstatt“ statt. Köstlichkeiten
aus Bremen und der Region bietet
der „Ratskeller meets Küche13“-Pavillon an,
darunter Ratskeller-Weine und andere Getränke
sowie wechselnde Speisen und Snacks. Das
familienfreundliche und begrünte Gartenlokal
bietet dazu passend gemütliche Plätze zum
Verweilen und Genießen – und für die kleinen
Gäste sogar Spielgeräte.
www.openspace-domshof.de
Breminale
12. – 16.7.2023
Blick in die Ausstellung "Vinyl-Records and Covers by Artists", Bremen 2005 | © Museum für moderne Kunst
Über dreißig Jahre Breminale - Das fünftägige
Kulturfestival an der Weser lädt zu Musik und
Kunst. Für fünf spannende Tage im Jahr leuchten
Bühnen und Stände an der Weser: die Breminale
lädt vom 12. bis 16. Juli 2023 zu einem
bunten Programm aus Musik, Kunst und Kultur
ein. Ein ganz besonderes Vergnügen!
Die Breminale ist ein fünftägiges Open-Air-
Festival am Bremer Osterdeich. Alljährlich
im Sommer gibt es dort viel zu entdecken.
2017 feierte die Breminale ihren 30sten Geburtstag
und bietet alljährlich ein vielseitiges
Programm für kleine und große Gäste - ganz
umsonst. Das Programm umfasst Live-Musik
in Zirkuszelten, Kunst, Jongleur*innen und
Breminale | © concept bureau UG
Gaukler*innen, Kinderspiele wie auch Theater,
Tanz und Lesungen. Auf gleich acht
Bühnen erwartet euch dieses Jahr ein buntes
Musikprogramm. Ein ausgedehnter Tag auf
der Breminale dauert meist bis in die Nacht.
Abgerundet wird das Programm durch einige
kulinarische Highlights.
www.breminale-festival.de
32 | Bern
MELBA | arttourist.com Jazz | Neue Musik | Elektro | 2023
stadt ist ein halbes Jahrhundert nach seinem
Tod immer noch eine Lichtfigur der hiesigen
Kulturszene.
Eine andere wichtige Figur der Berner Szene
wird im Konzert des Arditti Quartetts gefeatured:
Daniel Glaus, Komponist und bis vor
einem Jahr Münsterorganist. Von ihm erklingt
ein neues Streichquartett. Uraufführungen
sind so ein wesentlicher Bestandteil
des Musikfestival Bern, aber es versteht sich
nicht nur als Festival für Neue Musik, sondern
bringt immer mehrere Epochen ins Spiel. So
erklingt zur Eröffnung etwa Mahlers «Lied von
der Erde», in der kammerorchestralen Version
von Arnold Schönberg bzw. Rainer Riehn. Peter
Rundel leitet ein Kollektivensemble.
Musikfestival Bern (CH)
Verwurzelungen
Indem es lokale Kräfte bündelt und sie in einen internationalen Vergleich stellt, hat das Musikfestival Bern
im Lauf der letzten zehn Jahre sein unverwechselbares Gepräge entwickelt. Diesen September fragt es nach
unseren Wurzeln und bietet dazu ein vielfarbiges Programm.
Das mathematische Wurzelzeichen steht
heuer als Thema über dem Programm des
Musikfestival Bern. Manch jemand wird dabei
zunächst an mathematische Operationen
denken, aber gleichzeitig öffnen sich dahinter
auch imaginäre (Zahlen-)Räume und weiterführende
Fragen und Assoziationen. Wo liegt
unser Ursprung, wie tief reichen unsere Wurzeln:
Biologisch, kulturell und musikalisch,
biographisch? Wie gehen wir damit um? Gerade
heute?
Die Themen, die sich das Musikfestival Bern
alljährlich gibt, sind mehrdeutig und lassen
einen weiten Bedeutungsraum offen. Mit
«Irrlicht», «Schwärme» oder «unvermittelt»
waren frühere Jahrgänge überschrieben. Dazu
können jeweils Musikschaffende aus Stadt
und Kanton Bern ihre Projektentwürfe eingeben.
Das vierköpfige Kuratorium, welches
das Festival künstlerisch leitet, wählt daraus
mehrere Konzepte aus, ergänzt sie mit eigenen
Ideen und gestaltet damit ein Programm.
Der Spielraum reicht dabei von Konzerten mit
improvisierter und komponierter Musik und
Musiktheater über Installationen und Performances
bis hin zu Filmen und Diskussionsveranstaltungen.
Die Vermittlung nimmt dabei
einen wesentlichen Platz ein.
Das Kuratorium des Musikfestival Bern, v.l.: Susanne
Huber, Martin Schütz, Thomas Meyer, Vera Schnider
© Samuel Paul Gäumann
Jedes Projekt greift die Thematik auf seine
Weise auf: Im Wurzeljahr 2023 ist da zum
Beispiel das Ensemble Mycelium, das den Pilz
schon im Namen trägt und das schon frühere
Festivaljahrgänge auf unverwechselbare Weise
bereichert hat. Die Wurzel dient ihm «als
Metapher für unser gegenwärtiges Verwurzeltsein
in der (realen und virtuellen) Welt, wir
verwenden sie als (essbare) Materie (Wurzelgemüse),
wir belauschen ihre Verbindungen
und Anschlüsse im Kommunikationsnetz
pflanzlicher Ökosysteme und wir nutzen sie
als mathematische Komponente in der experimentellen
Klangbearbeitung.» In «Kompost
Sinnliche Musikerlebnisse im Berner Münster | © Annette Boutellier
Klang Küche», so der Titel der Performance,
werde die Wurzel zum komplex-imaginären
Klang- und Denkraum, denn wenn man aus
negativen Zahlen die Quadratwurzel zieht, erhält
man imaginäre. So kommen gleich mehrere
Bedeutungsebenen ins Spiel.
Dem Ursprung der Arten und mithin auch
des Menschen geht das Vokalensemble «Solo-
Voices» in «L’origine des espèces» des grecofranzösischen
Komponisten Georges Aperghis
nach, der lange als Dozent an der Hochschule
der Künste in Bern wirkte und das Théâtre
musical in der Schweiz wesentlich mitprägte.
Andere Konzerte gehen «Back to Bach» oder
gehen den lokalen Verwurzelungen nach,
etwa der Künstlerin Meret Oppenheim, die
hier einst in der Schule ihre rebellischen Seiten
entdeckte.
Zahlreiche wichtige Schweizer Komponisten
stammen aus Bern und besuchten hier einst
den Unterricht bei Sándor Veress, so etwa
Heinz Holliger, Jürg Wyttenbach oder Roland
Moser. Dessen «Brentanophantasien» stehen
im Zentrum des Konzerts «Wurzeln in Bern».
Ausserdem vertont Moser im Auftrag des Festivals
einen Text von Mani Matter. Der früh verstorbene
Chansonnier aus der Bundeshaupt-
Das Musikfestival Bern ist damit stark lokal
und regional verwurzelt, sucht aber gleichzeitig
den internationalen Vergleich und die
Ausstrahlung über den engeren Bereich hinaus.
Dies besonders, indem es zum Thema
eine*n Composer in Residence auswählt und
ein Ensemble einlädt. So gab es in früheren
Jahren etwa einen Fokus auf Bernd Alois Zimmermann;
Michael Pelzel, das Arditti Quartett
oder das Trio Accanto waren zu Gast. Diesen
September nun kommt es zu einer aussergewöhnlichen
Begegnung. Da ist zum einen die
Musik der Französin Éliane Radigue, die in die
tiefsten Schichten der Klangerfahrung hinunterreicht;
von ihr sind Instrumentalwerke zu
hören, aber auch die dreistündige elektronische
«Trilogie de la mort». Da ist zum anderen
das belgische Vokalensemble «Graindelavoix»,
das für die Musik des Spätmittelalters und der
Renaissance radikal umwälzende Ansätze gefunden
hat; sie werden die «Tenebrae» Gesualdos
und die Missa «Et ecce terrae motus» von
Antoine Brumel aufführen. Beide treffen sich
aber auch für eine neuartige Erfahrung: Ein
neues Stück der «Occam»-Reihe, entwickelt
von Radigue und der Ko-Komponistin Carol
Robinson, wird mit Graindelavoix erarbeitet.
Bislang gab es im Schaffen Radigues nur wenige
Vokalstücke, und Graindelavoix begab sich
nur ausnahmsweise in die Neue Musik. Über
diesen neuen Ansatz hinaus gelangt man mit
der menschlichen Stimme gleichsam zur körperlichen
Wurzel des Klangs.
Das Musikfestival Bern versucht damit den
Spagat: unmittelbare Klangerfahrung und die
Vermittlung von Extremen. Die Kommunikation
zum Publikum spielt dabei eine entscheidende
Rolle. In diesem Zusammenhang
ist auch die Reihe zu sehen, in der Musik und
Wissenschaft aufeinandertreffen: Aspekte
des Festivalthemas – heuer zum Beispiel das
Woodwideweb oder Mutterschaft – werden
dabei herausgegriffen und diskutiert. Ein*e
Wissenschaftler*in hält ein kurzes Impulsreferat,
ein*e Künstler*in macht ein neues Stück
oder eine Performance dazu; dann treten beide
Seiten ins Gespräch miteinander. So kam
es immer wieder zum anregenden Erfahrungsaustausch.
Das Musikfestival Bern « √ » findet
vom 6. bis 10. September 2023 statt.
Tickets und Infos: www.musikfestivalbern.ch
TEXT: THOMAS MEYER
Arditti Quartett | © Annette Boutellier
Installation im Botanischen Garten
© Annette Boutellier
Blick ins Festivalzentrum | © Annette Boutellier
MELBA | arttourist.com Jazz | Neue Musik | Elektro | 2023 Donaueschingen | 33
Donaueschingen (D) | Forum Neuester Musik
Donaueschinger
Musiktage 2023
19. – 22.10.2023
Seit die Donaueschinger Musiktage 1921 als
Forum avancierter Kammermusik durch den
fürstlichen Musikdirektor Heinrich Burkhard
gegründet worden sind, waren sie nicht nur ein
interner Branchentreffpunkt der jeweiligen Gegenwartskomponisten,
sondern auch ein mythischer
Ort. In seiner fiktiven Komponistenbiografie
„Doktor Faustus“ verewigte Thomas
Mann Donaueschingen als magischen Punkt
auf der Landkarte der Moderne und erhob ihn
in den Rang der Weltliteratur. Sehr viel später
findet er Eingang in Edgar Reitz’ filmisches
Epos „Heimat“ – ohne überhaupt gezeigt zu
werden. Allein der Name „Donaueschingen“
ist dort Klang: Klang der neuen Musik.
Bis in die aktuelle Gegenwart ist und bleibt
Donaueschingen ein Ort, an dem die musikalischen
Karrieren von Komponisten geschmiedet
werden – oder aber auch scheitern können.
Denn die Spannung der Donaueschinger
Musiktage besteht nicht aus ihrem ständigen
Gelingen, ihrem ewig gleichen Hochstand,
sondern aus dem Wagnis, Musik immer wieder
neu zu bestimmen. Dieser Anspruch ist ein hoher
für alle Beteiligten – sowohl für die Festivalmacher
als auch die beteiligten Komponisten.
Aber es ist auch zugleich Herausforderung. Und
eine solche, die die Donaueschinger Musiktage
in einem Vergleich akzentuieren: Was die documenta
für die bildende Kunst ist, sind die
Donaueschinger Musiktage für die neue Musik.
Die jeweiligen künstlerischen Leiter der Donaueschinger
Musiktage – Heinrich Strobel,
Otto Tomek, Josef Häusler, Armin Köhler und
Björn Gottstein sowie seit 2022 Lydia Rilling –
setzten und setzen nicht nur individuelle Akzente,
sondern haben sich stets auch als Suchende
und Forschende verstanden. Entdeckt
wurden dabei Persönlichkeiten, die die Musik
des 20. Jahrhunderts geprägt haben: Hans
Werner Henze, Olivier Messiaen, Pierre Boulez,
Karlheinz Stockhausen, Luigi Nono, György
Ligeti, Mauricio Kagel, John Cage, Helmut
Lachenmann, Wolfgang Rihm, Mark Andre
oder Georg Friedrich Haas sind nur wenige
Gipfel, die aus der großen und vielgestaltigen
Klanglandschaft des Neuen bei den Donaueschinger
Musiktagen herausragen.
Abschlusskonzert | © SWR / Astrid Karger
Lydia Rilling, die Musikwissenschaftlerin und
-publizistin mit dem Schwerpunkt zeitgenössische
Musik und Musiktheater, hat im Frühjahr
2022 als erste Frau die Leitung der Donaueschinger
Musiktage übernommen und wird in
diesem Jahr erstmals eigene programmatische
Akzente setzen. Die Musiktage 2022 wurden
noch von ihrem Vorgänger Björn Gottstein
geplant. Lydia Rilling wird die Donaueschinger
Musiktage neu aufstellen. Sie sollen digitaler,
jünger und internationaler werden und ab
diesem Jahr einen jährlichen Themenschwerpunkt
haben.
Bis zur Ernennung zur neuen Künstlerischen
Leitung der Donaueschinger Musiktage war
sie Chefdramaturgin an der Philharmonie
Luxemburg und als Künstlerische Leiterin für
die Programmierung des Festivals für zeitgenössische
Musik „rainy days“ verantwortlich.
Zusätzlich war sie eine der Initiator:innen des
spannenden „red bridge projects“, das Bildende
Kunst, Musik, Tanz, Theater und Performance
verbindet und bei dem Künstler:innen
wie Anne Teresa De Keersmaeker oder der südafrikanische
Künstler William Kentridge im
Fokus standen.
www.swr.de/swrclassic/donaueschinger-musiktage
© SWR Kwadrofonik Majewska | © SWR / Ralf Brunner Klanginstallation Donausprung | © SWR
Interview
Wir sprachen mit Lydia Rilling über
die Neuausrichtung und die Pläne
für die Donaueschinger Musiktage.
Sie werden in diesem Jahr (19.–
22.10.2023) erstmalig für das
Programm der Musiktage verantwortlich
sein. Die SWR Programmdirektorin
sprach davon, dass es mit
Ihnen einen „Generationen- und
Blickwechsel“ geben werde. Wie
sieht dieser aus? Was haben Sie sich
für Donaueschingen vorgenommen?
Was steht in Ihrem Fokus für die
nächsten Jahre?
Lydia Rilling: Zwei Prinzipien sind
für meine Pläne für die nächsten Jahre
bestimmend, nämlich zum einen, Verbindungen
herzustellen und das Festival
stärker zu vernetzen, und zum anderen,
die Musiktage zu erweitern. Diese beiden
Prinzipien erstrecken sich auf alle Dimensionen
des Festivals – künstlerischästhetisch,
medial, geografisch und perspektivisch.
Das Festival wird sich dabei
in jedem Jahr einem bestimmten Thema
widmen. Mir ist es grundsätzlich wichtig
zu zeigen, dass zeitgenössische Musik
tief in der aktuellen Gegenwart verankert
ist. All die großen Themen, die uns jenseits
der Musik umtreiben, werden auch
in und mit ihr verhandelt, auch wenn
sie sich natürlich keinesfalls darauf beschränken
lässt.
Wie war und ist der Spielraum für
Veränderungen auf den Schultern einer
100-jährigen Festivalgeschichte?
Lydia Rilling: Grundsätzlich ist der
Spielraum für Veränderungen groß. Es
gibt einiges, was ich erhalten möchte,
Lydia Rilling | © Lisa Burke
wie die zentrale Rolle des SWR Symphonieorchesters
und der anderen SWR
Klangkörper und natürlich das große
und leidenschaftliche Publikum. Auch
wenn ich vieles anders gestalten werde,
wird sich im Rahmen der bestehenden
Strukturen und des vorhandenen Budgets
nicht alles von einem Jahr auf das
andere ändern. Das ginge z.B. dieses
Jahr auch gar nicht, da die Planung
etwa der Hälfte der Konzerte noch von
meinem Vorgänger stammt, nicht zuletzt
aufgrund der vielen Covid-Verschiebungen.
Vieles wird sich im Laufe der
Zeit entwickeln und verändern.
Welche Rolle spielen Frauen in der
Neuen Musik? Björn Gottstein hat
bei seinem letzten Festival 2021/22
die „Frauenquote“ deutlich erhöht,
was längst überfällig war. Hat dies
zu einer Bewusstseinsveränderung
beigetragen und ist Ihnen dies für
mehr programmatische Vielfalt und
Gleichberechtigung der Geschlechter
hilfreich?
Lydia Rilling: Glücklicherweise spielen
Frauen inzwischen eine zentrale Rolle
in der zeitgenössischen Musik – als
Komponistinnen, als Musikerinnen,
als Dirigentinnen, als Managerinnen,
als Festivalleiterinnen etc. Ich habe seit
Beginn meiner Tätigkeit als Kuratorin
immer großen Wert darauf gelegt, sehr
viele Komponistinnen unterschiedlicher
Generationen im Programm zu präsentieren
und zwar unabhängig von Quoten.
2023 wird das Programm der Donaueschinger
Musiktage zu etwa 70%
von Frauen stammen, das ist sicher beispiellos
in der bisherigen Geschichte des
Festivals.
Ist ein Klangkunst-Museum in Donaueschingen
oder anderswo als
Ort, der die Musiktage und die Neue
Musik ganzjährig repräsentiert, hörund
erfahrbar macht, nicht schon
lange überfällig?
Lydia Rilling: Ein ganz der Klangkunst
gewidmetes Museum wäre für Deutschland
natürlich sehr wünschenswert.
In Donaueschingen gibt es inzwischen
aus dem Wunsch heraus, Klangkunstinstallationen
ganzjährig erfahrbar zu
machen und nicht nur während der
Festivalzeit, die Initiative, Klanginstallation
der Donaueschinger Musiktage zu
verstetigen, also dauerhaft zu installieren.
Das finde ich sehr wichtig, und ich
werde es auf jeden Fall unterstützen und
fortführen.
Wie viel „Nachhaltigkeit“ liegt in
der Neuen Musik, in Auftragskompositionen
und Uraufführungen,
wenn diese nach den Donaueschinger
Musiktagen, dem Eclat Festival
oder der MaerzMusik in den Archiven
verschwinden?
Lydia Rilling: Dass nicht allen Kompositionen
die Ewigkeit auf den Spielplänen
gegönnt ist, liegt in der Natur der Sache
und ist in der Geschichte der Künste
nichts Neues. Schaut man sich heute die
Konzertprogramme des 19. Jahrhunderts
an, stellt man fest, dass viele der
gespielten Werke und Komponisten heute
ganz unbekannt sind. Was wir heute
aus dem 17., 18. und 19. Jahrhundert
kennen, ist nur eine sehr kleine Auswahl
dessen, was damals aufgeführt wurde.
Im Hinblick auf die Donaueschinger
Musiktage ist es absolut verblüffend, wie
viele „Klassiker“ und einflussreiche Werke
hier uraufgeführt wurden. Ich habe
zur Frage, was von den Donaueschinger
Musiktagen für das „Repertoire“ bleibt,
neben allen Programmen auch einmal
Statistiken von Verlagen zu Wiederaufführungen
studiert und mit Agent:innen,
Journalist:innen etc. gesprochen. Eine realistische
Schätzung ist, dass etwas 5 bis
10% der Werke bleiben.
Aber wie oft ein Werk anschließend gespielt
wird, ist nur ein Aspekt der Bedeutung
und Wirkung eines Festivals.
Entscheidend ist auch, welche Impulse
von den Uraufführungen ausgehen
und das ist oft ganz unabhängig von
der weiteren Anzahl der Aufführungen.
Und schließlich liegt die Bedeutung des
Festivals gerade darin, weit mehr als
ein Ort von Uraufführungen zu sein,
nämlich ein Ort des Austauschs, des
gemeinsamen Erlebens von Musik, an
dem anschließend leidenschaftlich über
das Gehörte diskutiert wird und die
Eindrücke in die Welt hinausgetragen
werden – also ein Ort der gemeinsamen
Reflexion über Musik. Es wäre stark
verkürzend, wenn man die „Nachhaltigkeit“
eines Festivals allein auf die
späteren Aufführungen der uraufgeführten
Werke und Projekte reduzieren
würde.
Wie kann man das Programm der
Donaueschinger Musiktage einem
breiteren Publikum zugänglich machen?
Lydia Rilling: Für viele vor Ort sind
Klanginstallationen ideal „zum Einstieg“,
weil sie sehr niederschwellig
sind: Man kann jederzeit kommen und
gehen, kann so lange bleiben, wie man
möchte, sich meistens bewegen, die Position
wechseln, und oft kann auch die
visuelle Dimension der Installationen
den Zugang erleichtern.
Auf der einen Seite ist das Wichtigste
für den Zugang zum Hören, dass Hörende
ihren eigenen Ohren vertrauen.
Natürlich gilt auch für das Hören, dass
man desto mehr hört, je mehr man
weiß. Aber die Vorstellung, dass man
als interessierte Person erst mal ganz
viel wissen muss, steht dem Hören im
Weg und zerstört ganz viel an Offenheit
und Interesse. In Luxemburg habe ich
mit den rainy days ein Festival geleitet,
das sich vor allem an ein breites Publikum
wendet. Dort habe ich immer
wieder erlebt, wie befreiend es für Menschen
sein konnte, wenn sie nicht mehr
die Erwartung hatten, jeden Klang einordnen
und „verstehen“ zu müssen,
sondern sich dem Hören hingegeben
haben.
Auf der anderen Seite planen wir in
Donaueschingen ganz konkret verschiedene
Initiativen, um das Programm einem
breiteren Publikum zugänglich zu
machen, zum Beispiel durch Einbeziehung
von Donaueschingern. Und ganz
zentral ist natürlich die Kommunikation
eines Festivals, die viele Barrieren
einreißen kann.
DAS GESPRÄCH FÜHRTE KAI GEIGER.
34 | Köln
MELBA | arttourist.com Jazz | Neue Musik | Elektro | 2023
Köln (D)
ACHT BRÜCKEN
Musik für Köln
28.4. – 7.5.2023
10 Tage, 50 Veranstaltungen, 36 Uraufführungen, über 90 Stunden neue
Musik, elektronische Musik, Jazz, Weltmusik, alles dazwischen und darüber
hinaus, in der Kölner Philharmonie und an 13 verschiedenen
Spielorten in Köln
Zur dreizehnten Festivalausgabe von ACHT BRÜCKEN | Musik für Köln ist das Publikum vom
28. April bis 7. Mai 2023 unter dem Motto »Musik oder Nichts« eingeladen, sich in 50 Veranstaltungen
mit 36 neuen Werken von der Freude an der Klanggestaltung anstecken zu lassen
und eine neue Art des Hörens zu praktizieren: fokussiert, unvoreingenommen und neugierig.
Im Fokus steht das Werk der Komponistin Rebecca Saunders. Optimale Ausgangsbedingung zur
individuellen Klangerfahrung bieten Akustik-Tempel wie die Kölner Philharmonie sowie 13 weitere
Spielstätten. Mit dem Ensemble Modern, ensemble mosaik, Ensemble Musikfabrik, Mahler
Chamber Orchestra, der Basel Sinfonietta, der Jungen Deutschen Philharmonie, dem Gürzenich-Orchester
Köln, WDR Sinfonieorchester und vielen weiteren Künstler:innen der internationalen
und lokalen Szene ist feinfühligste Klanggestaltung garantiert. Auf dem Programm stehen
neben Werken von Rebecca Saunders u. a. Kompositionen von Helmut Lachenmann, Milica
Djordjević, Yu Kuwabara, Gérard Grisey, Lucia Ronchetti und Michael Pelzel sowie Kaitlyn Aurelia
Smith und weitere Kreationen aus Jazz-, Pop- oder elektronischer Musik. Zehn Tage Festival –
inklusive der beliebten Eintritt-frei-Formate ACHT BRÜCKEN Freihafen am 1. Mai, dem ACHT
BRÜCKEN Lunch zur Mittagszeit und der ACHT BRÜCKEN Lounge im Festivalzelt zum Chill-
Out am Abend.
ACHT BRÜCKEN Freihafen
Mo 1.5.2023 ab 11:00 Uhr
Kölner Philharmonie, WDR Funkhaus
Wallrafplatz, Baptisterium,
ACHT BRÜCKEN Festivalzelt
In seiner diesjährigen Auflage wird der ACHT
BRÜCKEN Freihafen dem Festival-Motto
nicht wirklich gerecht. Eigentlich steht er
sogar im ausdrücklichen Widerspruch dazu.
Statt »Musik oder Nichts« gilt hier Musik für
nichts, für kein Geld der Welt. Konzerte von
morgens elf bis abends weit nach neun bei
Trio Gabbeh | © Hessam Samavatian
Rebecca Saunders | © Astrid Ackermann
durchweg freiem Eintritt. Aber bevor man sich
in Wortklaubereien verliert, wird gleich zum
Auftakt des Konzertmarathons in Helmut Lachenmanns
»Got Lost« die Sprache sinnzerlegt
und fragmentiert, bis wirklich nichts als
Musik übrigbleibt – womit das Motto dann
doch wieder bestätigt wäre. Die Klangnatur
diverser Soloinstrumente untersucht die Reihe
»KonSequenzen«, und das in jeweils zwei
verschiedenen akustischen Umgebungen.
Den existenziellen Krisen der Gegenwart begegnet
ein sechsköpfiges Kammerensemble
mit »Music for a future, without guarantees«,
und das Trio Gabbeh unternimmt mit Aida
Shirazi transkulturelle und transtraditionelle
Brückenschläge. Ein engagiertes Programm
und maximal breit gefächert. Zwei abschließenden
Konzerten mit Werken von Rebecca
Saunders geht am frühen Abend ein Gespräch
mit der Porträtkomponistin voraus.
Für einen letzten Höhepunkt sorgt dann die
Uraufführung einer neuen Komposition, die
Saunders mit den zuvor gespielten Stücken zu
einem Triptychon ergänzt, bevor die ACHT
BRUCKEN Lounge zum Ausklang einlädt.
Was nichts kostet, muss also am Ende nicht
umsonst gewesen sein. Man geht sogar mit
beachtlichem Gewinn nachhause, bereichert
um viele neue, vielfach spektakuläre Konzerterlebnisse.
Kaitlyn Aurelia Smith | © Daria Gwaltney
Kaitlyn Aurelia Smith
Do 4.5. 20:00 Uhr
Kölner Philharmonie
Let's turn It Into Sound
Für Kaitlyn Aurelia Smith ist Musik ein ganzheitliches
Erlebnis, das untrennbar mit ihrem
eigenen Körper verbunden ist. Im Zentrum
steht dabei ihre Stimme. Aus Gesangsmelodien
entwickelt die 1987 geborene Komponistin
Ideen für ihre komplex geschichteten
Songstrukturen, Stimmaufnahmen liefern das
Material, das sie mit ihrem bevorzugten Instrument
- dem Buchla Easel - zu einer viszeralen,
Mensch und Maschine verbindenden
Musik formt. Der legendäre Synthesizer, in
den 1960er Jahren von Don Buchla in Konkurrenz
zum heute ungleich bekannteren
Moog Synthie entwickelt, bestimmt mit seiner
modularen Architektur auch Smith’ aktuelles
Album »Let’s Turn It Into Sound«. Die aus dieser
Arbeitsweise resultierende bunt schillernde
Musik verdankt Minimal-Music-Pionieren
wie Terry Riley oder Steve Reich genauso viel
wie dem Avantgarde-Pop eines Yellow Magic
Orchestra. Eine vergleichsweise kühle, aber
ebenfalls funkensprühende Musik zelebriert
das Leo Betzl Trio mit seinem akustischen
Techno-Entwurf.
Zola Mennenöh | © Hipermania
Zola Mennenöh
Sa 6.5. 20:00 Uhr
Lagerstätte für die mobilen
Hochwasserschutzelemente
A Labour of Love
Liebe ist eine wichtige Ressource gesellschaftlicher
Gestaltungskraft. Zola Mennenöh weiß
das und setzt ihren ausdrucksstarken Gesang
bei ihrer elektro-akustischen Suite »A Labour
of Love« in eine fruchtbare Beziehung zum
virtuosen Spiel der Harfenistin Sissi Rada, zur
Klangsensibilität des Kopenhagener Streichquartetts
Halvcirkel und zur klugen Zurückhaltung
des dänischen Jazzpianisten Simon
Toldam: Heraus kommt eine feinsinnige Musik,
die Inspiration für neue Begegnungsformen
zu liefern vermag. Zola Mennenöh studierte
in Berlin und Kopenhagen sowie bei
Sidsel Endresen in Oslo bevor sie sich mit ihrer
Musik zwischen Avant-Pop und Neoklassik
nicht nur hierzulande etablieren konnte; im
Frühjahr 2021 wurde sie vom britischen Guardian
zu einer der besten neuen Künstler:innen
gekürt. Der fast sakrale Innenraum der Lagerstätte
für mobile Hochwasserschutzelemente
wird sich mit Mennenöhs Liebesarbeit in einen
immersiven Performance-Raum verwandeln,
der die Grenze zwischen Bühne und Publikum
auflöst.
Helena Cánovas i Parés | © Anna Tena
S0 7.5. 15:00 Uhr
WDR Funkhaus am Wallrafplatz
Samuel Beckett, Words and Music
Samuel Beckett konnte Vertonungen seiner
Texte nicht ausstehen. Doch in seinem experimentellen
Radiohörspiel »Words and Music«
von 1961 trat nun einmal neben dem sprechenden
»Words« (alias Joe) ein gewisser »Music«
(alias Bob) auf, der sich nur in wortlosen
Klängen äußerte. Um ihn zum Leben zu erwecken,
benötigte der Autor einen Komponisten
als Partner. Für eine Neuproduktion im Jahr
1987 schlug Beckett selbst Morton Feldman
vor, vielleicht ja, weil er in der Arbeitsweise
des US-Amerikaners, in der subtilen Variation
und Neukombination von sehr reduziertem
Material, Parallelen zum eigenen Schaffen
erkannte. »Es war ein riesiger Spaß, etwas für
Beckett zu machen«, erklärte Feldman dazu,
»sozusagen ihm zu Ehren, der seit den 1950er
Jahren Teil meines Lebens war.« Abgerundet
wird das Programm des E-MEX-Ensembles
durch ein neues Werk der Katalanin Helena
Cánovas i Parés, das sich ebenfalls auf einen
Beckett-Text bezieht: die Novelle »Company«
aus dem Jahr 1979.
ACHT BRÜCKEN | MUSIK FÜR KÖLN
Festivalzeitraum:
28. April bis 7. Mai 2023
Tickets und Infos auf
www.achtbruecken.de
und unter + 49 (0)221 280 281
Festivalpass:
Besuchen Sie bis zu 21 Konzerte mit
einem Pass zum Preis von
EUR 119,- / ermäßigt EUR 59,-
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Potsdam | 35
Potsdam (D)
Musikfestspiele Potsdam
Sanssouci 2023
IN FREUNDSCHAFT
9.-25.6.2023
Unter dem Motto „In Freundschaft“ widmen sich knapp 60 Veranstaltungen,
darunter drei Opern und drei Open Airs, eine Landpartie nach Schloss
Rheinsberg, das Fahrradkonzert und ein musikalisches Waldbaden den frei
gewählten zwischenmenschlichen Beziehungen. Neben Wahlverwandtschaften
und dem Bruderzwist im noch jungen preußischen Königshaus geht
es vor allem um die Gestaltungskraft, mit der bürgerliche Freundschaftszirkel
seit dem 19. Jahrhundert eine Zukunft für die Musik, die Gesellschaft
und den heutigen urbanen Lebensraum geschaffen haben.
In insgesamt 45 musikalischen Veranstaltungen und 14 Führungen erwecken
die Musikfestspiele das Kulturerbe der preußischen Schlösser und
Gärten von Sanssouci, Schloss Rheinsberg, die historische Mitte und die
neuen grünen Stadtviertel Potsdams sowie den Outdoor-Trail der Glindower
Alpen mit Musik zum Leben. Klänge vom Mittelalter und dem Barock
über Romantik bis zu Jazz, A-capella-Pop und Uraufführungen erwarten das
Publikum, dazu große Barockopern im Schlosstheater des Neuen Palais und
in der Erlöserkirche, Open Airs auf dem Alten Markt Potsdam und vor der
Kulisse des Orangerieschloss von Sanssouci.
Große Namen der Alten Musik, die dem Festival langjährig verbunden sind,
haben einen Freundschaftsbesuch angekündigt, darunter Jordi Savall mit
der Capella Reial de Catalunya und Hespèrion XXI, Ottavio Dantone und
die Accademia Bizantina, Giovanni Antonini und Il Giardino Armonico, Vittorio
Ghielmi und Il Suonar Parlante, Alessandro De Marchi und das Innsbrucker
Festwochenorchester sowie die Akademie für Alte Musik Berlin. Erstmals
in Potsdam zu hören sind das französische Orchester Les Épopées, das
{oh!} Orkiestra Hystoryczna aus Katowice und das Quatuor Cambini-Paris.
Viele junge Gesichter kommen mit dem Teresia Orchestra, dem Jugendbarockorchester
der EU, und den Teilnehmern des Lunchkonzert-Wettbewerbs
nach Brandenburg.
www.musikfestspiele-potsdam.de
Interview
Wir sprachen mit Prof. Dorothee
Oberlinger, der Intendantin der Musikfestspiele
Potsdam Sanssouci.
© Stefan Gloede
Sie sind künstlerische Leiterin der
Musikfestspiele Potsdam Sanssouci,
eines Festivals für Originalklang,
sind Professorin und stellvertretende
Leiterin des Instituts für Neue Musik
an der Universität Mozarteum Salzburg,
sind vielfältig und in wechselnden
Formationen als Blockflötistin
und Dirigentin engagiert und haben
u.a. im Jahr 2009 mit dem Schweizer
Elektropop-Duo Dieter Meier und
Boris Blank (Yello) das Stück „Taklamakan“
für deren Album Touch
Yello aufgenommen. Ein breites Musikspektrum,
das Sie als Künstlerin
abdecken! Wie sind Sie verortet,
welchen Reiz und Inspiration ziehen
Sie aus der musikalischen Vielfalt in
Ihrem Tun?
Dorothee Oberlinger: Ich war seit
dem Studium immer schon in der Neuen
wie der Alten Musik unterwegs, fand
(und finde) es auch erhellend, mich intensiv
mit der Aufführungspraxis Alter
Musik auseinanderzusetzen, aber auch
in den Kosmos der zeitgenössischen
Komponist:innen einzutauchen und das
Repertoire für mein Instrument stetig zu
erweitern.
Die Arbeit mit Boris Blank von Yello, die
Sie ansprechen, war enorm inspirierend.
Blank arbeitet mit ganz eigenen Kreationen
von elektronischen Klängen, mit
starken Bildern, dazu hat er mich ganz
ohne Noten improvisieren lassen und
dann aus dem Füllhorn des Materials
das Stück „Taklamakan“ komponiert.
Aber zurück zu Ihrer Frage nach meiner
Verortung. Natürlich spielt mein Instrument,
die Flöte, nach wie vor eine große
Rolle für mich, sie ist mein Sprachrohr,
mein Ausdrucksmittel und manchmal
sogar eine Art Mediationsinstrument,
mit dem ich ganz „bei mir“ sein kann.
Nach meinem Studium kam die Frage,
was ich jetzt beruflich mit meinem Flötenspiel
mache. Man muss als Blockflötistin
sein Berufsfeld ganz individuell
entwickeln, einen festen Job an einem
Orchester gibt es für dieses historische
Instrument ja nicht. Im Laufe der Jahre
entwickelte sich eine Melange aus meiner
Arbeit als Solistin mit Ensembles und
Orchestern, als Leiterin eines eigenen
Ensembles, als Pädagogin in der Konzertfachausbildung,
später als Dirigentin
und Festivalleiterin.
Heute kann ich sagen, dass sich die Felder
ideal gegenseitig beflügeln. Zum Beispiel
profitiere ich vom stetigen Austausch mit
der jüngeren Generation, der ich mein
Wissen vermitteln darf. Als Dirigentin
kann ich den Orchesterklang formen, als
Ensembleleiterin neue Projekte kreieren,
© Johannes Ritter
als Gast anderer Ensembles auf neue
Perspektiven und Musiker:innen treffen –
und die Erkenntnisse aus diesen Bereichen
können wiederum in die Dramaturgie
des Festivals einfließen.
Die Tendenz geht in der Musikausbildung
heute immer mehr in Richtung Spezialisierung.
Dabei finde ich eine breitere
Aufstellung gar nicht schädlich, auch
nicht für die Verfeinerung des Ausdrucks
und der Instrumentaltechnik. Ganz im
Gegenteil. Eine Erweiterung des Horizonts
über das Instrument hinaus kann
beflügeln.
Zur Barockzeit war das Multitasking
auch oft die Regel. Händel war z.B. nicht
nur Komponist, er war hervorragender
Cembalist und Organist, dazu Intendant
eines Opernhauses und riss noch die Karten
am Eingang selbst ab.
Wir stoßen bei unseren Recherchen
immer häufiger auf Künstler:innen,
die genreübergreifend denken, arbeiten
und sich zu Hause fühlen. Wie
nehmen Sie dies wahr, und ist dieses
sich künstlerisch über Grenzen Hinwegsetzen
primär die Suche nach
der künstlerischen Herausforderung
oder auch die Tür zum Überleben in
der Musikbranche?
Dorothee Oberlinger: Das sogenannte
„Cross-over“ und stilistische „über den
Tellerrand schauen“ gab es irgendwo ja
schon immer in der Geschichte der Musik.
Denken wir an Telemann, der sich
von der polnischen Volksmusik in den
Pubs von Krakau inspirieren ließ, an
Purcell, der irische und schottische Tänze
in seiner Musik verarbeitete. An Händel,
der die italienische Oper als Deutscher
in London groß machte. An italienische
Komponisten der Endzeit der Renaissance,
die Madrigale ihrer Großväter
diminuierten, sie verzierten, aus dem
„alten“ Stoff eine neue Stilistik entstehen
ließen.
An Bach, der sich Drucke italienischer
Komponisten nach Hause bestellte und
Cembalosoli daraus arrangierte, mit
ganz eigenen Verzierungen.
Ich will damit sagen: Das Philosophieren
über das historische oder das stilistisch
fremde Material, die intensive, auch musikologische
Auseinandersetzung mit historisch
informierter Aufführungspraxis
und letztendlich der Vergangenheit, das
Arrangieren, das Ausloten von Stilistik
ist keine moderne Erfindung des heutigen
„Musikbetriebs“.
In Potsdam steht der Originalklang seit
Gründung des Festivals im Zentrum, der
sprechende und sinnliche Klang originaler
Instrumente, mit denen historische
Werke adäquat im wahrsten Sinne des
Wortes lebendig werden können – und
zum „Originalklang“ zählt auch der
Klang Neuer Musik frisch aus der Feder,
Improvisation, Jazz und Volksmusik,
Weltmusik.
Im Profil Ihres Festivals steht die
Öffnung der Alten Musik in den
Jazz, die Weltmusik und die Neue
Musik wie das kreative Zusammenspiel
der verschiedenen Kunstformen
in interdisziplinären Konzepten. Wie
sieht dies konkret aus und wie spiegelt
sich dieser Leitgedanke im Programm
2023?
Dorothee Oberlinger: Beim Fahrradkonzert
am 18.06. kann man radelnd
interdisziplinäre Konzepte erfahren, z.B.
den Potsdamer Schauspieler und Tangotänzer
Michael Ihnow mit historischer
Traversflöte und Akkordeon, Breakdance
auf dem BMX-Rad und eine alte griechische
Doppelflöte, ein Jazztrio oder mit
dem Ensemble BACH BY BIKE mitfahren.
Beim Waldbaden kann man dem
Spirit der Wandervogel-Bewegung und
dem Chorsingen in der Natur wieder
ganz neu und interaktiv begegnen, mit
Chorgesang der Romantik, aber auch
Wald-Guides, die Neues über das Ökosystem
Wald berichten.
In meinem neuen Programm mit Nils
Mönkemeyer spannen wir z.B. den Bogen
von Hildegard von Bingen über Morton
Feldmann und John Cage zu improvisierter
schottischer Volksmusik bis hin zu uns
gewidmeten Kompositionen der Griechin
Konstantia Gourzi und einer von den
Festspielen beauftragten Uraufführung
des Taiwanesen Wen Cheng Wei.
Dadurch entwickeln sich neue Ideen,
Projekte und Freundschaften. Das
passt perfekt zu Ihrem diesjährigen
Festivalmotto „In Freundschaft“!
Was hat es mit dem Thema auf sich?
Das Motto „In Freundschaft“, mit dem
wir uns nach der Isolation während die
Pandemie beschäftigen wollten, um
die Bedeutung des Miteinanders neu zu
bewerten, hat durch den Angriffskrieg
Russlands einen brisanten neuen Akzent
bekommen. Schon in der Antike werteten
die Philosophen die Art, wie wir mit unseren
engsten Freunden Umgang pflegen,
als eine Keimzelle der Gesellschaft und
grundlegend für deren Qualität. Dem
Philosophen Montaigne gab sie einen
Grund zu leben, und in der Romantik
war sie der Königsweg, um im Briefwechsel
gemeinsam die Welt zu begreifen.
Auch wenn die Beteiligten selbst oftmals
gar nicht sagen können, was genau sie
zueinander gebracht hat, gehören zu einer
Freundschaft immer Sympathie und
Vertrauen. Bei den Musikfestspielen geht
es dieses Jahr um die frei gewählten zwischenmenschlichen
Beziehungen (etymologisch
schwingt das Wort „frei“ als
Wurzel im Wort „Freundschaft“ mit),
die Wahlverwandtschaft (auch der Beziehung
unter wirklich Verwandten),
das fruchtbare Duo, die Hommage an
bewunderte Vorbilder und das Tombeau
als Ehrenmal und Bekenntnis zu bereits
verstorbenen Genies. Daneben werfen sie
auch einen Blick auf spannungsvolle Facetten,
die Konkurrenz, die in Eifersucht
umschlagende Liebe. Das Programm
zeigt quer durch 800 Jahre Musikgeschichte
Erzählungen davon, was Menschen
aufeinander zugehen und aufrichtig
befreundet sein lässt.
Wie wichtig ist die programmatische
Öffnung und Diversifizierung für die
Musikfestspiele Potsdam Sanssouci?
Die „Festspielfamilie“ unserer Künstler:innen
ist sehr bunt und divers, man
kann sagen, sie spiegelt die seit Jahren
gewachsene äußerst kreative und vielfältige
Freelancing-Szene des Originalklangs
wider, und es kommen auch durch unser
Konzept der „Lunchkonzerte“ immer
wieder neue junge Künstler:innen dazu,
die ganz neue Ansätze einbringen, z.B.
der Tänzer und Barockgeiger Yves Ytier,
der für die Festspiele ein neues Projekt
mit den „RosenTanzsonaten“ kreierte.
Inhaltlich gesehen: Vieles ist unerhört
und meist nicht Mainstream-Repertoirekanon,
sondern es geht um Wiederentdeckungen,
Improvisation, Musik vom Mittelalter
bis heute von Komponist:innen,
mit internationalen Solist:innen und
Ensembleleiter:innen.
DAS GESPRÄCH FÜHRTE KAI GEIGER.
36 | Neue Musik
NEUE MUSIK
MELBA | arttourist.com Jazz | Neue Musik | Elektro | 2023
ven des Hörens, der zeitgenössischen Musik
und des Klangs, öffnet das Festival mit Konzerten,
Performances, Musiktheater, installativen
und diskursiven Formaten einen Raum
gemeinsamen Erlebens.
www.berlinerfestspiele.de
Atmo Glatt&Verkehrt 2018_ Lukas Kranzelbinder &
Simon Mayer, Shake Stew & Sons Of Sissy
© Sascha Osaka Glatt&Verkehrt
Krems an der Donau (A)
Festival Glatt&Verkehrt
„Das Lied bleibt“
14. – 30.7.2023
Die Kraft des Geschichten-Erzählens spinnt
sich wie ein roter Faden durch das vielfältige
Programm von Festival Glatt&Verkehrt Nr. 27.
„Menschen, die protestieren, können inhaftiert
werden. Aber der Protest selbst lässt sich nicht
einsperren. The Singer, not the Song.“ (Albert
Hosp, Festivalleiter).
Ein zweiter Themenstrang führt nach Osten,
von der Slowakei über die Türkei bis in den Iran.
Das Festival für spannende Musikideen aus allen
Erdteilen ohne stilistische Schubladen bietet
auch 2023 eine Bestandsaufnahme davon, was
Musizieren auf der Basis von Traditionen heute
bedeuten kann.
Aus dem Programm:
15. Juli, Schloss zu Spitz:
Corina Sîrghi & Taraful Jean Americanu
Das Quintett zaubert das Flair der verrauchten
Bukarester Salons der Zwischenkriegszeit ebenso
auf die Bühne wie das der extravaganten Mahala-Blockpartys
der 1990er-Jahre.
28. Juli, Winzer Krems: El Khat
Sechs Musiker:innen aus Tel Aviv schaffen eine
süchtig machende retrofuturistische Mischung
aus alten yemenitischen Liedern, zeitgenössischen
Grooves und selbstgebauten Instrumenten.
www.glattundverkehrt.at
© Dirk Letsch
Brandenburg (D)
Brandenburgisches Fest
der Neuen Musik
„intersonanzen”
18. – 22.5.2023
„Der Wandel des Jetzt“ – über den Faktor
Zeit in zeitgenössischer klingender Kunst.
Dem möchten die „intersonanzen“ 2023 in
diversen Konzerten mit unterschiedlichsten
Formaten – „Brückenkonzerten“, einer
Klangkunst- und Partitur-Ausstellung, einem
Symposium, einem Soundwalk, einer
„RadKlangTour“, einem Workshop inkl. Aktionstag
zweier Gymnasialklassen sowie in
„KlangWandeln“ und regelmäßigen Diskursgesprächen
– nachgehen.
www.neue-musik-brandenburg.de
Lääne-Harju vald, Harjumaa (EST)
Arvo Pärt Centre
Das Arvo Pärt Centre vereint das persönliche
Archiv des Komponisten mit einem Informations-
und Musikzentrum. Es ist ein offener
Treffpunkt für Musiker:innen, Forscher:innen
und Musikliebhaber:innen – für alle, die sich
für die Musik und die Ideenwelt von Arvo Pärt
interessieren. Es wurde von Arvo Pärt und seiner
Familie mit dem Ziel gegründet, Möglichkeiten
zur Bewahrung und Erforschung des
kreativen Erbes des Komponisten im Kontext
Arvo Pärt | © Birgit Püve
seiner Muttersprache in Estland zu schaffen.
Das Zentrum befindet sich in Laulasmaa, 35 Kilometer
von Tallinn entfernt, auf einer Halbinsel
mit herrlicher Natur in einem Kiefernwald
in Meeresnähe. Das Gebäude mit einzigartiger
Architektur stimmt mit der schöpferischen
Einstellung Arvo Pärts überein und ist für alle
an Musik Interessierte geöffnet. Im Gebäude
befinden sich das persönliche Archiv, eine Bibliothek,
ein Konzertsaal mit 150 Plätzen, ein
Ausstellungsbereich, ein Videoraum und Unterrichtsräume.
Das Arvo Pärt Centre bietet ein
ganzjähriges Programm mit Konzerten, Ausstellungen,
Seminaren und Meisterklassen.
www.arvopart.ee/en/
© Annette Fischer
Basel (CH)
Gare du Nord
Von Zeit zu Zeit
Die Reihe „Von Zeit zu Zeit“ widmet sich dem
Spannungsfeld zwischen Alter und Neuer Musik.
Auf der Reise durch die Jahrhunderte kreieren
die Ensembles erstaunliche musikalische
Zusammenhänge –musikalische Gedankengänge
zwischen Mittelalter und Gegenwart.
Gare du Nord ist ein kuratierter Produktionsund
Aufführungsort für die Schweizer und
internationale zeitgenössische Musikszene. In
rund 100 Veranstaltungen pro Saison präsentieren
junge und erfahrene Profimusiker:innen,
Komponist:innen und Sänger:innen unterschiedliche
Abende mit komponierter, improvisierter
Musik, Musiktheater und Klanginstallationen.
Gare du Nord bietet ein breites
Spektrum von zeitgenössischer Kammermusik
über elektronische Musik bis hin zu interdisziplinären
performativen Formaten.
Nachtstrom
„Nachtstrom“ ist elektrisierende, frühestens
zum Sonnenuntergang einsetzende Klangforschung
und zeigt verschiedenste Formen der
elektronischen Musik auf der Bühne: Live-
Elektronik, akusmatische Musik, audiovisuelle
Werke, Improvisation etc.
Die Nachtstrom-Konzerte werden vom Elektronischen
Studio Basel veranstaltet, das Teil
der Hochschule für Musik FHNW ist. Die Zusammenarbeit
zwischen dem Elektronischen
Studio Basel und Gare du Nord besteht seit
den Anfängen des Gare du Nord im Jahr 2002.
Vier bis sechs Konzerte pro Saison finden jeweils
um 21 Uhr im Gare du Nord statt. In den
Konzerten präsentieren Studierende des Elektronischen
Studio Basel ihre neuesten Stücke
und können somit Erfahrungen in Aufführungssituationen
sammeln. Des Weiteren werden
Gäste aus der Schweiz und dem Ausland
eingeladen, aktuelle Werke zu präsentieren.
www.garedunord.ch
www.garedunord.ch
© Carlos Juica / silent green
Berlin
Future Soundscapes Festival 2023
22. – 23.9.2023
Mit dem Future Soundscapes Festival kuratiert
und veranstaltet das silent green eines der ambitioniertesten
Festivals und erfolgreichsten
Projekte des Kulturquartiers in Berlin-Wedding.
Während die Geschichten und Bildwelten
der Science-Fiction fest im kollektiven Gedächtnis
verankert sind, widmet sich Future
Soundscapes dem Sound als Mittel zur Gestaltung
zukünftiger Welten – sei es als Geräusch,
als Klang oder als Musik.
In diesem Jahr findet die bereits vierte Ausgabe
des interdisziplinären Festivals statt. An
zwei Tagen erkunden Künstler:innen aus der
elektronischen Musik, der Medienkunst und
der Sound Art die Zukunft des Hörens. Im Zusammenklang
mit einem Diskurs- und Filmprogramm
widmen sich alle Beiträge einer
Frage: Wie klingt die Zukunft?
www.future-soundscapes-festival.de
www.silent-green.net
© inm – initiative neue musik berlin e.V.
Berlin
inm – initiative neue musik berlin e.V.
Die inm – initiative neue musik berlin e.V.
bündelt und vertritt als Dachverband der freien
Szene der neuen Musik die Interessen der
Akteure der Berliner Szene gegenüber Politik
und Verwaltung. Sie ist als Förderinstitution
ein wichtiger Bestandteil der Berliner Kulturlandschaft
und trägt als Trägerin des field notes
Programms zur Stärkung der Sichtbarkeit
und Professionalisierung der zeitgenössischen
Musikszene bei. Die inm – initiative neue
musik berlin e.V. wurde 1991 kurz nach dem
Mauerfall gegründet. Sie etablierte ein aktives
kulturpolitisches Forum für Akteur:innen
der Neuen Musik in Berlin. Im offenen Dialog
hat sie es verstanden, die vielfältigen, oft
unterschiedlichen Interessen der Szene zu
bündeln. Veranstalter:innen, Ensembles und
Komponist:innen finden seither in der inm
stets eine verlässliche Partnerin.
www.inm-berlin.de
Berlin
MaerzMusik
März 2024
MaerzMusik versteht sich als ein Ort des Austauschs
von künstlerischem Wissen durch
neue Begegnungen und geteilte Erfahrungen.
Entwickelt aus unterschiedlichen Perspekti-
Musikfest Berlin 23, Mirga Grazinyte Tyla
© Andreas Hechenberger
Musikfest Berlin
Das Musikfest Berlin
26.8. – 18.9.2023
Das Musikfest Berlin versteht sich als ein Forum
für die innovative künstlerische Arbeit
der großen Orchester und Ensembles im Bereich
der klassischen und modernen Musik.
Es präsentiert ein ambitioniertes Festivalprogramm
mit wechselnden Schwerpunkten.
Das Orchesterfestival der Berliner Festspiele –
veranstaltet in Kooperation mit der Stiftung
Berliner Philharmoniker – bildet jeweils im
Spätsommer den spektakulären Auftakt der
Berliner Konzertsaison. Die Vielfalt der heute
bestehenden Orchesterformationen hat sich
unter dem Einfluss der modernen Technologien
und in Kenntnis der historischen Aufführungspraxen
wesentlich erweitert. Das rund
dreiwöchige Festival widmet sich daher nicht
nur dem symphonischen Repertoire, sondern
insbesondere den bedeutenden, raren, vergessenen,
ungewöhnlichen und neuen Werken
aus Geschichte und Gegenwart. Das Musikfest
Berlin versteht sich als ein Forum für die
innovative künstlerische Arbeit der großen
Orchester und Ensembles des internationalen
Musiklebens.
www.berlinerfestspiele.de
Ultraschall Festival Eröffnungskonzert
Berlin
Ultraschall Berlin –
Festival für Neue Musik
von kulturradio vom rbb und
Deutschlandfunk Kultur
17. – 21.1.2024
Ultraschall Berlin – das Festival hat manche
Metamorphose durchlaufen. Und ist sich
doch in seinem Grundgedanken treu geblieben.
Von Anfang an war Ultraschall Berlin
ein Festival, das jüngst entstandene Werke
in einen musikhistorischen Kontext einbindet,
der bis zu den Anfängen der Nachkriegs-
Avantgarde zurückreicht, also mittlerweile
immerhin einen Zeitraum von mehr als 70
Jahren umfasst. In einem solchen historischen
Hallraum werden ästhetische Entwicklungen
erkennbar, lassen sich Generationenfolgen
und zyklische Bewegungen besser
nachvollziehen. Zwar hat in den letzten Jahren
die Zahl der Ur- und Erstaufführungen,
auch der vom Festival in Auftrag gegebenen
Werke, erkennbar zugenommen – dennoch
bleibt dieser doppelte Ansatz auch weiterhin
für das Festival gültig: aktuellen Tendenzen
der zeitgenössischen Musik ein Forum zu
bieten und zugleich diese aktuellen Produktionen
in einem musikgeschichtlichen Kontinuum
zu verorten.
MELBA | arttourist.com Jazz | Neue Musik | Elektro | 2023 Neue Musik | 37
Zugleich wird die Zerstreuung größer, sorgen
die sozialen Medien für eine Auflösung dessen,
was in Vorzeiten „Muße“ genannt wurde.
Auch die Neue Musik ist von diesen Strömungen
erfasst. Ein Festival wie Ultraschall Berlin
kann und will vor solchen Entwicklungen
nicht die Ohren verschließen. Gleichwohl
setzt das Festival hier ganz bewusst einen
Kontrapunkt zu Tendenzen der jüngeren Zeit.
Nicht die extensive zeitliche Ausweitung von
Hörfeldern, sondern die Intensivierung und
die Konzentration auf das genaue Hören ist
unser Ziel – ein Bekenntnis zum „kritischen
Hören“, einem selbstbewussten Hören und
Begreifen dessen, was zeitgenössische Künstler
zu sagen haben. Dafür ist die Qualität der
musikalischen Aufführung eine unverzichtbare
Voraussetzung. Erst die bestmögliche
Interpretation schafft die Möglichkeit, hinter
dem unmittelbar Klingenden das zu verstehen,
worum es – im Medium der Musik – den
Künstler:innen geht. Und so bürgen auch in
diesem Jahr wieder die eingeladenen Ensembles
für jene interpretatorische Qualität, die
uns immer am Herzen liegt.
www.ultraschallberlin.de
Dessau-Roßlau
Kurt Weil Fest
LEUCHTEN IM SCHATTEN
23.2. – 10.3.2024
Das Kurt Weill Fest findet jährlich seit 30 Jahren
statt. Es handelt sich um ein internationales
Musikfestival mit über 50 Veranstaltungen
an 21 Spielstätten und in vier Städten.
Es hat sich die Pflege des musikalischen Erbes
des Komponisten Kurt Weill (*1900 in Dessau
† 1950 in New York) zur Aufgabe gemacht und
setzt jährlich Maßstäbe in der lebendigen Pflege
des kulturellen Reichtums der Klassischen
Moderne, für die Kurt Weill ebenso steht wie
seine Geburtsstadt Dessau-Roßlau.
www.kurt-weill-fest.de
FBE Team © Maximillian Schachtner
Feet Become Ears
Contemporary Chamber Musi Series
„Take a walk at night. Walk so silently that the
bottom of your feet become ears“, lautet eine
der berühmten Sonic Meditations der amerikanischen
Komponistin Pauline Oliveros.
Diese aufgeschlossene Haltung eines achtsamen
Zuhörens und Musikmachens inspiriert
die Arbeit von Feet Become Ears, einer Gruppe
von Komponist:innen und Musiker:innen
aus Deutschland. Feet Become Ears möchten
eine internationale Gruppe gleichgesinnter
Künstler:innen zusammenbringen, um zeitgenössische
Kammermusik in einem einladenden,
subkulturellen Raum zu feiern. Mit einer
Reihe von Konzerten bauen sie auf den Ideen
von Komponist:innen der amerikanischen
Avantgarde des 20. Jahrhunderts wie Oliveros
auf und erforschen die Vergangenheit, Gegenwart
und Zukunft minimalistischer und postminimalistischer
Musik.
Feet Become Ears starten ihre Reihe für zeitgenössische
Kammermusik in der Saison
2022/23 mit vier verschiedenen Programmen.
Jedes wird zweimal stattfinden – einmal
in München im ZIRKA und einmal in
Leipzig in der naTo. Sie präsentieren neue
Werke von Komponist:innen wie Viktor Orri
Árnason, Friederike Bernhardt, Carlos Cipa,
Matīss Čudars, Aftab Darvishi, Fjóla Evans,
Ralph Heidel, Sophia Jani, Annamaria Kowalsky,
Simon Popp, Philipp Rumsch, and
Theresa Zaremba neben bekannten Stücken
von Komponist:innen wie Laurie Anderson,
Hildur Guðnadóttir, David Lang, Onuté Narbutaité,
Caroline Shaw, Ann Southam and
Pēteris Vasks.
www.feetbecomeears.com
Graz (A)
open music – eine Konzertreihe
aktueller Musik
Aktuelle Musik – dies auch im Sinne gegenwartsrelevanter
Kunst – steht seit mehr als
zwei Jahrzehnten im Fokus von „open music“.
Zahlreiche Grazpremieren und Uraufführungen
wie auch Projekte, die spielend traditionelle
Genregrenzen überwinden, finden sich
selbstredend wieder in vorliegendem Frühjahrsprogramm.
Formationen wie Still Head,
Trio Catch (neuerdings mit Martin Adámek
an der Klarinette, der bereits mit 19 Jahren
Soloklarinettist des Ensemble Intercontemporain
war), das Hank Roberts Trio und das Trio
BaarsBuisDeman sind dabei erstmals in Graz
zu Gast. Auf Einladung von „open music“
treffen mit dem jungen Österreicher Michael
Schwarzenbacher und dem bereits international
renommierten Dänen Andreas Booregard
zwei Akkordeonisten aufeinander, die zeitgenössische
Musik auch in Richtung Visuelles
und Performatives öffnen. Und nicht zuletzt
heben Klangforum Wien Musiker unter dem
Motto „Junge Stücke“ bereits zum vierten
Male Kompositionsaufträge von „open music“
aus der Taufe.
Keine Sommerpause vergönnt sich und Ihnen
heuer „open music“, denn das Programm wird
im Juli mit zwei spannenden Konzerten von
den Ensembles Schallfeld und NEKO3 fortgesetzt
– dies sodann im Rahmen des impuls
Festivals (www.impuls.cc) 2023, das von 23.7.
bis 3.8. täglich mit einer Vielzahl an Konzerten
und Diskursprogrammen und mehr als
200 internationalen Spitzenkräften wie auch
jungen Musiker:innen und Komponist:innen
Graz einmal als Zentrum zeitgenössischer Musik
erstrahlen lässt.
www.openmusic.at
Echoes of Mediterranean Babylon Orchestra
© Katharina Oppel
Hannover
KunstFestSpiele Herrenhausen
11. – 28.5.2023
Die KunstFestSpiele Herrenhausen in Hannover
sind ein jährlich stattfindendes internationales
und interdisziplinäres Festival, bei dem Musik
eine zentrale Rolle spielt. Auch für die 14. Ausgabe
des Festivals haben Intendant Ingo Metzmacher
und die Dramaturgie ein vielfältiges
Programm zusammengestellt, das Genregrenzen
überwindet und das Publikum zu einmaligen
künstlerischen Erfahrungen einlädt. Vom
11.5. bis 28.5.2023 präsentieren die KunstFest-
Spiele Musiktheater, Performances, Konzerte,
Tanz- und Theatervorstellungen sowie Installationen
internationaler Künstler:innen. Einige
der gezeigten Werke wurden speziell für die
Spielorte der KunstFestSpiele Herrenhausen in
Auftrag gegeben und entwickelt.
Die zentralen Spielorte des Festivals – die Galerie
und die Orangerie, der Große Garten und
das Arne Jacobsen Foyer – befinden sich in der
prachtvollen Kulisse der Herrenhäuser Gärten.
Die DHC-Halle in unmittelbarer Nähe der
Herrenhäuser Gärten hat sich mittlerweile als
neuer Spielort etabliert und wird auch dieses
Jahr wieder bespielt. Im zentralen Festivalzentrum
der KunstFestSpiele in den Herrenhäuser
Gärten treffen sich die Künstler:innen,
Mitarbeiter:innen und das Publikum in entspannter
Atmosphäre.
Highlight der KunstFestSpiele 2023 ist die Aufführung
von Gustav Mahlers selten zu hörender
Achter Symphonie im Kuppelsaal des HCC.
Am So., 21.5. bündeln die KunstFestSpiele erneut
die musikalischen Kräfte Hannovers: Unter
der Leitung von Ingo Metzmacher bringen
die hannoverschen Chöre zusammen mit der
NDR Radiophilharmonie, dem Orchester der
Hochschule für Musik, Theater und Medien
Hannover und einer Reihe renommierter internationaler
Solist:innen Mahlers „Symphonie
der Tausend“ zur Aufführung.
www.kunstfestspiele.de
Saunders Stasis © Klaus Gigga
Hellerau
4:3 Kammer Musik Neu
17. & 18.11.2023
Seit 2018 präsentiert das Festival „4:3 Kammer
Musik Neu“ in HELLERAU jährlich im
November experimentelle, zeitgenössische
Musik und aktuelle Kunst, die sich Verhältnissen
und Konstellationen von Räumen, künstlerischen
Parametern oder auch zwischen
Künstler:innen und Rezipient:innen widmet.
Mit Ensemble Decoder, AuditivVokal Dresden,
Ensemble Modern u.a. standen seither Uraufführungen
und Adaptionen z.B. von Rebecca
Saunders, Alexander Schubert, Robert Henke,
Shiva Feshareki oder Ragnar Kjartansson auf
dem Programm.
www.hellerau.org
Kloeckner Benedict © Marco Borggreve
Hitzacker
78. Sommerliche Musiktage Hitzacker
– Hi.Mozart –
29.7. – 6.8.2023
Das Motto „Hi.Mozart“ offenbart sofort, wer
2023 im Fokus der Sommerlichen Musiktage
steht. Doch dies – da bleibt sich das Festival
treu– nicht ohne Begegnung mit zeitgenössischer
Musik. Das Programm für die 78. Saison
von Deutschlands ältestem Kammermusikfestival
beinhaltet international renommierte
Künstler:innen, von denen viele gerade auch
für ihre Mozartinterpretationen berühmt sind:
unter ihnen Isabelle Faust und Alexander Melnikov,
Antje Weithaas, Anna Lucia Richter,
Jörg Widmann, Matthias Kirschnereit, Dénes
Várjon, Garth Knox, Sarah Maria Sun, das Cuarteto
Casals, das Atos Trio und das Kuss Quartett,
das Wiener Glasharmonika Duo sowie
weitere Überraschungsgäste. Das Festival wagt
sich an den Komponisten heran, den die ganze
Welt verehrt, unendlich bewundert und vor
dem man zuweilen erschreckt. „Kaum einer
wurde im Laufe der Zeit wohl unterschiedlicher
interpretiert als er, dessen Kunst uns stets
erfrischt, überrascht und überwältigt“, so Intendant
Wille. „Welche innovativen Kräfte im
Schaffen Mozarts noch heute kreative Reflexe
auslösen? Das wollen wir erkunden.“
www.musiktage-hitzacker.de
Robert Vater © kgnm wft
Köln
Kölner Gesellschaft
für Neue Musik e.V.
Neben der Tätigkeit als Konzertveranstalterin
organisierte die kgnm in Zusammenarbeit
mit anderen Kölner Institutionen auch
musikwissenschaftliche Symposien, deren
Ergebnisse über Köln hinaus einer breiteren
Öffentlichkeit vorgestellt werden. Seit 1992
gibt die kgnm alle zwei Monate den Veranstaltungskalender
„neue musik – termine“ heraus,
der sich in Kooperation mit ON – Neue
Musik Köln erst zur „karlheinz“ und dann seit
2022 zum nrw-weiten Szenemagazin „NOIES“
entwickelte. 1999 ging aus einem Arbeitskreis
der kgnm der Initiativkreis freie Musik (IFM)
Köln hervor, ein spartenübergreifender Zusammenschluss,
der die kulturpolitischen Interessen
der freien Musikszene Kölns vertritt
und in dem die kgnm nach wie vor personell
und logistisch stark engagiert ist. Mit der Zeit
hat sich ein extensives Archiv an Programmheften
und Briefen angehäuft, das im November
2022 dem Historischen Archiv der Stadt
Köln übergeben wurde und somit der breiten
Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird. Die
Noten und Tonträger werden im Jahr 2023 in
Kooperation mit der HfmT Köln katalogisiert.
Seit 100 Jahren schlägt das Herz der kgnm von
& für virtuose / profilierte / heranwachsende /
spezialisierte / moderne / neue Musiker:innen
& Komponist:innen sowie multi- / media- /
trans- / tutti-disziplinäre Schauplätze sowie
experimentelles Denken / Schreiben / Aufführen
/ Spielen / Entdecken.
www.kgnm.culturebase.org
FORWARD OUTER SPACE LFCO PLANETARIUM
© PETER FISCHLI, LUCERNEFESTIVAL
Luzern (CH)
FORWARD-FESTIVAL ENTDECKEN
17. – 19.11.2023
Alljährlich im November bietet Lucerne Festival
Forward der Gegenwartsmusik eine Bühne
und gibt den Musiker:innen der jungen Generation
eine Stimme. Ausgangspunkt ist die
Idee, das über die Jahre gewachsene internationale
Netzwerk der Lucerne Festival Academy,
das heute mehr als 1.200 Künstler:innen
umfasst, als kollektives Mastermind zu nutzen.
Und das in mehrfacher Hinsicht: Die
Konzerte werden nicht nur vom Lucerne
Festival Contemporary Orchestra (LFCO) gestaltet,
unserem Exzellenzorchester für die
Aufführung neuer und neuester Musik. Ausgewählte
Contemporary Leaders aus dem
Academy-Netzwerk entwickeln überdies als
Kurator:innen das Programm. Dabei gehen
sie neue Wege, um den Graben zwischen der
sogenannten „Neuen Musik“ und dem Publikum
zu schließen: Sie suchen den Kontakt
mit den Hörer:innen, erproben ungewohnte
38 | Neue Musik
MELBA | arttourist.com Jazz | Neue Musik | Elektro | 2023
Konzertformate, rücken weniger bekannte
Stimmen und ästhetische Positionen des zeitgenössischen
Musikschaffens in den Fokus
und mischen bewusst Nationalitäten, Generationen
und Geschlechter.
www.lucernefestival.ch
MIET+, Adrian Pereyra und Ruben M. Santorsa,
NAMES Ensemble Salzburg mit Salome
Kammer, Coco Lau und Ansgar Theis und das
Innsbrucker Ensemble Walzerklang.
www.adevantgarde.de
Barbara Frey, 2021 © Daniel Sadrowski
SCHOLA HD © Thilo Ross
Metropolregion Rhein-Neckar
2. Biennale für Neue Musik
28.4. – 7.5.2023
Endlich ist es so weit: Die BIENNALE für Neue
Musik geht 2023 in die zweite Runde.
Dabei war der Start der ersten BIENNALE wegen
der Pandemie 2021 zunächst um einige
Monate verschoben worden und musste selbst
dann noch überwiegend digital stattfinden.
Anders nun der zweite Durchgang des Festivals,
der vom 29.4. bis 7.5.2023 wiederum an
verschiedenen Orten in der Metropolregion
Rhein-Neckar stattfinden wird.
Erstmals beteiligen sich auch die Schwetzinger
SWR Festspiele, die die BIENNALE am 29.4.
gleich mit einem Doppelkonzert eröffnen.
An neun Festivaltagen finden anschließend
Konzerte des Nationaltheaters Mannheim,
der Gesellschaft für Neue Musik Mannheim,
des Theaters und Orchesters Heidelberg, der
Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz, des
Ernst-Bloch-Zentrums sowie des KlangForums
Heidelberg statt und entwerfen eine Übersicht
der vielfältigen Strömungen und Landschaften
der Neuen Musik.
www.biennale-neue-musik.de
Ensemble Via Nova © Guido Werner
München
17. aDevantgarde-Festival
BIEDER_MEIER_X
17.6. – 2.7.2023
Zum 17. Mal findet in diesem Sommer in
München die aDevantgarde – Festival der
Komponist:innen statt. Alexander Strauch
und Markus Lehmann-Horn haben ein Programm
zusammengestellt, das die beiden
Jahre der Pandemie und ihre Wirkung auf das
künstlerische Schaffen von Musiker:innen
und Komponist:innen reflektiert. Welche Formen
der Biedermeierlichkeit sind in unser Leben,
unseren Alltag eingezogen? Oder waren
sie schon immer da? An sieben Abenden sind
neugierige Zuhörer:innen in die Seidlvilla, ins
schwere reiter, in die Bayerische Akademie der
Schönen Künste und ins Einstein Kulturzentrum
eingeladen, zum Sich-überraschen-Lassen,
zum Innehalten, zum Genießen und auch
zum Lachen. Unter den Protagonist:innen
sind bekannte Player und neue Gesichter,
wie das Minguet Quartett und das Zentaur-
Quartett, Trio Abstrakt und ensemble recherche,
Phönix-3, ensemble via nova & Ensemble
Gianmario Borio © Matteo De Fina
München
„HAPPY NEW EARS“-INITIATIVE
der Hans und Gertrud Zender-Stiftung
In Anlehnung an eine prägnant-ironische
Aufforderung John Cages zu vorurteilsfreiem
Hören hat der Komponist, Dirigent und Musikschriftsteller
Hans Zender eine Initiative
der Hans und Gertrud Zender-Stiftung „Happy
New Ears“ genannt. Seit 2011 vergibt die Stiftung
in Zusammenarbeit mit der Bayerischen
Akademie der Schönen Künste, der musica
viva und BR-KLASSIK des Bayerischen Rundfunks
alle zwei Jahre eine mit dem Cage-Wort
betitelte Auszeichnung: den „Happy New
Ears“-Preis. Er teilt sich auf in einen Komponistenpreis
und einen Preis für Publizistik
zur Neuen Musik. Der Komponistenpreis ist
„gedacht für wagemutige und nicht am unmittelbaren
Erfolg orientierte Kollegen“, der
Preis für Publizistik zur Neuen Musik „möchte
Menschen danken, welche in ihrer Arbeit zum
Bilden ‚Neuer Ohren‘ beitragen.“
Liza Lim © Astrid Ackermann
Die Preise der Hans und Gertrud Zender-Stiftung
werden nicht ausgeschrieben, eine Bewerbung
ist ausgeschlossen.
Aktuelle Preisträger:
Liza Lim – Happy New Ears Preis für Komposition
Gianmario Borio – Happy New Ears Preis für
Publizistik zur Neuen Musik
www.br-musica-viva.de/
München
Tune 1—12.23
TUNE ist eine Serie kurzer Soundresidencies,
die zwischen den Feldern Sound, Musik und
visuelle Kunst angesiedelt sind. Die eingeladenen
Künstler:innen arbeiten genre-, epochenund
stilübergreifend und schaffen klangliche
Beiträge, die im Dialog mit dem aktuellen Programm
des Hauses der Kunst stehen.
2023 beginnt das TUNE-Programm mit einer
radikal freien musikalischen Darbietung von
Alvin Curran, mit der er die Grenzen der Improvisation
auslotet und sein Publikum sowie seine
Produktionsbedingungen thematisiert. Seine
Arbeit schafft einen Freiraum für ein intensives
Gemeinschaftserlebnis und für etwas, das Curran
einen „schlichten musikalischen Vulkanismus“
nennt, der oft im Rahmen einer Auseinandersetzung
mit dem eigenen politischen und
sozialen Kontext in Erscheinung tritt. Curran
knüpft mit seiner Arbeit an die Werke von Joan
Jonas an, mit der er seit Langem kooperiert und
mit der er seine Leidenschaft für Spontaneität,
nicht-lineare Strukturen und Assemblagen teilt.
HDK, Tune, Jerome Ellis © Gabriela Neeb
Post-Punk, Dub, Metal, Free Jazz und experimentelle
Elektronik sind Musikrichtungen,
mittels derer im TUNE-Programm die Grenzen
zwischen Komposition und Improvisation
verwischt werden. Rohe Emotionen und ihr
Ausdruck bilden einen roten Faden, der durch
gruppendynamische Prozesse und kreative Intuition
freigesetzt wird. Inspiriert von Meredith
Monks Schaffen liegt das Hauptaugenmerk auf
der Stimme und dem unmittelbaren Ausdruck,
wobei Erstere in ihrer ganzen Kraft und Vulnerabilität
zur Geltung kommt. Lyrik, Neo-Blues,
Soul und R&B leiten zu Selbstreflexion und Intimität,
während der Raum zwischen dem Klang
und der Bedeutung der Worte erkundet und das
Ursprüngliche und Instinkthafte freigelegt wird.
Wie im Werk von Katalin Ladik wirkt die Unbeständigkeit
hier als generative Kraft, die einen
Raum schafft, der nicht statisch oder übermäßig
definiert, sondern offen und voller Potenziale
ist. Der Körper ist hierbei ein Instrument, aus
dessen Tiefen die Musik entspringt.
Eingeladene Künstler:innen für 2023: Ihor Okuniev,
Alvin Curran, Standing on the Corner,
Lifetones, Phew, Nina, Still House Plants, Exotic
Sin, Dawuna, Katalin Ladik, KeiyaA und Duma.
Kuratiert von Sarah Miles.
www.hausderkunst.de/tune
Between Music Aqua Sonic Nanna Bec
© Charlotta de Miranda
Odense (DK)
Between Music
Between Music creates and produces unique
art projects and innovative performance concerts
in a hybrid of music, live performance,
visual arts, architecture and new technology.
The group masters a vast range of aesthetics,
skills and genres, but finds the most potential
in the ever-fluctuating spaces between them.
Under the heading ARS HUMANA, our work
and artistic research revolves around four
aspects of Human Nature: Being, Instinct,
Emotion, Intellect. This theme-based research
derives from a deep desire to uncover what
we have in common as human beings – regardless
of religious, cultural and societal differences.
Embedded in each of us lies a deep
knowledge and experience with the world
that transcends boundaries and goes beyond
words. ARS HUMANA is our artistic framework
for unlocking this intuitive, emotional,
and corporeal knowledge.
www.betweenmusic.dk
Bochum
Ruhrtriennale 2023
10.8. – 23.9.2023
in Bochum, Dortmund, Duisburg und
Essen
Von Donnerstag, 10. August bis Samstag, 23.
September bespielt die Ruhrtriennale die ehemaligen
Industriemonumente der Metropole
Ruhr in den Städten Bochum, Dortmund, Duisburg
und Essen. Das jährliche Festival begeistert
mit Schauspiel, Musiktheater, Konzert, Tanz,
Performance, Installationen, Lesungen und Begegnungs-Angeboten,
sucht stets den künstlerischen
Grenzgang und fasziniert mit den besonderen
Spielstätten. Die diesjährige Ruhrtriennale
ist die dritte Ausgabe unter der auf drei Jahre
angelegten Intendanz der Schweizer Regisseurin
Barbara Frey, jüngst erst mit der höchsten Theaterauszeichnung
der Schweiz als außergewöhnliche
Künstlerin und umsichtige Intendantin
gewürdigt.
Die Ruhrtriennale, deren Zentrum in der Regel
die Jahrhunderthalle Bochum ist, lädt zur Begegnung
mit einer Vielzahl von Kunstschaffenden
sowohl aus aller Welt als auch der Region ein. Mit
starken Themensetzungen und flankiert durch
Vermittlungsangebote sowie Kooperationen mit
verschiedenen Medien- und Kulturpartnerschaften
zählt die Ruhrtriennale zu den renommiertesten
Festivals seiner Art in Deutschland.
www.ruhrtriennale.de
© Festival Rümlingen
Ascona und Valle Onsernone (CH)
Finisterre – Festival für Neue Musik
im Tessin
28.7. – 1.8.2023
Finisterre ist ein Festival über viereinhalb Tage.
Es nimmt das Publikum mit auf eine Pilgerreise
durch Landschaften gescheiterter und gelungener
Lebensentwürfe. Auf den Spuren der Wahrheitssuchenden
vergangener Zeiten gelangt das
Publikum vom Monte Verità über den Lago
Maggiore hinein ins Onsernone-Tal bis zu den
Bagni di Craveggia. Für dieses ungewöhnliche
musikalische Abenteuer mit Konzerten, Musiktheater
und Klanginstallationen hat sich das Festival
Neue Musik Rümlingen (BL) mit der Associazione
Olocene (Valle Onsernone, TI) und dem
Teatro del Tempo (Vacallo, TI) zusammengetan.
www.neue-musik-ruemlingen.ch
future lab 2023, Schallfeld Ensemble © Maria Frodl
Schwaz (A)
Klangspuren Schwaz
30 x Klangspuren
7. – 24.9.2023
Das Tiroler Festival für Neue Musik KLANG-
SPUREN SCHWAZ feiert 2023 unter dem Motto
„Preview – Review“ seine 30. Festivalausgabe (7.
– 24.9.2023). Rückblick und Vorausschau wirken
als Subtext, der gleichermaßen die einzelnen
Konzerte wie auch die Vergangenheit mit der
Gegenwart in einen Dialog bringt. Nicht der nostalgische
Blick auf viele Jahre Konzertgeschehen
bei KLANGSPUREN steht anlässlich des 30-jäh-
MELBA | arttourist.com Jazz | Neue Musik | Elektro | 2023 Neue Musik | 39
rigen Jubiläums im Fokus, sondern die kritische
Befragung der Vergangenheit und die Auseinandersetzung
mit der Gegenwart, die durch einen
tiefgreifenden und krisenhaften Wandel geprägt
ist. Darauf reagiert das Festival mit Diversität,
großer Offenheit, Neugierde, einer auf Kooperation
ausgerichteten Haltung und vor allem auf
musikalisch-ästhetischer Ebene.
Seit der Gründung bestand die Idee, dass ein
Festival über die Präsentation gegenwärtiger
Musik hinaus Raum für Begegnung, Vermittlung,
Austausch und neue Erfahrungen bieten
soll. KLANGSPUREN SCHWAZ realisiert dieses
Konzept 2022 mit der Akademie „Future Lab“,
die 2023 auf zwei Säulen steht. Das „Composers
Lab“ bietet Nachwuchskomponist:innen Raum
zur kreativen Reflexion und Spiegelung durch
erfahrene Komponist:innen. In diesem Jahr sind
das Chaya Czernowin und Klaus Lang, die gemeinsam
mit den Teilnehmer:innen und dem
Schallfeld Ensemble, Ensemble in Residence
2023, ihre speziell für dieses Ensemble geschriebenen
Werke erarbeiten. „konsTellation plus“,
die andere Säule der Klangspuren Akademie „Future
Lab“, wurde als eine Plattform zur Weiterbildung
und Professionalisierung hochbegabter
Musiker:innen, in Kooperation mit dem Tiroler
Landeskonservatorium, eingerichtet.
www.klangspuren.at
PONY-SAYS © JULIA SCHAEFER
Stuttgart
Musik der Jahrhunderte
Experimentell–Innovativ–Multimedial.
Musik der Jahrhunderte im Porträt
1978 gegründet, zählt Musik der Jahrhunderte
(MDJ) heute zu den international wichtigsten
Veranstaltern und Produzenten für zeitgenössische
Musik in Europa.
Musik der Jahrhunderte (MDJ) zählt international
zu den wichtigsten Akteur:innen für die
Produktion, Interpretation und Veranstaltung
zeitgenössischer Musik. Im Zentrum ihrer Arbeit
steht das Management der Neuen Vocalsolisten
und die Realisation des Festivals ECLAT–zwei
zentrale Player in der Welt der aktuellen Musik.
MDJ verantwortet bis zu 80 Uraufführungen im
Jahr. In ihnen spiegeln sich die großen kulturpolitischen
Themen der Zeit sowie die aktuellen
technologischen Entwicklungen in den Künsten.
Zunehmend prägen hybride Formate das Programm
und damit einhergehend die Auflösung
des (Bühnen-)Raums, von Perspektiven und
Funktionen durch den Einsatz digitaler Medien.
www.mdjstuttgart.de
SÜDSEITE NACHTS
In dieser Konzertreihe von Musik der Jahrhunderte
wird dem Schrägen, Experimentellen, Unerwarteten
poetischer Raum gegeben. Hier laden
die Neuen Vocalsolisten, Ensemble Ascolta und
Gäste in ebenso konzentrierter wie informeller
Atmosphäre auf der Südseite des Theaterhauses
zu künstlerischen Ereignissen und informellem
Austausch ein. Spielort ist die vielseitige große
Probebühne P1.
SOMMER IN STUTTGART
Das Festival bietet seit 2007 insbesondere jungen
Komponist:innen aus der Stadt und der Region
eine perspektivenreiche Plattform für Experimentelles.
Regelmäßig dabei sind die Neuen Vocalsolisten
und Ensemble ASCOLTA.
ECLAT, POETRY-AFFAIRS, DORNIER BARNAS
© MARTIN SIGMUND
ECLAT
31.1. – 4.2.2024
ECLAT Festival Neue Musik Stuttgart ist jung,
innovativ, interdisziplinär – zu erleben alljährlich
in der ersten Februarwoche im Theaterhaus
Stuttgart und seit 2021 live im WorldWideWeb.
ECLAT bietet jungen Komponist:innen und
Künstler:innen ebenso eine Plattform wie den
Arrivierten.
www.eclat.org
Iiro Rantala © Jari Kivelä
Lübeck | Travemünde
CLASSICAL BEAT Festival
18. – 29.7.2023
Das siebte CLASSICAL BEAT Festival präsentiert
zwischen dem 18. und 29. Juli Crossover der
Extraklasse mit internationalen Künstler:innen.
Das diesjährige Thema ist „Kurs Nordic Sounds“
und versteht sich als eine musikalische Segelreise
rings um die Ostsee in Richtung Norden.
Unter der künstlerischen Leitung der drei Musiker
Bernd Ruf (D), Etienne Abelin (CH, USA)
und Pierre Bertrand (F), die ihre ganze Erfahrung
und ihr weit gespanntes Netzwerk einbringen,
konnten herausragende Künstler:innen für das
Festival 2023 gewonnen werden. Eröffnet wird
das Festival am 18. Juli von dem finnischen Ausnahmepianisten
Iiro Rantala. Auf Ihn folgen
u.a. der in Rom geborene und in Paris lebende
Schlagzeuger Simone Prattico und der österreichische
Geiger Yuri Revich. Das weltbekannte
schwedische A-cappella-Quintett The Real
Group beschließt das Festival in diesem Jahr.
Alle proben und spielen mit den Ensembles des
CLASSICAL BEAT Festivals, das sich aus jungen
Musiker:innen aus der ganzen Welt zusammensetzt.
Aus diesem Kreis ist vor zwei Jahren
auch das deutsch-französische Festivalorchester
unter der Leitung von Pierre Bertrand erwachsen,
das die deutsch-französische Achse und
Freundschaft musikalisch prägen soll. Unterstützt
werden die Musiker:innen hierbei von Joel
Chaussee, Stephane Chaussee und Steen Nicolaj
Hansen, die die Orchesterentwicklung professionell
begleiten. Auch in diesem Jahr findet im
Rahmen des CLASSICAL BEAT Festivals die geopolitische
Plattform PassatDIALOG statt. Neu im
Jahr 2023 ist das CLASSICAL BEAT Festival open
Air vor dem SLOW DOWN Hotel auf dem Priwall,
womit man ein jüngeres Publikum für das
Festival gewinnen möchte.
Das von der Stiftung Neue Musik Impulse
Schleswig-Holstein initiierte und 2017 erstmalig
als Pilotprojekt durchgeführte CLASSICAL
BEAT Festival ist ein Novum in der deutschen
Musikkultur-Landschaft. Der Grundgedanke
ist, neue Wege in der klassischen Musik zu erforschen,
Konventionen zu hinterfragen und
Grenzen zu überschreiten. Dafür verbindet das
Festival klassische Musik mit anderen Musikgenres
und sucht den Brückenschlag zur modernen
Clubkultur. Mit der Leitidee „CLASSICAL BEAT
ist Klassik am Puls der Zeit“ fördert das Festival
neue, andersartige und eigenständige Formen
im Umgang mit und der Darstellung von Klassik
und setzt auf Kreativität, Spielfreude, Professio-
MUSICAL BELONGINGS
Die lautten compagney BERLIN auf der Suche
nach einer postkolonialen Musikpraxis
2023/2024 wird das neu errichtete Humboldt-Forum
zum Ort von vier musikalischen
Begegnungen: Alte Musik aus Europa
trifft auf traditionelle Musik aus Indien, Lateinamerika,
China und der Karibik.
Die lautten compagney BERLIN, eines der
renommiertesten Ensembles für historische
Aufführungspraxis, fragt mit ihrem Projekt
MUSICAL BELONGINGS nach den Möglichkeiten
einer Musik
jenseits des kolonialen
Kanons.
Gemeinsam mit Musik -
er*innen und Komponist*innen
aus vier
Kulturen sucht das Orchester
nach einer transkulturellen
Praxis: Wie
lassen sich neue Töne
und hybride Formen
finden, die sich dem
Label der „Weltmusik“
entziehen? Welchen
Gemeinsamkeiten gibt
es zwischen indischen
Ragas und der europäischen
Ostinato-Praxis?
Die Musiker*innen reagieren
mit ihrem Projekt
auf die Sammlungen
des Ethnologischen
Museums und des Museums
für Asiatische
Kunst, in der sich auch
viele Instrumente und
das Phonogramm-Archiv
befinden. Im begleitenden
Diskurs wird
der postkoloniale Blick
auf die musikalische
Praxis des europäischen
Klassikbetriebs angewandt
und der Horizont
der jeweiligen Spielund
Produktionsweisen
verglichen, verhandelt,
erweitert.
Den Auftakt der Reihe
machen Konzerte am
16. und 17. Juni, in dem
zwei der wichtigsten indischen
Musikerinnen
unserer Gegenwart zu
KONZERTTERMINE:
Gast in Berlin sein werden: Die Geigerin Kala
Ramnath und die Veena-Spielerin Jayanthi
Kumaresh.
MUSICAL BELONGINGS # I
lautten compagney BERLIN meets
Indian Raga Music
Raga and Passacaglia
Mit Kala Ramnath (Violine) und Jayanthi
Kumaresh (Veena), Indien
16. und 17. Juni 2023,
Humboldt Forum, Saal 2
18:00 Musikalische Einführung
19:00 Konzert
20:30 Publikumsgespräch
MUSICAL BELONGINGS # II
lautten compagney BERLIN meets
Native Music from Latin America
Huaciascaita – Holy Experiments
10. und 11. November 2023,
Humboldt Forum, Saal 2
MUSICAL BELONGINGS # III
lautten compagney BERLIN meets
Chinese Classical Music:
Guzheng and Viola da Gamba
Erste Hälfte 2024,
Humboldt Forum, Saal 2
MUSICAL BELONGINGS # IV
lautten Compagney BERLIN meets
Carribean Punta Music:
Punta gegen Polly – How to decolonize
the Beggar’s Opera?
Zweite Hälfte 2024,
Humboldt Forum, Saal 2
Das Projekt MUSICAL BELON-
GINGS # I-IV 2023/24 wird gefördert
im Programm „Exzellente Orchesterlandschaft
Deutschland“ der
Beauftragten der Bundesregierung
für Kultur und Medien (BKM).
TICKETS
www.humboldtforum.org/LauttenCompagney
oder tickets@lauttencompagney.de
Kala Ramnath, bekannt für Fusion-Projekte
mit Hilary Hahn, hat ihren einzigartig singenden
Stil bei Guru Pandit Jasraj erlernt. Sie
kommt aus der nordindischen Hindustani-
Musiktradition.
Jayanthi Kumaresh, Vertreterin der karnatischen
Musiktradition Südindiens, spielt und
unterrichtet die Saraswati Veena, die indische
Laute. Das erste Konzertprojekt steht damit
im Zeichen einer doppelten
Begegnung: Nicht
nur Europas und Indiens
Lautenmusik, sondern
auch nord- und südindische
Musik treffen hier
aufeinander und zeigen
die ganze Vielfalt der alten
Tradition des Raga.
Im Zusammenspiel und
Kontrast zwischen Raga
und der europäischen
Tradition werden sich
neuartige Einblicke in
die Musik zweier Kontinente
ergeben. Man
darf gespannt sein, welche
hybride Musik sich
während des einwöchigen
gemeinsamen
Workshops ergibt!
Im begleitenden Diskursprogramm
werden Differenzen
und Ähnlichkeiten
verhandelt. Dazu
sind u.a. Lars-Christian
Koch (Direktor für die
Sammlungen der Staatlichen
Museen im Humboldt
Forum und Spezialist
für Indische Musik)
sowie Suddhaseel Sen aus
Mumbai eingeladen, Spezialist
für interkulturelle
Adaptionen zwischen
Indien und Europa. Die
lautten compagney BER-
LIN will mit diesem Projekt
zur Bildung einer globalen
Gesellschaft des 21.
Jahrhunderts beitragen,
ihre eigene Praxis befragen
und im Austausch
mit den eingeladenen
Musiker*innen beitragen zu einer postkolonialen
Musikpraxis, die diesen Namen verdient.
www.lauttencompagney.de
40 | Neue Musik
MELBA | arttourist.com Jazz | Neue Musik | Elektro | 2023
nalität und Emotionalität. CLASSICAL BEAT ist
Ort vieler spannender Begegnungen zwischen
etablierten, internationalen Künstler:innen und
neuen, jungen Talenten. Die Zusammenführung
all dessen in Musik und Erlebnis erschafft eine
neue Verbundenheit zwischen Menschen, Orten
und Welten.
www.classicalbeat.de
Jokers © Stanislas Augris
Ulm
Verein für moderne Musik
Ulm/Neu-Ulm e.V.
Der Verein wurde 1976 gegründet, um zeitgenössischen
Jazz und improvisierte Musik auf internationalem
Niveau in Ulm/Neu-Ulm zu etablieren.
Ziel war und ist es bis heute, neue und neueste
Strömungen zu präsentieren. Seither haben immer
wieder internationale Größen von Herbie
Hangock über Renaud Garcia-Fons bis Carla Bley
und aufstrebende junge Musiker:innen von Pablo
Held bis Trish Clowes beim Verein für moderne
Musik gastiert und den Verein zu einer der
ersten Adressen für zeitgenössische Musikformen
im südwestdeutschen Raum gemacht.
Mit dem Stadthaus kooperiert der Verein für moderne
Musik e.V. seit 1996.
www.verein-fuer-moderne-musik.de
Foto algemeen © Félice Hofhuizen
Utrecht (NL)
Gaudeamus Festival 2023
6. – 10.9.2023
Gaudeamus presents, stimulates and supports
the latest music by young music pioneers. The
concerts and activities of Gaudeamus, such as
the annual Gaudeamus Muziekweek festival, international
co-productions and the Gaudeamus
Award, are leading the way in contemporary
music. Gaudeamus scouts new talent and contributes
to its professional development. For more
than 75 years already Gaudeamus is breaking
new ground supporting music pioneers worldwide.
Gaudeamus knows how to present the music
of tomorrow to curious music lovers. Innovation
and progress come from the bottom up. That is
why Gaudeamus presents, stimulates and supports
the latest music by young music pioneers.
The annual Gaudeamus Muziekweek is the oldest
music festival in the Netherlands and takes
place in Utrecht since 2011. It is the international
meeting place for young composers and music
pioneers from all over the world.
www.gaudeamus.nl/en/
Weingarten
Weit! Weingarten 2023
17. – 19.11.2023
Rolf Riehm ist composer in residence bei weit!
weingarten 2023
Bild_33 Rolf Riehm © Rolf W. Stoll, sinusfoto.
com
Das neu aufgelegte Festival „weit! weingarten“
geht in sein drittes Jahr. Die Porträt-Reihe stellt
immer an einem November-Wochenende einen
Komponisten oder eine Komponistin in
den Mittelpunkt des Geschehens. Nach Toshio
Hosokawa (2021) und Sarah Nemtsov (2022) begrüßen
die Festivalmacher in diesem Jahr (17. –
19.11.2023) Rolf Riehm in Weingarten.
Rolf Riehm © Rolf W. Stoll, sinusfoto.com
Der 1937 in Saarbrücken geborene und in
Frankfurt a.M. aufgewachsene Riehm gehört
zu jenen Größen der Neuen Musik, die sich
mit ihrer Kunst stets politisch positionierten
und positionieren. Dabei agierte er meist abseits
der einschlägigen Avantgarde-Zirkel.
Francois Lyotard, Michel Foucalt und Niklas
Luhmann prägten sein ästhetisches Denken.
Riehm war 1976–1981 Teil des „Sogenannten
Linksradikalen Blasorchesters“, das von
Heider Goebbels gegründet wurde und sich
der Frankfurter Sponti-Szene zurechnete. Seit
Ende der 1980er-Jahre beschäftigt sich Rihm
immer wieder auch mit antiken mythischen
Stoffen.
In fünf Konzerten im Kultur- und Kongresszentrum
sowie der PH Weingarten werden
renommierte Interpret:innen die Musik
Riehms dem Publikum nahebringen, wobei
die Programme auch Anknüpfungspunkte
für Werke weiterer Komponist:innen und für
Gespräche bieten. Zu Gast sind das Ensemble
Mosaik, die Sopranistin Sarah Maria Sun, die
Stuttgarter Philharmoniker, die Pianistin Theresa
Cerezo-Falces sowie das Trio Accanto.
www.weit-weingarten.de
Rebecca Saunders © Astrid Ackermann
Wien (A)
Wien Modern 36
31.10. – 2.12.2023
Das Festival Wien Modern zeigt in jedem
Herbst die Musikstadt Wien von ihrer innovativen
Seite: Fast fünf Wochen lang sorgen
rund 40 Produktionen an über 20 Orten in der
ganzen Stadt für inspirierende Begegnungen
von Hörer:innen und Künstler:innen Neuer
Musik aller Formen und Farben. Die Bandbreite
der Spielstätten reicht von Wiener Konzerthaus
und Musikverein über Stephansdom,
Tanzquartier Wien, Odeon und Semperdepot
bis in Museen, Off-Locations, U-Bahn-Stationen
und den öffentlichen Raum.
Ähnlich bunt ist die Palette der Formate: Nach
drei Jahren, in denen Konzerte gewissermaßen
nur mit angezogener Handbremse denkbar
waren, bringt die kommende 36. Festivalausgabe
neue Bewegung in die Frage, wie und wo
man Musik hören kann. Hier ein kleiner aktueller
Blick in die Festivalküche: Die Wiener
Symphoniker eröffnen am 30.10. mit einem
begehbaren Stück von Peter Jakober gleichzeitig
in allen drei historischen Sälen des Wiener
Konzerthauses. Tags darauf lässt Georg Friedrich
Haas für sein Stück „11.000 Saiten“ 50
Klaviere im Hundertsteltonabstand stimmen.
RSO Wien und mehrere Chöre lassen den Stephansdom
atmen mit den leisen Klängen von
Mark Andres rwh 1–4. RSO Wien und Klangforum
Wien beginnen mit Rebecca Saunders’
Concerto grosso wound im Goldenen Saal des
Musikvereins eine außergewöhnliche Festivalwoche
mit dem Schweizer Architekten Peter
Zumthor, die u.a. zu Judith Unterpertinger
in den mittelalterlichen Kreuzgang des Stifts
Klosterneuburg führt.
www.wienmodern.at
Meine Liebe
zur Neuen Musik ...
... begann im Mai 1992 anlässlich der Einweihung
des Schulungs-, Ausstellungs- und
Sozialgebäudes der Max Weishaupt GmbH
in Schwendi, das der New Yorker Architekt
Richard Meier geplant und gebaut hat. Es
war das Interesse für die Architektur und das
Werk Richard Meiers, das mich an den drei
Eröffnungstagen nach Schwendi trieb und
mich meine Eltern begleiten ließ die Karten
für „EIN“ Konzert hatten. Es war kein
geringerer als einer der bedeutendsten zeitgenössischen
Komponisten und Vertreter
der Minimal Music, der Amerikaner Philip
Glass, der dort aufspielte. Millionen Menschen
lieben seine pulsierenden Dreiklänge.
Glass Musik prägte den Zeitgeist und seine
Opern wie „Einstein on the Beach“ und
Soundtracks zu Filmen wie „The Hours“
genießen Kultstatus. Im letzten Jahr ist er
85 geworden. Damals war er 55 und seine
Musik, seine Erscheinung, wie er die Musik
den Tasten entzauberte, in Kombination
mit der Architektur Richard Meiers, war
für mich, damals in den Zwanzigern, eine
Offenbarung, eine Kehrtwende in meinem
Musikgeschmack. Im Herbst 1992 erlebte
© Südwestrundfunk/Archiv
Redaktion Neue Musik SWR2
Philip Glass © MAX WEISHAUPT GMBH
© Südwestrundfunk/Archiv
Redaktion Neue Musik SWR2
ich ihn ein zweites Mal beim ART PROJEKT
´92 des genialen Franz Abraham im Gasteig
in München, einem für mich unerreichten
Festivalkonzept, bei der die eingeladenen
Künstler:innen jeweils einen Tag kuratierten.
Mit meinem ersten Besuch bei den Donaueschinger
Musiktagen im Oktober 1993
und dem unvergesslichen Konzert von Nam
June Paik und den Einstürzenden Neubauten,
war ich endgültig der Neuen Musik und
der Klangkunst verfallen und erfreue mich
seit 30 Jahren an außergewöhnlichen Musikerlebnissen,
die mich inspirieren, wach
und jung halten.
KAI GEIGER, HERAUSGEBER
Architekt: Richard Meier, New York
MELBA | arttourist.com Jazz | Neue Musik | Elektro | 2023 Label | 41
LABEL
Heinrich Schütz
Kaleidoskop der Räume (4 CDs)
„weil ich lebe“ – unter diesem Motto fand
2022 das Heinrich Schütz Musikfest statt.
Es war eine besondere Ausgabe, jährte sich
doch der Todestag des Komponisten, laut
Grabsteininschrift „seines Jahrhunderts hervorragendster
Musiker“, im Jahr 2022 zum
350. Mal. Vom 7. bis 16. Oktober 2022 stand
in Dresden, Torgau, Gera, Bad Köstritz, Weißenfels
und Zeitz der Sagittarius im Mittelpunkt,
einer der vielen Höhepunkte ist die
vierteilige Klanginstallation „Kaleidoskop
der Räume“ von Fabian Russ, die in diesem
Jahr ihren Abschluss fand. „Orchestronik“
nennt Russ seine Herangehensweise, mit
der er den Werken von Schütz per elektronischer
Überarbeitung einen besonderen
Raumklang verleiht. Den Zyklus gibt es jetzt
ganz frisch auf 4 CDs, in Stereoqualität bzw.
binaural (lat. „mit zwei Ohren“) abgemischt.
Jubiläumsbox mit 4 CDs. 3D-Audio trifft
Heinrich Schütz, trifft Orchestronik – ZWEI
Versionen derselben Musik. „Eine sehr interessante
Mischung zwischen alt und neu“
(MDR Klassik). 2x120 Minuten. Normales
Stereo für Hifi oder was auch immer – binaurales
Stereo optimiert für Kopfhörer.
www.fabianruss.de
www.zweitausendeins.de
PYANOOK – „ZAS“
recorded in Oslo, Trondheim and
Freiburg
feat. Hakon Stene, Morten Qvenild,
Trondheim Voices, Joo Kraus,
Etienne Abelin, Johannes Jäck, Mathis
Schwörer-Boehning
Die Mischung analoger und digitaler Klänge
ist in modernen Kompositionen längst
kein Novum mehr, doch nur wenige
Künstler:innen haben diese musikalische
Symbiose so breit und tief in ihrem Schaffen
verankert wie der Pianist Ralf Schmid
mit seinem Projekt PYANOOK. Während in
akustischen Stücken oft auf Postproduktionsebene
Technologie eingesetzt wird, um
bestehende Klänge zu modifizieren oder zu
erweitern, setzt Schmid diese von Anfang an
schon bei der Komposition und Aufführung
seiner Stücke ein. Dazu nutzt er eine besonders
bahnbrechende Innovation der modernen
Musiktechnologie: mi.mu-Gloves. Mit
ihnen kann er den Klang dessen, was er auf
dem Klavier spielt, sofort digital verfremden
– allein durch Handgesten. Diese Interaktion
von instrumentaler Virtuosität und sensibel
eingesetzter Technologie führte Schmid
nicht nur zu einem Album, vielmehr war sie
die Grundlage seines Alter-Ego.
www.pyanook.com
www.neue-meister-music.com
Patrick Manzecchi
Talking To Myself
Patrick Manzecchi gehört seit mehr als
25 Jahren zu den erfahrensten Sidemen
Deutschlands. Stars wie Sheila Jordan, Pee
Wee Ellis und Fred Wesley, Paolo Fresu, Arthur
Blythe, Harry Allen, Scott Hamilton,
Bobby Watson, Richie Beirach und George
Mraz, aber auch deutsche Koriphäen wie
Gregor Hübner, Steffen Schorn, Sebastian
Studnitzky, Torsten Goods, Thomas Siffling,
Lyambiko, Anke Helfrich und Lisa Bassenge
sind da nur einige wenige Namen, die genannt
werden sollten, wenn es um die musikalischen
Qualitäten des Schlagzeugers geht.
Nach vier Produktionen unter eigenem Namen
zwischen 2000 und 2017 (darunter
die ebenfalls auf e113 produzierte und für
die Bestenliste 3/17 der Deutschen Schallplattenkritik
nominierte CD „Rectilinear“
mit Richie Beirach) ist ein reines Solo-Werk
entstanden: 24 Schlagzeug- und Percussion-
Soli. Interessant hierbei ist die Tatsache, dass
sich Manzecchi selbst nicht so sehr als Techniker,
denn als Klangmaler versteht. Musikalische
Gimmicks sind ihm ohnehin fremd,
und so ist ein eher spontanes Werk entstanden,
ohne Overdubs, ohne Nachbearbeitung
– pur, spontan und stets authentisch. Die
daraus resultierende Vielfalt veranlasste den
Musiker, einen Gesamtbogen zu entwerfen,
der den Hörer einlädt, genauer hinzuhören,
statt sich eben nur beeindrucken zu lassen.
Gewidmet ist dieses Gesamtwerk keinem
Geringeren als dem Vater Franco Manzecchi
(1931–1979), der einer der aktivsten
europäischen Schlagzeuger Zeit seines Lebens
war und der seinen Sohn noch immer
inspiriert, laut eigenen Liner Notes.
www.manzecchi.de
www.e113.eu
Rufus Wainwright „Folkocracy“
Mit Folkocracy – dem Nachfolger von Wainwrights
letztem Studioalbum, dem 2020 für
den GRAMMY® und den Juno Award nominierten
Unfollow The Rules – feiert der
von der Kritik gelobte Künstler seinen bevorstehenden
50. Geburtstag. Dabei besinnt
er sich auf seine Wurzeln, auf die Sommer
seiner Kindheit, die er auf Folk-Festivals
verbrachte, wo er seine berühmte Familie
auf der Bühne beobachtete. Produziert wurde
Folkocracy von seinem langjährigen Wegbegleiter
Mitchell Froom (Paul McCartney,
Crowded House). Auf dem Album Folkocracy
spielt Rufus Wainwrights mit Brandi Carlile,
John Legend, David Byrne, Sheryl Crow,
Nicole Scherzinger, Chaka Khan, Andrew
Bird, ANOHNI, Susanna Hoffs, Van Dyke
Parks, Madison Cunningham. „This album
is almost like a recorded birthday party and
birthday present to myself. I just invited all
the singers that I greatly admire and always
wanted to sing with. “ (Rufus Wainwright)
www.rufuswainwright.com
www.bmg.com
Wendy McNeill
„First there were Feathers“
Das neue Album „First There Were Feathers“
der kanadischen Sängerin Wendy McNeill
thematisiert unter anderem die Zerstörung
ihrer Wahlheimat nahe dem spanischen Valencia
durch zahlreiche Waldbrände in den
Dürresommern der vergangenen Jahre. Betroffen
davon sind nicht nur die Menschen,
die Haus und Hof verlieren, sondern auch
viele Hunderttausende Tiere, die ihre Leben
lassen. Ausgehend von wissenschaftlichen
Studien, persönlichen Erfahrungen, klassischer
Literatur und Mythen erforscht ihr
neues Album die Schönheit, das Geheimnis
und die Widerstandsfähigkeit der Vögel und
zeigt, wie eng ihr Schicksal mit dem unseren
verbunden ist.
www.wendymcneill.com
Roots and Ramblers Music
www.redeyeworldwide.com
Septology
„The Black Forest Session“
Canadian Jazz Collective
Die Mitglieder des Canadian Jazz Collective
gehören zu den Jazzgrößen ihres Landes und
sind stolz darauf, ihr Debütalbum dort eingespielt
zu haben, wo ihr Landsmann Oscar
42 | Label
MELBA | arttourist.com Jazz | Neue Musik | Elektro | 2023
Angesichts ihrer langen Erfahrung ist es
nicht übertrieben zu sagen, dass die Mitglieder
des Canadian Jazz Collective die Fackelträger
einer geschichtsträchtigen Tradition
sind. Im Mai 2022 begab sich das Septett
auf eine Reihe von Terminen in Europa. Es
spielte in Paris und Wien sowie in Londons
berühmtem Ronnie Scott’s Club vor ausverkauftem
Haus. Anlässlich ihres Konzerts im
traditionsreichen Villinger Jazz-Club wurde
im alten MPS-Studio die vorliegende Aufnahme
aufgezeichnet, natürlich analog und
direkt auf Band.
www.canadianjazzcollective.com
www.black-forest-sounds.de
Peterson viele Jahre aufgenommen hat: bei
Brunner-Schwer in Villingen.
Seit den 1950er-Jahren hat Kanada eine unverzichtbare
Rolle in der Jazzwelt inne. Oscar
Peterson ist der wohl bekannteste Name
dieser Szene, aber auch Maynard Ferguson
und Gil Evans sind Musikerpersönlichkeiten
aus Kanada. Das CJC wird von drei der
aktuell bekanntesten und versiertesten kanadischen
Jazzgrößen angeführt: dem Saxophonisten
Kirk MacDonald, dem Gitarristen
Lorne Lofsky und dem Trompeter Derrick
Gardner. Ergänzt durch vier weitere gefeierte
kanadische Musiker, verfolgt dieses innovative
Septett einen eigenen Ansatz bei
der Präsentation von kanadischem Jazz und
verschmilzt die einzigartigen künstlerischen
Visionen der Leader zu einer kreativen und
kohärenten Stimme. Vitaler Jazz aus Amerika
wird mit dieser Aufnahme dokumentiert
und setzt die traditionsreiche Verbindung
von kanadischem Jazz im Schwarzwald lebendig
fort.
MacDonald, Gardner und Lofsky (der übrigens
auch mit Oscar Peterson zusammengespielt
hat) sind Ikonen des kanadischen Jazz.
BEZAU BEATZ
10. – 13.8.2023
Der österreichische Schlagzeuger Alfred
Vogel organisiert zum 16. Mal das beachtenswerte
Festival BEZAU BEATZ im wunderschönen
Bregenzerwald rund um das
Dorf Bezau. In einer Dampflock-Remise,
auf einer 1650m hoch gelegenen Aussichtsplattform,
in einer Kunstschmiede und an
weiteren Locations finden Konzerte aus allen
Genres statt, spannend wie ein Puzzle
zusammengestellt. Vogel präsentiert neben
aufstrebenden und bekannten europäischen
Künstler:innen gerne auch Acts, welche auf
seinem Label BOOMSLANG RECORDS (im
Vertrieb von Galileo Music GmbH) erscheinen,
wie z.B.:
PERCUSSION II
Seit geraumer Zeit entsteht eine äußerst
interessante Improvisation-Szene in und
um Köln. Felix Hauptmann am Piano, Roger
Kintopf am Kontrabass und Leif Berger an
den Drums finden sich in zahlreichen Projekten
mit weitreichenden Verästelungen in
der europäischen Jazz-Szene. Im Trio PER-
CUSSION haben sich die Freunde um Felix
Hauptmann wieder zusammengeschlossen,
um nun ein Nachfolgealbum ihres viel beachteten
Erstlingswerkes aufzunehmen. Die
drei Musiker verbindet ein gemeinsames ästhetisches
Fühlen, sie erschaffen Klangwelten
auf der Basis von komplexen rhythmischen
Strukturen und improvisierten Zellen.
Die seit 2020 bestehende intensive Zusammenarbeit
des Ensembles PERCUSSION beruht
auf der einzigartigen Klangsprache der
Kompositionen des Pianisten Felix Hauptmann,
die dem Publikum einen kommunikativen
und frischen Zugang zur kollektiven
Improvisationskultur dieser Band ermöglicht.
Die Königsdisziplin des Jazz wird
durch dieses Piano-Trio um einen wichtigen,
zeitgenössischen Beitrag bereichert.
www.boomslangrecordings.com
www.galileomusic.de
FORGES by Tancréde D. Kummer
Remi Ploton: piano | Samuel Mastorakis: vibraphones,
bows, small objects | Tancrède D. Kummer:
compositions, drums, percussions, toys
Hier wird geschriebene Musik wie ein Block
roher Materie verstanden, den jedes Mitglied
schälen, biegen oder aneinanderschweißen
muss. Es ist die Idee einer Musik,
die sich ihrer selbst bewusst ist, die „sich
selbst denkt“, wo Aktion und Spontaneität
vorherrschen, wo Wiederholungen und
thematische Wiederholungen fast kontingent
erscheinen und kein ästhetisches Erfordernis
darstellen, sondern eher das eines
Déjà-vu oder einer durch Zeit und Interaktion
veränderten schwachen Erinnerung.
Als akustisch-mobile Installation konzipiert,
entwickeln sich die Stücke in verwobenen
Modulen, die sich gegenseitig umkreisen.
Rhythmische Strukturen oder abstrakte Texturen
werden alternativ verwendet, um intensive
Klanglandschaften zu skizzieren und
zu verzerren. Jeder Abschnitt wird als kleine
Spielzeugkiste mit Konzepten betrachtet, in
der die Spieler aufgefordert werden, auszuwählen,
wodurch die Gesamtrichtung der
Aufführung geändert wird.
www.tancrededkummer.com
www.boomslangrecordings.com
www.galileomusic.de
”A sound experience of a special kind.“ SWR2
”Melodious, energetic and relaxing at the same time.“ Kulturnews
”They elevate Classic into the Modern. They free Jazz from convulsive gymnastics.
And possibly the most significant, they have relieved New Music from the chilling confines
of the intellect and given it human dimensions and a balance full of soul.“
by Wolfgang Pichler, Bonner Generalanzeiger
MARKUS
STOCKHAUSEN
GROUP
MARKUS STOCKHAUSEN (FLUGELHORN, TRUMPET)
JEROEN VAN VLIET (PIANO, SYNTHESIZER)
JÖRG BRINKMANN (CELLO)
CHRISTIAN THOMÉ (DRUMS)
Markus Stockhausen Group: Tales
compositions improvisations
o-tonemusic OT 045-2 / 3CD-Set
Sponsored by
label & booking: o-tone music +49 (0) 641-948 89 32 www.o-tonemusic.de
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MELBA | arttourist.com Jazz | Neue Musik | Elektro | 2023 Label | 43
Dähn|Maos Potenzial 7x3
Den Cellisten Fried Dähn kennen wir bereits
von einer der spannendsten Veröffentlichungen
im flavoredtune-Katalog. Für dieses
Album hat er sich mit dem phänomenalen
Avantgarde-Gitarristen Thomas Maos zusammengetan.
Das Album überrascht mit
einem Mix von der gefühlvollen Ballade
über ekstatische Rock-Kompositionen bis
zur experimentellen Klangskulptur. Vor allem
die titelgebende Suite der zweiten Seite
fasziniert; sie besteht aus sieben Sätzen mit
jeweils exakt drei Minuten Länge. In denen
einem so ziemlich alles begegnen kann, was
man sich an Musik und Sound vorzustellen
in der Lage ist, von indischer Raga-Motivik
über Fusion-Improvisation und Rock-Riffs
bis hin zur reinen Klang-Installation. Letztendlich
ist das so wenig kategorisier- wie
beschreibbar. Feststeht: Man hört bis zum
Ende der 21. Minute gebannt zu! Michael
Fetscher sorgte wie immer für vorzügliche
Klangqualität bei dieser außergewöhnlichen
Produktion (Janis Obodda).
www.flavoredtune.com
ca, the Tübingen guitarist using his solidbody
electric more as a trigger/conduit for a
bevy of samplers, sequencers and signal processors
than as an acoustic signature. A multimedia
artist who brings cinematic vision
to music, he employs various implements
and stomp pedals to evoke effects sounding
like anything but a guitar: crinkles, rattles,,
scratches, chimes, buzz-saws, depth sounders,
duck calls, church organs, plunging
sirens, cascading bombs, low-flying helicopters,
breaking waves and the like. The
dramatic arc of many of the dozen tracks
is largely sustained by contrasts of timbre
and texture, mixed so that each distinctive
sound is panned to opposite sides of the stereo
mix, creating an engaging ‘dialogue’.
www.elektrogitarre.de
Tobias Hoffmann Conspiracy
Am 9.9.2022 veröffentlichte Mons Records
das neue Album des mehrfach preisgekrönten
deutschen Saxophonisten, Komponisten
und Arrangeurs Tobias Hoffmann mit dem
Titel „Conspiracy“. Unter dem Motto, dass
die Dinge immer größer werden, folgt diese
Aufnahme auf seine 2019er Veröffentlichung
„Retrospective“, die er mit einer
neunköpfigen Band aufgenommen hatte,
dieses Mal mit einer kompletten Big Band.
Der Titeltrack „Conspiracy“ wurde mit dem
3. Preis beim „Bill Conti Big Band Contest
2021“ ausgezeichnet, der von der American
Society of Music Arrangers and Composers
organisiert wird. Die Komposition „Relentless“
wurde bei den 45th Annual Downbeat
Student Music Awards 2022 mit dem ersten
Preis in der Kategorie „Original Composition
– Large Ensemble“ ausgezeichnet.
Diese Aufnahme zeigt, dass Tobias Hoffmann
sein Komponistenherz fest im Griff
hat. Die Band ist erstaunlich gut aufeinander
abgestimmt, die einzelnen Sektionen
verschmelzen auf eine Art und Weise miteinander,
wie dies sonst nur bei etablierten
Bands der Fall ist.
Diese Aufnahme macht sicherlich eine Aussage
und die lautet: „Das Tobias Hoffmann
Jazz Orchestra ist hier und kann nicht ignoriert
werden.“
„Conspiracy“ ist als CD und auf allen digitalen
Plattformen erhältlich.
www.tobiashoffmannmusic.com
www.monsrecords.de
TRIAGE – DIE DIE BE feat. PCR Test
Pünktlich zur zweiten Verjährung der diversen
Maßnahmen während der intensivsten
Coronazeit erblickt im Frühling 2023
ein Derivat dieser Zeit das strahlende Licht
der Sonne. In fünf Liedern, entstanden in
einer spontanen Improvisation mit Synth,
Schlagzeug und Bass im Lockdown in den
Schweizer Bergen, erzählen die beiden Protagonisten
der Band DIE DIE BE, Mater und
Spirit, was sie so umtreibt. Sphärisch und
weit weg, dann wieder ganz nah und klar,
die beiden scheinen ganz genau zu wissen,
worum es nun eigentlich geht. Aber was ist
Wissen schon. „Whobble“ ist ein Zerwürfnis
mit allen Seiten, „Opus“ ein Zerwürfnis mit
dem Zerwürfnis. „Epicureus“ besinnt sich
auf längst dagewesene Worte und „Spheres“
weiß ganz genau, wo die Macht liegt. Bei
„Core“ geht es dann ums Eingemachte und
das, ist uns letztendlich allen klar, ist genau
der Moment, wenn das Wasser nach Schnee
zu klingen beginnt.
Label: Die Diebe
www.diediebe.ch/ddb-pcr-test-triage/
Riich
Ech glaube etz gohts dor uf
Nicht nur wie die anderen, sondern genau
wie die anderen möchte auch Riich sein. Ein
Reich oder noch reicher, aus der Schweiz
wird ja auch nichts anderes erwartet. Alle
Erwartungen erfüllen und übertreffen, das
wollten wir alle einmal. Und einmal ist bekanntlich
keinmal, darum gelingt es auch
einfach nicht, dieses Anpassen und Mitmachen.
Es gelingt ihr nicht, wie es allen
anderen auch nicht gelingt, und da treffen
sich alle wieder, im gemeinsamen Durcheinander
von Wertgefühl und Wertschätzung.
Diese EP besteht nur aus zwei Pop-Rock-
Liedern, aus Muur und Gnue, Mauer und
Genug, einmal ein äußeres und einmal ein
inneres Problem, das reich beleuchtet wird.
Da es der Probleme aber reichlich sind, ist
dies auch nur ein kleiner Vorgeschmack auf
ein baldiges Album der gleichen Band.
Label: Die Diebe
www.diediebe.ch/riich
Fried Dähn now&then
Man darf ihn wohl mit Recht als Extremmusiker
bezeichnen: Ausgezeichneter klassischer
Cellist, Hochschulprofessor, spielte im
Ensemble Modern in den gloriosen Jahren,
als die Formation u.a. mit Ornette Coleman
und Frank Zappa arbeitete, und war in den
letzten drei Jahrzehnten an einer Vielzahl
von Avantgarde-Projekten beteiligt. Was er
hier mit seinem elektrischen Cello anstellt,
läßt Apocalyptica doch ganz schön alt aussehen;
zumal der Mann zwar mit Looptechnologie
und einer ganzen Menge anderer Effekte
arbeitet, aber letztlich eben doch ganz
allein ist. Die zehn Eigenkompositionen hier
werfen nicht nur jedes traditionelle Bild
vom Cellospiel gnadenlos über den Haufen:
Das ist vom ersten bis zum letzten Ton
reine Hochspannung. Man kann bei so viel
Kreativität deshalb nur dazu aufrufen, sich
die Dähn’sche Klangwelt selbst anzuhören.
Michael Fetschers Aufnahme ist auch hier
phänomenal (Janis Obodda). Erschienen auf
flavoredtune.
www.flavoredtune.com
Thomas Maos’ Glühen CD
Nominiert für den Preis der deutschen
Schallplattenkritik 2021
Tom Greenland vom NEW YORK CITY JAZZ
RECORD schreibt:
Thomas Maos’ Glühen embraces electroni-
DIE DIE BE – STOP THE STORY
Drei Songs sind zu hören, einer über halbpatzige
Träumereien, einer über zerschlissene
Konformität und einer zur verflogenen Zeit.
Für diejenigen, die schlafen, werden Träume
nur in der Nacht wahr. Ständig werden wir
von Werbung, Filmen und Musik im Schlaf
gehalten. Und natürlich durch das Internet.
Dies wurde uns – wie alles andere auch – zunächst
als Freiheit verkauft und kann schließlich
zu einer totalen Lähmung oder Überwachung
führen. Die Uhr ist ein altes Internet,
das niemand mehr infrage stellt. Früher hatte
jedes Reich seine eigenen Uhren und Zeiteinheiten.
Heute arbeiten alle nach der gleichen
Zeit. Auf dem Handy, auf dem Computer, in
der Zeitung und jetzt auch in deinem Kopf
steht alles, was zu sehen, was zu lesen und was
zu glauben ist. Also sind wir gehorsam und
immer fettleibiger. Auf die Plätze, fertig, los!
Schlagt sie tot! Oder lass sie vorbeigehen …
über dich hinwegkriechen … in dich hinein
… STOP THE STORY ist der Anfang des kommenden
Albums FOR THOSE WHO SLEEP
DREAMS ONLY COME TRUE AT NIGHT.
Label: Die Diebe
Hier vorbestellen: lili@diediebe.ch
EP und hier die anhören:
www.diediebe.ch/ddb-sts
44 | Klang
MELBA | arttourist.com Jazz | Neue Musik | Elektro | 2023
Ist Klang Kunst, Musik oder
ein gesellschaftliches Thema?
Klang ist in aller Munde. Ob als Kunstform,
Musikrichtung, als Geräuschkulisse oder eine
städtebauliche Herausforderung von urbanen
Räumen. Noch nie wurde so viel über die Auswirkungen
von Klang auf die Lebensqualität
diskutiert, geforscht und in genreübergreifenden
Projekten von Bildenden Künstler:innen
und Musiker:innen aller Stile genutzt und zur
Aufführung gebracht, ob in Konzerten, auf
Festivals oder museal wie Anfang des Jahres
in Krefeld in der Ausstellung „On Air“ in den
Fokus gestellt.
Noch hat es die Klangkunst schwer, als Kunstform
von einem breiten Publikum erschlossen
zu werden, und fristet weiterhin ein Nischendasein.
Dabei ist ein Museum für Klangkunst,
ähnlich dem Zentrum für Internationale
Lichtkunst in Unna, schon lange und dringend
überfällig.
Der Musikwissenschaftler Carsten Seiffahrt beschrieb
die Bedeutung der Klangkunst in seinem
Essay „Blick auf eine junge Kunstform“
für das Goethe Institut wie folgt: „Im Bereich
der Neuen Musik wird Klangkunst mehr als
eine Erweiterung des musikalischen Raums
verstanden und vor allem im Randbereich
großer Musikfestivals gezeigt. Im zeitgenössischen
Kunstbetrieb, der zunehmend vom
Kunstmarkt und der Eventkultur bestimmt
wird, ist es bisher selten gelungen, künstlerische
Arbeiten mit Klang adäquat zu präsentieren.
Das liegt unter anderem an ihrem starken
Ortsbezug und ephemeren Charakter. Die
Klangkunst hat sich bisher eher als ein ideales
Medium erwiesen, Orte, die aufgrund ihrer
baulichen Struktur oder wegen ihres historischen
und sozialen Kontextes bereits eine gewisse
Aura haben, atmosphärisch aufzuladen
und zu einem besonderen Erlebnisort werden
zu lassen.“
(www.goethe.de)
So beschäftigen sich heute nicht nur
Künstler:innen und Musiker:innen mit dem
Thema „Klang=Geräusch=Lärm?“, sondern
auch Architekt:innen, Stadtplaner:innen,
Lärmschutzfachleute, Psycholog:innen und
Ärzt:innen. Es geht unter anderem darum,
wie Geräusche Einfluss auf unser Wohlbefinden
haben, welche Möglichkeiten es gibt, den
Klang der eigenen Stadt mitzugestalten, wie
man sie als ein Teil der Gesellschaft und unserem
täglichen Leben akzeptieren und handhaben
kann. Klangforscher fordern schon lange,
die Dimension von Klang bei der Gestaltung
des öffentlichen Raumes in Form einer Klanglandschaft
zu berücksichtigen.
Der Cercle Bruit, die Vereinigung kantonaler
Lärmschutzfachleute in der Schweiz,
definiert Klanglandschaft wie folgt: „Eine
Klanglandschaft (engl. Soundscape) bezeichnet
die Gesamtheit aller hörbaren Klänge
in einer räumlich begrenzten Umgebung.
Sie ist als gesamte akustische Hülle, die den
Menschen in seinem Alltag umgibt, zu verstehen.
Diese akustische Umwelt umfasst alle
Arten von Klängen; natürliche, menschliche
und technische, aber auch Musik. Klanglandschaften
sind nicht nur vor unserer Tür
zu finden; auch die Sounds in den eigenen
vier Wänden bilden eine Klanglandschaft.
Jeder Ort zeichnet sich durch seine spezifische
Klanglandschaft aus – diese entsteht erst
durch das Zusammenspiel aller vorhandenen
Klänge.“
(www.klanglandschaften.ch)
Sie erkunden Klanglandschaften, indem sie
innehalten, ihre Augen schließen und ihr Gehör
trainieren und es für die sie umgebenden
Klänge sensibilisieren. Sie machen Tonaufnahmen,
konservieren Klänge, analysieren
und verändern sie.
Methodisch nutzen sie herbei den Hörspaziergang
(listening walk), wobei eine Umgebung
mit offenen Ohren durchlaufen wird, den
Klangspaziergang (sound walk), bei welchem
man sich auf einen bestimmten Ort fokussiert
und sein akustisches Phänomen unter die
Lupe nimmt, sowie die Tonaufnahme (Field
Recording), die es ermöglicht, auch losgelöst
vom Aufnahmeort dessen klangliche Vielfalt
zu analysieren. Mit der Soundscapes-Komposition
werden die gewonnenen Tonaufnahmen
zu einer akustischen Collage zusammengestellt,
die bei den Hörer:innen Assoziationen,
Erinnerungen und Vorstellungen auslösen
und sie für die klangliche Umwelt sensibilisieren
sollen.
Und damit sind wir wieder bei der Kunst und
der Musik angekommen. Wir möchten mit
dem Themenkomplex Klang dazu beitragen,
dass die Kunst und die Musik in diesem omnipräsenten
Bereich sowie die Verschmelzung
von gesellschaftlichen Themen und neuen
künstlerischen Interventionen Beachtung findet
und sich neue Ideen, Visionen und Formate
entwickeln können. Auch ist es uns ein
Anliegen, dass dieser Kunstform endlich der
Platz eingeräumt wird, der ihr gebührt, und
die eigene Wahrnehmung für Klang, Geräusche
und Lärm verändert wird.
Wir sprachen mit Dr. Sylvia Martin vom Kunstmuseum
Krefeld über Klangkunst im Museum
und mit dem Klangkünstler Andres Bosshard
und stellen Ihnen zahlreiche Klangkunst-Projekte,
-Ausstellungen und -Festivals vor.
Aus der Ausstellung "Zimoun. Gleichstrommotoren, Kugelketten, Messingschalen, Kartonboxen",
Kulturhaus Obere Stube, Stein am Rhein, Windler Stiftung | © Kai Geiger
Andres Bosshard | © Kai Geiger
MELBA | arttourist.com Jazz | Neue Musik | Elektro | 2023 Klang | 45
KLANG
der Universität Santa Marta in Kolumbien die
Klänge und Lebensbedingungen von Fröschen
im Regenwald untersucht und neue Klanginstallationen
sowohl in Bonn als auch in Santa
Marta in Kolumbien realisiert.
www.soundforum.info
Frith im Künstlerhaus Faktor sowie auf weitere
Musiker:innen aus dem europäischen Ausland.
Zu hören sein wird wieder der spezielle Sound
aus komponierter Musik, freien und Konzept-Improvisationen,
Field Recordings und
Klanginstallationen in Galerien. Monomedial
oder multimedial, solo oder in größeren Ensembles,
zusammengekommen für den Anlass
oder schon lange zusammenarbeitend –
Musiker:innen präsentieren ihre neuesten Werke
und führen uns in unbekannte Klangwelten.
www.blurrededges.de
Mosaik Manuel Rodríguez Valenzuela time cage
© Roberto Maqueda
Berlin
Klangwerkstatt Berlin – Festival für
Neue Musik
10. – 19.11.2023
Die Klangwerkstatt präsentiert jährlich an mehreren
Tagen Konzerte, Performances und multimediale
Formate mit zahlreichen Ur- und
deutschen Erstaufführungen sowie Podiumsdiskussionen,
Workshops und anderen diskursiven
Veranstaltungen. Über Genre- und Generationengrenzen
hinweg finden hochkarätige
und lebendige Aufführungen relevanter Musikströmungen
statt. Das Festival initiiert und
begleitet die Entwicklung neuer künstlerischer
Formen und bietet Raum für die Diskussion musikästhetischer
Positionen. Eine Besonderheit
dabei ist die in vielen Jahren gewachsene und
heute auf diesem Festival selbstverständliche
Art der Zusammenarbeit von professionellen
Ensembles und Komponisten mit Kinder- und
Jugendensembles. Das Festival widmet sich drei
Programmschienen: I. Neueste Musik, II. Zukunftslabor
Partizipation, III. Zugang offen!
www.klangwerkstatt-berlin.de
Roswitha von den Driesch und Jens-Uwe Dyffort
© press crop scaled
Bonn
stadtklangkünstler bonn 2023
Die Beethovenstiftung für Kunst und Kultur der
Bundesstadt Bonn hat im Rahmen ihres Klangkunstprojektes
„echoes – soundforum bonn“
das renommierte Berliner Künstlerduo Roswitha
von den Driesch und Jens-Uwe Dyffort
zur Stadtklangkünstlerin & Stadtklangkünstler
Bonn 2023 berufen. Beide arbeiten seit 1994
zusammen und realisierten seitdem zahlreiche
Klanginstallationen für Kunstorte und Parks,
Seen, Industrie- und Kirchengebäude sowie für
Plätze und Straßen in Städten.
Roswitha von den Driesch und Jens-Uwe
Dyffort werden in diesem Jahr während ihrer
künstlerischen Forschungsresidenz über
Biodiversität im Pflanzenreich mit Biolog:innen
des Nees-Instituts der Universität Bonn und
des internationalen Forschungsverbunds
CRC1211 (Earth – Evolution at the dry limit)
als Kooperationspartner zusammenarbeiten.
Bereits im vergangenen Jahr nahmen sie an
einer wissenschaftlichen Expedition in der
Atacama-Wüste in Chile teil. Im Dialog mit
den Wissenschaftler:innen und als Resultat einer
ersten Kurz-Residenz bei Proyecto SACO
in Antofagasta in Chile werden zwei neue
klangkünstlerische Arbeiten zuerst in Antofagasta
und danach in Bonn im Rahmen des Beethovenfestes
Bonn entstehen.
Bereits in den Jahren 2010-2019 hatte die
Beethovenstiftung Bonn im Rahmen ihres
Klangkunst-Projektes „bonn hoeren“
jährlich namhafte Klangkünstler:innen als
Stadtklangkünstler:innen nach Bonn berufen.
Zum Start des neuen Projekts der Beethovenstiftung
Bonn „echoes – soundforum bonn“
im Jahr 2022 hatte der letztjährige Bonner
Stadtklangkünstler Robin Minard gemeinsam
mit Biolog:innen des Museums Koenig und
Gais (CH)
KLANG MOOR SCHOPFE 2023
Biennales Festival für audiovisuelle
Kunst im Hochmoor Gais AR
31.8. – 10.9.2023
Internationale Klangkunst in einer einzigartigen
Umgebung: Elf ursprünglich landwirtschaftlich
genutzte Riedgras-Scheunen werden von den
eingeladenen Künstler*innen mit ortsspezifischen
audiovisuellen Installationen bespielt.
Die Scheunen liegen verstreut im Hochmoor
von Gais und können vom Publikum auf einem
Rundgang „erwandert“ werden. Es wird ein
Rahmenprogramm mit Artist Talks, Konzerten,
Live-Performances, Workshops usw. geben.
Dem künstlerischen Leiter Patrick Kessler ist es
erneut gelungen, namhafte Kunstschaffende
aus dem In- und Ausland für das Festival zu begeistern.
Sie repräsentieren nicht nur ein breites
und facettenreiches Spektrum audiovisueller
Kunst, sondern zeichnen sich darüber hinaus
durch eine stark ortsbezogene Arbeitsweise aus.
Etwas stolz und sehr geehrt ist das Festival, dass
der gebürtige Appenzeller Roman Signer, einer
der renommiertesten Schweizer Künstler des
20. Jahrhunderts, der dieses Jahr seinen 85. Geburtstag
feiert, nach 2017 neben vielen weiteren
Künstler:innen erneut zugesagt hat, in einem
der Schöpfe für eine typisch Signersche Überraschung
zu sorgen.
www.klangmoorschopfe.ch
Krems (A)
Klangraum Krems
Minoritenkirche
Der Klangraum Krems Minoritenkirche,
eine säkularisierte
spätromanische Kirche in
Krems-Stein, ist ein multifunktionaler
Veranstaltungsraum.
Er beherbergt das FESTIVAL
IMAGO DEI im Frühjahr sowie
Ende April/Anfang Mai Teile des
DONAUFESTIVALS. Auch das
Festival GLATT & VERKEHRT
macht hier im Sommer immer
wieder mit Spezialprojekten
Station. Seit 2019 ist der Klangraum
Krems Minoritenkirche
außerdem Hauptschauplatz der
EUROPÄISCHEN LITERATUR-
TAGE im November.
Von Juni bis September machen
KLANGKUNSTWERKE
international renommierter
Künstler*innen die Kirche und
den angrenzenden Kapitelsaal
des ehemaligen Minoritenklosters
zu einzigartigen Hör-, aber
auch Schau-Plätzen. Raumbezogene
Arbeiten, Interaktionen
von Klang, Raum, Licht, Zeit,
KMS 2023 Visual
Hamburg
blurred edges
2. – 28.6.2023
Zum 18. Mal startet in diesem Jahr das Festival
für aktuelle Musik „blurred edges“ in Hamburg.
Mit 65 Veranstaltungen in zwei Wochen ist
„blurred edges“ eines der größten Festivals für
aktuelle Musik in Deutschland! Verteilt über das
gesamte Stadtgebiet finden vom 2. bis 18. Juni
2023 Konzerte, Performances, Musiktheater,
Lectures, Videos, Multimedia-Performances und
Klanginstallationen statt.
Besondere Musik braucht besondere Räume:
Vom Künstlerhaus Faktor in der Schanze bis
zum Pudel am Hafen, vom Warburg-Haus in
Harvestehude zum Resonanzraum im Bunker
Feldstraße, vom Hinterconti bis zum Westwerk,
vom Gängeviertel bis zum Oberhafen –
in über 30 Locations läßt sich die Vielfalt experimenteller
Musik erleben.
Auch dieses Jahr ist „blurred edges“ wieder ein
reines Produzent:innen-Festival mit dem bewährten
Konzept: Hamburger Musiker:innen
präsentieren sich selbst und laden sich internationalen
Gäste ein. Wir freuen uns z.B. auf
ein Konzert des britischen Komponisten Fred
Atmo Klangraum Krems Minoritenkriche
© Sascha Osaka
Bewegung und Form machen die Architektur und deren
Akustik dann auf besondere Weise erfahrbar. Vom 29. Juni
bis 1. Oktober 2023 wird die Arbeit „Verweben“ der international
renommierten Klangkünstlerin Christina Kubisch
im Hauptschiff gezeigt, „Schwarm/Essaim“ von Félix Blume
zeitgleich im Kapitelsaal.
www.klangraum.at
© Christian Kern
Leipzig
Leipziger Notenspur APP
Dem Leipziger Sound per App durch die Innenstadt
folgen. Mit der neuen Notenspuren-
App die einzigartige Tradition der Musikstadt
individuell und modern erleben. Erster CLA-
RO-Soundwalk für Clara und Robert Schumann
mit sechs Hörbeiträgen und Neukompositionen
im 3D-Sound.
© Christian Kern
Wie klingt eigentlich der Sound der Musikstadt
Leipzig? Herauszufinden ist dies per
Smartphone und der neuen kostenfreien Leipziger
Notenspuren-App (für iOS und Android).
Zahlreiche musikalische Spaziergänge im Innenstadtbereich
laden zukünftig zum Entdecken
und Verweilen ein. Zum Teil nicht mehr
original existierende Orte werden mittels GPS
basierter Klangwolken – gefüllt mit Musik und
Wort – erlebbar gemacht. Die Soundwalks fangen
die einzigartige Atmosphäre der Musikmetropole
modern und unterhaltsam ein. Der
CLARO-Soundwalk des Schumann-Hauses ist
der erste musikalische Spaziergang, der in der
Leipziger Notenspuren-App verfügbar ist. In
den nächsten Monaten folgen ein weiterer
Soundwalk des Bach-Archivs, alle Stationen
der Leipziger Notenspur sowie Angebote weiterer
Kulturinstitutionen.
Der CLARO-Soundwalk führt in insgesamt
sechs Lebens- und Wirkungsstationen des
Künstlerpaares Clara und Robert Schumann
durch die Innenstadt bis zum Museum in
der Inselstraße. Neben den Originalwerken
des Künstlerpaares sind an jedem Sound-Ort
ein informatives Audiostück von Franziska
Franke-Kern sowie eine Neukomposition mit
Schumann-Bezug zu hören.
Fabian Russ’ innovative Bearbeitungen der
originalen Werke von Clara und Robert Schumann
ragen durch die Verbindung von Romantik
und Gegenwart in die Zukunft und
sorgen mit der 3D-Wiedergabetechnik für
außergewöhnliche Klangerlebnisse. Der Rundgang
dauert ca. zwei Stunden, kann an jeder
Station begonnen werden und nach Belieben
unterbrochen und fortgesetzt werden.
Der CLARO-Soundwalk stellt eine Fortführung
der Arbeit von Fabian Russ (Orchestronik) und
Tobias Philipp dar. Beide entwickelten 2019
mit dem Mitteldeutschen Barockmusik e. V.
für das Wohnhaus von Heinrich Schütz in
Weißenfels den Schütz-Soundwalk (SWALK).
Inzwischen umfasst dieser alle mit dem Komponisten
verbundenen wichtigen Lebensorte
in Sachsen-Anhalt und Thüringen.
App-Download: leipziger-notenspuren-app.de
46 | Klang
MELBA | arttourist.com Jazz | Neue Musik | Elektro | 2023
22. – 26. Juni 2022
Das Abenteuer geht weiter
Intendant: Reiner Michalke Kuratorinnen und Kuratoren: Swantje Lichtenstein, Louis Rastig, Rainbow Robert,
Meghan Stabile, Thomas Venker Artwork: Mesh Cover 1/8 by Vasilis Marmatakis
www.monheim-triennale.de
Monheim
Monheim Triennale II
The Sound |The Prequel |The Festival
3.6. – 2.7.2023
Vom 3. Juni bis 2. Juli 2023 wird Monheim am
Rhein Schauplatz eines neuen Klangkunstfestivals:
The Sound – Sonic Art in Public Spaces.
Auf Einladung von Reiner Michalke, dem Intendanten
der Monheim Triennale, erarbeitet
das kuratorische Team um Kathrin Jentjens und
Frank Schulte seit 2020 exklusive Kooperationen
mit internationalen Klangkünstler:innen.
Die Arbeiten, die überwiegend ortsspezifisch auf
Monheim zugeschnitten sind, werden für mehrere
Wochen im öffentlichen Raum vorgestellt.
Die meisten Künstler:innen waren bereits mehrfach
in Monheim, um ihre Ideen zu entwickeln
und auf ihre Machbarkeit hin zu überprüfen.
www.monheim-triennale.de
München
APP „SOUND OF DESIGN“
Die Töne von Designobjekten sind oft so charakteristisch
wie ihre Gestalt. Ab dem 21. Februar
2019 stehen den Besucherinnen und
Besuchern daher die Geräusche verschiedener
Ausstellungsstücke der Neuen Sammlung in der
Web-App „Sound of Design“ zur Verfügung. Die
Bandbreite der Töne reicht vom Klingeln historischer
Telefonapparate über spezifische Motorengeräusche
ikonischer Automobile bis zum
Klacken einer Schreibmaschinentastatur. Durch
die App werden sie Teil
der multimedialen Besuchererfahrung
und
erwecken die sonst
museal entrückten Objekte
zum Leben.
Derzeit enthält die
App 49 Objekte aus
der aktuellen Ausstellung,
zu denen jeweils
bis zu fünf Töne zur
Verfügung stehen. Die
Besucherinnen und
Besucher können sich
ihre Favoriten in einer
© Vorschaubild der
App Sound of Design.
Entwicklung: Klangerfinder
GmbH & Co KG,
Zeichnung: Carla Nagel
© Monheim Triennale
Liste zusammenstellen
sowie alle Geräusche
für die private
Nutzung kostenlos herunterladen.
Die Web-App selbst muss nicht
heruntergeladen werden, man kann sie einfach
unter WWW.SOUND-OF-DESIGN.DE im
Browser aufrufen. Zur Nutzung der App steht
kostenloses BayernWLAN in allen Räumen
der Ausstellung zur Verfügung. Es ist geplant,
die Objektauswahl in der App zu erweitern,
vor allem in Hinblick auf das geplante Schaudepot.
www.pinakothek-der-moderne.de
Münsterland
Klangkunstfestival
SOUNDSEEING 2023
1.3. – 31.8.2023
20.000 Besucherinnen und Besucher zog das
münsterlandweite Klangfestival SOUNDSEEING
bei seiner letzten Auflage 2021 in seinen Bann.
2023 vernetzt SOUNDSEEING wieder gezielt internationale
Klangkünstler:innen mit der NRW-
Klangkunstszene, die europaweit als eine der
aktivsten und profiliertesten gilt.
ON AIR. Der Klang des Materials in der Kunst der 1950er bis 1970er Jahre, Kunstmuseen Krefeld / Kaiser Wilhelm Museum, 2022 (Installationsansicht)
© Dirk Rose / Kunstmuseen Krefeld
Sound in der Kunst
Die Kunstmuseen Krefeld sind seit 120 Jahren
Ort der Präsentation aktueller Kunst. An
drei Spielstätten, dem Kaiser Wilhelm Museum
in der Krefelder Innenstadt und den modernen
Villen Haus Lange und Haus Esters
im Wohngebiet Bockum bieten sie ein ideales
Forum für ein Programm, in dem bildende
und angewandte Kunst aufeinandertreffen.
Vom 25.11.2022 bis 26.3.2023 widmete sich
das Museum dem unsichtbaren Material
Sound in der Kunst der 1950er bis 1970er
Jahre eine Ausstellung unter dem Titel On
Air. In dieser experimentierfreudigen Zeit
werden Grenzen in der Kunst gesprengt und
Werkstoffe von Künstler*innen verarbeitet,
2010 Coffee Time II Panhuysen
© Museum Glaskasten, Marl
Den künstlerischen Schwerpunkt von
SOUNDSEEING 2023 bildet ein über das
Münsterland gelegtes „Ausstellungsquadrat“
die bislang im Kunstkontext keine Rolle
spielten. Auch Klänge, Töne, Geräusche, Signale
und Stimmen werden zum ‚handfesten‘
bildhauerischen Material. Das Hören bereichert
nun die sinnliche Wahrnehmung. Ausgehend
von der Maschinenplastik, fließt der
Sound in Gattungen wie Performance, Installation
und Neue Medien ein, die gerade erst
Gestalt annehmen. Im Fokus stehen Soundobjekte
von Künstler wie Yaakov Agam, Joseph
Beuys, Hermann Goepfert, Jannis Kounellis,
Bruce Nauman, Robert Rauschenberg,
Jean Tinguely, David Tudor, Timm Ulrichs
und andere.
www.kunstmuseenkrefeld.de
Timm Ulrichs | Einton-Musik außerhalb (oberhalb) des
menschlichen Hörbereichs, 1969/70 und 2022
Sinusfrequenzgenerator, Lautsprecher, Oszillograph
Maße variabel | © VG Bild-Kunst, Bonn 2023 / Foto:
Dirk Rose / Kunstmuseen Krefeld
ON AIR. Der Klang des Materials in der Kunst der
1950er bis 1970er Jahre, Kunstmuseen Krefeld /
Kaiser Wilhelm Museum, 2022 (Installationsansicht)
Foto: Dirk Rose / Kunstmuseen Krefeld
mit vier repräsentativen Ausstellungen international
renommierter Klangkünstler:innen
mit zum Teil für die Orte „in situ“ geschaffenen
Werken.
Außergewöhnliche Klänge an münsterländischen
Kulturorten. Das zeichnet das bundesweit
einmalige Klangkunstfestival SOUND-
SEEING schon seit mehr als 14 Jahren aus.
Von Rheine bis Münster und von Hörstel bis
Bocholt ist hochkarätige Klangkunst im gesamten
Münsterland und der Stadt Münster
an authentischen Orten zu erleben. Das Festival
beginnt im Kulturgut Haus Nottbeck in
Oelde mit der Ausstellung „Autokult Sketch
Trübung“, die Studierende der Klasse Suchan
Kinoshita der Kunstakademie Münster vor
Ort entwickeln. Das „Ausstellungsquadrat“
über das Münsterland wird mit einer Retrospektive
des berühmten niederländischen
Klangkünstlers Paul Panhuysen ab Anfang
KATALOG ZUR
AUSSTELLUNG
Anlässlich der Ausstellung
erscheint ein
320 Seiten umfassender,
reich bebilderter
Katalog im DCV Verlag.
Herausgeberin. Sylvia
Marin, Kunstmuseen
Krefeld,
304 Seiten, 19,5, x 25 cm,
100 Abbildungen, in deutscher
und englischer Sprache.
ISBN 978-3-96912-109-2.
EUR 40
www.dcv-books.com
Mai in der Kunsthalle Hawerkamp fortgesetzt.
Arbeiten von Peter Vogel & Achim Vogel sind
ab Ende Mai auf Burg Vischering in Lüdinghausen
zu sehen und zu hören, im Juni eröffnet
eine Einzelausstellung des nigerianischen
Künstlers Emeka Ogboh im DA, Kunsthaus
Kloster Gravenhorst. Hinzu kommen bespielbare
Installationen, Konzerte und Workshops
im Künstlerdorf Schöppingen, im Kreativhaus
Altenberge, im rock’n’popmuseum
Gronau, dem ARTandTECH.space Rheine,
der Landesmusikakademie NRW Heek, der
Musikhochschule Münster und in den Innenstädten
von Ibbenbüren und Bocholt.
Sie verzaubern das Publikum mit poetischen
Klangobjekten, raumfüllenden Klanginstallationen,
interaktiven Höranweisungen und
neuartigen Konzertformen.
www.soundseeing.net
MELBA | arttourist.com Jazz | Neue Musik | Elektro | 2023 Klang | 47
Interview
Wir sprachen mit der stellvertretenden
Direktorin und Kuratorin der
Ausstellung Frau Dr. Sylvia Martin.
Wie klingt Krefeld und welchen
Klang, welcher Klang-Ort Ihrer Stadt
ist für Sie ein Kunstwerk?
Sylvia Martin: Der Sound der Stadt
Krefeld ist quirlig, in einem angenehmen
Klangbereich, manchmal auch ein bisschen
erdenschwer. Die Stille in den Gärten
von Haus Lange und Haus Esters,
der zwei Villen von Ludwig Mies van der
Rohe, die wir seit 1955 beziehungsweise
seit 1981 als Ausstellungsorte nutzen,
ist für mich ein Kunstwerk. Mies van der
Rohe hat ja nicht nur die Häuser Ende
der 1920er gebaut, sondern auch den
Garten gestaltet. Neben Skulpturen von
Thomas Schütte oder auch Richard Serra
befindet sich seit letztem Jahr auch
eine Installation von der amerikanischen
Künstlerin Andrea Zittel, die wunderbar
zum Verweilen und Zuhören einlädt.
Erstmalig wurde die beeindruckende
Sammlung an Soundarbeiten Ihres
Hauses in der Ausstellung „ON Air“
einer Öffentlichkeit präsentiert. Sie
hatten die Idee. Wie kam es dazu?
Sylvia Martin: Die Idee zur Ausstellung
hat sich aus zwei herausragenden
Sound-Objekten entwickelt: Einmal eine
Soundarbeit von Hermann Goepfert aus
den Jahren 1961/62 und eine Arbeit
von Takis aus dem Jahr 1966. Der niederländische
Künstler Jan Dibbets hatte
1969/70 eine Einzelausstellung im Haus
Lange mit dem Titel Audio-Visuelle Dokumentationen.
Der Blick auf die eigene
Sammlung hatte sich bei mir fokussiert,
und es fanden sich immer mehr Werke
zur frühen Soundart. Seit 2016, nach der
Generalsanierung des Kaiser Wilhelm
SYLVIA MARTIN
ist seit 2005 stellvertretende Direktorin
und Kuratorin an den Kunstmuseen
Krefeld. Sie promovierte in
Kunstgeschichte an der Universität
Köln, absolvierte ein Volontariat
am Kunstmuseum Düsseldorf und
arbeitete als Kuratorin und wissenschaftliche
Mitarbeiterin am
museum kunst palast in Düsseldorf
sowie als freie Kuratorin. Zahlreiche
Ausstellungen und Publikationen
zur zeitgenössischen Kunst sowie
Kunst des 19. und 20. Jahrhunderts,
u. a. ON AIR (2022/23), Lehmbruck
Kolbe Mies van der Rohe. Künstliche
Biotope (2021), Marcel Odenbach
(2020), Christian Falsnaes. Force
(2018), Ludger Gerdes (2016/2017),
Anonyme Skulpturen. Video und
Form in der zeitgenössischen Kunst
(2010), Allora & Calzadilla (2009),
Der große Wurf. Faltungen in der
Gegenwartskunst (2008), Video-Art
(2006).
Museums und unter der Leitung von Katia
Baudin arbeiten wir verstärkt mit unseren
Sammlungsbeständen und der eigenen
Geschichte. Und da wir mittlerweile
über 120 Jahre alt sind, kommen da viele
unterschiedliche Werke und eine überaus
spannende Geschichte zusammen.
Was ist Klangkunst und wie erklärungsbedürftig
ist diese Kunstform?
Sylvia Martin: Klangkunst ist ein sehr
allgemeiner Begriff, unter dem sich viele
unterschiedliche Formen von Kunst, die
mit Sound in Verbindung stehen, verbinden
lassen. Man sollte klingenden Kunstwerken
mit wachen Augen und Ohren
begegnen, denn das, was sie auszeichnet,
ist eine Verfeinerung der Wahrnehmung.
Im Alltag ist unsere akustische Wahrnehmung
stets der visuellen nachgeordnet.
Bei einem Soundobjekt wird beides
gleichzeitig herausgefordert – das macht
es zu einer besonderen Erfahrung.
Dr. Sylvia Martin, Stadt Krefeld, Presse und Kommunikation
Es ist in diesem Zusammenhang
auch immer vom Museum als Resonanzraum
die Rede? Was versteht
man darunter und wie haben Sie
diesen gefüllt?
Sylvia Martin: Der Resonanzraum im
Rahmen der Ausstellung ON AIR bedeutete
einen Widerhall aus dem Bereich der
Musik. Gerade die Neue Musik, angefangen
mit John Cage, hat die Bildende
Kunst seit den 1950er Jahren wesentlich
geprägt und Impulse gesetzt. So sollte aus
der Perspektive der Musik das Räumliche
und das Plastische von Tönen, Klängen
und Geräuschen die Werke der Bildenden
Kunst ergänzen. Die unglaublich
lebendige Atmosphäre, das sich gegenseitige
Inspirieren und das Miteinander
von Musiker:innen und Künstler:innen
ist ein zentrales Merkmal der damaligen
Kunstszene. Für diesen Resonanzraum
haben wir ein Netzwerk an Kooperationen
gesponnen. Wir haben mit den Niederrheinischen
Sinfonikern ebenso zusammengearbeitet
wie mit dem Theater
am Marienplatz Krefeld, der Mediothek
in Krefeld und dem Musikwissenschaftlichen
Institut der Universität Köln. Es
war schön zu erleben, wie begeistert alle
mitgemacht haben.
Was setzen Sie der Formulierung
und Kunstkritik „Klangkunst legitimiert
nicht selten im Namen der
Kunstfreiheit Lärm zu machen“ entgegen?
Sylvia Martin: Was ist gegen Lärm zu
sagen? Lärm kann ebenso sensibilisieren
wie die Stille.
Sie präsentieren die Klangkunst der
1950er bis 1970er Jahre in Ihrer Ausstellung?
Was war der Stellenwert
von Klangkunst in dieser Zeit, was
ist seither in dieser Kunstform passiert
und welchen Stellenwert hat
Klangkunst heute?
Sylvia Martin: Heute ist Sound ein
selbstverständlicher Teil in der Kunst
von vielen Künstler:innen. Tatsächlich
hat die Ausstellung ON AIR, die sich
auf dieses spezielle Zeitfenster in der
Geschichte der Kunst des 20. Jahrhundert
fokussiert hat, gezeigt, dass Sound
damals als Material verstanden wurde.
Es war die Zeit, als der Kunstbegriff sich
enorm ausdehnte und viele Materialien –
Luft, Feuer, Asche, Fett – die zuvor nicht
im Kunstkontext existierten, zum Werkstoff
wurden. Künstler:innen wie auch
Musiker:innen entdeckten den Sound der
Dinge, die Klänge, die man mit elektronischen
Geräten produzieren und reproduzieren
kann, und die Geräusche von
Maschinen wurden inhaltlich Teil der
Arbeiten. Es war eine Zeit des Experimentierens,
des Entdeckens, der Überraschungen
und der gemeinsamen Arbeit.
Welche neuen Chancen und Räume
öffnen die digitalen Welten der
Klangkunst und der Präsentation
und Vermittlung dieser?
Sylvia Martin: In der Zeit der 1950er
bis 1970er Jahre spielt die Digitalisierung
natürlich noch keine Rolle. Allerdings ist
sie für die Erhaltung von Werken der
frühen Soundart und der Präsentation
dieser nun mittlerweile über ein halbes
Jahrhundert alten Objekte überaus wichtig.
Analoge Formate, ob Tonband oder
Videoband, werden heute in der Form
digitalisiert, dass die Arbeiten überhaupt
wieder für die Besucher:innen zugänglich
gemacht werden können. Durch die Digitalisierung
werden sie erhalten für die
Zukunft und auch so aufgearbeitet, dass
man sie in einer Ausstellung zeigen kann.
Klangkunst verursacht Energiekosten.
Gab es Diskussionen, ähnlich
wie bei der Lichtkunst, die Ausstellung
aus Kostengründen und einer
gesellschaftlichen Verantwortung
nicht zu machen?
Sylvia Martin: Wir haben tatsächlich
auch darüber nachgedacht. Jedoch ist
der Verbrauch an Strom bei den frühen
Soundobjekten eher gering. Zudem sind
Haus Lange, Ludwig Mies van der Rohe,
© Dirk Rose, Kunstmuseen Krefeld
DIE KUNSTMUSEEN KREFELD SIND
MUSEUM DES JAHRES 2022
Das Kunstmuseum Krefeld mit ihren
drei Spielstätten Kaiser Wilhelm
Museum und den Mies van der
Rohe-Villen Haus Lange und Haus
Esters sind von der deutschen
Sektion des Internationalen Kunstkritikerverbands
AICA zum Museum
des Jahres 2022 gekürt worden.
Die Jury begründet Ihren Entscheid
unter anderem damit, dass die
Kunstmuseen Krefeld mit ihrer
aktuellen Programmatik ein bedeutender
Pionier in der aktuell wieder
diskutierten, spartenübergreifenden
„Mehrstimmigkeit“ künstlerischer
Disziplinen seien. Seit 2016 arbeiten
die Kunstmuseen Krefeld intensiv
daran, das einzigartige Profil der
Kunstmuseen Krefeld mit ihren drei
architektonischen Juwelen und ihrer
langen, facettenreichen Geschichte
zu stärken. Der Ausgangspunkt ist
die unverwechselbare DNA des
Hauses als Schnittstellen von Kunst,
Design und Architektur.
nur wenige Arbeiten im Dauerbetrieb.
Vielmehr aktivieren Besucher:innen
zahlreiche Arbeiten selbst, und es entsteht
entsprechend nur ein temporärer
Stromverbraucht. Kunstwerke, die Strom
verbrauchen, gar nicht mehr zu zeigen,
wäre ein enormer Verlust. Ein verantwortungsbewusster
Umgang sollte jedoch
selbstverständlich sein.
DAS GESPRÄCH FÜHRTE KAI GEIGER.
Katia Baudin, Sylvia Martin, Thomas Janzen, Magdalena Holzhey, Juliane Duft (v.l.n.r.)
© Dirk Jochmann, Stadt Krefeld Presse + Kommunikation
Ruhrgebiet
Urbane Künste Ruhr
Ruhr Ding: Schlaf
5.5. – 25.6.2023
Das Ruhr Ding: Schlaf steht im Mittelpunkt des
diesjährigen Programms von Urbane Künste
Ruhr. Von 5. Mai bis 25. Juni 2023 umfasst das umfangreiche
Ausstellungsprojekt im öffentlichen
Raum 22 Werke von 19 Künstler:innen. Es bildet
zugleich den Abschluss einer Trilogie, mit der Urbane
Künste Ruhr unter der künstlerischen Leitung
von Britta Peters durch das Ruhrgebiet wandert.
Nach dem Ruhr Ding: Territorien (2019)
und dem Ruhr Ding: Klima (2021) zeigt das dritte
Ruhr Ding ortsspezifische künstlerische Neuproduktionen
in den Städten Mülheim an der Ruhr,
Essen, Witten und Gelsenkirchen-Erle. Von Fragen
nach Umwelt und Umgebung verschiebt es
den Blick auf den menschlichen Körper und dessen
Bedürfnis nach Schlaf und reflektiert mit den
Urbane Künste Ruhr, Schwesternpark Witten
© Heinrich Holtgreve
Mitteln der Kunst die Frage, wie wir leben wollen.
Zwischen Acht-Stunden-Schlafrhythmus, flexibilisierten
Arbeitszeiten, innerer Uhr und
dem Druck, immer verfügbar zu sein, stellt
der Schlaf als Phase des Nicht-Produktiv-Seins
und des Nicht-Konsumierens einen fast schon
widerständigen Zustand dar. Zugleich wird
selbst der ruhende Körper digital vermessen und
durch zahlreiche Erfindungen optimiert. Schlaflose
Nächte stehen kreativer Ausgeschlafenheit
gegenüber, traumhafte Fantasiewelten wechseln
sich ab mit real gewordenen Albtraumszenarien.
Vor dem Hintergrund neoliberaler Ökonomien
sowie technologischer wie digitaler Vermessbarkeit
von Körpern und Schlaf knüpft das Thema
auch an die einschneidenden Erfahrungen
der Corona-Pandemie an. So facettenreich der
Schlafbegriff, so auch die künstlerische Auseinandersetzung
damit.
www.urbanekuensteruhr.de
Workshop | © Sascha Markus
Saarbrücken
Experimance Festival
13. – 16.7.2023
Mittlerweile schon zu einer festen Institution
der internationalen Klangkunstszene herangewachsen,
bietet das Festival auch in seiner
diesjährigen vierten Ausgabe interdisziplinär
und an den Schnittstellen von Bildender Kunst,
Darstellender Kunst und Musik arbeitenden
48 | Klang
MELBA | arttourist.com Jazz | Neue Musik | Elektro | 2023
Andres Bosshard
Ein Leben
für den Klang
Die Vögel zwitschern, das Klappern der Leinen einer Fahnenstange,
ein Skateboard, das auf dem Asphalt aufschlägt,
murmelnde Sportler von einer Open-Air-Fitness-Station,
Musik und kreischende Kinder aus der Eishalle, ein Horn eines
herausfahrenden Schiffes, das Klingeln eines Fahrrads,
Glockengeläut, ...
Andres Bosshard hatte mich damit auf den
Heimweg geschickt. Mal genau hinhören und
zu lauschen. Ich war über die Vielfalt der Geräusche
und die wahrgenommenen Dinge –
denn man hört und schaut, woher der Klang
kommt – überrascht. Vieles von dem, was
schon immer da war, habe ich zum ersten Mal
registriert, für mich entdeckt.
Andres Bosshard, der studierte Musik- und
Kunstwissenschaftler, beschäftigt sich seit den
1970er-Jahren mit Musik und deren Improvisation,
den Tönen und Klängen und gehört zu
den international anerkannten Experten im
Bereich Klangkunst und Klangarchitektur. In
den letzten Jahren beschäftigt er sich intensiv
mit der Frage, wie ein Ort klingt, eine Stadt
und deren Umgebung, der Klang am Rande
des urbanen Raums, mit der Befragung des
Zivilisationsrauschens und dem lebensraumbezogenen
Klang. Seine Inspiration sind die
Philosophen und die Spiritualität Indiens und
Japans, wo er immer wider längere Zeit verbracht
und geforscht hat. Besonders die Rituale
haben seine Sicht auf den Klang geweitet,
und er ist der festen Überzeugung, dass der
Klang etwas Rituelles braucht. So hat er der
Bürgermeisterin von Essen bei einem Forum
für gesunde Städte auf die Frage, „Wie kann
ich den Klang meiner Stadt verändern?“, ein
einfaches, aber so erweckendes Ritual an die
Hand gegeben. Sie soll jeden Morgen, wenn
sie das Haus verlässt, für eine Minute stehen
bleiben, innehalten und lauschen. So wie er
mir diese Aufgabe nach unserem Gespräch
mit auf den Weg gegeben hat.
Bosshard hat viele spannende Projekt realisiert
und ist eine anerkannte Koryphäe auf dem
Gebiet des Klangs. Ob für die Kulturhauptstadt
Europas 2017 in Aarhus, das Naturhistorische
Museum in Wien oder eine Klangkarte
und Klangspaziergänge für die Stadt Zürich,
wo er die Teilnehmer:innen auffordert, ihre
Ohren neu zu entdecken sowie ihre Fähigkeit,
die Stimmen der Stadt zu hören und ihnen
zu antworten. Er ist immer in Sachen Klang
unterwegs und der Bedeutsamkeit einer Auseinandersetzung
über die Ursachen und Auswirkungen
auf die Gesellschaft, die Natur, die
Gesundheit und auf jeden einzelnen von uns.
Getroffen habe ich Andres Bossard in der Remise
von Schloss Seeburg in Kreuzlingen,
wo er bis Ende Juli auf Einladung des Kunstraums
Kreuzlingen arbeitet und forscht. „;
„Mumures hors Murs autour du Lac de Constanze“
oder „Andres Bosshards Audio-Ritte über
den Bodensee“ heißt sein Projekt, mit dem der
Klang-Gärtner, Klang-Architekt & Klang-Turm-
Gedanken-Springer in den ehemaligen Stallungen
der Seeburg und deren Umgebung forscht
und dort ortsspezifische Klang- und Hörexperimente
durchführt. Wir sprachen mit Andres
Bosshard über sein Leben für und mit dem Klang
und über seine Mitarbeit im Projekt „Ruheorte.
Hörorte“ im Rahmen der Regionale 2025 im
Limmattal in der Schweiz. Dort, wo das Thema
Lärm, dichter Siedlungsraum, der steigende
Verkehr und dessen Geräuschkulisse eine große
Herausforderung für die Bevölkerung darstellt.
www.soundcity.ws
Interview
Wir sprachen mit Andres Bosshard,
Klangkünstler und Musikwissenschaftler.
Herr Bosshard, Sie galten früher als
schnellster Kassettenwechsler der
Schweiz. Wieso?
Andres Bosshard: Ich war eine Art DJ,
der mit Kassetten arbeitete. Ich schloss
mehrere Kassettengeräte zusammen und
bediente sie gleichzeitig. Darin erlangte
ich eine gewisse Fertigkeit, das heißt, ich
war sehr schnell. Ich gründete eine Band
und wir spielten 15 Jahre lang sehr erfolgreich.
Wir experimentierten mit
Klängen und Geräuschen. Wir spielten
auf Dächern, in Unterführungen, ja sogar
in Bunkern. Das war in den 1980er-
Jahren.
Sie sprechen von Ihrer Band «Nachtluft»?
Andres Bosshard: Genau.
Was ist ein Klang?
Andres Bosshard: Das Wort Klang
beschreibt alle Töne, die wir gernhaben.
ANDRES BOSSHARD
ist 1955 in Zürich geboren. Studium
der Musik- und Kunstwissenschaft.
Er ist ein international gefragter
Experte für Klang und hat Projekte
auf der ganzen Welt realisiert. Er ist
selbständiger Klangkünstler und
Musiker und gestaltet Klangtürme,
-inseln, -gärten und -himmel im
öffentlichen Raum. Er publiziert
über Klangkunst, war von 2005
bis 2020 Dozent an der Zürcher
Hochschule der Künste im Departement
Kunst und Medien, ist seit
2020 Klangturm-Dozent an der
Musikhochschule Luzern und ist
Fachbeauftragter für die Realisation
der integralen Klangqualität des
Klanghauses Toggenburg. Andres
Bosshard ist ein Visionär, der Kunst
und den Klang im Alltag für alle
erfahrbar macht.
Das Gegenteil wäre der Lärm, Töne, die
uns stören. Wobei die Grenzen zwischen
Klang und Lärm fließend sind. Manche
mögen das Krachen eines Feuerwerks,
andere können es nicht ausstehen.
Lärm könnte folglich auch Klang
sein.
Andres Bosshard: Natürlich. Wir sind
es, die definieren, was Klang und was
Lärm ist. Das legen wir als Gesellschaft
fest. Dessen sollte man sich bewusst
sein, wenn man über Lärm spricht.
Ihr Leben ist verschränkt mit Klängen.
Wie fühlt sich das an?
Andres Bosshard: Klänge «haben»
mich, und zwar immer! Ich spüre sie –
beim Träumen, Aufwachen, Aufstehen,
tagsüber. Klänge sind ein Universum
und dieses Universum umgibt mich
und verändert mich. Es begleitet mich
überallhin. Klänge können Menschenstimmen
sein, eine Gabel, die auf den
Teller gelegt wird, oder ein Wassertropfen,
der auf den Boden fällt – einfach
alles. Es ist ein wunderbares Gefühl.
Besitzt ein Klang etwas, was ein
Bild oder ein Wort nicht aufweist?
Andres Bosshard: Ein Klang geht
weiter als ein Bild oder ein Wort. Der
Mensch hat die Fähigkeit, sich in den
Klang hineinzuversetzen, er ist sozusagen
im Klang drin. Denken wir an das
Gesprochene: Wir erfassen nicht nur
die Wörter, sondern auch die Tiefe oder
den Rhythmus der Stimme. Das weckt
Gefühle und diese Gefühle verbinden
den Menschen mit dem Klang.
Sie bezeichnen sich als Klang-Gärtner.
Wie kommt das?
Andres Bosshard: Um die Jahrtausendwende
durfte ich mit einem Gärtner
des berühmten Boboli-Gartens in
Florenz zusammenarbeiten. Ich merkte
rasch, dass er eine besondere Haltung
gegenüber Pflanzen hatte: Morgens,
nachmittags und abends schaute er
nach ihnen, er hegte und pflegte sie. Genau
das wollte ich anschließend auch
erreichen, Alltagsklänge hegen und pflegen.
Das ist seither meine Maxime.
Hat es nicht auch mit Japan zu tun?
Dort werden Gärtner als Künstler
angesehen.
Andres Bosshard: Das spielt auch eine
Rolle. Die Komposition eines Gartens
wird in Japan als hohe Kunst respektiert.
Das kann man direkt auf Klänge
übertragen, was ich auch tue. Aber ich
will die Klänge nicht beherrschen. Für
mich ist jeder Klang ein Wesen. Er hat
mir etwas zu sagen und ich muss ihm
zuhören. Ich führe ein Zwiegespräch mit
ihm. Das passiert mir auch im Limmattal,
soll ich das erzählen?
Bitte.
Andres Bosshard: Stehe ich auf dem
Altberg, erfasst mich jedes Mal das Raunen,
das durch das Tal geht. Darauf
muss ich mich einlassen. Ich erkenne
seine Vielfalt, ich lasse es auf mich wirken
und setze mich damit auseinander.
Dann ist es nicht mehr bloß etwas Störendes,
sondern ein Klang. Ein Fingerabdruck
des Limmattals.
Was bedeuten Ihnen Stille und
Ruhe?
Andres Bosshard: Absolute Stille ist
ein Schrecken, ich habe das zweimal
erlebt. Ist die Stille aber nicht absolut,
dann entdeckt man Geräusche, die man
sonst überhört, und das begeistert mich.
Ruhe anderseits hat mit Vertrauen zu
tun. Befinde ich mich an einem Ruheort,
kann ich davon ausgehen, dass kein störendes
Geräusch auftaucht, kein Vorbeidonnern
eines Lastwagens, kein Hochfahren
eines Rasenmähers. Das Projekt
«Ruheorte. Hörorte.» will solche Orte im
Limmattal auf einer Karte zusammenhängend
erfassen.
Ruhe gleicht also einer Einladung.
Andres Bosshard: Richtig. Man darf
darauf vertrauen, dass man etwas Spezielles
erlebt an einem Ruheort. Ich sage
hier bewusst «speziell», denn im Limmattal
grenzt der Lärm aus, und das ist
das Normale.
Wie meinen Sie das?
Andres Bosshard: Die Schneisen für
die Verkehrsachsen sind besetzte Landschaftsräume.
Sie grenzen den Menschen
aus. Diese Verkehrsachsen stehen
für den Lärm, das Hintergrundrauschen,
von dem alle reden. Das heißt, der Lärm
grenzt den Menschen aus. Und wo man
ausgegrenzt wird, fühlt man sich nicht
zu Hause. Das ist die große Herausforderung
des Limmattals!
Sie mögen den Begriff «Lärmschutz»
nicht. Wieso nicht?
Andres Bosshard: Das hängt damit
zusammen. Lärm ist eine Tatsache. Er
gehört offenbar zu der Art und Weise,
wie wir gerade leben. Man kann ihn
nicht hinter Lärmschutzwänden wegsperren,
die notabene sehr teuer sind
und wieder nur trennen. Das ist Unsinn!
Wir müssen lernen, in unserer Umgebung
so zu leben, dass der Lärm uns
nicht gegenseitig ausgrenzt. Deshalb
spreche ich von Klangraumgestaltung.
Das ändert den Blickwinkel. Ich möchte
alle dazu einladen, jedes Alltagsgeräusch
als Klang zu begreifen und zu
erleben, sodass wir diesen gemeinsamen
Klangraum aktiv gestalten können. Das
wäre einfach wunderbar und wir schaffen
das!
Wie setzt man das um?
Andres Bosshard: Ich, Andres Bosshard,
habe nicht die ultimative Lösung
dafür. Wie gesagt, wir müssen diese
Umsetzung gemeinsam gestalten. Ich
benötige die Unterstützung anderer
Menschen, denn alle können etwas dazu
beitragen. Wir müssen zusammenarbeiten,
daraus entsteht etwas Großartiges.
Das ist immer so.
Sie haben Klangspaziergänge in Dietikon
durchgeführt. Was erlebt man
bei einem solchen Spaziergang?
Andres Bosshard: Etwas vorweg: Die
Lärmemissionen einer Stadt sind nicht
naturgegeben. Es ist der Mensch, der
MELBA | arttourist.com Jazz | Neue Musik | Elektro | 2023 Klang | 49
den Lärm verursacht, und wir sind alle
daran beteiligt. Dieser Lärm ist Teil des
Klangs von Dietikon. Hinzu kommen
andere Geräusche, natürliche Geräusche,
in Dietikon etwa das Rauschen der
Reppisch. Während des Spaziergangs
mache ich auch auf diesen Stadtklang
aufmerksam.
Sie fordern also auf, genau hinzuhören.
Andres Bosshard: Nicht nur. Es geht
um viel Grundsätzlicheres: Viele Menschen
sind notorische Weghörer. Ihr Gehör
ist darin geübt, alles wegzufiltern,
was nicht benötigt wird. Sie müssen
deshalb das Hinhören wiederentdecken.
Künstler:innen eine Bühne. Dabei steht all das
im Fokus, was die Besucher:innen in überraschende,
ungeahnte Klangwelten entführt: ungewöhnliche
Klangobjekte, interaktive Installationen
oder auch selbstgebaute Instrumente.
Die vielgestaltigen Veranstaltungsformate, die
von Performance-Abend bis Club-Event reichen,
finden an diversen Veranstaltungsorten
in Saarbrücken statt: Etwa im Garelly-Haus, der
Galerie Puzić, der Johanneskirche oder dem Kulturgut
Ost sowie dem Silodom.
Weitere Informationen zum Event finden Sie unter:
www.experimance.de
Wie schafft man das?
Andres Bosshard: Wir stellen uns zum
Beispiel auf den Dietiker Bahnhofplatz
und achten bewusst auf die Stimmen
der Passanten oder die Geräusche der
abfahrenden Busse. Manchmal fordere
ich auf, mit Pylonen am Ohr zu hören.
Das hilft, den Fokus auf bestimmte
Klänge zu richten und die Tiefe des
Raums wahrzunehmen.
Limmattal (CH)
Regionale 2025
Regionale | Park am Wasser | © Regionale 2025.
In diesem Zusammenhang sprechen
Sie von «akustischem Guthaben».
Andres Bosshard: Jeder Klang gleicht
einem Aktivposten dieses Guthabens.
Das ist die Idee dahinter. Das lässt sich
auf das Limmattal übertragen. Wir sollten
seine Klanglandschaft als «akustisches
Guthaben» betrachten und es
für unser Wohlergehen einsetzen. Wir
nehmen ja nur ei Prozent davon wahr,
99 Prozent bleiben unentdeckt. Was für
eine Verschwendung!
Haben Sie deshalb die Idee eines
Klangwegs durch Dietikon lanciert?
Andres Bosshard: Ja. Der Klangweg
wäre eine Einladung, dieses Guthaben
zu nutzen. Darüber hinaus würde man
die Vielschichtigkeit des Dietiker Stadtklangs
erleben. Anstatt ins Auto oder
in den Bus zu steigen, würde man den
Weg hinunterschlendern und horchen.
Das Ziel ist, den Weg akustisch so zu
planen, dass er zum Erlebnis wird. Ein
solches Hinhören ist erholsam, man
vergisst dabei den Alltag. Viele Klänge
geben obendrein Rätsel auf, denen man
nachgehen kann. Jeder Mensch findet
darin eine persönliche Bedeutung. Das
garantiere ich!
Sie führen seit mehr als zehn Jahren
Klangspaziergänge durch. Wie sehen
die Reaktionen der Teilnehmer
aus?
Andres Bosshard: Überraschung und
Staunen sind immer dabei. Wie gesagt,
wir sind Meister des Wegfilterns. Wir
sind mit unseren Gedanken ganz woanders,
aber nicht dort, wo wir uns gerade
befinden. Beim Klangspaziergang zählt
dagegen jeder Schritt; man macht einen
Schritt, bleibt stehen und horcht. Das
unterbricht die Hektik, die uns umtreibt.
Wir gehen langsamer, denken nicht
schon an das Ziel, sondern erleben das
Jetzt.
Die Zukunft wird vom Menschen gestaltet.
Auch im Limmattal. Die Regionale 2025 unterstützt
die Ideen dieser Menschen und zeigt
ihre innovativen Projekte.
Sie gestalten neue Begegnungsorte. Sie denken
über neue Wohnformen nach. Sie organisieren
den Nahverkehr neu: Viele Menschen im
Limmattal setzen sich mit neuen Ideen für ihr
Tal auseinander.
Die Regionale 2025 bietet diesen Ideen eine
Plattform. Sie versteht sich als große Projektschau
(Ausstellung) und erinnert an eine Triennale
– eine Triennale für die Region. Die
Regionale 2025 findet im Jahr 2025 statt und
lenkt ihren Fokus auf eine der wichtigsten Regionen
der Schweiz. Zwei Zwischenausstellungen
in den Jahren 2019 und 2022 präsentieren,
wie weit die Umsetzung der Projekte bis
dahin gekommen ist.
Die vorgestellten Projekte sind innovativ. Sie
geben Antworten auf Fragen, die mit den Herausforderungen
des Limmattals einhergehen.
Sie fördern Lösungen, die den Erhalt der Lebendigkeit
und der Vielfalt des Limmattals gewährleisten
beziehungsweise diese ausbauen.
Die an der Regionalen 2025 gezeigten Projekte
machen die Zukunft des Limmattals für ein
breites Publikum sichtbar und erlebbar.
Hinter der Regionale 2025 steht der Verein
Regionale Projektschau Limmattal. Er wurde
2015 gegründet und wird von 17 Limmattaler
Gemeinden und Städten sowie von den Kantonen
Aargau und Zürich getragen. Der Verein
verfolgt das Ziel, das Image des Limmattals
Regionale Park am Wasser | © Regionale 2025.
aufzuwerten und die verschiedenen Projekte
zu koordinieren.
Die Regionale 2025 dient als Motor für die
nachhaltige Entwicklung des Limmattals. Ihre
Aktivitäten tragen zu einer weithin sichtbaren
Identität für die Region bei. Was in den
kommenden Jahren im Limmattal passiert, ist
wegweisend für die Schweiz.
Ruheorte. Hörorte.
Das Thema Lärm bleibt für das Limmattal und
seine Bevölkerung eine Herausforderung. Der
dichte Siedlungsraum und der steigende Verkehr
wirken sich direkt auf die Geräuschkulisse
aus. Im gesamten Limmattal herrscht ein
ständiges Hintergrundrauschen. Am stärksten
nimmt man dieses Rauschen an den Talhängen
und im Flussraum wahr – auch wenn dort teilweise
weder Autobahn noch Bahnlinie sichtbar
sind. Das Projekt besteht aus mehreren Initiativen,
die das Bewusstsein für die akustische
Qualität im öffentlichen Raum schärfen und
diese mit gezielten Maßnahmen aufwerten.
www.urbanidentity.info/klangreferenzlimmattal
ISA Badge © International Sound Awards
International Sound Awards
Ton und Musik spielen im modernen Alltag
eine herausragende Rolle. Mit der zunehmenden
Digitalisierung erfährt der Ton einen enormen
Aufschwung. Lärm und schlechte Akustik
beeinträchtigen unsere Gesundheit viel stärker,
als uns bewusst ist. Mehr denn je müssen wir
uns die Frage stellen, wie wir unsere akustische
Umgebung gestalten wollen. Auch Klang und
Musik haben eine große Wirkung und tragen zu
unserem persönlichen Wohlbefinden, zu einem
besseren sozialen und kulturellen Miteinander
oder zu vielen anderen gesellschaftlichen Vorteilen
bei. Sie machen die Welt zu einem besseren
Ort.
Die International Sound Awards (ISA) fördern
innovative, intelligente und nützliche Sound-
Projekte, -Produkte und -Dienstleistungen,
die zu dem Motto beitragen: Make The World
Sound Better!
Die ISA verbinden und bringen Menschen aus
verschiedenen Branchen zusammen: Sounddesigner,
Musiker, Akustiker, Ingenieure, Kreative,
Künstler, Wissenschaftler, Produktentwickler,
Innovatoren, Studenten, die Musikindustrie,
Start-ups, Investoren, Organisationen, Praktiker,
Werbung, Agenturen, Markenexperten, Medien,
Journalisten und weitere Interessierte.
Als Teil des Reeperbahn Festivals, Europas größtem
Clubfestival und B2B-Plattform für die
Musik- und Digitalbranche, bieten die International
Sound Awards den Branchenprofis ein
Programm, das Sessions, Networking-Events,
Meetings, Showcases, Award-Shows und Konzerte
mit internationalen Nachwuchskünstlern
umfasst.
www.international-sound-awards.com
Das klingt nach Zen.
Andres Bosshard: Dieses Zen gibt es
vor der Haustür und noch dazu gratis.
Will sich das Limmattal positiv entwickeln,
müssen wir aus dieser Hektik
herausfinden. Davon bin ich felsenfest
überzeugt. Hör- und Ruheorte machen
dafür einen Anfang. Es liegt an uns. Die
Klänge sind da. Sie warten auf uns.
#INTERVIEW © REGIONALE 2025
Klangspaziergang mit Andres Bosshard | © Regionale 2025.
2023 Opening, Aliresa Nesai
Trier
OPENING 24
Internationales Festival für
Aktuelle Klangkunst
2. – 4.2.2024
Das Openingfestival für Aktuelle Klangkunst ist
ein Ort der Begegnung und innovativer Raum
künstlerischer Auseinandersetzung im weitesten
Sinne, zentral verankert in der Klangkunstausstellung:
OPEN-EXPO. Die dort gezeigte wie
50 | Klang | Ausstellungen
hörbare Klangkunst stellt inhaltlich eine gleichgewichtige
Position zu ihren Konzert-Programmen
zeitgenössischer Musik dar.
Das Festival hat für die agierenden Künstler:innen
mitunter Werkstattcharakter und ist ein Zeitort
neuer Schöpfungen, experimenteller Unternehmungen,
Entwicklung und Realisierung von
Neuem. OPENING ist auch Forum für junge
Künstler:innen und Komponist:innen, die am
Beginn ihrer musikalischen Karriere stehen. Das
Festival hat mittlerweile viele Uraufführungen
zu verzeichnen, Geburtsakte, die mit besonderem
Interesse wahrgenommen werden. Nicht
selten dabei auch Werke, die explizit für Opening
entstanden sind.
Das Ansinnen und Ziel, Neue Musik einem breiteren
Publikum nahezubringen, Brückenschläge
zu vollziehen, wie es die Veranstalter immer
wieder formulierten, versuchen sie stets aus der
künstlerischen Sache selbst heraus zu realisieren.
Das bedeutet auch, auf einen Mainstream
zu verzichten.
Opening ist kein Festival für Spezialisten, sondern
versucht durch vielschichtige Programme
mit Alter + Neuer und Neuester Musik,
Klassikern der Moderne, außereuropäischer
Musik, im Augenblick entstehender Musik
oder grenzüberschreitender Performanceund
Klangkunst gerade denjenigen Türen zu
öffnen, die sich nicht als ausgewiesene Kenner
zeitgenössischer, musikalischer Avantgarde verstehen.
www.opening-festival.de
Aline Viana Prado | © Pexels
Weimar
Listening to the World
Künstlerisches Forschungsprojekt
anlässlich 100 Jahre Radio an der
Bauhaus-Universität Weimar
gestartet
2023 wird der Rundfunk in Deutschland 100
Jahre alt. Anlässlich dieses Jubiläums ist nun
das Projekt „Listening to the World – 100 Jahre
Radio“ als Kooperation zwischen der Professur
„Experimentelles Radio“ an der Bauhaus-Universität
Weimar, dem Goethe-Institut, Deutschlandfunk
Kultur und dem Haus der Kulturen der
Welt gestartet.
In Deutschland nimmt die Berliner Funk Stunde
A.G. am 29. Oktober 1923 den ersten regelmäßigen
Sendebetrieb auf. Fast ein Jahr später
folgt das erste deutsche Hörspiel. 1924 gehen
auch von London und Paris aus die ersten Radiodramen
über den Äther und läuten damit
die Geburtsstunde der Radiokunst ein. „Dieses
doppelte Jubiläum – 100 Jahre Radio und 100
Jahre Radiokunst – soll Anlass sein, die historische
Verbindung von Rundfunk und Globalisierung
zu erforschen und internationale, zum
Teil unbekannte Archive und Geschichten der
Radiophonie zu erkunden“, beschreibt Nathalie
Singer, Professorin des Experimentellen Radios,
den Ansatz des Projektes.
„Kaum eine Kulturtechnik hat unser Zusammenleben
so nachhaltig beeinflusst wie das Radiohören.
Radio vereint Völker und stiftet Identität,
es wird aber auch für Propagandazwecke
und als Spionage- und Machtinstrument eingesetzt.
Es ist von Anfang an ein Medium der Globalisierung
und spielt eine Schlüsselrolle in der
Kolonialgeschichte. Dem möchten wir genauer
auf den Grund gehen und dabei die Hörer:innen
in den Mittelpunkt rücken.“
Jede Weltregion hat ihre eigenen Geschichten
des Zuhörens und Weghörens, der Versammlung
und Spaltung von Gemeinschaften rund
um den Radioapparat. Weil aber Radiowellen
an keiner Landesgrenze halt machen, sind diese
Geschichten vielfältig miteinander verknüpft.
Die regionalen Unterschiede möchten Nathalie
Singer und ihr Team in der vierteiligen
Veranstaltungsreihe „The Bauhaus.Listening.
Workshop“ auf verschiedenen Kontinenten
herausarbeiten: u.a. in Südamerika, Südostasien
und im südlichen Afrika widmen sich
Künstler:innen, Forscher:innen, Medienschaffende
und Hörer:innen aus den jeweiligen Regionen
verschiedenen Fragen rund um das Hören
als Kulturtechnik in seiner Vielfalt und seiner
transkulturellen Vernetzungen. Der erste Workshop
ist im März 2023 in Montevideo in Uruguay
geplant.
www.uni-weimar.de
© OTO SOUND MUSEUM
Zürich (CH)
OTO SOUND MUSEUM & Sound Turm
Das OTO SOUND MUSEUM ist ein nomadisches
Museum, das Klangwerke von zeitgenössischen
Künstlern unterschiedlicher Herkunft,
Geografie und Generationen produziert, präsentiert
und sammelt. Das Museum wurde digital
als ikonoklastische Umgebung und utopische
Architektur auf der Plattform www.oto.museum
geboren. Sie wird auch genutzt, um an verschiedene
Orte in der physischen Welt zu reisen und
dabei seine Identität zu verändern.
Die Plattform www.oto.museum bewegt sich
weiter und lässt das klangliche Erbe durch vier
digitale Klangshows in verschiedene Teile der
Welt reisen. Ziel ist, die Erfahrung über Grenzen
hinweg zu verstärken, das digitale Programm zu
einem imaginären Faden werden zu lassen, der
Nähe und Ferne, An- und Abwesenheit verbindet
und jede künstlerische Erfahrung in etwas
übersetzt, das für jeden, zu jeder Zeit und an jedem
Ort zugänglich ist.
Für das Jahr 2023 hat sich das kuratorische Kollektiv
Zaira Oram entschieden, Stimmen aus
verschiedener geografischer Herkunft und Forschungsbereichen
einzuladen, die sich mit der
soziopolitischen Rolle der Klangkunst befassen.
Digitals Shows
28.3. – 30.5.2022 Zehra Doğan
6.6. – 8.8.2023 Pedro Reyes
29.8. – 31.10.2023 Ivan Kurbakov
14.11.2023 – 23.1.2024 Shata Al-Deghady in
Kooperation mit ÉDHÉA
Zaira Oram ist ein kuratorisches Kollektiv, das
sich auf experimentelle Ausstellungen und interdisziplinäre
Projekte konzentriert. Sie forschen
in den Bereichen bildender Kunst, Performance
und Klangkunst sowie in der Bildung
von Netzwerken zwischen verschiedenen Disziplinen
und Studienbereichen. Ihre Forschungsschwerpunkte
sind Migration, zeitgenössische
Erzählungen und Grenzerfahrungen. Zaira
Oram hat eine offene Identität: Sie reist und
verwandelt sich auf ihrem Weg. Das Kollektiv
wurde von Francesca Ceccherini und Eleonora
Stassi initiiert und durch die Teilnahme von
Chloé Dall’Olio, Camille Regli, Elisa Bernardoni,
Francesca Brusa und Magda Drozd erweitert.
www.oto.museum
AUSSTELLUNGEN
Rolf Julius, Musik für die Augen, 1982,
Installationsansicht Kehrer Galerie, Berlin 2015
© Estate Rolf Julius/VG Bild-Kunst, Bonn 2023
Basel (CH)
À bruit secret
Das Hören in der Kunst
bis 14.5.2023
À bruit secret. Das Hören in der Kunst ist
die vierte in einer Reihe von fünf Themenausstellungen
im Museum Tinguely, die
sich auf experimentelle Art und Weise in
die Welt der menschlichen Sinne begibt.
Vom 22. Februar bis zum 14. Mai 2023 rückt
die Schau unseren auditiven Sinn ins Zentrum,
der beim multisensorischen Erleben
von Kunst eine wichtige Rolle spielt. Sie
bietet eine Vielfalt von kunsthistorischen,
immersiven sowie interaktiven Begegnungen
mit uns bekannten und unbekannten
Klangwelten dieser Erde. Sowohl historische
als auch speziell für diese Ausstellung realisierte
Arbeiten von rund 25 internationalen
Kunstschaffenden animieren das Publikum
zum genauen Hinhören und eröffnen
dabei auch akustische Bereiche, die für das
menschliche Ohr normalerweise verborgen
bleiben. Wie hört sich die Klanglandschaft
des Basler Rheins an, oder wie klingt es unter
der Wasseroberfläche des Ozeans? Lassen
sich Stadtlärm oder tierische und menschliche
Stimmen als bildnerisch-skulpturales
Material verwenden? Wie verändern sich
die Geräusche des Urwalds im Zuge der Einflüsse
von Menschen und Klimawandel?
Können Schallwellen auch anders als über
die Ohren wahrgenommen werden, und wie
lassen sich akustische Phänomene visuell
darstellen? Gezeigt werden Skulpturen, multimediale
Installationen, Fotografien, Papierarbeiten
und Gemälde von der Zeit des
Barocks bis zur Gegenwart.
Museum Tinguely | www.tinguely.ch
Monira Al Qadiri, Holy Quarter, 2020, 20-minute
video and glass sculpture installation (video still)
© Courtesy the artist
Muttenz/Basel (CH)
Nature. Sound. Memory
Monira Al Qadiri Joan Jonas,
Sigalit Landau Maya Schweizer
Hannah Weinberger
bis 9.7.2023
Die Ausstellung Nature. Sound. Memory legt
den Schwerpunkt auf raumgreifende installative
Werkkomplexe, die sich explizit mit den
Themen Natur, Sound und Gedächtnis auseinandersetzen.
Auf eine poetische und zugleich
immersive Art und Weise ermöglichen
die fünf eingeladenen Künstlerinnen damit
ein Eintauchen in die dringlichen Themen
der kollektiven Verantwortung gegenüber
unserer Natur mit ihren Lebewesen und unserer
aller Rolle und Teilhabe an einer nötigen
Veränderung unseres Verhaltens.
MELBA | arttourist.com Jazz | Neue Musik | Elektro | 2023
Eingeladen sind fünf internationale Positionen,
die das Untergeschoss des Kunsthauses
Baselland vollumfänglich einnehmen werden.
Das Zusammenspiel der Werkgruppen
von Joan Jonas, Sigalit Landau, Monira Al Qadiri,
Maya Schweizer und Hannah Weinberger
trifft sich, so unterschiedlich die einzelnen Arbeiten
sein mögen, in der Hoffnung aller, uns
in Achtsamkeit zu schulen und stärker eine
gemeinsame Verantwortung für ein gemeinsames
Miteinander zu übernehmen. Ergänzt
werden diese fünf Positionen durch eine Reihe
von performativen Abenden, Artists Talks und
Events innerhalb der Laufzeit der Ausstellung.
Kunsthaus Baselland
www.kunsthausbaselland.ch
Hiwa K Its spring and the weather is great scaled
Herford
Sound as Message
4.11.2023 – 25.2.2024
Die internationale Gruppenausstellung
„Sound as Message“ ist Teil der programmatischen
Neuausrichtung des Museums Marta
Herford, sich künftig als Ort synästhetischer
Erfahrung zu positionieren. Im Mittelpunkt
der Ausstellung stehen multisensorische Installationen,
in denen sich Künstler:innnen
mit der menschlichen Erfahrung mittels
Klang auseinandersetzen. Sie kreieren Installationen,
die nicht primär visuell abbilden
oder darstellen, sondern vor allem akustisch
und physisch erfahren werden, innere Bilder
und Klänge erzeugen und das Raumerlebnis
bestimmen. Sie thematisieren das in seinem
Wesen immaterielle Medium Klang in seiner
physischen Dimension, sowohl was seine
Erzeugung als auch seine Rezeption betrifft,
und nutzen es als Vehikel, um Orte, Räume,
Menschen und Gemeinschaften in einer Form
zu gegenwärtigen, die zwischen Präsenz und
Flüchtigkeit oszilliert. Die Künstler:innen erkunden
das subversive Potenzial des immateriellen
Mediums, dem man sich nur schwer
entziehen kann, um unterdrückte Narrative
lebendig zu halten und ein Gefühl von Gemeinschaft
zu erzeugen. Die klangbasierten
Werke setzen auf die körperliche Anwesenheit
der Besucher:innen über einen determinierten
Zeitraum.
Marta Herford, Gehry-Galerien
www.marta-herford.de
München
Katalin Ladik Ooooooooo-pus
bis 10.9.23
Kunst_4 HDK, Katalin Ladik, Androgyn 3 ©
courtesy of the artist and acb Gallery
„Ooooooooo-pus“ ist Katalin Ladiks erste
Überblicksausstellung in Deutschland. Sie
widmet sich ihrem künstlerischen Schaffen
in den Bereichen Poesie, Performance und
Sound. Geistig und konzeptuell verwurzelt ist
das Werk der wegweisenden Künstlerin (geb.
1942, Novi Sad) in den multiethnischen und
feministischen Avantgarden des ehemaligen
Jugoslawiens. Ladik greift folkloristische, mythologische
und religiöse Motive auf, um Geschlechterrollen
und weibliche Archetypen
infrage zu stellen. Oft setzt sie dabei ihren
Körper und ihre Stimme als Instrument und
Medium ein.
Für Ladik ist der Körper eine Quelle der Poesie
und ein Ort der Selbstdarstellung, den sie
seit den 1960er-Jahren in ihren Performances
immer wieder erforscht hat. Ihre visuellen
Gedichte – Collagen aus Schnittmustern,
photo
basel
June
13 – 18
2023
© PUTPUT Popsicles 2012
Switzerland‘s first
and only art fair
dedicated to
photography based
art
Volkshaus Basel
Rebgasse 12-14
4058 Basel
Switzerland
photo-basel.com
52 | Ausstellungen
MELBA | arttourist.com Jazz | Neue Musik | Elektro | 2023
HDK, Katalin Ladik, Androgyn 3
© courtesy of the artist and acb Gallery
Notenblättern und Objekten wie Platinen
von Radios und Küchengeräten – fungieren
als musikalische Partituren. Sie erforschen
die Verbindung von Stimme und Bild und erweitern
Sprache durch lautmalerische Experimente.
„Ooooooooo-pus“ führt Ladiks vielseitiges
Werk in einer Ausstellung zusammen, die
man nicht nur sehen, sondern auch hören
soll. Klang ist zentral für das Programm des
Hauses der Kunst im Jahr 2023. „Ooooooooopus“
sowie auch „Meredith Monk: Calling“
de- monstrieren ein neues Ausstellungmodell,
das auf die Installation wegweisender Praktiken,
die auf Klang basieren, ausgerichtet ist.
Haus der Kunst | www.hausderkunst.de
HDK, Meredith Monk, Millimeter Earrings
© Kenneth van Sickle
München
Meredith Monk Calling
10.11.2023 – 3.3.2024
„Meredith Monk: Calling“ ist die bislang umfassendste
Präsentation zum Schaffen der einflussreichen
US-amerikanischen Künstlerin
(geb. 1942, New York City) mit Werken aus
sechs Jahrzehnten. Monk, die sich frei zwischen
verschiedenen Kunstdisziplinen bewegt,
hat mit ihrer Arbeit die Grenzen von
Musik, Theater, Tanz, Video und Installation
kontinuierlich erweitert. Sie gilt als Wegbereiterin
der ortsspezifischen Performance,
und ihre interdisziplinäre Arbeitsweise hat
die nachfolgenden Generationen maßgeblich
mit- beeinflusst. Im Zentrum steht dabei stets
die suggestive Kraft der verschiedenen Dimensionen
der menschlichen Stimme. Während
Monk in der Musik- und Theaterwelt weithin
bekannt ist, wird die Ausstellung im Haus der
Kunst die erste Ausstellung in Europa sein, die
dem immersiven Werk der Künstlerin gewidmet
ist. Ziel dieser Ausstellung ist es deshalb,
diese Lücke zu schließen und die Rezeption
ihres Werks in Form einer multisensorischen,
innovativen Präsentation zu ermöglichen.
Haus der Kunst | www.hausderkunst.de
Ausstellungsansicht „Broken Music Vol. 2“,
Hamburger Bahnhof – Nationalgalerie der Gegenwart,
17.12.2023–14.5.2024
© Nationalgalerie – Staatliche Museen zu Berlin /
Thomas Bruns
Berlin
Broken Music Vol. 2
70 Jahre Schallplatten und Soundarbeiten
von Künstler:innen
bis 14.5.2023
Alle waren da, Björk, Yoko Ono, Sonic Youth
und John Cage sowieso: gelbe MUSIK, ein kleiner,
1981 gegründeter Plattenladen in West-
Berlin. Betrieben wurde er bis 2014 von Ursula
Block, die 1989 die legendäre Ausstellung
„Broken Music. Artists’ Recordworks“ kuratierte.
Wenn es ein Medium gibt, in dem sich
die Wechselwirkung von Kunst und Musik
seit der Nachkriegszeit widerspiegelt, dann ist
es die Schallplatte. Künstler:innen von Andy
Warhol bis Barbara Kruger gestalten ikonische
Cover, Christina Kubisch und Susan Philipsz
schaffen intensive Soundinstallationen, und
auch Performances oder Lesungen von Anne
Imhof bis Jimmie Durham machen die Schallplatte
für ein späteres Publikum erlebbar.
„Broken Music Vol. 2“ führt die Geschichte
der Schallplatte in der Kunst bis in die Gegenwart
und zeigt rund 700 Schallplatten und
raumfüllende Soundinstallationen aus 70 Jahren
Kunst- und Musikgeschichte.
Hamburger Bahnhof –
Nationalgalerie der Gegenwart – Berlin
www.smb.museum
MK&G, Can You Hear It, Musik und KI
© Henning Rogge
Hamburg
CAN YOU HEAR IT?
Musik und Künstliche Intelligenz
26.5. – 31.10.2023
Im digitalen Zeitalter ist die Künstliche Intelligenz
(KI) ein zentrales Diskussionsthema. Welche
Chancen bietet KI, welche Gefahren birgt
sie? Und wie funktioniert sie überhaupt? Können
Algorithmen die menschliche Kreativität
ersetzen oder sogar übertreffen? Diese Fragen
stellt die Ausstellung „Can You Hear It? Musik
und Künstliche Intelligenz” im MK&G und
präsentiert verschiedene Anwendungen von
KI auf dem Gebiet der Musik. Das Spektrum
der Themen ist vielfältig und reicht von dem
Einsatz der KI in Streamingdiensten über Emotionalität
in der Filmmusik, neue Erkenntnisse
der Musikethnologie und der Instrumentenakustik
bis hin zu Hip-Hop als politisches und
globalisiertes Phänomen. Die Besucher:innen
können die multimedialen und interaktiven
Stationen der facettenreichen Ausstellung auf
spielerische Weise erkunden.
MK&G Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg
www.mkg-hamburg.de
Nevin Aladag, Visualisation
© VG Bild-Kunst, Bonn 2023
Bonn
INTERACTIONS
bis Mitte Oktober 2023
Die Bundeskunsthalle veranstaltet ein Sommerprogramm
der Interaktionen, des Spiels
sowie visueller und akustischer Impulse rund
um das Haus und ergänzt damit die vorhandenen
Kunstwerke im Außenraum: Den sich
allsommerlich auf dem Platz präsentierenden
Wasserpavillon Circular Appearing Rooms
von Jeppe Hein, die Bonner Rutschbahn von
Carsten Höller, die sich um seine eigene Achse
die Fassade hinaufschlängelt, und The Curve
von Bettina Pousttchi, die sich ebenfalls der
Bewegung widmet. Alle drei werden als partizipative
Angebote von einem breiten Publikum
sehr dankbar genutzt und eröffnen neue
Momente der eigenen Wahrnehmung.
Mit den „Interaktionen“ werden verschiedene
Orte des öffentlichen Raumes der Bundes-
kunsthalle – teilweise auch bis zum
Herbst – besetzt: Vom Dach über das Foyer
und das Forum in den Innenhof und auf den
Vorplatz werden ausgewählte Kunstwerke
oder Aufführungen angeboten, die zum interaktiven
Spiel einladen, sich aber auch mit
Bild- sprachen, Tanz, Musik oder Klang als
grenzüberschreitende und universelle Kommunikationsform
beschäftigen. Performances
verschiedener Künstler*innen bilden eine gestische
Ergänzung.
Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik
Deutschland | www.bundeskunsthalle.de
Frankfurt
„MILESTONES – Favorite Club
Tracks 1985–2020“
seit Anfang Februar
Nachdem sich in der Eröffnungsausstellung
des Museum of Modern Electronic Music (gefördert
durch die Hauptpartner Hyundai und
Samsung) alles um den Frankfurter Sven Väth
drehte, steht in der Folge-Präsentation die
elektronische Musik selbst im Mittelpunkt.
Dazu hat das MOMEM über 100 DJs aus über
20 Nationen von sechs Kontinenten eingeladen,
ihre Top 20 der für sie bedeutendsten
Tracks der elektronischen Musik einzureichen.
Unter den teilnehmenden DJs befinden
sich u.a. der italienische Shooting-Star Anfisa
Letyago, die Detroit-Legende Carl Craig,
MOMEM Portal, Foto © Kristof Lemp
aus Frankreich Miss Kittin, die Brasilianierin
BlancaH, der Däne Kölsch und der japanische
Techno-Pionier Ken Ishii.
Aus diesen persönlichen TOP 20 der teilnehmenden
DJs und der Vielzahl der in den letzten
Jahren veröffentlichten Rankings in Magazinen
wie dem deutschen „Groove“ oder
dem internationalen „Mixmag“ haben die
Kuratoren der Ausstellung, Dr. Torben Giese,
Alex Azary und Talla 2XLC, die 50 wichtigsten
Tracks der elektronischen Musik ausgewählt.
Die Ausstellung „MILESTONES – Favorite Club
Tracks 1985–2020“ macht die Energie, Kraft
und Kreativität dieser Tracks nun im zum
Club umgestalteten Museum erlebbar. Der
Ausstellungsbesuch wird zur musikalischen
Reise zwischen House, Trance und Techno, auf
der das Stillstehen schwerfällt.
Zeitgenössische elektronische Musik wird
vor allem über den Tanz-Kontext wahrgenommen.
Dies visualisieren im Rahmen der
Ausstellung über 50 Fotografien von Tanzenden
aus der ganzen Welt, die auf überdimensionierten
Screens (in Zusammenarbeit mit
SAMSUNG) präsentiert werden.
MOMEM Frankfurt, Hauptwache
www.momem.org
pid, 1973-08-28 © Hartmut Beifuss
Dortmund
Nam June Paik: I Expose the Music
bis 27.8.2023
Als „the world’s most famous bad pianist“ bezeichnete sich Nam June Paik gern selbst und
spielte damit auf das musikalische und performative Element in seinem Werk an. Die Ausstellung
„Nam June Paik: I Expose the Music“ des Museums Ostwall im Dortmunder U stellt das
Werk des Pioniers der Videokunst unter diesem Schwerpunkt vor: Live-Momente, die sich wie
ein roter Faden durch seine künstlerische Karriere ziehen.
Rund 100 Arbeiten zeigt die Ausstellung, die am 16. März 2023 eröffnet wurde, darunter Installationen,
Skulpturen, Audio- und Videoarbeiten, ungewöhnliche Partituren, Handlungsanweisungen
und Konzepte sowie Fotodokumente und Plakate. Anschaulich wird so, wie das
Publikum Paiks Performances unmittelbar erlebte und aktiv einbezogen wurde, ob im Galerieraum
oder in der Live-Fernsehübertragung. Erstmals wird in Deutschland die sound- und
bildgewaltige Rauminstallation „Sistine Chapel“ (1993) zu sehen sein, die als frühes Beispiel
multimedialer Immersion einen Remix Paik-spezifischer Pop-/Kulturgeschichte aufführt.
Museum Ostwall im Dortmunder U
www.dortmunder-u.de
MELBA | arttourist.com Jazz | Neue Musik | Elektro | 2023 Elektro | 53
Elektro
© Kai Geiger
Basel (CH)
HEK Haus der
Elektronischen Künste
Das HEK (Haus der Elektronischen
Künste) in Basel widmet sich der
digitalen Kultur und den neuen
Kunstformen des Informationszeitalters.
Seit 2011 finden an diesem
Ort kreative und kritische Diskurse
über die ästhetischen, gesellschaftspolitischen
und ökonomischen
Auswirkungen von Medientechnologien
statt. Das HEK zeigt zeitgenössische
Kunst, die neue Technologien
erforscht und gestaltet;
es fördert eine ästhetische Praxis,
die Informationstechnologien als
Medium nutzt, anschaulich macht
und aktiv in deren Prozesse eingreift.
Damit stellt sich das HEK
den drängenden Fragen zur Kultur
des 21. Jahrhunderts und trägt aktiv
zu deren Vermittlung bei.
Als interdisziplinär ausgerichtetes
Museum befasst sich die Institution
spartenübergreifend mit dem
aktuellen Kunstgeschehen in der
bildenden Kunst, Musik, Theater,
Tanz, Performance und Design. Dabei
bietet das HEK einer breiten Öffentlichkeit
Einblicke in Kunstproduktionen
an der Schnittstelle von
Kunst, Medien und Technologien.
In einem vielfältigen Programm,
bestehend aus Ausstellungen, Performances,
Konzerten, kleineren
Festivalformaten, Vermittlungsangeboten
und Online-Angeboten,
greift das Haus aktuelle gesellschaftliche
Themen und Fragestellungen
auf.
www.hek.ch
Radar Festival, Langstrasse Zurich © Dirk Hoogendoornmoens
11°22’4“142°35’5’’ / Accordion Noise and Visual
Performance / Stefan Mittlböck-Jungwirth-Fohringer
(AT), Johannes Pöll (AT) and Johannes Lugstein (AT)
© Tom Mesic
Linz (A)
Ars Electronica Festival 2023
Festival für Kunst, Technologie
und Gesellschaft
6. – 10.9.2023
Aus erster Hand erfahren, wie neue
Technologien unser Leben verändern.
Selbst erleben, wie Machine
Learning, VR, Robotik oder Biotech
zu einem sozial und ökologisch
nachhaltigen Fortschritt beitragen
können. Auf Augenhöhe mitdiskutieren,
welche Rechte und Pflichten
wir als digitale Bürger*innen haben
sollten. Menschen aus aller Welt
kennenlernen, die kritisch, aber optimistisch
unser aller Zukunft mitgestalten
wollen. Für all das steht
Ars Electronica. Wir freuen uns darauf,
dass auch du mit dabei bist!
Ars Electronica zählt weltweit zu
den ersten Adressen für Medienkunst.
Auf dem Festival triffst du
das Who is Who der internationalen
Medienkunstszene ebenso wie
junge Shootingstars, die gerade erst
anfangen, sich einen Namen zu
machen. Allen voran möchten wir
dir eine der vielen Ausstellungen,
die „CyberArts“ ans Herz legen, wo
die besten Medienkunstwerke des
Jahres zu sehen sind, die von der
internationalen Jury des renommierten
Prix Ars Electronica ausgezeichnet
wurden.
Ein weiteres „Muss“ ist die große
Ausstellung zum jeweiligen Jahresthema
des Festivals, in der immer
wieder künstlerische Positionen auf
spektakuläre Weise präsentiert werden.
Lass dich bei der STARTS Prize
Exhibition von bahnbrechenden
Kooperationen zwischen Wissenschaft,
Technologie und Kunst inspirieren!
Jedes Jahr nutzen mehrere
Dutzend internationale Universitäten
die Ars Electronica als Plattform
Paris (F)
Days Off
29.6. – 8.7.2023
Days Off ist ein Multi-Genre-Musikfestival, das
zu Beginn jedes Sommers in Paris stattfindet.
Die Konzertreihe, die dieses Jahr ihre zehnte
Ausgabe feiert, beherbergt eine Reihe aufregender
und äußerst talentierter Musiker:innen
aus einer Vielzahl von Genres.
Was alle Acts vereint, ist ihr Wunsch zu experimentieren
und etwas Einzigartiges zu schaffen
– von der Ikone der alternativen Musik,
David Byrne, bis zum modernen klassischen
Komponisten Nils Frahm. Das Line-up feiert
die kreativsten Personen und Acts mit mit
Sigur Rós, José González, Obongjayar, Kevin
Morby und viele mehr.
www.daysoff.fr/fr/
und präsentieren in der Campus-
Ausstellung beeindruckende Ergebnisse
ihrer Bildungsprogramme
an der Schnittstelle von Kunst und
Technologie.
www.ars.electronica.art
Graz (A)
springfestival for electronic
art & music Graz
EYE & EAR OPENERS
7.–11.6.2023
Das Programm der 23. Ausgabe des
Festivals steht. Neben hochkarätigen
Acts, die es heuer auch im
Stream zu sehen gibt, verwandeln
außergewöhnliche Streetart-Artists
die Stadt in ein audiovisuelles Gesamtkunstwerk.
Das springfestival
Graz ist seit jeher eine der größten
österreichischen Plattformen für
Elektronische Kunst und Musik und
somit auch Sprungbrett für ein internationales
Fachpublikum. So hat
es beispielsweise im letzten Jahr den
„The Sound Of Graz Wettbewerb“
ins Leben gerufen. Über 80 Einreichungen
von heimischen Talenten
machen den Wettbewerb zu einem
der erfolgreichsten Initiativen, diese
Zürich (CH)
RADAR – Festival For New Music 2023
16.9.2023
Gemeinsam neue Künstler:innen entdecken – im
Spätsommer 2023 geht das Radar Festival in die fünfte
Runde und lässt dich entlang der Langstrasse wieder
frische musikalische Entdeckungen machen. Das
Festival bietet am Samstag, 16. September 2023 ein
unverwechselbares Musik-Erlebnis: Über 25 nationale
und internationale Acts spielen an einem Abend in
mehr als 8 Locations live. Der kompakte Timetable
sowie die Vielfalt und Dichte an Konzerten in einzigartigen
Locations machen das Festival zu einem
außergewöhnlichen, inspirierenden und aufregenden
Erlebnis. Genres spielen am Radar Festival keine
Rolle. Die musikaffinen Festivalbesucher:innen
lassen sich von der Energie der unterschiedlichen
Newcomer-Acts anstecken, ziehen mit Neugier zu
Fuß um die Häuser und tanzen zu unterschiedlichen
Musikgenres bis in die frühen Morgenstunden. Das
Radar Festival begeistert mit genreübergreifender
Live-Musik und ohne Headliner – ein Pflichttermin
für alle neugierigen Musikliebhaber:innen.
www.radarfestival.ch
zu fördern. Nach wie vor zeichnet
sich das Festival dadurch aus, dass
60 Prozent der auftretenden Acts
heimische Künstler:innen sind.
www.springfestival.at
Tomás Saraceno, »Algo-r(h)i(y)thms « (2023) in der
Ausstellung »Renaissance 3.0« im ZKM | Karlsruhe,
2023. | © ZKM | Zentrum für Kunst und Medien
Karlsruhe. Foto: Felix Grünschloß
Radar Festival, Langstrasse Zurich © Dirk Hoogendoornmoens
Radar Festival, Langstrasse Zurich © Dirk Hoogendoornmoens
Ben Howard © BH
Karlsruhe
Peter Weibels Abschiedsausstellung
„Renaissance 3.0. Ein
Basislager für neue Allianzen
von Kunst und Wissenschaft
im 21. Jahrhundert”
bis 7.1.2024
Das ZKM | Zentrum für Kunst und
Medien Karlsruhe trauert um Peter
Weibel, der am 1. März 2023 nach
kurzer schwerer Krankheit verstorben
ist. Bis zuletzt hat er an seinem
Ausstellungs- und Forschungsprojekt
»Renaissance 3.0« gearbeitet.
In seiner neuen und zugleich letzten
Ausstellung der arabischen
und italienischen Renaissance zur
gegenwärtigen dritten Renaissance.
Die Ausstellung errichtet ein Basislager
für neue Allianzen von Kunst
und Wissenschaft im 21. Jahrhundert
und veranschaulicht das Entstehen
einer neuen Werkzeugkultur.
Ein zentrales Element im Ausstellungsraum
bildet das interaktive
Wissensfeld, in dem Besucher:innen
Begriffe im Raum physisch ansteuern
und sich erläutern lassen können.
Das künstlerische Wissensfeld ist
als eine experimentelle Kollaboration
zwischen Mensch und Maschine
konzipiert, bei der menschliches und
maschinelles Lernen performativ in
Aktion zueinander treten.
www.zkm.de
KW-KP-grün © Kraftwerk
Karlsruhe
MENSCH-MASCHINE
KRAFTWERK: Einziges
Deutschland-Konzert 2023
in Karlsruhe
Elektronische Musik und
multimediale Performance
am 12.8. vor dem Schloss
Das KRAFTWERK Projekt wurde
1970 von Ralf Hütter und Florian
Schneider in ihrem Kling.Klang
Studio in Düsseldorf begründet. Als
erste deutsche Künstler wurden sie
2014 mit dem Grammy Lifetime
Achievement Award für ihr Lebenswerk
ausgezeichnet und im Jah-
re 2021 in die Rock & Roll Hall of
Fame aufgenommen. Am Samstag,
12. August, werden KRAFTWERK
ihr einziges Deutschland-Konzert in
diesem Jahr spielen – und zwar in
Karlsruhe.
Das einzige Deutschland-Konzert
2023 verspricht auch eine einzigartige
Show zu werden: Während
KRAFTWERK auf dem Balkon des
Karlsruher Schlosses in Stellung
gehen, projizieren 16 Hochleistungsbeamer,
die für die SCHLOSS-
LICHTSPIELE bereits aufgebaut sein
werden, die Multimedia-Show zum
Konzert auf die 170 Meter breite
Schlossfassade. Im Zusammenspiel
von Musik und Performance-Kunst
kreieren KRAFTWERK auf und vor
dem Karlsruher Schloss ein Gesamtkunstwerk.
Das Projection Mapping
des KRAFTWERK-Konzertes
wird auch während der SCHLOSS-
LICHTSPIELE, die vom 16. August
bis zum 17. September allabendlich
das Karlsruher Schloss leuchten lassen,
als eigenständige Show im Programm
zu sehen sein.
www.karlsruhe-event.de
54 | Elektro | Immersive Art
MELBA | arttourist.com Jazz | Neue Musik | Elektro | 2023
Olafur Eliasson, 2020, Photo © Franca Candrian
Studio Olafur Eliasson
Das Team im Studio Olafur Eliasson besteht aus
Handwerkern und spezialisierten Technikern,
Architekten, Archivaren und Kunsthistorikern,
Web- und Grafi kdesignern, Filmemachern,
Köchen und Administratoren. Sie arbeiten mit
Eliasson zusammen, um sowohl Kunstwerke,
Projekte und Ausstellungen zu entwickeln, zu
produzieren, zu installieren als auch um zu experimentieren,
zu archivieren, zu recherchieren,
zu veröffentlichen und zu kommunizieren.
Eliasson und das Studio realisieren nicht nur
Kunstwerke im eigenen Haus, sondern arbeiten
auch mit Bauingenieuren und anderen Spezialisten
und weltweit mit Kulturschaffenden,
politischen Entscheidungsträgern und Wissenschaftlern
zusammen. Das Studio veranstaltet
Workshops und Veranstaltungen, um den
künstlerischen und intellektuellen Austausch
mit Menschen und Institutionen außerhalb
der Kunstwelt zu fördern. Olafur Eliasson ist
ein sozial und ökologisch engagierter Künstler,
der im Dialog mit Politikern und NGOs steht.
Im September 2019 wurde er von der UN zum
Botschafter für den Klimaschutz ernannt. Eliasson
ist der Überzeugung, dass Kunst eine
Sprache ist, die das Potenzial hat, Menschen in
Bewegung zu versetzen. Raumfü llende Werke,
durch deren Erleben beim Betrachter die Refl
exion über sich selbst und die Welt angeregt
wird, sind sein Kennzeichen. Eliasson arbeitet
seit Mitte der 1990er-Jahre aus seinem Studio in
Berlin mit einem großen Team verschiedenster
Spezialistinnen und Spezialisten, etwa in den
Bereichen Design, Architektur, Recherche und
Multimedia. Das Studio umfasst neben den verschiedenen
Teams und Werkstätten auch eine
Küche, in der gemeinschaftlich gegessen wird.
www.olafureliasson.net
At Studio Olafur Eliasson, lunch at the studio, 2017 Photo: Marí a del Pilar Garcí a Ayensa© 2017 Olafur Eliasson
LATENT BEING - REFIK ANADOL - LIGHT ART SPACE - KRAFTWERK
BERLIN © Camille Blake
Lichtfaktor
Lichtfaktor ist eine Kreativagentur im Bereich
der Premium Kommunikation und des
Live- Entertainments. Von Klassischer Print-
Werbung über Viral-Marketing bis hin zu interaktiven
Installationen und Live-Bühnen-
Performance bietet Lichtfaktor innovative und
einzigartige Produkte. Getrieben von ihrem Anspruch,
die Grenzen des technisch Möglichen
auszureizen und bestehende Kunstformen mit
neuen Darstellungsformen zu kombinieren, erschaffen
Lichtfaktor kreative und individuelle
Lösungen. Seit mehr als zehn Jahren setzt sich
Lichtfaktor professionell mit Light Painting
auseinander. Es ist die Quelle der meisten Innovationen,
die sie geschaffen haben, und der
Ursprung von Lichtfaktor. Mit ihren hohen
Ansprüchen an die Zeichnungen und Lichttexturen
haben sie neue Maßstäbe gesetzt.
Ob Studioproduktion oder Shooting on Location: