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Bio-Vielfalt und Ökologischer Landbau in der ... - Wanderschatten

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Jan-Andres Schulze<br />

<strong>Bio</strong>-<strong>Vielfalt</strong> <strong>und</strong> <strong>Ökologischer</strong> <strong>Landbau</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Krise?<br />

Identitäten <strong>und</strong> Identitätsallianzen „revisited“


1. Werte <strong>und</strong> Identität im Diskurs<br />

1.1. <strong>Bio</strong> unter Dampf <strong>und</strong> Druck<br />

-2-<br />

1.2. Die „Dampfmasch<strong>in</strong>e“ o<strong>der</strong> wie Identität wird<br />

1.3. Eigener Wert ist Goldes Herd<br />

2. Wo <strong>und</strong> wie <strong>Bio</strong> mit spielt <strong>und</strong> mitspielt<br />

2.1. Der agrarische „Werte-Kreis-Lauf“ <strong>in</strong> <strong>der</strong> Kultur<br />

2.2. Die Natur – (nur) zwischen Ökonomie <strong>und</strong> Ökologie?<br />

2.3. E<strong>in</strong>e kle<strong>in</strong>e Wert-Historie des <strong>Landbau</strong>s<br />

3. Am Po<strong>in</strong>t of Sales Purchase<br />

3.1. Typisierungen <strong>der</strong> <strong>Bio</strong>-Wertschöpfungskette<br />

3.2. Der Eco-B<strong>in</strong>d – stetige Identität im Wandel<br />

3.3. Der Eco-Flux – Identität des steten Wandels<br />

4. Marken-Identität <strong>und</strong> Identität durch Marken<br />

4.1. E<strong>in</strong>e Marke, aber bitte recht stufig…<br />

4.2. Der symbolische Tausch im ethischen Konsum<br />

4.3. <strong>Bio</strong> als Marke <strong>der</strong> <strong>Vielfalt</strong><br />

5. Von <strong>der</strong> Masse zum „Must“ des Maßes<br />

5.1. Netz <strong>und</strong> doppelte Moden: Mit Netzen ackern…<br />

5.2. Vom Massen-Kuss zur „Mass-Cust“<br />

5.3. „Flexible Response“ statt „Massive Retail-iation“<br />

Anhang<br />

Literaturverzeichnis<br />

Seite<br />

3<br />

8<br />

22<br />

34<br />

51<br />

65<br />

83<br />

98<br />

105<br />

113<br />

137<br />

151<br />

164<br />

179<br />

200<br />

223<br />

232


1. Werte <strong>und</strong> Identität im Diskurs<br />

-3-<br />

1.1. <strong>Bio</strong> unter Dampf <strong>und</strong> Druck<br />

„Immer dieser Druck“, dachte das Zeichen, als es durch den Stempel auf das Papier<br />

gebracht wurde. Doch wo wäre das Zeichen, wenn nicht <strong>der</strong> Druck des Stempels es<br />

erst erzeugen würde? Diesen <strong>und</strong> an<strong>der</strong>en Fragen, die sich mit Identität <strong>und</strong><br />

Identitätsmanagement im Allgeme<strong>in</strong>en <strong>und</strong> jener des Ökologischen <strong>Landbau</strong>s im<br />

Beson<strong>der</strong>en befassen, stellt sich dieses Buch im Folgenden.<br />

Denn auch <strong>der</strong> Ökologische <strong>Landbau</strong> befasst sich seit e<strong>in</strong>iger Zeit mit Druck, <strong>und</strong> zwar<br />

<strong>in</strong> Form des „Konventionalisierungsdrucks“. Unter dieser begrifflichen Prägung<br />

manifestieren sich Sorgen e<strong>in</strong>es breiten Spektrums von Produzenten, Herstellern wie<br />

auch <strong>der</strong> Politik, gegen den eigenen Willen e<strong>in</strong>en Stempel aufgedrückt zu bekommen,<br />

<strong>der</strong> so gar nicht <strong>in</strong> das Selbstverständnis des Ökologischen <strong>Landbau</strong>s passt.<br />

Konventionalisierung, so heißt dieser „Stempel“. Damit wird die Infiltration <strong>und</strong><br />

Sogwirkung <strong>der</strong> so genannten konventionellen Landwirtschaft <strong>in</strong> sozialen,<br />

ökonomischen <strong>und</strong> technischen Anschauungen <strong>und</strong> Techniken bezeichnet.<br />

Der Konventionalisierungsdebatte zufolge halten Industrialisierung (Mechanisierung,<br />

Organisation <strong>der</strong> betrieblichen Abläufe, Nutzung von Skaleneffekten), das verstärkte<br />

Zurückgreifen auf zugekaufte Betriebsmittel (Masch<strong>in</strong>en, Düngemittel, Futtermittel,<br />

Pestizide), sowie Substitution (Kapital statt Arbeit bzw. Fläche) auch <strong>in</strong> <strong>der</strong> biologischen<br />

Landwirtschaft (<strong>und</strong> <strong>der</strong>en Verarbeitungs- <strong>und</strong> Vermarktungsstrukturen) E<strong>in</strong>zug. 1<br />

Als gefährdet werden <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e angesehen die Betriebsvielfalt, Tierschutz,<br />

Rückstandsfreiheit im H<strong>in</strong>blick auf Medikamentene<strong>in</strong>satz sowie Umweltschutz. 2<br />

Konventionalisierung macht sich beispielsweise bemerkbar durch die Zunahme des<br />

Verarbeitungsgrads, die steigende Anzahl an Zusatzstoffen, den E<strong>in</strong>satz<br />

konventioneller Verarbeitungstechnologien, e<strong>in</strong> Mehr an Verpackung, steigende<br />

Konkurrenz, Verlust an Saisonalität, die Dom<strong>in</strong>anz des konventionellen<br />

Lebensmittele<strong>in</strong>zelhandels sowie die Verdrängung von Herstellermarken durch<br />

1 Darnhofer 2009, S. 514<br />

2 Padel 2007, S. S. 20


-4-<br />

Handelsmarken <strong>und</strong> die zunehmende Abhängigkeit <strong>und</strong> Austauschbarkeit <strong>der</strong><br />

Zulieferer. 3<br />

Im Pflanzenbau zum Beispiel können Anzeichen für e<strong>in</strong>e Konventionalisierung gesehen<br />

werden <strong>in</strong> <strong>der</strong> Verr<strong>in</strong>gerung <strong>der</strong> Arten- <strong>und</strong> Sortenvielfalt, <strong>in</strong> nicht standortangepassten<br />

Sorten, Spezialisierung (weg vom Kreislaufkonzept), <strong>der</strong> Entkopplung von Tierhaltung<br />

<strong>und</strong> Pflanzenbau, <strong>der</strong> Verr<strong>in</strong>gerung <strong>der</strong> <strong>Vielfalt</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Fruchtfolge (steigen<strong>der</strong><br />

Getreideanteil, s<strong>in</strong>ken<strong>der</strong> Legum<strong>in</strong>osenanteil), dem zunehmenden E<strong>in</strong>satz von<br />

zugelassenen, leicht löslichen, organischen Düngern wie auch von<br />

Pflanzenschutzmitteln (Kupfer, Schwefel, Phyrethrum, Rotenon) <strong>und</strong> e<strong>in</strong>er durch die<br />

Gesamtheit dieser Kriterien sich verr<strong>in</strong>gernden <strong>Bio</strong>diversität. 4<br />

Die Konfliktfronten spiegeln die Leitdifferenz von <strong>Bio</strong>landbau <strong>und</strong> konventioneller<br />

Landwirtschaft. Vere<strong>in</strong>facht ausgedrückt manifestiert sich die Spannung zwischen<br />

<strong>Bio</strong>landbau-Pionieren <strong>und</strong> Neu-UmstellerInnen, Idealisten <strong>und</strong> Profiteuren, kle<strong>in</strong>en <strong>und</strong><br />

großen Betrieben, regionalen Produktions-Netzwerken <strong>und</strong> exportorientierten<br />

Herstellern, Systemdenkern <strong>und</strong> „Substituierern“, die Betriebsmittel zukaufen. 5<br />

Nicht nur Urgeste<strong>in</strong>e unter den <strong>Bio</strong>akteuren können sich zum Teil mit <strong>Bio</strong> nicht mehr<br />

identifizieren, bemängeln das Fehlen an Balance, Gleichgewicht, Ethik, Fairness,<br />

ökologischer Kreislaufwirtschaft <strong>und</strong> <strong>Vielfalt</strong> <strong>der</strong> Kulturen - beziehungsweise<br />

diagnostizieren vermehrt kurzfristiges Denken, das sich <strong>in</strong> ökonomischen<br />

Orientierungen <strong>und</strong> Spezialisierungen äußert. 6 Zum Teil wird dies mit Kritik an den<br />

Verbänden verb<strong>und</strong>en, die gegenüber den (neuen) Betriebsleitern alle<strong>in</strong>e die<br />

Richtl<strong>in</strong>ien, aber nicht mehr (ausreichend) die Werte des <strong>Bio</strong>landbaus kommunizieren<br />

würden.<br />

Den Konventionalisierungsdruck verstärkt <strong>der</strong> Umsatz-E<strong>in</strong>bruch bei Naturkostläden,<br />

verb<strong>und</strong>en mit starken Umsatz-Zuwächsen bei Discountern, <strong>der</strong> E<strong>in</strong>stieg<br />

konventioneller Unternehmen <strong>in</strong> den <strong>Bio</strong>landbau, die Auswirkungen globalen Vertriebs<br />

<strong>und</strong> globaler Beschaffungsmöglichkeiten. Schon für 2008 galt nach e<strong>in</strong>er Studie <strong>der</strong><br />

Berl<strong>in</strong>er Strategieagentur „diffferent“, dass für die überwiegende Zahl <strong>der</strong> <strong>Bio</strong>-Käufer <strong>der</strong><br />

3 Darnhofer 2008, S. 6<br />

4 Darnhofer 2008, S. 4<br />

5 Darnhofer 2009, S. 515<br />

6 Vgl. Darnhofer 2009 II, S. 2


-5-<br />

Preis das wichtigste Kriterium bei <strong>der</strong> Kaufentscheidung war. 7 Dazu war im ersten<br />

Halbjahr 2008 die bisher boomende Branche auch noch <strong>in</strong>s M<strong>in</strong>us gerutscht, fünf<br />

Prozent weniger <strong>Bio</strong>-Gemüse hatten die Deutschen gekauft, so die Zentrale Markt- <strong>und</strong><br />

Preisberichtsstelle für Agrarprodukte (ZMP). Der Gesamtumsatz im Fachhandel g<strong>in</strong>g im<br />

zweiten Quartal um mehr als zwei Prozent zurück. Betroffen ist aber das ganze<br />

Spektrum, vom Naturkostlädchen bis zum großflächigen <strong>Bio</strong>-Supermarkt. 8<br />

Wenn die Handlungsfähigkeit schwerwiegend gefährdet ist <strong>und</strong>/o<strong>der</strong> nur unter<br />

Verletzung zentraler Werte <strong>und</strong> Normen gewahrt bleiben kann, dann spricht man von<br />

e<strong>in</strong>er Krise. 9 Krisen s<strong>in</strong>d wortwörtlich Trennungen. 10 Es geht mith<strong>in</strong> um Identität <strong>und</strong><br />

Integrität <strong>der</strong> <strong>Bio</strong>logischen Landwirtschaft.<br />

Götz Rehn, Geschäftsführer <strong>der</strong> <strong>Bio</strong>-Supermarktkette „Alnatura“ ist trotz allem verhalten<br />

zuversichtlich: „Alles hängt jetzt davon ab, wie die Branche Naturkost begreift <strong>und</strong><br />

gestaltet […] Wenn das Profil <strong>der</strong> <strong>Bio</strong>-Erzeugnisse verschwimmt <strong>und</strong> Öko schließlich<br />

zum bloßen Label wird, dann könnte <strong>der</strong> Markt sehr bald gesättigt se<strong>in</strong> […] Sofern <strong>Bio</strong><br />

als ganzheitlicher Impuls auf die Kultur verstanden wird, sehe ich aber noch immer e<strong>in</strong><br />

enormes Potenzial.“ 11 Und Georg Schweisfurth von Basic: „Wir brauchen wie<strong>der</strong><br />

Geschichten zu den Produkten […] Qualität hat mehr Facetten als den bloßen<br />

ökologischen Anbau.“ 12<br />

Die Arbeit hat sich – e<strong>in</strong>gedenk dieser Statements – zum Ziel gesetzt, e<strong>in</strong>ige mögliche<br />

Wege zu e<strong>in</strong>em gel<strong>in</strong>genden Identitätsmanagement näher zu beleuchten. So folgen im<br />

Anschlusskapitel 1.2. Ausführungen zum Phänomen <strong>der</strong> „Identität“, dem wir uns – nicht<br />

ausschließlich, aber hauptsächlich – mit dem Vokabular <strong>der</strong> neuen Systemtheorie<br />

nähern wollen. Erläuterung zur Funktion von Werten schließen sich im darauf<br />

folgenden Kapitel 1.3. an. Der hier vorgestellte „Wertekreis“ wird letztlich die gesamte<br />

Publikation begleiten <strong>und</strong> dient <strong>in</strong> vielen Fällen <strong>der</strong> Visualisierung <strong>und</strong><br />

Zusammenfassung <strong>der</strong> Inhalte.<br />

7<br />

Kiock 2008. Manche Konsumententypen s<strong>in</strong>d natürlich auch für an<strong>der</strong>e <strong>Bio</strong>-Kauf-Kriterien offen.<br />

Darüber handelt diese Arbeit.<br />

8<br />

Exler 2008<br />

9<br />

Kirsch 1999 II, S. 255<br />

10<br />

Krise, von griech „kr<strong>in</strong>e<strong>in</strong>“ = scheiden, son<strong>der</strong>n, trennen<br />

11 Exler 2008/2<br />

12 Exler 2008


-6-<br />

Das Kapitel 2.1. beg<strong>in</strong>nt mit e<strong>in</strong>er etymologischen Verdeutlichung agrartypischer<br />

Tätigkeiten <strong>und</strong> Werthaltungen, die letztlich für den gesamten menschlichen<br />

Kulturprozess paradigmatisch s<strong>in</strong>d. Darauf aufbauend werden im folgenden Abschnitt<br />

2.2. e<strong>in</strong>ige ausgewählte, unterschiedliche Haltungen zur Natur dargelegt, wie sie sich<br />

beispielsweise <strong>in</strong> Natur- <strong>und</strong> Umweltschutz f<strong>in</strong>den, im Kulturlandschaftsschutz, dem<br />

<strong>Bio</strong>topnaturschutz, <strong>der</strong> „Spontannatur“, <strong>der</strong> Natur als maßvoller Wildnis, <strong>der</strong><br />

<strong>in</strong>dividualistischen Stadtnatur, <strong>der</strong> spirituellen Natur wie auch <strong>der</strong> Natur als Ressource.<br />

Das Kapitel 2.3. widmet sich <strong>der</strong> Bestandsaufnahme verschiedener Werthaltungen im<br />

ökologischen <strong>und</strong> konventionellen <strong>Landbau</strong>. Dabei sollen Bandbreiten, Wertdiffusionen<br />

wie auch historischer Wertewandel verdeutlicht werden.<br />

Der Abschnitt 3.1. befasst sich mit e<strong>in</strong>er Typisierung <strong>der</strong> Konsumentenseite des<br />

ökologischen <strong>Landbau</strong>s. Der Fokus liegt auf e<strong>in</strong>er Verortung <strong>der</strong> verschiedenen<br />

Konsumententypen, ihrer Eigenschaften <strong>und</strong> Werthaltungen im Wertekreis. Die<br />

komplementären Eigenschaften <strong>der</strong> „Most Valuable Consumers“ an den<br />

Schwellen/Übergängen des <strong>Bio</strong>landbaus werden <strong>in</strong> Kapitel 3.2. – <strong>der</strong> „Eco-B<strong>in</strong>d“ – <strong>und</strong><br />

Abschnitt 3.3. – <strong>der</strong> „Eco-Flux“ – näher charakterisiert.<br />

Auch im Kapitel 4.1. bleiben wir am „Po<strong>in</strong>t of Purchase“. Zunächst teilen wir Marken <strong>in</strong><br />

verschiedene Entwicklungsstufen e<strong>in</strong>, wobei jede spezifische Stufe mit verschieden<br />

„Persönlichkeitsmerkmalen“, Nutzen <strong>und</strong> Kommunikationsformen e<strong>in</strong>hergeht. Kapitel<br />

4.2. hat den „Ethischen Konsum“ <strong>und</strong> se<strong>in</strong>e herausragende Bedeutung für den<br />

<strong>Bio</strong>landbau zum Thema. 4.3. wie<strong>der</strong>um wechselt den Ort <strong>der</strong> Betrachtung, vom „Po<strong>in</strong>t<br />

of Purchase“ zum „Po<strong>in</strong>t of Production“. Ausgehend von Analogien <strong>und</strong> Symbiosen<br />

zwischen Gartenbauformen <strong>und</strong> Landwirtschaft werden mögliche Synergieeffekte durch<br />

<strong>Vielfalt</strong> <strong>und</strong> übergreifende Kooperationen dargelegt.<br />

Dies leitet über zum Kapitel 5.1., <strong>in</strong> dem Heterarchien als emergente<br />

Kooperationsformen jenseits von Markt <strong>und</strong> Hierarchie vorgestellt werden. Im Abschnitt<br />

5.2. werden die durchaus unter dem Fokus <strong>der</strong> Ganzheitlichkeit zu betitelnden „Open<br />

Innovation“ <strong>und</strong> „Mass Customization“, die als Antwort auf die Krise <strong>der</strong> „Old Economy“<br />

entwickelt wurden, behandelt. Das Schlusskapitel fokussiert im Rahmen <strong>der</strong><br />

erarbeiteten Ergebnisse e<strong>in</strong>e mögliche Strategie zu e<strong>in</strong>em gel<strong>in</strong>genden Kultur-,<br />

Professionalisierung- <strong>und</strong> Identitätsmanagement, das sich größtmöglich von e<strong>in</strong>er<br />

Konventionalisierung unterscheidet.


-7-<br />

Bevor es „losgeht“ möchte ich ausdrücklich <strong>der</strong> Schweisfurth-Stiftung, <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e<br />

ihrem Vorstand danken. Ohne Prof. Dr. Franz-Theo Gottwald wäre diese Arbeit nie<br />

entstanden. Sowohl thematisch als auch <strong>in</strong>haltlich. Was nicht heißt, dass Franz-Theo<br />

Gottwald auch <strong>in</strong>haltlich das hier Dargebrachte zu verantworten hat. Aber er hat die<br />

Identität dieser Arbeit, die sich natürlich jedem Leser an<strong>der</strong>s darbr<strong>in</strong>gt, er hat me<strong>in</strong>e<br />

Gedanken zu diesem Thema durch se<strong>in</strong>e Sicht, se<strong>in</strong>e Anregungen, se<strong>in</strong>e Insi<strong>der</strong>-<br />

Kenntnis <strong>und</strong> tiefgründigen Analysen, nicht zuletzt durch se<strong>in</strong>e Publikationen<br />

entscheidend bee<strong>in</strong>flusst. Er hat sie aber niemals <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Richtung gedrängt. So war<br />

das Ergebnis <strong>in</strong>nerhalb e<strong>in</strong>er großzügigen <strong>und</strong> flexiblen Themenstellung, das Resultat<br />

unserer Zusammenarbeit, je<strong>der</strong>zeit offen. Je<strong>der</strong>, <strong>der</strong> gerne frei <strong>und</strong> kreativ arbeitet,<br />

weiß diese Art <strong>der</strong> Kooperation zu schätzen. Und daher sei Franz-Theo Gottwald das<br />

gesamte Buch, <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e aber das 5. Kapitel, <strong>in</strong> dem es unter an<strong>der</strong>em um<br />

Kontextsteuerung geht, zugeeignet.<br />

Für das Vorwort gilt: In <strong>der</strong> Kürze liegt die Würze, lei<strong>der</strong> konnte dieses Motto nicht das<br />

gesamte Essay lang durchgehalten werden…


-8-<br />

1.2. „Die Dampfmasch<strong>in</strong>e“ o<strong>der</strong> wie Identität wird<br />

In He<strong>in</strong>rich Spoerls Feuerzangenbowle fragt <strong>der</strong> Lehrer „Bömmel“ <strong>in</strong> gemütlich-<br />

nie<strong>der</strong>rhe<strong>in</strong>ischem Dialekt: „Also, wat is en Dampfmasch<strong>in</strong>? Da stelle mer uns janz<br />

dumm. Und da sache mer so: En Dampfmasch<strong>in</strong>, dat is ene jroße schwarze Raum, <strong>der</strong><br />

hat h<strong>in</strong>ten un vorn e Loch. Dat e<strong>in</strong>e Loch, dat is de Feuerung. Und dat an<strong>der</strong>e Loch, dat<br />

krieje mer später.“ Ähnlich verhält es sich mit <strong>der</strong> Identität (vgl. Grafik am Ende dieses<br />

Unterkapitels). Das Handwerkszeug, das hier zur Bestimmung von System <strong>und</strong> Identität<br />

benutzt wird, entstammt zum größten Teil dem Konstruktivismus <strong>der</strong> neuen,<br />

soziologischen Systemtheorie. Zentralbegriff <strong>der</strong> folgenden Ausführungen ist neben <strong>der</strong><br />

Identität <strong>der</strong> des Beobachters.<br />

Der Beobachter legt – wie <strong>der</strong> Lehrer Bömmel – die Art <strong>und</strong> Weise fest, wie <strong>und</strong> was er<br />

beobachtet. Durch ihn wird die Welt <strong>in</strong> diejenigen Räume, Zustände o<strong>der</strong> Inhalte geteilt,<br />

die beobachtet <strong>und</strong> diejenigen, die nicht beobachtet werden. 13 Bereits die Bezeichnung<br />

des Beobachteten macht e<strong>in</strong>e Unterscheidung zw<strong>in</strong>gend. 14 Es handelt sich<br />

beispielsweise um e<strong>in</strong>en, den Sessel (<strong>und</strong> nicht irgende<strong>in</strong> an<strong>der</strong>es Objekt), das „Innen“<br />

(<strong>und</strong> nicht das Draußen), das „Diabolische“ (das Ent-zweite – <strong>und</strong> nicht das Sym-<br />

bolische, das Zusammen-getragene). Am Anfang steht also <strong>der</strong> Beobachter <strong>und</strong> se<strong>in</strong>e<br />

Differenz als „epistemologischer Urknall“, 15 dem Kriterien wie Brauchbarkeit,<br />

Nützlichkeit, S<strong>in</strong>nhaftigkeit entwachsen. 16 Kriterien, die die Persönlichkeitsstruktur des<br />

Beobachters wi<strong>der</strong>spiegeln. Se<strong>in</strong>e Kultur <strong>und</strong> Lebenswelt. Mit <strong>der</strong> Auswahl des<br />

Bezeichneten, des Unterschiedenen geht aber die Identität <strong>der</strong> Differenz verloren: „Man<br />

hat die Wahl, ob man von wahr/unwahr, Krieg/Frieden, Frau/Mann, gut/böse,<br />

Heil/Verdammnis etc. ausgeht, aber wenn man für die e<strong>in</strong>e o<strong>der</strong> die an<strong>der</strong>e<br />

Unterscheidung optiert, hat man nicht mehr die Möglichkeit, die Unterscheidung als<br />

13 Simon 1993, S. 77<br />

14 Vgl. Esposito 1991, S. 42<br />

15 Willke 2005, S. 94<br />

16 Analog dazu s<strong>in</strong>d alle Bemühungen des Rechts um Legitimität, normative Begründung o<strong>der</strong> gar<br />

Gerechtigkeit letztlich vergeblich, da sie alle auf Gewalt <strong>der</strong> ersten Unterscheidung von Recht <strong>und</strong><br />

Unrecht beruhen, die sich selbst nicht mehr als Recht, legitim o<strong>der</strong> gerecht, son<strong>der</strong>n nur noch als<br />

kriterienlose Willkür ausweisen kann, so Teubner 1999, S. 4. Techniken <strong>der</strong> Verhüllung, des<br />

Geheimnisses <strong>und</strong> des Vergessens machen diese Unterscheidung zum „bl<strong>in</strong>den Fleck“, so dass<br />

Nietzsche anführen konnte: „Jede Art von Kultur beg<strong>in</strong>nt damit, dass e<strong>in</strong>e Menge von D<strong>in</strong>gen verschleiert<br />

werden. Der Fortschritt des Menschen hängt an diesem Verschleiern;“ Nietzsche KSA 7, S. 435


-9-<br />

E<strong>in</strong>heit, als Form zu sehen,“ so <strong>der</strong> Begrün<strong>der</strong> <strong>der</strong> soziologischen Systemtheorie Niklas<br />

Luhmann. 17<br />

Dementsprechend ist die Unterscheidung System/Umwelt die systemeigene Differenz<br />

e<strong>in</strong>es Beobachters. Die Umwelt zieht ke<strong>in</strong>e Grenzen um das System, das System<br />

grenzt sich selbst aus. 18 E<strong>in</strong> System ist etwas, das sich selbst aufbaut <strong>und</strong> abgleicht, <strong>in</strong><br />

dem es sich von <strong>der</strong> Umwelt <strong>und</strong> an<strong>der</strong>en Systemen unterscheidet. 19 Systeme s<strong>in</strong>d<br />

nicht nur gelegentlich <strong>und</strong> nicht nur adaptiv, sie s<strong>in</strong>d strukturell auf ihre Umwelt h<strong>in</strong><br />

orientiert <strong>und</strong> könnten ohne Umwelt nicht bestehen. System <strong>und</strong> Umwelt, bestimmen<br />

also gegenseitig die Bed<strong>in</strong>gungen ihrer Verän<strong>der</strong>ung o<strong>der</strong> Erhaltung, so dass man von<br />

e<strong>in</strong>er Ko-Evolution von System <strong>und</strong> Umwelt ausgeht, <strong>in</strong> <strong>der</strong> je<strong>der</strong> die<br />

Überlebensbed<strong>in</strong>gungen – <strong>und</strong> damit Selektionsbed<strong>in</strong>gungen – des an<strong>der</strong>en festlegt. 20<br />

Die damit verb<strong>und</strong>enen spezifischen Wahrnehmungs- <strong>und</strong> Organisationsprozesse, so<br />

<strong>der</strong> Organisationspsychologe Karl E. Weick, haben also nicht von ungefähr Ähnlichkeit<br />

mit den Prozessen <strong>der</strong> natürlichen Auslese. Weick benennt vier zentrale Elemente: 1.<br />

<strong>Ökologischer</strong> Wandel 2. Gestaltung 3. Selektion <strong>und</strong> 4. Retention. 21 <strong>Ökologischer</strong><br />

Wandel bezeichnet Unterschiede <strong>in</strong> den „Erlebnisströmen“, die von „reibungslos“<br />

laufenden D<strong>in</strong>gen abweichen. Diese Unterschiede s<strong>in</strong>d das Rohmaterial für<br />

Gestaltungsprozesse, <strong>in</strong> denen sie geson<strong>der</strong>t, „e<strong>in</strong>geklammert“ werden – was wie<strong>der</strong>um<br />

Auswirkungen auf die Wahrnehmung des ökologischen Wandels hat. In<br />

Gestaltungsprozessen werden die abweichenden Umwelt-Stimuli <strong>in</strong>terpretiert. 22<br />

Selektion ist dann die Auferlegung von Strukturen auf das E<strong>in</strong>- beziehungsweise<br />

Ausgeklammerte. „Ursachenkarten“, unterlegte Kausalitäten, sollen dabei<br />

Mehrdeutigkeiten reduzieren. Dies geschieht mit Hilfe von E<strong>in</strong>stellungen, die im<br />

Kurzzeitgedächtnis gespeichert s<strong>in</strong>d o<strong>der</strong> mit Informationen <strong>und</strong> Orientierungsmustern<br />

aus dem die Persönlichkeit konstituierenden Langzeitgedächtnis. Zu den Informationen<br />

letzterer Art gehören Erfahrungen, Überzeugungen, Werte, Attitüden, Gewohnheiten<br />

<strong>und</strong> Fähigkeiten. 23 Retention bedeutet die relativ direkte Speicherung <strong>der</strong> Produkte<br />

erfolgreicher S<strong>in</strong>ngebung. S<strong>in</strong>nvolle Umwelten s<strong>in</strong>d also „Output“ des „Organisierens“,<br />

17 Luhmann 1991, S. 62ff.<br />

18 Luhmann 1991, S. 73<br />

19 Vgl. Böhr<strong>in</strong>ger 1990, S. 21f.<br />

20 Simon 1993, S. 89<br />

21 Weick 1995, S. 189ff.<br />

22 Abel 2004, S. 92<br />

23 Kirsch 2001, S. 146


-10-<br />

des aktiven Identitätsmanagements, nicht „Input“. Sie entstehen retrospektiv, denn<br />

vergangene Handlungen <strong>und</strong> Ereignisse werden mit S<strong>in</strong>n belegt.<br />

Umwelt<br />

Bereits an <strong>der</strong> Wahrnehmung e<strong>in</strong>es Umwelt-Stimulus verdeutlicht sich, dass<br />

„Eigenwerte“ <strong>und</strong> wahrgenommene „Objekte“ nicht unterschieden werden können. 25<br />

Daher ist die Bildung von Tautologien das Pr<strong>in</strong>zip <strong>der</strong> Konstruktion e<strong>in</strong>er jeden<br />

Realität. 26 O<strong>der</strong> wie <strong>der</strong> <strong>Bio</strong>loge <strong>und</strong> Philosoph Humberto Maturana es ausdrückt: „Wir<br />

bewegen uns <strong>in</strong> <strong>der</strong> Welt wie <strong>der</strong> Pharmakologe, <strong>der</strong> e<strong>in</strong> biologisches Mess<strong>in</strong>strument<br />

benutzt <strong>und</strong> die verschiedenen Substanzen, die ihn <strong>in</strong>teressieren, mit den<br />

Zustandsän<strong>der</strong>ungen se<strong>in</strong>es Mess<strong>in</strong>struments beschreibt. Wir jedoch s<strong>in</strong>d unsere<br />

eigenen Mess<strong>in</strong>strumente für die Beschreibungen, die wir anfertigen, sogar wenn wir<br />

von <strong>der</strong> Vorgehensweise des Pharmakologen sprechen. Daher benutzen wir unsere<br />

eigenen Zustandsverän<strong>der</strong>ungen […], um die Welt <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Konsensbereich zu<br />

beschreiben, dessen e<strong>in</strong>ziger Anspruch auf Gültigkeit <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Beitrag für […] liegt.“ 27<br />

24 Grafik <strong>in</strong> Anlehnung an Weick 1995, S. 193 <strong>und</strong> das psychologische SOR-Paradigma aus Kirsch 2001,<br />

S. 146<br />

25 Foerster 1993, S. 109<br />

26 Simon 1993, S. 97<br />

27 Maturana 1991, S. 113<br />

+<br />

<strong>Ökologischer</strong><br />

Wandel<br />

(Verän<strong>der</strong>ung <strong>der</strong><br />

Umwelt, Stimulus)<br />

Auswahl von<br />

Handlungen<br />

+<br />

Retention<br />

(Speicherung von S<strong>in</strong>n<br />

(im Langzeitgedächtnis),<br />

Persönlichkeit)<br />

+<br />

+;-<br />

Gestaltung<br />

(Entscheidung über e<strong>in</strong>en<br />

Unterschied, Def<strong>in</strong>ition <strong>der</strong><br />

Situation)<br />

Auswahl von<br />

Wahrnehmungen<br />

(mit Hilfe des Langzeitgedächtnis<br />

(Überzeugungen, +;- Werte,<br />

Gewohnheiten, Fähigkeiten)<br />

Selektion<br />

(Auswahl von Kausalitäten <strong>und</strong><br />

Interpretationen (E<strong>in</strong>stellungen<br />

aus dem Kurzzeitgedächtnis))<br />

+<br />

24


-11-<br />

Will heißen: Externe Ereignisse <strong>und</strong> Signale werden <strong>in</strong> spezifischer Weise <strong>in</strong>tern<br />

verarbeitet <strong>und</strong> zwar <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Weise, die vom jeweiligen Zustand des Systems selbst<br />

abhängt. So können dieselben Ereignisse o<strong>der</strong> Interventionen zu unterschiedlichen<br />

Zeiten o<strong>der</strong> <strong>in</strong> unterschiedlichen Situationen ganz unterschiedliche Wirkungen haben.<br />

Komplexe Systeme s<strong>in</strong>d also nicht nur von <strong>der</strong> Umwelt abhängig, son<strong>der</strong>n auch von<br />

sicht selbst, ihrer Vergangenheit <strong>und</strong> ihrne erwarteten Zukünften. 28<br />

Kennzeichen so genannter „autopoietischer Prozesse“ ist demnach e<strong>in</strong>e operationelle<br />

o<strong>der</strong> „organisationelle Geschlossenheit“. 29 Der Begriff <strong>der</strong> Autopoiese entstammt dem<br />

Griechischen 30 <strong>und</strong> kann mit Selbstproduktion übersetzt werden, im Gegensatz zur<br />

Allopoiese, die für die sog. Fremdproduktion steht. 31 Das Verhalten solcher Systeme ist<br />

immer von ihren aktuellen eigenen, <strong>in</strong>ternen Strukturen bestimmt. Gedanken <strong>und</strong><br />

Gefühle schließen an Gedanken <strong>und</strong> Gefühle an, sie produzieren sie <strong>und</strong> sorgen für die<br />

Eigenlogik, die Stabilität <strong>und</strong> die Verän<strong>der</strong>ung psychischer Strukturen <strong>und</strong> Prozesse. 32<br />

Äußere E<strong>in</strong>wirkungen auf e<strong>in</strong> System – Perturbationen, Irritationen – s<strong>in</strong>d damit nicht<br />

kausal vorhersagbar, weil Systeme unterschiedlich reagieren. Denn im Laufe <strong>der</strong><br />

Systemgeschichte bilden sich eigene, hochspezifische Inferenzregeln aus, die die<br />

Beobachtung <strong>der</strong> Umwelt strukturieren, um nicht von <strong>der</strong> Variabilität <strong>und</strong> Komplexität<br />

<strong>der</strong> Umwelt überwältigt zu werden 33 <strong>und</strong> die darüber entscheiden, was für das System<br />

als anschlussfähige Operation <strong>in</strong> Frage kommt <strong>und</strong> was nicht.<br />

28 Vgl. Willke 1989, S. 3<br />

29 Varela 1991, S. 121<br />

30 Griechisch „autos”=selbst; „poiesis“=schöpferische Tätigkeit. Maturana (1991, S. 94ff.) zur Def<strong>in</strong>ition<br />

autopoietischer Systeme: „Es gibt e<strong>in</strong>e Klasse von Systemen, bei <strong>der</strong> jedes Element als e<strong>in</strong>e<br />

zusammengesetzte E<strong>in</strong>heit (System), als e<strong>in</strong> Netzwerk <strong>der</strong> Produktionen von Bestandteilen def<strong>in</strong>iert ist,<br />

die (a) durch ihre Interaktionen rekursiv das Netzwerk <strong>der</strong> Produktionen bilden <strong>und</strong> verwirklichen, das sie<br />

selbst reproduziert hat; (b) die Grenzen des Netzwerks als Bestandteile konstituieren, die an se<strong>in</strong>er<br />

Konstitution <strong>und</strong> Realisierung teilnehmen; <strong>und</strong> (c) das Netzwerk als e<strong>in</strong>e zusammengesetzte E<strong>in</strong>heit <strong>in</strong><br />

dem Raum konstituieren <strong>und</strong> realisieren, <strong>in</strong> dem es existiert […] E<strong>in</strong> autopoietisches System als e<strong>in</strong><br />

dynamisches System unterliegt ständigem strukturellem Wandel. Gleichwohl legt die jeweils<br />

gegenwärtige Struktur zu jedem Zeitpunkt den Bereich möglicher struktureller Verän<strong>der</strong>ungen e<strong>in</strong>es<br />

autopoietischen Systems fest, <strong>und</strong> se<strong>in</strong>e Organisation bestimmt die Grenzen, <strong>in</strong>nerhalb <strong>der</strong>er diese<br />

Verän<strong>der</strong>ungen tatsächlich stattf<strong>in</strong>den können, ohne dass das System se<strong>in</strong>e Klassenidentität verliert […]<br />

Im H<strong>in</strong>blick auf se<strong>in</strong>e Zustände operiert e<strong>in</strong> autopoietisches System als geschlossenes System, das nur<br />

Zustände <strong>der</strong> Autopoiese erzeugt. O<strong>der</strong> an<strong>der</strong>s ausgedrückt: Je<strong>der</strong> Zustand <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em autopoietischen<br />

System ist e<strong>in</strong> Zustand <strong>der</strong> Autopoiese, an<strong>der</strong>nfalls bef<strong>in</strong>det sich das System <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Zustand <strong>der</strong><br />

Auflösung.“<br />

31 Vgl. Kirsch 1999 II, S. 63<br />

32 Simon 2009, S. 55<br />

33 Willke 1989, S. 22


-12-<br />

Dabei bezeichnet <strong>der</strong> Begriff <strong>der</strong> Selbstregulation o<strong>der</strong> Homöostase 34 (Gleich-Stand)<br />

die Fähigkeit e<strong>in</strong>es Systems, sich durch Rückkopplung selbst <strong>in</strong>nerhalb gewisser<br />

Grenzen e<strong>in</strong>e stabile „Realität“ zu errechnen. 35 Der „Rechenvorgang“ verdeutlicht, dass<br />

es sich dabei nicht um e<strong>in</strong> ruhiges, son<strong>der</strong>n dynamisch herzustellendes Gleichgewicht<br />

handelt. 36 Denn bezüglich <strong>der</strong> Aufnahme von Energie <strong>und</strong> Information <strong>in</strong> Form von<br />

Differenzen <strong>und</strong> attraktiven Signalen müssen lebende Systeme offen se<strong>in</strong>. E<strong>in</strong> System<br />

nimmt ständig Energie aus <strong>der</strong> Umwelt auf, verwandelt sie <strong>in</strong> negative Entropie<br />

(Information, Struktur, Ordnung) <strong>und</strong> gibt Entropie („Störungen“) an die Umwelt ab.<br />

Umweltanstöße wirken sich so als Interpunktionen systemeigener Prozesse aus. 37<br />

Individuen orientieren sich also aufgr<strong>und</strong> ihrer eigenen, mal mehr, mal weniger viablen<br />

Wirklichkeitskonstruktion <strong>und</strong> ihres Scheiterns.<br />

In e<strong>in</strong>er relativ statischen Umwelt überlebt e<strong>in</strong> System, wenn es se<strong>in</strong>e bis dah<strong>in</strong><br />

angepassten Strukturen bewahren kann. Bei <strong>der</strong> Assimilation nimmt <strong>der</strong> kognitive<br />

Organismus nur das wahr, was er <strong>in</strong> die eigenen Strukturen e<strong>in</strong>passen kann. Erkennen<br />

heißt dann letztlich, die Umwelt an eigene Transformationssysteme zu assimilieren. 38<br />

Wo sich also die subjektiven Beschreibungen <strong>der</strong> Welt im Laufe e<strong>in</strong>es Lebens nicht<br />

än<strong>der</strong>n, hat sich entwe<strong>der</strong> die Umwelt nicht geän<strong>der</strong>t, o<strong>der</strong> aber das System hat es<br />

geschafft, diese Verän<strong>der</strong>ung im Rahmen „„syntoxischer Reaktionen“ 39 , passiver<br />

Duldung, für sich nicht zur Information werden zu lassen. 40<br />

Än<strong>der</strong>t sich die Umwelt, so reicht die Bewahrung <strong>der</strong> Strukturen oft zum Überleben nicht<br />

mehr aus. Das System muss auf die Unterschiede <strong>in</strong> <strong>der</strong> Umwelt mit Unterschieden <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> eigenen Struktur reagieren. Der allgeme<strong>in</strong>e Begriff für Lernen aus <strong>der</strong> Elim<strong>in</strong>ation<br />

von Störungen, sog. Perturbationen, ist die Äquilibration, die auch als<br />

„Rückkoppelungssystem“ bezeichnet werden kann. 41<br />

34<br />

Das Konzept <strong>der</strong> Homöostase wurde um 1860 von dem Physiologen Claude Bernard beschrieben, <strong>der</strong><br />

Begriff 1929 von Walter Cannon geprägt.<br />

35<br />

Foerster 1993, S. 70<br />

36<br />

Franz Alexan<strong>der</strong>, e<strong>in</strong>er <strong>der</strong> Begrün<strong>der</strong> <strong>der</strong> mo<strong>der</strong>nen Psychosomatik, sieht „e<strong>in</strong>gebaute<br />

Selbstkontrollmechanismen“ das „dynamische Gleichgewicht wie<strong>der</strong>herstellen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em beständigen<br />

Kampf „alter Verhaltensformen“ mit „den Anfor<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> Entwicklung <strong>und</strong> <strong>der</strong> wechselnden<br />

Umstände;“ Alexan<strong>der</strong> 1965, S. 476<br />

37<br />

Willke 2005, S. 103<br />

38<br />

Piaget 1973, S. 22<br />

39<br />

Vgl. Selye 1988, S. 82. Die Annahme von konstanten Werte- <strong>und</strong> Motivationslagen im Ablauf<br />

menschlicher Entwicklung ist aber empirisch aber nicht haltbar, so Bergler 2007, S. 604<br />

40<br />

Vgl. Simon 1993, S. 165<br />

41 Glasersfeld 1997, S. 119


-13-<br />

Wenn bisher erfolgreiche Strukturen o<strong>der</strong> Schemen Pertubationen nicht bewältigen<br />

können, dann kommt es <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel zur „Akkomodation“ o<strong>der</strong> „katatoxischen<br />

Agenzien“, die aktive Verän<strong>der</strong>ung auslösen 42 <strong>und</strong> <strong>in</strong> neuen Strukturen resultieren. 43<br />

Hier setzt e<strong>in</strong> „Lernen des Lernens“ e<strong>in</strong>, 44 bei dem es darum geht, Konstruktionen für<br />

angemessenes Handeln <strong>in</strong> <strong>der</strong> jeweils gegebenen Umwelt zu erzeugen. 45 Auf die<br />

„Auftauphase“, <strong>in</strong> <strong>der</strong> e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>geübte <strong>und</strong> verfestigte Verhaltenssequenz unterbrochen<br />

<strong>und</strong> Problembewusstse<strong>in</strong> erzeugt wird, folgt die eigentliche Verän<strong>der</strong>ungsphase, das<br />

heißt, e<strong>in</strong>e neue Verhaltensweise wird gelernt, die bei „Erfolg“ – erst aus <strong>der</strong><br />

Retrospektive messbar - stabilisiert wird. 46<br />

Die Komplexität <strong>der</strong> Umwelt erzeugt also Konflikte über die Frage, was relevant <strong>und</strong><br />

was nicht relevant h<strong>in</strong>sichtlich <strong>der</strong> beobachteten Umweltparameter ist (Input-<br />

Relevanzen). Komplexität bedeutet dann „Selektionszwang, Selektionszwang heißt<br />

Kont<strong>in</strong>genz, <strong>und</strong> Kont<strong>in</strong>genz heißt Risiko“. 47 Kont<strong>in</strong>genz h<strong>in</strong>gegen erzeugt Konflikte<br />

über die Frage, welche Handlungsmöglichkeiten günstiger, nützlicher s<strong>in</strong>d (Output-<br />

Strategien). Identität <strong>und</strong> Selbstverständnis des Systems bewirken, dass Input- <strong>und</strong><br />

Output-Konflikte nicht gänzlich unabhängig vone<strong>in</strong>an<strong>der</strong> entschieden werden, dass also<br />

etwa die Entscheidung über e<strong>in</strong>e bestimmte Handlungsstrategie auf Perzeptionen <strong>und</strong><br />

Präferenzen gegenüber <strong>der</strong> Umwelt zurückwirkt. 48<br />

Von Reduktion <strong>der</strong> Komplexität kann man dann sprechen, wenn das Relationsgefüge –<br />

im Außen-(Umwelt) o<strong>der</strong> Innenverhältnis des Systems – durch weniger Relationen<br />

rekonstruiert wird. 49 So kann die Umwelt durch Geschichten, e<strong>in</strong>en Mythos<br />

komplexreduziert werden. Innerhalb stetig anwachsen<strong>der</strong> Komplexität 50 s<strong>in</strong>d kulturelle<br />

Kontrollhandlungen, <strong>in</strong>dividuelle Identitätssuche, neue S<strong>in</strong>nzuschreibungen relevant.<br />

42 Vgl. Selye 1988, S. 82<br />

43 Vgl. Piaget 1973, S. 96f. beziehungsweise Glasersfeld 1997, S. 114<br />

44 Bateson (1985, S. 357) bezeichnet dies als deutero-lernen.<br />

45 Aufschnaiter 1992, S. 394<br />

46 Vgl. Lehner 2000, S. 284. In diesen Kontext passt auch das TOTE-Schema (Test-Operate-Test-Exit)<br />

Millers. Dieses Schema behandelt den Prozess, dass e<strong>in</strong> Organismus e<strong>in</strong>en Test e<strong>in</strong>er Situation<br />

vornimmt, aufgr<strong>und</strong> von Abweichungen zwischen Soll- <strong>und</strong> Ist-Vorstellungen Maßnahmen ergreift, erneut<br />

testet <strong>und</strong> im Falle von Übere<strong>in</strong>stimmungen von dem Soll- mit dem Ist-Zustand das TOTE-Schema<br />

verlässt; vgl. Kirsch 2001, S. 147ff.<br />

47 Luhmann 1987, S. 47. Kont<strong>in</strong>gent „ist etwas, was we<strong>der</strong> notwendig ist noch unmöglich ist; was also so,<br />

wie es ist (war, se<strong>in</strong> wird, se<strong>in</strong> kann), aber auch an<strong>der</strong>s möglich ist. Der Begriff bezeichnet mith<strong>in</strong><br />

Gegebenes (Erfahrenes, Erwartetes, Gedachtes, Phantasiertes) im H<strong>in</strong>blick auf mögliches An<strong>der</strong>sse<strong>in</strong>, “<br />

so Luhmann 1987, S. 152<br />

48 Willke 2006, S. 39<br />

49 Luhmann 1987, S. 49<br />

50 Komplexität bezeichnet hier mit Willke den Grad <strong>der</strong> Vielschichtigkeit, Vernetzung <strong>und</strong> Folgelastigkeit<br />

e<strong>in</strong>es Entscheidungsfeldes. Vgl. Willke 2006, S. 23


-14-<br />

Nur Komplexität – neue Relationsgefüge – kann Komplexität reduzieren. Das Ganze ist<br />

damit weniger als die Summe se<strong>in</strong>er Teile, da es die Möglichkeiten <strong>der</strong> Teile nicht<br />

erweitert, aber es ist auch gleichzeitig mehr durch die neuartigen Möglichkeiten des<br />

Ganzen, an denen nun die Teile partizipieren. 51<br />

Die Reduktion von Kont<strong>in</strong>genz wie<strong>der</strong>um wird durch e<strong>in</strong>e Fülle von ordnenden<br />

„E<strong>in</strong>richtungen“ gewährleistet, die Erwartungen <strong>und</strong> Verknüpfungsmöglichkeiten<br />

schaffen, auf Anschlussselektion ausgerichtet s<strong>in</strong>d <strong>und</strong> die Handlungsalternativen auf<br />

e<strong>in</strong> handhabbares Maß beschränken: religiöse Deutungssysteme, moralische<br />

Wertordnungen, Institutionen, Normen, Rollen <strong>und</strong> an<strong>der</strong>e Formen von Konventionen<br />

bis h<strong>in</strong> zur Sprache <strong>und</strong> sozialen Normen. 52<br />

„S<strong>in</strong>n“ spielt e<strong>in</strong>e zentrale Rolle bei <strong>der</strong> Bewältigung von Komplexität <strong>und</strong> Kont<strong>in</strong>genz,<br />

<strong>der</strong> Verb<strong>in</strong>dung von Input <strong>und</strong> Output bei psychischen <strong>und</strong> sozialen Systemen. S<strong>in</strong>n<br />

äußert sich <strong>in</strong> Form von Gedanken <strong>und</strong> Vorstellungen (psychische Systeme) bzw.<br />

sprachlich-symbolisch vermittelter Kommunikation (soziale Systeme). 53 S<strong>in</strong>n ist<br />

prozessural <strong>und</strong> ergibt sich durch spezifisch, subjektive Selektion aus <strong>der</strong><br />

Kommunikation selbst, Selektion <strong>der</strong> Information aufgr<strong>und</strong> e<strong>in</strong>es Unterschiedes,<br />

Selektion <strong>der</strong> Mitteilung (Art <strong>und</strong> Weise <strong>der</strong> Äußerung), Selektion des Verstehens durch<br />

Interpretation. 54 Am Anfang, wie wir bereits oben bemerkt haben, steht also die<br />

Differenz, nicht die Identität. E<strong>in</strong>e Differenz, die zwischen aktual Gegebenem –<br />

beispielsweise e<strong>in</strong>er Aussage - <strong>und</strong> auf Gr<strong>und</strong> dieser Gegebenheit Möglichem – e<strong>in</strong>er<br />

selektiven, verstehenden Bedeutung unterscheidet. 55<br />

Soziale Systeme <strong>und</strong> psychische Systeme, Kommunikation <strong>und</strong> Bewusstse<strong>in</strong>, s<strong>in</strong>d<br />

aufe<strong>in</strong>an<strong>der</strong> angewiesen <strong>und</strong> konstituieren sich gegenseitig. Die Beziehung von S<strong>in</strong>n<br />

<strong>und</strong> System ist demnach e<strong>in</strong>e doppelte: Systeme s<strong>in</strong>d s<strong>in</strong>nkonstituierende <strong>und</strong><br />

51<br />

Vgl. Willke 2005, S. 80f. Man spricht dann auch von Emergenz. Emergenz tritt dann auf, wenn<br />

selbstreferentielle Zirkel entstehen, die sich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Weise mite<strong>in</strong>an<strong>der</strong> verketten, dass sie die Elemente<br />

e<strong>in</strong>es neuen Systems bilden; vgl. Teubner 1992, S. 192. E<strong>in</strong> höheres Emergenzniveau br<strong>in</strong>gt<br />

Verbesserung <strong>der</strong> Steuerungsleistung e<strong>in</strong>es Systems mit sich, s<strong>in</strong>nvolle Relationierungen <strong>und</strong><br />

Verknüpfungsregeln <strong>in</strong> (neuartigen) Steuerungsmedien. Exemplarisch hierfür s<strong>in</strong>d Sprache, Werte,<br />

Normen, Rollen bis h<strong>in</strong> zu spezialisierten, symbolisch generalisierten Steuerungsmedien, vgl. Willke<br />

2006, S. 155<br />

52<br />

Vgl. Willke 2006, S. 28ff.<br />

53<br />

Luhmann 1987, S. 194f.<br />

54<br />

Vgl. Luhmann 1987, S. 194<br />

55<br />

Vgl. Luhmann 1987, S. 112. Innerhalb <strong>der</strong> S<strong>in</strong>ndimension unterscheiden sich Sachdimension,<br />

Zeitdimension <strong>und</strong> Sozialdimension


-15-<br />

s<strong>in</strong>nkonstituierte Gebilde. Sie erzeugen kont<strong>in</strong>uierlich systemspezifischen S<strong>in</strong>n <strong>und</strong><br />

werden doch selbst erst durch die Ausbildung bestimmter abgrenzbarer S<strong>in</strong>nstrukturen<br />

<strong>in</strong> Existenz gebracht. 56<br />

Kommunikation spielt also e<strong>in</strong>e beson<strong>der</strong>e Rolle. Die kle<strong>in</strong>ste E<strong>in</strong>heit, das Basiselement<br />

aller sozialen Systeme ist die e<strong>in</strong>zelne Kommunikation, die im Unterschied zu e<strong>in</strong>er<br />

Handlung zwei o<strong>der</strong> mehr Akteure beziehungsweise Akte koppelt. 57 Die Beschreibung<br />

zwischenmenschlicher Kommunikation im Rahmen e<strong>in</strong>es e<strong>in</strong>fachen Sen<strong>der</strong>-Empfänger-<br />

Models ersche<strong>in</strong>t aber zu statisch, zu „ontisch“, denn „sie suggeriert, dass <strong>der</strong> Absen<strong>der</strong><br />

etwas übergibt, was <strong>der</strong> Empfänger erhält. Das trifft schon deshalb nicht zu, weil <strong>der</strong><br />

Absen<strong>der</strong> nichts weggibt <strong>in</strong> dem S<strong>in</strong>ne, dass er selbst es verliert. Die gesamte<br />

Metaphorik des Besitzens, Habens, Gebens <strong>und</strong> Erhaltens, die gesamte<br />

D<strong>in</strong>gmetaphorik ist ungeeignet für e<strong>in</strong> Verständnis von Kommunikation.“ 58<br />

Ego <strong>und</strong> Alter leisten zwar Kommunikationsbeiträge, wie <strong>und</strong> ob diese aber durch das<br />

Gegenüber verstanden werden, bleibt verborgen. Alter kann nur den<br />

Kommunikationsbeitrag von Ego beobachten <strong>und</strong> <strong>der</strong>ob e<strong>in</strong>e Erwartung haben. 59 Diese<br />

Erwartung bildet die Gr<strong>und</strong>lage für den nächsten Kommunikationsbeitrag von Alter an<br />

Ego. 60 Dabei ist die Bedeutung e<strong>in</strong>es Kommunikationsbeitrags nicht ohne se<strong>in</strong>en<br />

Kontext zu beurteilen, 61 also von <strong>der</strong> Gesprächssituation, den Erfahrungsh<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong>,<br />

<strong>der</strong> Relation <strong>der</strong> Kommunizierenden etc. 62 Es gibt also ke<strong>in</strong>e Form ohne Inhalt, ke<strong>in</strong>en<br />

Inhalt ohne Vermittlungsform.<br />

Die Bedeutung von Mitteilung ist damit so relativ wie <strong>der</strong> Beobachterstandpunkt <strong>der</strong><br />

dynamischen <strong>und</strong> wechselseitigen Rollen im Kommunikationsprozess. Wenn e<strong>in</strong><br />

Kommunikationsbeitrag gedeutet wird <strong>und</strong> dem rezipierenden<br />

Kommunikationsteilnehmer als <strong>in</strong>teressant, unverständlich etc. auffällt, stellt er<br />

möglicherweise e<strong>in</strong>en von außen, aus <strong>der</strong> Umwelt kommenden Unterschied zu se<strong>in</strong>em<br />

56 Willke 2006, S. 51<br />

57 Luhmann 1987, S. 193ff. Ähnlich formuliert Weick zum „doppelten Interakt“: „E<strong>in</strong>e Person führt<br />

irgende<strong>in</strong>e Handlung aus, auf die e<strong>in</strong>e zweite Person reagiert, worauf die erste irgende<strong>in</strong>e vollende<br />

Reaktion auf das, was die zweite tat, von sich gibt;“ Weick 1995, S. 168f.<br />

58 Luhmann 1987, S. 193<br />

59 Jede Seite kann an<strong>der</strong>s auf jede Mitteilung reagieren, als es die jeweiligen Erwartungshaltungen<br />

vermuten lassen. Luhmann spricht hier von „doppelter Kont<strong>in</strong>genz“, vgl. Luhmann 1987, S. 226<br />

60 Tuckermann 2009, S. 157<br />

61 Schon die „Beur-teilung“ legt e<strong>in</strong>e Differenz nahe.<br />

62 Auswahl, Kopplung von „Information“, „Mitteilung“ <strong>und</strong> „Verstehen“ wird von Luhmann als „emergente<br />

E<strong>in</strong>heit <strong>der</strong> Kommunikation“ bezeichnet, vgl. Luhmann 1987, S. 196f.


-16-<br />

bisherigen <strong>in</strong>neren „Welt"-Verarbeitungssystem dar. Ist e<strong>in</strong> solcher Unterschied wichtig,<br />

macht er also e<strong>in</strong>en Unterschied, ist Information. 63<br />

Da Kommunikation nicht direkt beobachtet, son<strong>der</strong>n nur erschlossen werden kann,<br />

muss sie als „Handlungssystem ausgeflaggt werden“, weil man nur am<br />

Anschlußhandeln ablesen kann, ob man verstanden worden ist o<strong>der</strong> nicht.“ 64<br />

Subjektivität konstituiert sich also <strong>in</strong> <strong>in</strong>tersubjektiven Prozessen sozialen Handelns, im<br />

Spannungsfeld zwischen Erwartungen generalisierter <strong>und</strong> spezifischer An<strong>der</strong>er <strong>und</strong> <strong>der</strong><br />

eigenen Impulse. Subjektivität ist also „Selbstbewusstse<strong>in</strong>-<strong>in</strong>-Fremdbewusstse<strong>in</strong>“ 65 <strong>und</strong><br />

damit „doppelseitige Kommunikation“ 66 . Re<strong>in</strong>e Selbstreferenz im S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>es „nur <strong>und</strong><br />

ausschließlich sich auf sich selbst Beziehens“ ist unmöglich. 67<br />

Zwischen den Menschen kommt es zu e<strong>in</strong>em Prozess wechselseitiger Interaktion.<br />

Identität ist dann die Interaktionsgeschichte biographisch geformter Aufschichtung von<br />

Erfahrungen, Selbstbezügen <strong>und</strong> Mustern des vergangenen Handelns. 68 Hier kann es<br />

dann zur Ausbildung geme<strong>in</strong>samer 69 – o<strong>der</strong> eher ähnlich gelagerten 70 - Realitäten von<br />

S<strong>in</strong>n <strong>und</strong> Bedeutung kommen. Maturana bezeichnet dies als „strukturelle Kopplung“. 71<br />

Im Rahmen „struktureller Kopplung“ beschreibt sich e<strong>in</strong> Beobachter <strong>und</strong> se<strong>in</strong> Verhalten<br />

beispielsweise als jemand, <strong>der</strong> vom Beobachter beschrieben wird, <strong>der</strong> vom Beobachter<br />

beschrieben wird, <strong>der</strong> vom Beobachteten beschrieben wird, <strong>der</strong> vom Beobachter<br />

beschrieben wird etc. 72 E<strong>in</strong> unendlicher Prozess von Operationen an Operationen,<br />

<strong>in</strong>dem die geme<strong>in</strong>samen Lebensbed<strong>in</strong>gungen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er geme<strong>in</strong>samen (Interaktions-<br />

)Geschichte ausgehandelt werden <strong>und</strong> permanent neues (Beobachter-)„Wissen“<br />

produziert wird. E<strong>in</strong>e Handlung weiß sich ergo nicht nur als Vollzug ihrer Intention,<br />

son<strong>der</strong>n auch als „für Dich“, „gegen Dich“, „vor Dir“, als für Wahrnehmung bestimmt, als<br />

Dokumentation ihrer eigenen Intention. 73<br />

63 Bateson 1985, S. 488 beziehungsweise 582<br />

64 Vgl. Luhmann 1987, S. 226<br />

65 He<strong>in</strong>richs 2007, S. 38<br />

66 He<strong>in</strong>richs 1998, S. 11<br />

67 Luhmann 1987, S. 604<br />

68 Holtgrewe 2005, S. 350ff.<br />

69 Hejl (1991, S. 327) nennt dies „Synreferentialität”.<br />

70 Denn Kirsch (1999 II, S. 98) merkt hier mit Recht an, das sich die Frage stellt, wer sage können soll,<br />

dass geme<strong>in</strong>same, gleiche, vergleichbare Realitätskonstrukte vorliegen.<br />

71 Maturana 1991, S. 109<br />

72 Simon 1993, S. 107<br />

73 Luhmann 1987, S. 182


-17-<br />

Die Selbstbeobachtung, die E<strong>in</strong>führung <strong>der</strong> System/Umwelt-Differenz <strong>in</strong> das System,<br />

die Beobachtung <strong>der</strong> Beobachtung, schafft nicht nur das fokale System, das<br />

Individuum. Es konstituiert ebenso soziale Systeme. 74 E<strong>in</strong> soziales System als<br />

kommunikatives System wie<strong>der</strong>um reproduziert sich, <strong>in</strong>dem Kommunikation<br />

Kommunikation auslöst („reflexive Kommunikation“ 75 ).<br />

Reflexion me<strong>in</strong>t dann die Fähigkeit, die eigene Identität im Spiegel ihrer Außenansicht<br />

zu betrachten <strong>und</strong> die Beziehung zu sich selbst auch noch unter dem Gesichtspunkt <strong>der</strong><br />

E<strong>in</strong>heit des Systems zu organisieren. 76 Reflexion impliziert mith<strong>in</strong>, dass Identität zum<br />

relationalen Begriff wird <strong>und</strong> nicht mehr als unverrückbare Entelechie verstanden wird.<br />

Denn Reflexion ist „selbst-transformativ“ 77 , womit e<strong>in</strong> Identitätsmanagement darauf<br />

reagieren kann, welche Wirkungen es <strong>in</strong> <strong>der</strong> Umwelt erzeugt <strong>und</strong> welche Identität es –<br />

ggf. orientiert an e<strong>in</strong>er Leitidee, e<strong>in</strong>em Wert – für sich selbst anvisiert. Reflexion beruht<br />

<strong>in</strong>sofern darauf, dass e<strong>in</strong> System die Differenz von System <strong>und</strong> Umwelt immer wie<strong>der</strong> <strong>in</strong><br />

das System e<strong>in</strong>führt – <strong>und</strong> zwar unter dem Gesichtspunkt des Vergleichs möglicher<br />

Identitäten.<br />

Soziale Systeme – wie Organisationen - bestimmen über Reflexion ihre Identität, um<br />

regeln zu können, welche S<strong>in</strong>ne<strong>in</strong>heiten <strong>in</strong>tern die Selbstreproduktion des Systems<br />

ermöglichen. 78 Die Selbstbeschreibung ist dann <strong>der</strong>jenige Teil <strong>der</strong> Selbstbeobachtung,<br />

für den „semantische Artefakte“ (Sprache, Schrift) produziert worden s<strong>in</strong>d. Dazu<br />

gehören „Erzählschemata“ 79 wie e<strong>in</strong> „Code of Conduct“, Strategien, Anbaurichtl<strong>in</strong>ien.<br />

Diese biographischen Kernnarrationen als „Ideologien von sich selbst“ 80 s<strong>in</strong>d auf<br />

dasjenige soziale Umfeld ausgerichtet, das die Identität/Teilidentität hauptsächlich<br />

bestimmt.<br />

74<br />

Luhmann 1987, S. 408<br />

75<br />

Luhmann 1987, S. 63<br />

76<br />

Reflexion steht dann für beson<strong>der</strong>e Sachlagen von „Interaktionssystemen“, wenn Identität über latente<br />

Phasen durchgehalten werden muss; vgl. Luhmann 1987, S. 617<br />

77<br />

Willke 1989, S. 12<br />

78<br />

Luhmann 1987, S. 61<br />

79<br />

Schmidt 2003, S. 9. Hier erklärt sich <strong>der</strong> Zusammenhang zwischen Identität <strong>und</strong> Identifizierung:<br />

idem=<strong>der</strong>/die/dasselbe <strong>und</strong> facere/ficere=machen. E<strong>in</strong>e <strong>der</strong> überraschenden Folgen dieser<br />

„exzentrischen“ Perspektive ist, dass das sich selbst als E<strong>in</strong>heit beobachtende System auf die Idee<br />

kommen kann, dass diese E<strong>in</strong>heit auch an<strong>der</strong>s aussehen könnte.<br />

80<br />

Straus 2008, S. 7


-18-<br />

So wird sukzessive e<strong>in</strong> Bereich koord<strong>in</strong>ierten Verhaltens zwischen den gegenseitig<br />

angepassten Systemen konstituiert <strong>und</strong> <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Prozess <strong>der</strong> Rekursion konsensuelle<br />

Bestimmungen von konsensuellen Bestimmungen angefertigt – beispielsweise e<strong>in</strong>e<br />

(Spezial-)Sprache. 81 Partizipation <strong>und</strong> zivilgesellschaftliche Vernetzung s<strong>in</strong>d damit<br />

zentrale Rahmenvoraussetzung für produktive Projekte <strong>der</strong> Identitätsarbeit <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />

offenen pluralistischen Gesellschaft. 82 Das macht es logisch notwendig, die an<strong>der</strong>en als<br />

autonome Konstrukteure anzuerkennen. Denn „wenn wir sie <strong>in</strong> irgende<strong>in</strong>er Weise mit<br />

Gewalt zw<strong>in</strong>gen, unseren Ideen zu folgen, dann vernichten wir ipso facto die<br />

Möglichkeit, nicht nur nicht <strong>in</strong> ihnen e<strong>in</strong>e Bestätigung unserer eigenen Konstruktionen<br />

zu f<strong>in</strong>den, son<strong>der</strong>n auch überhaupt Erfahrungsspielraum für eigene Konstruktionen<br />

auszumachen.“ 83<br />

Identität, so Jürgen Habermas, „bildet sich zugleich im Medium <strong>der</strong> sprachlichen<br />

Verständigung mit an<strong>der</strong>en <strong>und</strong> im Medium <strong>der</strong> lebensgeschichtlich-<strong>in</strong>trasubjektiven<br />

Verständigung mit sich selbst. Individualität bildet sich <strong>in</strong> Verhältnissen <strong>in</strong>tersubjektiver<br />

Anerkennung <strong>und</strong> <strong>in</strong>tersubjektiv vermittelter Selbstverständigung […] Die Beteiligten<br />

müssen ihre sozial-<strong>in</strong>tegrierten Lebensformen selber erzeugen, <strong>in</strong>dem sie e<strong>in</strong>an<strong>der</strong> als<br />

autonom handlungsfähige Subjekte <strong>und</strong> überdies als Subjekte, die für die Kont<strong>in</strong>uität<br />

ihrer verantwortlich übernommenen Lebensgeschichte e<strong>in</strong>stehen, anerkennen.“ 84<br />

Während dabei die Rollen 85 <strong>und</strong> Teilidentitäten jeweils e<strong>in</strong>en bestimmten Ausschnitt<br />

e<strong>in</strong>er Person darstellen, entsteht das Identitätsgefühl aus <strong>der</strong> Verdichtung sämtlicher<br />

biographischer Erfahrungen <strong>und</strong> Bewertungen <strong>der</strong> eigenen Person auf <strong>der</strong> Folie<br />

zunehmen<strong>der</strong> Generalisierungen. 86<br />

81 Vgl. Maturana 1991, S. 109<br />

82 Keupp 2008, S. 9<br />

83 Glasersfeld 1997, S. 209<br />

84 Habermas 1994, S. 440ff.<br />

85 Rollen s<strong>in</strong>d zu verstehen als Bündel von aufe<strong>in</strong>an<strong>der</strong> bezogenen Erwartungen <strong>und</strong> Regeln <strong>in</strong>nerhalb<br />

e<strong>in</strong>es bestimmten Spiels, vgl. Willke 2005, S. 151<br />

86 Straus 2008, S. 6


87<br />

-19-<br />

In e<strong>in</strong>em ersten Versuch <strong>der</strong> Def<strong>in</strong>ition könnte Identität dann e<strong>in</strong>e von e<strong>in</strong>em<br />

Beobachter def<strong>in</strong>ierte (imag<strong>in</strong>äre) E<strong>in</strong>heit se<strong>in</strong>, die von e<strong>in</strong>em H<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong><br />

unterschieden <strong>und</strong> spezifiziert wird. 88 E<strong>in</strong> Beobachter agiert damit <strong>in</strong> zwei<br />

überschneidungsfreien Phänomenbereichen. Als lebendes System operiert er im<br />

Bereich <strong>der</strong> Autopoiese. Als Beobachter im eigentlichen S<strong>in</strong>ne operiert er <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />

konsensuellen Bereich, <strong>der</strong> nur als e<strong>in</strong> kollektiver Bereich existiert <strong>und</strong> durch die<br />

Interaktion mehrerer Umwelt-Systeme/Organismen bestimmt wird. Hieraus konstituiert<br />

sich Identität.<br />

Identität ist damit e<strong>in</strong>e Eigenschaft <strong>der</strong> Beobachtung, nicht unbed<strong>in</strong>gt e<strong>in</strong>e Eigenschaft<br />

des beobachteten Objekts, sie ist Teil <strong>der</strong> Landkarte, nicht <strong>der</strong> Landschaft, Teil von<br />

statischen Beschreibungen, also von Zeichen <strong>und</strong> Sprachregeln, nicht von<br />

Lebensprozessen. 89 Welche Eigenschaften die Identität konfigurieren, entscheidet <strong>der</strong><br />

Beobachter im Rahmen se<strong>in</strong>er Erfahrungen aus se<strong>in</strong>er Interaktionsgeschichte: „Wir<br />

87 Übersicht aus Keupp 2008, S. 17<br />

88 So beg<strong>in</strong>nt die Ausbildung <strong>der</strong> Identität des K<strong>in</strong>des mit <strong>der</strong> Unterscheidung zwischen dem eigenen Ich<br />

<strong>und</strong> dem Du <strong>der</strong> Mutter o<strong>der</strong> des Vaters, vgl. Willke 2006, S. 176. Maturana weiter: „Im Pr<strong>in</strong>zip kann e<strong>in</strong><br />

Beobachter immer e<strong>in</strong>e sonst e<strong>in</strong>fache E<strong>in</strong>heit als e<strong>in</strong> Kompositum behandeln <strong>und</strong> umgekehrt; dazu muß<br />

er nur die geeigneten Unterscheidungsoperationen spezifizieren;“ Maturana 1991, S. 92.<br />

89 Simon 1993, S. 154ff.


-20-<br />

können uns nicht sehen, wenn wir uns nicht <strong>in</strong> unseren Interaktionen mit an<strong>der</strong>en sehen<br />

lernen <strong>und</strong> dadurch, dass wir die an<strong>der</strong>en als Spiegelungen unserer selbst sehen, auch<br />

uns selbst als Spiegelung <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en sehen.“ 90<br />

Identität existiert damit für e<strong>in</strong>en Beobachter, <strong>der</strong> sich dauerhaft o<strong>der</strong> vorübergehend<br />

zum Richter über sich selbst, se<strong>in</strong>e eigene Interaktionsgeschichte e<strong>in</strong>gesetzt hat. 91<br />

Diese Richtertätigkeit bezeichnen wir als Identitätsmanagement. Sie hat die aktive<br />

Aufrechterhaltung e<strong>in</strong>er bestimmten Differenz zum Ziel, e<strong>in</strong>er Differenz, die das System,<br />

die Umwelt <strong>und</strong> die Grenze konstituiert. 92 Grenzen dienen zur Regulierung <strong>der</strong> System-<br />

Umwelt-Differenz; Grenzerhaltung ist Systemerhaltung. 93 Beobachtungskriterien <strong>und</strong><br />

Identität s<strong>in</strong>d <strong>in</strong>terdependent: Än<strong>der</strong>t sich die Identität, dann wahrsche<strong>in</strong>lich auch die<br />

Eigenschafts- <strong>und</strong> Beobachtungskriterien, än<strong>der</strong>n sich die Beobachtungskriterien, so<br />

wird dies nicht ohne Folgen für die Identität bleiben.<br />

Identitätsmanagement beruht auf e<strong>in</strong>er Reihe aktiver Wie<strong>der</strong>herstellungen <strong>der</strong> Identität,<br />

auf Wie<strong>der</strong>holungen <strong>und</strong> Differenzen (zu e<strong>in</strong>er Umwelt), ist damit gekennzeichnet durch<br />

„Verschiebungen, Beschleunigungen, Verzögerungen, Varianten, Differenzen.“ 94 Um<br />

aber als „E<strong>in</strong>heit des Systems im System ersche<strong>in</strong>en zu können“, verlangt Identität die<br />

„Selbstsimplifikation“, die Reduktion von Komplexität <strong>und</strong> anschließende s<strong>in</strong>nhafte Re-<br />

Generalisierung. 95 Identität wird also erst dann erfolgreich gelebt, wenn die<br />

kont<strong>in</strong>genten Bed<strong>in</strong>gungen dieses Erlebens <strong>in</strong>visibilisiert worden s<strong>in</strong>d. 96<br />

90 Maturana 1991, S. 117<br />

91 Vgl. Rorty 1989, S. 166<br />

92 O<strong>der</strong> wie Luhmann (1987, S. 26) schreibt: „Systeme müssen mit <strong>der</strong> Differenz von Identität <strong>und</strong><br />

Differenz zurechtkommen, wenn sie sich als selbstreferentielle Systeme reproduzieren; o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>s<br />

gesagt. Reproduktion ist das Handhaben dieser Referenz.“<br />

93 Luhmann 1987, S. 35<br />

94 Deleuze 2007, S. 43<br />

95 Luhmann 1987, S. 624<br />

96 Vgl. Schmidt 2003, S. 17


Außenwelt<br />

z.B. an<strong>der</strong>e soziale<br />

Systeme, Umwelt<br />

-21-<br />

Damit kollektives, paralleles Handeln „mehrerer autonomer Identitäten“ zustande kommt<br />

bedarf es e<strong>in</strong>es Bezuges auf e<strong>in</strong> geme<strong>in</strong>sam geteiltes Symbol (Wissen, Gefühl,<br />

Überzeugung) <strong>und</strong> e<strong>in</strong>e soziale Beziehung zwischen den Beteiligten. 98 Zu diesen<br />

Bezügen <strong>und</strong> „normativ e<strong>in</strong>gefrorenen“ 99 S<strong>in</strong>nvorstellungen gehören Werte – die im<br />

folgenden Kapitel im Fokus <strong>der</strong> Betrachtung stehen.<br />

97<br />

Grafik angelehnt an Willke 2006, S. 233<br />

98<br />

E<strong>der</strong> 1990, S. 15<br />

99<br />

Willke 2006, S. 51<br />

Identität<br />

Innenwelt<br />

z.B. psychisches<br />

System o<strong>der</strong><br />

soziales Teilsystem<br />

97


-22-<br />

1.3. Eigener Wert ist Goldes Herd<br />

Wenn, wie oben dargestellt, Systeme s<strong>in</strong>nkonstituierende <strong>und</strong> s<strong>in</strong>nkonstituierte Gebilde<br />

<strong>und</strong> Werte als normative S<strong>in</strong>nvorstellungen gelten, dann schöpfen Menschen Werte,<br />

<strong>und</strong> Werte „konstituieren“ Menschen. In <strong>der</strong> soziologischen Gruppentheorie schließt hier<br />

e<strong>in</strong>e Problemstellung an, die fragt, ob Gruppen entstehen, weil zunächst isolierte<br />

Individuen sich durch geme<strong>in</strong>same Eigenschaften <strong>und</strong> Interesse<br />

zusammengeschlossen haben, o<strong>der</strong> ob diese geme<strong>in</strong>samen Eigenschaften <strong>und</strong><br />

Interessen sich entwickeln, wenn Mitglie<strong>der</strong> durch e<strong>in</strong>en Gruppenzusammenhang<br />

verb<strong>und</strong>en s<strong>in</strong>d. 100 Ähnliches gilt für Werthaltungen, ob also Individuen durch<br />

(e<strong>in</strong>stmals) geme<strong>in</strong>sam geteilte Normen <strong>und</strong> Werte sich zu e<strong>in</strong>er Gesellschaft<br />

verb<strong>in</strong>den, o<strong>der</strong> ob Gesellschaften erst solche geme<strong>in</strong>samen Orientierungsmuster<br />

erzeugen.<br />

Ähnliches gilt für die Organisationsentwicklung. 101 So geht <strong>der</strong> personale Ansatz <strong>der</strong><br />

Organisationsentwicklung davon aus, dass das Verhalten <strong>der</strong> Organisationsmitglie<strong>der</strong><br />

durch Werteän<strong>der</strong>ungen bee<strong>in</strong>flusst wird, was <strong>in</strong> <strong>der</strong> Folge Brüche, Konflikte <strong>und</strong><br />

Identifikationskrisen auslösen kann 102 <strong>und</strong> ergo Anpassungsbedarf nötig macht.<br />

Während <strong>der</strong> strukturale Ansatz <strong>der</strong> Organisationsentwicklung für Än<strong>der</strong>ungen <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Organisationsstruktur plädiert, was Wertewandel zur Folge haben soll. 103 Hier wird e<strong>in</strong><br />

Systemansatz vertreten, <strong>der</strong> beide Ansätze verknüpft. Zunächst aber brauchen wir<br />

we<strong>der</strong> „Henne noch Hahn“, son<strong>der</strong>n müssen, wie die römischen „fetiales“ e<strong>in</strong>en<br />

„Speerwurf <strong>in</strong> den S<strong>und</strong>“ wagen, um zu klären, was Werte se<strong>in</strong> könnten<br />

beziehungsweise welche Rolle sie spielen.<br />

Für den Psychologen Shalom Schwartz von <strong>der</strong> Hebräischen Universität Jerusalem,<br />

s<strong>in</strong>d Werte „desirable, transsituational goals […], that serve as guid<strong>in</strong>g pr<strong>in</strong>ciples <strong>in</strong><br />

people´s lives 104 […] People´s values form a fairly stable hierarchy of relative<br />

100 Vgl. Willke 2006, S. 148<br />

101 Vgl. Lehner 2000, S. 285<br />

102 Rosenstiel 2003, S. 227<br />

103 So führen beispielsweise bessere Arbeits- <strong>und</strong> Lebensbed<strong>in</strong>gungen zu e<strong>in</strong>em deutlichen Anwachsen<br />

selbstgestalterischer Werte. Dies hat laut Welzel (2007, S. 13ff.) nicht mit dem Lebenszyklus zu tun,<br />

Menschen würden nicht unbed<strong>in</strong>gt materialistischer, wenn sie altern.<br />

104 Schwartz 2003, S. 267. O<strong>der</strong> wie Schwartz etwas ausführlicher zu Anfang se<strong>in</strong>er Studie beschreibt:<br />

Werte s<strong>in</strong>d „deeply rooted, abstract motivations that guide, justify or expla<strong>in</strong> attitudes, norms, op<strong>in</strong>ions<br />

and actions […] values are beliefs […] refer to desirable goals […] transcend specific actions and


-23-<br />

importance. Relative importance of values is crucial to decisions.“ 105 In an<strong>der</strong>en Worten:<br />

Werte s<strong>in</strong>d wünschenswerte, übersituative Ziele, sie strukturieren das Leben <strong>und</strong><br />

bestimmen aktive Planung <strong>und</strong> Ausrichtung des Verhaltens über Situationen h<strong>in</strong>weg. 106<br />

Werte geben an, welche Wirklichkeit <strong>in</strong> <strong>der</strong> Zukunft gewünscht wird, <strong>und</strong> unterstützen<br />

bei <strong>der</strong> Selektion von Erfahrungen. 107 Werte modellieren <strong>und</strong> rechtfertigen Verhalten,<br />

dienen <strong>der</strong> E<strong>in</strong>ordnung von Menschen <strong>und</strong> Ereignissen, führen zu gezielter<br />

Wahrnehmung <strong>und</strong> Handlung. 108<br />

Werte kommen nicht unabhängig von personalen <strong>und</strong> sozialen „kommunikativen<br />

Ordnungen“ vor, also von geschichtlichen Kulturgeme<strong>in</strong>schaften des Mite<strong>in</strong>an<strong>der</strong>lebens.<br />

Es „gibt“ also ke<strong>in</strong>e Werte an sich, „son<strong>der</strong>n Werte für uns, die wir, <strong>in</strong>mitten<br />

kommunikativer Ordnungen lebend, nach »gut« <strong>und</strong> »böse« beurteilen.“ 109 „Bewusste“<br />

<strong>in</strong>dividuelle Selektion folgt den Regeln <strong>der</strong> Vermeidung e<strong>in</strong>stellungsdiskrepanter<br />

Informationen beziehungsweise <strong>der</strong> Stabilisierung von E<strong>in</strong>stellungen zur<br />

Gewährleistung konsistenter Schlussfolgerungen. 110 Doch selbst „bewusste“ Selektion<br />

ist nicht „kalte“, son<strong>der</strong>n „heiße Kognition“. 111 Sie wird bee<strong>in</strong>flusst durch Temperament,<br />

Lust, Schmerz, Gestimmtheit, affektive Zustände, durch alltägliche Emotionen wie<br />

Liebe, <strong>in</strong>terpersonelle Attraktion, Glück, Freude, Stolz, Wut, Abscheu, Trauer, Scham<br />

<strong>und</strong> Ängstlichkeit. 112 In e<strong>in</strong>em positiven Gemütszustand werden beispielsweise positive<br />

Informationen effizienter wahrgenommen, kodiert <strong>und</strong> abgerufen, während negative<br />

Informationen <strong>in</strong> negativen Gemütszuständen besser verarbeitet werden. 113 Die<br />

situations […] serve as standards or criteria […] are or<strong>der</strong>s by importance [And] the relative importance of<br />

the set of relevant values guides action”. Vgl. Schwartz 2003, S. 261f.<br />

105 Schwartz 2003, S. 3<br />

106 Rosenstiel 2003, S. 225 wie auch Schwartz 2003, S. 3<br />

107 Paul Nolte (2006, S. 249) term<strong>in</strong>iert die Entstehung von breiten Werthaltungen auf das 18.<br />

Jahrh<strong>und</strong>ert. Ohne diese Aussage <strong>in</strong> Gänze unterstützen zu wollen, bleibt festzuhalten, dass „breite<br />

Werthaltungen“ e<strong>in</strong>en offenen Reflexionshorizont des Handelns voraussetzen, <strong>der</strong> den Menschen <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Voraufklärungszeit so nicht zur Verfügung stand. Wenn alles auf Ewigkeit feststeht, braucht man ke<strong>in</strong>e<br />

Werte, son<strong>der</strong>n Normen des Verhaltens, symbolisiert durch soziale Gruppen, die die Normen <strong>der</strong><br />

ständischen Lebensführung transportieren <strong>und</strong> <strong>in</strong>dividuelle Identität auf e<strong>in</strong> „Ich b<strong>in</strong> wir“ beschränkt, so<br />

Fromm 1959, S. 5. Auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite gilt die „operationale Geschlossenheit“ <strong>in</strong>dividueller Systeme<br />

nach wie vor, so dass nur e<strong>in</strong>e „Als-ob“-Parallelisierung durch Normen erreicht wird. Was zählt ist das<br />

äußere Verhalten, dass aber nicht <strong>in</strong> jedem Fall auf die Konstellationen des operierenden Systems<br />

schließen lässt.<br />

108 Schwartz 2003, S. 4<br />

109 Riedel 2004, S. 77<br />

110 Stroebe 1996, S. 272<br />

111 Scherer 1996, S. 304f.<br />

112 Bagozzi 2000, S. 275<br />

113 Fiedler 1996, S. 171


-24-<br />

„Selektion“ von Werten ist also abhängig von spezifischen „Wirklichkeitshypothesen“ 114<br />

e<strong>in</strong>erseits <strong>und</strong> <strong>der</strong> S<strong>in</strong>nesdatenlage an<strong>der</strong>erseits. 115<br />

Die meisten Merkmale, die wir zur Reizbewertung heranziehen, werden schon während<br />

<strong>der</strong> Sozialisation 116 erworben: Das Lernen von Rollen, Werten, beson<strong>der</strong>en<br />

Geschicklichkeiten, geteilten Überzeugungen, kulturelle <strong>und</strong> soziale „archetypische<br />

Schemata“. Das alles „imprägniert“ Wahrnehmung <strong>und</strong> Verhalten, 117 die<br />

nichtsdestotrotz noch konstruktivistische Eigenleistung bleiben. Beim Kle<strong>in</strong>k<strong>in</strong>d<br />

beispielsweise geschieht dies <strong>in</strong>nerhalb <strong>der</strong> emotionalen Identifizierung mit e<strong>in</strong>er<br />

Bezugsperson. Erst mittels <strong>der</strong> Perspektiven dieser Bezugsperson gelangt es zu e<strong>in</strong>er<br />

Erkenntnis se<strong>in</strong>er Wirklichkeit. 118 Die Nachahmung des konkreten An<strong>der</strong>en, die sich<br />

beim Kle<strong>in</strong>k<strong>in</strong>d aus libid<strong>in</strong>ösen Energien speist, überträgt sich gewissermaßen auf die<br />

Umwelt, die mit denjenigen Bedeutungskomponenten ausgestattet wird, die die geliebte<br />

Person wahrnimmt. Daraus speisen sich dann <strong>in</strong>dividuelle Bedürfnisse wie auch<br />

Gr<strong>und</strong>werthaltungen. Werthaltungen s<strong>in</strong>d damit e<strong>in</strong>e Art zusammenballende<br />

(symbolische) Wie<strong>der</strong>gabe unserer Erfahrungen. Das alles geschieht teils so unbewusst<br />

<strong>und</strong> automatisch, dass man mit Albert Camus „atmen heißt urteilen“ 119 sagen könnte,<br />

Leben heißt werten.<br />

In dieser Mischung zwischen unbewusstem <strong>und</strong> bewusstem Lernen wie auch Werten ist<br />

das sche<strong>in</strong>bar paradoxe Gefühl e<strong>in</strong>er nicht wählbaren <strong>und</strong> doch freiwilligen B<strong>in</strong>dung an<br />

Werte angesiedelt. Der Soziologe <strong>und</strong> Sozialphilosoph Hans Joas dazu: „Zwar mögen<br />

wir durchaus <strong>der</strong> Me<strong>in</strong>ung se<strong>in</strong>, dass wir unsere Wertorientierungen begründen können<br />

sollen, <strong>und</strong> das Begründen <strong>und</strong> Diskutieren mag für selbst e<strong>in</strong> hoher Wert se<strong>in</strong> – aber<br />

das heißt nicht, dass wir unsere Werte tatsächlich aus Begründungen <strong>und</strong> Diskussionen<br />

gewonnen hätten <strong>und</strong> sie aufgäben, wenn uns ihre Begründung schwerfällt.“ 120 Diese<br />

„Ergriffenheit durch Werte“ zeigt sich <strong>in</strong> ihren Begründungen: „Habe ich die Begründung<br />

114 Wirklichkeitsmodelle – im Gegensatz zur „Realität“ – s<strong>in</strong>d auf Dauer gestellte Arrangements <strong>der</strong><br />

S<strong>in</strong>norientierung, die aus Handeln <strong>und</strong> Kommunikation entstehen. Vgl. Schmidt 2003, S. 4<br />

115 Emrich 2008<br />

116 Sozialisation kann als gesellschaftlich verb<strong>in</strong>dliches „Kulturprogramm“ aufgefasst werden, dass die<br />

Annahme verbürgt, dass Mit-Menschen <strong>in</strong> evidenter Weise über vergleichbares Wissen wie das selbst<br />

verfügen. Vgl. Schmidt 2003, S. 4<br />

117 Welsch 2006, S. 35<br />

118 Wie Axel Honneth (2005, S. 53) aufzeigt, geht dem Erkennen also das Anerkennen voraus <strong>und</strong> damit<br />

die Hoffnung auf Sicherheit durch den An<strong>der</strong>en. Schon Allport (1974, S. 37) ist <strong>der</strong> Ansicht, dass es e<strong>in</strong><br />

beträchtliches Maß an Sicherheit <strong>in</strong> den ersten Jahren e<strong>in</strong>es Menschen benötigt, um den Start <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en<br />

„produktiven Lebensstil“ zu ermöglichen.<br />

119 Vgl. Camus 1997, S. 15<br />

120 Joas 1997, S. 22f.


-25-<br />

erschöpft, so b<strong>in</strong> ich nun auf dem harten Felsen angelangt, <strong>und</strong> me<strong>in</strong> Spaten biegt sich<br />

zurück. Ich b<strong>in</strong> dann geneigt zu sagen: »So handle ich eben«.“ 121<br />

Werteakte lassen sich <strong>in</strong> zwei Klassen e<strong>in</strong>teilen. Die erste Klasse bilden die absoluten<br />

Wertungen, die mittels <strong>der</strong> axiologischen Gr<strong>und</strong>prädikate „gut“, „schlecht“, „<strong>in</strong>different“<br />

formuliert werden; zur zweiten gehören komparative Wertungen mit den Prädikaten<br />

„besser“, „schlechter“, „gleichwertig“. 122 Aus beiden resultieren Werte- wie<br />

Güterhierarchien. Bei diesen komparativen Werturteilen nach dem Muster „A ist besser<br />

als B“ kann e<strong>in</strong> „irreducible nervous net“ entstehen, wenn nämlich A besser als B, B<br />

besser als C, aber C besser als A ist - Heterarchie statt Hierarchie ist das Ergebnis. 123<br />

Menschen schreiben also D<strong>in</strong>gen <strong>und</strong> Mitmenschen Wert(e) zu, weil sie – bewusst o<strong>der</strong><br />

unbewusst – schätzen, werten, bewerten, e<strong>in</strong>schätzen, würdigen. 124 Der Mensch<br />

entwickelt sich „unter dem E<strong>in</strong>fluss von Wert-Schemata, <strong>der</strong>en Beachtung er als<br />

wünschenswert empf<strong>in</strong>det, auch wenn er nie Vollkommenheit dar<strong>in</strong> erreicht. In<br />

Übere<strong>in</strong>stimmung mit solchen Schemata wählt er se<strong>in</strong>e Wahrnehmungen, befragt er<br />

se<strong>in</strong> Gewissen, hemmt er irrelevante o<strong>der</strong> ihm entgegengesetzte Verhaltensl<strong>in</strong>ien, bildet<br />

er Untersysteme von Gewohnheiten, je nachdem, ob sie ihm E<strong>in</strong>klang mit se<strong>in</strong>en<br />

Verpflichtungen stehen o<strong>der</strong> nicht,“ 125 so <strong>der</strong> US-Psychologe Gordon W. Allport. O<strong>der</strong><br />

wie es die Neurowissenschaft formuliert: „E<strong>in</strong>zelne Gehirne organisieren sich auf Gr<strong>und</strong><br />

genetischer Unterschiede <strong>und</strong> nicht reproduzierbarer Prägungsvorgänge durch<br />

Umwelte<strong>in</strong>flüsse selbst – <strong>und</strong> zwar auf sehr unterschiedliche Weise, <strong>in</strong>dividuellen<br />

Bedürfnissen <strong>und</strong> e<strong>in</strong>em <strong>in</strong>dividuellen Wertesystem folgend.“ 126<br />

Demnach müssten Werte auch zeit- <strong>und</strong> raumabhängig se<strong>in</strong>, also <strong>in</strong> jeweiligen<br />

(sozialen <strong>und</strong> personalen) Kontexten an<strong>der</strong>s <strong>in</strong>terpretiert werden. E<strong>in</strong> junger Mensch<br />

auf <strong>der</strong> Bodensee<strong>in</strong>sel Ma<strong>in</strong>au wird höchstwahrsche<strong>in</strong>lich an<strong>der</strong>e Erfahrungen haben<br />

<strong>und</strong> Werte bevorzugen, wie e<strong>in</strong> älterer Nomade <strong>in</strong> <strong>der</strong> Wüste Gobi. So werden<br />

diejenigen Werte am stärksten ver<strong>in</strong>nerlicht, die am besten helfen, gemachte<br />

Erfahrungen s<strong>in</strong>nvoll zu ordnen <strong>und</strong> gegebene Lebensumstände zu meistern. Daher<br />

121<br />

Wittgenste<strong>in</strong> 1984, Philosophische Untersuchungen, S. 350, Nr. 216<br />

122<br />

Riedel 2004, S. 77<br />

123<br />

Vgl. McCulloch 1945, S. 3 sowie <strong>in</strong> dieser Abhandlung Kapitel 5.1.<br />

124<br />

Würde <strong>und</strong> Wert s<strong>in</strong>d etymologisch verwandt. Pieper (2007, S. 13f.) hierzu: „Wir schreiben dem Leben<br />

als Mensch immer schon e<strong>in</strong>en Wert zu. Wir entdecken uns als Normen <strong>und</strong> Werte setzende Instanz,<br />

<strong>in</strong>dem wir alles, was das [unser, JAS] Leben beh<strong>in</strong><strong>der</strong>t, moralisch verbieten.“<br />

125<br />

Allport 1974, S. 71<br />

126 Manifest 2004, S. 36


-26-<br />

br<strong>in</strong>gen Wertungen auch immer Empf<strong>in</strong>dungen, Gefühle, Neigungen zum Ausdruck: „In<br />

dem man geme<strong>in</strong>h<strong>in</strong> sagen würde, man fälle e<strong>in</strong> ethisches Urteil, ist die Funktion des<br />

relevanten ethischen Wortes re<strong>in</strong> »emotional«. Es wird dazu verwendet, e<strong>in</strong>e<br />

Empf<strong>in</strong>dung über bestimmte Gegenstände auszudrücken, nicht aber, e<strong>in</strong>e Behauptung<br />

über sie aufzustellen […] um so Handlungen anzuregen.“ 127 Wenn wir etwas als „gut“<br />

bezeichnen, sprechen wir also damit e<strong>in</strong>e Empfehlung aus, die denselben logischen<br />

Strukturen folgt, wie normative Urteile. Daraus erklärt sich, weshalb die Me<strong>in</strong>ung<br />

vertreten werden konnte, dass zwischen Werten <strong>und</strong> Normen gar nicht unterschieden<br />

zu werden braucht. 128<br />

Während Werthaltungen beziehungsweise Wertorientierungen eher abstrakt, stabil <strong>und</strong><br />

situationsübergreifend s<strong>in</strong>d, s<strong>in</strong>d E<strong>in</strong>stellungen auf spezifische Personen, Gruppen,<br />

Ideen o<strong>der</strong> Objekte gerichtet. 129 Normen wie<strong>der</strong>um s<strong>in</strong>d im Unterschied zu den zu<br />

Wertorientierungen gesellschaftlich sanktionierte Werte, die nicht unbed<strong>in</strong>gt<br />

ver<strong>in</strong>nerlicht werden müssen. 130 Wertorientierungen s<strong>in</strong>d auch <strong>in</strong> Abwesenheit<br />

äußerlicher Sanktionen wirksam. Man unterscheidet bei Werten primäre, term<strong>in</strong>ale<br />

Zielwerte wie Glück, Wohlstand, Sicherheit von den sek<strong>und</strong>ären, <strong>in</strong>strumentellen Werte<br />

wie Ehrlichkeit, Pünktlichkeit etc., die zum Erreichen <strong>der</strong> Zielwerte beitragen sollen. 131<br />

Aber nicht nur Individuen, auch Kollektive <strong>und</strong> Kulturen können als letzte Bezugsgrößen<br />

Werte haben. 132 Während biologische Evolution den Genpool <strong>und</strong> damit die biologische<br />

Identität steuert, ist die „kulturelle Evolution“ verantwortlich für e<strong>in</strong> Verbleib im „Mem“-<br />

Pool 133 <strong>und</strong> den Ausbau kultureller Identität. Der homo sapiens kann sich also als<br />

diejenige Gattung unter den Lebewesen def<strong>in</strong>ieren, die durch e<strong>in</strong>e doppelte Erbschaft<br />

geprägt ist, <strong>in</strong>sofern die natürliche Sprache - <strong>der</strong> genetische Code - von e<strong>in</strong>er<br />

127 Ayer 1970, S. 142<br />

128 Vgl. Riedel 2004, S. 87<br />

129 Stahlberg 1996, S. 230<br />

130 Welzel 2007, S. 1<br />

131 Analog zu Thomae, <strong>der</strong> zwischen auf e<strong>in</strong> Ziel, e<strong>in</strong>e „Endqualität, auf „S<strong>in</strong>n“ o<strong>der</strong> Bedeutsamkeit<br />

ausgerichtete „Dase<strong>in</strong>sthemen“ <strong>und</strong> <strong>in</strong>strumentellen „Dase<strong>in</strong>stechniken“ unterscheidet. Vgl. unter<br />

an<strong>der</strong>em Thomas 1968, S. 331<br />

132 Vgl. Welzel 2007, S. 2<br />

133 Während Gene im wesentlichen Anweisungen zum Bau von Prote<strong>in</strong>en s<strong>in</strong>d, die <strong>in</strong> den Zellen des<br />

Körpers gespeichert <strong>und</strong> bei <strong>der</strong> Fortpflanzung weitergegeben werden, s<strong>in</strong>d Meme Anweisungen zur<br />

Ausübung von Verhaltensweisen, die im Gehirn (o<strong>der</strong> <strong>in</strong> an<strong>der</strong>en Objekten) gespeichert <strong>und</strong> per Imitation<br />

weitergegeben. Ihr Wettbewerb treibt die Evolution des Geistes voran. Sowohl Gene als auch Meme s<strong>in</strong>d<br />

Replikatoren; sie müssen den allgeme<strong>in</strong>en Pr<strong>in</strong>zipien <strong>der</strong> Evolutionstheorie gehorchen <strong>und</strong> s<strong>in</strong>d <strong>in</strong><br />

diesem S<strong>in</strong>ne gleich. Analog zu koadaptierten Genkomplexen kooperieren vor e<strong>in</strong>em geme<strong>in</strong>samen<br />

H<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong> selektierte Meme <strong>in</strong> e<strong>in</strong>an<strong>der</strong> unterstützenden Memplexen – unterstützend <strong>in</strong>nerhalb des<br />

Memplexes, aber fe<strong>in</strong>dlich gegenüber rivalisierenden Memplexen. Vgl. Blackmore 2005, S. 48f.


-27-<br />

„exosomatischen Sprache“ 134 - <strong>der</strong> kulturellen Tradition <strong>und</strong> denen <strong>in</strong> ihr bef<strong>in</strong>dlichen<br />

Werteclustern - begleitet ist. Werte werden hier durch Vorbil<strong>der</strong> („heroische Geschichte“<br />

/ Historismus), soziale Verpflichtungen <strong>und</strong> Gruppennormen weitergegeben <strong>und</strong><br />

nachgeahmt. Somit leiten Werte Identität, Bewertungen <strong>und</strong> Handeln auf<br />

gesellschaftlicher, Organisations-, Gruppen- <strong>und</strong> Personen-Ebene.<br />

In e<strong>in</strong>er aufwändigen Studie hat <strong>der</strong> bereits erwähnte Psychologe Shalom Schwartz<br />

Daten aus 67 Län<strong>der</strong>n 135 – davon 21 europäische („European Social Survey“) –<br />

erhoben. Die Auswertung zeigt, dass <strong>in</strong> nahezu allen Kulturen zehn identische<br />

Wertetypen ausgemacht werden können: „These ten values cover the dist<strong>in</strong>ct content<br />

categories I fo<strong>und</strong> <strong>in</strong> earlier value theories, <strong>in</strong> value questionnaires from different<br />

cultures, and <strong>in</strong> religious and philosophical discussions of values.” 136 Die Verortung <strong>und</strong><br />

Wie<strong>der</strong>gabe dieser Werttypen erfolgt <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Wertekreis: 137<br />

Dieser Wertekreis gibt die Struktur sich ergänzen<strong>der</strong> <strong>und</strong> konkurrieren<strong>der</strong> Werte wie<strong>der</strong>.<br />

Ähnliche Wertorientierungen liegen nahe beie<strong>in</strong>an<strong>der</strong>, konfligierende e<strong>in</strong>an<strong>der</strong><br />

134 Vgl. Agamben 2001, S. 87<br />

135 Schwartz 2003, S. 268<br />

136 Schwartz 2003, S. 267<br />

137 Schwartz 2006, S. 5


-28-<br />

gegenüber. So stehen Selbst-Steigerungs-Werte (Self-Enhancement) gegen Selbst-<br />

Übersteigende-Werte (Self-Transcendence), o<strong>der</strong> wie es <strong>in</strong> <strong>der</strong> deutschen Übersetzung<br />

des Schwartzschen Wertekreises von Micha Strack heißt: Egozentrische gegen<br />

Universalistische Werte. 138 Ebenso stehen Werte, die laut Schwartz mit „Offenheit für<br />

Wandel“(Opennes to Flux) umschrieben werden können, gegen konservative Werte<br />

(Conservation). In <strong>der</strong> Kennzeichnung von Strack s<strong>in</strong>d dies Selbstbestimmungswerte<br />

gegen Traditionswerte. Wir werden uns im Folgenden auf den von Micha Strack<br />

modifizierten Wertekreis (von Schwartz) beziehen, <strong>der</strong> nicht nur sprachlich, son<strong>der</strong>n<br />

auch <strong>in</strong>haltlich an mitteleuropäische (beziehungsweise deutsche) Verhältnisse<br />

angepasst ist.<br />

138 Strack 2008, S. 95


-29-<br />

Als gr<strong>und</strong>legend gelten die 10 im äußeren Kreis wie<strong>der</strong>gegebenen Wertorientierungen.<br />

Dies s<strong>in</strong>d Macht, Leistung, Hedonismus (Suche nach Glück <strong>und</strong> Genuss), Stimulation,<br />

Selbstbestimmung, Universalismus, Sozialität, Tradition, Konformität <strong>und</strong> Sicherheit,<br />

Schwartz hat diese 10 Werteorientierungen wir folgt charakterisiert: 139<br />

POWER: Social status and prestige, control or dom<strong>in</strong>ance over people and<br />

resources. (social power, authority, wealth, preserv<strong>in</strong>g my public image).<br />

ACHIEVEMENT: Personal success through demonstrat<strong>in</strong>g competence<br />

accord<strong>in</strong>g to social standards. (successful, capable, ambitious, <strong>in</strong>fluential).<br />

HEDONISM: Pleasure and sensuous gratification for oneself. (pleasure, enjoy<strong>in</strong>g<br />

life,self-<strong>in</strong>dulgence).<br />

STIMULATION: Excitement, novelty, and challenge <strong>in</strong> life. (dar<strong>in</strong>g, a varied life,<br />

an excit<strong>in</strong>g life).<br />

SELF-DIRECTION: Independent thought and action-choos<strong>in</strong>g, creat<strong>in</strong>g,<br />

explor<strong>in</strong>g. (creativity, freedom, <strong>in</strong>dependent, curious, choos<strong>in</strong>g own goals)<br />

UNIVERSALISM: Un<strong>der</strong>stand<strong>in</strong>g, appreciation, tolerance and protection for the<br />

welfare of all people and for nature. (broadm<strong>in</strong>ded, wisdom, social justice,<br />

equality, a world at peace, a world of beauty, unity with nature, protect<strong>in</strong>g the<br />

environment).<br />

BENEVOLENCE: Preservation and enhancement of the welfare of people with<br />

whom one is <strong>in</strong> frequent personal contact. (helpful, honest, forgiv<strong>in</strong>g, loyal,<br />

responsible).<br />

TRADITION: Respect, commitment and acceptance of the customs and ideas<br />

that traditional culture or religion provide the self. (humble, accept<strong>in</strong>g my portion<br />

<strong>in</strong> life, devout, respect for tradition, mo<strong>der</strong>ate).<br />

CONFORMITY: Restra<strong>in</strong>t of actions, <strong>in</strong>cl<strong>in</strong>ations, and impulses likely to upset or<br />

harm others and violate social expectations or norms. (politeness, obedient, self-<br />

discipl<strong>in</strong>e, honour<strong>in</strong>g parents and el<strong>der</strong>s).<br />

SECURITY: Safety, harmony and stability of society, of relationships, and of self.<br />

(family security, national security, social or<strong>der</strong>, clean, reciprocation of favours).<br />

Es gibt aber auch Kritik am Modell des Wertekreises. 140 Zu statisch heißt es da, zumal<br />

ja je<strong>der</strong> <strong>in</strong>dividuell behauptete Wert, jede Be-Wertung, auf Urteilen <strong>und</strong> Fühlen beruht,<br />

139 Schwartz 2003, S. 267<br />

140 Vgl. Mohler 2005


-30-<br />

also letztlich kont<strong>in</strong>gent sei. Ebenso liessen sich hierarchische Ungleichheiten kaum<br />

darstellen, wie zum Beispiel Lebenszyklen, Stadt/Land, Nationalität etc., die nach wir<br />

vor im Bewusstse<strong>in</strong> <strong>der</strong> Bevölkerung präsent seien. 141 Für die vertikale Darstellung des<br />

Wertekreises sprechen h<strong>in</strong>gegen die Vere<strong>in</strong>heitlichung <strong>der</strong> Lebensbed<strong>in</strong>gungen, die<br />

Auflösung schichttypischer Subkulturen <strong>und</strong> traditioneller Solidaritäten, das allgeme<strong>in</strong><br />

höhere Bildungsniveau, die Zunahme sozialer Mobilität <strong>und</strong> die Pluralisierung von<br />

Konfliktl<strong>in</strong>ien. Arbeitslosigkeit <strong>und</strong>/o<strong>der</strong> ger<strong>in</strong>ges E<strong>in</strong>kommen s<strong>in</strong>d ke<strong>in</strong>eswegs mehr nur<br />

von Schicht o<strong>der</strong> Bildungsniveau abhängig. Soziale Konflikte s<strong>in</strong>d immer weniger<br />

Klassen- <strong>und</strong> Schichtkonflikte, denn themen- <strong>und</strong> situationsspezifische<br />

Interessenkollisionen. 142 Diese zum<strong>in</strong>dest auf Europa zutreffenden Phänomene könnten<br />

daher auch ausschlaggebend se<strong>in</strong>, dass <strong>der</strong> Wertekreis <strong>in</strong> nahezu allen europäischen<br />

Län<strong>der</strong>n verifiziert wurde.<br />

Für die nun folgenden Darstellungen ist <strong>der</strong> Wertekreis auch nicht sakrosankt. Aber<br />

auch hier – analog dem „epistemologischen Urknall“ des Beobachtens – gilt, „dass wir<br />

immer anfangen müssen mit e<strong>in</strong>er E<strong>in</strong>teilung <strong>der</strong> Welt <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en Gegenstand, den wir<br />

studieren wollen <strong>und</strong> <strong>in</strong> die übrige Welt, zu <strong>der</strong> wir auch selbst gehören, <strong>und</strong> dass diese<br />

E<strong>in</strong>teilung bis zu e<strong>in</strong>em gewissen Grade willkürlich ist“ – so Werner Heisenberg. 143<br />

Damit ist natürlich die Gefahr e<strong>in</strong>er „verd<strong>in</strong>glichenden Konzeptbildung“ verb<strong>und</strong>en, die<br />

den Prozessen leben<strong>der</strong> Systeme nicht gerecht wird. 144 An<strong>der</strong>erseits soll <strong>der</strong> Wertekreis<br />

ja „nur“ als „diagrammatisches“ Konzept im S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>er Zusammenballung fungieren -<br />

nicht als <strong>in</strong>ter- <strong>und</strong> transsubjektives Wahrheits- <strong>und</strong> Wirklichkeitskriterium – denn er<br />

ermöglicht die Darstellung von Polarisierung. 145<br />

Die mit den verschiedenen Wertesektoren verb<strong>und</strong>enen Werthaltungen s<strong>in</strong>d nach<br />

unserer Me<strong>in</strong>ung auf ke<strong>in</strong>en Fall so aufzufassen, dass damit e<strong>in</strong> über alle Kontexte<br />

erhabener statischer Charakter dargestellt <strong>und</strong> nomothethisch erfassbar wäre. 146 Wir<br />

gehen vielmehr von e<strong>in</strong>em situativen, technischen Eklektizismus des Individuums <strong>in</strong><br />

verschiedenen Handlungssituationen <strong>und</strong> Kontexten aus, die durch unterschiedlichste<br />

Orientierungsmuster <strong>und</strong> Werthaltungen strukturiert se<strong>in</strong> können <strong>und</strong> <strong>in</strong>sofern alle<br />

141<br />

Vgl. Solga 2003, S. 5<br />

142<br />

Vgl. Solga 2003, S. 13. Dennoch bleibt natürlich auf jeden Fall zu berücksichtigen, dass es sich bei<br />

Wertkonstellationen im Zeitalter des Postmaterialismus immer um transitorische Positionen handelt.<br />

143<br />

Heisenberg 2008, S. 59<br />

144<br />

Vgl. Simon 1993, S. 249ff.<br />

145<br />

Kreis heißt griechisch „sphaira“<br />

146<br />

Zur Unterscheidung idiographischen <strong>und</strong> deskriptiven sowie nomothetischen <strong>und</strong> normativen<br />

Ansätzen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Persönlichkeitsforschung vgl. Thomae 1968, S. 10ff.


-31-<br />

Sektoren <strong>und</strong> Werthaltungen des Wertekreises <strong>in</strong> gleicher Weise relevant ersche<strong>in</strong>en<br />

lassen. Die Bezugnahme auf den Wertekreis gestattet uns <strong>in</strong> vielerlei H<strong>in</strong>sicht, die<br />

ansonsten recht übliche Kreuztabellierung zu umgehen, die e<strong>in</strong>en eher statischen<br />

E<strong>in</strong>druck h<strong>in</strong>terlässt. Uns ist vielmehr e<strong>in</strong> Anliegen, die hier erarbeiteten „Ergebnisse“<br />

als Zwischenergebnisse <strong>und</strong> Resultat spezifischer pluralistischer Sprach- <strong>und</strong> Bildspiele<br />

anzubieten, die wie<strong>der</strong>um dem dynamischem Wandel unterworfen s<strong>in</strong>d, also nicht<br />

generell, <strong>in</strong> abstracto, <strong>in</strong> Ewigkeit <strong>und</strong> ohne Kontext gelten, da sie aus <strong>der</strong> Sichtweise<br />

e<strong>in</strong>es notwendigerweise „monistischen“ Beobachters stammen.<br />

Die Dynamik <strong>der</strong> Kreisform sche<strong>in</strong>t dies am besten zu unterstreichen. Natürlich mit<br />

Abstrichen, merkt doch <strong>der</strong> französische Philosoph Gilles Deleuze 147 mit Recht an, das<br />

sich im Kreis doch wie<strong>der</strong> e<strong>in</strong>e totalisierende E<strong>in</strong>heit durchsetzt. Aber <strong>der</strong> Kulturprozess<br />

des kommenden Kapitels wird vielleicht verdeutlichen, dass dieser (Werte-)Kreis nicht<br />

zweidimensional gedacht werden sollte, son<strong>der</strong>n als dreidimensionale Spiralbewegung<br />

<strong>in</strong> Zeit <strong>und</strong> Raum eher e<strong>in</strong>em mäan<strong>der</strong>nden Tornado ohne Ursprung <strong>und</strong> Ende gleichen<br />

möge, e<strong>in</strong>er „hermeneutischen Spirale“ (Jürgen Bolten) gleich, die mit Verän<strong>der</strong>ungen<br />

e<strong>in</strong>hergeht <strong>und</strong> nicht zum Anfang zurückkehrt <strong>und</strong> <strong>der</strong>en <strong>in</strong>terne<br />

Rotationsgeschw<strong>in</strong>digkeit wesentlich höher ist als die <strong>der</strong> l<strong>in</strong>earen Bewegung. Mit je<strong>der</strong><br />

Kreisbewegung liegt dann zwar e<strong>in</strong>e Wie<strong>der</strong>holung vor <strong>und</strong> damit e<strong>in</strong>e „äußere<br />

Ähnlichkeit“, „aber die Tatsache, dass man <strong>in</strong> w<strong>in</strong>zigen Schritten von e<strong>in</strong>er Sache zur<br />

an<strong>der</strong>en gelangt, verschlägt nicht, dass e<strong>in</strong>e Wesensdifferenz zwischen beiden<br />

besteht.“ 148 Vergleichbar mit dem Prozess, <strong>der</strong> „Identität“ aktiv herstellen muß, bei <strong>der</strong><br />

jede Wie<strong>der</strong>holung auch die Differenz <strong>in</strong> den Beobachter wie<strong>der</strong> mit e<strong>in</strong>führt, 149 wobei<br />

auch h<strong>in</strong>sichtlich des Beobachters zu berücksichtigen gilt, dass die Wie<strong>der</strong>holung sich<br />

aus <strong>der</strong> B<strong>in</strong>nenperspektive an<strong>der</strong>s als aus <strong>der</strong> Außenperspektive darbieten kann. So<br />

dass auch <strong>in</strong> dieser Arbeit auf identische Wie<strong>der</strong>holungen zur Faßbarmachung mancher<br />

Wesenseigenschaften rekurriert wird <strong>und</strong> die verschiebende, differente Wie<strong>der</strong>holung<br />

komplementär gilt.<br />

Des Weiteren ist <strong>der</strong> Wertekreis geeignet, Querverb<strong>in</strong>dungen zwischen konzeptuell<br />

unterschiedlichen Ansätzen <strong>der</strong> Wertforschung herzustellen <strong>und</strong> empirische<br />

147 Deleuze 1977, S. 10<br />

148 Deleuze 2007, S. 16<br />

149 Die auf den ersten Blick vergleichbare „reentry“ Spencer-Browns kondensiert allerd<strong>in</strong>gs schon zu e<strong>in</strong>er<br />

Identität (<strong>und</strong> zwar <strong>der</strong> Beobachtung), vgl. Kirsch 1998, S. 179, was aber die Leistungsfähigkeit des<br />

Modells auch für unsere Abhandlung ke<strong>in</strong>esfalls schmälert.


-32-<br />

Forschungsergebnisse zu <strong>in</strong>tegrieren. 150 Als Beispiel hierfür haben wir den so<br />

genannten Okay-Corral nach Frankl<strong>in</strong> Ernst 151 im Wertekreis verortet. Der Okay-Corral<br />

soll laut Eigendef<strong>in</strong>ition die Gr<strong>und</strong>e<strong>in</strong>stellungen, die e<strong>in</strong> Mensch zu sich <strong>und</strong> an<strong>der</strong>en<br />

e<strong>in</strong>nehmen kann, mitsamt <strong>in</strong>dividueller Bedürfnisdimensionen verdeutlichen.<br />

Demnach würde sich Selbstbestimmung <strong>in</strong> <strong>der</strong> Polarität zwischen Freiheit <strong>und</strong><br />

Sicherheit gründen. Freiheit wäre ohne e<strong>in</strong> großes Maß an Sicherheit nicht möglich,<br />

woh<strong>in</strong>gegen Sicherheit <strong>und</strong> Kont<strong>in</strong>uität nur möglich wären, wenn Normen <strong>und</strong> Regeln<br />

den sich entwickelnden Umwelt-Verän<strong>der</strong>ungen angepasst würden. Die Ambivalenz<br />

des Bedürfnisses nach Selbstwert bestünde zwischen E<strong>in</strong>zigartigkeit <strong>und</strong> Zugehörigkeit.<br />

Zum Außenseiter würde <strong>der</strong> Mensch, <strong>der</strong> sich zu sehr unterscheidet - zum<br />

Opportunisten, wenn er sich zu sehr angepasst <strong>und</strong> <strong>der</strong> Gruppen- o<strong>der</strong> Firmennorm<br />

bed<strong>in</strong>gungslos unterworfen hätte. 152 B<strong>in</strong>dung würde sich schlussendlich <strong>in</strong> <strong>der</strong> Polarität<br />

zwischen Nähe <strong>und</strong> Distanz bilden, was bedeuten soll, jemandem nahe zu kommen <strong>und</strong><br />

150 Vgl. Bilsky 2008, S. 63ff. Man vergleiche den Farbenkreis von Johann Wolfgang von Goethe, <strong>der</strong> im<br />

Anhang (1) <strong>in</strong> Form e<strong>in</strong>er aquarellierten Fe<strong>der</strong>zeichnung Goethes aus dem Jahre 1809 dargestellt <strong>und</strong><br />

mit dem Wertekreis von Schwartz h<strong>in</strong>terlegt wurde.<br />

151 Vgl. hierzu Kreyenberg 2005, S. 294<br />

152 Kreyenberg 2005, S. 293


-33-<br />

die Sicherheit zu entwickeln, das man auch <strong>in</strong> <strong>der</strong> Distanz zu diesem Vertrauen haben<br />

kann. 153<br />

Ebenso Im Wertekreis lassen sich im Wertekreis die Ergebnisse <strong>der</strong> Weltwertestudie<br />

(World Values Survey) des US-amerikanischen Politologen Ronald Inglehart darstellen.<br />

Aus <strong>der</strong> Datenlage dieser Studie konnte Inglehart se<strong>in</strong>e bekannte These von <strong>der</strong><br />

Verschiebung von materialistischen zu postmaterialistischen Werten entnehmen. 154 Die<br />

Weltwertestudie ist die umfangreichste <strong>und</strong> weiträumigste Umfrage menschlicher<br />

Werte, die je durchgeführt wurde. Das <strong>in</strong> Wellen fortgesetzte Projekt von<br />

Sozialforschern ermittelt permanent soziokulturelle, moralische, ethische <strong>und</strong> politische<br />

Werte verschiedener Welt-Kulturen <strong>in</strong> über 62 Län<strong>der</strong>n. Transponieren wir die<br />

weiterentwickelte Inglehart-Wenzelsche Werte-Karte <strong>in</strong> den Wertekreis von Schwartz,<br />

so erhält man die kulturell-religiösen Wertesysteme <strong>der</strong> Welt mit den sie<br />

auszeichnenden Werten, quasi e<strong>in</strong>e Art „Weltkultur-Kreis“. 155<br />

So widmet sich das kommende Kapitel den Rollen von Werten <strong>in</strong> Agrarkultur <strong>und</strong> <strong>der</strong><br />

Bedeutung von – auch agrarkulturellen Werten – für die kulturellen Programme<br />

beziehungsweise Prozesse.<br />

153 Kreyenberg 2005, S. 292<br />

154 Vgl. Kle<strong>in</strong> 2008, S. 31ff.<br />

155 Idee von Strack 2008, S. 96, allerd<strong>in</strong>gs dort mit differentem Ergebnis, e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>fache 135 Grad Drehung<br />

erbr<strong>in</strong>gt ke<strong>in</strong> korrektes Ergebnis.


-34-<br />

2. Wo <strong>und</strong> wie <strong>Bio</strong> mit spielt <strong>und</strong> mitspielt<br />

2.1. Der „agrarische Werte-Kreis-Lauf“ <strong>in</strong> <strong>der</strong> Kultur<br />

Kultur kommt vom Acker. Das Wort „Kultur“ leitet sich aus late<strong>in</strong>isch „cultura“ gleich<br />

Bearbeitung, Bebauung, geistige Pflege ab. Kultur hängt also unmittelbar mit e<strong>in</strong>em Akt<br />

<strong>der</strong> Urbachmachung, zusammen - <strong>und</strong> damit mit <strong>der</strong> Natur <strong>und</strong> dem Abstand des<br />

Menschen zur Natur. 156 Dieser macht sich, wie <strong>der</strong> Germanist Wilhelm Wackernagel<br />

bemerkt, <strong>in</strong> <strong>der</strong> Etymologie des Waldes bemerkbar. Der Wald gilt dem Acker als<br />

entgegengesetzt <strong>und</strong> „tauge“ erst zum Sitz menschlicher Kultur, wenn er verschwände,<br />

also nicht mehr Sitz <strong>der</strong> Wildheit, des Wildes, wäre. So kann Sigm<strong>und</strong> Freud Kultur als<br />

die ganze Summe <strong>der</strong> Leistungen <strong>und</strong> E<strong>in</strong>richtungen bezeichnen, „<strong>in</strong> denen sich unser<br />

Leben von dem unserer tierischen Ahnen entfernt <strong>und</strong> die zwei Zwecken dienen: dem<br />

Schutz des Menschen gegen die Natur <strong>und</strong> <strong>der</strong> Regelung <strong>der</strong> Beziehungen <strong>der</strong><br />

Menschen untere<strong>in</strong>an<strong>der</strong>.“ 157<br />

Der Acker symbolisiert den e<strong>in</strong>gegrenzten, gehegten Ort menschlicher Tätigkeiten. Der<br />

Wortfeldforscher Jost Trier führt hier das ganz praktische Beispiel <strong>der</strong><br />

Dreifel<strong>der</strong>wirtschaft an, <strong>und</strong> zwar <strong>in</strong> <strong>der</strong> Form, die man W<strong>in</strong>terfolge nennt: E<strong>in</strong> Drittel <strong>der</strong><br />

Ackerflur liegt brach, das zweite Drittel trägt Sommerfrucht, das dritte W<strong>in</strong>terfrucht, die<br />

Brache wird beweidet. Sie steht mit Wald <strong>und</strong> übrigem Wiesengr<strong>und</strong> <strong>in</strong> ungeh<strong>in</strong><strong>der</strong>ter<br />

Verb<strong>in</strong>dung, sie ist offen. Aber das Feld mit Sommerfrucht wie das mit W<strong>in</strong>terfrucht<br />

muss e<strong>in</strong>gefriedet werden, damit das Vieh ke<strong>in</strong>en Schaden anrichtet. Die bestellten,<br />

e<strong>in</strong>gezäunten Teile werden <strong>in</strong> großen Teilen des deutschen Sprachraums als Zelge<br />

bezeichnet, womit früher Gabelholz (Pflug) <strong>und</strong> Zaun selbst bezeichnet wurden. 158<br />

Am Anfang aller menschlicher Tätigkeit, so Jost Trier, steht die Grenze, <strong>der</strong> Zaun: „Tief<br />

<strong>und</strong> begriffsbestimmend durchwirken Zaun, Hegung, Grenze die von Menschen<br />

156 Freud 1997, S. 220.<br />

157 Wackernagel 1842, S. 538f. Die Etymologie (altgriechisch étymos „wahrhaftig“, „wirklich“, „echt“ <strong>und</strong><br />

logos, Wort, Sprache) wird als Wissenschaftszweig <strong>der</strong> historischen L<strong>in</strong>guistik zugeordnet. Hier werden<br />

Herkunft <strong>und</strong> Geschichte <strong>der</strong> Wörter ergründet <strong>und</strong> damit, wie sich Bedeutung <strong>und</strong> Form entwickelt haben<br />

<strong>und</strong> welche ursprünglichen Gedanken <strong>und</strong> „Sprachspiele“ (Wittgenste<strong>in</strong>) <strong>der</strong> Wortschöpfung zugr<strong>und</strong>e<br />

liegen. Aus diesen e<strong>in</strong>stmaligen Bedeutungen lassen sich Formen zu extrahieren, aus denen neue<br />

Bedeutungen <strong>und</strong> Sprachspiele gewonnen werden können.<br />

158 Trier 1945, S. 126f.


-35-<br />

geformte Welt.“ 159 So wird <strong>der</strong> durch menschliche Leiber gebildete, e<strong>in</strong>gehegte Kreis –<br />

<strong>der</strong> so genannte „Mannr<strong>in</strong>g“ 160 - <strong>der</strong> Mittelpunkt allen kultischen Lebens. Durch den<br />

„Mannr<strong>in</strong>g“ wird die „große Arbeit“ verrichtet, vom Hausbau bis zur Ernte, vom<br />

Dreschen bis zum Zäunen, vom Roden bis zur „Landschaftsgestaltung“. Darauf<br />

verweist auch das „Paradies“, das sich vom altpersischen „pairidaeza“ für „Umzäunung“<br />

ableitet. 161 So entstammt auch das Wort „Garten“ dem <strong>in</strong>dogermanischen Wortstamm<br />

„ghordo“, was so viel wie „Flechtwerk, Zaun, Hürde“ bedeutet <strong>und</strong> sich im griechischen<br />

„chórtos“ <strong>und</strong> im late<strong>in</strong>ischen „hortus“ spiegelt. 162<br />

Auf die Art <strong>und</strong> Weise des zwischenmenschlichen Umgangs im Mannr<strong>in</strong>g geht das<br />

late<strong>in</strong>ische „ritus“ zurück, die „R<strong>in</strong>gweise“. Sie bezeichnet die durch „altes Herkommen“<br />

ehrwürdige Form <strong>und</strong> Ordnung, das Brauchtum, die Feiergewohnheit <strong>und</strong> Feiersitte, die<br />

Gewohnheit <strong>und</strong> Sitte sowie die e<strong>in</strong>zelnen Vorgänge des öffentlichen Lebens. 163 Damit<br />

hängt Kultur mit Pflege <strong>und</strong> dem zur Pflege verwendeten Pflug zusammen, was sich im<br />

altgotischen „plega“ – wi<strong>der</strong>spiegelt, das zusätzlich die Bedeutung „Fest“ hat. Es steht<br />

ebenso für spielen <strong>und</strong> tanzen, was sich bis <strong>in</strong>s englische „play“ fortgesetzt hat. 164<br />

„Pflügen, Pflegen, Spielen“ könnte man daher als Ausprägungen kultureller<br />

Kommunikation <strong>in</strong>terpretieren. Late<strong>in</strong>isch „communicare“ heißt „teilen“ o<strong>der</strong> „teilhaben<br />

lassen“ <strong>und</strong> „communis“ bedeutet „geme<strong>in</strong>sam“.<br />

Das griechische „nomos“ – das verkürzt mit „Gesetz“ bezeichnet wird - hängt auch mit<br />

dieser Wortfeldgruppe zusammen. „Nomos“ leitet sich von „neme<strong>in</strong>“ ab, e<strong>in</strong>em Wort,<br />

das sowohl nehmen, teilen wie auch weiden bedeutet. Im Nomadenzeitalter war <strong>der</strong><br />

Hirte, <strong>der</strong> Nomeus, das typische Symbol <strong>der</strong> Herrschaft. In Platons Politikos (274e-<br />

276e) wird dargelegt, dass das „neme<strong>in</strong>“ des Hirten auf die Nahrung („trophe“) <strong>der</strong><br />

Herde verweist 165 <strong>und</strong> <strong>der</strong> Hirt von se<strong>in</strong>en geweideten Tieren wie e<strong>in</strong>e Art Gott<br />

159 Trier 1942, S. 232<br />

160 Trier 1942, S. 233.<br />

161 Tabarasi 2007, S. 462. Die fruchtbaren persischen Königsgärten waren stets e<strong>in</strong>gehegt <strong>und</strong> im<br />

Quadrat angelegt, aus dessen Mitte e<strong>in</strong>e Quelle <strong>in</strong> alle vier Himmelsrichtungen verströmte<br />

162 Mayer-Tasch 1998/2, S. 11<br />

163 Trier 1945, S. 111. Die das öffentliche Leben symbolisierenden <strong>und</strong> an den Acker er<strong>in</strong>nernden<br />

griechischen Wörter „ageiro“ <strong>und</strong> „agora“ bezeichnen den politischen <strong>und</strong> rechtlichen Versammlungsplatz<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> athenischen polis.<br />

164 Trier 1945, S. 145ff.<br />

165 In diesem Zusammenhang ist es ggf. von Interesse, dass die Wörter Mähen, Mahlen, Mahl<br />

lexikographisch nicht weit vone<strong>in</strong>an<strong>der</strong> entfernt s<strong>in</strong>d. Das ägyptische Wort „Maat“ bedeutet „Wahrheit,<br />

Moral, Anteil“, also e<strong>in</strong>e Ordnung, die aus <strong>der</strong> unordentlichen Mischung hervorgegangen ist. Die „Maht“<br />

als die Ernte des Grases <strong>und</strong> Getreides symbolisiert diese je<strong>der</strong> Ordnung gemäße Scheidung als<br />

Entscheidung über Bedarf <strong>und</strong> Zugehörigkeit des Geernteten (vgl. hierzu Serres 1994, S. 94). Der


-36-<br />

wahrgenommen werden müsse. 166 So ist auch das Wort „Wirt“ <strong>in</strong> Landwirt mit <strong>der</strong><br />

<strong>in</strong>dogermanischen Wurzel „ŭer“ verwandt <strong>und</strong> dadurch mit „acht geben auf, sorgen für“<br />

konnotiert. 167 Diese Sorge hat wie<strong>der</strong>holenden, kreisförmigen Charakter. Das<br />

late<strong>in</strong>ische Verb „iteratio“ bedeutete ursprünglich „den Boden noch e<strong>in</strong>mal mit dem<br />

Pfluge aufzureißen“ <strong>und</strong> nahm erst später die von <strong>der</strong> eigentlichen Tätigkeit abstrahierte<br />

Bedeutung „Wie<strong>der</strong>holung“ an. Das Ende e<strong>in</strong>er Wie<strong>der</strong>holung, e<strong>in</strong>er Tätigkeit verweist<br />

dabei immer wie<strong>der</strong> auf den Anfang. Ackerbau wie kulturelle Prozesse<br />

beziehungsweise Programme 168 s<strong>in</strong>d schöpferische Prozesse <strong>in</strong> Form spiralförmiger 169<br />

„sich nie vollständig gleichenden Wie<strong>der</strong>holungen <strong>und</strong> Mustern im Handeln <strong>der</strong><br />

Menschen“, 170 die die E<strong>in</strong>heit <strong>der</strong> Gegensätze bewahren. E<strong>in</strong> Großteil des kulturellen,<br />

sozialen <strong>und</strong> <strong>in</strong>dividuellen Lernens, <strong>der</strong> kollektiven Habitualisierung <strong>in</strong> <strong>der</strong> Sozialisation,<br />

erfolgt durch das wie<strong>der</strong>holte Beobachten von an<strong>der</strong>en, wie bereits oben beschrieben<br />

wurde. 171<br />

Für agrarkulturelle wie sozialkulturelle Prozesse lässt sich e<strong>in</strong> Aphorismus Nietzsches<br />

anwenden: „Alles geht, Alles kommt zurück; ewig rollt das Rad des Se<strong>in</strong>s […] <strong>in</strong> jedem<br />

Nu beg<strong>in</strong>nt das Se<strong>in</strong>; um jedes Hier rollt sich die Kugel dort. Die Mitte ist überall, Krumm<br />

ist <strong>der</strong> Pfad <strong>der</strong> Ewigkeit.“ 172 E<strong>in</strong> Bild, das mit dem unsrigem <strong>der</strong> W<strong>in</strong>dhose vergleichbar<br />

ist. Und damit den Unterschied verdeutlicht zwischen e<strong>in</strong>er „Wie<strong>der</strong>holung des Selben“,<br />

die „identitär“, „statisch“, „gewöhnlich“, „enthüllt“ daherkommt <strong>und</strong> aus „Gleichheit,<br />

Kommensurabilität, Symmetrie“ besteht <strong>und</strong> e<strong>in</strong>er Wie<strong>der</strong>holung, „die die Differenz<br />

umfasst“, „Heterogenität“, „Appräsentation“, das „Ungleiche, Inkommensurable,<br />

„Assymetrische“. 173 E<strong>in</strong> Feld, das <strong>der</strong> Fruchtfolge unterliegt, ist selbstverständlich nie<br />

militärisch-maritime Rang „Maat“ steht dann erstaunlicherweise mit dem Mahl <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung, denn <strong>der</strong><br />

„Maat“ leitet sich vom mittelhochdeutschen „gemazze“ ab, dem Speise- <strong>und</strong> Essgenossen, dessen<br />

Ursprung sich auch <strong>in</strong> <strong>der</strong> „Mast“ f<strong>in</strong>det.<br />

166 Schmitt 1997, S. 39. In P<strong>in</strong>dars Fragment 169 ist analog <strong>der</strong> „Nomos Basileus“ mit e<strong>in</strong>er mythischen<br />

Ordnungsstiftung durch den Raub <strong>der</strong> R<strong>in</strong><strong>der</strong> des dreileibigen Geyron verb<strong>und</strong>en. Vgl hierzu Schmitt<br />

1995, S. 576ff.<br />

167 Grimm 2004. Neben dem griechischen „nomos“ ist das late<strong>in</strong>ische nemus „heiliger Ha<strong>in</strong>“ zu erwähnen,<br />

weil es e<strong>in</strong>es jener zahlreichen Wörter für Heiligtum ist, die auf Zaun <strong>und</strong> Hegung zurückzuführen s<strong>in</strong>d,<br />

wie templum, forst, pestlum, vé, l<strong>und</strong>r, hof etc.vgl. Trier 1942, S. 250<br />

168 Der Philosoph <strong>und</strong> Soziologe Arnold Gehlen sieht <strong>in</strong> Programmen/Schemata habituell gewordene,<br />

e<strong>in</strong>geschliffene Verhaltensfiguren, die von selbst ablaufen, weswegen ihnen <strong>der</strong>ob e<strong>in</strong>e enorme<br />

Entlastungsleistung zukommt. Vgl Gehlen 1957, S. 104f.<br />

169 Die Spirale ist e<strong>in</strong>e natürlich Form beispielsweise an Schnecken, <strong>der</strong> Doppelhelix <strong>der</strong> DNS, an W<strong>in</strong>d-<br />

<strong>und</strong> Wasserformationen, an Ackerw<strong>in</strong>den <strong>und</strong> Spiralnebeln, an aufgerollten Schlangen, ebenso wie nicht<br />

entfalteten Farnen, ja selbst am/im Kosmos, vgl. Adam 2001, S. 191f.<br />

170 Bolten 2002<br />

171 Damit ist „Kultur“ natürlich streng genommen e<strong>in</strong>e Dikursfiktion, denn jede Beobachtung von Kultur ist<br />

zugleich e<strong>in</strong>e Form ihrer Gestaltung durch die „Anwen<strong>der</strong> des Kulturprogramms“, vgl. Schmidt 2003, S. 7<br />

172 Nietzsche AZ 1999, S. 273<br />

173 Deleuze 2007, S. 43f.


-37-<br />

vollständig „identisch“. Aber auch für e<strong>in</strong> „konventionelles“ Feld gelten die<br />

unabän<strong>der</strong>lich fortwirkenden organischen Prozesse, dass selbst für den Ansche<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />

Gleichheit nur mit dem Verdikt He<strong>in</strong>z von Foersters gekontert werden kann: „Nichts ist<br />

jemals so, wie es angeblich gewesen ist. Ich erkenne gerade das wie<strong>der</strong>, was ich nie<br />

zuvor gesehen habe.“ 174<br />

Die unterschiedlichen Kreisläufe des Lebens auf <strong>der</strong> Erde aber setzen die Kreisläufe<br />

des Kosmos voraus. So entstehen beispielsweise die Wechsel von Tag <strong>und</strong> Nacht<br />

durch die Rotation <strong>der</strong> Erde um ihre eigene geneigte Achse <strong>und</strong> die Wechsel <strong>der</strong><br />

Jahreszeiten durch das Kreisen <strong>der</strong> Erde um die Sonne. Auf <strong>der</strong> Erde s<strong>in</strong>d es die<br />

Kreisläufe <strong>der</strong> Geste<strong>in</strong>e, die am langsamsten verlaufen, die sedimentären,<br />

magmatischen <strong>und</strong> metamorphen Geste<strong>in</strong>sbildungen. Durch die Verwitterungen ist <strong>der</strong><br />

Geste<strong>in</strong>skreislauf <strong>in</strong> den Kreislauf <strong>der</strong> Luft <strong>und</strong> des Wassers e<strong>in</strong>bezogen. Beide s<strong>in</strong>d<br />

Produkte <strong>der</strong> Gase, die aus dem Er<strong>in</strong>nern austraten beziehungsweise austreten. Der<br />

Luftkreislauf entsteht durch die Temperaturunterschiede <strong>und</strong> die entsprechenden<br />

Luftdruckgegensätze, die sich durch Zirkulation ausgleichen, bevor sie sich neu<br />

organisieren. 175<br />

Der Kreislauf des Lebens dann ist <strong>in</strong> die an<strong>der</strong>en irdischen <strong>und</strong> <strong>in</strong> die kosmischen<br />

Kreisläufe e<strong>in</strong>bezogen, ist bed<strong>in</strong>gt durch Sonnenlicht, Luft, die M<strong>in</strong>eralien <strong>und</strong> das<br />

Wasser, was Parallelen zur altgriechischen Vier-Elemente-Lehre (Feuer, Wasser, Luft,<br />

Erde) aufwirft. Der Kreislauf des Lebens bildet sich aus den beiden Zyklen <strong>der</strong><br />

Photosynthese <strong>und</strong> <strong>der</strong> Organismen. Durch die Photosynthese <strong>der</strong> grünen Pflanzen<br />

werden aus anorganischen Stoffen die organischen Stoffe aufgebaut, die dann Tiere<br />

<strong>und</strong> Menschen konsumieren. Diese werden nach ihrem Tod wie<strong>der</strong>um von Bakterien<br />

sowie an<strong>der</strong>en Mikroorganismen m<strong>in</strong>eralisiert <strong>und</strong> als Nährstoff den Pflanzen zur<br />

Verfügung gestellt. Hierbei handelt es sich also um das zweckmäßige Zusammenwirken<br />

<strong>der</strong> drei Hauptbeteiligten des Ökosystems, nämlich <strong>der</strong> Produzenten, <strong>der</strong> Konsumenten<br />

<strong>und</strong> <strong>der</strong> Reduzenten (Destruenten). Fressen <strong>und</strong> Gefressenwerden ist das Gr<strong>und</strong>gesetz<br />

des <strong>Bio</strong>zyklus. 176<br />

174 Foerster 1993, S. 370<br />

175 Treptow 2001, S. 29ff.<br />

176 Treptow 2002, S. 33


-38-<br />

Auf diesen vorangestellten Ausführungen beruht <strong>der</strong> Gedanke, die vier<br />

Hauptcharakteristika des Wertekreises von Schwartz (Traditionswerte, universalistische<br />

Werte, Selbstbestimmungswerte, Selbststeigerungs- o<strong>der</strong> egozentrische Werte) den<br />

vier Hauptwerten agrarischer Tätigkeiten (Nehmen, Teilen, Geben, Weiden<br />

beziehungsweise hier Mehren) zuzuordnen.


-39-<br />

E<strong>in</strong>e Kultur wie die Agrarkultur ist charakterisiert durch die von e<strong>in</strong>er Gruppe gehaltenen<br />

gr<strong>und</strong>legenden Denk- <strong>und</strong> Handlungsmuster, zu denen Werte, Normen, E<strong>in</strong>stellungen,<br />

Überzeugungen <strong>und</strong> Ideale gehören. 177 Kultur ist e<strong>in</strong>e über die Zeit organisch<br />

gewachsene Lebenswelt, die durch fortlaufend dynamische Handlungsverläufe<br />

entsteht. Dabei folgt sie dem evolutionären Schema <strong>der</strong> „Variation, Selektion <strong>und</strong><br />

Retention“: Aus dem Strom zufällig <strong>und</strong> dauernd variieren<strong>der</strong> Handlungs- <strong>und</strong><br />

Kooperationsmuster werden jeweils aktuell passende Variationen ausgelesen <strong>und</strong><br />

genutzt. Bewährt sich e<strong>in</strong>e Variante mehrfach, wird sie dauerhaft beibehalten <strong>und</strong> mit<br />

S<strong>in</strong>n <strong>und</strong> Bedeutung überformt. 178 Bedeutung <strong>und</strong> S<strong>in</strong>n – was <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er spezifischen<br />

Situation „stimmig“ o<strong>der</strong> „bedeutungshaltig“ wird 179 - müssen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er konsensuellen<br />

Sphäre ermittelt, ausgehandelt, kommuniziert <strong>und</strong> kooperativ geschaffen werden. S<strong>in</strong>n-<br />

<strong>und</strong> Wertträger generieren, reparieren, adaptieren <strong>und</strong> transformieren unentwegt die<br />

Wert- <strong>und</strong> Symbolsysteme, die ihnen erlauben, S<strong>in</strong>n zu produzieren. 180 Kultur ist, so<br />

könnte man sagen, e<strong>in</strong> fortwähren<strong>der</strong> Organisations-Prozess <strong>der</strong> Identität des<br />

Kollektivs.<br />

Kultur ist also e<strong>in</strong> prozessurales Netz unterschiedlicher Werte- <strong>und</strong> Symbolsysteme, mit<br />

eigener Sprache, Zeichen, Bil<strong>der</strong>n <strong>und</strong> mentalen Projektionen <strong>und</strong> folgt dabei e<strong>in</strong>em<br />

Skript, das sich fortlaufend erstellt, ohne aber explizit nie<strong>der</strong>geschrieben zu werden.<br />

Aber es gibt dennoch Ausnahmen, Manifestationen, zu denen Artefakte gehören, also<br />

Gebäude, Schriftstücke, Produkte, Technologie, Kunst, Dienstleistungen, aber auch<br />

verbales <strong>und</strong> nonverbales Verhalten, Mythen, Witze, Rituale o<strong>der</strong> Regeln. 181 Jedes<br />

Kultur(<strong>und</strong> Organisations-)Mitglied lebt somit nicht nur <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er „natürlichen“, son<strong>der</strong>n<br />

darüber h<strong>in</strong>aus <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er symbolisch vermittelten Umwelt. 182 Diese stellen gleichsam<br />

„Selektions- <strong>und</strong> Interpretationsfilter“ 183 dar, spannen Bedeutungshorizonte auf <strong>und</strong><br />

geben an, was relevant ist <strong>und</strong> was vernachlässigt werden kann. Artefakte s<strong>in</strong>d quasi<br />

die Oberfläche <strong>der</strong> Kultur, die sichtbaren Strukturen <strong>und</strong> Prozesse. Deklarierte Werte<br />

<strong>und</strong> Be-wert-ungen bilden e<strong>in</strong>e zweite Ebene, zu <strong>der</strong> offizielle Strategien, Ziele,<br />

177 Vgl. Sackmann 2006<br />

178 Baitsch 2009, S. 224<br />

179 Thomae 1968, S. 586<br />

180 Assmann 2006 S. 34<br />

181 Sackmann 2006<br />

182 Keller 2004, S. 195<br />

183 Sackmann 2006


-40-<br />

Politiken gehören. E<strong>in</strong>e dritte Ebene s<strong>in</strong>d dann die unbewussten, selbstverständlich<br />

vorausgesetzten Weisen des Wahrnehmens, Denkens <strong>und</strong> Glaubens. 184<br />

Kultur als dynamischer Prozess hat e<strong>in</strong>en doppelten Charakter, sie ist sowohl Medium<br />

wie auch Resultat des Handelns. Damit f<strong>in</strong>den sich kulturelle (Leit-<br />

)Differenzen/Elemente <strong>in</strong> jedem e<strong>in</strong>zelnen Subsystem/-kulturen o<strong>der</strong> Wertecluster. Die<br />

Interpretation jedoch geschieht jedoch im Lichte <strong>der</strong> jeweiligen „Leitwährung“ <strong>und</strong> „Leit-<br />

wert-ung“ – beispielsweise unter <strong>der</strong> Brille des Wachstums, <strong>der</strong> Tradition, <strong>der</strong><br />

ausgleichenden Gerechtigkeit o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Propagierung steten Wandels. Das kann zu<br />

tiefen <strong>in</strong>nersystemischen Differenzierungen <strong>und</strong> Hierarchisierungen führen. 185<br />

Unterschiedliche Kulturen beziehungsweise Kulturstile resultieren aus e<strong>in</strong>em Wandel,<br />

<strong>der</strong> durch die Betonung an<strong>der</strong>er Werte <strong>und</strong> Präferenzen e<strong>in</strong>geleitet wird. E<strong>in</strong>en<br />

Werteverlust gibt es danach eigentlich nicht, wohl aber e<strong>in</strong>e Substitution bestehen<strong>der</strong><br />

184 Vgl. Baitsch 2009, S. 226<br />

185 Beispiele könnten hierfür se<strong>in</strong> die „Drei Ordnungen“ (G. Duby) von Klerus, Adel <strong>und</strong> Drittem Stand im<br />

feudalistischen Mittelalter (<strong>in</strong>nerhalb traditioneller Leitwertungen), Hierarchien aus produktiven<br />

Lohnarbeitern, <strong>in</strong>dustriellen Kapitalisten <strong>und</strong> klassischem Imperialismus (Ausdifferenzierung aufgr<strong>und</strong><br />

egozentrischer Leitwertungen), allumfassende bürokratische Demokratie (universalistische<br />

Leitwertungen) beziehungsweise bewaffnete Anarchie („Machnowschtsch<strong>in</strong>a“) als Durchsetzung von<br />

Selbstbestimmung.


-41-<br />

Werthierarchien durch alternative Wertecluster. 186 Mit je<strong>der</strong> neuen gewonnenen<br />

Konstruktion, <strong>der</strong> Übernahme beziehungsweise dem Wandel von Werten <strong>und</strong><br />

Interpretationen stellt sich aber die Welt an<strong>der</strong>s dar. 187<br />

Innerhalb e<strong>in</strong>er Kultur lassen sich analog unserer Wertekreise<strong>in</strong>teilung verschiedene<br />

spezifische „Lebens- <strong>und</strong> Sprachformen“ 188 unterscheiden. In diesen durch Regeln<br />

konstituierten Lebens- <strong>und</strong> Sprachformen o<strong>der</strong> Milieus fühlen, denken, sprechen<br />

Menschen <strong>und</strong> def<strong>in</strong>ieren ihre Alltagsprobleme. Insofern ist die wahrgenommene<br />

Wirklichkeit immer von <strong>der</strong> jeweiligen l<strong>in</strong>guistisch geprägten Lebens- <strong>und</strong> Sprachform<br />

abhängig. So entwickeln sich spezifische Sprachspiele, mittels <strong>der</strong>er die Mitglie<strong>der</strong> die<br />

Welt <strong>in</strong>terpretieren sowie Handlungen <strong>und</strong> Interaktionen. 189 Diese parallelisierenden<br />

Wirklichkeitskonstruktionen bilden Kontextgeme<strong>in</strong>schaften aus. Die Lebenswelt stellt<br />

also e<strong>in</strong>en Wissensvorrat mit bestimmten Restriktionen für den <strong>in</strong>dividuellen Aktor dar<br />

<strong>und</strong> wird im gleichen Zuge durch Handlungen des Aktors reproduziert. 190 E<strong>in</strong> Mensch<br />

kann gleichzeitig mehreren Kontextgeme<strong>in</strong>schaften respektive Mileus angehören, <strong>der</strong><br />

Übergang zwischen den Kontexten erfor<strong>der</strong>t e<strong>in</strong>en Perspektivenwechsel, e<strong>in</strong>en<br />

„Kontextswitch“. 191<br />

Wo es also ke<strong>in</strong>e direkten Anschlussmöglichkeiten gibt, ist e<strong>in</strong> „oszillieren<strong>der</strong><br />

Austausch“ von Kommunikation <strong>und</strong> Wertungen möglich, „wie <strong>in</strong> manchen Filmen den<br />

Übergang von e<strong>in</strong>em Bild zum nächsten. Der Übergang vollzieht sich nicht plötzlich,<br />

son<strong>der</strong>n das e<strong>in</strong>e Bild wird allmählich schwächer, das an<strong>der</strong>e taucht langsam auf <strong>und</strong><br />

wird stärker, so dass e<strong>in</strong>e Zeitlang beide Bil<strong>der</strong> durche<strong>in</strong>an<strong>der</strong> gehen <strong>und</strong> man nicht<br />

weiß, was eigentlich geme<strong>in</strong>t ist.“ 192 Durch rasante Rückkoppelung kommt es zu e<strong>in</strong>em<br />

schnellen H<strong>in</strong>-<strong>und</strong>-Her-Spr<strong>in</strong>gen, zu Zuständen des Sowohl-als-auch. Während wir dies<br />

als Oszillation bezeichnen, werden Mischungsverhältnisse <strong>und</strong> „sanfte Übergänge“ mit<br />

186 Analog zur Rede vom Werteverlust schrieb bereits Luhmann (1987, S. 587): „Beson<strong>der</strong>s »S<strong>in</strong>nverlust«<br />

ist heute e<strong>in</strong>e Formel, mit <strong>der</strong> Erfahrbares <strong>in</strong> die Selbstbeschreibung <strong>der</strong> Gesellschaft e<strong>in</strong>gearbeitet wird.<br />

Aber S<strong>in</strong>n ist nach wie vor unvermeidliche Form des Erlebens <strong>und</strong> Handelns. Ohne S<strong>in</strong>n würde die<br />

Gesellschaft, würde jedes Sozialsystem schlicht aufhören zu existieren. Was geme<strong>in</strong>t ist, wird durch<br />

diese Formel nicht zutreffend bezeichnet, son<strong>der</strong>n übersteigert, um die Gesellschaft für schuldig erklären<br />

zu können.“<br />

187 Vgl. Dux 1992, S. 46<br />

188 In Anlehnung an Wittgenste<strong>in</strong> 1984 (Philosophische Untersuchungen), S. 241<br />

189 Vgl. Hejl 1992, S. 191<br />

190 Kirsch 1999, S. 214<br />

191 So Kirsch 2001, S. 13<br />

192 Heisenberg 2008, S. 38f.


-42-<br />

„Schwelle“ bezeichnet. 193 Dementsprechend haben die verschiedenen Wertsysteme<br />

<strong>und</strong> Leitwertungen <strong>in</strong> den kulturellen Prozessen verschiedene Aufgaben<br />

beziehungsweise Leistungen zu vollbr<strong>in</strong>gen. Mo<strong>der</strong>ne Sozialsysteme wie etwa<br />

Ökonomie, Politik, Wissenschaft, Kunst, Erziehung etc. s<strong>in</strong>d also zugleich autonom <strong>und</strong><br />

strukturell gekoppelt. Was also auch bedeutet, dass zeitweise e<strong>in</strong>e Dom<strong>in</strong>anz e<strong>in</strong>er<br />

Lebenswelt, e<strong>in</strong>es Wertsystems konstatiert werden kann. In diesem Fall könnte man<br />

von e<strong>in</strong>em „kulturellen Vorlauf“ 194 sprechen.<br />

Die Leitwerte aus dem Segment <strong>der</strong> Tradition sorgen jedenfalls dafür, dass die<br />

Menschheit nicht immer wie<strong>der</strong> bei „Null“ anfangen muss. Denn für jede Generation<br />

steht <strong>in</strong> <strong>der</strong> „kulturellen Null-Lage“ <strong>der</strong> Geburt e<strong>in</strong>e Kulturannahme an. Ke<strong>in</strong> Mensch<br />

kann geben, teilen <strong>und</strong> zuteilen, ohne zu nehmen, ohne anzunehmen. Menschliche<br />

Gesellschaften s<strong>in</strong>d für ihr Überleben <strong>und</strong> ihre Bedürfnisbefriedigung auf ihre<br />

überlieferten kulturellen Fähigkeiten - Praktiken, Normen, Werke, Sprache, Institutionen<br />

- angewiesen. Die durch Medialisierung erlernte <strong>und</strong> vererbte Kultur 195 stellt das Selbst-<br />

Verständliche menschlichen Handelns dar, das von selbst Verständliche, das<br />

Vertraute. 196<br />

Die Zurückb<strong>in</strong>dung an (late<strong>in</strong>isch „religo“) beziehungsweise die Beobachtung von<br />

(late<strong>in</strong>isch „religio“) Tradition Letzte Be-Gründ-ung annehmende, pr<strong>in</strong>zipistische<br />

Ansätze teilen die Annahme, dass die humane Welt durch ordnende Pr<strong>in</strong>zipien<br />

ausgezeichnet ist, anhand <strong>der</strong>en sich das Denken <strong>und</strong> Handeln objektiv wie def<strong>in</strong>itiv<br />

orientieren lässt. 197 Objektivistische Theorien unterstellen <strong>in</strong> positivistischer <strong>und</strong><br />

realistischer Weise jeweils nur e<strong>in</strong>e gültige Weltkonstruktion. Parallele existierende<br />

Weltkonstruktionen können demnach nur im S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>es Entwe<strong>der</strong>-O<strong>der</strong> Gültigkeit<br />

besitzen. Diese pr<strong>in</strong>zipistischen Ansätze s<strong>in</strong>d, da sich ja die Sektoren <strong>in</strong> den an<strong>der</strong>en<br />

Segmenten wie<strong>der</strong>holen, nicht nur auf das Letztwertesystem beschränkt, son<strong>der</strong>n<br />

f<strong>in</strong>den sich auch im Kategorischen Imperativ e<strong>in</strong>es Universalismus, e<strong>in</strong>es<br />

utilitaristischen Nutzensummenkalküls im Sektor <strong>der</strong> Selbststeigerung o<strong>der</strong> als<br />

dogmatisches Relativitätspr<strong>in</strong>zip. Der Gr<strong>und</strong> des M<strong>und</strong>us, <strong>der</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Sprache <strong>und</strong><br />

Symbolik gründenden humanen Welt, wird hier so gedacht wie <strong>der</strong> des physischen<br />

193 Kulturelle Prozesse s<strong>in</strong>d natürlich auch durch Stagnationen, Regressionen <strong>und</strong> nicht l<strong>in</strong>eare<br />

Fortentwicklung gekennzeichnet.<br />

194 Kirsch 1999 II, S. 254<br />

195 He<strong>in</strong>richs 1998, S. 8<br />

196 Vgl. Gottwald 2003, S. 217f.<br />

197 Vgl. Badura 2006, S. 2


-43-<br />

Globus – als unabrückbares F<strong>und</strong>ament. Nach diesen Auffassungen spiegelt die<br />

Sprache die Realität, beziehungsweise bildet sie wahrheitsgemäß ab.<br />

Hier gelten Werte als offenbarte <strong>und</strong> verb<strong>in</strong>dliche Wahrheiten, wie Joseph Ratz<strong>in</strong>ger<br />

betont: „Wir sprechen dabei heute lieber von Werten als von Wahrheit, um nicht mit<br />

dem Toleranzgedanken <strong>und</strong> dem demokratischen Relativismus <strong>in</strong> Konflikt zu geraten.<br />

Aber <strong>der</strong> eben gestellten Frage kann man nicht ausweichen, denn Werte beziehen ihre<br />

Unantastbarkeit daraus, dass sie wahr s<strong>in</strong>d <strong>und</strong> wahren For<strong>der</strong>ungen des menschlichen<br />

Wesens entsprechen.“ 198 Nach dieser Ansicht – aber auch durch den<br />

Sozialisationsprozess des E<strong>in</strong>zelnen – ist Moral „immer schon da“, so dass <strong>der</strong> Mensch<br />

<strong>in</strong> Sachen Moral argumentativ immer zu spät kommt; er „hat“ schon „e<strong>in</strong>e Moral“ <strong>und</strong><br />

„e<strong>in</strong> Gewissen“, ehe er über moralische Fragen nachdenken kann. 199 Moralische<br />

Imperative brauchen detaillierte Regeln, die sagen, wann die Regel gilt – e<strong>in</strong><br />

unendlicher Regress auf unendliche Imperative, 200 wobei letztendlich e<strong>in</strong>e (sich selbst?)<br />

autorisierende Stelle den Regress beenden kann, so dass sich moralische<br />

Werthierarchien auch mit menschlichen Status-Hierarchien verbünden können. Daraus<br />

konstituiert sich „e<strong>in</strong> solidarisches System e<strong>in</strong>er moralischen 201 Geme<strong>in</strong>schaft, e<strong>in</strong>e<br />

kollektive Angelegenheit.“ 202 Wobei endogene Traditions-Dynamiken versuchen,<br />

Verb<strong>in</strong>dungen zwischen <strong>der</strong> Historie, <strong>der</strong> Gegenwart <strong>und</strong> e<strong>in</strong>er (möglichen) Zukunft zu<br />

ziehen, während exogene Traditions-Anwendungen immer wie<strong>der</strong> neue<br />

Abweichungen/Heterogenitäten <strong>in</strong> die Tradition „e<strong>in</strong>arbeiten“. 203<br />

Auf <strong>der</strong> Schwelle zwischen traditionellen <strong>und</strong> Selbststeigerungs-Werten existieren<br />

beispielsweise Auffassungen vom Markt als (religiöses) Letztwertesystem wie auch jene<br />

<strong>der</strong> Organisierung von Letztwertesystemen (Religion) nach Marktgesichtspunkten. 204<br />

198<br />

Ratz<strong>in</strong>ger 2005, S. 51<br />

199<br />

Schmidt 2003, S. 12<br />

200<br />

Schönherr-Mann 1997, S. 35<br />

201<br />

Moral von lat. „mores“=Sitten, Gebräuche. Moral ist also e<strong>in</strong> Moment <strong>der</strong> Rückb<strong>in</strong>dung, lat. „religere“,<br />

<strong>in</strong>härent<br />

202<br />

Durkheim 1994, S. 75<br />

203<br />

Kirsch 2001, S. 14<br />

204<br />

Markt/Ökonomie <strong>und</strong> Religion können daher auch Geme<strong>in</strong>samkeiten aufweisen: Erstens dienen beide<br />

dem Speichern <strong>und</strong> Übertragen von Er<strong>in</strong>nerung beziehungsweise Werten. Sie dienen zweitens zur<br />

Koord<strong>in</strong>ation von Interaktionen. Sie verstärken die Möglichkeit, dass Unwahrsche<strong>in</strong>liches geschieht – so<br />

im Abendmahl o<strong>der</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> kampflosen Güterübertragung. Beide ermöglichen Körperextensionen –<br />

Anwesenheit von Jesus Christus beziehungsweise „spekulative“ Anwesenheit <strong>in</strong> fernen<br />

Wirtschaftsprozessen. Beide „Massenmedien“ beruhen auf Beglaubigungsstrategien, auf Credo <strong>und</strong><br />

Kredit, um gedeckt zu se<strong>in</strong>.Vgl. hierzu Hörisch 2004, S. 20 ff. Als Kritiker des Marktes als Religion sei hier<br />

nur Walter Benjam<strong>in</strong> angeführt. Der Markt ist nach Benjam<strong>in</strong> e<strong>in</strong>e re<strong>in</strong>e Kultreligion ohne spezielle<br />

Dogmatik, e<strong>in</strong> Kult <strong>in</strong> Permanenz „ sans [t]rêve et sans merci“, <strong>in</strong> dem es ke<strong>in</strong>en Tag gäbe, <strong>der</strong> nicht


-44-<br />

Zwischen den traditionellen Werten <strong>und</strong> jenen <strong>der</strong> Selbstbestimmung, die Offenheit für<br />

Wandel be<strong>in</strong>halten, besteht h<strong>in</strong>gegen Oszillation – beispielsweise <strong>in</strong> <strong>der</strong> E<strong>in</strong>nahme<br />

verschiedener Rollenmuster <strong>in</strong> beruflichen (Wissenschaftler) wie privaten<br />

(Trachtenvere<strong>in</strong>) Funktionen. Die Schwelle zwischen traditionellen <strong>und</strong><br />

universalistischen Wertungen bilden Vorstellungen von theologisierter, hypermoraler<br />

Politik o<strong>der</strong> Auffassungen politischer Theologie, die man mit Voegel<strong>in</strong> als „politische<br />

Religion“ o<strong>der</strong> Ideologie bezeichnen könnte.<br />

Dem Segment universalistischer Wertungen nun geht es um e<strong>in</strong>e ganzheitliche Sicht<br />

auf den „Verteilungsschlüssel“ des Genommenen <strong>und</strong> zu Nehmenden“, 205 <strong>der</strong> temporär<br />

festgeschrieben wird <strong>in</strong> <strong>in</strong>stitutionellen Ordnungen. Das verdeutlicht die Lage des<br />

Segments im Wertekreis zwischen Tradition <strong>und</strong> selbstbestimmtem Wandel, zwischen<br />

Kont<strong>in</strong>uität <strong>und</strong> Kont<strong>in</strong>genz. Institutionen regeln Zugehörigkeit, Solidaritäten, br<strong>in</strong>gen<br />

Normen <strong>und</strong> Rollenerwartungen zum Ausdruck. Die hier situierten universalistisch-<br />

pragmatischen „Strategien“ 206 s<strong>in</strong>d dauerhaft sondierend <strong>und</strong> ausleuchtend, Strategien<br />

<strong>der</strong> Er-gründung, sie begreifen die humane Welt als e<strong>in</strong>en durch mannigfaltige<br />

Erfahrungszusammenhänge konstituierten Raum, <strong>in</strong> dem sich „das Menschse<strong>in</strong> gleich<br />

e<strong>in</strong>er dauerhaften Passage“ e<strong>in</strong>schreibt, abhängig von Bed<strong>in</strong>gungen des Kontexts, je<br />

realisierter Lebensformen <strong>und</strong> Erfahrungshorizonte. 207 Sprache dient <strong>in</strong> diesen<br />

Kontexten dem „kommunikativen Handeln“ <strong>und</strong> <strong>der</strong> wechselseitigen Verständigung<br />

(Habermas).<br />

Die Gesamtglie<strong>der</strong>ung des Wertekreises <strong>und</strong> se<strong>in</strong>e unterschiedlichen Werte<br />

wie<strong>der</strong>holen sich <strong>in</strong> diesem Segment <strong>in</strong> unterschiedlichen Auffassungen zur Art des<br />

Verteilungsschlüssels <strong>der</strong> kollektiven Ressourcen, also zur jeweiligen kollektiven<br />

Festtag <strong>in</strong> dem fürchterlichen S<strong>in</strong>ne <strong>der</strong> Entfaltung allen sakralen Pompes ist, e<strong>in</strong> Kult <strong>der</strong> äußersten<br />

Anspannung des Verehrenden, <strong>der</strong> erste Fall e<strong>in</strong>er nicht entsühnenden, son<strong>der</strong>n verschuldenden<br />

Kultreligion. Vgl. Benjam<strong>in</strong> 2004, S. 15ff.<br />

205 Das politische System ist e<strong>in</strong> Funktionssystem neben an<strong>der</strong>en, gekennzeichnet durch die spezifische<br />

Funktion <strong>der</strong> Produktion <strong>und</strong> Durchsetzung kollektiv-verb<strong>in</strong>dlicher Entscheidungen, <strong>der</strong> Produktion <strong>und</strong><br />

Sicherung von Kollektivgütern. Wobei auch die Def<strong>in</strong>ition von Kollektivgütern e<strong>in</strong>e Differenzierung, meist<br />

e<strong>in</strong> politische Entscheidung, erfor<strong>der</strong>t. Willke (2001, S. 185ff.) spricht hier von „Kollateralgütern“, Gütern,<br />

„an denen e<strong>in</strong> öffentliches Interesse besteht, <strong>der</strong>en Produktion auch e<strong>in</strong>e Positiv-Summen-Bilanz erzeugt,<br />

<strong>der</strong>en Herstellung aber we<strong>der</strong> spontan auf dem Markt erfolgt, noch autoritativ von <strong>der</strong> Politik diskreditiert<br />

werden kann.“ Man könnte stattdessen auch von „Bl<strong>in</strong>den Fleck“-Gütern sprechen. Je mehr<br />

Ausweichmöglichkeiten e<strong>in</strong> kollektives Problem lässt, umso schwieriger ist die Mobilisierung kollektiven<br />

Protests o<strong>der</strong> kollektiver Zustimmung, vgl. E<strong>der</strong> 1990, S. 30<br />

206 Strategie wird hier <strong>und</strong> im Folgenden im Anschluss an Kirsch (2001, S. 76) mit <strong>der</strong> Formel „die<br />

Fähigkeiten signifikant betreffend“ gleichgesetzt.<br />

207 Badura 2006, S. 1


-45-<br />

Verfassung. 208 Soll diese legitimiert se<strong>in</strong>, so bedarf es <strong>der</strong> E<strong>in</strong>b<strong>in</strong>dung vertikaler<br />

Legitimierung (Traditionswerte aus beispielsweise Religion <strong>und</strong> Geschichte) o<strong>der</strong> <strong>der</strong><br />

horizontalen Legitimierung (e<strong>in</strong>e – wie auch immer zu def<strong>in</strong>ierende – Mehrheit <strong>in</strong>nerhalb<br />

bestimmter Grenzziehungen). 209<br />

Re<strong>in</strong>e Legalität – ohne Legitimität - hieße <strong>in</strong> diesem Fall e<strong>in</strong>en von <strong>der</strong> Legitimität<br />

unabhängigen rechtlichen o<strong>der</strong> ethischen Anspruch auf äußeres Verhalten zu<br />

begründen. Im Unterschied zu den Moralen des Letztwertesystems, die sich auch auf<br />

göttliche Offenbarungen berufen können, kehrt die Ethik das Urteils-System um. Im<br />

Gegensatz zu den Werten (gut-böse) wird <strong>der</strong> qualitative Unterschied <strong>der</strong><br />

Existenzweisen (gut-schlecht) an <strong>der</strong>en Stelle gesetzt.“ 210 Das bedeutet, dass die Moral<br />

- als e<strong>in</strong>e Theorie <strong>der</strong> Absichten - von <strong>der</strong> Ethik, die über die Wirkungen handelt,<br />

unterschieden wird. Relevant dürfte <strong>in</strong> diesem Zusammenhang se<strong>in</strong>, ob auch<br />

„außerhumanes“ Leben <strong>in</strong> den „kollektiven Teilungsschlüssel“ <strong>der</strong> Verfassung<br />

aufgenommen wird, also womöglich e<strong>in</strong>e biosphärische o<strong>der</strong> ökosystematische<br />

Berücksichtigung aller Spezies stattf<strong>in</strong>det. 211<br />

E<strong>in</strong>e Beispiel für e<strong>in</strong>e Oszillierung zwischen universalistischen Werthaltungen <strong>und</strong><br />

selbststeigernden, ökonomischen Werten ist vielleicht das Konzept <strong>der</strong> Nachhaltigkeit,<br />

das erstmals Mitte/Ende <strong>der</strong> 80er Jahre im so genannten Br<strong>und</strong>tland-Bericht <strong>der</strong> World<br />

Commission on Environment and Development formuliert wurde. Bestandteile waren<br />

die For<strong>der</strong>ungen nach umweltverträglichem Wirtschaften (Konsistenz), <strong>der</strong> besseren<br />

Ausnutzung von Ressourcen (Effizienz), <strong>der</strong> Beschränkung des Gesamtverbrauchs<br />

(Suffizienz) sowie e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>tra- <strong>und</strong> <strong>in</strong>tergenerationelle Verteilungsgerechtigkeit. 212 Es<br />

werden also Begriffe des Globalen - ökonomisch-selbststeigernde Wertungen – mit<br />

208<br />

Zum Vergleich die Verfassungskreisläufen von Platon, Aristoteles, Polybios – beziehungsweise die<br />

unterschiedlichen Formen politischer Strukturen.<br />

209<br />

Das ganze Mittelalter h<strong>in</strong>durch wogt <strong>der</strong> Kampf <strong>der</strong> Universalmächte – <strong>der</strong> „auctoritas „des Papstes<br />

<strong>und</strong> <strong>der</strong> „potestas“ des Kaisers um die die Kont<strong>in</strong>uität im „corpus morae et politicum“. Da „auctor“<br />

<strong>der</strong>jenige ist, <strong>der</strong> die Tat e<strong>in</strong>es an<strong>der</strong>en o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>e Rechtssituation vermehrt o<strong>der</strong> perfektioniert, ist <strong>der</strong><br />

Kampf um die metarechtliche „auctoritas“ letztlich e<strong>in</strong> R<strong>in</strong>gen um diejenige Legitimierungskraft, die e<strong>in</strong>e<br />

normativ-rechtliche „potestas“ suspendieren o<strong>der</strong> reaktivieren kann, <strong>und</strong> das nicht nur im Ausnahmefall<br />

des Krieges. Die „auctoritas“ ist das, was vom Recht bleibt, wenn das Recht vollständig suspendiert wird.,<br />

vgl. Agamben 2004, Seite 90<br />

210<br />

Pfaller 2002<br />

211<br />

E<strong>in</strong>flüsse traditioneller, religiöser Letztwerte, können auch diesem Kontext prägend se<strong>in</strong>. So geht<br />

beispielsweise <strong>der</strong> Buddhismus von e<strong>in</strong>er zyklischen Wie<strong>der</strong>kehr des Lebens aller Lebewesen aus. E<strong>in</strong><br />

Mann könnte <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em vorherigen Leben e<strong>in</strong> H<strong>und</strong> gewesen se<strong>in</strong>, e<strong>in</strong>e Frau <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em nachfolgenden<br />

Leben e<strong>in</strong> Vogel werden. Damit erhalten aber alle Lebewesen den gleichen Wert <strong>und</strong> die Würde des<br />

Menschen kann sich nicht <strong>in</strong> Abgrenzung zu Tieren o<strong>der</strong> Pflanzen bestimmen. Vgl. Ida 2007, S. 261<br />

212<br />

Schmuck 2005, S. 85


-46-<br />

jenen des Universellen im Verfahren wechselseitiger Konkordanz abgewogen. 213 Es<br />

sollen letztlich Ressourcen für e<strong>in</strong> maßvolles Wirtschaften erhalten werden.<br />

Wachstumswirtschaft benötigt das zu Mehrende, e<strong>in</strong>en Rest, e<strong>in</strong>en Überhang, etwas<br />

nicht Verteiltes, nicht Verbrauchtes beziehungsweise etwas <strong>der</strong> Wirtschaft Zu- <strong>und</strong><br />

Zurückgeführtes, e<strong>in</strong> Investitionsgut, wie es beispielsweise auch (früher<br />

zurückgehaltenes) Saatgut bedeutet. „Ab <strong>in</strong>tegro nascitur ordo“ – aus dem Nichts<br />

schaffen nur kle<strong>in</strong>e <strong>und</strong> große Zauberer. Die hier rekurrierte Investition steht dann als<br />

Produkt <strong>der</strong> Oszillierung zwischen universalistischen Be-wert-ungen des<br />

Verteilungsschlüssels – Normen s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel Be-grenzungen – <strong>und</strong><br />

selbststeigernden Wertungen.<br />

Die Investition <strong>in</strong>vestiert also den „Rest“, <strong>der</strong> nach <strong>der</strong> körperlichen Restitution bleibt.<br />

Daher benennen wir diesen Sektor mit „Selbststeigerung“. Pragmatische Strategien<br />

zwischen Kont<strong>in</strong>uität <strong>und</strong> Kont<strong>in</strong>genz herrschen auch hier vor, aber im Unterschied zu<br />

den universalistischen s<strong>in</strong>d es hier <strong>in</strong>dividuelle Kalküle. Sie gründen sich auf ihre<br />

Schlüssigkeit <strong>in</strong>nerhalb provisorisch etablierter Normierungskonzepte für das eigene<br />

Selbst.<br />

Analog war die Subsistenzwirtschaft, die Erhaltung des Lebensunterhaltes, bis fast <strong>in</strong>s<br />

19. Jahrh<strong>und</strong>ert h<strong>in</strong>e<strong>in</strong> charakteristisch für Europa. Nachdem die Befriedigung <strong>der</strong><br />

körperlichen Bedürfnisse annähernd sichergestellt war, konnten sich Werteprioritäten<br />

<strong>und</strong> damit e<strong>in</strong>hergehend auch Organisationsformen verschieben. Dem entspricht die<br />

Eskalationsdynamik <strong>der</strong> Maslowschen Bedürfnispyramide, nach <strong>der</strong> zunächst die<br />

Befriedigung körperlicher Bedürfnisse erfolgt. 214 Auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite wurde wohl<br />

schon Marx klar, dass <strong>der</strong> ökonomische Apparat, <strong>der</strong> sich nur <strong>der</strong> Lösung <strong>der</strong><br />

„Knappheitsproblematik“ widmet, paradox funktioniert: Funktioniert er zu gut, droht er<br />

zusammen mit den Knappheiten auch sich selbst zu beseitigen. 215<br />

213 Die Universalität betrifft die Menschenrechte <strong>und</strong> die Demokratie, die Globalisierung betrifft die<br />

Technik <strong>und</strong> den Markt. Die Globalisierung sche<strong>in</strong>t irreversibel, woh<strong>in</strong>gegen das Universelle im<br />

verschw<strong>in</strong>den begriffen sche<strong>in</strong>t, so jedenfalls Baudrillard 2007, S. 36. Tatsächlich gibt es so etwas wie<br />

„strukturelle Verantwortungslosigkeit“ (Künzli 1986, S.145), die <strong>der</strong> französische Philosoph Michel Serres<br />

(1998, S. 345) wie folgt charakterisiert: „Depaysé – aus dem Lande <strong>und</strong> <strong>in</strong> die Fremde gegangen, durch<br />

Wechsel <strong>der</strong> Landschaft <strong>und</strong> das Umherwan<strong>der</strong>n <strong>in</strong> zahlreichen Län<strong>der</strong>n, beständige Emigranten, ohne<br />

e<strong>in</strong>en heimischen Herd <strong>und</strong> se<strong>in</strong> Feuer, heimatlos, solcherart losgelöst ist es uns auf schmerzliche Weise<br />

gleichgültig, ob wir im Packeis leben o<strong>der</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Südsee, auf e<strong>in</strong>er Insel o<strong>der</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Wüste, sofern wie<br />

uns nur des Morgens vor unser Blatt Papier setzen <strong>und</strong> ihm dienen.“<br />

214 Vgl. Kle<strong>in</strong> 2008, S. 32f.<br />

215 Priddat 2008, S. 92


-47-<br />

Also rückt die Dynamik um den „Rest“ 216 das Neue statt die Subsistenz <strong>in</strong> den<br />

Vor<strong>der</strong>gr<strong>und</strong>. Hier erklärt sich dann auch die quasi natürliche Symbiose mit <strong>der</strong> Technik.<br />

Der „Rest“ jedenfalls muß nun dynamisch <strong>in</strong>vestiert <strong>und</strong> <strong>in</strong>ventiert werden, damit er zu<br />

konjunkturell belebendem technischen Fortschritt („Inventions“) <strong>und</strong> technischen<br />

Neuerungen („Innovation“) führt. Der schöpferische, dynamische Unternehmer<br />

(Schumpeter) benötigt Extragew<strong>in</strong>ne <strong>und</strong> „Pionierrenten“, die se<strong>in</strong>e Investition<br />

amortisieren, bevor <strong>der</strong> Verdrängungsprozess neuer „schöpferischer Zerstörung“<br />

beg<strong>in</strong>nt. 217 Dieser Prozess er<strong>in</strong>nert wahrsche<strong>in</strong>lich nicht von ungefähr an den<br />

Kulturprozess, an das „<strong>in</strong> Lernprozessen von Generation zu Generation Vermittelte“, 218<br />

denn Lernen erfor<strong>der</strong>t e<strong>in</strong>e „offene Komb<strong>in</strong>ation von festzuhaltendem <strong>und</strong> zu<br />

än<strong>der</strong>ndem Wissen“. 219 Daher existieren <strong>in</strong>nerhalb selbststeigern<strong>der</strong> Werthaltungen im<br />

Wertesystem <strong>der</strong> Ökonomie auch Zirkulationsvorstellungen von Güter-, Dienstleistungs-<br />

<strong>und</strong> Geldströmen – analog zu an<strong>der</strong>en Wertesystemen <strong>und</strong> ihren <strong>in</strong>ternen Zirkulationen<br />

<strong>in</strong> Verfassungskreislauf, Erneuerung <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>schaft (Geburt, Kommunion) o<strong>der</strong><br />

permanenter Selbsterf<strong>in</strong>dung.<br />

Geldmengenverän<strong>der</strong>ungen (Irv<strong>in</strong>g Fisher), Unterkonsumtion (John A. Hobson, John<br />

Maynard Keynes), abnehmende Grenzleistungsfähigkeit von Investitionen (Keynes),<br />

strukturelle Schwankungen (Kondratjeff-Zyklus) können mit den Bed<strong>in</strong>gungen des<br />

„Rests“ <strong>und</strong> den „zyklisch-periodischen Verän<strong>der</strong>ungen gesamtwirtschaftlicher<br />

Größen“ 220 verknüpft werden <strong>und</strong> stehen für die Oszillation zwischen den<br />

Werthaltungen des Universalismus wie auch <strong>der</strong> Selbststeigerung. 221 Auf <strong>der</strong> Schwelle<br />

<strong>in</strong> den Bereich des Sektors <strong>der</strong> traditionellen Letztwerte f<strong>in</strong>den sich technisch-<br />

216<br />

Es entsteht oszillativ natürlich auch e<strong>in</strong>e politische Dynamik um den Rest. Das, wovon die Bürger<br />

me<strong>in</strong>en, dass <strong>der</strong> Adel es ihnen unrechtgemäß entzöge, behaupteten später die Arbeiter gegenüber den<br />

Bürgern. Die Rente, die Kapitalisten den Arbeitern nähmen, sei <strong>der</strong> <strong>der</strong> Mehrwert, sagte Marx; vgl.<br />

Priddat 2008, S. 90<br />

217<br />

Der amerikanische Ökonom Raymond Vernon verband 1966 die Existenz des technologischen<br />

Monopols <strong>und</strong> des Produktlebenzyklus mit dem <strong>in</strong>ternationalen Handel. E<strong>in</strong> technisch neuartiges Produkt<br />

wird also solange exportiert, bis es von an<strong>der</strong>en Län<strong>der</strong>n nachgeahmt, billiger produziert <strong>und</strong> <strong>in</strong> die<br />

Ursprungslän<strong>der</strong> exportiert wird, wo <strong>der</strong> Gesamtkonsum bereits abnimmt, da bereits neuere <strong>und</strong><br />

technologisch höherwertige Produkte nachgefragt werden. Vgl. Meyers 2006, S. 242f.<br />

218<br />

Gottwald 2003, S. 217<br />

219<br />

Luhmann 1987, S. 448f.<br />

220<br />

Witthoff 1980, S. 5<br />

221<br />

So empfiehlt <strong>der</strong> Monetarismus <strong>der</strong> F<strong>in</strong>anz- wie <strong>der</strong> Geldpolitik konjunkturpolitische Abst<strong>in</strong>enz,<br />

E<strong>in</strong>griffe <strong>in</strong> den Markt möglichst zu vermeiden <strong>und</strong> das langfristige Wachstum zu för<strong>der</strong>n. Auch die Neue<br />

Politische Ökonomie verweist auf die Möglichkeit politisch <strong>in</strong>duzierter Konjunkturschwankungen. Es gibt<br />

auch politisch-ökonomische Weichenstellungen, die nach Maßgabe e<strong>in</strong>er Kreislaufwirtschaft positive<br />

Auswirkungen auf das Wirtschaftswachstum haben können. Recycl<strong>in</strong>g beispielsweise zielt darauf ab,<br />

weiteres Wirtschaftswachstum zu ermöglichen, ohne die natürlichen Energiequellen unnötig rasch<br />

aufzuzehren. Sie s<strong>in</strong>d also im S<strong>in</strong>ne des über Rest <strong>und</strong> Quantum Vorbemerkten e<strong>in</strong>e Investition, damit<br />

Wirtschaften auch zukünftig möglich bleibt.


-48-<br />

ökonomische Lebenssteigerungen wie die Gentechnik. <strong>Bio</strong>technologie,<br />

Informationstechnologie <strong>und</strong> Kognitionswissenschaft lösen – unter an<strong>der</strong>em unter dem<br />

Paradigma des „guten Lebens“ - die Grenze zwischen natürlich <strong>und</strong> künstlich<br />

sukzessive auf. Mit genetischen Algorithmen, genetischem Programmieren o<strong>der</strong> sich<br />

selbst evolutionär entwickelnden Masch<strong>in</strong>en, Robotern <strong>und</strong> Programmen könnte sehr<br />

bald e<strong>in</strong> neuer Zweig <strong>der</strong> Evolution e<strong>in</strong>setzen. 222 Es existiert auch e<strong>in</strong>e Schwelle zu den<br />

Selbstbestimmungs-Werten, beispielsweise <strong>in</strong> Form <strong>der</strong> immer erneute Reize<br />

benötigenden (Fremd-)Stimulation. 223 Sprache besitzt <strong>in</strong> selbststeigernden Kontexten<br />

e<strong>in</strong>e erfolgsorientierte Funktion, ist Mittel zum Zweck.<br />

Die Werthaltungen <strong>der</strong> Selbstbestimmung liegen jenen <strong>der</strong> Tradition gegenüber. Hier<br />

geht es nicht um „Halten“ <strong>und</strong> „Behalten“, son<strong>der</strong>n um Werden, Wandel, Kont<strong>in</strong>genz,<br />

Risiko. Die An-Nahme, die sich im Segment traditioneller Werthaltungen vollzieht, wird<br />

hier als Ab-Nahme des Entwerfens „eigentlicher Möglichkeiten“ 224 durch<br />

Schematisierung, Automatismus <strong>und</strong> Habitualisierung <strong>in</strong>terpretiert, die den Menschen<br />

(nur) als »Funktionsträger« 225 geme<strong>in</strong>schaftlicher Pflichten versteht. 226 Die Maxime<br />

dieser hier situierten Werthaltungen ist die Erschließung, e<strong>in</strong>e Rückgabe des eigenen<br />

Selbst aus <strong>der</strong> gesellschaftlichen Verfügungs-Masse. 227 Hier herrschen Strategien <strong>der</strong><br />

Ent-Gründung, <strong>der</strong> Dekonstruktion, die die Vorstellung e<strong>in</strong>es vorf<strong>in</strong>dlichen o<strong>der</strong><br />

ermittelbaren def<strong>in</strong>itiven Gr<strong>und</strong>es, wie ihn pr<strong>in</strong>zipistische Strategien unterstellen, von<br />

sich weisen. Dekonstruktive Strategien konstatieren, dass die humane Welt ke<strong>in</strong>e<br />

def<strong>in</strong>itive Form haben kann, weil sie e<strong>in</strong> symbolisch konstituierter Raum möglicher<br />

222<br />

Maresch 2001, S. 16<br />

223<br />

Wie sie beispielsweise im Technik-Freak o<strong>der</strong> dem „Event-Hopper“ <strong>der</strong> „Spassgesellschaft“ (Gerhard<br />

Schulze) vorliegt<br />

224<br />

Vgl. Heidegger 2001, S. 178<br />

225<br />

Max Weber (1980, S. 12) hierzu: „Das streng traditionale Verhalten steht – ganz ebenso wie die re<strong>in</strong><br />

reaktive Nachahmung – ganz <strong>und</strong> gar an <strong>der</strong> Grenze <strong>und</strong> oft jenseits dessen, was man e<strong>in</strong> „s<strong>in</strong>nhaft“<br />

orientiertes Handeln überhaupt nennen kann. Denn es ist sehr oft nur e<strong>in</strong> dumpfes, <strong>in</strong> <strong>der</strong> Richtung <strong>der</strong><br />

e<strong>in</strong>mal e<strong>in</strong>gelebten E<strong>in</strong>stellung ablaufendes Reagieren auf gewohnte Reize.“<br />

226<br />

Gehlen 1957, S. 106. So spielt sich Hegels Herr-Knecht-Dialektik nicht nur zwischen verschiedenen<br />

Individuen mit verschiedenem gesellschaftlichem Status ab. Sie ist auch <strong>in</strong>nere Dialektik, ja<br />

Schizophrenie, zwischen naturaler Geme<strong>in</strong>schafts- <strong>und</strong> Gruppenzugehörigkeit <strong>und</strong> <strong>in</strong>nerer Selbstf<strong>in</strong>dung<br />

<strong>und</strong> – bestimmung.<br />

227<br />

Mehrere Sprachen bezeichnen den „Herrn“ durch e<strong>in</strong> Wort mit <strong>der</strong> Bedeutung „er (sich) selbst“, das<br />

durch die <strong>in</strong>dogermanischen Wurzel „pot“ repräsentiert wird. Im Late<strong>in</strong>ischen schart sich um das Wort<br />

*potis, sei es <strong>in</strong> freier Form o<strong>der</strong> <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Kompositum, e<strong>in</strong>e große etymologische Familie. Neben<br />

„hospes“ bildet es die Adjektive „compos“ <strong>und</strong> „impos“, also „wer Herr se<strong>in</strong>er selbst, se<strong>in</strong>es Geistes“ ist<br />

<strong>und</strong> das Verb *potere, dessen alle<strong>in</strong> erhaltendes Perfekt „potui“ zum Paradigma von „können“ gezogen<br />

wurde. Bei Plautus steht im gesprochenen Late<strong>in</strong> „ipsissimus“ für Herr, das Selbst, den e<strong>in</strong>zig Wichtigen.<br />

(Vgl. Beneviste 1993, S. 71ff.) Wenn Homer beispielsweise vom Land <strong>der</strong> Zyklopen schreibt, so<br />

bezeichnet er dieses als „athémistes“ – jede Familie lebe dort nach ihrem eigenen Gesetz, die Zyklopen<br />

seien wahrhaftig Wilde. (Vgl. Beneviste 1993, S. 373f.) Hier entsteht das selbst, das <strong>in</strong> Dialektik mit dem<br />

an<strong>der</strong>en se<strong>in</strong>er selbst steht.


-49-<br />

Formen ist <strong>und</strong> die immer neue Herstellung solcher Formen <strong>und</strong> ihrer Organisation e<strong>in</strong><br />

ihr <strong>in</strong>härenter produktiver <strong>und</strong> kreativer Teil <strong>der</strong> humanen Welt ist. 228 Der „normative“<br />

Anspruch von dekonstruktivistischen Strategien liegt <strong>in</strong> <strong>der</strong> Aufzeigung dessen, was im<br />

je Verwirklichten nicht verwirklicht wurde. Hier angesiedelte Sprachauffassungen<br />

spiegeln wie<strong>der</strong>, dass objektive Realität nicht zu erkennen ist, weil sich je<strong>der</strong> E<strong>in</strong>zelne<br />

se<strong>in</strong>e Wirklichkeit „konstruiert“ <strong>und</strong> Sprache daher immer mehrdeutig <strong>und</strong> damit<br />

„Sprachspiel“ se<strong>in</strong> muß.<br />

E<strong>in</strong>em <strong>in</strong> den Übergängen zum Sektor <strong>der</strong> Selbststeigerung liegen<strong>der</strong> Wettbewerb „um<br />

e<strong>in</strong>en Unterschied gegen die An<strong>der</strong>en“ 229 stehen die Übergänge <strong>in</strong> den Sektor<br />

universalistischer, pragmatischer Haltungen gegenüber, die Kreativität, Phantasie <strong>und</strong><br />

Freiheitsbegehren beför<strong>der</strong>n – <strong>und</strong> damit durchaus gesellschaftlich „nützlich“ s<strong>in</strong>d. Das<br />

schöpferische Potential verschw<strong>in</strong>det allerd<strong>in</strong>gs, wenn die Differenz zum An<strong>der</strong>en<br />

spannungslos wird, wenn also entwe<strong>der</strong> alle wi<strong>der</strong>spruchslos im Kollektiv <strong>in</strong>tegriert s<strong>in</strong>d<br />

o<strong>der</strong> wenn niemand mehr die Sogwirkung e<strong>in</strong>er Geme<strong>in</strong>schaft verspürt. O<strong>der</strong> auch<br />

wenn ke<strong>in</strong>er den An<strong>der</strong>en als möglicherweise heilsame Provokation – „homo mensura“<br />

e<strong>in</strong>mal an<strong>der</strong>s <strong>in</strong>terpretiert – zur Selbstverän<strong>der</strong>ung erlebt.<br />

Betont man also nur das Trennende, lässt sich e<strong>in</strong>e menschliche Existenz als e<strong>in</strong><br />

Entwe<strong>der</strong>-o<strong>der</strong> verstehen; entwe<strong>der</strong> Innen o<strong>der</strong> Außen, entwe<strong>der</strong> Selbstbestimmung<br />

o<strong>der</strong> Letztwerte. Aber Existenz trennt <strong>und</strong> verb<strong>in</strong>det gleichzeitig, sie ist die<br />

Gleichzeitigkeit des Entwe<strong>der</strong>-o<strong>der</strong> <strong>und</strong> des Sowohl-als-auch. 230 Das schlägt sich auch<br />

im Identitäts-Paradox nie<strong>der</strong>: E<strong>in</strong>e Realisierung von „Ich-Identität“ ist nur im Rahmen<br />

e<strong>in</strong>er kollektiven „Wir-Identität“ möglich. 231 Der Mensch ist im eigentlichen ke<strong>in</strong><br />

Individuum, son<strong>der</strong>n e<strong>in</strong> Dividuum, e<strong>in</strong>e Person, die sich teilen, sich re-produzieren o<strong>der</strong><br />

maskieren kann. Kennzeichnend für diese oszillierende Beziehung zwischen<br />

Letztwerten <strong>und</strong> Selbstbestimmungswerten s<strong>in</strong>d die „Bastelbiographien“ <strong>der</strong><br />

postmo<strong>der</strong>nen Gegenwart zwischen Abstand <strong>und</strong> (verme<strong>in</strong>tlicher) Individualität auf <strong>der</strong><br />

e<strong>in</strong>en Seite sowie mimetischer Kopie <strong>und</strong> Wie<strong>der</strong>holung auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite. Auf <strong>der</strong><br />

Schwelle zwischen Selbstbestimmungs-Werten <strong>und</strong> universalistischen Werthaltungen<br />

steht beispielsweise e<strong>in</strong> künstlerischer Expressionismus, wie er sich <strong>in</strong> Festivitäten,<br />

228 Badura 2006, S. 3<br />

229 Heidegger 2001, S. 126<br />

230 Vgl. Weihe 2004, S. 106<br />

231 Vgl. Lang 2004, S. 138


-50-<br />

Ritualen, Tanz, Gesang 232 sowie dramatischen Vorführungen 233 f<strong>in</strong>det. Auf dieser<br />

Schwelle f<strong>in</strong>den sich kollektive Ventilformen (Karneval) wie auch symbolisch-<br />

künstlerische Darstellungen 234 des von <strong>der</strong> Gesellschaft Ausgeschlossenen.<br />

Das Ausgeschlossene ist das Freie, das Autonome, sich selbst Bestimmende, so zum<br />

Beispiel die Natur als das, „was draußen ist. In die Natur gehen heißt: nach draußen,<br />

h<strong>in</strong>aus <strong>in</strong>s Freie. Die so entdeckte <strong>und</strong> def<strong>in</strong>ierte Natur ist das Draußen, d.h. zunächst<br />

außerhalb <strong>der</strong> Mauern, also das Ländliche <strong>und</strong> die Landschaft, […] das<br />

Außerzivilisatorische.“ 235 Wenn dann auf die Ausweisung die E<strong>in</strong>weisung folgt, 236 wird<br />

das Ausgeschlossene e<strong>in</strong>geschlossen <strong>und</strong> gesellschaftlich nützlich privatisiert. 237 Dass<br />

zwischen diesen Haltungen zur Natur durchaus „farbige Graustufen“ bestehen, ist<br />

Thema des nächsten Kapitels. 238<br />

232 Bäuerliche Ausdruckkultur schlägt sich <strong>in</strong> Schmuck, Hausbau, Tanzen, Paraden, Festen <strong>und</strong><br />

Sprachgestalten nie<strong>der</strong>. Vgl. Gottwald 2004/2, S. 275<br />

233 Wie <strong>in</strong> Shakespeares Hamlet, bei dem <strong>der</strong> Zuschauer quasi Beobachter (zweiter Ordnung) <strong>der</strong><br />

Beobachtung (Inszenierung) von Selbstbestimmungs-Werthaltungen wird. Vom ersten Satz an ist <strong>der</strong><br />

Prot-Agon-ist (griechisch agon = piel, Wettkampf) auf <strong>der</strong> Flucht vor Identitäts-Fixierungen. Den<br />

dänischen Pr<strong>in</strong>zen, <strong>der</strong> aus e<strong>in</strong>er Rolle <strong>in</strong> die an<strong>der</strong>e fällt, zeichnet e<strong>in</strong> distanzierter <strong>und</strong> skeptischer Blick<br />

aus. Das skand<strong>in</strong>avische Wort „Amleth“ bedeutet übrigens Narr, was überleitet zum regelgeleiteten<br />

Regel-Derblecken, dem gesteuerten „Bierdorf“ des Karneval.<br />

234 Symbole stehen auch <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Analogie zur menschlichen Existenz. Denn e<strong>in</strong> „symbolon“ s<strong>in</strong>d zwei<br />

getrennte Stücke, die zusammenpassen <strong>und</strong> e<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>heit repräsentieren.<br />

235 Böhme 1989, S. 61<br />

236 Die im doppelten S<strong>in</strong>ne zu verstehende Ausweisung von Naturschutzgebieten könnte Giorgio<br />

Agambens These unterstreichen, dass sich das „nackte Leben“ (nur) im Lager ausgeschlossen<br />

beziehungsweise e<strong>in</strong>geschlossen wie<strong>der</strong> f<strong>in</strong>det.<br />

237 Der Verbrauch, <strong>der</strong> notwendigerweise die Sache vernichtet, ist nichts an<strong>der</strong>es als die Verne<strong>in</strong>ung des<br />

Gebrauchs, <strong>der</strong> die Substanz <strong>der</strong> Sache unversehrt halten möchte. Vgl. Agamben 2005, S. 80<br />

238 Im Augenblick größtmöglicher Autarkie <strong>der</strong> „zweiten Natur“ – <strong>der</strong> menschlichen Kultur - for<strong>der</strong>t die<br />

erste Natur Aufmerksamkeit, Aufmerksamkeit für sich, für das Ausgeschlossene – durch den<br />

Klimawandel.


-51-<br />

2.2. Die Natur – (nur) zwischen Ökonomie <strong>und</strong> Ökologie?<br />

Wahrnehmungen von Natur reichen vom antiken Verständnis <strong>der</strong> quasi-theologischen<br />

Natur als Kosmos, an dessen harmonischer Ordnung sich menschliches Handeln zu<br />

orientieren habe über mo<strong>der</strong>ne Haltungen von Natur als Ergebnis zunächst planloser<br />

Mutationen <strong>und</strong> natürlicher Selektion <strong>und</strong> e<strong>in</strong>em letztlich doch erreichten Gleichgewicht<br />

<strong>der</strong> Arten <strong>und</strong> Lebensbed<strong>in</strong>gungen bis zur „liberalen“ Natur als Ort beständiger<br />

Konkurrenz. 239 Letztendlich bewegt sich e<strong>in</strong>e Bewertung <strong>der</strong> Natur zwischen <strong>der</strong><br />

E<strong>in</strong>ordnung als Leben spendend <strong>und</strong> –sichernd auf <strong>der</strong> e<strong>in</strong>en Seite sowie als das<br />

Bedrohende <strong>und</strong> Lebensgefährdende auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite, das ke<strong>in</strong>e Rücksicht auf<br />

menschliches Leben nimmt. Letztere Kategorisierung wird zuweilen als unbeschränkte<br />

Freiheit zu e<strong>in</strong>em Handeln des Menschen <strong>in</strong> <strong>und</strong> an <strong>der</strong> Natur <strong>in</strong>terpretiert. Woraus<br />

unbed<strong>in</strong>gte Aneignung <strong>und</strong> Bearbeitung, Vernutzung <strong>und</strong> Destruktion resultieren<br />

können. Auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite stehen praxisferne, nur „anschauende“ Verhältnisse,<br />

ästhetische Wahrnehmung von Natur, die <strong>der</strong> Natur e<strong>in</strong>e Freiheit von menschlichen<br />

Handlungen, menschlicher Arbeit e<strong>in</strong>räumt. 240 Im Folgenden werden nun exemplarisch<br />

e<strong>in</strong>ige Typisierungen <strong>in</strong>nerhalb <strong>der</strong> „farbigen Graustufen“ zwischen den Antagonismen<br />

vorgenommen.<br />

In <strong>der</strong> als „<strong>in</strong>dividualistische Stadtnatur“ 241 von Stefan Körner (TU Berl<strong>in</strong>) bezeichneten<br />

Haltung wird e<strong>in</strong>e spezifisch „heimatliche Qualität“ <strong>der</strong> Natur negiert. Statt e<strong>in</strong>er<br />

„Eigenart“ <strong>und</strong> e<strong>in</strong>em daraus folgenden „Management“ „neuer“ Arten wird vor allem die<br />

Flexibilität <strong>und</strong> Leistungsfähigkeit <strong>der</strong> Arten gleich welcher Herkunft geschätzt, die zu<br />

immer wie<strong>der</strong> überraschenden Anpassungsvorgängen an verän<strong>der</strong>te<br />

Umweltbed<strong>in</strong>gungen führen. Menschliche Nutzungen s<strong>in</strong>d Anstoß <strong>und</strong> Chance für neue<br />

evolutionäre Entwicklungen <strong>in</strong>nerhalb <strong>der</strong> Natur nach Maßgabe e<strong>in</strong>es kont<strong>in</strong>genten,<br />

freien Spiels von Möglichkeiten. Da menschliche Nutzung als Auslöser evolutionärer<br />

Entwicklungen angesehen wird, gilt die städtische Nutzungsvielfalt als Ursache<br />

beson<strong>der</strong>s diverser Umweltbed<strong>in</strong>gungen <strong>und</strong> wird damit als Ursache hoher Artenvielfalt<br />

<strong>in</strong>terpretiert.<br />

239 Vgl. Eser 2004, S. 170<br />

240 Vgl. hierzu Ludwig 2004, S. 229. Wobei Wahrnehmung stets von Handlungsschemata begleitet wird<br />

<strong>und</strong> – da Erleben <strong>und</strong> Handeln durch das umfassende systemspezifische Steuerungskriterium „S<strong>in</strong>n“<br />

rückgekoppelt s<strong>in</strong>d (vgl. Willke 2006, S. 153) – dadurch <strong>in</strong> den Arbeitsprozess e<strong>in</strong>geglie<strong>der</strong>t werden kann.<br />

241 Vgl. Körner 2004, S. 87


-52-<br />

In Auffassung von Natur als Ressource greift das biologische Pr<strong>in</strong>zip des<br />

Sozialdarw<strong>in</strong>ismus, um vollzogene o<strong>der</strong> antizipierte Machtentfaltungen im Rahmen <strong>der</strong><br />

Spencer-Formel des „survival of the fittest “ zu legitimieren. 242 Hier wird <strong>der</strong> Blick frei auf<br />

e<strong>in</strong>e Welt, die gemessen, vermehrt o<strong>der</strong> verm<strong>in</strong><strong>der</strong>t werden kann. 243 Das Denken von<br />

den messbaren, ausgedehnten D<strong>in</strong>gen her – griechisch „pragmata“ – birgt dann<br />

allerd<strong>in</strong>gs die Gefahr <strong>der</strong> Verd<strong>in</strong>glichung auch des Nicht-D<strong>in</strong>glichen, die Betrachtung<br />

von Subjekten als Objekte, als Vorrat, als Bestand für die Steigerung. Johannes<br />

He<strong>in</strong>richs bezeichnet dies mit „strategisch-e<strong>in</strong>seitiger Reflexion“, 244 Werner Kirsch als<br />

„erfolgsorientiertes Handeln“, dem er das „verständigungsorientierte Handeln<br />

gegenüberstellt. 245 Im Namen <strong>der</strong> kollektiven <strong>und</strong> ökonomischen Selbststeigerung kann<br />

also e<strong>in</strong> Wald zum Forst werden, <strong>der</strong> Berg e<strong>in</strong> Ste<strong>in</strong>bruch, <strong>der</strong> Fluß Wasserkraft, <strong>der</strong><br />

W<strong>in</strong>d zum W<strong>in</strong>d <strong>in</strong> den Segeln 246 <strong>und</strong> <strong>der</strong> Ackerbau zur „motorisierten<br />

Ernährungs<strong>in</strong>dustrie“. 247 Das beobachtete „Objekt“ wird als nicht gleichwertige, triviale<br />

Masch<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>gestuft. 248 In diesem Kontext können ebenso bestimmte mediz<strong>in</strong>ische<br />

Werthaltungen lokalisiert se<strong>in</strong>, Mediz<strong>in</strong> verstanden als Wissenschaft, die sich den<br />

„Zumutungen <strong>der</strong> Natur“ stellt. Streng genommen kann aus dieser Position ke<strong>in</strong>e<br />

Auffor<strong>der</strong>ung zum Naturschutz abgeleitet werden. 249<br />

Im Kontext ökonomisch-selbststeigern<strong>der</strong>n Werthaltungen zur Natur existieren ebenso<br />

Naturauffassungen, die zwischen den verschiedenen werthaltigen Naturkonzepten<br />

oszillieren. Beispielsweise das Konzept <strong>der</strong> Nachhaltigkeit, das erstmals Mitte/Ende <strong>der</strong><br />

80er Jahre im so genannten „Br<strong>und</strong>tland-Bericht“ <strong>der</strong> „World Commission on<br />

Environment and Development“ formuliert wurde. Bestandteile waren die For<strong>der</strong>ungen<br />

242<br />

Vgl. Birnbacher 1997, S. 232<br />

243<br />

Frei nach dem Satz Galileis „Messen, was messbar ist, was nicht messbar ist, messbar machen.“ Vgl.<br />

Baruzzi 1993, S. 323<br />

244<br />

Vgl. hierzu He<strong>in</strong>richs 1998, S. 9<br />

245<br />

Kirsch 1999 II, S. 58<br />

246<br />

Heidegger 2001, S. 70<br />

247<br />

Heidegger 2002, S. 14. E<strong>in</strong> Beispiel für diese Haltungen f<strong>in</strong>det sich <strong>in</strong> Maxe<strong>in</strong>er 2008, S. 214f.: „Es<br />

dröhnt <strong>und</strong> staubt, die Erde zittert. […] In e<strong>in</strong>er Fünferreihe fressen sich gewaltige Mähdrescher durch die<br />

endlosen Getreidefel<strong>der</strong> <strong>und</strong> spucken ihre Ladungen auf bereitstehende Lastwagen […] E<strong>in</strong> Team<br />

unternehmerischer Landwirte arbeitet […] effizient, hoch technisiert <strong>und</strong> <strong>in</strong> riesigen Dimensionen […]<br />

Agrarkonzerne, Düngemittelhersteller, Landmasch<strong>in</strong>en- <strong>und</strong> Saatgut-Produzenten profitieren davon, es<br />

etabliert sich aber auch e<strong>in</strong> neuer Bauerntypus.“ Dieses martialische Szenario er<strong>in</strong>nert doch e<strong>in</strong> wenig an<br />

e<strong>in</strong>en Hollywood-Plot, <strong>in</strong> dem Techno-Landkrieger mit „Mehrachsern“ des Guten auf dem Feld <strong>der</strong> Ähre<br />

die unzivilisiert-wilden „Schurkensaaten“ ausradieren <strong>und</strong> die „Spreu“ vom „Weizen“ trennen.<br />

248<br />

E<strong>in</strong>e triviale Masch<strong>in</strong>e ist durch e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>deutige Beziehung zwischen ihrem Input (Stimulus, Ursache<br />

etc.) <strong>und</strong> ihrem Output (Reaktion, Wirkung) gekennzeichnet. Die „Masch<strong>in</strong>e“ besteht aus e<strong>in</strong>er als<br />

„unverän<strong>der</strong>bar“ gekennzeichneten Beziehung, <strong>der</strong> „output“ ist demnach durch Beobachtung bestimmbar,<br />

weswegen die Masch<strong>in</strong>e als e<strong>in</strong> determ<strong>in</strong>istisches, vorhersagbares System, gekennzeichnet werden<br />

kann; vgl. Foerster 1939, S. 357f.<br />

249<br />

Vgl. Körner 2004, S. 88


-53-<br />

nach umweltverträglichem Wirtschaften (Konsistenz), <strong>der</strong> besseren Ausnutzung von<br />

Ressourcen (Effizienz), <strong>der</strong> Beschränkung des Gesamtverbrauchs (Suffizienz) sowie<br />

e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>tra- <strong>und</strong> <strong>in</strong>tergenerationelle Verteilungsgerechtigkeit. 250 Damit f<strong>in</strong>den sich<br />

Kriterien aus den Bereichen ökonomisch-selbststeigern<strong>der</strong> Werthaltungen (Konsistenz<br />

<strong>und</strong> Effizienz), traditioneller Letztwerte (Suffizienz) wie auch universalistischer<br />

Wertauffassungen (<strong>in</strong>tra- <strong>und</strong> <strong>in</strong>tergenerationelle Verteilungsgerechtigkeit).<br />

Zu den oszillierenden Argumentationen gehören auch solche, die die E<strong>in</strong>stufung von<br />

Natur als Nicht-Ressource mit ökonomischen Gründen stützen. David Ehrenfeld,<br />

<strong>Bio</strong>loge von <strong>der</strong> Rutgers-University New Brunswick/USA, zählt beispielsweise auf: 251 1.<br />

Tourismus <strong>und</strong> Erholung 2. Schutz unentdeckter Nutz-Werte (beispielsweise die<br />

Bedeutung wenig bekannter Pflanzen für Medikamente <strong>und</strong> Nahrungsmittel 3.<br />

Stabilisierung von auch Menschen betreffen<strong>der</strong> Ökosysteme (wozu für ihn Formen <strong>der</strong><br />

ökologischen Landwirtschaft zählen) 4. Systembeispiele für Langzeitüberleben von<br />

Ökosystemen 5. Überwachungsfunktionen für Umweltbed<strong>in</strong>gungen 6.<br />

Wissenschaftliche Untersuchungs-Werte 7. Didaktisch-edukative Werte 8. Verbleib von<br />

Potential zur Renaturierung des Lebensraums 9. Generelle Erhaltungswerte.<br />

E<strong>in</strong>e an<strong>der</strong>e Wertauffassungen be<strong>in</strong>haltende E<strong>in</strong>stufung von Natur f<strong>in</strong>det sich im<br />

Kulturlandschaftsschutz, <strong>der</strong> im Wesentlichen e<strong>in</strong>e Ausgestaltung <strong>der</strong> Natur als e<strong>in</strong>er<br />

mit heimatlicher Eigenart gekennzeichneten, harmonischen Nutzlandschaft im S<strong>in</strong>ne<br />

e<strong>in</strong>er konkret landschaftsarchitektonischen Bauaufgabe anstrebt. 252 Landschaft gilt<br />

nach dieser Auffassung als Ausdruck des kulturellen Geistes <strong>und</strong> damit als existentieller<br />

Urgr<strong>und</strong>. Der Kulturlandschaftsschutz hat sich, so die Umweltethiker<strong>in</strong> Uta Eser,<br />

Fachhochschule Nürt<strong>in</strong>gen, historisch als konservative Antwort auf die zunehmende<br />

Individualisierung <strong>der</strong> Gesellschaft entwickeln können, was Werte wie<br />

„Bodenständigkeit, Tradition, Zugehörigkeit, Eigenart, Anpassung an naturräumliche<br />

Gegebenheiten, starke B<strong>in</strong>dung des E<strong>in</strong>zelnen, usw.“ unterstreichen. 253 Heimat-<br />

Argumente s<strong>in</strong>d hier Argumente zum Erhalt <strong>der</strong> vom Menschen geprägten<br />

Kulturlandschaft mitsamt den tradierten Formen <strong>der</strong> Landnutzung, den lokalen Sitten<br />

250 Schmuck 2005, S. 85<br />

251 Vgl. Ehrenfeld 1997, S. 139ff.<br />

252 Vgl. Körner 2004, S. 78<br />

253 Eser 2004, S. 186


-54-<br />

<strong>und</strong> Gebräuchen, Nutzungsformen, Gewohnheitsrechten, M<strong>und</strong>arten usw.. Wildnis <strong>und</strong><br />

Heimat h<strong>in</strong>gegen s<strong>in</strong>d damit kaum vere<strong>in</strong>bar. 254<br />

Ziel des Kulturlandschaftsschutzes ist <strong>der</strong> Schutz „physiognomischer Eigenart“, <strong>in</strong> das<br />

auch das Gr<strong>und</strong>pr<strong>in</strong>zip <strong>der</strong> Generationenfolge <strong>in</strong>tegriert ist, das von <strong>der</strong> Konstanz <strong>der</strong><br />

Wirkungsweisen von Natur, die Regelmäßigkeit <strong>und</strong> Ordnung gewährleistet, verbirgt<br />

wird. 255 Natur hat also e<strong>in</strong>e Eigenart, die sich durch Ideen des Schönen <strong>und</strong> ihre<br />

Gestaltungen aus den Tiefen <strong>der</strong> Metayphysik offenbaren kann. 256 Muster dafür ist die<br />

„nachahmende Sicht des Genies“ auf die Landschaft. 257 Topos ist das „Sublime“ 258 , das<br />

ER-Haben(e), das als Ausdruck e<strong>in</strong>er (funktional <strong>in</strong>terpretierten)<br />

Ästhetik 259 auf ideal-normative Kriterien e<strong>in</strong>es kosmotischen, göttlichen Hauses<br />

verweist. 260 Analog zur doppelten Bedeutung des late<strong>in</strong>ische Wortes „sacer“ als „heilig“<br />

<strong>und</strong> „verflucht“ existieren im traditionellen Letztwertebereich, <strong>in</strong> dem sich qua Tradition<br />

auch <strong>der</strong> Kulturlandschaftsschutz bef<strong>in</strong>det, auch Vorstellungen von Natur als „gefallener<br />

254 So Ott 2004, S. 288<br />

255 Vgl. Plamper 1998, S. 71<br />

256 Vgl. Hasse 2004, S. 46<br />

257 Vgl. D<strong>in</strong>nebier 2004, S. 72<br />

258 Late<strong>in</strong>isch „sublim“ steht für verfe<strong>in</strong>ert, erhaben, aus sub „von unten her“ <strong>und</strong> limen „Türschwelle“,<br />

womit die obere Schwelle, <strong>der</strong> Türsturz geme<strong>in</strong>t ist.<br />

259 Adorno kritisierte Auffassungen des „hohlen Erhabenen“ (vgl. Welsch 2006, S. 116), <strong>in</strong> denen Furcht<br />

vor Ideologie, Respekt, Macht <strong>und</strong> Größe dom<strong>in</strong>ierend sei.<br />

260 Der L<strong>in</strong>guist Jost Trier behandelt die (Tür)Schwelle im Bereich des <strong>in</strong>dogermanischen Wortfeldes<br />

„Giebel“ <strong>und</strong> des Hauses: „Das Haus spendet metaphorisch e<strong>in</strong>en Teil jenes Wortschatzes <strong>der</strong> Welt, <strong>der</strong><br />

für das Verständnis <strong>der</strong> Welt, des Kosmos, gebraucht wird. Es ist e<strong>in</strong>e Frage, die die Religionsgeschichte<br />

auf dr<strong>in</strong>gendste angeht, auf welcher Stufe <strong>der</strong> Entwicklung <strong>und</strong> unter welchen geschichtlichen<br />

Bed<strong>in</strong>gungen <strong>der</strong> Mensch den Gedanken fasste, die Welt als e<strong>in</strong> erweitertes Haus <strong>und</strong> damit als etwas<br />

Gebautes, Geglie<strong>der</strong>tes, Geordnetes <strong>und</strong> Schützendes <strong>in</strong>nerlich zu sehen. Denn <strong>der</strong> metaphorische<br />

Gebrauch von Wörtern des Hauses im All ist nichts Äußerliches, ke<strong>in</strong> bloßer Kunstgriff, <strong>der</strong> mit etwa an<br />

sich beliebigen Mitteln e<strong>in</strong>er Bezeichnungsnot steuerte, son<strong>der</strong>n er ist Ausdruck e<strong>in</strong>er umfassenden<br />

neuen Erfahrung, Zeichen e<strong>in</strong>es Schrittes auf e<strong>in</strong>em Eroberungsweg, <strong>der</strong> das Haus <strong>in</strong> die Welt h<strong>in</strong>e<strong>in</strong><br />

weitet, den Gedanken e<strong>in</strong>er sichernden Ordnung aus dem kle<strong>in</strong>räumigen Innern <strong>in</strong>s großräumige Außen<br />

h<strong>in</strong>ausstrahlen lässt.“ Vgl. Trier 1939, S. 22. Man denke hierbei auch an die Ökologie, die sich vom<br />

griechischen „oikos“ für „Haus“ herleitet. Wenn die Formel vom „delightful horror“ – wörtlich<br />

„entzücken<strong>der</strong> Schrecken“ - im englischsprachigen Raum des 18. Jahrh<strong>und</strong>erts geradezu zur<br />

stereotypen Kennzeichnung des Erhabenheitserlebnisses verwendet wurde (Ludwig 2004, S. 246), dann<br />

bestätigt das nur die hier vorgenommene E<strong>in</strong>ordnung, denn „horror“ rekurriert auf das late<strong>in</strong>ische<br />

„horrere“ = „<strong>in</strong> die Höhe richten“ (ganz abgesehen von <strong>der</strong> mit „light“ möglichen Lichtmetaphorik) <strong>und</strong><br />

er<strong>in</strong>nert an den deutschen Begriff <strong>der</strong> positiv Ehr-furcht, dem bereits durch die Wurzel des<br />

<strong>in</strong>dogermanischen êra e<strong>in</strong> starkes Moment <strong>der</strong> Scheu zueigen ist (vgl. Grimm 2004, Ehrfurcht). Moses<br />

näherte sich beispielsweise <strong>in</strong> Ehrfurcht dem brennenden Dornbusch, durch den die Stimme Gottes ihn<br />

ansprach. Ehrfurcht wird vom ökologischen Philosophen Henryk Skolimowski, Universität Lodz, als<br />

Zentral-Topos ökologischer Werte angesehen, vgl. Skolimowski 1995, S.231. Das lat. „horrere“ deckt sich<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Bedeutung mit dem griechischen „hypsos“, das soviel heißt wie „<strong>in</strong> die Höhe heben<br />

beziehungsweise Anhöhe“. Im ersten Buch über das Erhabene, vom Philosophen Long<strong>in</strong>os im 3.<br />

Jahrh<strong>und</strong>ert vor unserer Zeitrechnung geschrieben, was „hypsos“ die entsprechende Benennung des<br />

Erhabenen, (vgl. Treptow 2001, S. 14). Hier steht also die religiöse Andacht Pate, vgl. dazu Assmann<br />

2001, S. 22


-55-<br />

Natur“. 261 Hier ist die Natur vollständig von <strong>der</strong> menschlichen Geschichte abhängig ist -<br />

die selbst als Heilsgeschichte vom Paradies ausgehend über Sündenfall bis zum<br />

Untergang/Gericht <strong>in</strong>terpretiert wird 262 -, was den Menschen qua Gewissen zum<br />

Bezw<strong>in</strong>ger <strong>und</strong> Beherrscher von Natur erklärt. 263<br />

Der Arten- <strong>und</strong> <strong>Bio</strong>topschutz, als weiteres Beispiel für Haltungen zur Natur, geht von<br />

e<strong>in</strong>em Gleichgewicht <strong>in</strong>nerhalb ökosystemischer Lebensgeme<strong>in</strong>schaft (<strong>Bio</strong>zönose) aus,<br />

das durch drei Haupteigenschaften - Beständigkeit, Unabhängigkeit <strong>und</strong><br />

Selbstregulation – gekennzeichnet ist. 264 Diese sich nach dem Krieg <strong>und</strong> <strong>der</strong> damit<br />

verb<strong>und</strong>enen Fragwürdigkeit des Volk- <strong>und</strong> Heimatgedankens ausbreitende Form des<br />

Naturschutzes befürwortet <strong>in</strong>takte <strong>Bio</strong>tope <strong>und</strong> als <strong>in</strong>takt gilt, was Eigenart hat <strong>und</strong> e<strong>in</strong>e<br />

spezifische Typik <strong>und</strong> Repräsentativität <strong>in</strong>nerhalb e<strong>in</strong>es gegebenen physiognomischen,<br />

(kultur)landschaftlichen Gesamtkontextes aufweist. 265 Dabei besagt die „Diversitäts-<br />

Stabilitäts-Hypothese“, dass die überlieferte kulturlandschaftliche <strong>Vielfalt</strong>, die<br />

wachsende Zahl <strong>der</strong> Arten <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Lebensgeme<strong>in</strong>schaft, e<strong>in</strong>en maßgeblichen Beitrag<br />

zur funktionalen Stabilität leistet. Womit größtenteils ke<strong>in</strong>e natürlichen Ökosysteme,<br />

son<strong>der</strong>n – ähnlich wie beim Kulturlandschaftsschutz - die Spuren historischer<br />

Landnutzung geschützt würden, so <strong>der</strong> Landschaftsplaner Stefan Körner, TU Berl<strong>in</strong>. 266<br />

Beim Schutz „physiognomischer Eigenart“ wird beispielsweise e<strong>in</strong> Wald-Ökosystem<br />

nicht als zerstört betrachtet, wenn <strong>in</strong>nerhalb von dessen Grenzen bestimmte<br />

ursprünglich vorhandene Pilze o<strong>der</strong> Insekten aussterben, son<strong>der</strong>n erst, wenn die<br />

Bäume fehlen o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e gestaltgebende Organismentypen an <strong>der</strong>en Stelle treten.<br />

Diese „Denkmalpflege“ manifestiert sich <strong>in</strong> <strong>der</strong> För<strong>der</strong>ung des heimischen<br />

Arten<strong>in</strong>ventars <strong>und</strong> <strong>der</strong> Begrenzung <strong>der</strong> „E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong>ung“ frem<strong>der</strong> Arten. Typische <strong>und</strong><br />

damit schützenswerte Artenkomb<strong>in</strong>ationen bemessen sich nach bestimmten,<br />

historischen, repräsentativen o<strong>der</strong> aber „natürlichen“ Kriterien. 267 Restaurierungs-<br />

beziehungsweise Renaturierungsmaßnahmen können sich auch an historisch-<br />

evolutionären Mustern orientieren, wie beispielsweise im „Yellowstone-Ökosystem“<br />

261 Das „Rauschen“ als Aspiration (aspirātiō, von aspirāre = ansaugen, aus ad = heran <strong>und</strong> spirāre =<br />

atmen) <strong>der</strong> dem Erhabenen eigenen Aura erregt sowohl Lust wie Unlust.<br />

262 Vgl. Plamper 1998, S. 28ff.<br />

263 So Welsch 2006, S. 116<br />

264 Vgl. Plamper 1998, S. 71<br />

265 Vgl. Körner 2004, S. 83<br />

266 Körner 2004, S. 83<br />

267 Vgl. Jax 2004, S. 140


-56-<br />

durch Verwendung alter Fotoaufnahmen (repeat photography) praktiziert wurde. 268 Die<br />

zu schützenden „Gegenstände“ s<strong>in</strong>d also historisch, zeitlich kont<strong>in</strong>gent, nicht jedoch<br />

örtlich, räumlich. Dies verdeutliche, so Kurt Jax von <strong>der</strong> TU München, dass es nicht die<br />

Eigenart <strong>der</strong> Natur o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>es Ökosystems gäbe, son<strong>der</strong>n viele mögliche Eigenarten. 269<br />

Ökosystemare <strong>und</strong> kulturlandschaftliche Naturauffassungen argumentierten damit nicht<br />

nur naturwissenschaftlich, son<strong>der</strong>n auch eudaimonistisch.<br />

Die Kasseler Schule sieht h<strong>in</strong>gegen „Heimat“ als progressive Heimat im S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>es<br />

soziokulturellen Raums, <strong>der</strong> politische Partizipation <strong>und</strong> Emanzipation <strong>der</strong> Individuen<br />

<strong>und</strong> Identitäten ermöglicht, Sicherheit <strong>und</strong> aktive Lebensgestaltung, Solidarität <strong>und</strong><br />

Kooperation ermöglicht. 270 Die universal-sozial(istisch)e Bedürfnisbefriedigung (im<br />

Gegensatz zur <strong>in</strong>dividualistischen Nutzenhandlung) hat Priorität. Kle<strong>in</strong>gärten <strong>und</strong><br />

Brachen, Bauernhaus <strong>und</strong> Bauerngarten werden zu Symbolen, <strong>in</strong> denen menschliche<br />

Nutzungs<strong>in</strong>teressen <strong>und</strong> „die strukturelle Gewalt herrschaftlicher Grünkonzepte“<br />

zeitweise suspendiert werden können, um e<strong>in</strong> Wechselspiel sich frei entfalten<strong>der</strong><br />

Vegetation <strong>und</strong> menschlicher Aneignung zu ermöglichen. 271 Der Mensch soll nicht aus<br />

<strong>der</strong> schützenswerten Natur ausgegrenzt werden, 272 Störungen/Perturbationen werden<br />

als Ursache von Artenvielfalt nicht pauschal verdammt.<br />

Tiefenökologische Naturauffassung for<strong>der</strong>n h<strong>in</strong>gegen Wohlse<strong>in</strong> <strong>und</strong> Sich-entfalten-<br />

Können für menschliches <strong>und</strong> nichtmenschliches Leben, ebenso wie <strong>Vielfalt</strong>,<br />

Bevölkerungspolitik im Interesse allseitigen Wohlse<strong>in</strong>s <strong>und</strong> e<strong>in</strong>e nichtdualistische<br />

Spiritualität. 273 Dar<strong>in</strong> spielt e<strong>in</strong>e neue kosmisch-ökologische Metaphysik e<strong>in</strong><br />

entscheidende Rolle, die die (Ich-Du-)Identität zwischen Mensch <strong>und</strong> nicht-<br />

menschlicher Natur hervorhebt. Daraus leiten sich wie<strong>der</strong>um Appelle ab, die e<strong>in</strong>e<br />

„objektive“ E<strong>in</strong>stellung zur Natur for<strong>der</strong>n, Diversität anmahnen, sich für<br />

Persönlichkeitserziehung, mehr Freizeit für künstlerische Betätigung, lokale Autonomie<br />

<strong>und</strong> Dezentralisierung sowie weiche Energieversorgung aussprechen. 274 Die Welt gilt<br />

als Netzwerk gleichberechtigter, partnerschaftlicher Phänomene – analog <strong>der</strong> <strong>in</strong><br />

tiefenökologischen Naturauffassungen vertretenen Gaia-Hypothese. Diese besagt, dass<br />

268 Vgl. Jax 2004, S. 153<br />

269 Vgl. Jax 2004, S. 157<br />

270 Körner 2004, S. 89<br />

271 Vgl. Körner 2004, S. 92ff.<br />

272 Körner 2004, S. 79<br />

273 Vgl. Gottwald 1995, S. 17ff.<br />

274 Vgl. Devall 1997, S. 17ff.


-57-<br />

die Erde, <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e die Erdoberfläche e<strong>in</strong>schließlich <strong>der</strong> gesamten <strong>Bio</strong>sphäre als<br />

e<strong>in</strong> leben<strong>der</strong> Organismus betrachtet werden kann, <strong>der</strong> erst die Evolution komplexerer<br />

Organismen ermöglicht. Damit leiten sich Eigenwerte nichtmenschlicher Naturwesen ab<br />

sowie als Leitwerte Ehrfurcht, Verantwortung, Gerechtigkeit, Mäßigung, <strong>Vielfalt</strong> sowie<br />

e<strong>in</strong> e<strong>in</strong>faches Leben. 275<br />

E<strong>in</strong>e an<strong>der</strong>e Sicht entwickelt <strong>der</strong> ökosystemische Prozessschutz, <strong>der</strong> Natur nicht als<br />

museal-kulturlandschaftliche Heimatnatur, son<strong>der</strong>n als fließendes evolutionäres<br />

Geschehen versteht. Innerhalb dieser Auffassungen verabschiedet man sich vom<br />

„Mythos Gleichgewicht“, das die Natur als e<strong>in</strong>e perfekte „cartesianisch-newtonische“<br />

Masch<strong>in</strong>e darstelle. 276 Ökologische Systeme s<strong>in</strong>d nach <strong>der</strong> Auffassung des<br />

Prozessschutzes nicht vorwiegend stabil <strong>und</strong> im Gleichgewicht, son<strong>der</strong>n dynamisch im<br />

S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>er permanenten, nicht determ<strong>in</strong>istischen Transformation ihrer Struktur. 277 Der<br />

Prozessschutz orientiert sich eher an <strong>in</strong>strumentellen Werten wie dem Schutz von<br />

Regulationsprozessen (Wasserkreisläufe, Klima, Böden, <strong>Bio</strong>masse, Recycl<strong>in</strong>g), <strong>der</strong><br />

Tragefunktion (Erholung, Bauland, landwirtschaftliche Nutzflächen), Produktionsfunktion<br />

(Nahrungsmittel, energetische Ressourcen, genetisches Material) wie <strong>der</strong><br />

Informationsfunktion (Nachahmung <strong>der</strong> Natur im Bereich <strong>der</strong> <strong>Bio</strong>nik). 278<br />

Der Natur wird freie Entfaltung e<strong>in</strong>geräumt wie auch autonomes Gestaltungsvermögen<br />

– Wildnis wird zur Idealnatur. 279 Es geht darum, soviel natürliche Dynamik zuzulassen<br />

wie irgend möglich („medium disturbance hypothesis“), wozu auch nicht anthropogen<br />

verursachte Störungen wie beispielsweise Überalterungen, Überschwemmungen,<br />

Feuer, Sturm, Dürre- <strong>und</strong> Eisperioden <strong>und</strong> W<strong>in</strong>dbruch <strong>in</strong> Wäl<strong>der</strong>n („Mosaik-Zyklus-<br />

Theorie“) gehören, die Raum für e<strong>in</strong>e Vielzahl von Sukzessionsstadien <strong>und</strong> Arten<br />

begründen. 280 Es handelt sich hierbei aber nicht um e<strong>in</strong>e völlig offene Vorstellung<br />

natürlicher Entwicklung, son<strong>der</strong>n um e<strong>in</strong> teleologisches Idealzustands-Ziel<br />

(<strong>Bio</strong>diversität), zu dem auch die Auswil<strong>der</strong>ung seltener heimischer Arten <strong>und</strong> das<br />

Unterb<strong>in</strong>den verwil<strong>der</strong>ter frem<strong>der</strong> Arten, beispielsweise durch die Rolle großer<br />

275<br />

Tiefenökologischer Wertekanon von Skolimowski 1995, S. 231<br />

276<br />

Vgl. Potthast 2004, S. 202<br />

277<br />

Potthast 2004, S. 203<br />

278<br />

Vgl. Ott 2004, S. 282<br />

279<br />

Vgl. Körner 2004, S. 85<br />

280<br />

Der Störungsbegriff allerd<strong>in</strong>gs kommt selbst nicht ohne die Vorstellung e<strong>in</strong>es vor <strong>der</strong> Störung<br />

liegenden Ganzen, e<strong>in</strong>es harmonischen Gleichgewichts, aus – „Stören kann man nur, was vorher<br />

ungestört war;“ vgl. Eser 2004, S. 184. So besteht hier auch die Annahme, dass (alle<strong>in</strong>) die natürlichen<br />

Prozesse funktionell angepasst <strong>und</strong>/o<strong>der</strong> optimiert s<strong>in</strong>d („nature knows best“), vgl. Potthast 2004, S. 213


-58-<br />

Weidegänger („Megaherbivoren“ – Pferd, R<strong>in</strong>d, Auerochse, Wisent etc.) e<strong>in</strong>es<br />

bestimmten Pflanzenspektrums, gehört. 281<br />

Ästhetische Haltungen zur Natur wie<strong>der</strong>um umreisst <strong>der</strong> US-amerikanische Philosoph<br />

Holmes Rolston II wie folgt: „Wir brauchen die wilde Natur <strong>in</strong> ziemlich <strong>der</strong> gleichen<br />

Weise, wie wir all die an<strong>der</strong>en D<strong>in</strong>ge im Leben brauchen, die wir aufgr<strong>und</strong> ihres<br />

<strong>in</strong>tr<strong>in</strong>sischen statt ihres <strong>in</strong>strumentellen Wertes schätzen: Musik <strong>und</strong> Kunst, Philosophie<br />

<strong>und</strong> Religion, Literatur <strong>und</strong> Drama.“ 282 Ästhetik be<strong>in</strong>haltet Empf<strong>in</strong>dungen, die dem Se<strong>in</strong><br />

absichtslos begegnen. 283 Hier geht es primär um e<strong>in</strong>e gelassene Stimmung, die das,<br />

was ist, achtet <strong>und</strong> sich von <strong>der</strong> „Stille se<strong>in</strong>er selbst“ 284 berühren lässt. Die typischen<br />

Atmosphären bestehen aus <strong>der</strong> Wahrnehmung von Temperaturen, Gerüchen,<br />

Geräuschen, Sichtbarkeiten, Gesten <strong>und</strong> Symbolen. 285 Sie werden zuweilen als<br />

„Halbd<strong>in</strong>ge“ zwischen Subjekt o<strong>der</strong> Objekt <strong>in</strong>terpretiert, die auch gegeben s<strong>in</strong>d, wenn<br />

niemand eigens auf sie achtet. 286 Alle<strong>in</strong> die Beschreibung von Eigenschaften <strong>der</strong> jeweils<br />

situativen Atmosphäre belegt allerd<strong>in</strong>gs die selektive Auswahl e<strong>in</strong>es Beobachters, <strong>der</strong><br />

das von ihm festgestellte Eigenschafts<strong>in</strong>ventar festzuschreiben versucht. Geschmack<br />

aber, so <strong>der</strong> Philosoph Gernot Böhme zu Recht, ist Beurteilungs- <strong>und</strong><br />

Auswahlvermögen. 287 Spezifischer Geschmack zeichnet S<strong>in</strong>gularität aus, schafft erst<br />

S<strong>in</strong>gularität.<br />

S<strong>in</strong>guläre Eigenschafts<strong>in</strong>ventare entstehen aber ebenso nur für den Beobachter wie die<br />

Paradoxie e<strong>in</strong>er „atmosphärischen Diskrepanzerfahrung“, 288 beispielsweise die<br />

Erfahrung e<strong>in</strong>es „heiteren Frühl<strong>in</strong>gsmorgens trotz trauriger Gemütsstimmung“. Diese<br />

atmosphärische Diskrepanzerfahrung könnte zwar für die E<strong>in</strong>ordnung von Atmosphären<br />

als quasi-objektive Halbd<strong>in</strong>ge zwischen Subjekt <strong>und</strong> Objekt sprechen. Es wäre aber<br />

281<br />

Vgl. Potthast 2004, S. 199<br />

282<br />

Rolston 1987, S. 269<br />

283<br />

Ob sich das „ästhetische Interesse“ durch e<strong>in</strong>e „potentielle Indifferenz“, e<strong>in</strong>e „Gleichgültigkeit“<br />

gegenüber dem Sose<strong>in</strong> auszeichnet, mag dah<strong>in</strong>gestellt se<strong>in</strong> (So Seel 2003, S. 107). Denn Interesse <strong>und</strong><br />

Indifferenz schließen sich begrifflich aus, die Entscheidung zur Indifferenz verlangt bereits<br />

Differenzierung. Zutreffen<strong>der</strong> wäre vielleicht von e<strong>in</strong>er bewussten Entscheidung zu <strong>in</strong>differenter,<br />

vielfältiger, schöpferischer Wahrnehmung zu sprechen. Vielleicht gilt aus ökologisch orientierter Sicht<br />

auch deswegen das Ästhetische als schwer objektivierbar <strong>und</strong> mit <strong>der</strong> <strong>in</strong>härenten Neigung ausgestattet,<br />

mythische <strong>und</strong> wissenschaftliche Naturdeutungen als gleichrangig e<strong>in</strong>zustufen; vgl. hierzu Ott 2004, S.<br />

286<br />

284<br />

Heidegger 2001, S. 296<br />

285<br />

Seel 2003, S. 153<br />

286<br />

Böhme 2001, S. 56. Wenn niemand auf e<strong>in</strong>e Atmosphäre achtet, weiß auch niemand, dass es sie gibt.<br />

Bei künstlichen hergestellten/erhaltenen Atmosphären gibt es zum<strong>in</strong>dest den (beauftragten) Beobachter,<br />

<strong>der</strong> die Atmosphäre gegen <strong>in</strong>terdependente E<strong>in</strong>flüsse aufrechterhält.<br />

287<br />

Böhme 2001, S. 179<br />

288<br />

So die Bezeichnung <strong>und</strong> das Modell von Böhme 2001, S. 47ff.


-59-<br />

ebenso möglich, dass sich aktuelle wie er<strong>in</strong>nerte Stimmungen oszillieren<br />

beziehungsweise übere<strong>in</strong>an<strong>der</strong> legen. Stimmungen könnten auch Erfahrungsfel<strong>der</strong><br />

se<strong>in</strong>, <strong>in</strong> denen <strong>der</strong> Beobachter Objekte o<strong>der</strong> Organismen isoliert, die „Begleitmusik“,<br />

während Objekte <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en geistigen „Proto-Raum“ abgelegt werden, <strong>in</strong> dem sie sich<br />

während <strong>der</strong> Zeiträume aufhalten können, <strong>in</strong> denen man sie nicht wahrnimmt, sie aber<br />

trotzdem außerhalb des eigenen Erfahrungsfeldes fortdauernd gedacht werden<br />

können. 289 „Geschmack“ wird dann im Proto-Raum gespeichert, repräsentiert, er<strong>in</strong>nert.<br />

Damit geht <strong>in</strong> jeden Wahrnehmungs- <strong>und</strong> Verstehensakt e<strong>in</strong> gewisses Maß an<br />

rekursiver Invention e<strong>in</strong>. 290 Der Betrachter projiziert sich <strong>und</strong> se<strong>in</strong>e Empf<strong>in</strong>dungen auf<br />

die Natur, erkennt sich dar<strong>in</strong> selbst wie<strong>der</strong> <strong>und</strong> gew<strong>in</strong>nt damit e<strong>in</strong>en E<strong>in</strong>blick auch <strong>in</strong> die<br />

eigene Natur. 291<br />

Was immer <strong>der</strong> Mensch tut, er tut es <strong>in</strong> Gestalt e<strong>in</strong>er Setzung, die notwendig selektiv<br />

<strong>und</strong> kont<strong>in</strong>gent s<strong>in</strong>d – <strong>und</strong> daher auf nichts an<strong>der</strong>em beruhen als auf e<strong>in</strong>em Akt<br />

„heiliger“ Gründungsgewalt. 292 Die positivistische „Mo<strong>der</strong>ne“ hatte dementsprechend<br />

diese Setzungen noch als objektive, herrschaftsunabhängige, ahistorische,<br />

transkulturelle <strong>und</strong> durch Rationalität <strong>und</strong> Deduktion zugängliche Wahrheit gelesen. 293<br />

Dabei g<strong>in</strong>g man von <strong>der</strong> Vorstellung aus, dass sich die Naturgegenstände zu stabilen<br />

<strong>und</strong> hierarchischen Systemen formieren <strong>und</strong> von feststehenden Gesetzen beherrscht<br />

werden. Je mehr man davon überzeugt war, dass Pr<strong>in</strong>zipien <strong>der</strong> Stabilität <strong>und</strong><br />

Hierarchie e<strong>in</strong>er rationalen Naturordnung entsprungen waren, desto mehr erklärte <strong>und</strong><br />

rechtfertige sich selbiges als rationale Ordnung von Gesellschaften. 294 Postmo<strong>der</strong>ne<br />

Denkart geht h<strong>in</strong>gegen davon aus, dass es ke<strong>in</strong>en neutralen Beobachtungsstandort<br />

gibt, Naturvorstellungen kontextabhängig <strong>und</strong> <strong>in</strong> Macht-Wissen-Diskursen, ergo<br />

soziokulturell konstruiert werden. Auch <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em postmo<strong>der</strong>nen, diskursiven Konzept<br />

<strong>der</strong> Natur kann es deshalb vom Menschen unberührte, unabhängige Natur geben. Auch<br />

289 Glasersfeld 1997, S. 148<br />

290 Piaget 1973, S. 87<br />

291 Allerd<strong>in</strong>gs eröffnet sie, so die Kritik, Ästhetik als alle<strong>in</strong>ige Anschauung erst auf <strong>der</strong> Basis e<strong>in</strong>er<br />

gesicherten <strong>und</strong> „an<strong>der</strong>swo“ bewerkstelligten „Vernutzung von Natur“, so <strong>der</strong> Literaturwissenschaftler<br />

Ludwig Fischer (2004, S. 238), TU Hamburg<br />

292 Dieser heiligen Gründungsgewalt liegt die Tendenz zugr<strong>und</strong>e, das Heilige auszulöschen <strong>und</strong> es<br />

gänzlich zu elm<strong>in</strong>ieren (Girard 2006, S. 474), e<strong>in</strong>e Verkennung, Unsichtbarmachung des Ursprungs<br />

(Girard 2006, S. 154), die Entstehungsgeschichte wird verwischt, Identitäten <strong>und</strong> Beziehungsmuster<br />

gelten dann als selbstevident.<br />

293 Vgl. D<strong>in</strong>gler 1998, S. 2. Dazu gehört auch <strong>der</strong> Entwurf e<strong>in</strong>er Interpretation von Natur <strong>und</strong><br />

Naturwissenschaft, e<strong>in</strong> Streben nach mathematischer Exaktheit, logischer Strenge <strong>und</strong> e<strong>in</strong>e egalitäre<br />

Praxis. Darauf fußt das zielgerichtete organisierte Verhalten, die Rationalität des Masch<strong>in</strong>enmodels, das<br />

– nicht nur – die „disassembly l<strong>in</strong>es“ <strong>der</strong> Chicagoer Schlachthöfe „<strong>in</strong>spirierte“.<br />

294 Vgl. Reihlen 1999, S. 4


-60-<br />

dort s<strong>in</strong>d Prozesse <strong>und</strong> Strukturen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Natur vorstellbar, welche nicht kulturell<br />

bee<strong>in</strong>flusst o<strong>der</strong> geschaffen s<strong>in</strong>d, aber auch sie s<strong>in</strong>d nicht extra-diskursiv zugänglich,<br />

son<strong>der</strong>n nur als Konstruktion <strong>in</strong> diskursiven Konzepten abbildbar. 295<br />

Haltungen zur Natur sche<strong>in</strong>en nicht zuletzt von gesellschaftspolitischen Konzeptionen<br />

abhängig zu se<strong>in</strong>, von <strong>der</strong> Kontextualisierung <strong>der</strong> Fakten <strong>in</strong> <strong>der</strong> jeweiligen Theorie <strong>und</strong><br />

dem jeweilig geltenden Mythos. 296 Davon bee<strong>in</strong>flusst wird nicht zuletzt die <strong>der</strong>jenigen<br />

Kriterien, die wie<strong>der</strong>um die „Identität“ von Natur konstituieren, die zu erhalten o<strong>der</strong><br />

wie<strong>der</strong>herzustellen zur Aufgabe gemacht wird. Das „Identität“ aber auch an<strong>der</strong>s<br />

aussehen kann bzw. immer wie<strong>der</strong> aktiv hergestellt werden muß, wird anhand von<br />

brachliegenden Flächen deutlich, die <strong>in</strong> kürzester Zeit ihre „alte“ Identität, ihr Ersche<strong>in</strong>en<br />

wandeln.<br />

Natur wird also häufig zur Projektionsfläche <strong>und</strong> rechtfertigt damit nur die Selbstf<strong>in</strong>dung<br />

<strong>der</strong> Subjekte beziehungsweise die politischen Vorstellungen vom guten <strong>und</strong> richtigen<br />

Leben zirkulär. Durch e<strong>in</strong>en Mechanismus <strong>der</strong> „doppelten Projektion“ wird diskursiv e<strong>in</strong><br />

Naturbegriff konstruiert, dieser <strong>in</strong> die Natur projiziert, dort essentialisiert <strong>und</strong> als<br />

natürliche Natur def<strong>in</strong>iert, um dann wie<strong>der</strong> zurück auf den Diskurs projiziert <strong>und</strong> als<br />

extra-diskursive Natur wahrgenommen zu werden. 297 Indem <strong>der</strong> Naturbegriff sowohl<br />

deskriptive als auch normative Bedeutungen annehmen kann, ist er wie ke<strong>in</strong> an<strong>der</strong>er<br />

prädest<strong>in</strong>iert, die Kluft zwischen Se<strong>in</strong> <strong>und</strong> Sollen zu überspr<strong>in</strong>gen beziehungsweise die<br />

Existenz dieser Kluft zu verschleiern. 298 Daher ist die E<strong>in</strong>stufung von ökologischen<br />

Werten als „transideologisch“ 299 äußert problematisch angesichts des<br />

„Alltagsnarzismus“ – überall, wo man h<strong>in</strong>schaut, sieht man nur das Spiegelbild se<strong>in</strong>er<br />

selbst.<br />

295 Vgl. D<strong>in</strong>gler 1998, S. 9ff.<br />

296 Potthast 2004, S. 215<br />

297 D<strong>in</strong>gler 1998, S. 10. O<strong>der</strong> <strong>in</strong> den etwas schärferen Worten des Humanökologen Ulrich Eisel, TU<br />

Berl<strong>in</strong>: „Nachdem die politische Doktr<strong>in</strong> auf dem Wege über die Wissenschaft längst <strong>in</strong> die Natur<br />

h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>gelesen wurde, wird sie anschließend dort naiv – <strong>und</strong> sche<strong>in</strong>bar unabhängig – aufgesucht <strong>und</strong> zur<br />

höheren Weihe <strong>der</strong> eigenen Interessen durch Nachweis e<strong>in</strong>es natürlichen Ursprungs <strong>der</strong> politischen<br />

Doktr<strong>in</strong> herangezogen;“ Eisel 2004, S. 41<br />

298 Voraussetzungen für den naturalistischen Fehlschluss, <strong>in</strong>dem von e<strong>in</strong>em verme<strong>in</strong>tlichen „natürlichen<br />

Se<strong>in</strong>“ auf e<strong>in</strong> „Sollen“ geschlossen wird. Zu e<strong>in</strong>er Ableitung moralischer <strong>und</strong> an<strong>der</strong>er normativer o<strong>der</strong><br />

evaluativer Aussagen muss m<strong>in</strong>destens e<strong>in</strong>e Voraussetzung herangezogen werden, die selbst we<strong>der</strong><br />

normativ o<strong>der</strong> evaluativ ist, vgl. Birnbacher 1997, S. 223<br />

299 So aber Skolimowski 1995, S. 240


-61-<br />

Praktische, theoretische <strong>und</strong> ästhetische Tätigkeiten bilden e<strong>in</strong>en rückbezüglichen<br />

Prozess <strong>und</strong> e<strong>in</strong>en sich selbst regulierenden Kreis, <strong>in</strong> dem sie jeweils sowohl<br />

Voraussetzungen wie auch Resultate s<strong>in</strong>d. 300 Wollte man <strong>in</strong> dem rekursiven Prozess<br />

zwischen Indiviuum <strong>und</strong> den An<strong>der</strong>en beziehungsweise <strong>der</strong> Natur die kreisförmig<br />

geschlossenen Struktur von Ereignissen, Zuständen o<strong>der</strong> <strong>in</strong>teragierenden Objekten<br />

e<strong>in</strong>em <strong>der</strong> „Interaktionspartner“ das Etikett „ursächlich“, dem an<strong>der</strong>en das Etikett<br />

„bewirkt“ zuschreiben, so wäre dies e<strong>in</strong>e vom Beobachter vorgenommene Interpunktion.<br />

Es wäre die mehr o<strong>der</strong> weniger willkürliche Zerlegung e<strong>in</strong>er Kreisstruktur, e<strong>in</strong>er<br />

rekursiven Funktion, <strong>in</strong> gradl<strong>in</strong>ige Ursache-Wirkungs-Segmente. 301<br />

Natur könnte man eher wie e<strong>in</strong>en Text lesen. 302 Manche Stellen s<strong>in</strong>d gut lesbar,<br />

manche erfor<strong>der</strong>n Spezialisten. Manche Absätze haben viele Autoren geschrieben,<br />

manche s<strong>in</strong>d anonym. Texte s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> vielen Sprachen geschrieben, brechen plötzlich ab,<br />

existieren nur noch als Zitat. Diskont<strong>in</strong>uitäten herrschen vor. Natur ersche<strong>in</strong>t als Vielzahl<br />

von Texten, die gleichzeitig bestehen, die allesamt gleichzeitig gelesen o<strong>der</strong> zu Gehör<br />

gebracht werden müssten. Alle Textstellen erfor<strong>der</strong>n aber e<strong>in</strong>e verstehende<br />

Interpretation, damit nicht <strong>der</strong> Text unter <strong>der</strong> Interpretation verschw<strong>in</strong>det. So wird sich<br />

die Erfahrung von Freiheit nicht im Zoo o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Fuchsienausstellung ereignen, das<br />

Bedürfnis nach Aneignung nicht durch ausgewiesene Schutzzonen gestillt werden, <strong>der</strong><br />

Wunsch nach Kulturlandschaft kaum <strong>in</strong> <strong>der</strong> Wildnis befriedigt werden können <strong>und</strong> e<strong>in</strong>e<br />

für alle Lebewesen symbolisch-universale Gesetzmäßigkeit kaum aus <strong>der</strong><br />

Verd<strong>in</strong>glichung <strong>der</strong> Umwelt als Ressource abgeleitet werden.<br />

Wie „Realität“ verschieden „objektiv“ beurteilt werden kann, zeigt sich beispielsweise<br />

dem französischen Philosophen Michel Serres während e<strong>in</strong>er Kutterfahrt, auf <strong>der</strong> ihm<br />

<strong>der</strong> Kapitän den Weg nach Sa<strong>in</strong>t-Pierre erläutert: „Fahre so lange Richtung<br />

untergehen<strong>der</strong> Sonne, wie du im Wasser e<strong>in</strong>e bestimmte kle<strong>in</strong>e Alge treiben siehst;<br />

wenn dann das Meer sehr, sehr blau wird, halte dich etwas l<strong>in</strong>ks, da kannst du gar nicht<br />

irregehen; das ist die Gegend, wo die kle<strong>in</strong>en Tümmler sich mit Vorliebe aufhalten, wo<br />

es e<strong>in</strong>e starke Nordströmung gibt, wo <strong>der</strong> vorherrschende W<strong>in</strong>d nur schwach, <strong>in</strong><br />

300 So werden vermittels <strong>der</strong> praktischen E<strong>in</strong>griffe <strong>in</strong> die Natur neue theoretische E<strong>in</strong>sichten <strong>und</strong><br />

ästhetische Erlebniswelten gewonnen, die ihrerseits die praktische Aneignung <strong>der</strong> Natur bee<strong>in</strong>flussen. Im<br />

theoretischen Kreis s<strong>in</strong>d die abstrahierende Erkenntnis <strong>und</strong> die S<strong>in</strong>neswahrnehmung wechselseitig<br />

aufe<strong>in</strong>an<strong>der</strong> bezogen. Gegenstände werden mit ihrer Wahrnehmung sogleich <strong>in</strong>terpretiert, vgl. Treptow<br />

2001, S. 70<br />

301 Vgl. Simon 1993, S. 38<br />

302 So Schlögel 2003, S. 287


-62-<br />

leichten Böen bläst <strong>und</strong> die Dünung stets kurz ist, dann kommt das große graue<br />

Rechteck <strong>und</strong> dann die Gegend, <strong>in</strong> <strong>der</strong> man den Kurs <strong>der</strong> großen Eisberge kreuzt;<br />

wenn man sie sieht, liegt da die erste Bank, unter dem W<strong>in</strong>d […] Dort, wo <strong>der</strong> alte<br />

Wissenschaftler nur Gleichförmiges wahrnahm, sah <strong>der</strong> Kapitän offenbar e<strong>in</strong>en<br />

gerieften, changierenden, getigerten, gestreiften, hochgradig differenzierten Körper,<br />

e<strong>in</strong>e Fläche, auf <strong>der</strong> er lokale Gebiete wahrnahm, auf <strong>der</strong> zu je<strong>der</strong> Zeit <strong>und</strong> selbst noch<br />

<strong>in</strong> dichtem Nebel <strong>der</strong> Punkt bereits gesetzt war: Dort, wo <strong>der</strong> Wissenschaftler nur<br />

Instabiles erblickte, da sah <strong>der</strong> Kapitän e<strong>in</strong>en Raum, <strong>der</strong> sich nur langsam än<strong>der</strong>te.“ 303<br />

Es hängt vom Typ des Beobachters <strong>und</strong> se<strong>in</strong>en Differenzen <strong>und</strong> Vor-stellungen ab, ob<br />

Natur <strong>und</strong> Kultur gar nicht zu trennen s<strong>in</strong>d, o<strong>der</strong> ob „Natur“ Vorstellungen auslöst <strong>und</strong><br />

damit Kultur produziert, so dass man von Kultur produzieren<strong>der</strong> Natur sprechen kann.<br />

O<strong>der</strong> ob man auch von e<strong>in</strong>er Natur produzierenden Kultur sprechen sollte, <strong>in</strong>nerhalb<br />

<strong>der</strong>er e<strong>in</strong>e Differenzierung zwischen „Se<strong>in</strong>“ <strong>und</strong> „Bewusstse<strong>in</strong>“ 304 <strong>und</strong> die<br />

e<strong>in</strong>dimensionale Erhöhung e<strong>in</strong>es Phänomens e<strong>in</strong>er kausalfiktiven Interpunktion<br />

gleichkommt.<br />

O<strong>der</strong> ob man gar angesichts <strong>der</strong> Leitdifferenz Natur/Kultur von e<strong>in</strong>er verstärkt<br />

wechselseitigen Abhängigkeit <strong>der</strong> Differenzen auszugehen hat, die sich nicht aufheben,<br />

son<strong>der</strong>n mite<strong>in</strong>an<strong>der</strong> wachsen. Beispielsweise zu ermergenten Formen, die aus dem<br />

Wie<strong>der</strong>e<strong>in</strong>tritt (re-entry) e<strong>in</strong>er Unterscheidung <strong>in</strong> die Unterscheidung resultieren. So<br />

differenzieren sich auf e<strong>in</strong>er nächsthöheren Stufe „kulturelle Natur“ <strong>und</strong> „natürliche<br />

Natur“ funktional auf Seiten <strong>der</strong> Natur, wie „kulturelle Kultur“ <strong>und</strong> „natürliche Kultur“ auf<br />

Seiten <strong>der</strong> Kultur. Während „natürliche Natur“/Realität nicht erkennbar 305 <strong>und</strong> <strong>in</strong>sofern<br />

„frei“ – „Niemandsland“ 306 - ist, ist „natürliche Kultur“ die nach kulturellen Vorstellungen<br />

geformte, e<strong>in</strong>genommene, vergebene Natur, e<strong>in</strong> „Jemandsland“. Unter „kulturelle Natur“<br />

könnte man Haltungen subsumieren, die bestimme Wahrheiten über Natur festlegen<br />

<strong>und</strong> e<strong>in</strong>e Koexistenz im S<strong>in</strong>ne dieser Wahrheiten für Mensch <strong>und</strong> Natur for<strong>der</strong>n, also<br />

unterschiedliches, je-weiliges Niemandsland. Die entgegengesetzte Haltung <strong>der</strong><br />

„kulturellen Kultur“ def<strong>in</strong>iert das von ihr Unterschiedene mechanistisch als nicht<br />

gleichberechtigte Ressource, also als entwe<strong>der</strong> Nicht-mehr- o<strong>der</strong> Noch-nicht-<br />

303 Serres 1998, S. 337<br />

304 „Das Se<strong>in</strong> bestimmt das Bewusstse<strong>in</strong>“ sowie das „Das Bewusstse<strong>in</strong> bestimmt das Se<strong>in</strong>“ entsprechen<br />

<strong>der</strong> Differenzierung des „Man isst, was man ist“ beziehungsweise „Man ist, was man isst“<br />

305<br />

306 Vgl. dazu auch Badura 2006 II


-63-<br />

Jemandsland. Bevor wir uns den Werthaltungen im <strong>Landbau</strong> widmen, nochmals e<strong>in</strong>e<br />

tabellarische wie grafische Übersicht des Kapitels.<br />

Naturbild 307 Zentrale Thesen <strong>und</strong> Werte<br />

Individualistische<br />

Stadtnatur<br />

Liberaler „Prozessschutz“, technologischer Umweltschutz,<br />

Leistung, Flexibilität, Nutzen, unkontrollierbare<br />

Unabhängigkeit, Artenwandel als Motor <strong>der</strong> Verän<strong>der</strong>ung.<br />

Natur als Ressource Neu besser als alt, <strong>in</strong>dividuelle Nutzenbefriedigung, („homo<br />

Oeconomicus“), Antizipation künftigen Hungers, „Kampf<br />

aller gegen alle“.<br />

Kulturlandschaft Kulturell-natürliche Ausgestaltung <strong>der</strong> Heimat,<br />

Vervollkommnung, Eigenart, eher anthropozentrisch,<br />

geographischer Heimat-Raum, Volk, Tradition, Ordnung,<br />

Geme<strong>in</strong>schaft, B<strong>in</strong>dung, Verb<strong>in</strong>dlichkeit.<br />

Spontannatur Gleichheit <strong>in</strong> <strong>der</strong> Aneignung für Mensch <strong>und</strong> Natur,<br />

Emanzipation, Solidarität, Kooperation, Gleichheit,<br />

Individualität <strong>und</strong> <strong>Vielfalt</strong> (nur) als Nebeneffekt, eher<br />

anthropozentrisch.<br />

<strong>Bio</strong>topnatur Konservierung von Arten- <strong>und</strong> <strong>Bio</strong>topen,<br />

naturwissenschaftliche Ökosystemökologie, Eigenart,<br />

statisch-traditionelle <strong>Vielfalt</strong>, balancebetonend,<br />

kausaldeterm<strong>in</strong>istisch, probabilistisch.<br />

Spirituelle Natur Nichtdualistische Spiritualität, Gaiatheorie, Eigenwert<br />

Natur als maßvoll-<br />

dynamische Wildnis<br />

nichtmenschlicher Naturwesen, Ehrfurcht, Verantwortung,<br />

Gerechtigkeit, Mäßigung, <strong>Vielfalt</strong>, e<strong>in</strong>faches Leben.<br />

Prozessschutz, Funktionsorientierung (Arten als Akteure<br />

von Prozessen)<strong>Vielfalt</strong>, Sukzessions-Klimax, dynamische<br />

Verän<strong>der</strong>ungen, Unsicherheit <strong>und</strong> Unbestimmtheit<br />

ökologischer Prozesse, Emergenz.<br />

Ästhetik Bewahrung von vielfältigen Stimmungen <strong>und</strong> Atmosphären.<br />

Als Aisthesis Offenlegung des „Bl<strong>in</strong>den Flecks“, <strong>der</strong><br />

Ausgrenzungen.<br />

307 Bezeichnungen/Kategorisierungen von Körner 2004, S. 96


-64-


-65-<br />

2.3. E<strong>in</strong>e kle<strong>in</strong>e Wert-Historie des <strong>Landbau</strong>s<br />

In <strong>der</strong> vor<strong>in</strong>dustriellen Zeit wurden Landwirtschaft <strong>und</strong> ländliche Gesellschaft <strong>in</strong><br />

Mitteleuropa über e<strong>in</strong> Jahrtausend h<strong>in</strong>weg weitgehend durch den<br />

agrargesellschaftlichen Feudalismus bestimmt. Der Bauer war im Rahmen von Leib-,<br />

Munt- <strong>und</strong> Schutzherrschaft geb<strong>und</strong>en <strong>und</strong> zu wirtschaftlichen Leistungen verpflichtet.<br />

Daneben bestanden landesherrliche <strong>und</strong> gerichtsherrliche Abhängigkeiten sowie dem<br />

kirchlichen Patronatsrecht zu leistende Hand- <strong>und</strong> Spanndienste. 308 Die Graphik zeigt<br />

zur näheren Erläuterung Waren- <strong>und</strong> Geldströme e<strong>in</strong>es norddeutschen Bauernhofes<br />

von 15 bis 20 ha um 1750. 309<br />

Der Aufbruch aus <strong>der</strong> traditionellen, feudalistischen Wirtschaftsweise zwischen 1750<br />

<strong>und</strong> 1870 hatte se<strong>in</strong>e Ursachen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Erstarkung <strong>der</strong> obersten Territorialherrn, <strong>der</strong><br />

Beseitigung medial-herrschaftlicher Abhängigkeiten <strong>und</strong> Standesschranken, sowie <strong>der</strong><br />

zunehmenden Bevölkerung <strong>und</strong> <strong>der</strong> damit verb<strong>und</strong>enen Ausdehnung des sek<strong>und</strong>ären<br />

<strong>und</strong> tertiären Sektors. 310 Da aber die landwirtschaftlichen Arbeitsmöglichkeiten nicht<br />

gr<strong>und</strong>legend mitwuchsen <strong>und</strong> <strong>der</strong> Industrialisierungsprozess – <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e des<br />

Textilgewerbes - die außerlandwirtschaftlichen E<strong>in</strong>kommensmöglichkeiten auf dem<br />

Dorfe verm<strong>in</strong><strong>der</strong>te, wan<strong>der</strong>te Bevölkerung ab. Dies resultierte <strong>in</strong> zunehmen<strong>der</strong><br />

308 Henn<strong>in</strong>g 1988, S. 45ff.<br />

309 Graphik nachHenn<strong>in</strong>g 1988, S. 108<br />

310 Henn<strong>in</strong>g 1988, S. 12f.


-66-<br />

Differenzierung <strong>in</strong>nerhalb <strong>der</strong> Landwirtschaft <strong>und</strong> neuartigen Zusammenschlüssen. Seit<br />

den 40er Jahren des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts war es <strong>in</strong> Deutschland zu e<strong>in</strong>er ganzen Reihe<br />

von Vere<strong>in</strong>igungen selbständiger Landwirte <strong>in</strong> Form von Landwirtschaftsgesellschaften<br />

gekommen, die sich vor allem <strong>der</strong> Vermittlung <strong>und</strong> Verbreitung des Wissens um neue<br />

Produktionsmethoden <strong>und</strong> dem Erfahrungssaustausch widmeten. 311 Bis <strong>in</strong> die 70er<br />

Jahre des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts konnte die Produktion von Nahrungsmitteln stark<br />

ausgedehnt werden. Ausschlaggebend hierfür waren unter an<strong>der</strong>em die Ausdehnung<br />

<strong>der</strong> Flur (Markenteilung), die verbesserte Ausnutzung <strong>der</strong> natürlichen Kräfte,<br />

Methodenwechsel <strong>in</strong> <strong>der</strong> Tier- <strong>und</strong> Pflanzenzucht, <strong>der</strong> E<strong>in</strong>satz von Düngemitteln, die<br />

Abschaffung <strong>der</strong> Dreifel<strong>der</strong>wirtschaft mit ihren Fruchtfolgen <strong>und</strong> dem dritten Jahr <strong>der</strong><br />

Brache. 312<br />

In den USA war nach Beendigung des Sezessionskrieges (1861/65) ebenso e<strong>in</strong>e starke<br />

Ausdehnung <strong>der</strong> Agrarproduktion erfolgt. Dort konnten die Produktionskosten gesenkt<br />

werden, weil man neue Techniken wie die Mähmasch<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>führte. Die Agrarpreise<br />

sanken auf dem Weltmarkt <strong>in</strong> erheblichem Maße, weil das Überangebot den Preis<br />

drückte <strong>und</strong> die Erzeuger <strong>in</strong> den Überschussgebieten zu niedrigen Preisen anbieten<br />

konnten <strong>und</strong> mussten. 313 Die deutsche <strong>und</strong> europäische Landwirtschaft konnte ihre<br />

Produkte, vor allem Getreide, nicht zu so günstigen Preisen anbieten wie die<br />

überseeische Konkurrenz. Der Preisrückgang <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung mit e<strong>in</strong>er gewissen<br />

Fortschritts- <strong>und</strong> Technikskepsis war daher <strong>der</strong> Anstoß für den ab 1. Januar 1880 <strong>in</strong><br />

Deutschland e<strong>in</strong>geführten Agrarschutz, <strong>der</strong> im Gr<strong>und</strong>zug bis zur Gegenwart Bestand<br />

habe, so <strong>der</strong> Wirtschafts- <strong>und</strong> Sozialhistoriker Friedrich-Wilhelm Henn<strong>in</strong>g. 314<br />

Die 90er Jahre des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts bis zum Ersten Weltkrieg waren gekennzeichnet<br />

vor allem durch wachsende städtische Bevölkerung, steigende Reallöhne <strong>und</strong><br />

steigende Nachfrage nach Nahrungsmitteln, <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e Fleisch. In dieser Zeit<br />

entstand <strong>der</strong> B<strong>und</strong> <strong>der</strong> Landwirte (1893), <strong>der</strong> sich im Bereich wirtschaftpolitischer<br />

Fragen positionierte, sich vor allem für hohe Getreidezölle e<strong>in</strong>setzte <strong>und</strong> damit die<br />

Interessen <strong>der</strong> vieharmen, auf Getreideproduktion ausgerichteten größeren Betriebe<br />

vertrat. 315 In den katholischen Gegenden bildeten sich christliche Bauernvere<strong>in</strong>e, <strong>der</strong>en<br />

311 Henn<strong>in</strong>g 1988, S. 161. Die erste Landwirtschaftskammer wurde 1849 <strong>in</strong> Bremen gegründet.<br />

312 Vgl. Blotevogel 2003, S. 17<br />

313 Henn<strong>in</strong>g 1988, S. 115<br />

314 Henn<strong>in</strong>g 1988, S. 13<br />

315 Henn<strong>in</strong>g 1988, S. 164ff.


-67-<br />

Fokus auf <strong>der</strong> Gründung von Spar- <strong>und</strong> Darlehnskassen sowie Hagel- <strong>und</strong><br />

Viehversicherungse<strong>in</strong>richtungen lag. Der Deutsche Bauernb<strong>und</strong> h<strong>in</strong>gegen g<strong>in</strong>g <strong>in</strong><br />

se<strong>in</strong>en For<strong>der</strong>ungen über die engeren landwirtschaftlichen Interessen h<strong>in</strong>aus, <strong>in</strong>dem er<br />

zum Beispiel auch e<strong>in</strong>e Reformation des Wahlrechts zu den Landtagen for<strong>der</strong>te. Im<br />

Pr<strong>in</strong>zip lassen sich die drei bestehenden Gruppierungen den entsprechenden<br />

politischen Richtungen zuordnen, die sich im Parteiensystem des Kaiserreichs fanden.<br />

Der B<strong>und</strong> <strong>der</strong> Landwirte war weitgehend mit <strong>der</strong> Konservativen Partei identisch. Der<br />

Deutsche Bauernb<strong>und</strong> hatte mit liberalen Mittelstandparteien e<strong>in</strong>e weitgehende<br />

Übere<strong>in</strong>stimmung, die Bauernvere<strong>in</strong>e standen dem Zentrum nahe. 1909 kam es zur<br />

Gründung des Deutschen Landarbeiter-Verbandes, dessen Organisationsgrad <strong>und</strong><br />

Erfolg aber sehr ger<strong>in</strong>g blieb. Die 1884 gegründete Deutsche<br />

Landwirtschaftsgesellschaft widmete sich dagegen <strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie <strong>der</strong> Agrartechnik <strong>und</strong> -<br />

wissenschaft wie auch <strong>der</strong> Prämierung <strong>und</strong> Anerkennung züchterischer <strong>und</strong><br />

produktionstechnischer Leistungen. Ihre Mitglie<strong>der</strong>zahl wuchs von 1885=2500 auf<br />

1910=18000, wie auch <strong>in</strong>folge ihres Engagements die Zahl <strong>der</strong> Züchterverbände von 60<br />

auf 1388 stieg. 316<br />

Die dreißigjährige Kriegs- <strong>und</strong> Nachkriegsphase von 1914-1945 ist geprägt durch die<br />

Weltwirtschaftskrise. Als Ursache des Preisverfalls auf den Agrarmärkten werden<br />

weltweite Überproduktion, Ausdehnung <strong>der</strong> nordamerikanischen Anbauflächen,<br />

Mechanisierung sowie <strong>der</strong> E<strong>in</strong>satz künstlicher Düngemittel genannt. Gegenüber <strong>der</strong><br />

Vorkriegszeit hatte sich die Struktur <strong>der</strong> Düngerverwendung erheblich geän<strong>der</strong>t:<br />

Stickstoff <strong>und</strong> Kali wurden je Flächene<strong>in</strong>heit <strong>in</strong> stärkerem Maße verwendet. 317 Überall<br />

versuchten die Landwirte die durch rückläufige Agrarpreise verursachten<br />

E<strong>in</strong>nahmeausfälle durch e<strong>in</strong>e Ausdehnung <strong>der</strong> Produktion auszugleichen. 318 Doch fand<br />

die Produktion ke<strong>in</strong>e Abnehmer, da selbst die relativ unflexible Nachfrage nach<br />

Nahrungsgütern stark verm<strong>in</strong><strong>der</strong>t war durch die großen E<strong>in</strong>kommense<strong>in</strong>bußen <strong>der</strong><br />

Bevölkerung.<br />

Staatliche Agrarpolitik lässt sich für die Weimarer Zeit <strong>in</strong> drei Hauptbereiche glie<strong>der</strong>n:<br />

Siedlungspolitik, Agrarschutzzoll- <strong>und</strong> Agrarsubventionspolitik. Die Siedlungspolitik <strong>und</strong><br />

<strong>der</strong> Bodenreformgedanke erhielten im Wesentlichen durch vier verschiedene<br />

316 Henn<strong>in</strong>g 1988, S. 168<br />

317 Henn<strong>in</strong>g 1988, S. 191<br />

318 Henn<strong>in</strong>g 1988, S. 194


-68-<br />

Richtungen Impulse. 319 Die Agrarsozialisten for<strong>der</strong>ten die Schaffung<br />

genossenschaftlicher <strong>und</strong> kommunaler Großbetriebe. Die Agrarrevisionisten for<strong>der</strong>ten<br />

die Aufsiedlung des Großgr<strong>und</strong>besitzes mit Kle<strong>in</strong>bauern. Ähnliches strebte die sozial-<br />

politische Schule an, die die Aufsiedlung <strong>der</strong> Großbetriebe zu bäuerlichen<br />

Familienwirtschaften for<strong>der</strong>te. Damit sollte <strong>der</strong> selbständige Mittelstand gestärkt, die<br />

Landflucht verm<strong>in</strong><strong>der</strong>t, die Bevölkerung dezentralisiert, die Produktion je Flächene<strong>in</strong>heit<br />

vergrößert werden <strong>und</strong> die Tradition <strong>der</strong> Siedlungs- <strong>und</strong> Autarkiepolitiker aus <strong>der</strong> Zeit<br />

vor dem Ersten Weltkrieg fortgesetzt werden. Politisch wurden die drei genannten<br />

Strömungen vor allem von den Mittelstandparteien unterstützt. Die Radikal-<br />

Konservativen als vierte Gruppierung wandten sich <strong>in</strong>des gegen e<strong>in</strong>e gr<strong>und</strong>sätzliche<br />

<strong>und</strong> umfassende Beseitigung des Großgr<strong>und</strong>besitzes. Von entscheidendem E<strong>in</strong>fluss auf<br />

die staatliche Agrarpolitik wurden die Interessenverbände <strong>der</strong> selbständigen Landwirte,<br />

von denen zwei beson<strong>der</strong>s hervorragten. Der Reichs-Landb<strong>und</strong> setzte die Politik des<br />

B<strong>und</strong>es <strong>der</strong> Landwirte aus <strong>der</strong> Zeit vor dem Ersten Weltkrieg fort, den Ton gaben<br />

Vertreter des Großgr<strong>und</strong>besitzes an. In <strong>der</strong> Vere<strong>in</strong>igung <strong>der</strong> deutschen christlichen<br />

Bauernvere<strong>in</strong>e waren h<strong>in</strong>gegen vor allem die kle<strong>in</strong>- <strong>und</strong> mittelbäuerlichen Schichten<br />

vertreten, die mehr die Politik des Zentrums vertraten. 320<br />

In den 20er <strong>und</strong> 30er Jahren des vergangenen Jahrh<strong>und</strong>erts traten erstmals<br />

„ökologische“ Schädigungen an Böden <strong>und</strong> im Naturhaushalt auf. Bodenverdichtung,<br />

Bodenmüdigkeit, Saatgutabbau, Zunahme von Pflanzenkrankheiten <strong>und</strong><br />

Schädl<strong>in</strong>gsbefall sowie abnehmende Nahrungsqualität durch steigende<br />

Stickstoffdüngung wurden konstatiert. 321 Bereits zu Ende des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts hatte<br />

sich die Lebensreform-Bewegung für e<strong>in</strong>e „naturgemäße Lebensweise“ e<strong>in</strong>gesetzt. Ziel<br />

war unter an<strong>der</strong>em e<strong>in</strong>e Ernährungsreform – Vegetarismus, Naturheilk<strong>und</strong>e <strong>und</strong><br />

Körperkultur – die durch die Anlage von Schrebergärten <strong>und</strong> Gartenstädten sowie<br />

e<strong>in</strong>em praktizierten Tier-, Natur- <strong>und</strong> Heimatschutz unterstützt werden sollte. Die daraus<br />

entstehende Landreform-Bewegung, die sich <strong>in</strong> <strong>der</strong> Weimarer Republik auch auf das<br />

Reichsiedlungsgesetz berufen konnte, setzte diese Gedanken um. E<strong>in</strong>e gärtnerische<br />

Existenz sollte unter Verzicht auf stickstoffhaltige M<strong>in</strong>eraldünger sowie<br />

schwermetallhaltige Pestizide, aber mit Rückbes<strong>in</strong>nung auf die zu Anfang des<br />

Jahrh<strong>und</strong>erts erarbeiteten wissenschaftlichen Erkenntnisse <strong>der</strong> „Landwirtschaftlichen<br />

319 Henn<strong>in</strong>g 1988, S. 198<br />

320 Henn<strong>in</strong>g 1988, S. 209<br />

321 Vogt 2001, Teil I, S. 47


-69-<br />

Bakteriologie“ aufgebaut se<strong>in</strong>. Dazu gehörte Düngung mit gerotteten organischen<br />

Abfällen, vererdende Kompostierung <strong>und</strong> Edelmistbereitung, Gründüngung <strong>und</strong><br />

Bodenbedeckung, schonende <strong>und</strong> nicht wendende Bodenbearbeitung, Nährstoffersatz<br />

durch die Rückführung kompostierter städtischer organischer Abfälle <strong>und</strong> Fäkalien<br />

sowie durch schwerlösliche M<strong>in</strong>eraldünger <strong>und</strong> Geste<strong>in</strong>smehle. 322<br />

Neben dem Natürlichen <strong>Landbau</strong> <strong>der</strong> Landreform-Bewegung entstand <strong>in</strong> den 20er<br />

Jahren e<strong>in</strong> zweites ökologisches <strong>Landbau</strong>system: die auf <strong>der</strong> esoterischen<br />

Anthroposophie Rudolf Ste<strong>in</strong>ers <strong>und</strong> se<strong>in</strong>en „Geisteswissenschaftlichen Gr<strong>und</strong>lagen<br />

zum Gedeihen <strong>der</strong> Landwirtschaft“ aufbauende biologisch-dynamische<br />

Wirtschaftsweise. Das biologisch-dynamische Schlüsselkonzept fasst e<strong>in</strong>en<br />

landwirtschaftlichen Betrieb als e<strong>in</strong>e eigenständige, lebendige Wesenheit auf, die durch<br />

sämtliche vier Dimensionen des anthroposophischen Naturbildes – e<strong>in</strong>er stofflich-<br />

physikalischen, e<strong>in</strong>er lebendig-ätherischen, e<strong>in</strong>er seelisch-astralen sowie e<strong>in</strong>er Ich-haft-<br />

geistigen Ebene – geprägt ist. 323 Gr<strong>und</strong>lage landwirtschaftlichen Tätigse<strong>in</strong>s bildet e<strong>in</strong><br />

persönliches Verhältnis zum Naturgeschehen, das Arbeiten <strong>und</strong> Erkennen mite<strong>in</strong>an<strong>der</strong><br />

verb<strong>in</strong>det. Landwirtschaftliche Arbeit trägt – beispielsweise über den Aufbau von<br />

Hof<strong>in</strong>dividualitäten im S<strong>in</strong>ne <strong>der</strong> Anthroposophie – zur weiteren Evolution von Natur,<br />

Gesellschaft, Menschheit <strong>und</strong> Kosmos bei.<br />

Im Nationalsozialismus sodann wurden alle privaten <strong>und</strong> öffentlich-rechtlichen<br />

agrarischen Differenzierungen im Reichsnährstandsgesetz gleichgeschaltet. Der sog.<br />

„Reichsnährstand“ umfasste Erzeuger, Bearbeiter <strong>und</strong> Verarbeiter sowie den Handel.<br />

Es herrschte <strong>in</strong>nerhalb des „Führerpr<strong>in</strong>zips“ e<strong>in</strong>e straffe Durchglie<strong>der</strong>ung bis <strong>in</strong>s kle<strong>in</strong>ste<br />

Dorf. 324 Die Agrarproduktion erreichte erst im Jahre 1950 wie<strong>der</strong> e<strong>in</strong> Niveau, das mit<br />

den letzten Jahren vor dem Ersten Weltkrieg vergleichbar war.<br />

Die Nachkriegszeit ab 1950 ist vor allem durch Mechanisierung, Zusammenlegung von<br />

Parzellen, Entwässerungen <strong>und</strong> Gewässerbegradigungen (Flurbere<strong>in</strong>igung) geprägt.<br />

Bis zum Jahr 1960 wurde die DDR-Landwirtschaft beispielsweise umfassend sozialisiert<br />

<strong>und</strong> zusammengelegt, Betriebe vergrößert <strong>und</strong> e<strong>in</strong>e zunehmende Spezialisierung<br />

angestrebt. 325 1969 lag die durchschnittlich von e<strong>in</strong>er LPG bewirtschaftet Fläche bei<br />

322 Vogt 2001, Teil I, S. 49<br />

323 Vogt 2001, Teil I, S. 49<br />

324 Henn<strong>in</strong>g 1988, S. 215ff.<br />

325 Henn<strong>in</strong>g 1988, S. 239ff.


-70-<br />

580ha, 1972 bereits bei 890 ha. Hierdurch wurde <strong>der</strong> E<strong>in</strong>satz größerer<br />

Masch<strong>in</strong>enaggregate ermöglicht, zugleich aber auch <strong>der</strong> durchschnittliche<br />

Transportweg vergrößert <strong>und</strong> die Überschaubarkeit des Betriebes verr<strong>in</strong>gert.<br />

Schwe<strong>in</strong>emast mit bis zu 100000 <strong>und</strong> R<strong>in</strong><strong>der</strong>mast mit bis zu 40000 Plätzen schafften<br />

e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>dustrielle Produktionsweise - <strong>der</strong> Genossenschaftsbauer war eher mit e<strong>in</strong>em<br />

Industriearbeiter als mit e<strong>in</strong>em traditionellen Bauern zu vergleichen. 326 Die zunehmende<br />

Spezialisierung <strong>der</strong> e<strong>in</strong>zelnen LPGs sollte den Nutzen durch Rationalisierung noch<br />

vergrößern. „Kooperative E<strong>in</strong>richtungen“ (KOE) begründeten e<strong>in</strong>e Zusammenarbeit<br />

zwischen LPG <strong>und</strong> Nahrungsgüterbetrieben beziehungsweise dem Handel.<br />

An<strong>der</strong>e, aber im Ergebnis ähnliche Entwicklung nimmt die Landwirtschaft im an<strong>der</strong>en<br />

Teil Deutschlands. Die Landwirtschaft <strong>der</strong> BRD war im Vergleich dazu von schlechteren<br />

natürlichen Produktionsvoraussetzungen (Bodenqualität), dem Überwiegen<br />

kle<strong>in</strong>betrieblicher Agrarstrukturen sowie e<strong>in</strong>er im Verhältnis zur Nutzfläche größeren<br />

Menschenanzahl geprägt. 327 Trotzdem wurde bereits 1949 das Vorkriegsniveau <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Flächenproduktion erreicht <strong>und</strong> bei Früchten sogar übertroffen, was an <strong>der</strong> stark<br />

gestiegenen Verwendung von betriebsfremden, chemischen Düngemitteln, neuen<br />

Zuchtmethoden <strong>und</strong> <strong>der</strong> Mechanisierung lag.<br />

Diese erhebliche Zunahme auch über das Vorkriegsniveau h<strong>in</strong>aus zeigte nicht nur, dass<br />

die nationalsozialistische „Erzeugungsschlacht“ noch Reserven hatte, son<strong>der</strong>n dass<br />

diese erst <strong>in</strong> <strong>der</strong> Nachkriegszeit im Kampf <strong>der</strong> Blöcke richtig zur Entfaltung gebracht<br />

werden konnte. Die Landwirtschaft wurde als Begleiter <strong>in</strong>dustriellen Wachstums<br />

326 Henn<strong>in</strong>g 1988, S. 251. Nicht umsonst ist laut Len<strong>in</strong> Kommunismus gleich (Sowjet-)Macht plus<br />

Elektrifizierung (Technisierung) des ganzen Landes.<br />

327 Henn<strong>in</strong>g 1988, S. 254


-71-<br />

angesehen, womit ihr die Aufgabe zufiel, mit ihren Produktionssteigerungen zum<br />

Industrialisierungsprozess <strong>und</strong> zum Bevölkerungswachstum beizutragen. Gleichzeitig<br />

schrumpfte die landwirtschaftliche Nutzfläche, die <strong>in</strong> Mitteleuropa im 18. Jahrh<strong>und</strong>ert<br />

noch stark ausgedehnt worden war, sowie die Zahl <strong>der</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Landwirtschaft<br />

Beschäftigten wie auch <strong>der</strong> hauptberuflich betriebenen landwirtschaftlichen Höfe.<br />

Landwirtschaftliche<br />

Nutzfläche 328<br />

1950 1962 1975 1986<br />

14,185 14,191 13,303 12,000<br />

Ackerfläche 7,983 7,886 7,538 7,251<br />

Dauergrünlandfläche 5,625 5,718 5,244 4,537<br />

Stickstoff kg/ha 23,1 52,9 90,0 126,1<br />

Phosphorsäure kg/ha 24,2 54,1 65,77 61,3<br />

Kali 41,6 79,7 87,7 77,5<br />

Hauptansatzpunkt <strong>der</strong> zunehmenden Mechanisierung war die E<strong>in</strong>führung des<br />

Schleppers, <strong>der</strong> nicht nur als Zugmasch<strong>in</strong>e, son<strong>der</strong>n mit Hilfe <strong>der</strong> Hydraulik auch mit<br />

an<strong>der</strong>en landwirtschaftlichen Geräten bestückt werden konnte. Die Ernte <strong>der</strong><br />

verschiedenen Feldfutterarten, <strong>der</strong> Zuckerrüben <strong>und</strong> <strong>der</strong> Kartoffeln wurde weitgehend<br />

durch Vollerntemasch<strong>in</strong>en bewältigt. Erhöhte Ernteerträge führten zu e<strong>in</strong>er<br />

Verbesserung <strong>der</strong> Viehfütterung <strong>und</strong> damit zu erhöhtem Dunganfall.<br />

Gr<strong>und</strong>wasserverseuchung o<strong>der</strong> erfor<strong>der</strong>lich werdende Son<strong>der</strong>deponien zeigten dabei<br />

die negativen Folgen auf. Die Viehhaltung wurde durch die ständig wachsende<br />

Nachfrage nach Fleisch erheblich ausgedehnt, wobei Rückgänge <strong>in</strong> <strong>der</strong> Pferde- <strong>und</strong><br />

Schafhaltung durch an<strong>der</strong>e Produktionszweige – R<strong>in</strong><strong>der</strong>- <strong>und</strong> Schwe<strong>in</strong>ehaltung – mehr<br />

als ausgeglichen wurden.<br />

Die genannten Faktoren sorgten dafür, dass sich die Sozialstruktur <strong>der</strong> Dörfer <strong>in</strong> den<br />

letzten zweih<strong>und</strong>ert Jahren maßgeblich verän<strong>der</strong>te. 329 Entwe<strong>der</strong> wurden sie<br />

„<strong>in</strong>dustrialisiert“ o<strong>der</strong> sie erhielten e<strong>in</strong>en erheblichen Bevölkerungszuwachs an<br />

Personen, <strong>der</strong>en Arbeitsplatz außerhalb des Dorfes lag, so dass sich das Bild e<strong>in</strong>es<br />

solchen Dorfes aufgr<strong>und</strong> von Arbeitersiedlungen optisch <strong>und</strong> gesellschaftlich än<strong>der</strong>te.<br />

328 Tabelle nach Henn<strong>in</strong>g 1988, S. 264<br />

329 Henn<strong>in</strong>g 1988, S. 34ff.


-72-<br />

Der mit <strong>der</strong> Landwirtschaft verb<strong>und</strong>ene Bevölkerungsanteil fiel sukzessive auf weniger<br />

als e<strong>in</strong> Drittel.<br />

In <strong>der</strong> nun folgenden grafischen Übersicht wird die Historie <strong>der</strong> (konventionellen)<br />

Landwirtschaft <strong>und</strong> die mit ihr verb<strong>und</strong>enen Werthaltungen <strong>und</strong> Präferenzen graphisch<br />

dargestellt. Der Aufbruch aus feudalen Verhältnissen beg<strong>in</strong>nt zunächst mit e<strong>in</strong>er<br />

Ausweitung traditioneller Werthaltungen <strong>und</strong> handwerklicher Tätigkeiten. Spätestens mit<br />

<strong>der</strong> zweiten Hälfte des vergangenen Jahrh<strong>und</strong>erts kommen, durch ökonomische <strong>und</strong><br />

politische Determ<strong>in</strong>anten bewirkt, technische <strong>und</strong> marktökonomische Werthaltungen<br />

h<strong>in</strong>zu. Auf <strong>der</strong> Schwelle zwischen den traditionellen „Letztwerten“ <strong>und</strong> den<br />

Selbststeigerungs-Werten entstehen mith<strong>in</strong> rationale Organisationsformen, die die<br />

Optimierung traditioneller Werthaltungen – auch <strong>in</strong> <strong>der</strong> landwirtschaftlichen Sorge <strong>und</strong><br />

Fürsorge – zum Zweck haben. Die Jahresangaben <strong>in</strong> Klammern dienen <strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie<br />

<strong>der</strong> Orientierung, sie bedeuten nicht, dass „historische“ Wertorientierungen ke<strong>in</strong>e<br />

Bedeutung mehr hätten, sie werden nur überlagernd, s<strong>in</strong>d aber kopräsent <strong>und</strong> haben<br />

als benötigte Werthaltungen für die jeweiligen Individuen <strong>und</strong> Organisationen auch ihre<br />

Bedeutung. So macht das Spektrum aller Haltungen die konventionelle Landwirtschaft<br />

aus. Selbst aus an<strong>der</strong>en Sektoren können sich Werthaltungen addieren, doch die<br />

Graphik zeigt die bestimmenden Hauptdeterm<strong>in</strong>anten an.


-73-<br />

Der Deutsche Bauernverband (DBV) legt <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er „Stellungnahme zur Situation des<br />

Ökolandbaus <strong>und</strong> des <strong>Bio</strong>marktes <strong>in</strong> Deutschland“ für den B<strong>und</strong>estagsausschuss<br />

„Ernährung, Landwirtschaft, Verbraucherschutz“ vom 12.12.2007 die Ansicht nahe,<br />

dass es für außerökonomische Werte im Schaffen e<strong>in</strong>es Landwirtes kaum Platz gibt.<br />

Denn „gesellschaftliche Leistungen z.B. im Unwelt- <strong>und</strong> Naturschutz“ s<strong>in</strong>d außerhalb<br />

<strong>der</strong> Produktion von Lebensmitteln <strong>und</strong> nachwachsenden Rohstoffen „effizient“ zu<br />

erreichen. 330 Anlässlich des Deutschen Bauerntages im Juni 2008 for<strong>der</strong>t das DBV-<br />

Präsidium den Abbau von Wettbewerbsverzerrungen, die Entlastung von Kosten <strong>und</strong><br />

staatliche Risikovorsorge. 331 Das Leitbild des Unternehmers sche<strong>in</strong>t beherrschend,<br />

auch aufgr<strong>und</strong> des Preisdrucks am Weltmarkt. Der DBV bemängelt ergo am<br />

ökologischen <strong>Landbau</strong> zersplitterte Vermarktungsstrukturen 332 wie auch e<strong>in</strong>en ger<strong>in</strong>gen<br />

technischen Fortschritt. Die Eigenschaften, die im Rahmen <strong>der</strong> Charakterisierung des<br />

330 http://www.b<strong>und</strong>estag.de/ausschuesse/a10/anhoerungen/a10_62/16_10_696B.pdf<br />

331 http://www.bauernverband.de/?redid=205560. Die Positionierung im Rahmen ökonomischer,<br />

egozentrischer (homo oEconomicus) Werthaltungen vernachlässigt den Faktor, dass <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er von<br />

Wissensakkumulation <strong>und</strong> Mass Customization geprägten Ökonomie <strong>der</strong> Preis von Hart-Waren immer<br />

niedriger wird – es sei denn, sie weisen noch zusätzlich Eigenschaften auf.<br />

332 Wenn e<strong>in</strong> Hersteller direkt an die Endverbraucher sowie gleichzeitig an Großhändler <strong>und</strong><br />

E<strong>in</strong>zelhändler absetzt, betreibt er e<strong>in</strong> Mehrkanalsystem, da er die Ware – <strong>in</strong> diesem Fall – über drei<br />

Kanäle an se<strong>in</strong>e K<strong>und</strong>en absetzt. Will das <strong>der</strong> DBV kritisieren?


-74-<br />

DBV eher kritisch 333 e<strong>in</strong>geordnet werden, können aber ebenso als positive<br />

Eigenschaften <strong>in</strong>terpretiert werden.<br />

Die schweizerische Bauern-Heimatbewegung sah beispielsweise <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er organisch-<br />

biologischen Landbewirtschaftung e<strong>in</strong>e Lösung, wie sich e<strong>in</strong>e bäuerliche, auf e<strong>in</strong>em<br />

christlichen Glaubensverständnis beruhende Lebensweise <strong>in</strong> <strong>der</strong> mo<strong>der</strong>nen Welt<br />

erhalten <strong>und</strong> subsidiare, dezentrale Strukturen entwickelt werden könnten. Die<br />

Gr<strong>und</strong>sätze Familie, Hof, Heimat <strong>und</strong> Tradition wurden zusätzlich durch Verantwortung<br />

für Natur <strong>und</strong> Verbraucherschaft ergänzt. 334 Die organisch-biologischen Erzeugnisse<br />

<strong>der</strong> Bauern-Heimatbewegung konnten über die Absatz- <strong>und</strong><br />

Verwertungsgenossenschaft „Heimat“ vermarktet werden. Neben dem Vertrieb über<br />

den Genossenschaftsb<strong>und</strong> Migros wurden die Verbraucher zudem direkt über<br />

Paketversand beliefert.<br />

Im biologischen <strong>Landbau</strong>, <strong>der</strong> sich sukzessive im deutschsprachigen Raum <strong>in</strong> den 50er<br />

<strong>und</strong> 60er Jahren ausbreitete, wurden die mehr als e<strong>in</strong>e halbes Jahrh<strong>und</strong>ert<br />

bestehenden Gr<strong>und</strong>sätze <strong>der</strong> Lebensreform-Bewegung aufgegriffen. Die Komponenten<br />

Vegetarismus, viehloser <strong>Landbau</strong> <strong>und</strong> Siedlungswesen wurden rudimentär. Stattdessen<br />

wurden wissenschaftliche Forschungsergebnisse, vor allem zur Bodenfruchtbarkeit <strong>und</strong><br />

Bodenbewirtschaftung, wie Lebensverbauung <strong>und</strong> die darauf aufbauende<br />

Landbewirtschaftungskonzepte e<strong>in</strong>es „biotechnischen <strong>Landbau</strong>s“, Humusforschung <strong>und</strong><br />

–wirtschaft, vererdende Kompostierung etc. berücksichtigt. 335<br />

Die biologisch-dynamische Wirtschaftsweise, die, wie beschrieben, schon seit den 20er<br />

Jahren bestand, rückte <strong>in</strong> den 50er <strong>und</strong> 60er Jahren die bäuerliche Lebenswelt sowie<br />

Betriebsgeme<strong>in</strong>schaften <strong>in</strong> den Mittelpunkt <strong>und</strong> <strong>in</strong>tegrierte wissenschaftliche<br />

Erkenntnisse aus <strong>der</strong> biologisch ausgerichteten <strong>Landbau</strong>forschung. Man begann mit <strong>der</strong><br />

Züchtung von an ökologische <strong>Landbau</strong>verhältnisse angepassten Kultursorten, sowie<br />

<strong>der</strong> „wesensgemäßen“ Tierhaltung <strong>und</strong> Gestaltung von Kulturlandschaften nach<br />

biologisch-dynamischen Pr<strong>in</strong>zipien. 336<br />

333 Kritik (von griech. kr<strong>in</strong>e<strong>in</strong>=scheiden, schneiden) ist ja letztlich nur e<strong>in</strong>e Trennung, die aussagt, die<br />

an<strong>der</strong>en (das Getrennte) s<strong>in</strong>d nicht wir – soweit ist dann auch die Kritik des DBV völlig berechtigt.<br />

334 Vogt 2001, Teil II, S. 47<br />

335 Vogt 2001, Teil II, S. 49<br />

336 Vogt 2001, Teil II, S. 47


-75-<br />

Hans Müller, <strong>der</strong> die oben erwähnte Bauernheimatbewegung <strong>in</strong> <strong>der</strong> Schweiz<br />

begründete, entwickelte zusammen mit se<strong>in</strong>er Frau Maria <strong>und</strong> dem deutschen Arzt H.<br />

P. Rusch die Gr<strong>und</strong>lagen des organisch-biologischen <strong>Landbau</strong>s. Um diese Ideen<br />

besser umsetzen <strong>und</strong> die geme<strong>in</strong>samen Interessen besser vertreten zu können, wurde<br />

<strong>der</strong> „bio-gemüse e.V.“ gegründet. Zehn Jahre später hatte <strong>der</strong> Vere<strong>in</strong> bereits 200<br />

Mitglie<strong>der</strong>. Aus dem „bio-gemüse e.V.“ wurde zunächst die „För<strong>der</strong>geme<strong>in</strong>schaft<br />

organisch-biologischer Land- <strong>und</strong> Gartenbau“. Mitte <strong>der</strong> 70er Jahre wird dann <strong>der</strong> Name<br />

„<strong>Bio</strong>land“ als Vere<strong>in</strong>sname <strong>und</strong> Warenzeichen etabliert.<br />

Das Aufkeimen von postmaterialistischen Werten bildete die Gr<strong>und</strong>voraussetzung für<br />

e<strong>in</strong>en gesellschaftlichen Aufbruch, <strong>der</strong> seit den späten 1960er Jahren <strong>in</strong> den Studenten-<br />

, Anti-Atomkraft- <strong>und</strong> Friedens-Bewegungen se<strong>in</strong>en Ausdruck fand. Der ökologische<br />

<strong>Landbau</strong> wurde dabei von den Aktivisten <strong>der</strong> Umweltbewegung als die geeignete<br />

landwirtschaftliche Produktionsweise entdeckt. Dies brachte e<strong>in</strong>e Wende für die bis<br />

dah<strong>in</strong> von <strong>der</strong> Öffentlichkeit <strong>und</strong> <strong>der</strong> Politik kaum wahrgenommene Form <strong>der</strong><br />

Landwirtschaft.<br />

In den 80er <strong>und</strong> 90er Jahren wurden die Konzepte des biologischen <strong>Landbau</strong>s<br />

weiterentwickelt. Der <strong>in</strong>haltliche Schwerpunkt verschob sich vom Erhalt e<strong>in</strong>er<br />

bäuerlichen Lebenswelt zur Entwicklung e<strong>in</strong>er umweltschonenden <strong>und</strong> dauerhaften<br />

<strong>Landbau</strong>- <strong>und</strong> Lebensweise. Die Ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzungen mit den<br />

<strong>Landbau</strong>wissenschaften um die Notwendigkeit von „Alternativen im <strong>Landbau</strong>“ Ende <strong>der</strong><br />

70er sowie Anfang <strong>der</strong> 80er Jahre führten zu e<strong>in</strong>er ersten wissenschaftlichen<br />

Anerkennung <strong>der</strong> Konzepte ökologischer Landbewirtschaftung. 337 Die Konzepte <strong>der</strong><br />

biologischen Bodenfruchtbarkeit wurden mit <strong>der</strong> Ökosystemtheorie verb<strong>und</strong>en, <strong>in</strong> den<br />

Mittelpunkt rückte <strong>der</strong> Stoffaustausch im Wurzelraum. Die gesellschaftlichen<br />

Ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzungen um die Massentierhaltung führten zur Entwicklung von<br />

Konzepten artgemäßer Tierhaltung. Zudem wurde seit Ende <strong>der</strong> 80er Jahre e<strong>in</strong><br />

unabhängiges Kontroll- <strong>und</strong> Zertifikationssystem sowie e<strong>in</strong>e eigene<br />

Vermarktungsstruktur etabliert (Naturkosthandel).<br />

Lebensmittelskandale <strong>der</strong> „konventionellen“ Landwirtschaft, umfassende<br />

Zertifizierungsbemühungen des ökologischen <strong>Landbau</strong>s sowie gesellschaftliche Trends<br />

führen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Gegenwart dazu, dass die durch den ökologischen <strong>Landbau</strong> weitgehend<br />

337 Vogt 2001, Teil II, S. 49


-76-<br />

garantierte Unabhängigkeit gegenüber <strong>der</strong> Landwirtschafts- <strong>und</strong> Ernährungs<strong>in</strong>dustrie -<br />

e<strong>in</strong> zentrales Element bäuerlichen Selbstverständnisses - immer mehr <strong>in</strong> den<br />

Vor<strong>der</strong>gr<strong>und</strong> rückt. E<strong>in</strong>e mit Recht <strong>in</strong> den Raum gestellte For<strong>der</strong>ung nach<br />

marktwirtschaftlicher Konsumentensouveränität <strong>und</strong> Autonomie angesichts <strong>der</strong> immer<br />

knapper werdenden Entscheidungsspielräume <strong>und</strong> <strong>der</strong> forcierten Abhängigkeit von<br />

entscheidungsmächtigen Akteuren. So stemmen sich ökologische (wie auch<br />

konventionelle) Landwirte gegen Subventionen, Strafabgaben, Milchquoten,<br />

engmaschige Netze aus Gesetzen <strong>und</strong> Verordnungen sowie Agrarmonopolisten.<br />

Jüngere Meilenste<strong>in</strong>e auf dem Weg zur Institutionalisierung setzte die europäische<br />

Agrarpolitik, u.a. mit <strong>der</strong> Verordnung (EWG) 2092/91. 338 Die BSE-Krise <strong>und</strong> die <strong>in</strong> Folge<br />

von <strong>der</strong> rot-grünen B<strong>und</strong>esregierung e<strong>in</strong>geleitete Agrarwende brachten den Öko-<br />

<strong>Landbau</strong> auf <strong>der</strong> politischen Agenda zeitweise ganz nach oben.<br />

Auch wenn die Pioniere des biologisch/ökologischen <strong>Landbau</strong>s unterschiedliche<br />

Auffassungen hatten, vertraten sie doch weitestgehend ähnliche Gr<strong>und</strong>pr<strong>in</strong>zipien, wie<br />

Gunter Vogts Zusammenstellung sehr gut belegt: 339<br />

338 Schick 2009, S. 364<br />

339 Tabelle aus Vogt 2001, Teil II, S. 48


-77-


-78-<br />

Doch kann man auch <strong>in</strong>nerhalb <strong>der</strong> ökologischen Landwirtschaft e<strong>in</strong>en Wertewandel<br />

bemerken. Entstammte die schweizerische Bauern-Heimatbewegung noch nahezu<br />

vollständig dem christlich-traditionellen Spektrum, so rücken mehr <strong>und</strong> mehr soziale <strong>und</strong><br />

kreative Werte – auch h<strong>in</strong>sichtlich biologischer Produktionsmittel <strong>und</strong> Methoden – <strong>in</strong><br />

Verb<strong>in</strong>dung mit dem Schutz <strong>der</strong> Natur <strong>in</strong> den Mittelpunkt. Letzter wird ebenso auf<br />

Konsumentenseite geschätzt wie auch die mit dem ökologischen <strong>Landbau</strong> verb<strong>und</strong>enen<br />

Zusatzleistungen wie beispielsweise die Aufrechterhaltung e<strong>in</strong>es M<strong>in</strong>destmaßes an<br />

Selbstversorgung, die Offenhaltung <strong>und</strong> Pflege <strong>der</strong> Kulturlandschaft, Beiträge zur<br />

ländlichen Regionalentwicklung <strong>und</strong> bestimmte Umweltleistungen. Der Ökologische<br />

<strong>Landbau</strong> ist unter dem Strich die umwelt- <strong>und</strong> naturfre<strong>und</strong>lichste Anbaumethode: a) Der<br />

Nitrataustrag <strong>in</strong>s Gr<strong>und</strong>wasser wird um 35 – 65 % reduziert b) Ke<strong>in</strong>e Pestizidrückstände<br />

<strong>in</strong> Böden, Wasser <strong>und</strong> Lebensmitteln c) Verr<strong>in</strong>gerte Erosion d) Höhere Wasserkapazität<br />

(Hochwasserschutz) e) Höhere Humusgehalte, das bedeutet 35 bis 50 t mehr<br />

geb<strong>und</strong>enes CO2/ha (Klimaschutz) f) Höhere <strong>Bio</strong>diversität <strong>in</strong> <strong>der</strong> Agrarlandschaft <strong>und</strong><br />

größere genetische <strong>Vielfalt</strong> bei den Nutztieren <strong>und</strong> –Pflanzen g) Effizienterer<br />

Wassergebrauch h) Ger<strong>in</strong>gerer Bedarf an fossilen Energieträgern. 340 H<strong>in</strong>zu kommen<br />

positive Effekte für die ländliche Regionalentwicklung <strong>und</strong> die Volkswirtschaft, da<br />

ökologische Betriebe (laut Agrarbericht <strong>der</strong> B<strong>und</strong>esregierung) etwa e<strong>in</strong> Drittel mehr<br />

Arbeitskräfte als vergleichbare konventionelle Betriebe beschäftigen.<br />

Gerhard Plakolm <strong>und</strong> Elisabeth Fromm von <strong>der</strong> HBLFA (Höhere B<strong>und</strong>eslehr- <strong>und</strong><br />

Forschungsanstalt) <strong>in</strong> Irdn<strong>in</strong>g/Österreich haben für Österreich die meist diskutiertesten<br />

Werte ermitteln können, die hier <strong>in</strong> nicht hierarchischer Reihenfolge aufgezählt werden:<br />

Kreislauf <strong>und</strong> Boden, Ges<strong>und</strong>heit, Qualität, Natur, <strong>Vielfalt</strong>, Nachhaltigkeit, Ökonomie,<br />

Kontrolle <strong>und</strong> Vertrauen, Gentechnikfreiheit, Tiergerechtigkeit, Vermarktung,<br />

Regionalität, Kooperation, Austausch <strong>und</strong> Vorbildwirkung. Insbeson<strong>der</strong>e wird die durch<br />

den <strong>Bio</strong>-<strong>Landbau</strong> ermöglichte Eigenständigkeit hervorgehoben, die zu erhalten als sehr<br />

wichtig angesehen wird. In diesem Kontext werden Entscheidungsfreiheit <strong>und</strong><br />

Selbstversorgung als Umstellungsgründe genannt, wie auch eigene<br />

Gestaltungsmöglichkeiten. 341 <strong>Bio</strong>-Bauern müssten mehr ausprobieren <strong>und</strong> vordenken<br />

als konventionelle Bauern, eben un-konventioneller se<strong>in</strong>.<br />

340 Vgl. hierzu Blumensche<strong>in</strong> 2007, S. 4<br />

341 Vgl. Plakolm 2007, S. 4


-79-<br />

Die hier folgende grafische Übersicht zeigt gesamtbäuerliche Werte <strong>und</strong> Merkmale<br />

sowie Leitwerte <strong>der</strong> „International Fo<strong>und</strong>ation for Organic Agriculture“ (IFOAM). Die<br />

IFOAM (International Fe<strong>der</strong>ation of Agriculture Movement) ist die 1972 gegründete<br />

<strong>in</strong>ternationale Dachorganisation des ökologischen <strong>Landbau</strong>s. Zum jetzigen Zeitpunkt<br />

s<strong>in</strong>d über 750 Mitgliedsorganisationen <strong>in</strong> mehr als 108 Län<strong>der</strong>n unter <strong>der</strong> IFOAM<br />

vere<strong>in</strong>igt, wozu beispielsweise Öko-Anbauverbände, Unternehmen <strong>der</strong> ökologischen<br />

Lebensmittelwirtschaft, Forschungse<strong>in</strong>richtungen sowie e<strong>in</strong>zelne Landwirte gehören.<br />

Die IFOAM übernimmt die <strong>in</strong>ternationale Koord<strong>in</strong>ation dieser unterschiedlichen<br />

Interessengruppen unter e<strong>in</strong>em geme<strong>in</strong>samen Leitbild.<br />

Das IFOAM-Pr<strong>in</strong>zip „Ges<strong>und</strong>heit“, das im Wertekreis als <strong>in</strong>dividuelle, körperliche<br />

Ges<strong>und</strong>heit zwischen Macht <strong>und</strong> Sicherheit e<strong>in</strong>geordnet ist, wird <strong>in</strong> <strong>der</strong> Grafik diametral<br />

e<strong>in</strong>geordnet. Denn Ges<strong>und</strong>heit, so die IFOAM, fängt bei ges<strong>und</strong>en Böden an, wird also<br />

nicht <strong>in</strong>dividuell, son<strong>der</strong>n ganzheitlich-universalistisch verstanden.


Auszüge aus den Pr<strong>in</strong>zipien <strong>der</strong> IFOAM: 342<br />

Das Pr<strong>in</strong>zip <strong>der</strong> Ges<strong>und</strong>heit<br />

-80-<br />

Ökologische Landwirtschaft soll die Ges<strong>und</strong>heit von Böden, Pflanzen, Tieren,<br />

Menschen <strong>und</strong> des ganzen Planeten als untrennbare E<strong>in</strong>heit aufrecht erhalten<br />

<strong>und</strong> verbessern. […] Die Aufgabe <strong>der</strong> ökologischen Landwirtschaft, ob <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Erzeugung, bei <strong>der</strong> Verarbeitung, dem Vertrieb o<strong>der</strong> dem Verbrauch, ist es, die<br />

Ges<strong>und</strong>heit von Ökosystemen <strong>und</strong> Organismen von den Kle<strong>in</strong>sten im Boden bis<br />

zum Menschen aufrecht zu erhalten <strong>und</strong> zu verbessern. Genauer gesagt soll die<br />

ökologische Landwirtschaft qualitativ hochwertige, nahrhafte Nahrungsmittel<br />

produzieren, die zur Ges<strong>und</strong>heitsvorsorge <strong>und</strong> zum Wohlbef<strong>in</strong>den beitragen.In<br />

Anbetracht dessen sollte <strong>der</strong> E<strong>in</strong>satz von Düngern, Pestiziden,<br />

Tiermedikamenten <strong>und</strong> Nahrungsmittelzusätzen vermieden werden, da diese<br />

ungünstige Auswirkungen auf die Ges<strong>und</strong>heit haben können.<br />

Pr<strong>in</strong>zip <strong>der</strong> Ökologie<br />

Produktionen sollen auf ökologischen Prozessen <strong>und</strong> Wie<strong>der</strong>verwertung<br />

basieren. Nährwert <strong>und</strong> Wohlbef<strong>in</strong>den werden durch die Ökologie <strong>der</strong><br />

spezifischen Produktionsumgebungen erreicht. […] Ökologische Landwirtschaft,<br />

Nutztierhaltung <strong>und</strong> Systeme <strong>der</strong> Wild-Sammlung sollen sich den Zyklen <strong>und</strong><br />

dem ökologischen Gleichgewicht <strong>der</strong> Natur anpassen. Diese Zyklen s<strong>in</strong>d<br />

universell, aber ihre Funktionsweise ist standortspezifisch. Das ökologische<br />

Management muss an lokale Bed<strong>in</strong>gungen, Ökosysteme, Kultur <strong>und</strong> weitere<br />

Rahmenbed<strong>in</strong>gungen angepasst werden. Durch Wie<strong>der</strong>verwendung,<br />

Wie<strong>der</strong>verwertung <strong>und</strong> effektives Material- <strong>und</strong> Energiemanagement sollen<br />

Auswirkungen auf die Umwelt verr<strong>in</strong>gert werden, um ihre Beschaffenheit zu<br />

bewahren <strong>und</strong> zu verbessern <strong>und</strong> Ressourcen zu schonen. Ökologische<br />

Landwirtschaft soll durch Gestaltung <strong>der</strong> Nutztierhaltung, E<strong>in</strong>richtung von<br />

Lebensräumen <strong>und</strong> Erhaltung <strong>der</strong> genetischen <strong>und</strong> landwirtschaftlichen <strong>Vielfalt</strong><br />

e<strong>in</strong> ökologisches Gleichgewicht erreichen. Diejenigen, die ökologische Produkte<br />

produzieren, verarbeiten, damit handeln o<strong>der</strong> sie konsumieren, sollen die<br />

geme<strong>in</strong>same Umwelt, e<strong>in</strong>schließlich <strong>der</strong> Landschaften, des Klimas, <strong>der</strong><br />

Lebensräume, <strong>der</strong> biologischen <strong>Vielfalt</strong>, <strong>der</strong> Luft <strong>und</strong> des Wassers, schützen <strong>und</strong><br />

zu ihrem Vorteil nutzen.<br />

342 http://www.ifoam.org/germanversion/ifoam/pr<strong>in</strong>zipien_des_oekolandbaus.html


Pr<strong>in</strong>zip <strong>der</strong> Gerechtigkeit<br />

-81-<br />

Gerechtigkeit wird charakterisiert durch Gleichheit, Achtung, Rechtmäßigkeit <strong>und</strong><br />

Verantwortlichkeit gegenüber e<strong>in</strong>er von allen geteilten Welt, sowohl unter den<br />

Menschen als auch <strong>in</strong> <strong>der</strong>en Beziehungen zu an<strong>der</strong>en Lebewesen. […] Dieses<br />

Pr<strong>in</strong>zip hebt hervor, dass jene, die mit ökologischer Landwirtschaft zu tun haben,<br />

menschliche Beziehungen so führen, dass Gerechtigkeit auf allen Ebenen <strong>und</strong><br />

gegenüber allen Parteien - Landwirten, Arbeitern, Herstellern, Vertreibern,<br />

Händlern <strong>und</strong> Verbrauchern – sichergestellt wird. […] Dieses Pr<strong>in</strong>zip besteht<br />

darauf, dass Tieren die Bed<strong>in</strong>gungen <strong>und</strong> Möglichkeiten zum Leben geboten<br />

werden, die ihrer Physiologie <strong>und</strong> ihrem natürlichen Verhalten entsprechen <strong>und</strong><br />

zu ihrem Wohlbef<strong>in</strong>den beitragen. […] Rohstoffquellen <strong>und</strong> Umweltressourcen,<br />

die für Produktion <strong>und</strong> Konsum verwendet werden, sollen auf e<strong>in</strong>e Weise<br />

verwaltet werden, die gesellschaftlich <strong>und</strong> ökologisch gerecht ist. Zudem sollen<br />

sie für zukünftige Generationen erhalten werden.<br />

Pr<strong>in</strong>zip <strong>der</strong> Fürsorge<br />

Ökologische Landwirtschaft soll auf e<strong>in</strong>e vorbeugende <strong>und</strong> verantwortungsvolle<br />

Art betrieben werden, um die Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong> das Wohlbef<strong>in</strong>den <strong>der</strong><br />

gegenwärtigen <strong>und</strong> zukünftigen Generationen sowie die Umwelt zu schützen.<br />

[…] Ökologische Landwirtschaft ist e<strong>in</strong> lebendes <strong>und</strong> dynamisches System, das<br />

auf die <strong>in</strong>neren <strong>und</strong> äußeren Anfor<strong>der</strong>ungen <strong>und</strong> Bed<strong>in</strong>gungen reagiert.<br />

Fachleute <strong>der</strong> ökologischen Landwirtschaft können <strong>der</strong>en Leistungsfähigkeit<br />

verbessern <strong>und</strong> die Produktivität erhöhen, wodurch aber ke<strong>in</strong>e Gefährdung von<br />

Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong> Wohlbef<strong>in</strong>den entstehen darf. Infolgedessen müssen neue<br />

Technologien entsprechend beurteilt <strong>und</strong> neue Methoden überprüft werden. In<br />

Anbetracht des noch immer unvollständigen Verständnisses von Ökosystemen<br />

<strong>und</strong> Landwirtschaft ist Vorsicht geboten. […] Wissenschaftliche Kenntnisse<br />

alle<strong>in</strong>e genügen jedoch nicht. Praktische Erfahrung, gesammeltes Wissen sowie<br />

traditionelles <strong>und</strong> e<strong>in</strong>heimisches Wissen bieten viable Lösungen an. Ökologische<br />

Landwirtschaft soll durch die Übernahme von angemessenen <strong>und</strong> die<br />

Zurückweisung von unkalkulierbaren Techniken, wie z.B. Genmanipulationen,<br />

wesentlichen Risiken vorbeugen. Alle Entscheidungen sollen durch transparente<br />

<strong>und</strong> partizipatorische Verfahren die Werte <strong>und</strong> Bedürfnisse <strong>der</strong> von diesen<br />

Entscheidungen Betroffenen mitreflektieren.


-82-<br />

Den unterschiedlichen Werten <strong>und</strong> Schwerpunkten entspricht die Fülle verschiedenster<br />

Anbauverbände, Herkunftslän<strong>der</strong> <strong>und</strong> Zertifizierungen, die unterschiedlichsten<br />

Produkte, Distributionskanäle sowie Konsumententypen <strong>und</strong> – Bedürfnisse. Während<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> „Pionierzeit“ immaterielle Werte wie Boden- <strong>und</strong> Tierges<strong>und</strong>heit den ersten <strong>Bio</strong>-<br />

Landwirten die nötige Überzeugungskraft gaben, um sich gegen die agrarpolitische<br />

Gr<strong>und</strong>ausrichtung behaupten zu können, muss die etablierte <strong>Bio</strong>-Landwirtschaft von<br />

heute vor allem den immer härter werdenden Bed<strong>in</strong>gungen des Marktes standhalten,<br />

um sich erfolgreich weiterzuentwickeln. 343 Dieser ist gekennzeichnet durch e<strong>in</strong>en steten,<br />

rasanten Wandel, e<strong>in</strong> Wandel, <strong>der</strong> ebenso ganze Kulturen <strong>und</strong> Gesellschaften betrifft.<br />

343 So Greger 2007, S. 33f.


3. Am Po<strong>in</strong>t of Sales Purchase<br />

-83-<br />

3.1. Typisierungen <strong>der</strong> <strong>Bio</strong>-Wertschöpfungskette<br />

Nicht nur bäuerliche Lebenswelten <strong>und</strong> Traditionen haben sich <strong>in</strong> den letzten<br />

Jahrzehnten gewandelt. Lokal verankerte „Schicksalsgeme<strong>in</strong>schaften“ mit<br />

wechselseitigen Verpflichtungen – wie nachbarschaftliche, verwandtschaftliche,<br />

familiäre Konstellationen – verlieren an Bedeutung. Neue Vergesellschaftungsmuster <strong>in</strong><br />

„funktional differenzierten Systemen“ 344 treten an diese Stelle, charakterisiert durch<br />

strukturelle Offenheit, lockere Verknüpfung <strong>und</strong> Wahlfreiheit. Massenmedien, World<br />

Wide Web, mobile Kommunikation, <strong>in</strong>terpersonale Netzwerke s<strong>in</strong>d nur noch bed<strong>in</strong>gt<br />

ortsgeb<strong>und</strong>en <strong>und</strong> von klassischen Knotenpunkten sozialer Kohäsion, wie von<br />

Nationalstaaten <strong>und</strong> politischen Akteuren, weitgehend unabhängig.<br />

Verschiedene Lebens-, Sprach <strong>und</strong> Wissensformen – kurz Milieus - mit geteilten<br />

Werthaltungen sowie vergleichbaren Selbst- <strong>und</strong> Fremdbil<strong>der</strong>n 345 konstituieren sich, mit<br />

eigenen Spezialsprachen, Relevanzkriterien, Exklusionen <strong>und</strong> Eigen-S<strong>in</strong>nigkeiten. 346<br />

E<strong>in</strong>e Sozialität, die we<strong>der</strong> kollektiv ist noch <strong>in</strong>dividualistisch, we<strong>der</strong> Staat noch Markt<br />

vollständig zuzurechnen ist, son<strong>der</strong>n beide Ressourcen nutzt für ihre hybriden<br />

Strukturen. Beziehungsnetzwerke, auf permanente Selbsttransformation angelegt,<br />

leisten bei <strong>der</strong> Konstruktion des Selbstkonzeptes <strong>der</strong> Person, <strong>der</strong> Identität, relevante<br />

Unterstützung. Sich auf Unbestimmtheit e<strong>in</strong>lassend, immer wie<strong>der</strong><br />

Bestimmtes/Bestimmbares hervorzubr<strong>in</strong>gen ist e<strong>in</strong> modus socialis <strong>in</strong> Projektform. 347<br />

Milieus können ebenso vertikal differenziert se<strong>in</strong> durch unterschiedliche Lebensstile, 348<br />

die sich <strong>in</strong> unterschiedlichen Zeitauffassungen, Dialekten, Verhaltensweisen, Kleidung,<br />

Ritualen, Manieren, Gesprächsführung wie auch Konsumformen nie<strong>der</strong>schlagen. 349<br />

344<br />

Funktionale Differenzierung me<strong>in</strong>t, dass Gesellschaften nicht mehr aus e<strong>in</strong>er Vielzahl gleicher o<strong>der</strong><br />

ähnlicher E<strong>in</strong>heiten wie Familien, Clans o<strong>der</strong> Gruppen (segmentäre Differenzierung) bestehen, son<strong>der</strong>n<br />

aus unterschiedlichen, spezialisierten Teilen, die vone<strong>in</strong>an<strong>der</strong> abhängen – Ökonomie, Politik,<br />

Wissenschaft, Erziehung, Ges<strong>und</strong>heitssystem, Familie, Religion, Kunst etc. Vgl. Willke 2006, S. 19<br />

345<br />

Hellmann 2003, S. 411<br />

346<br />

Willke 2001, S. 100f.<br />

347<br />

Priddat 2008, S. 91<br />

348<br />

Vgl. Solga 2003, S. 6. Vertikale Lebensstilunterschiede lassen sich gegenwärtig immer weniger auf<br />

berufliche <strong>und</strong> ökonomische Determ<strong>in</strong>anten denn kulturelle Ressourcen unterscheiden. Horizontale<br />

Differenzen <strong>in</strong> den Lebensstilen machen sich hauptsächlich an Bildung <strong>und</strong> Lebensalter fest. Vgl. Ste<strong>in</strong><br />

2006, S. 141<br />

349<br />

Vgl. Hellmann 2003, S. 411


-84-<br />

In Milieus <strong>und</strong> Lebensstilen sucht <strong>der</strong> Mensch Struktur <strong>und</strong> Orientierung („Re-<br />

Gro<strong>und</strong><strong>in</strong>g“), allerd<strong>in</strong>gs <strong>in</strong> den höchst fließenden Formen e<strong>in</strong>es „Reality-Sampl<strong>in</strong>g“. 350<br />

Pflichten wie Rechte gesellschaftlicher Anfor<strong>der</strong>ungen <strong>in</strong> Form von „Rolle“ werden als<br />

situativ bezogene <strong>und</strong> im Interaktionsprozess entstehende wie auch wandelbare<br />

Systeme von Erwartungen erlebt. 351 Werthaltungen werden <strong>in</strong> unterschiedlichen Rollen<br />

verschieden hierarchisiert <strong>und</strong> angepasst. Diese Hybridisierung <strong>und</strong> Parallelität<br />

unterschiedlicher Werthaltungen gehorcht den Pr<strong>in</strong>zipien von „Konnexion <strong>und</strong><br />

Heterogenität“, <strong>der</strong> „Vielheit“ <strong>und</strong> dem „asignifikanten Bruch“, ke<strong>in</strong>em „strukturalem o<strong>der</strong><br />

generativem Modell“ verpflichtet zu se<strong>in</strong>, kurz: <strong>der</strong> Rhizomisierung. 352<br />

E<strong>in</strong> Beispiel für e<strong>in</strong>e Differenzierung <strong>der</strong> Milieus <strong>und</strong> <strong>der</strong> mit ihnen verb<strong>und</strong>enen<br />

Lebensstile soll hier anhand <strong>der</strong> kommerziellen S<strong>in</strong>us-Milieus erfolgen: 353<br />

350 Schipperges 2007<br />

351 Vgl. Thomae 1968, S. 548<br />

352 Rhizome s<strong>in</strong>d „Pfahlwurzeln mit zahlreichen Verzweigungen, seitlichen <strong>und</strong> sternförmigen […] Je<strong>der</strong><br />

beliebige Punkt e<strong>in</strong>es Rhizoms kann <strong>und</strong> muss mit jedem an<strong>der</strong>en verb<strong>und</strong>en werden […] Es gibt nichts<br />

als L<strong>in</strong>ien;“ Deleuze 1977, S. 8ff. Übrigens ist e<strong>in</strong>e etymologische Erklärung für „Risiko“ die Herleitung<br />

aus dem griechischen „rhiza“, also <strong>der</strong> Wurzel, was mit „Klippe“, Schwelle <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung gebracht wurde.<br />

353 S<strong>in</strong>us Sociovision, Heidelberg, ist Spezialist für psychologische <strong>und</strong> sozialwissenschaftliche<br />

Forschung <strong>und</strong> Beratung. Grafiken von Wippermann 2005 beziehungsweise http://www.s<strong>in</strong>ussociovision.de


-85-<br />

In <strong>der</strong> folgenden Graphik s<strong>in</strong>d die vertikal-hierarchischen S<strong>in</strong>us-Milieus im Wertekreis<br />

von Shalom Schwartz verortet, nunmehr horizontal-flach: 354<br />

354 Marktforschung <strong>und</strong> Me<strong>in</strong>ungsumfragen unterliegen <strong>der</strong> schwierigen Bed<strong>in</strong>gungen, dass <strong>der</strong><br />

Konsument se<strong>in</strong>e wahren Motive <strong>und</strong> Bedürfnisse bei <strong>der</strong> Nutzung e<strong>in</strong>es Produktes o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>e Marke gar<br />

nicht artikulieren kann, denn sie s<strong>in</strong>d ihm nicht bewusst. Grenzen <strong>der</strong> Messbarkeit bei komplexen<br />

Wirklichkeiten, die Beantwortung nach Maßgabe <strong>der</strong> „sozialen Erwünschtheit“, Response-Sets,<br />

Umgebungse<strong>in</strong>flüsse, suggestive Antwort- <strong>und</strong> Fragekategorien führen zum Teil zu Ergebnissen<br />

mangeln<strong>der</strong> Validität <strong>und</strong> Reliabilität. Emotionsquellen, Assoziationen <strong>und</strong> Konnotationen, Bil<strong>der</strong>,<br />

olfaktorische, haptische, akustische E<strong>in</strong>drücke lassen sich nicht immer <strong>in</strong> Worte fassen. Verstand <strong>und</strong><br />

Vernunft s<strong>in</strong>d zum Teil nur Berater, vgl. Albrecht 2005, S. 4ff.; Grünewald 2006, S. 8ff. Daher sollen die<br />

hier genannten Werte/Zahlen Anhaltspunkte, nicht aber als statische Aussagen im S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>er<br />

mechanischen Berechenbarkeit gelten.


-86-<br />

Den hybriden Werthaltungen entspricht <strong>der</strong> hybride, situativ entscheidende,<br />

ungeb<strong>und</strong>ene Konsument, <strong>der</strong> e<strong>in</strong>erseits hochwertige Markenartikel kauft, an<strong>der</strong>erseits<br />

aber auch den preisbewussten Griff zu günstigen Handelsmarken o<strong>der</strong> No Names nicht<br />

scheut, <strong>der</strong> experimentiert o<strong>der</strong> aus Bequemlichkeit diejenigen Produkte kauft, die<br />

gerade im Handel verfügbar s<strong>in</strong>d. 355 Dazu addiert sich die Transaktionskosten<br />

reduzierende Wirkung <strong>der</strong> IuK-Technologien. Da ist es für Produzenten, Market<strong>in</strong>g-<br />

Abteilungen <strong>und</strong> Unternehmensberater natürlich vorteilhaft, wenn sich zum<strong>in</strong>dest e<strong>in</strong>e<br />

eher kohärente, stetige Klassifizierung abzeichnet – die auch noch Milieu <strong>und</strong><br />

Werthaltungen übergreifend ist. Dieser nahezu mit 30% aller Haushalte veranschlagte<br />

Konsumstil 356 wird kurz mit LOHAS bezeichnet <strong>und</strong> me<strong>in</strong>t den „Lifestyle of Health and<br />

Susta<strong>in</strong>ability“. In <strong>der</strong> unten stehenden Graphik ist <strong>der</strong> LOHAS-Konsumstil anhand<br />

se<strong>in</strong>er Hauptattribute „Ges<strong>und</strong>heit“ (health) <strong>und</strong> „Nachhaltigkeit“ (susta<strong>in</strong>ability) <strong>in</strong>mitten<br />

<strong>der</strong> transponierten S<strong>in</strong>us-Milieus im Wertekreis verortet.<br />

355 Haedrich 2003, S. 28<br />

356 So e<strong>in</strong>e AC Nielsen/“Karma Konsum“-Studie im Mai 2008, http://www.focus.de/f<strong>in</strong>anzen/news/studie-<br />

wer-s<strong>in</strong>d-die-lohas_aid_305216.html


-87-<br />

Dazu haben wir zart gestrichelt noch den „Lifestyle“ <strong>in</strong> die Graphik e<strong>in</strong>gefügt. Das hat <strong>in</strong><br />

diesem Falle weniger mit <strong>der</strong> recht neutralen Bezeichnung unterschiedlicher Lebensstile<br />

zu tun, son<strong>der</strong>n eher mit dem Lebensstil „Lebensstil“. Die Zeitung „Die Welt“<br />

überschreibt ihre Onl<strong>in</strong>e-Rubrik „Lifestyle-Nachrichten“ mit „Informationen über neue<br />

Modetrends, Design, Architektur, We<strong>in</strong>, Essen, Wellness <strong>und</strong> Kosmetik. Für alle, die<br />

Luxus schätzen.“ Es gibt also e<strong>in</strong>en Lebensstil mit Werthaltungen im Übergang von<br />

Selbststeigerungs-Werten zu selbstbestimmenden Werthaltungen. Im Fokus steht die<br />

im Rahmen des „In“-Se<strong>in</strong>s ständige Neuerf<strong>in</strong>dung mithilfe <strong>der</strong> neuesten käuflichen<br />

Trends. Den Zusammenhang mit dem Generalthema <strong>der</strong> Nachhaltigkeit erklärt <strong>der</strong><br />

österreichische Journalist Robert Misik wie folgt: „Klimaschutz ist hot, o<strong>der</strong>, was auch<br />

e<strong>in</strong> schönes Wortspiel ergibt: cool. Das Thema Ökologie, das sehr deutsch <strong>und</strong> auf<br />

engen Bahnen se<strong>in</strong>en Weg um den Erdball begonnen hat - mit Verbots− <strong>und</strong><br />

Verzichtsjargon, Gegen−Lifestyle <strong>und</strong> Technikskepsis -, kommt nun sehr amerikanisch<br />

wie<strong>der</strong> zurück: als breite Enterta<strong>in</strong>mentwelle, mit viel Schick <strong>und</strong> e<strong>in</strong>em großen Löffel<br />

Wohlfühlrhetorik. Statt des übellaunigen »Wir müssen uns bescheiden« jetzt das<br />

ermunternde »Wir können es schaffen«. Heute heißt es nicht mehr »Jute statt Plastik«,<br />

son<strong>der</strong>n Hybridauto statt Benz<strong>in</strong>st<strong>in</strong>ker.“ 357<br />

Der LOHAS wird also durch unterschiedliche Werthaltungen <strong>und</strong> Milieus konstituiert.<br />

Dabei unterstreichen hauptsächlich Postmaterielle, aber auch angrenzende<br />

Experimentalisten <strong>und</strong> Teile <strong>der</strong> Bürgerlichen Mitte, dass <strong>Bio</strong> e<strong>in</strong>en hohen Stellenwert <strong>in</strong><br />

punkto nachhaltigem Wirtschaften e<strong>in</strong>nimmt. Hedonisten, Etablierte <strong>und</strong> e<strong>in</strong> weiterer<br />

Teil <strong>der</strong> bürgerlichen Mitte stellen h<strong>in</strong>gegen den Aspekt <strong>der</strong> <strong>in</strong>dividuellen, körperlichen<br />

Ges<strong>und</strong>heit <strong>in</strong> den Vor<strong>der</strong>gr<strong>und</strong>. Die recht unterschiedlichen Werte <strong>und</strong> Motivationen,<br />

die sich h<strong>in</strong>ter den Gruppierungen verbergen, aber auch das Geme<strong>in</strong>same, verdeutlicht<br />

vielleicht folgende Grafik.<br />

357 Misik 2007


-88-<br />

In <strong>der</strong> Analyse <strong>der</strong> B<strong>und</strong>estagswahl 2005 konnte festgestellt werden, dass Bündnis<br />

90/Die Grünen über e<strong>in</strong> ähnliches Wählerprofil wie die FDP verfügen. Berufstätige<br />

Wähler waren bei den Liberalen (55%) <strong>und</strong> den Bündnisgrünen (57%) deutlich<br />

überrepräsentiert, wie auch Wähler mit mittlerer <strong>und</strong> hoher Bildung. 358 Über die LOHAS-<br />

Pole <strong>und</strong> die sie auszeichnenden Werte sche<strong>in</strong>t e<strong>in</strong>e „überparteiliche“<br />

Anschlussmöglichkeit vorzuliegen. Das Wähler-Profil deckt sich dann auch mit den<br />

Erhebenungen <strong>der</strong> „<strong>Bio</strong>-Shopper-Studie“ / Information Resources GmbH. Danach war<br />

<strong>der</strong> <strong>Bio</strong>-Konsument im Jahre 2006 weiblich (61,1%), <strong>in</strong> allen Altersklassen ungefähr<br />

gleich vertreten (mit e<strong>in</strong>em leichten Vorteil bei den über 50jährigen) <strong>und</strong> zumeist<br />

Angestellter (31%, 16,8% waren Rentner). 359<br />

Die hybride Konstruktion <strong>der</strong> LOHAS-Gesamtwerthaltung spiegelt sich <strong>in</strong> <strong>der</strong> Studie von<br />

Thomas Perry/S<strong>in</strong>us Sociovision wi<strong>der</strong>. Perry unterscheidet hier e<strong>in</strong>erseits zwischen<br />

„<strong>Bio</strong>“ e<strong>in</strong>erseits mit den „Beigaben“ Geschmack, Genuss, S<strong>in</strong>nlichkeit <strong>und</strong> Egoismus<br />

sowie „Öko“ an<strong>der</strong>erseits, das durch die Attribute moral correctness, rational,<br />

358 Jesse 2005, Kapitel 2.7<br />

359 BSS 2006. Das deckt sich <strong>in</strong> etwa mit <strong>der</strong> Charakteristik <strong>der</strong> Nutzer von <strong>Bio</strong>-onl<strong>in</strong>e-communities wie<br />

www.naturkost.de im gleichen Zeitraum. Gut 72% waren weiblich, über 60% hatten Abitur, e<strong>in</strong> Drittel e<strong>in</strong><br />

Hochschulstudium. Vgl. Müller 2005, S. 64


-89-<br />

altruistisch <strong>und</strong> lustfe<strong>in</strong>dlich charakterisiert wird. 360 Das deckt sich mit unseren<br />

Verortungen im Wertekreis. „<strong>Bio</strong>“ <strong>und</strong> „Öko“ haben an<strong>der</strong>e Gr<strong>und</strong>-Wertigkeiten, das<br />

gleiche Produkt wird differierend wahrgenommen <strong>und</strong> e<strong>in</strong>geordnet.<br />

In <strong>der</strong> sich nun anschließenden Grafik wurden die von <strong>der</strong> „Gesellschaft für<br />

Konsumforschung (GfK) erarbeiteten Ernährungs-Typen 361 verortet, wobei wir<br />

alternative Bezeichnungen gewählt haben. Alle Angaben beziehen sich auf den<br />

gesamten Lebensmittelmarkt, ökologische <strong>und</strong> konventionelle Produktion zusammen.<br />

Der Umsatz an Produkten aus ökologischer Landwirtschaft hat <strong>in</strong> Deutschland e<strong>in</strong>en<br />

Anteil von zwischen 3% <strong>und</strong> 5% am Gesamt-Lebensmittelmarkt, aber e<strong>in</strong>en Anteil von<br />

mehr als 30% am Europäischen <strong>Bio</strong>-Lebensmittelmarkt. 362 Etwa 40% aller<br />

Konsumenten können aus verschiedenen Gründen zur erweiterten <strong>Bio</strong>-Bezugsgruppe<br />

gezählt werden. 363<br />

360 Perry 2007, S. 2<br />

361 CC 07, S. 30<br />

362 Eichholz 2008<br />

363 Vgl. Spiller 2006, S. 7


-90-<br />

Im unteren „Health-Pool“ wird <strong>der</strong> zentrale Wert <strong>der</strong> „Ges<strong>und</strong>heit“ hauptsächlich<br />

<strong>in</strong>dividuell-körperlich <strong>und</strong> nicht ganzheitlich <strong>in</strong>terpretiert, wie es beispielsweise e<strong>in</strong> (nicht<br />

immer unproblematischer) Begriff <strong>der</strong> ges<strong>und</strong>en Böden o<strong>der</strong> <strong>der</strong> ges<strong>und</strong>en Umwelt<br />

vorsehen würde. „Ges<strong>und</strong>heit“ f<strong>in</strong>det sich nach dieser Interpretation ergo im Bereich <strong>der</strong><br />

Selbststeigerungs-Werte.<br />

Nach e<strong>in</strong>er Studie von Eurostat gehören <strong>in</strong>dividuelle Ges<strong>und</strong>heit (99%) <strong>und</strong> Familie<br />

(97%) für alle Europäer zu den wichtigsten Aspekten im eigenen Leben. 364<br />

Dementsprechend stieg im Zeitraum von 2002 bis 2005 <strong>der</strong> auf die Segmente<br />

Convenience, Genuss <strong>und</strong> Wellness entfallende Anteil an den gesamten Food- <strong>und</strong><br />

Getränkeausgaben von knapp 30 auf fast 40 Prozent mit e<strong>in</strong>em Gesamtmarktvolumen<br />

von mehr als 60 Milliarden Euro. 365 Trotzdem die an E<strong>in</strong>kommen schwachen Haushalte<br />

sukzessive zunehmen, 366 wird <strong>der</strong> Trend zu mehr „Wohlfühl-Ausgaben“ <strong>und</strong> „Anti-<br />

Ag<strong>in</strong>g“ 367 verstärkt durch den Wunsch nach vorwiegend qualitätsorientiertem E<strong>in</strong>kauf. 368<br />

So konnte auch <strong>der</strong> Markt für Functional Food - Nahrungsmittel, die mit zusätzlichen<br />

Inhaltsstoffen angereichert werden <strong>und</strong> e<strong>in</strong>en positiven Effekt auf die Ges<strong>und</strong>heit haben<br />

sollen – deutlich zulegen. Attribute wie beispielsweise natürlich, probiotisch,<br />

zuckerreduziert/-frei, fettreduziert/-frei, diätetisch, vollwertig <strong>und</strong> frisch 369 s<strong>in</strong>d für die<br />

„Health“- Konsumentenklientel am wirksamsten.<br />

Etwa für e<strong>in</strong> Drittel aller Haushalte ist ges<strong>und</strong>e Nahrung wichtig, doch nur e<strong>in</strong> fünftel –<br />

das Segment <strong>der</strong> Premium-Konsumenten – zeigt sich so überzeugt, dass es<br />

regelmäßig Ges<strong>und</strong>heitsprodukte e<strong>in</strong>kauft <strong>und</strong> dabei überproportional, nämlich zu gut<br />

25%, am Gesamtumsatz von Ges<strong>und</strong>heitsprodukten beteiligt ist. 370 Der Anteil <strong>der</strong> <strong>Bio</strong>-<br />

Kernkäufer <strong>und</strong> die Ausgaben für <strong>Bio</strong>-Produkte s<strong>in</strong>d bei den Premium-Konsumenten am<br />

zweithöchsten. Diejenigen Premium-Konsumenten, die <strong>Bio</strong>-Käufer s<strong>in</strong>d, verb<strong>in</strong>den mit<br />

<strong>Bio</strong> nicht nur Ges<strong>und</strong>heit. <strong>Bio</strong> als qualitativ wie preislich hochwertiges Lebensmittel ist<br />

364 Carballo 2007<br />

365 CC 05, S. 7<br />

366 CC 07, S. 16<br />

367 So kann es nicht verw<strong>und</strong>ern, dass die <strong>Bio</strong>-Überzeugten, die für die wachsende Nachfrage <strong>der</strong> letzten<br />

Jahre ausschlaggebend waren, laut GfK älter, f<strong>in</strong>anzstark <strong>und</strong> <strong>in</strong> ihren E<strong>in</strong>kaufsgewohnheiten<br />

fachhandelsorientiert s<strong>in</strong>d; vgl. CC 07, S. 39ff.<br />

368 CC 07, S. 14<br />

369 Vgl. CC 07, S. 35<br />

370 CC 07, S. 39


-91-<br />

für sie gleichzeitig Ausdruck des Erfolges wie auch des Genusses. Nicht zuletzt<br />

erwartet sich <strong>der</strong> Premium-Konsument e<strong>in</strong>e optimale Leistungssteigerung, die<br />

Wie<strong>der</strong>herstellung <strong>der</strong> eigenen Kraft für den täglichen Wettbewerb.<br />

E<strong>in</strong> Teil <strong>der</strong> „Experimentellen“ sieht <strong>in</strong> <strong>Bio</strong> e<strong>in</strong>e stimulierende Abwechslung im<br />

Speiseplan. Neu entdeckte alte Sorten – wie beispielsweise Emmer-Bier - machen<br />

sowohl <strong>in</strong> punkto Geschmack als auch <strong>in</strong> Fragen <strong>der</strong> Verarbeitung neugierig. Das<br />

Erlebnis <strong>und</strong> die „Leistung“ <strong>der</strong> Ware stehen hier im Vor<strong>der</strong>gr<strong>und</strong>. Aber auch Flexibilität<br />

– es kann, aber es muss nicht immer <strong>Bio</strong> se<strong>in</strong> – die Freiheit nimmt sich dieser Teil <strong>der</strong><br />

Experimentellen. Der an<strong>der</strong>e Teil dieser Bezugsgruppe rechnet sich eher zu den Eco-<br />

Flux, die im übernächsten Kapitel behandelt werden.<br />

Die Geld- o<strong>der</strong> Zeitknappen stufen entwe<strong>der</strong> Ernährung o<strong>der</strong> den E<strong>in</strong>kauf als<br />

zweitrangig e<strong>in</strong>. Knappheit führt zu e<strong>in</strong>em Bedarf an Komplexitätsreduktion <strong>und</strong><br />

Simplifizierung. Unter den - am Steuerungsmedium <strong>der</strong> Ökonomie – „Geld“-Knappen<br />

f<strong>in</strong>den sich paradoxerweise Konsum-Materialisten, die mithalten <strong>und</strong> „trendy“ se<strong>in</strong><br />

möchten. Der Fokus liegt auf dem E<strong>in</strong>kauf als soziales Phänomen, weniger auf <strong>der</strong><br />

Ernährung.<br />

Auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite stehen die an Zeit „Armen“. Nach e<strong>in</strong>er GfK-Studie gehören 36<br />

Prozent <strong>der</strong> deutschen Verbraucher zu dieser Gruppierung, von denen wie<strong>der</strong>um 39<br />

Prozent den E<strong>in</strong>kauf von Lebensmitteln/Getränken als lästig empf<strong>in</strong>den. 371<br />

Ökologisches E<strong>in</strong>kaufshandeln nimmt ab, wenn Konsumenten sich unter Zeitdruck<br />

sehen beziehungsweise Zeitersparnisse bei <strong>der</strong> Zubereitung von Nahrungsmitteln als<br />

nötig erachten. 372 60 Prozent <strong>der</strong> Frauen im erwerbstätigen Alter gehen mittlerweile<br />

e<strong>in</strong>er Tätigkeit nach, womit – gepaart mit <strong>der</strong> Berufstätigkeit <strong>der</strong> Männer – das<br />

Nahrungs-Know-how für die Produktauswahl am Po<strong>in</strong>t of Purchase wie auch <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Küche s<strong>in</strong>kt. 373 Damit wandeln sich die vergesellschaftende Rhythmisierung des Alltags,<br />

Sitte, geme<strong>in</strong>same Tischgespräche, Benimmregeln sowie Austauschmöglichkeiten, die<br />

vorher während <strong>der</strong> Mahlzeiten bestanden.<br />

371 CC 05, S. 50<br />

372 Tanner 2002, S. 89. Das bestätigt <strong>in</strong>direkt auch die Studien von Bierhoff (1996, S. 396), wonach<br />

altruistisches Verhalten durch Stress, Gefährlichkeit, Zeit- <strong>und</strong> Materialverlust gehemmt wird.<br />

373 Vgl. Kirig 2007, S. 7


-92-<br />

Hier besteht jedenfalls e<strong>in</strong> enormes Potential für <strong>Bio</strong>-Convenience, denn, so belegt e<strong>in</strong>e<br />

KPMG-Studie aus 2006, 374 <strong>der</strong> <strong>Bio</strong>trend ist unmittelbar mit dem Convenience-Trend<br />

verb<strong>und</strong>en - <strong>der</strong> Umsatz im Convenience-Segment stieg zwischen 2002 <strong>und</strong> 2005 um<br />

ca. 31 Prozent. 375 In diesem Zusammenhang sollte auch die „Vorbildvariante“ <strong>der</strong><br />

Industriestaaten erwähnt werden. In Schwellenlän<strong>der</strong>n wie Indien o<strong>der</strong> Ch<strong>in</strong>a werden<br />

Fastfood <strong>und</strong> Fertigmahlzeiten immer beliebter. Im <strong>in</strong>dischen Mumbai beispielsweise<br />

lassen sich täglich 200.000 K<strong>und</strong>en das Curry an den Arbeitsplatz liefern. 376<br />

Die Ausblendung des gesellschaftlichen Mehrwerts von Nahrung wie auch <strong>der</strong><br />

Produktionsmethoden <strong>der</strong> Nahrung betont alle<strong>in</strong> den funktionalen Aspekt. „Functional<br />

Food“ - mit Zusatzstoffen wie Heilkräutern, Vitam<strong>in</strong>en, M<strong>in</strong>eralien versetzt – steigern<br />

diesen Aspekt. Da <strong>der</strong> Erfolg von <strong>Bio</strong> sich unter an<strong>der</strong>em auf den Anti-Ag<strong>in</strong>g-Trend <strong>der</strong><br />

90er Jahre zurückfahren kann, muß <strong>in</strong> diesem Zusammenhang bemerkt werden, dass<br />

<strong>der</strong> Konsum <strong>der</strong> angesprochenen Konsumententypen Zwecke mit bestimmten Mitteln<br />

verfolgt, die durchaus substituierbar s<strong>in</strong>d. Ges<strong>und</strong>heit, Krankheitsprävention o<strong>der</strong><br />

Genuss <strong>und</strong> sogar ethischen Mehrwert versprechen auch an<strong>der</strong>e existente wie sich<br />

abzeichnende Label, beispielsweise „functional food“, „CO2-frei“ (Emissionshandel)<br />

o<strong>der</strong> „Invitro“. Sie könnten <strong>Bio</strong> „ersetzen“, damit aber auch den gesellschaftlichen <strong>und</strong><br />

natürlichen Mehrwert e<strong>in</strong>er ökologischen Landwirtschaft.<br />

Im Frühjahr 2008 fand beispielsweise die weltweit erste Konferenz zum Thema „In Vitro<br />

Meat“ – Laborfleisch – statt. Die Forscher prognostizieren, dass <strong>der</strong> Konsument <strong>in</strong> fünf<br />

bis zehn Jahren künstlich hergestelltes Hackfleisch, Chicken Nuggets <strong>und</strong> Leberwurst<br />

aus „Gewebezüchtung“ kaufen kann. Aus e<strong>in</strong>er tierischen Stammzelle können schon<br />

heute <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Nährschale Muskelzellen <strong>und</strong> wachstumsfähiges Gewebe gezüchtet<br />

werden. Anfänglich dünne Muskelfasern kann man durch leichte Stromstösse<br />

"tra<strong>in</strong>ieren" <strong>und</strong> zu dickeren Fasern heranwachsen lassen. Der nächste Schritt, <strong>und</strong><br />

daran bastelt man gerade, ist die Nährstoffversorgung mehrschichtiger Fasergebilde<br />

<strong>und</strong> die Komb<strong>in</strong>ation von Muskel- <strong>und</strong> Fettgewebe. Aus e<strong>in</strong>er e<strong>in</strong>zigen Zelle könnte man<br />

den weltweiten Fleischbedarf für e<strong>in</strong> ganzes Jahr herstellen, mit vorteilhaften<br />

Auswirkungen auf Tierschutz, Reduzierung von Bodenbelastung <strong>und</strong> Wasserverbrauch,<br />

374 Kreimer 2006, S. 32<br />

375 CC 05, S. 36<br />

376 Diese aus ernährungswissenschaftlicher Sicht verhängnisvolle Entwicklung (so Proell 2008), die als<br />

„Wandel im Ernährungsverhalten“ (nutrition transition) bezeichnet wird, führt weltweit zu e<strong>in</strong>em<br />

dramatischen Anstieg von Übergewicht <strong>und</strong> damit e<strong>in</strong>hergehenden Erkrankungen.


-93-<br />

denn für die Produktion von 100 Gramm R<strong>in</strong>dfleisch werden aktuell 7000 Liter Wasser<br />

verbraucht. 377 Unbestreitbar s<strong>in</strong>d dies immense Vorteile, 378 ganz zu Schweigen vom<br />

„Mythos <strong>der</strong> Re<strong>in</strong>heit“. Die mögliche Zukunft beschreibt Matthias Horx dann so: „Überall<br />

wird es geheime Restaurants geben, <strong>in</strong> denen man geschlachtete Tiere essen kann –<br />

zu horrenden Preisen, manchmal mit Ekelgefühlen, aber welch e<strong>in</strong> verbotener<br />

Genuss.“ 379<br />

Ges<strong>und</strong>heit hat aber nicht nur etwas mit den Inhaltsstoffen <strong>der</strong> Ernährung, mit<br />

<strong>in</strong>dividuell-körperlicher Ges<strong>und</strong>heit zu tun. Ges<strong>und</strong>heitliche Belastungen werden<br />

zunehmend ausgemacht <strong>in</strong> beg<strong>in</strong>nendem Klimawandel, ansteigen<strong>der</strong> Lärmkulisse,<br />

Bewegungsarmut <strong>und</strong> Wasserverunre<strong>in</strong>igung ausgemacht. 380 Dazu kommen vom<br />

Lebensstil abhängige Krankheiten wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Karies, Krebs,<br />

Diabetes <strong>und</strong> Adipositas, letzteres <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e bei K<strong>in</strong><strong>der</strong>n <strong>und</strong> Jugendlichen. „Stress-<br />

Cop<strong>in</strong>g“-Krankheitsmodelle, Bor<strong>der</strong>l<strong>in</strong>e, Schizophrenie, „Burn-out“-Symptome <strong>und</strong><br />

posttraumatische Belastungsstörungen s<strong>in</strong>d nur e<strong>in</strong>ige Nennungen aus den rapide<br />

anwachsenden zivilisatorischen <strong>und</strong> psychosomatischen Erkrankungen. 381 Nach<br />

Analyse des Fehlzeiten-Reports, <strong>der</strong> vom Wissenschaftlichen Institut <strong>der</strong> AOK (WIdO)<br />

<strong>und</strong> <strong>der</strong> Universität Bielefeld herausgegeben wird, stieg die Zahl <strong>der</strong> Fälle mit<br />

psychischen Krankheiten seit 1996 um knapp 84%, wobei beson<strong>der</strong>s Frauen betroffen<br />

s<strong>in</strong>d. In <strong>der</strong> Rangliste <strong>der</strong> Männer nehmen psychische Gebrechen Platz sechs e<strong>in</strong>, <strong>in</strong><br />

377 Vgl. http://www.taz.de/1/zukunft/wissen/artikel/1/schoenes-neues-steak/?src=MC&cHash=047afb910e<br />

378 Bei e<strong>in</strong>er Milliardenbevölkerung wie <strong>in</strong> Indien können schon relativ kle<strong>in</strong>e Än<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong><br />

Gewohnheiten auf <strong>in</strong>dividueller Ebene erhebliche Folgen für die Lebensmittelwirtschaft haben. So wird <strong>in</strong><br />

Indien <strong>der</strong> E<strong>in</strong>fluss h<strong>in</strong>duistischer Ernährungsregeln schwächer, immer mehr Menschen entscheiden sich<br />

für e<strong>in</strong>e zum<strong>in</strong>dest nicht mehr streng vegetarische Lebensweise. Mo<strong>der</strong>ne In<strong>der</strong> können sich <strong>der</strong><br />

Verführungskraft preisgünstiger Chicken Tandooris an vielen Straßenecken auf Dauer offensichtlich nur<br />

schwer entziehen. Selbst <strong>der</strong> Verzehr von R<strong>in</strong>dfleisch nimmt zu – im H<strong>in</strong>duismus e<strong>in</strong> absolutes Tabu. Vgl.<br />

Proell 2008<br />

379 Horx 2002, S. 52. Da mit dem Mythos <strong>der</strong> Re<strong>in</strong>heit von „Invitro“ aber auch Anfor<strong>der</strong>ungen an die<br />

Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong> „das gute Gefühl“ beim Verzehr steigen, könnte diese Fleisch zum<strong>in</strong>dest aus <strong>der</strong> <strong>Bio</strong>-<br />

Produktion stammen.<br />

380 Je<strong>der</strong> e<strong>in</strong>zelne B<strong>und</strong>esbürger gab 2006 laut Statistischem B<strong>und</strong>esamt mehr als 3000 Euro für<br />

Arztrechnungen, Krankenhauskosten, Medikamente <strong>und</strong> Pflegdienste aus - Tendenz steigend. Zum<br />

umfassenden „Empowerment“ des Individuums gehört dann auch die (aus Kostengründen) staatlich<br />

<strong>in</strong>itiierte Emanzipation von <strong>der</strong> Macht des (staatlichen) mediz<strong>in</strong>ischen Apparates. Der E<strong>in</strong>zelne ist<br />

aufgefor<strong>der</strong>t, sich jenseits von Umwelt- <strong>und</strong> Arbeitsbed<strong>in</strong>gungen se<strong>in</strong>er eigenen genetischen Risiken<br />

bewusst zu werden <strong>und</strong> e<strong>in</strong>e entsprechende Lebensführung zu pflegen.<br />

381 Die Posttraumatische Belastungsstörung (Abk.: PTBS; engl.: Post-traumatic Stress Disor<strong>der</strong>, Abk.:<br />

PTSD) entsteht als e<strong>in</strong>e verzögerte o<strong>der</strong> protrahierte Reaktion auf e<strong>in</strong> belastendes Ereignis o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>e<br />

Situation kürzerer o<strong>der</strong> längerer Dauer, mit außergewöhnlicher Bedrohung o<strong>der</strong> katastrophenartigem<br />

Ausmaß, die bei fast jedem e<strong>in</strong>e tiefe Verzweiflung hervorrufen würde. PTBS wurde <strong>und</strong> wird bisher<br />

hauptsächlich aufgr<strong>und</strong> von Kriegstraumata diagnostiziert.


-94-<br />

<strong>der</strong> Rangliste <strong>der</strong> Frauen bereits Platz drei. 382 Da kann es nicht verw<strong>und</strong>ern, dass die<br />

Ges<strong>und</strong>heitsbranche Arbeitgeber Nummer e<strong>in</strong>s <strong>in</strong> Deutschland ist.<br />

„Health is created by car<strong>in</strong>g for oneself and others, by be<strong>in</strong>g able to take decisions and<br />

have control over one's life circumstances“, so die Ottawa Charter for Health Promotion<br />

<strong>der</strong> WHO. Selbstbestimmung, Identitätsmanagement wie körperliches Wohlbef<strong>in</strong>den<br />

bilden sozusagen e<strong>in</strong>e ganzheitliche Ges<strong>und</strong>heits-Trias. Dementsprechend geht das<br />

„salutogenetische Modell“ des Soziologen Aaron Antonovsky davon aus, dass<br />

Menschen auf belastende Lebenssituationen (Stressoren) nur organismisch-<br />

konstitutionell (gutes Immunsystem), materiell (Geld, Arbeit, Wohnung), kognitiv<br />

(„symbolisches Kapital“ wie Intelligenz, Wissen <strong>und</strong> Bildung) o<strong>der</strong> emotional<br />

(Identitätsmanagement, soziale Unterstützung, zwischenmenschliche Beziehungen)<br />

reagieren können. 383 Für e<strong>in</strong>en ganzheitlichen Ges<strong>und</strong>heitsbegriff braucht man geistig-<br />

seelische Komponenten <strong>und</strong> von <strong>in</strong>nen kommende, <strong>in</strong>tr<strong>in</strong>sische Motivation. Ges<strong>und</strong>heit<br />

hängt mit <strong>in</strong>novativer Kraft zusammen, im S<strong>in</strong>ne Edisons, für den e<strong>in</strong>e Innovation nichts<br />

an<strong>der</strong>es war, als die Realität aus e<strong>in</strong>er an<strong>der</strong>en Perspektive zu sehen. 384 Damit aber<br />

gibt es durchaus jenseits <strong>der</strong> (verbraucherpolitisch nachvollziehbaren aber bürokratisch<br />

überregulierenden) Health-Claims VO 385 für die mit dem ökologischen <strong>Landbau</strong><br />

verb<strong>und</strong>ene Wertschöpfungskette Möglichkeiten, umfassend <strong>und</strong> ganzheitlich auf<br />

Ges<strong>und</strong>heit zu rekurrieren. 386<br />

Individuen werden <strong>in</strong> <strong>der</strong> Zukunft aufgr<strong>und</strong> ihrer mannigfaltigen B<strong>in</strong>dungen <strong>und</strong><br />

Situationen weit mehr e<strong>in</strong> gel<strong>in</strong>gendes Identitätsmanagement, <strong>in</strong>tr<strong>in</strong>sische Zufriedenheit<br />

brauchen, was die vom Shanghaier Verkehrsnetz <strong>in</strong>spirierte „Trend Map“ des US-<br />

Zukunftsforschers Richard Watson durch die maßgeblichen fünf Trendrubriken belegt:<br />

382 Vgl. http://www.heise.de/tp/blogs/3/120653<br />

383 Keupp 2008, S. 19ff.<br />

384 In Kotler 2005, S. 108<br />

385 Detlev Groß, Geschäftsführer <strong>und</strong> Bereichsleiter „Recht, Wettbewerb, Verbraucher- <strong>und</strong> Umweltpolitik“<br />

des Hauptverbandes des Deutschen E<strong>in</strong>zelhandels, sieht zudem <strong>in</strong> <strong>der</strong> Health-Claim VO Zielkonflikte<br />

zwischen Verbraucherschutz <strong>und</strong> Innovationskraft enthalten. Durch zu viele Grauzonen seien<br />

Streitpunkte vorprogrammiert, zudem stellt die VO e<strong>in</strong>e beson<strong>der</strong>e Belastung für den Mittelstand <strong>und</strong> die<br />

KMU dar, was auch „Abmahnvere<strong>in</strong>en“ neue Spielwiesen bescheren könnte. Vgl. Groß 2008<br />

386 Erstaunlich ist <strong>in</strong> diesem Kontext <strong>und</strong> angesichts <strong>der</strong> Verortung <strong>der</strong> IFOAM-Leitwerte im f<strong>und</strong>ierten<br />

Wertekreis, dass e<strong>in</strong>e <strong>in</strong> Zusammenarbeit <strong>der</strong> Uni Siegen mit <strong>der</strong> IFOAM gestartete Image Kampagne<br />

Öko/<strong>Bio</strong> <strong>und</strong> damit die IFOAM zwischen Wellness, Urlaub, Freizeit, Familie, Fre<strong>und</strong>e, Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong><br />

Körperbewusstse<strong>in</strong> positionieren möchte – <strong>in</strong> <strong>der</strong> Hauptsache Werte, die nicht den Leitwerten <strong>der</strong> IFOAM<br />

entsprechen, nicht mal dem Wertesektor, ja gar als hedonistisch-stimulative Werthaltungen diametral<br />

entgegengesetzt s<strong>in</strong>d. Vgl. UniSiegen/IFOAM 2008


-95-<br />

Virtual worlds, Digitalisation, Globalisation, Age<strong>in</strong>g, Anxiety. 387 Natürlich ist Zukunft<br />

evolutionär offen <strong>und</strong> nicht determ<strong>in</strong>iert, so dass auch <strong>in</strong> <strong>der</strong> Trendmap Trends<br />

zusammen mit Gegentrends gedacht <strong>und</strong> sich <strong>in</strong>sofern paradoxe Konstellationen<br />

ergeben. Die Trendrubrik „Angst“ ist angesichts <strong>der</strong> Erosion vieler<br />

„Selbstverständlichkeiten“ <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er globalen Welt <strong>und</strong> den damit verb<strong>und</strong>enen<br />

identitären Verunsicherungen nicht ganz von <strong>der</strong> Hand zu weisen. Das<br />

verplausibilisieren bereits die vielen paradoxen Entwicklungsstränge.<br />

387 http://www.nowandnext.com/PDF/trend_blend_2008_map.pdf


1. Weltmarkt <strong>der</strong> fraktalen Märkte<br />

-96-<br />

a. S<strong>in</strong>gle global currency, Industry convergence, End of low-cost <strong>in</strong>puts,<br />

Economic Recession, Food <strong>in</strong>flation, Corporate Power<br />

b. Personalisation, attention Economy, Shortage of talent, Private currencies,<br />

Deregulation, p2p lend<strong>in</strong>g, digital money, Polarisation of markets,<br />

Monol<strong>in</strong>es, Industrial provenance, Enterprise 2.0, Speed<strong>in</strong>g-up<br />

2. Globalregierung <strong>der</strong> Regionen <strong>und</strong> Tribalisierungen<br />

a. Global vot<strong>in</strong>g, Device Convergence, Immigration<br />

b. Re-localisation, Mobile devices, NGO Power, Public-private partnerships,<br />

Anti-<strong>in</strong>cumbent elections, Urbanisation, Xenophobia, Tribalism,<br />

Nationalism<br />

3. Geme<strong>in</strong>schaft <strong>der</strong> Individuen<br />

a. Boomerang kids, Power shifts eastwards, Chime liquidity, ch<strong>in</strong>es liquidity,<br />

death of cash, social networks, web 2.0, Physiological Neoteny,<br />

Rhythm&Balance, extended f<strong>in</strong>ancial families, blended families, same sex<br />

couples<br />

b. Individualism, Labour migration, Female chauv<strong>in</strong>ism, decl<strong>in</strong><strong>in</strong>g fertility,<br />

s<strong>in</strong>gle person households, fragmented families, middle class unrest,<br />

downshift<strong>in</strong>g<br />

3.1. Die „e<strong>in</strong>e Welt“ <strong>der</strong> Milliarden Welten<br />

c. The Environment; Climate Flux<br />

d. Fantasy&Escape, Prediction markets, Voter antipathy, Nostalgia,<br />

Celebrity politicians<br />

3.2. Mensch/Technik-Symbiose als Form „neuer E<strong>in</strong>fachheit“<br />

e. Nanotech, <strong>Bio</strong>tech, Genetic Eng<strong>in</strong>eer<strong>in</strong>g, ubiquitous connectivity,<br />

Geospatial web, Embedded <strong>in</strong>telligence, Artifical <strong>in</strong>telligence, RFID, too<br />

much <strong>in</strong>formation, Aggretion, Reality m<strong>in</strong><strong>in</strong>g, Humans 2.0,<br />

Techophobia, networked risk<br />

f. Simplicity, VOIP, 3-D-pr<strong>in</strong>ters, data visualisation, Robotics, Wireless,<br />

place shift<strong>in</strong>g, time shift<strong>in</strong>g, Onl<strong>in</strong>e video, Artifical body parts, virtual<br />

protest


-97-<br />

Für Matthias Horx <strong>und</strong> etliche an<strong>der</strong>e Zukunftsforscher ist „Asien“ e<strong>in</strong> Megatrend <strong>der</strong><br />

nächsten Jahrzehnte. 388 Ch<strong>in</strong>a wird dabei e<strong>in</strong>e beson<strong>der</strong>e Rolle spielen. In Ch<strong>in</strong>a ist<br />

das Wort für Krise „weiji“ – die „gefahrvolle Chance“. 389 Geme<strong>in</strong>sam mit „te se“ –<br />

beson<strong>der</strong>e Farbe, e<strong>in</strong> Liebl<strong>in</strong>gsausdruck von Deng Xiaop<strong>in</strong>g – me<strong>in</strong>t dies e<strong>in</strong>e generelle<br />

Offenheit für Neues, das aber immer unter Berücksichtigung ch<strong>in</strong>esischer E<strong>in</strong>färbung<br />

rezipiert <strong>und</strong> implantiert werden sollte. 390 Dieses Denken f<strong>in</strong>det sich bereits <strong>in</strong> den <strong>in</strong><br />

Ch<strong>in</strong>a äußert populären Strategemen (sanshiliu ji) des General Tan Daoji aus dem 5.<br />

Jahrh<strong>und</strong>ert vor unserer Zeitrechnung, zum Beispiel im Strategem Nr. 16 „Will man<br />

fangen, muss man zunächst loslassen“ wie auch im Strategem Nr. 30 „Gast <strong>und</strong><br />

Gastgeber sollen die Plätze tauschen“. 391 Identität im Wandel – <strong>und</strong> damit das<br />

asiatische Beziehungs-Konzept 392 – wie auch Wandel <strong>der</strong> Identität – was eher dem<br />

westlich-<strong>in</strong>dividualistischen Ansatz entspricht – lassen sich vere<strong>in</strong>en.<br />

Diese beiden Charakterisierungen im Umgang mit Identität treffen auch auf die dem<br />

„Eco-Heritage“ nahestehenden Konsumententypen zu, den postmateriellen „Eco-Flux“ –<br />

e<strong>in</strong>e Komb<strong>in</strong>ation <strong>der</strong> Food-Typen „Postmaterielle“ <strong>und</strong> „Experimentelle“ - wie auch den<br />

relationalen „Eco-B<strong>in</strong>d“ – e<strong>in</strong>e Komb<strong>in</strong>ation <strong>der</strong> von „Mutter-Regional-Küche“ mit den<br />

„Anspruchslosen“. Selbstverständlich f<strong>in</strong>den sich diese Haltungen nicht nur am „Po<strong>in</strong>t of<br />

Purchase“, son<strong>der</strong>n über die gesamte Wertschöpfungskette h<strong>in</strong>weg.<br />

Eco-Flux<br />

BIO<br />

(Heritage)<br />

Eco-B<strong>in</strong>d<br />

388 Horx 1996, S. 156<br />

389 Weggel 1999, S. 40<br />

390 Weggel 1999, S. 31<br />

391 Vgl. Senger 1996, S. 22ff.<br />

392 In Asien ist noch das „Wir“ <strong>in</strong> <strong>der</strong> Familie o<strong>der</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> gesellschaftlichen Zelle „danwei“, die Pflichten<br />

des E<strong>in</strong>zelnen <strong>und</strong> statt Konflikt <strong>der</strong> Konsens tonangebend.


-98-<br />

3.2. Der Eco-B<strong>in</strong>d – stetige Identität im Wandel<br />

Für die hier situierten Wertehaltungen stellvertretend die Aussage des<br />

Zukunftswissenschaftlers Horst Opaschowski: „In unserer sogenannten<br />

»Multioptionsgesellschaft« regieren doch Austauschbarkeit, Beliebigkeit, Rastlosigkeit,<br />

Maßlosigkeit <strong>und</strong> zunehmend auch B<strong>in</strong>dungslosigkeit. Soziale Sicherheit, soziale<br />

Gerechtigkeit <strong>und</strong> soziale Verantwortlichkeit drohen auf <strong>der</strong> Strecke zu bleiben.“ 393<br />

Radikale Enttraditionalisierung <strong>der</strong> Lebensformen verstärkt den Wunsch nach Klarheit,<br />

Überschaubarkeit, E<strong>in</strong>fachheit. 394 Dementsprechend wachsen Bedürfnisse wie<br />

„Aufgehobense<strong>in</strong> <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Geme<strong>in</strong>schaft, die dem Ich Selbstwert <strong>und</strong> Stärke<br />

vermittelt, 395 o<strong>der</strong> jenes <strong>der</strong> „nachgeahmten Substantialität“, <strong>der</strong>en Unbefragtheit <strong>und</strong><br />

Unverfügbarkeit jene Sicherheit zurückgeben sollen, die <strong>der</strong> „aufgeklärte Wahn freier<br />

Selbstbestimmung“ 396 e<strong>in</strong>st genommen hatte. Die Deutschen suchen beispielsweise<br />

nach wie vor Heimat <strong>und</strong> Zugehörigkeit im engen sozialen Kreis, wünschen sich<br />

Sicherheit <strong>und</strong> Stabilität. Doch, wie S<strong>in</strong>us Sociovision bestätigt: 397 Während <strong>in</strong> den<br />

letzten Jahren <strong>der</strong> Rückzug <strong>in</strong> den Inner Circle dom<strong>in</strong>ierte, werden nun vorsichtige<br />

Entwicklungs- <strong>und</strong> Eroberungsstrategien sichtbar. 398<br />

Soziale Verhältnisse von starker personaler Differenziertheit <strong>und</strong> Individualisierung<br />

gestatten <strong>und</strong> for<strong>der</strong>n stattdessen das Geheimnis <strong>und</strong> umgekehrt trägt <strong>und</strong> steigert das<br />

Geheimnis solche Differenziertheit. 399 In e<strong>in</strong>er verme<strong>in</strong>tlich entzauberten Welt 400 hat das<br />

Geheime wie<strong>der</strong> Konjunktur, denn „was wir bis auf den letzten Gr<strong>und</strong> deutlich<br />

durchschauen, zeigt uns eben damit die Grenze se<strong>in</strong>es Reizes, <strong>und</strong> verbietet <strong>der</strong><br />

393 Opaschowski 2004, S. 380<br />

394 Der Soziologe Ronald Hitzler bezeichnet dies etwas provokant als „moralische Omnipräsenz von<br />

technophoben Jammergeme<strong>in</strong>schaften, therapeutischen Selbstsuchern <strong>und</strong> ideologischen Heilsf<strong>in</strong><strong>der</strong>n,<br />

professionellen Benachteiligungssprechern <strong>und</strong> emanzipativen Klagevirtuosen, die sich <strong>in</strong> immer neuen<br />

E<strong>in</strong>spruchs- <strong>und</strong> Verh<strong>in</strong><strong>der</strong>ungskoaltitionen zu punktuellen <strong>und</strong> situativen Wi<strong>der</strong>ständen gruppieren.“<br />

Hitzler/Koenen 1994, S. 450<br />

395 Keupp 1994, S. 341<br />

396 So <strong>der</strong> Münchner Soziologe Elmar Konen <strong>in</strong> Hitzler/Koenen 1994, S. 456<br />

397 http://www.s<strong>in</strong>us-sociovision.de/Download/Management-Summary_S<strong>in</strong>us-Trendreport-2008.pdf<br />

398 Marlboro, zum Beispiel, hat <strong>in</strong> diesen Milieus schon immer punkten können, denn die Marke<br />

kommuniziert domestizierte <strong>und</strong> kontrollierte Genuß-Freiheiten <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em weitgehend reglementierten <strong>und</strong><br />

konservativen Alltag; vgl. Grünewald 2006, S. 4<br />

399 Simmel 1999, S. 410<br />

400 Weber 1980, S. 308


-99-<br />

Phantasie, ihre Möglichkeiten dar<strong>in</strong> zu weben, für <strong>der</strong>en Verlust ke<strong>in</strong>e Wirklichkeit uns<br />

entschädigen kann.“ 401<br />

So wird die Natur aktuell neu entdeckt, als etwas Unvertrautes, beispielsweise als<br />

Quelle <strong>der</strong> Spiritualität. Das Geheimnis soll dabei nicht bis <strong>in</strong>s Molekül ergründet<br />

werden, denn damit stirbt es. Natur als das, was »webt <strong>und</strong> strebt«. 402 Das Geheimnis<br />

als kultureller Prozess „bietet sozusagen die Möglichkeit e<strong>in</strong>er zweiten Welt neben <strong>der</strong><br />

offenbaren […] Die geschichtliche Entwicklung <strong>der</strong> Gesellschaft ist <strong>in</strong> vielen Teilen<br />

dadurch bezeichnet, dass früher Offenbares <strong>in</strong> den Schutz des Geheimnisses tritt, <strong>und</strong><br />

dass umgekehrt früher Geheimes dieses Schutzes entbehren kann <strong>und</strong> sich<br />

offenbart.“ 403<br />

Zum „Geheimnisvollen“ <strong>der</strong> Gegenwart gehört – den Werthaltungen <strong>der</strong> Eco-B<strong>in</strong>d<br />

entsprechend - das „Cocoon<strong>in</strong>g“, <strong>in</strong> dem das „Unbehagen an <strong>der</strong> Mo<strong>der</strong>ne“, das sich an<br />

glatten, kühlen, technologischen Umwelten manifestiert, <strong>in</strong>s Privatissimum gezogen<br />

wird. Hier können „High-Tech“ wie „High-Touch“ <strong>in</strong> vertrauter, warmer Atmosphäre<br />

<strong>in</strong>tegriert werden <strong>und</strong> die Formen virtueller Körperlosigkeit sich wie von selbst mit<br />

traditionell-religiösen Vorstellungen <strong>in</strong>kludieren. 404<br />

Der Weg zu mehr Körperlosigkeit <strong>und</strong> Virtualität wird dabei von immer<br />

bedeutungsvolleren an<strong>der</strong>en „virtuellen Arealen“ – Werte, Ethiken, Moral, Gefühle,<br />

Emotionen – begleitet. Hier f<strong>in</strong>den sich so genannte „Geschützte Werte“, die – so die<br />

Schweizer Psycholog<strong>in</strong> Carmen Tanner - von e<strong>in</strong>er Geme<strong>in</strong>schaft als absolut gesehen<br />

<strong>und</strong> deshalb nicht geopfert <strong>und</strong> gegen an<strong>der</strong>e Werte e<strong>in</strong>getauscht werden dürfen. 405<br />

Man geht von e<strong>in</strong>er zeitunabhängigen Welt absoluter, erkennbarer Ideen <strong>und</strong> Werte<br />

aus. Personen mit Geschützten Werten reagieren weniger sensibel auf kontextuelle<br />

401<br />

Simmel 1999, S. 404. Der zunehmende Voyeurismus entspr<strong>in</strong>gt ebenso dem Interesse an e<strong>in</strong>em<br />

Geheimnis.<br />

402<br />

Heidegger 2001, S. 70<br />

403<br />

Simmel 1999, S. 406<br />

404<br />

Zeitgemäß kann sich hier das „Empyreum“ <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em säkularen, technologisch akzeptierten Format <strong>der</strong><br />

Körperlosigkeit f<strong>in</strong>den, vgl. Wertheim 2002, S. 26. John Perry Barlow, Internetpionier <strong>und</strong> Begrün<strong>der</strong> <strong>der</strong><br />

„Electronic Frontier Fo<strong>und</strong>ation“, schreibt beispielsweise über den „Cyberspace“: „Ours is a world that is<br />

both everywhere and nowhere, but it is not where bodies live. We are creat<strong>in</strong>g a world that all may enter<br />

without privilege or prejudice accorded by race, Economic power, military force, or station of birth. We are<br />

creat<strong>in</strong>g a world where anyone, anywhere may express his or her beliefs, no matter how s<strong>in</strong>gular, without<br />

fear of be<strong>in</strong>g coerced <strong>in</strong>to silence or conformity.” So Barlow 1996<br />

405<br />

Tanner 2008, S. 172


-100-<br />

Verän<strong>der</strong>ungen, behalten ihr auf den geschützten Werten basierendes Handeln bei,<br />

selbst wenn damit höhere Kosten verb<strong>und</strong>en <strong>und</strong> die Aussicht auf Erfolg m<strong>in</strong>imal ist. 406<br />

Beispiele für diese geschützten Werte f<strong>in</strong>den sich <strong>in</strong> Tradition, Religion <strong>und</strong><br />

Raumstruktur. Als Beispiel für Haltungen aus diesem Spektrum steht die Stimme e<strong>in</strong>es<br />

biologisch-dynamischen Hoferben: „„Ich stand <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er doppelten Tradition, was e<strong>in</strong><br />

Doppelpack war für mich als Mensch. Und zwar, <strong>in</strong> <strong>der</strong> Landwirtschaft... geboren zu<br />

se<strong>in</strong>, e<strong>in</strong>en Hof übernehmen zu müssen, im Gr<strong>und</strong>e ohne dass die Eltern sagen: du<br />

musst. Aber es ist e<strong>in</strong>fach e<strong>in</strong>e gewisse Verpflichtung, wenn man da aufgewachsen<br />

ist... Da se<strong>in</strong> Eigenes dar<strong>in</strong> zu f<strong>in</strong>den, ist unglaublich schwer... Ich hätte was an<strong>der</strong>es<br />

lernen können, selbstverständlich wollt ich das auch, aber die B<strong>in</strong>dung war zu stark...<br />

Und dann biologisch-dynamisch. Das heißt Kollegen, die umgestellt haben <strong>in</strong> dieser<br />

Zeit, die haben diesen Bruch geleistet.” 407<br />

Hier f<strong>in</strong>den sich also Gr<strong>und</strong>haltungen, die sich e<strong>in</strong>geb<strong>und</strong>en wissen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e<br />

Schöpfungsordnung: „Bäuerliche Menschen s<strong>in</strong>d »verwurzelt im Glauben« <strong>und</strong> im<br />

»christlich gelebten <strong>und</strong> gewachsenen Brauchtum« […] Bäuerliche Gr<strong>und</strong>haltung<br />

entsteht aus <strong>der</strong> Begegnung <strong>und</strong> dem Umgang mit dem Lebendigen“. 408<br />

Das Lebendige f<strong>in</strong>det sich im E<strong>in</strong>zugs- <strong>und</strong> Wirtschaftsbereich des Landwirts, <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Region, <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>der</strong> Landwirt verwurzelt ist. Regionalität steht dann für „Übersichtlichkeit,<br />

Klarheit, Geborgenheit <strong>und</strong> menschliche Wärme, das »Große« [dagegen für]<br />

Unübersichtlichkeit, Verwirrung, Entfremdung <strong>und</strong> Kältetod <strong>der</strong> Gefühle […] Das<br />

Kle<strong>in</strong>umhegte wird aber zugleich als Hort <strong>der</strong> Natürlichkeit im Gegensatz zu<br />

babylonischer Verkünstelung Garant <strong>der</strong> Stabilität im Kontrast zu rastloser Mobilität, als<br />

Bollwerk <strong>der</strong> »neuen« Genügsamkeit im Wi<strong>der</strong>streit zur wachstumstrunkenen<br />

Begehrlichkeit, <strong>der</strong> <strong>in</strong>neren Triebfe<strong>der</strong> <strong>der</strong> Industrie- <strong>und</strong> Konsumkultur, <strong>in</strong>terpretiert. Vor<br />

allem aber wird es im Zeichen jener Vorstellung von Mitte <strong>und</strong> Maß gesehen, <strong>der</strong> das<br />

abendländische Denken stets e<strong>in</strong>en so hohen Rang zuerkannte <strong>und</strong> die <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzung mit <strong>der</strong> – von e<strong>in</strong>er wachsenden Anzahl von Menschen als totalitär<br />

empf<strong>und</strong>enen – Industriekultur im Gewande e<strong>in</strong>es »ökologischen Humanismus« aufs<br />

neue epochale Bedeutung zu gew<strong>in</strong>nen sche<strong>in</strong>t,“ so <strong>der</strong> Münchner Rechts- <strong>und</strong><br />

406 Tanner 2008, S. 186<br />

407 In Schick 2009, S. 366<br />

408 Haberger 2007, S. 5


-101-<br />

Politikwissenschaftler Peter-Cornelius Mayer-Tasch. 409 Vertrautheit br<strong>in</strong>gt also auch<br />

Vertrauen hervor. 410<br />

Die „Korrelation von geographischer Lage <strong>und</strong> soziopolitischer Ordnung“ <strong>und</strong> damit e<strong>in</strong><br />

spezifisches „Bedürfnis nach Gelassenheit, Ordnung, Mitte <strong>und</strong> Maß“ 411 hat nicht an<br />

Bedeutung verloren. So bleibt auch die mo<strong>der</strong>ne Landwirtschaft bei E<strong>in</strong>satz aller<br />

technischen Möglichkeiten – noch – an die natürlichen Bed<strong>in</strong>gungen des Standortes<br />

geb<strong>und</strong>en, an den Raum mit se<strong>in</strong>en klimatischen <strong>und</strong> geologischen Gegebenheiten. 412<br />

E<strong>in</strong>e Vorliebe für Region <strong>und</strong> Beschränkung auf das Lebensnotwendige f<strong>in</strong>det sich bei<br />

den LOVOS, den „Lifestyle of Voluntary Simplicity“. Hier wird „<strong>Bio</strong>“ im S<strong>in</strong>ne Perrys zu<br />

„Öko“, hier f<strong>in</strong>det sich <strong>der</strong> eigentliche Kern-Support für den ökologischen <strong>Landbau</strong>, was<br />

die Nähe <strong>der</strong> Werthaltungen <strong>der</strong> Konsumenten zu jenen des ökologischen <strong>Landbau</strong>s<br />

belegt.<br />

Die asketische Haltung <strong>der</strong> LOVO lässt sich bis zur Wende zum 20. Jahrh<strong>und</strong>ert<br />

zurückführen, unter an<strong>der</strong>em auf die den ökologischen <strong>Landbau</strong> prägende<br />

Lebensreformbewegung. Das ethische Leitkonzept <strong>der</strong> „Freiwilligen E<strong>in</strong>fachheit“ wurde<br />

von Richard Gregg 1936 formuliert <strong>und</strong> zielt auf die Steigerung von Lebensqualität<br />

durch materielle Reduktion des Lebensstandards ab. Den LOVO bewegt <strong>der</strong> Wunsch<br />

nach mehr Zeit für die Familie, Abbau von Stress, materieller Übersättigung <strong>und</strong><br />

Medienflut <strong>und</strong> e<strong>in</strong>e dadurch geprägte Vorliebe für prov<strong>in</strong>zielle Regionen. 413<br />

<strong>Bio</strong> wird hier solidarisch unter dem Motto „Alles-was-Man-braucht“ wahrgenommen.<br />

Propagiert werden Suffizienz <strong>und</strong> Maßnahmen <strong>der</strong> ökologischen Konsistenz, <strong>in</strong> <strong>der</strong> es<br />

wie <strong>in</strong> <strong>der</strong> Natur nur weiterverwertbare Produkte gibt <strong>und</strong> ke<strong>in</strong>e Abfälle mehr, also<br />

geschlossene Kreisläufe. 414 Der LOVO-Lebensstil be<strong>in</strong>haltet ergo e<strong>in</strong>e<br />

umweltbewusste, regional ausgerichtete, vielseitige, vegetabile Ernährung. Wenn<br />

409 Vgl. Endress 2001, S. 190<br />

410 Zygmunt Bauman (1996, 657ff.) sieht die Regionalisierung/Glokalisierung als Begleitersche<strong>in</strong>ung <strong>der</strong><br />

Globalisierung: „Herrschaft besteht immer dar<strong>in</strong>, für sich selbst e<strong>in</strong> Höchstmaß an Bewegungsfreiheit <strong>und</strong><br />

Spielraum zu gew<strong>in</strong>nen, während man den Entscheidungsprozeß <strong>der</strong> beherrschten Seite <strong>in</strong> möglichst<br />

enge Grenzen e<strong>in</strong>zwängt.“<br />

411 Vgl. Mayer-Tasch 1994, S. 50 <strong>und</strong> S. 79<br />

412 Gottwald 2003/2, S. 271. Bereits Montesquieu bemerkte, dass <strong>der</strong> spezifische Geme<strong>in</strong>geist e<strong>in</strong>es<br />

Volkes sich aus Klima, Religion, Gesetzen, Staatsmaximen, Beispielen aus <strong>der</strong> Geschichte, Sitten <strong>und</strong><br />

Lebensstil zusammensetzt. Vgl. Montesquieu 2001, S. 266ff.<br />

413 Vgl. Horx 2002, S. 168<br />

414 Vgl. Scherhorn 2008, S. 3ff.


-102-<br />

Fleisch <strong>und</strong> Wurstwaren konsumiert werden, ist artgerechte <strong>und</strong> umweltbewusste<br />

Haltung Bed<strong>in</strong>gung. 415<br />

In das Spektrum des LOVO passt wohl auch <strong>der</strong> weit verbreitete Klassiker <strong>der</strong><br />

Selbstversorgung für „Realisten <strong>und</strong> Träumer“, John Seymour: „Es ist verrückt, sich von<br />

materiellen D<strong>in</strong>gen abhängig zu machen, wie es uns von <strong>der</strong> Warenwelt mit ihrer<br />

Habsucht e<strong>in</strong>getrichtert wird. Es ist allerhöchste Zeit, sich von D<strong>in</strong>gen zu<br />

verabschieden, die wir nicht brauchen, um e<strong>in</strong>facher <strong>und</strong> glücklicher zu leben. Gute<br />

Nahrungsmittel, bequeme Kleidung, solide Unterkunft <strong>und</strong> Bewahrung <strong>der</strong> eigenen<br />

Kultur – das ist alles, was zählt. Nur wenn wir gewöhnlichen Menschen die ausufernden<br />

mult<strong>in</strong>ationalen Konzerne boykottieren, die unsere Erde zerstören, werden wir e<strong>in</strong><br />

neues Zeitalter schaffen.“ 416<br />

Dementsprechend kann e<strong>in</strong> Protagonist <strong>der</strong> 70er-Jahre-Pioniere im ökologischen<br />

<strong>Landbau</strong> anführen: „„Der Gedanke von <strong>der</strong> Landwirtschaft war bei uns eigentlich total<br />

die Selbstversorgung. Also wir haben wirklich kaum Geld ausgegeben... Wir hatten so<br />

die Idee von damals, dass man sehr autark wirtschaftet, sehr im Kreislauf, unabhängig.<br />

Auszuprobieren, was kann man selbst machen auf allen Gebieten ... Ich hab auch<br />

damals von politischen Aktivitäten nichts gehalten. Ich muss was machen, was ich für<br />

richtig halte <strong>und</strong> wenn das für manche vorbildhaft ist, dann machen sie’s nach... Großes<br />

Ziel war immer, dass alle umstellen.“ 417 Und Franz Greif, Leiter <strong>der</strong> Abteilung<br />

Agrarpolitik, Landessoziologie <strong>und</strong> Agrarforschung <strong>der</strong> B<strong>und</strong>esanstalt für<br />

Agrarwirtschaft / Österreich, ergänzt im S<strong>in</strong>ne <strong>der</strong> LOVO-Haltungen selbstbewußt:<br />

„Gr<strong>und</strong>sätzlich hat ja das Pr<strong>in</strong>zip, dass <strong>der</strong> Mensch <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Leben dem Wesentlichen<br />

den Vorrang geben soll, mit e<strong>in</strong>em Streben nach „wertbewusstem“, „wertgerechtem“,<br />

„erfülltem“, „e<strong>in</strong>facherem“, „alternativem“ Leben viel – wenn nicht alles – geme<strong>in</strong>sam.“ 418<br />

Mit dem Typus „Klassische-Regional-Küche“ kommen wir zu e<strong>in</strong>em Food-Typus, <strong>der</strong><br />

trotz allmählicher Involvierung <strong>in</strong> die Umwelt- <strong>und</strong> <strong>Bio</strong>-Debatte noch enormes<br />

415 Vgl. Bierhoff 2005, S. 5<br />

416 Seymour 2003, S. 8. Die LOVOS machen aber deutlich, dass selbst eher traditionelle, konservative<br />

Haltungen bewusst „gemacht“, „hergestellt“ werden. Es sche<strong>in</strong>t hier das Diktum des amerikanischen<br />

Psychologen Gordon Allports zu gelten: „Sicher, wir folgen Konventionen <strong>der</strong> Bescheidenheit, des<br />

Anstands <strong>und</strong> <strong>der</strong> Selbstbeherrschung, <strong>und</strong> wir besitzen manche Gewohnheiten, die uns zum Teil als<br />

Spiegelbil<strong>der</strong> unserer Familie, unserer Klasse <strong>und</strong> unserer Kultur ersche<strong>in</strong>en lassen. Aber wir wissen,<br />

dass wir aus all diesem erheblich ausgewählt haben, dass wir es umformten <strong>und</strong> dass wir darüber<br />

erheblich h<strong>in</strong>ausgegangen s<strong>in</strong>d.“ So Allport 1974, S. 39<br />

417 Zitiert <strong>in</strong> Schick 2009, S. 365<br />

418 Greif 2005, S. 30


-103-<br />

Mobilisierungs-Potential hat. Inmitten e<strong>in</strong>er unüberschaubaren Differenzierung des<br />

Nahrungsmittelmarktes verheißt Regionalität Vertrauen <strong>und</strong> gleichzeitig Solidarität mit<br />

den heimischen Bauern. 70 Prozent aller Haushalte – weit mehr, als sich im Typus<br />

„Klassische-Regional-Küche“ f<strong>in</strong>den - ist beim E<strong>in</strong>kauf „ges<strong>und</strong>er“ Lebensmittel die<br />

Herkunft aus ihrer Region wichtig. Konsumenten sehnen sich nach Authentizität <strong>und</strong><br />

Wohlfühl-Räumen. Transparenz <strong>und</strong> Partizipation s<strong>in</strong>d die Stichwörter, die kle<strong>in</strong>e<br />

E<strong>in</strong>heiten jenseits von Massentierhaltung <strong>und</strong> Flächenwirtschaft sowie nahe<br />

Erreichbarkeit ausmachen.<br />

Gehobene Traditionalisten <strong>und</strong> Etablierte, die <strong>in</strong> den 80er Jahren e<strong>in</strong>e große<br />

ideologische <strong>und</strong> stilistische Distanz gegen „Öko“ hatten, tragen nun <strong>in</strong> stärkerem Maße<br />

zur <strong>Bio</strong>-Nachfrage bei. Hier gilt: Naturschutz ist Humanismus, ist Heimatschutz.<br />

Angesichts <strong>der</strong> Bevorzugung e<strong>in</strong>er klassischen Regionalküche ist erwähnenswert, dass<br />

im Jahre 2005 e<strong>in</strong> Haushalt im Durchschnitt 440 verschiedene Lebensmittelartikel,<br />

ausgenommen Frischeprodukte, e<strong>in</strong>gekauft hat. Das s<strong>in</strong>d gemessen an <strong>der</strong> Summe <strong>der</strong><br />

angebotenen Artikel (EAN) nicht e<strong>in</strong>mal 0,3 Prozent. 419 Fast 50 Prozent <strong>der</strong> 440 im<br />

Jahre 2005 angebotenen Artikel wurden bereits im Vorjahr gekauft, die Neugier <strong>der</strong><br />

K<strong>und</strong>en sche<strong>in</strong>t im sensiblen Lebensmittelbereich nicht sehr ausgeprägt zu se<strong>in</strong>. Da<br />

verw<strong>und</strong>ert es nicht, das 70 Prozent aller Neuprodukte floppen, also bereits im<br />

Folgejahr nicht mehr im Regal stehen.<br />

Der Food-Typus „Klassische-Regional-Küche“ ist bei Nahrungsskandalen sehr<br />

aufmerksam <strong>und</strong> än<strong>der</strong>t bei Vorliegen e<strong>in</strong>es solchen sofort se<strong>in</strong> E<strong>in</strong>kaufsverhalten. <strong>Bio</strong><br />

steht hier explizit für Sicherheit <strong>und</strong> Verhütung von Krankheiten, <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e bei<br />

sensiblen Produkten wie Baby-Nahrung. <strong>Bio</strong> erleichtert für die Angehörigen diesen<br />

Food-Typus die Entscheidungsf<strong>in</strong>dung (Komplexreduktion) bei beruflicher <strong>und</strong> privater<br />

Doppelbelastung. Zum Typus junger Familien beziehungsweise Eltern sche<strong>in</strong>t <strong>in</strong><br />

diesem Kontext auch e<strong>in</strong> Kommentar von Andreas Bernard im Magaz<strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Süddeutschen Zeitung zu passen: „Die Begeisterung für den »grünen Lifestyle« dient <strong>in</strong><br />

erster L<strong>in</strong>ie zur L<strong>in</strong><strong>der</strong>ung e<strong>in</strong>es kollektiven Identitätskonflikts <strong>der</strong> 35-Jährigen; unter<br />

diesem Banner soll es gel<strong>in</strong>gen, die wi<strong>der</strong>streitenden Stränge <strong>der</strong> eigenen <strong>Bio</strong>grafie <strong>in</strong><br />

E<strong>in</strong>klang zu br<strong>in</strong>gen, das Ich-zentrierte <strong>der</strong> Karriereexistenz <strong>und</strong> die<br />

Verantwortungsbereitschaft des neuen Familienlebens.“ 420 Das harmoniert mit den<br />

419 Vgl. CC 05, S. 13<br />

420 Bernard 2008


-104-<br />

Aussagen des Münchner Organisations-Psychologen Lutz von Rosenstiel, <strong>der</strong> bereits<br />

1998 feststellte, dass bei den akademisch qualifizierten Nachwuchskräften<br />

umweltbezogene Werthaltungen zwar e<strong>in</strong>e beachtliche Rolle spielen, selbige aber im<br />

Zuge <strong>der</strong> beruflichen Erfahrungen <strong>und</strong> <strong>der</strong> dort sich auftuenden Zielkonflikte<br />

abs<strong>in</strong>ken. 421<br />

Zu den Befürwortern <strong>der</strong> regionalen <strong>und</strong> klassischen Küche gehören auch die<br />

quantitativ wie qualitativ im ökologischen Bewusstse<strong>in</strong> sich entwickelnden Senioren, die<br />

längst zur <strong>Bio</strong>-Avantgarde zählen. Bis zum Jahr 2020 wird nach Berechnungen des<br />

Statistischen B<strong>und</strong>esamtes <strong>der</strong> Anteil <strong>der</strong> Senioren auf 45 Prozent <strong>der</strong><br />

Gesamtbevölkerung anwachsen. 422<br />

Wie aber <strong>in</strong>terpretieren „Eco-B<strong>in</strong>d“ die Zentralwerte des ökologischen <strong>Landbau</strong>s, die<br />

hier mit denen <strong>der</strong> „IFOAM“ gleichgesetzt werden? „Eco-B<strong>in</strong>d“ erleben die vier IFOAM<br />

Werte 1. Ökologie, 2. Gerechtigkeit, 3. Fürsorge <strong>und</strong> 4. Ges<strong>und</strong>heit als 1. Harmonie<br />

zwischen Mensch <strong>und</strong> Natur <strong>in</strong>nerhalb e<strong>in</strong>er Kulturlandschaft, 2. nach Maßgabe von<br />

Tradition <strong>und</strong> Verdiensten <strong>in</strong>nerhalb e<strong>in</strong>es kohärenten, monolithischen Se<strong>in</strong>sentwurfes,<br />

3. aktive Herstellung e<strong>in</strong>er Ordnung, 4. als <strong>in</strong>dividuelles Wohlbef<strong>in</strong>den <strong>und</strong><br />

Aufgehobenheit.<br />

421 So Rosenstiel 2003, S. 245<br />

422 CC 05, S. 46


-105-<br />

3.3. Der Eco-Flux – Identität des steten Wandels<br />

Die Hauptstütze des <strong>Bio</strong>/Öko-Konsums liegt im relativ kle<strong>in</strong>en Segment <strong>der</strong><br />

Postmateriellen, die sich mit Teilen des „Experimentellen“ zur Bezugsgruppe <strong>der</strong> „Eco-<br />

Flux“ vere<strong>in</strong>igen. Nach <strong>der</strong> S<strong>in</strong>us-Studie „<strong>Bio</strong>-Käufer <strong>in</strong> den S<strong>in</strong>us-Milieus“ von Carsten<br />

Wippermann s<strong>in</strong>d 20% <strong>der</strong> ökologische Produkte kaufenden Haushalte für 72% aller<br />

Ausgaben im ökologischen Produktbereich verantwortlich - es s<strong>in</strong>d die Haushalte <strong>der</strong><br />

„Eco-Flux“. 423 Das wirft Parallelen zum LOHAS-Pol „Ges<strong>und</strong>heit“ auf, <strong>der</strong> durch e<strong>in</strong>e<br />

überdurchschnittliche Konsumtätigkeit <strong>der</strong> Premium-Konsumenten ausgemacht wird.<br />

Was aber „s<strong>in</strong>d“ die „Eco-Flux“ beziehungsweise was „wird“ e<strong>in</strong> „Eco-Flux“?<br />

Denn die Annahme e<strong>in</strong>er menschlichen Natur, <strong>in</strong> <strong>der</strong> e<strong>in</strong> für allemal festgelegt sei, was<br />

<strong>der</strong> Mensch ist <strong>und</strong> was ihm demzufolge gut tut, wird vom „Eco-Flux“<br />

zurückgewiesen. 424 Identität entsteht nicht quasi-biologisch durch Entfaltung e<strong>in</strong>es<br />

Personenkerns, 425 ist nicht monolithisch, son<strong>der</strong>n nur plural möglich, e<strong>in</strong> Leben im<br />

Übergang zwischen unterschiedlichen Lebensformen. Während universalistische<br />

Werthaltungen von verschiedenen, räumlich getrennten Identitäten ausgehen <strong>und</strong><br />

daraus ethische Handlungsmaximen ableiten, geht <strong>der</strong> postmo<strong>der</strong>ne „Eco-Flux“ auch<br />

von zeitlich unterschiedenen Identitäten aus.<br />

Se<strong>in</strong> Ziel ist die Autonomie durch spielerische Selbsterschaffung, weswegen sich für ihn<br />

Ethik daran bemisst, „dass sie ihren Bürgern erlaubt, so privatisierend,<br />

»irrationalistisch« <strong>und</strong> ästhetizistisch zu se<strong>in</strong>, wie sie mögen, solange sie es <strong>in</strong> <strong>der</strong> Zeit<br />

tun, die ihnen gehört, <strong>und</strong> soweit sie an<strong>der</strong>en ke<strong>in</strong>en Schaden damit zufügen <strong>und</strong> nicht<br />

auf Ressourcen zurückgreifen, die von weniger Begünstigten gebraucht werden.“ 426<br />

Dadurch aber gibt es e<strong>in</strong>e Art Konvergenz zwischen Eco-Flux <strong>und</strong> ökologischen<br />

Anschauungen, <strong>und</strong> zwar im Abrücken von Monotheismen, die sich äußern <strong>in</strong><br />

Herrschaft, Zentralität <strong>und</strong> Anthropozentrismus. 427 Man muß sich also eigentlich gar<br />

nicht mehr fragen, „was die S<strong>in</strong>nbastler tun, wenn sie beg<strong>in</strong>nen, aus ihrer<br />

423 Das entspricht <strong>der</strong> im Market<strong>in</strong>g als „20:80“-Regel bekannten Theorie: 20 Prozent <strong>der</strong> Konsumenten<br />

e<strong>in</strong>er Marke o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>er Produktgruppe tätigen 80 Prozent des Volumens <strong>und</strong> sorgen, unter gleich<br />

bleibenden Bed<strong>in</strong>gungen, für 80 Prozent <strong>der</strong> Gew<strong>in</strong>ne. Vgl. Bagozzi 2000, S. 307. E<strong>in</strong> Szenario, dass<br />

sicher auch bestimmend ist für die Annahme, dass die Welt <strong>der</strong> Zukunft durch e<strong>in</strong>e 20:80-Gesellschaft<br />

charakterisiert se<strong>in</strong> wird.<br />

424 Schnei<strong>der</strong> 2004, S. 1ff.<br />

425 Welsch 2006, S. 171<br />

426 Rorty 1989, S. 13<br />

427 Vgl. Welsch 2006, S. 218


-106-<br />

Bastelexistenz auch politische Folgerungen zu ziehen, For<strong>der</strong>ungen abzuleiten <strong>und</strong><br />

(kollektive) Aktivitäten zu entwickeln, was sie also tun bei <strong>und</strong> nach ihrer Rückkehr aus<br />

<strong>der</strong> Privatsphäre <strong>in</strong> die Gestaltungsräume des öffentlichen Lebens.“ 428<br />

S<strong>in</strong>nbastler haben wenig Zeit <strong>und</strong> haben ob ihrer immanenten Gestaltungsverpflichtung<br />

ke<strong>in</strong>e feste, aber situative Ethiken. Identitäten <strong>und</strong> die von ihnen abhängigen Ethiken<br />

s<strong>in</strong>d Bestandteil e<strong>in</strong>er Aushandlung <strong>und</strong> so vielgestaltig wie die Aushandlungsprozesse<br />

selbst - im Alltag, <strong>in</strong> den Familien, <strong>in</strong> <strong>der</strong> Schule, <strong>der</strong> Universität, <strong>in</strong> <strong>der</strong> Arbeitswelt<br />

sowie <strong>in</strong> (situativen) Initiativgruppen. Damit s<strong>in</strong>d die Menschen <strong>in</strong> „moralischen<br />

Situationen“ plötzlich mit mehr als nur e<strong>in</strong>er Verpflichtung <strong>und</strong> gegebenenfalls auch<br />

eigenen Handlungsorientierungen konfrontiert, müssen Abstufungen <strong>und</strong> Wertungen<br />

vornehmen. 429 Erst das ist dann im eigentlichen S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>e Entscheidungssituation,<br />

wenn also e<strong>in</strong> Problem nicht unter Rekurs auf e<strong>in</strong> höheres Pr<strong>in</strong>zip gelöst werden kann,<br />

wie auch He<strong>in</strong>z von Foerster überzeugend darlegt: „Wir können nur jene Fragen<br />

entscheiden, die pr<strong>in</strong>zipiell unentscheidbar s<strong>in</strong>d. Warum? Schlicht deshalb, weil alle<br />

entscheidbaren Fragen entschieden worden s<strong>in</strong>d, <strong>in</strong>dem e<strong>in</strong> theoretischer Rahmen<br />

bestimmt wurde, <strong>in</strong>nerhalb dessen diese Fragen gestellt wurden, <strong>und</strong> <strong>in</strong>dem Regeln<br />

festgelegt wurden, nach denen jede Aussage <strong>in</strong>nerhalb dieses Rahmens (so etwa »die<br />

Frage«) mit je<strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Aussage (so etwa »<strong>der</strong> Antwort«) verknüpft werden kann.“ 430<br />

Zentral ist für den „Eco-Flux“ das Paradox e<strong>in</strong>es unverb<strong>in</strong>dlichen Verb<strong>und</strong>ense<strong>in</strong>s, das<br />

sich diesen situativen Prozessen <strong>in</strong> bestimmten Kontexten annähert. Der „Eco-Flux“ ist<br />

e<strong>in</strong> „Kontextpartisan“, jemand, <strong>der</strong> e<strong>in</strong>e „relativierende“ o<strong>der</strong> pragmatische E<strong>in</strong>stellung<br />

zu se<strong>in</strong>em eigenen Kontext e<strong>in</strong>nimmt. 431 Daraus erwächst zwar „e<strong>in</strong> hohes Maß an<br />

Toleranz <strong>und</strong> Achtung vor dem an<strong>der</strong>en sowie an Kooperationsbereitschaft <strong>und</strong><br />

Fairness im Umgang mit ihm, an<strong>der</strong>erseits auch e<strong>in</strong>e Gleichgültigkeit <strong>und</strong> Indifferenz<br />

gegenüber allem, was nicht zu e<strong>in</strong>em passt.“ 432<br />

Wer sich aber sozial abheben möchte – <strong>und</strong> das möchte zuweilen <strong>der</strong> „Eco-Flux“ - hat<br />

e<strong>in</strong>e Beziehung zum Sozialen. Das Gegenteil sozial <strong>in</strong>tegrieren<strong>der</strong> Verhaltensweisen ist<br />

428 So Zapf 1994, S. 312<br />

429 Vgl. Vossenkuhl 2001, S. 138<br />

430 Foerster 1993, S. 351f.<br />

431 So Kirsch 1999, S. 216<br />

432 Funk 2006, S. 2f.


-107-<br />

soziales „Disengagement“, 433 erst hier kommt es zu e<strong>in</strong>er Elim<strong>in</strong>ierung des<br />

schöpferischen Potentials <strong>der</strong> Differenz, die Differenz wird spannungslos, weil ke<strong>in</strong>er<br />

<strong>der</strong> Beteiligten sich mehr an- noch abstößt.<br />

Doch den Eco-Flux zeichnen Offenheit, Innovationsfreude, Kreativität, 434 Kontaktfreude<br />

<strong>und</strong> Verb<strong>und</strong>enheitserleben aus. Das selbstbestimmte Erzeugen von Erlebnissen o<strong>der</strong><br />

zum<strong>in</strong>dest die Teilhabe an <strong>in</strong>szenierten Wirklichkeiten ist dem „Eco-Flux“ wichtig. 435<br />

Erlebnisse geben Raum für Neu<strong>in</strong>terpretation <strong>und</strong> tragen damit zur Identität bei. 436<br />

Stellvertretend hierfür die Stimme e<strong>in</strong>es Öko-Pioniers <strong>der</strong> 70er Jahre: „Und e<strong>in</strong>mal, dass<br />

man da politisch bewusst was gemacht hat, auch gegen diesen allgeme<strong>in</strong>en Trend so<br />

gewesen ist <strong>und</strong> nicht alles das gemacht hat, was uns vorgemacht worden ist. Son<strong>der</strong>n<br />

wir haben versucht, was Eigenes zu entwickeln.“ 437<br />

Für Identitätsmanagement <strong>und</strong> die dazu nötigen Erfahrungen/Erlebnisse nimmt sich <strong>der</strong><br />

„Eco-Flux“ Zeit. Er teilt mit den im nächsten Kapitel behandelten LOVOs e<strong>in</strong>e Vorliebe<br />

für „downshift<strong>in</strong>g,“ also mehr Lebensqualität, gezielten Konsum, mehr Eigenzeit <strong>und</strong><br />

Aufmerksamkeit für emotional wichtige D<strong>in</strong>ge, kle<strong>in</strong>ere Wohnungen <strong>in</strong> Innenstädten. 438<br />

Verb<strong>und</strong>en damit s<strong>in</strong>d beispielsweise Jobwechsel zu kreativen Berufen o<strong>der</strong> <strong>in</strong> die<br />

Selbständigkeit, Purismus <strong>und</strong> M<strong>in</strong>imalismus. Hier f<strong>in</strong>den sich die „self-developer“, die<br />

sachlich nicht begründete Autoritätsverhältnisse ablehnen, Arbeit als Gelegenheit<br />

sehen, etwas Neues zu lernen, sich weiterzuentwickeln <strong>und</strong> unter Rückbezug auf die<br />

eigene Emotionalität <strong>und</strong> Persönlichkeitsentfaltung selbiges für die Arbeit<br />

reklamieren. 439<br />

433<br />

Vgl. Thomae 1968, S. 319<br />

434<br />

Lou Andreas-Salomé schreibt über den Künstler, was auch auf den Typus des postmo<strong>der</strong>nen „Eco-<br />

Flux“ zutreffen würde: „Durch zeitweiliges Zurückgenommense<strong>in</strong> <strong>in</strong> ursprünglicheren Zusammenschluß<br />

dessen, was sich uns sonst nur <strong>in</strong> Subjekt <strong>und</strong> Objekt spaltet, ist er se<strong>in</strong>em E<strong>in</strong>zels<strong>in</strong>n <strong>und</strong> Privatse<strong>in</strong> im<br />

Schaffen enthobener als sonst irgendwo.“Andreas-Salomé 1999, S. 206<br />

435<br />

Funk 2005, S. 61ff.<br />

436<br />

Kilian 2007/2, S. 388<br />

437<br />

Schick 2009, S. 365<br />

438<br />

In diesem Kontext ist es nicht un<strong>in</strong>teressant, dass die Zahl <strong>der</strong> S<strong>in</strong>gle-Haushalte <strong>in</strong> Deutschland<br />

weiter wächst. Nach <strong>der</strong> Studie GfK Bevölkerungsstrukturdaten 2008 von GfK GeoMarket<strong>in</strong>g bestehen<br />

schon 38 Prozent <strong>der</strong> Haushalte nur noch aus e<strong>in</strong>er Person. Vgl. http://www.heise.de/tp/blogs/3/119887<br />

439<br />

Auch C.G. Jung hat sich mit diesem Typus unter dem Stichwort „K<strong>in</strong>darchetypus“ beschäftigt. E<strong>in</strong><br />

wesentliches Merkmal des K<strong>in</strong>dmotivs ist se<strong>in</strong>e Entstehung aus dem Zusammenprall <strong>der</strong> Gegensätze,<br />

aus dem <strong>der</strong> K<strong>in</strong>darchetypus „fasz<strong>in</strong>ierende“, „unerkannte“ Inhalte formt, die E<strong>in</strong>heit <strong>in</strong> Vielheit schafft <strong>und</strong><br />

als „irrationales tertium“ hervorgeht (Jung 2008, S. 123f.). Erkennbar vom H<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong> (<strong>der</strong> Mutter) gelöst<br />

hat das K<strong>in</strong>dmotiv starken Zukunftscharakter (Vgl. Jung 2008, S. 119ff.), den Drang sich selbst <strong>und</strong> se<strong>in</strong>e<br />

Identität immer neu zu verwirklichen, „denn nur die Trennung, die Loslösung <strong>und</strong> das leidensvolle In-


-108-<br />

Eco-Flux <strong>in</strong>teressieren sich für e<strong>in</strong> Produkt, wenn es nicht e<strong>in</strong> Produkt von <strong>der</strong> Stange<br />

ist, wenn es se<strong>in</strong>en Wandel unterstreicht <strong>und</strong> selber wandelbar ist, also auch ggf.<br />

geleast werden kann. 440 Eco-Flux lassen sich Exklusivität nicht mehr fertig verkaufen,<br />

zudem sprengt er „Regeln“ durch exotische Produktverwendung.<br />

Im „Eco-Flux“ f<strong>in</strong>det <strong>der</strong> ökologische <strong>Landbau</strong> daher e<strong>in</strong>en „natürlichen“ Verbündeten<br />

gegen die Reduzierung <strong>der</strong> <strong>Vielfalt</strong> des Lebens auf e<strong>in</strong>ige nützliche Formen 441 sowie die<br />

Kreierung von duplizierbaren Chimären, was ja „Stummel<strong>in</strong>dividualitäten“ (Gottfried<br />

Benn) zur Folge haben müsste. <strong>Vielfalt</strong> ist attraktiv. Alle<strong>in</strong> die Möglichkeit, e<strong>in</strong>e Wahl zu<br />

haben, gilt als hohes Gut, denn das bedeutet, selbständig autonome Entscheidungen<br />

treffen zu können. Dementsprechend gilt auch nach Maßgabe des von He<strong>in</strong>z von<br />

Foerster – <strong>Bio</strong>physiker <strong>und</strong> Kybernetiker - formulierten (KybernEthischen) Pr<strong>in</strong>zips:<br />

„Handle stets so, dass die Anzahl <strong>der</strong> Möglichkeiten wächst.“ 442 Freiheit - <strong>und</strong> Glück -<br />

lassen sich nur dort f<strong>in</strong>den, wo das Ergreifen bestimmter Möglichkeiten stets noch e<strong>in</strong>en<br />

unausschöpfbaren Rest bestehen lässt, <strong>der</strong> sich <strong>der</strong> Uniformierung <strong>und</strong> Monokausalität<br />

entzieht. „Aktivieren wir die Differenzen, retten wir die Differenzen“, 443 so <strong>der</strong><br />

französische Philosoph Jean-Francois Lyotard, retten wir das Eigenartige <strong>und</strong><br />

Eigentümliche, das E<strong>in</strong>zigartige.<br />

Rhizomartige Verb<strong>in</strong>dungen, Leben als Leben im Übergang, könnten durchaus e<strong>in</strong>er<br />

Agrarkultur Vorschub leisten, die sich nicht korsettiert, sich für fehlerfre<strong>und</strong>liche<br />

Gegensatz-Gestelltse<strong>in</strong>, kann Bewusstse<strong>in</strong> <strong>und</strong> Erkenntnis zeugen.“ (Jung 2008, S. 127). Da passt <strong>der</strong><br />

mythologische Odysseus, dessen Er-Fahrung zu e<strong>in</strong>em Codewort unserer Zeit geworden ist.<br />

440 Tausch o<strong>der</strong> Leas<strong>in</strong>g e<strong>in</strong>es Lebensmittels ist natürlich zunächst gar nicht denkbar, aber die<br />

Wandelbarkeit e<strong>in</strong>es Lebensmittels ist ja die Gr<strong>und</strong>annahme <strong>der</strong> Küche <strong>und</strong> <strong>der</strong> Köche.<br />

441 Wie die B<strong>und</strong>esanstalt für Landwirtschaft <strong>und</strong> Ernährung mitteilt, nimmt die genetische <strong>Vielfalt</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Landwirtschaft <strong>in</strong> Form <strong>der</strong> genutzten Tierrassen <strong>und</strong> Pflanzensorten <strong>in</strong>folge zunehmen<strong>der</strong><br />

Industrialisierung <strong>der</strong> Landwirtschaft <strong>und</strong> als Folge von Konzentrationseffekten weltweit rapide ab.<br />

Wenige mo<strong>der</strong>ne, auf hohe Erträge gezüchtete Sorten <strong>und</strong> Rassen verdrängen die alten Kulturarten,<br />

Landsorten <strong>und</strong> –rassen. So werden heute über 50 % <strong>der</strong> für die menschliche Ernährung weltweit<br />

benötigten Nahrungsenergie aus lediglich drei Pflanzenarten (Mais, Reis, Weizen) erzeugt. Laut <strong>der</strong><br />

Welternährungsorganisation (FAO) s<strong>in</strong>d 7.616 Tierrassen weltweit gemeldet, davon werden r<strong>und</strong> 20% als<br />

gefährdet e<strong>in</strong>gestuft, von über 30% liegen ke<strong>in</strong>erlei Populationsdaten vor. In Bereichen, <strong>in</strong> denen<br />

ausschließlich Wildformen genutzt werden, wie z. B. <strong>in</strong> <strong>der</strong> Küsten <strong>und</strong> Hochseefischerei, ist e<strong>in</strong>e<br />

genetische E<strong>in</strong>engung <strong>und</strong> Gefährdung von Beständen auf an<strong>der</strong>e Ursachen, wie z. B. Überfischung o<strong>der</strong><br />

bestimmte Fangtechniken, zurückzuführen. Bei Forstpflanzen, Wildtieren <strong>und</strong> Fischen führen zudem<br />

schädliche Umweltverän<strong>der</strong>ungen wie z .B. überhöhte Nähr- <strong>und</strong> Schadstoffe<strong>in</strong>träge, Verlust <strong>und</strong><br />

Zerschneidung von Lebensräumen durch Siedlung, Straßen <strong>und</strong> Wasserbaumaßnahmen zum Rückgang<br />

genetischer <strong>Vielfalt</strong>. In Deutschland s<strong>in</strong>d aktuell rd. 40 % <strong>der</strong> wild lebenden Tierarten, ca. 30 % <strong>der</strong> Farn<br />

<strong>und</strong> Blütenpflanzen <strong>und</strong> etwa 70 % <strong>der</strong> Lebensräume (<strong>Bio</strong>toptypen) gefährdet. Vgl.<br />

http://www.genres.de/CF/genres/ibv/downloads/faktenblaetter/faktenblatt_agrobiodiversitaet_de.pdf<br />

442 Foerster 1993, S. 49<br />

443 Lyotard 1990, S. 48


-109-<br />

Umwelten e<strong>in</strong>setzt <strong>und</strong> die den sachlich wie räumlich diversifizierten Lösungen Vorrang<br />

e<strong>in</strong>räumt. 444 E<strong>in</strong>er Agrarkultur <strong>der</strong> Erhaltung natürlicher Empf<strong>in</strong>dungs- <strong>und</strong><br />

Erfahrungswelten <strong>und</strong> damit <strong>der</strong>jenigen <strong>Vielfalt</strong>, aus <strong>der</strong> sich erst Letztwerte <strong>und</strong><br />

Identitäten elevatorisch ableiten lassen.<br />

Wie aber <strong>in</strong>terpretieren „Eco-Flux“ die Zentralwerte des ökologischen <strong>Landbau</strong>s, die<br />

hier mit denen <strong>der</strong> „IFOAM“ gleichgesetzt werden? „Eco-Flux“ deuten 1. Ökologie, 2.<br />

Gerechtigkeit, 3. Fürsorge <strong>und</strong> 4. Ges<strong>und</strong>heit als 1. <strong>Vielfalt</strong> <strong>der</strong> Lebensentwürfe (sowohl<br />

räumlich, also zu gleicher Zeit; wie auch zeitlich, im selben Raum, aber chronologisch<br />

nache<strong>in</strong>an<strong>der</strong>), 2. Selbstbestimmung für alle, 3. zwischen Toleranz <strong>und</strong> Des<strong>in</strong>teresse, 4.<br />

aktives Identitätsmanagement, orientiert an Um- <strong>und</strong> Mitwelten <strong>und</strong> Wandel.<br />

Dreiviertel aller postmateriellen „Eco-Flux“ praktizieren zwar e<strong>in</strong>en <strong>Bio</strong>-Lebensstil,<br />

dennoch würden sich weniger als Ökologen denn als <strong>in</strong>tellektuelle <strong>und</strong> kulturelle<br />

Avantgarde bezeichnen. Sie s<strong>in</strong>d die kritischen Begleiter des sozialen, technologischen<br />

<strong>und</strong> globalen Wandels, 445 schätzen <strong>Bio</strong> als e<strong>in</strong>e Art Präventivtechnologie <strong>und</strong><br />

Gegenwelt. Die „Eco-Flux“ legen auf <strong>Vielfalt</strong> <strong>der</strong> Nahrung, aber auch auf klassische <strong>Bio</strong>-<br />

Argumente wie Regionalität, Frische <strong>und</strong> Natürlichkeit Wert. Das Milieu <strong>der</strong> „Eco-Flux“<br />

weist mit das größte Fachwissen über den ökologischen <strong>Landbau</strong> auf. Nicht unwichtig<br />

für e<strong>in</strong>en Markt, auf dem Trittbrettfahrer nicht zuletzt von höheren Margen am Markt<br />

profitieren wollen <strong>und</strong> den E<strong>in</strong>druck von ökologischer Qualität erwecken. 446 Sie s<strong>in</strong>d<br />

aber auch durch e<strong>in</strong> überproportionales Markenbewusstse<strong>in</strong> charakterisiert, <strong>Bio</strong> steht<br />

hier zuweilen durchaus <strong>in</strong> Konkurrenz zu traditionellen Markenartikeln. 447<br />

Gerade das zeichnet sich allerd<strong>in</strong>gs auf dem Lebensmittelmarkt ab. Der<br />

Lebensmittelmarkt muss sich auf unterschiedlichste Konsumententypen e<strong>in</strong>stellen. Er<br />

unterliegt e<strong>in</strong>em zähen Konkurrenzkampf, ist gesättigt, Sortimente <strong>und</strong> Distributeure<br />

444 Vgl. auch hierzu Guggenberger 1986, S. 57<br />

445 Wippermann 2005, S. 4<br />

446 Interessant sche<strong>in</strong>t nämlich e<strong>in</strong>e solche Positionierung für Marken, die schon e<strong>in</strong> bio-ähnliches Image<br />

haben (!) o<strong>der</strong> aber für jene, die e<strong>in</strong> „Wahrnehmungsdefizit“ bezüglich <strong>der</strong> Re<strong>in</strong>heit, Natürlichkeit <strong>und</strong><br />

Ges<strong>und</strong>heit ihrer Produkte haben, so mit Recht Michael Reuter von <strong>der</strong> ÖkoStrategieBeratung Berl<strong>in</strong>.<br />

Vgl. Reuter 2007. Hier entsteht auch die Grauzone zu jenen konventionellen Produkten/Anbietern, die <strong>Bio</strong><br />

simulieren. „Naturnah“, „umweltverträglich“, „aus kontrolliertem Anbau“, „gläserne Produktion“ s<strong>in</strong>d nur<br />

e<strong>in</strong>ige Bezeichnungen, auf die die Verbraucherzentralen <strong>in</strong> diesem Zusammenhang aufmerksam<br />

machen. Vgl. Kreimer 2006, S. 33. Wenn große Markenhersteller ökologische Produkte <strong>in</strong> ihr Sortiment<br />

aufnehmen, geht es dabei auch um das Ziel Marktanteile <strong>in</strong> gesättigten Märkten zu gew<strong>in</strong>nen. Hier kann<br />

<strong>Bio</strong> zur Emotionalisierung beitragen.<br />

447 Vgl. Spiller 2006, S. 13


-110-<br />

stehen <strong>in</strong> hartem Wettbewerb. 448 Diesen Kontext aufnehmend, haben wir <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

kommenden Grafik (etwas gewagt) Handelstypen <strong>und</strong> Umsatzanteile des Gesamt-<strong>Bio</strong>-<br />

Umsatzes im Wertekreis verortet, die Zahlen stammen von Susanne Eichholz-Kle<strong>in</strong>,<br />

BBE Retail Experts 449 .<br />

Das größte Vertrauen ob <strong>der</strong> Qualität <strong>und</strong> Herkunft <strong>der</strong> Lebensmittel genießen nach wie<br />

vor <strong>Bio</strong>läden 450 <strong>und</strong> <strong>Bio</strong>supermärkte. Aber laut e<strong>in</strong>er Studie <strong>der</strong> Werbeagentur<br />

Serviceplan aus dem Oktober 2008 mangelt es dem E<strong>in</strong>zelhandel an e<strong>in</strong>er klaren<br />

Positionierung. 451 Der Untersuchung zufolge wünscht <strong>der</strong> Verbraucher hauptsächlich<br />

Top-Qualität zu Top-Preisen (84 Prozent), k<strong>und</strong>enfre<strong>und</strong>liche Öffnungszeiten (59<br />

Prozent) sowie fre<strong>und</strong>liche <strong>und</strong> kompetente Mitarbeiter (41 Prozent). Faktoren wie e<strong>in</strong>e<br />

angenehme E<strong>in</strong>kaufsatmosphäre (30 Prozent), e<strong>in</strong> breites Warenangebot (21 Prozent)<br />

o<strong>der</strong> etwa die Teilnahme an e<strong>in</strong>em Bonussystem (9 Prozent) h<strong>in</strong>gegen ersche<strong>in</strong>en<br />

zweitrangig. Ersche<strong>in</strong>en.<br />

448 Eichholz 2008<br />

449 Eichholz (2008). Mit e<strong>in</strong>em <strong>Bio</strong>-Umsatzanteil von 13% ist „tegut“ die europäische Benchmark für <strong>Bio</strong>-<br />

Erfolg im LEH. „tegut“ weist auf diesem hohen Niveau noch immer <strong>Bio</strong>-Umsatzzuwächse von über 10%<br />

auf. Vgl. Reuter 2007<br />

450 Naturkostläden verkaufen beispielsweise Produkte aus ökologischer Landwirtschaft (Naturkost) <strong>und</strong><br />

umweltfre<strong>und</strong>licher Verarbeitung. Reformhäuser, die sich auf die auf die Lebensreform-Bewegung<br />

zurückführen, führen additiv Heilkräuter, pflanzliche Produkte als Ersatz für Fleisch, natürliche Kleidung<br />

<strong>und</strong> Naturheilmittel.<br />

451 http://presse.serviceplan.de/presse/598.pdf


-111-<br />

Denn Marktforschung <strong>und</strong> Me<strong>in</strong>ungsumfragen unterliegen <strong>der</strong> schwierigen Bed<strong>in</strong>gung,<br />

dass <strong>der</strong> Konsument se<strong>in</strong>e wahren Motive <strong>und</strong> Bedürfnisse bei <strong>der</strong> Nutzung e<strong>in</strong>es<br />

Produktes o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>er Marke gar nicht artikulieren kann, denn sie s<strong>in</strong>d ihm nicht<br />

bewusst. 452 Dem bewussten Formulieren e<strong>in</strong>es Kaufwunsches geht immer e<strong>in</strong><br />

unbewusster Prozess voraus. Die menschliche Gefühlswelt wird vom limbischen<br />

System gesteuert, welches bei <strong>der</strong> Handlungssteuerung das erste <strong>und</strong> letzte Wort hat –<br />

Verstand <strong>und</strong> Vernunft s<strong>in</strong>d nur Berater. 453 Ausschlaggebend s<strong>in</strong>d Erfahrungen,<br />

Emotionen, Hoffnungen <strong>und</strong> Ängste, die unbewusst mitregieren beziehungsweise als<br />

Werthaltungen bewusst werden können. Das heißt also, „Quantifizierungen s<strong>in</strong>d<br />

s<strong>in</strong>nlos, wenn die Kauf-Entscheidung von modifizierbaren (seelischen) Zuständen<br />

abhängt.“ 454<br />

Das gilt auch für die zentralen Kaufbarrieren bei <strong>Bio</strong>produkten, die Achim Spiller vom<br />

Department für Agrarökonomie <strong>und</strong> Rurale Entwicklung Gött<strong>in</strong>gen aufführt:<br />

Preisbarriere, Echtheitszweifel, fehlende Produktkenntnisse, wahrgenommenes<br />

Kaufrisiko, Beschaffungsschwierigkeiten, ger<strong>in</strong>ges Lebensmittelrisikobewusstse<strong>in</strong>,<br />

mangelnde Akzeptanz von Eigenverantwortung, Trittbrettfahrerverhalten,<br />

Motivationskonflikte, Habitualisierungen, mangelndes Involvement. 455 Alle vorgenannten<br />

Punkte s<strong>in</strong>d abhängig von den letztgenannten. Können Habitualisierungen <strong>und</strong><br />

mangelndes Involvement aktiv angegangen werden, „fallen“ alle an<strong>der</strong>en<br />

„Kaufbarrieren“. <strong>Bio</strong> wird se<strong>in</strong>en Bestand sichern <strong>und</strong> ausweiten können, wenn es sich<br />

aus den schnelldrehenden Produkten („Fast Mov<strong>in</strong>g Consumer Goods“) des täglichen<br />

Bedarfes aktiv heraus positioniert <strong>und</strong> den Hauptteil <strong>der</strong> „Most Valuable Consumers<br />

(MVC)“ anspricht. Und damit e<strong>in</strong>e Revitalisierung vorhandener Werte <strong>und</strong> Identitäten<br />

durch kreative Konfrontation mit jenen <strong>der</strong> Schwellen-Werthaltungen e<strong>in</strong>leitet.<br />

Bereits im Jahre <strong>in</strong> <strong>der</strong> „BIOwelt 10/2006“ mahnt Henn<strong>in</strong>g Meyer, Herausgeber des<br />

Standardwerkes „Marken-Management - Jahrbuch für Strategie <strong>und</strong> Praxis <strong>der</strong><br />

Markenführung“ unter <strong>der</strong> Überschrift „Die Zeit ist reif für starke <strong>Bio</strong>-Marken“, das nicht<br />

452 Hier wird auch das Phänomen des impliziten Wissens, <strong>der</strong> „sticky <strong>in</strong>formation“ (Hippel) vakant.<br />

Grenzen <strong>der</strong> Messbarkeit bei komplexen Wirklichkeiten, die Beantwortung nach Maßgabe <strong>der</strong> „sozialen<br />

Erwünschtheit“, Response-Sets, Umgebungse<strong>in</strong>flüsse, suggestive Antwort- <strong>und</strong> Fragekategorien führen<br />

zum Teil zu Ergebnissen mangeln<strong>der</strong> Validität <strong>und</strong> Reliabilität.<br />

453 Albrecht 2005, S. 4<br />

454 Grünewald 2006, S. 8. Die <strong>in</strong>direkten über den Endverbraucher <strong>in</strong> Richtung Handel wirkende Kräfte<br />

wie Markenwertwert, Produktqualität <strong>und</strong> Werbung s<strong>in</strong>d dabei günstiger als die teuer zu erkaufenden<br />

Push-Maßnahmen.<br />

455 Spiller 2006, S. 16


-112-<br />

etwa die Stärkung von <strong>Bio</strong> als Kategorienbegriff o<strong>der</strong> strengere Zertifizierungen das<br />

Problemfeld <strong>der</strong> Branche beschreibt. 456 Nachholbedarf sieht Meyer im Bereich <strong>der</strong><br />

Differenzierung, des Qualitätsversprechens, <strong>der</strong> K<strong>und</strong>enb<strong>in</strong>dung <strong>und</strong> <strong>der</strong> Preispolitik. Es<br />

sollte, so Meyer, verstärkt herausgestellt werden, dass sich die Produkte verschiedener<br />

Anbieter jenseits des <strong>Bio</strong>-Standards substanziell unterscheiden <strong>und</strong> sich durch<br />

<strong>in</strong>dividuelle Qualitäten, Eigenschaften, Beson<strong>der</strong>heiten auszeichnen.<br />

Denn nach wie vor dom<strong>in</strong>ieren staatliches wie auch EU-<strong>Bio</strong>-Siegel die Wahrnehmung<br />

beim Konsumenten - mit großem Abstand vor <strong>Bio</strong>land, Demeter, Naturland, <strong>Bio</strong>kreis,<br />

<strong>Bio</strong>park, Ecov<strong>in</strong>, Gäa, IFOAM. 457 Das kann Vorteile wie Nachteile haben. Vorteil: Alle<br />

„Untermarken“ tragen den notwendigen Markenaufwand geme<strong>in</strong>sam, neue<br />

„Untermarken“ lassen sich vergleichsweise leicht e<strong>in</strong>führen <strong>und</strong> können am Goodwill<br />

<strong>der</strong> „Dachmarke“ des <strong>Bio</strong>-Siegels partizipieren, kurze Produktlebenszyklen bei<br />

e<strong>in</strong>zelnen Untermarken gefährden nicht die gesamte „Dachmarke“. Aber auch die<br />

Nachteile liegen auf <strong>der</strong> Hand: E<strong>in</strong>e klare Profilierung <strong>und</strong> damit Differenzierung ist<br />

relativ schwer, weswegen allgeme<strong>in</strong>e, unspezifische „Lagen“ vorherrschen, im Falle von<br />

Skandalen ergeben sich Badwill-Transfereffekte auf die „Dachmarke“ <strong>und</strong> alle<br />

„Untermarken“ <strong>in</strong>sgesamt. 458<br />

Daher sieht Meyer auch zwei Jahre später, im Juli 2008, <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em erneuten Interview<br />

mit <strong>der</strong> BIOwelt, das sich die Branche nach wie vor zu viel über das Merkmal <strong>Bio</strong> <strong>und</strong> zu<br />

wenig über die eigene Marke – über die eigene Identität - <strong>und</strong> ihre Beson<strong>der</strong>heiten<br />

def<strong>in</strong>iere: „Aber welche Schlüsse soll ich als Konsument ziehen, wenn auf e<strong>in</strong>er <strong>Bio</strong>-<br />

Premiummarke dasselbe Zeichen klebt wie auf e<strong>in</strong>em Orangensaft vom Discounter?“ 459<br />

Künftig, so im selben Tenor die Strategieagentur „diffferent“, wird es am <strong>Bio</strong>-Markt nur<br />

starke, exzellent geführte Marken geben: „Wer jetzt die Positionierungsräume für<br />

<strong>Bio</strong>marken rechtzeitig nutzt, kann aus <strong>der</strong> Abwärtsspirale des Preiskampfes rechtzeitig<br />

ausbrechen.“ 460<br />

456 Meyer 2006<br />

457 BSS 2006. Schon Spiller 2006, S. 14 mahnt größere Kommunikationsanstrengungen an, um bei <strong>der</strong><br />

Informationsüberflutung <strong>der</strong> Konsumenten e<strong>in</strong>e aktive Markener<strong>in</strong>nerung zu erreichen.<br />

458 Vgl. hierzu Haedrich 2003, S. 82<br />

459 Meyer 2008. Das ist <strong>in</strong> etwa so, als wenn man nur über Europa spräche, aber die Identitäten <strong>der</strong> Teile<br />

vernachlässigen würde.<br />

460 Kiock 2008


-113-<br />

4. Marken-Identität <strong>und</strong> <strong>Vielfalt</strong> als Marke<br />

4.1. E<strong>in</strong>e Marke, aber bitte recht stufig…<br />

Hier schließt unter an<strong>der</strong>em das Konzept <strong>der</strong> Marken an. Marken s<strong>in</strong>d Nutzenbündel mit<br />

materiellen <strong>und</strong> immateriellen Komponenten. Marken s<strong>in</strong>d dem Konsumenten<br />

Orientierungshilfen, fungieren als Qualitätssignal, geben Hilfestellung beim Kauf,<br />

reduzieren also Transaktionskosten 461 <strong>in</strong> Form von Komplexreduktion. Sie fungieren<br />

zudem als soziale Visitenkarte, Werte- <strong>und</strong> Identitätskommunikator. Aus<br />

Unternehmenssicht dienen Marken dem Differenzierungspotenzial zur Profilierung <strong>und</strong><br />

Verr<strong>in</strong>gerung von Risiken bei Markte<strong>in</strong>tritt beziehungsweise Markenstretch<strong>in</strong>g, 462<br />

för<strong>der</strong>n die K<strong>und</strong>enb<strong>in</strong>dung <strong>und</strong> bewirken e<strong>in</strong>e größere Toleranz auf<br />

Preisverän<strong>der</strong>ungen. Bei verbreiteter Nutzengleichheit differenzieren sich<br />

Produktangebote heute fast ausschließlich über ihren symbolischen Überbau, den<br />

Markenwert. Der Erfolg e<strong>in</strong>er Marke hat drei Voraussetzungen: Erstens hat <strong>der</strong><br />

Verbraucher Kenntnis erhalten, zweitens hat er verstanden, dass <strong>und</strong> weshalb sich<br />

dieses Produkt für ihn eignet, <strong>und</strong> drittens überzeugt ihn dieses Wissen soweit, dass er<br />

das Produkt am Ende tatsächlich kauft. 463<br />

Marken können <strong>in</strong> fünf verschiedene Entwicklungsstufen e<strong>in</strong>geteilt werden. 464<br />

Erste Stufe <strong>der</strong> Markenentwicklung<br />

Auf <strong>der</strong> ersten Stufe des Modells ist die Ware alle<strong>in</strong> mit e<strong>in</strong>er physischen Markierung<br />

<strong>und</strong> e<strong>in</strong>em rechtlichen Schutzrahmen ausgestattet. Als Marke wird jedes „Angebot<br />

bezeichnet (Konsumgut, Dienstleistung, Investitionsgut), das mit e<strong>in</strong>em Markennamen<br />

<strong>und</strong> zusätzlich mit festen Markenelementen gekennzeichnet ist, das den Angehörigen<br />

<strong>der</strong> Zielgruppe <strong>und</strong> weiterer Bezugsgruppen bekannt <strong>und</strong> mit e<strong>in</strong>em ausgeprägten <strong>und</strong><br />

unverwechselbaren Markenbild (Image) versehen ist.“ 465<br />

461<br />

Transaktionskosten s<strong>in</strong>d die Kosten für die Verhandlung, Prüfung <strong>und</strong> Durchsetzung von<br />

Vere<strong>in</strong>barungen über Transaktionen, wobei Transaktionen Verfügungsrechte, Waren <strong>und</strong> auch<br />

Dienstleistungen umfassen können; Vgl. Willke 2001, S. 287.<br />

462<br />

Vgl. Zimmermann 2001, S. 9<br />

463<br />

Hellmann 2007, S. 2<br />

464<br />

Vgl. zu <strong>der</strong> hier vorgenommenen E<strong>in</strong>teilung Zimmermann 2001, S. 16ff.<br />

465 Haedrich 2003, S. 18


-114-<br />

Die Marke ist Markierung <strong>und</strong> offenbart als Grenze e<strong>in</strong>e Differenz, die sie aus <strong>der</strong><br />

amorphen Masse heraushebt. Grenzen stellen Kriterien auf, die Personen, D<strong>in</strong>ge <strong>und</strong><br />

Ereignisse als das, wozu sie erst durch die Grenze werden, zu bezeichnen vermag,<br />

<strong>in</strong>dem sie entwe<strong>der</strong> <strong>der</strong> e<strong>in</strong>en o<strong>der</strong> <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite e<strong>in</strong>er Grenze zugeordnet werden<br />

können. Sie führen neben den beiden Seiten <strong>der</strong> Unterscheidung über e<strong>in</strong>e Figur des<br />

Übergangs von <strong>der</strong> e<strong>in</strong>en auf die an<strong>der</strong>e Seite: „Wer Grenzen zieht, beschwört e<strong>in</strong>e<br />

Phantasmagorie <strong>der</strong> Mobilität, des Auftauchens <strong>und</strong> Verschw<strong>in</strong>dens, des Verlusts <strong>und</strong><br />

<strong>der</strong> Ansteckung“ 466 – e<strong>in</strong>e Erfahrung des Grenzgängers, <strong>der</strong> sowohl hüben wie drüben<br />

das Vertraute wie auch das Fremde erblickt. Die Markierung – Name, Schriftzug, Logo,<br />

Slogan, Farbe, Verpackung, Melodie etc. – dient auf <strong>der</strong> e<strong>in</strong>en Seite als<br />

Herkunftsangabe o<strong>der</strong> „Sen<strong>der</strong>profil“, auf <strong>der</strong> Seite des Empfängers als Qualitätssiegel<br />

(Unterscheidungs- <strong>und</strong> Identifizierungsfunktion 467 ).<br />

So ist die Markenidentität als die e<strong>in</strong>e Seite - die Unternehmensseite - <strong>der</strong> Marke „die<br />

außengerichtete Kommunikation des Markennutzenversprechens im S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>er Soll-<br />

Positionierung <strong>und</strong> die <strong>in</strong>nengerichtete Umsetzung <strong>und</strong> f<strong>in</strong>ale E<strong>in</strong>lösung dieses<br />

Versprechens durch e<strong>in</strong> adäquates Verhalten aller an <strong>der</strong> Erbr<strong>in</strong>gung von<br />

Markenleistung beteiligten Personen.“ 468 Markenidentität setzt sich zusammen aus<br />

Markenherkunft (regional, kulturell, <strong>in</strong>stitutionell), Markenführungskompetenz<br />

(Ressourcen, Wissen), Markenvision (langfristige, strategische Unternehmensziele),<br />

Markenwerten (Gr<strong>und</strong>überzeugungen, Emotionen), Markenpersönlichkeit (menschliche<br />

Merkmale, die die Marke beseelen) <strong>und</strong> Markenleistung (funktionaler <strong>und</strong> symbolischer<br />

K<strong>und</strong>ennutzen). 469<br />

Das Markenimage h<strong>in</strong>gegen ist die an<strong>der</strong>e Seite <strong>der</strong> Marke, die dem Konsumenten<br />

gehörige Seite, verb<strong>und</strong>en mit den dazugehörigen verschiedenen Markenassoziationen<br />

wie Eigenschaften, Nutzen <strong>und</strong> E<strong>in</strong>stellungen. 470 Im wechselseitigen Verhältnis von<br />

Unternehmen <strong>und</strong> Konsument, Markenidentität wie auch –image, bilden sich Marken<br />

<strong>und</strong> ihre spezifischen Eigenschaften heraus.<br />

466 Baecker 2007, S. 159<br />

467 Hellmann 2003, S. 127<br />

468 Burmann 2007, S. 4<br />

469 Burmann 2007, S. 5ff.<br />

470 Konsumenten beurteilen die Leistungsbündel e<strong>in</strong>er Marke beispielsweise als Mittel („Means“), um<br />

wünschenswerte Ziele („Ends“) <strong>und</strong> Werte zu realisieren („Means-End-Theorie“).


-115-<br />

Die e<strong>in</strong>fache Form des „Handelns“ 471 – besser: des e<strong>in</strong>er Rout<strong>in</strong>e unterliegenden,<br />

habitualisierten Handelns – beherrscht den Konsumvorgang bei alltäglichen Produkten,<br />

denn das sich selbst regulierende psychische System strebt nach kortikaler<br />

Entlastung. 472 Subkortikale Speicher- <strong>und</strong> Verarbeitungs<strong>in</strong>stanzen weisen<br />

Deutungsmuster auf, die <strong>in</strong> Form von bra<strong>in</strong>-scripts gespeichert s<strong>in</strong>d, <strong>und</strong> die <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Regel automatisiert aufgesucht werden. S<strong>in</strong>d bra<strong>in</strong>-scripts nicht vorhanden, wird <strong>der</strong><br />

Verstand e<strong>in</strong>geschaltet <strong>in</strong> Form von Handlungsorientierungen <strong>und</strong><br />

Orientierungsmustern. 473 E<strong>in</strong>e typische Handlungsorientierung wäre „Vergleiche beim<br />

E<strong>in</strong>kauf immer <strong>in</strong> <strong>der</strong> Leistung gleiche Produkte <strong>und</strong> wähle das Billigste“. Das<br />

dazugehörige, abstrakte Orientierungsmuster hieße dann „Er<strong>in</strong>nere: kostenbewußt<br />

Leben!“. Abstufungen lassen sich dann vornehmen ausgehend von 1. alltäglichem<br />

Handeln nach dem Motto „Und immer so weiter..“, 2. Handlungen, die das Ergebnis<br />

expliziter Reflexion s<strong>in</strong>d („Taktik“), 3. Handlungen als Ausfluss jüngerer<br />

Orientierungsmuster, die wie<strong>der</strong>um Ergebnis mehrerer generalisierter Handlungen s<strong>in</strong>d<br />

(„Strategie“) <strong>und</strong> 4. dem „außeralltäglichen“ Handeln <strong>in</strong>/vor/nach e<strong>in</strong>em<br />

Ausnahmezustand. 474<br />

Die Lebensmittel des täglichen Bedarfs, Fast Mov<strong>in</strong>g Consumer Products, gehören<br />

daher meist zur ersten Stufe <strong>der</strong> Markenentwicklung, haben e<strong>in</strong> eher ger<strong>in</strong>ges<br />

Involvement, was zur Folge hat, dass Informationen nur mit erheblichen<br />

E<strong>in</strong>schränkungen aufgenommen <strong>und</strong> verarbeitet werden. Zudem steigern<br />

Variantenexplosionen wie auch immer ähnlicher werdende Produkt- <strong>und</strong><br />

Leistungsprogramme verschiedener Hersteller sowohl Wettbewerbs<strong>in</strong>tensität wie<br />

Preiswettbewerb. 475 Damit reduzieren sich für den Konsumenten die „Wechselkosten“<br />

bei vergleichbarer Qualität „konventioneller“ Lebensmittel.<br />

471 Bagozzi 2000, S. 667ff.<br />

472 Gutjahr 2005, S. 10<br />

473 Kirsch 2001, S. 70<br />

474 Wobei e<strong>in</strong> Ausnahmezustand auch zum Dauerstand durch ewiges Andauern werden kann, Stichwort<br />

„Kairos“ etc.<br />

475 Jäger 2004, S. 216


Zweite Stufe <strong>der</strong> Markenentwicklung<br />

-116-<br />

Auf <strong>der</strong> nächsthöheren Entwicklungsstufe spricht man von e<strong>in</strong>em Markenartikel, <strong>der</strong><br />

sich durch Überdurchschnittlichkeit <strong>in</strong> Qualität, Preisniveau, Bekanntheitsgrad (90%),<br />

Anerkennung, Verbreitung, Distributionsquote (80% im relevanten Handel) auszeichnet.<br />

Marken <strong>und</strong> ihre Identitäten werden hier also erstmals mit relativ andauern<strong>der</strong><br />

Aufmerksamkeit bedacht.<br />

Das entlastet den Käufer von <strong>der</strong> Notwendigkeit e<strong>in</strong>es ausgedehnten Produktvergleichs<br />

(Entlastungs- <strong>und</strong> Orientierungsfunktion). Auf dieser Stufe dom<strong>in</strong>iert funktionelles<br />

Interesse beziehungsweise „Involvement“, also b<strong>in</strong>äre „Sachprogramme“, die beim<br />

E<strong>in</strong>kauf zwischen Qualität <strong>und</strong> Nicht-Qualität differenzieren. 476 Hier wird von <strong>der</strong> Marke<br />

e<strong>in</strong> „Mehr“ an Problemlösung erwartet, e<strong>in</strong> höherer funktionaler Produktnutzen - etwa<br />

durch technologische Überlegenheit, hohe Langlebigkeit, Verlässlichkeit, e<strong>in</strong> sehr gutes<br />

Preis-Leistungsverhältnis.<br />

476 Hellmann 2003, S. 304f.


-117-<br />

Nach dem Elaboration-Likelihood Modell (ELM) werden auf dieser Stufe E<strong>in</strong>stellungen<br />

zur Marke auf <strong>der</strong> Basis von Argumenten <strong>und</strong> Informationen gebildet. 477 Bei<br />

funktionalen Marken ist das wahrsche<strong>in</strong>lichste Reaktionsmuster auf e<strong>in</strong>e Botschaft also<br />

jene des „Lernens“ 478 – was sich als Informations- <strong>und</strong> Bewertungsprozess bei<br />

komplexen <strong>und</strong> teueren Produkten äußert. Hier herrscht e<strong>in</strong>e höhere Bereitschaft, sich<br />

mit dem Gegenstand zu befassen, e<strong>in</strong> hohes Involvement. Bei <strong>der</strong> Verarbeitung je<strong>der</strong><br />

Botschaft aber, <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e bei argumentativ-funktionalen, ist die Wirkung von<br />

Aufmerksamkeit, Verständnis, Akzeptanz, Beibehaltung <strong>der</strong> bisherigen E<strong>in</strong>stellungen<br />

o<strong>der</strong> Übernahme <strong>der</strong> Argumente <strong>und</strong> e<strong>in</strong>em daraus abgeleiteten Verhalten abhängig. 479<br />

Die „Latte“ an Voraussetzungen verdeutlicht, warum e<strong>in</strong> bestimmtes (E<strong>in</strong>kaufs-<br />

)Verhalten durch Informationskampagnen so schwierig herbeizuführen ist. 480<br />

Dritte Stufe <strong>der</strong> Markenentwicklung<br />

Auf <strong>der</strong> dritten Stufe <strong>der</strong> Markenentwicklung spricht man von „Positionierten Marken“.<br />

Auf dieser Stufe differenzieren sich Marken über e<strong>in</strong>en funktionalen Nutzen h<strong>in</strong>aus<br />

durch emotionale <strong>und</strong> kognitive Wirkungen. Werte <strong>und</strong> Attribute s<strong>in</strong>d von unbewußten<br />

Emotionen, bewussten Gefühlen begleitet. Komplexe Probleme benötigen gar den<br />

vollplastischen Blick – IQ plus EQ. Gedanken profitieren von Gefühlen, Gefühle<br />

profitieren von Gedanken, Gefühle s<strong>in</strong>d anstecken<strong>der</strong> als Gedanken. E<strong>in</strong><br />

Steigerungsspiel e<strong>in</strong>es <strong>der</strong> beiden Elemente hat E<strong>in</strong>seitigkeit zur Folge, beispielsweise<br />

auf Kosten sozialer o<strong>der</strong> emotionaler Intelligenz. 481<br />

477 Vgl. Streb<strong>in</strong>ger 1997, S. 4<br />

478 Bagozzi 2000, S. 667ff.<br />

479 Stroebe 1996, S. 260<br />

480 Zwar könnten wie<strong>der</strong>holte Kontakte mit e<strong>in</strong>er Botschaft Informationen (z.B. Markennamen o<strong>der</strong><br />

zentrale Produktattribute) vom Kurzzeitgedächtnis <strong>in</strong> das Langzeitgedächtnis transferieren, aber<br />

gleichzeitig entsteht mit <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>holung die Gefahr des Abnutzungseffektes. Dem kann man mit<br />

ger<strong>in</strong>gfügigen Än<strong>der</strong>ungen des Inhalts wie auch <strong>der</strong> Struktur <strong>der</strong> Werbung entgegentreten, so mit dem<br />

E<strong>in</strong>satz differenter Kommunikatoren (Sprecher), Humor <strong>und</strong>/o<strong>der</strong> das Aufzeigen nicht beworbener<br />

Produkteigenschaften; vgl. Bagozzi 2000, S. 577. Trotzdem e<strong>in</strong> schwieriges Unterfangen, da jede<br />

Neuerung auch problematisch empf<strong>und</strong>en werden kann. Insbeson<strong>der</strong>e aber im Konsumgüterbereich<br />

bestand Markenkommunikation bis vor kurzem hauptsächlich dar<strong>in</strong>, dass möglichst viele Konsumenten<br />

mit e<strong>in</strong>er e<strong>in</strong>heitlichen Botschaft angesprochen werden, Variationen unerwünscht; vgl. Haedrich 2003, S.<br />

150<br />

481 Vgl. Höhler 1999, S. 49


-118-<br />

Marken <strong>und</strong> ihre Identitäten werden auf dieser Stufe s<strong>in</strong>nlich bewertet, das<br />

Objekt/Subjekt o<strong>der</strong> das „Testimonial“ (Fürsprecher) 482 sieht gut aus, hat etwas<br />

Aufregendes, verbreitet e<strong>in</strong>e angenehme Stimmung, ist sympathisch, fühlt sich gut an<br />

etc. Über die Vermittlung von Erlebnissen soll Markentreue (Vertrauen) emotional<br />

begründet <strong>und</strong> e<strong>in</strong>e Akzeptanz des Preispremiums geschaffen werden. (Garantie- <strong>und</strong><br />

Vertrauensfunktion) Wenn e<strong>in</strong>e Marke <strong>in</strong> letzter Konsequenz nichts an<strong>der</strong>es ist als<br />

„Emotion plus abstrakte Werte“, 483 dann könnte man sagen, dass „wahre“ Marken erst<br />

ab dieser Stufe <strong>der</strong> Markenentwicklung entstehen.<br />

Die hier wirkenden experienziellen Markenkonzepte, so Andreas Streb<strong>in</strong>ger, York<br />

University Toronto, betonen das s<strong>in</strong>nliche Erleben des Produkts durch Aufbau von<br />

Assoziationen geschmacklicher, olfaktorischer, akustischer, visueller o<strong>der</strong> taktiler Natur.<br />

Genuss <strong>und</strong> Vergnügen stehen im Vor<strong>der</strong>gr<strong>und</strong>, <strong>der</strong> vorherrschende Verarbeitungsstil<br />

ist experienziell 484 - also die mit allen S<strong>in</strong>nen vorgenommene Wahrnehmung. Bei<br />

experienziellen Marken ist das wahrsche<strong>in</strong>lichste Reaktionsmuster auf e<strong>in</strong>e Botschaft<br />

jene des „Fühlens“, 485 <strong>der</strong> komplexen s<strong>in</strong>nlichen Wahrnehmung. Auch hier kommt es<br />

dadurch zu e<strong>in</strong>em starken Involvement, was sich als Affekt o<strong>der</strong> Emotion äußert.<br />

Wahrnehmung funktioniert <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel nur selektiv. Etwas zu sehen bedeutet im<br />

gleichen Akt, etwas an<strong>der</strong>es nicht sehen zu können. Das trifft ebenso auf den Akt, den<br />

Prozess <strong>der</strong> Identitätsherstellung zu: Das wie<strong>der</strong> <strong>und</strong> wie<strong>der</strong> (Re-)Präsentierte verweist<br />

auf das Nicht-Repräsentierte, das bereits durch Selektion im „Vorraum“ isoliert,<br />

abgewiesen <strong>und</strong> ausgeschieden wird. So auch <strong>in</strong>nerhalb <strong>der</strong> S<strong>in</strong>ne: was dem Sehen vor<br />

die Augen kommt, ist das Unerhörte, das, was durch den beherrschenden Sehs<strong>in</strong>n für<br />

die an<strong>der</strong>en S<strong>in</strong>ne zumeist verschlossen bleibt. 486<br />

Das Gehör zum Beispiel ist direkt verb<strong>und</strong>en mit Stimm-ungen. Die Nase hat über die<br />

Wahrnehmung von Gerüchen e<strong>in</strong>e direkte Verb<strong>in</strong>dung zum Gedächtnis <strong>und</strong> zur<br />

Er<strong>in</strong>nerung. Der Fühl- <strong>und</strong> Tasts<strong>in</strong>n ist zwar weniger empf<strong>in</strong>dlich, ermöglicht aber e<strong>in</strong>e<br />

weitere spezielle Wahrnehmung. Farberlebnis, Denken, Lesen, Hören werden zwar<br />

482 Der Effekt <strong>der</strong> Attraktivität des Sprechers (<strong>der</strong> Botschaft) auf die Bezugsgruppe hängt von <strong>der</strong>en<br />

Medien- <strong>und</strong> Botschafts-Involvement ab. Tatsächlich ist <strong>der</strong> E<strong>in</strong>fluss <strong>der</strong> Attraktivität größer, je weniger<br />

die Bezugsgruppe (<strong>in</strong> die Thematik/die Marke) <strong>in</strong>volviert ist, so Bagozzi 2000, S. 600<br />

483 Albrecht 2005, S. 7f.<br />

484 Streb<strong>in</strong>ger 2007, S. 95ff.<br />

485 Bagozzi 2000, S. 667ff.<br />

486 Vgl. Welsch 2006, S. 32


-119-<br />

<strong>in</strong>termodal <strong>in</strong>tegriert <strong>und</strong> synthetisiert, 487 aber Emotionen s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>e ursprünglichere Art<br />

<strong>der</strong> Kommunikation als Sprache <strong>und</strong> an<strong>der</strong>e symbolische Formen. 488<br />

Der M<strong>und</strong> ist e<strong>in</strong> Son<strong>der</strong>ungsorgan, er trennt nicht nur die Nahrung, son<strong>der</strong>n auch<br />

Sprache <strong>und</strong> Geschmack. Schmeckt man bewusst, so kann man gleichzeitig nicht<br />

sprechen 489 - <strong>und</strong> umgekehrt. Hier sche<strong>in</strong>t die etymologische Verwandtschaft des<br />

griechischen „nous“ mit dem <strong>in</strong>dogermanischen „snovos“ – schnüffeln“ 490 – direkt er-<br />

lebbar. Nahrung <strong>und</strong> Nahrungsaufnahme s<strong>in</strong>d bereits Formen <strong>der</strong> Kommunikation <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Antike, <strong>in</strong> <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>schaft als Tischgeme<strong>in</strong>schaft mit den Göttern konstituiert<br />

wurde. 491 Seit je her f<strong>in</strong>den sich Vorstellungen von <strong>der</strong> Kraft des Mahles <strong>und</strong> se<strong>in</strong>er<br />

vielfältigen s<strong>in</strong>nlichen Eigenschaften, die auf den Esser übergehen. 492 Je mannigfaltiger<br />

die Nahrung, je mehr S<strong>in</strong>ne sie anspricht – nicht nur das Auge – desto umfassen<strong>der</strong> die<br />

Kräfterestitution. 493<br />

Hier setzt Christ<strong>in</strong>e Arncken vom Forschungs<strong>in</strong>stitut für biologischen <strong>Landbau</strong> (FiBL) <strong>in</strong><br />

Frick/Schweiz an: „Immer wie<strong>der</strong> kann man bei sich selbst beobachten, dass man<br />

schon vor <strong>der</strong> Wahrnehmung wissen möchte, um was es sich handelt. Dies ist e<strong>in</strong><br />

starkes H<strong>in</strong><strong>der</strong>nis auf dem Weg zur Wesensbegegnung über Geruchs- <strong>und</strong><br />

Geschmackss<strong>in</strong>n. Wenn ich schon weiß, was ich vor mir habe, dann habe ich oft auch<br />

schon e<strong>in</strong> dezidiertes Vorurteil über die zu erwartenden E<strong>in</strong>drücke. Es gel<strong>in</strong>gt mir nicht,<br />

diesen <strong>in</strong>neren „Vor-Verurteiler“ zum Schweigen zu br<strong>in</strong>gen. Durch verbl<strong>in</strong>detes<br />

Riechen <strong>und</strong> Schmecken kann ich mich von ihm frei machen <strong>und</strong> mich e<strong>in</strong>lassen auf<br />

487 Emrich 2008<br />

488 Vgl. Horx 1996, S. 135<br />

489 „Essen im dunkeln“ kann dabei zu e<strong>in</strong>er ganz beson<strong>der</strong>en Erfahrung werden. Auch des Vertrauens,<br />

denn wer weiß schon, was auf dem Teller wirklich liegt?<br />

490 Vgl. Welsch 2006, S. 53<br />

491 Die griechische Hestia ist die Gött<strong>in</strong> des Herd- <strong>und</strong> Opferfeuers <strong>und</strong> <strong>der</strong> Familiene<strong>in</strong>tracht, man opfert<br />

ihr auf dem Herd. Dampf <strong>und</strong> Rauch gekochter wie gebratener Nahrung er<strong>in</strong>nern an die Veda, <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Agni den Göttern Opfergaben <strong>in</strong> Form von Rauch br<strong>in</strong>gt. Auch die griechischen Götter ernähren sich von<br />

Ambrosia, Nektar <strong>und</strong> Rauch. Im Hebräischen heißt „ruach“ (dt. Rauch) Hauch, Luft, W<strong>in</strong>d, Atem, Geist,<br />

Heiliger Geist.<br />

492 „Charakter“ kommt von griechisch „charasse<strong>in</strong>“ <strong>und</strong> bedeutet e<strong>in</strong>graben, e<strong>in</strong>ritzen, e<strong>in</strong>prägen. So ist<br />

nicht nur die Erde e<strong>in</strong> gigantischer Speicher menschlichen kulturellen Schaffens. Ihre Früchte wie<strong>der</strong>um<br />

prägen den sie konsumierenden Menschen <strong>und</strong> prägen damit wie<strong>der</strong>um se<strong>in</strong>en Charakter.<br />

493 Diese Ansicht müsste sich <strong>in</strong> <strong>der</strong> Gegenwart fatal ausüben, denn das Fleisch vernutzter Tiere müsste<br />

dem Esser bewusst machen, dass er <strong>in</strong> vielen Fällen nur „Mehrwertlieferanten“ <strong>der</strong> Wertschöpfungskette“<br />

ist. Welche e<strong>in</strong>dimensionale Zukunft <strong>in</strong> dieser Wertschöpfungskette, so müsste <strong>der</strong> Verbraucher denken,<br />

habe ich, wenn <strong>der</strong> Reduktionismus <strong>der</strong> Landwirtschaft - beispielsweise beim Weizen auf sechs<br />

Hochertragssorten, bei den Puten auf e<strong>in</strong>e Hochleistungsart, bei den Milchkühen auf die Turbo-<br />

Zwölftausendliter-Kuh (kreaturangemessen wären höchstens 4000l.) – weiter zunimmt? Vgl. Gottwald<br />

2002, S. 144.


-120-<br />

das Unbekannte.“ 494 Arncken untersucht daher sensorisch die Wachstumsdynamik <strong>der</strong><br />

W<strong>in</strong>terweizensorte „Tamaro“ aus konventionellen <strong>und</strong> biologischen Anbau <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />

Langzeit-Feldversuch. Es konnte festgestellt werden, dass Sensorik <strong>und</strong><br />

Gestalt/Entwicklungsdynamik <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em s<strong>in</strong>nvollen Zusammenhang stehen <strong>und</strong> dass<br />

man Geruch <strong>und</strong> Geschmack als direkteste Gradmesser <strong>der</strong> Nahrungsqualität ansehen<br />

kann. 495<br />

Je<strong>der</strong> Organismus verfügt über zumeist vielfältige Weisen - Signale (Farben) <strong>und</strong> Reize<br />

(Gerüche) – sich darzustellen. Unternehmen verschenken erhebliches Potenzial, wenn<br />

sie nicht „synästhetisch“ kommunizieren. Nur 0,0004 Prozent aller Reize <strong>und</strong> Signale<br />

<strong>der</strong> Außenwelt gelangen <strong>in</strong> das Bewusstse<strong>in</strong>. 496 Dazu verlaufen 70-80% aller<br />

Entscheidungen durch gespeicherte Reiz-Reaktionsmuster unbewusst. 497 Durch das<br />

Ansprechen mehrerer S<strong>in</strong>nesorgane erhöht sich aber die Verarbeitungskapazität wie<br />

auch Er<strong>in</strong>ner- <strong>und</strong> Abrufbarkeit <strong>der</strong> Informationen. 498<br />

Der "real,- Future Store"/Metro Group <strong>in</strong> Tönisvorst nutzt mo<strong>der</strong>nste Technologien <strong>in</strong><br />

dieser Weise: „Innovative Technologien unterstützen die ansprechende Präsentation<br />

des Frischfischsortiments, darunter das Erlebnis „Klang“. Über verdeckt angebrachte<br />

Lautsprecher ist <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em klar abgegrenzten Raum Meeresrauschen zu hören. Vor <strong>der</strong><br />

Theke bef<strong>in</strong>det sich e<strong>in</strong> <strong>in</strong>teraktiver Boden. Diese Projektion reagiert auf Bewegung.<br />

Betritt e<strong>in</strong> K<strong>und</strong>e die Fläche, verän<strong>der</strong>t sich das projizierte Bild. Zum E<strong>in</strong>kaufserlebnis,<br />

das alle S<strong>in</strong>ne anspricht, gehört natürlich ebenso „Erlebnis-Duft“. An <strong>der</strong> Fisch-<br />

Bedienung weht e<strong>in</strong> Hauch von Kräutern <strong>der</strong> Provence mit Limone. Der Geruch wird<br />

mithilfe ätherischer Öle erzeugt <strong>und</strong> über die Klimaanlage sanft im Verkaufsraum<br />

verbreitet. E<strong>in</strong>e angenehme <strong>und</strong> anregende Atmosphäre entsteht.“ 499 Professionelle<br />

Verkostungspunkte für die meisten geführten Produkte, Radiofrequenz-Identifikation<br />

(RFID), die die automatische Produkterkennung über e<strong>in</strong>en Smart Chip an <strong>der</strong> Ware<br />

494 Arncken 2008, S. 180<br />

495 http://orgpr<strong>in</strong>ts.org/11127/<br />

496 Kilian 2007, S. 326<br />

497 Häusel 2005, S. 66<br />

498 Physiologisch betrachtet werden zunächst Farben, dann Formen/Figuren <strong>und</strong> zuletzt <strong>der</strong> Text<br />

wahrgenommen. Primär aus Farben <strong>und</strong> Formen bestehende Bil<strong>der</strong> werden <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel als erstes <strong>und</strong><br />

länger als geschrieben Texte fixiert, vgl. Kilian 2007, S. 339. Um e<strong>in</strong> Bild mittlerer Komplexität so<br />

aufzunehmen, dass es später er<strong>in</strong>nert wird, s<strong>in</strong>d 1,5 bis 2 Sek<strong>und</strong>en erfor<strong>der</strong>lich – <strong>in</strong> <strong>der</strong> selben Zeit kann<br />

lediglich e<strong>in</strong> Satz mit e<strong>in</strong>er Länge von sieben bis zehn Wörtern aufgenommen werden, vgl. Herbst 2006,<br />

S. 88<br />

499 Innovationsbroschüre unter http://www.future-store.org/fsi<strong>in</strong>ternet/get/documents/FSI/multimedia/pdfs/Innovationsueberblick_080526_DE_f<strong>in</strong>al.pdf


-121-<br />

<strong>und</strong> damit Qualitätssicherung sowie die Auswertung des E<strong>in</strong>kaufsverhalten des<br />

jeweiligen K<strong>und</strong>en (CRM) ermöglicht sowie „mobile E<strong>in</strong>kaufsassistenten“, die<br />

selbständiges Scannen <strong>und</strong> Abrechnen sowie die Erstellung elektronischer<br />

E<strong>in</strong>kaufslisten ermöglichen, gehören ebenso zum Konsum <strong>der</strong> (sehr) nahen Zukunft.<br />

Vierte Stufe <strong>der</strong> Markenentwicklung<br />

Auf <strong>der</strong> vierten Entwicklungsstufe entsteht e<strong>in</strong>e symbolische, identitätsstiftende Marke.<br />

Die Marke wird zum Symbol, das als „Zeichen für Zeichen“ ermöglicht, etwas<br />

Abwesendes anwesend se<strong>in</strong> zu lassen beziehungsweise etwas nicht Darstellbares<br />

darzustellen. 500 Symbolische Markenkonzepte erlauben dem Konsumenten,<br />

Persönlichkeitseigenschaften sichtbar auszudrücken (symbolisch-nicht-sprachliche<br />

Kommunikation), <strong>und</strong> helfen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Aufrechterhaltung <strong>und</strong> Steigerung des<br />

Selbstwertgefühls sowie <strong>in</strong> <strong>der</strong> sozialen Selbstdarstellung (Prestige- <strong>und</strong><br />

Identitätsfunktion). Die Marke <strong>und</strong> ihre Identität gilt als Medium e<strong>in</strong>es zweiseitigen Aktes<br />

<strong>der</strong> Selbstwertschätzung, ob also <strong>der</strong>/die/das An<strong>der</strong>e me<strong>in</strong>e Selbstbewertung, wie gut<br />

<strong>und</strong> nützlich ich mich fühle, durch Gewahrwerdung <strong>der</strong> Marke zu unterstreichen<br />

vermag. Selbstkonsistenz, -darstellung <strong>und</strong> Selbstwertsteigerung s<strong>in</strong>d das Ziel. 501 Das<br />

erworbene Markenprodukt dient „symbolischer Selbstergänzung“. 502<br />

Symbole s<strong>in</strong>d geronnener S<strong>in</strong>n. 503 Soziale Systeme wie psychische Systeme können<br />

als S<strong>in</strong>nsysteme verstanden werden, die sich e<strong>in</strong>erseits durch S<strong>in</strong>n konstituieren <strong>und</strong><br />

an<strong>der</strong>erseits sich durch diesen sich von/aus ihrer Umwelt ab-/ausgrenzen. Soziale<br />

Systeme prozessieren S<strong>in</strong>n über sprachlich-symbolische Kommunikation. Psychische<br />

Systeme verarbeiten S<strong>in</strong>n über Vorstellungen <strong>und</strong> Gedanken. Psychische <strong>und</strong> soziale<br />

Systeme s<strong>in</strong>d im Wege <strong>der</strong> Co-evolution entstanden. S<strong>in</strong>n ermöglicht damit die<br />

Interpenetration psychischer wie auch sozialer Systembildungen bei Bewahrung ihrer<br />

Autopoiesis. S<strong>in</strong>n ermöglicht das Sichverstehen <strong>und</strong> Sichfortzeugen von Bewusstse<strong>in</strong> <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> Kommunikation <strong>und</strong> zugleich das <strong>in</strong> Ordnung resultierende Zurückrechnen <strong>der</strong><br />

Kommunikation auf das Bewusstse<strong>in</strong> <strong>der</strong> Beteiligten. 504 Die jeweils e<strong>in</strong>e Systemart ist<br />

notwendige Umwelt <strong>der</strong> jeweils an<strong>der</strong>en. Nur solange sich alle Handlungen <strong>und</strong><br />

500<br />

Baecker 2007, S. 75<br />

501<br />

Der vorherrschende ELM-Verarbeitungsstil ist <strong>der</strong> <strong>der</strong> aktiven Aufmerksamkeit <strong>und</strong><br />

Vore<strong>in</strong>genommenheit.<br />

502<br />

Strack 2008, S. 110<br />

503<br />

Griechisch „symballe<strong>in</strong>“ = zusammenballen, zusammenwerfen<br />

504 Vgl. Luhmann 1987, S. 297


-122-<br />

Kommunikationen, die im System stattf<strong>in</strong>den, auf dieses S<strong>in</strong>nkonstrukt beziehen, kann<br />

das System se<strong>in</strong>e Identität aufrechterhalten. 505 S<strong>in</strong>n schafft also wie die Gesamtheit <strong>der</strong><br />

„S<strong>in</strong>ne“ <strong>in</strong> <strong>der</strong> Kultur e<strong>in</strong> geme<strong>in</strong>sames Bezugssystem, das Erwartungen bee<strong>in</strong>flusst,<br />

Wahrnehmungen filtert, Interpretationen <strong>und</strong> Verständnis erleichtert,<br />

Komplexitätsreduktion ermöglicht, Handlungen lenkt <strong>und</strong> legitimiert. 506<br />

Die Beson<strong>der</strong>heit verschiedener Steuerungsmedien wie Geld, Sprache o<strong>der</strong> S<strong>in</strong>n,<br />

besteht dar<strong>in</strong>, dass sie sich als Symbole nach <strong>und</strong> nach von <strong>der</strong> Ebene realer,<br />

handgreiflicher Objekte lösen <strong>und</strong> e<strong>in</strong>e je spezifische Eigendynamik entwickeln. S<strong>in</strong>n<br />

hebt das von ihm betroffene Objekt auf, <strong>in</strong> <strong>der</strong> dreifachen hegelschen Bedeutung. S<strong>in</strong>n<br />

bagatellisiert erstens das Objekt, <strong>in</strong>dem ihm (nur) e<strong>in</strong>e (herrschende) Bedeutung (<strong>und</strong><br />

„Realität“) zugeschrieben wird, bewahrt es aber zweitens vor <strong>der</strong> Vernichtung mit <strong>der</strong><br />

S<strong>in</strong>nzuschreibung <strong>und</strong> erhöht es drittens gar durch den „Überschusss<strong>in</strong>n“. Der<br />

Überschusss<strong>in</strong>n vermag das Objekt gar <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e abgeson<strong>der</strong>te Sphäre zu versetzen. In<br />

dieser können die Objekte dem allgeme<strong>in</strong>en Gebrauch, dem freien Verkehr des<br />

Menschen entzogen se<strong>in</strong>. E<strong>in</strong> Vorgang, <strong>der</strong> dies bewerkstelligen kann, ist die religiöse<br />

Weihung, bei <strong>der</strong> e<strong>in</strong> Überrest <strong>der</strong> jeweils an<strong>der</strong>en Sphäre – des profanen Objektes<br />

o<strong>der</strong> aber des heiligen S<strong>in</strong>ns – auch nach <strong>der</strong> Weihe respektive dem Profanierungsakt<br />

verbleibt. 507<br />

Der Besitz e<strong>in</strong>es S<strong>in</strong>n-Objektes mit S<strong>in</strong>nüberschuss hat dabei die Funktion,<br />

Anerkennung für den Besitzer zu erwirken, se<strong>in</strong>er Persönlichkeit als e<strong>in</strong> Wert<br />

zugerechnet zu werden, Äußerlichkeit <strong>und</strong> Innerlichkeit mite<strong>in</strong>an<strong>der</strong> zu verweben. Der<br />

Reiz des „Echten“, wie er sich auch <strong>in</strong> <strong>der</strong> echten <strong>und</strong> nicht kopierten Marke wie<strong>der</strong>-<br />

f<strong>in</strong>det, besteht dar<strong>in</strong>, dass es mehr ist, als se<strong>in</strong> unmittelbare Ersche<strong>in</strong>ung, mehr als <strong>der</strong><br />

funktionale Wert des Objektes, den das „Echte“ mit dem Falsifikat teilt. 508 Dieses „Mehr-<br />

als-Ersche<strong>in</strong>ung“ übersteigt Gebrauchs- <strong>und</strong> ggf. auch Tauschwert, ist <strong>der</strong> eigentliche<br />

Wert symbolischer Marken. Der Konsum e<strong>in</strong>er Marke vermag qua<br />

„symbolischenrSelbstergänzung“ 509 e<strong>in</strong>e Person aufzuwerten, o<strong>der</strong> aber die gegebenen<br />

505 Vgl. Luhmann 1987, S. 92ff.<br />

506 Vgl. Keller 2004, S. 196<br />

507 Agamben 2005, S. 75. Als Exempel sei hier auf die Heilige Lanze, das Schild des Achill verwiesen<br />

o<strong>der</strong> auf e<strong>in</strong>ige Blankwaffen, wie Rolands Schwert Durendal o<strong>der</strong> Arthus’ Exkalibur.<br />

508 Vgl. auch Simmel 1999, S. 414ff.<br />

509 Strack 2008, S. 110


-123-<br />

Attribute zu unterstreichen 510 beziehungsweise die Verlässlichkeit <strong>und</strong> gleich bleibende<br />

Identität zu belegen (Selbstkongruenz). 511 Institutionen, Organisationen <strong>und</strong> Marken<br />

statten Individuen mit materiellen <strong>und</strong> symbolischen Ressourcen aus, die ihnen erst<br />

e<strong>in</strong>en S<strong>in</strong>n von Autonomie verleihen. Diese Autonomie aber hat gleichzeitig Freisetzung<br />

<strong>und</strong> Überfor<strong>der</strong>ung als Resultat, weswegen Autonomie wie<strong>der</strong>um <strong>in</strong> die herrschenden<br />

Institutionen <strong>und</strong> Machtbeziehungen <strong>in</strong> Form von „Unterwerfungsbereitschaft“ <strong>in</strong>vestiert<br />

wird. 512<br />

Die Marke strahlt wie e<strong>in</strong>e Körpersprache Signale an die soziale Mitwelt aus. Affiliation<br />

– das Bedürfnis nach sozialem Kontakt – geht mit drei Motiven e<strong>in</strong>her, dem sozialen<br />

Vergleich, <strong>der</strong> Verr<strong>in</strong>gerung von Angst <strong>und</strong> <strong>der</strong> Informationsgew<strong>in</strong>nung. In<br />

mehrdeutigen Situationen bietet die Gesellschaft an<strong>der</strong>er die Möglichkeit, die eigenen<br />

Reaktionen mit denen an<strong>der</strong>er zu vergleichen, um dadurch die Angemessenheit <strong>der</strong><br />

eigenen Gefühle <strong>und</strong> Unsicherheiten e<strong>in</strong>schätzen zu können beziehungsweise Lob <strong>und</strong><br />

Anerkennung zu erheischen (Stressreduktion, „buffer<strong>in</strong>g effect“). 513 Symbolische<br />

Zeichen können <strong>in</strong> diesem Kontext den Vergleich vere<strong>in</strong>fachen beziehungsweise<br />

gleichzeitig <strong>in</strong>tegrieren <strong>und</strong> differenzieren, es „läuft“ das Sozialprogramm mit se<strong>in</strong>em<br />

B<strong>in</strong>ärcode von Inklusion <strong>und</strong> Exklusion. 514 Symbolischer Nutzen besteht also auch <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> Vermittlung von Gruppenzugehörigkeit <strong>und</strong> <strong>der</strong> Generierung von<br />

Beziehungsvorteilen o<strong>der</strong> als S<strong>in</strong>nbild <strong>in</strong>dividuell wichtiger Werte <strong>und</strong> Lebensstile. 515 Je<br />

stärker dabei die Identifikation mit e<strong>in</strong>er Marke, umso stärker das Bedürfnis, dass alle <strong>in</strong><br />

gleicher Weise <strong>und</strong> Intensität auf das Identifikationsobjekt rekurrieren. 516<br />

Marken erreichen auf dieser Stufe „Mythos-Charakter“. Die „mythoi“ s<strong>in</strong>d nichts an<strong>der</strong>es<br />

als beson<strong>der</strong>e Geschichten. Und das In-Geschichten-Verstricktse<strong>in</strong> ist die Gr<strong>und</strong>lage<br />

für jede Rede von Mensch o<strong>der</strong> Seele. 517 Geschichten, dar<strong>in</strong> liegt e<strong>in</strong>e Hauptaufgabe,<br />

s<strong>in</strong>d Instrumente, um Komplexität zu reduzieren. Mythen stellen e<strong>in</strong>e spezielle Form <strong>der</strong><br />

510<br />

Beim Halo-Effekt überstrahlen e<strong>in</strong>zelne, beson<strong>der</strong>s betonte Eigenschaften (z. B. Attraktivität,<br />

Beh<strong>in</strong><strong>der</strong>ung, sozialer Status) die Wahrnehmung <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Eigenschaften, so dass e<strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>dimensionales Bild <strong>der</strong> Person entsteht.<br />

511<br />

Streb<strong>in</strong>ger 1997, S. 15<br />

512<br />

Holtgrewe 2005, S. 355ff., angelehnt an die „subjection“ Foucaults<br />

513<br />

Vgl. Buunk 1996, S. 366, <strong>der</strong> <strong>in</strong> diesem Kontext die Theorie des sozialen Vergleichs (Fest<strong>in</strong>ger)<br />

ausbreitet.<br />

514<br />

Helmann 2003, S. 306<br />

515<br />

Burmann 2007, S. 9ff.<br />

516<br />

Es gilt aber auch: Je mehr die Marke im Umlauf ist, je mit ihr kommuniziert wird, desto abnehmen<strong>der</strong><br />

wird ihr Grenznutzen h<strong>in</strong>sichtlich <strong>der</strong> Konstituierung von <strong>in</strong>dividueller Identität.<br />

517<br />

Schapp 1985, S. 160


-124-<br />

Reduktion von Komplexität dar, <strong>in</strong>dem sie die Entzweiung <strong>der</strong> Welt <strong>und</strong> die<br />

Entfremdung des Menschen zugunsten e<strong>in</strong>er herstellen. 518 Durch das Vertraute <strong>und</strong> die<br />

vertraute Form von Mythen <strong>und</strong> Geschichten wird das Unvertraute, Neue, <strong>in</strong>s Vertraute<br />

überführt. So können wir „<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er vertrauten Welt leben, weil wir das Unvertraute<br />

wie<strong>der</strong> <strong>in</strong>s Vertraute e<strong>in</strong>führen können, <strong>in</strong>dem wir Symbole verwenden. Wir müssen<br />

niemals die vertraute Welt verlassen;“ 519 so Niklas Luhmann.<br />

Mythen s<strong>in</strong>d Medien zwischen dem Unbekannten <strong>und</strong> dem Bekannten. Mythen<br />

oszillieren zwischen beiden Seiten <strong>der</strong> Unterscheidung, jeweils mit e<strong>in</strong>em semiotischen<br />

Rest <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite – <strong>und</strong> damit Anschlussfähigkeit - behaftet. 520 Das Oszillieren<br />

des Mythos ist damit „feste Verflüssigung“, se<strong>in</strong> S<strong>in</strong>n besteht dar<strong>in</strong>, S<strong>in</strong>n (wie<strong>der</strong>) <strong>in</strong><br />

Form umzuwandeln – beispielsweise <strong>in</strong> e<strong>in</strong> Markenprodukt - <strong>und</strong> diese Form „auf <strong>der</strong><br />

an<strong>der</strong>en Seite“ – auf <strong>der</strong> „Konsumentenseite“ - wie<strong>der</strong> <strong>in</strong> Bekanntes, Bedeutendes,<br />

Komplementär-S<strong>in</strong>n zu verwandeln. 521<br />

Damit er<strong>in</strong>nern Mythen an die Interpretation <strong>der</strong> Büchse <strong>der</strong> Pandora durch Christoph<br />

Mart<strong>in</strong> Wieland: „Die Büchse <strong>der</strong> Pandora […] war we<strong>der</strong> mehr noch weniger als e<strong>in</strong>e<br />

wirkliche Büchse, im eigentlichen Wortverstande, <strong>und</strong> zwar – e<strong>in</strong>e Schm<strong>in</strong>kbüchse […]<br />

Sche<strong>in</strong>en <strong>und</strong> Seyn, welche E<strong>in</strong>s seyn sollten, wurden zweyerlei […] Die menschliche<br />

Gesellschaft glich nun e<strong>in</strong>er großen Maskerade.“ 522<br />

Die Schm<strong>in</strong>kbüchse aber ist Kosmetik, also e<strong>in</strong>e Kunst des Schmückens, des<br />

Ausschmückens <strong>der</strong> Ordnung, denn Kosmetik leitet sich vom griechischen „Kosmos“,<br />

<strong>der</strong> Ordnung, ab. Kulissen <strong>und</strong> Rollen s<strong>in</strong>d daher auch Bestandteil e<strong>in</strong>es jeden Lebens,<br />

die Kernidee des Theaters ist allgegenwärtig im Alltagsleben. Denn das Subjekt erfährt<br />

sich sowohl <strong>in</strong> <strong>der</strong> Identifikation mit Schemata als auch <strong>in</strong> <strong>der</strong>en (vorsichtiger)<br />

Überschreitung. 523 Mythen o<strong>der</strong> Geschichten schaffen dabei Anreize zur Identifikation,<br />

518<br />

Vgl. dazu Hellmann 2005, S. 3f.<br />

519<br />

Luhmann 2001, S. 144ff.<br />

520<br />

Vgl. hierzu Horkheimer/Adorno (2006, S. 6), für die bereits <strong>der</strong> Mythos Aufklärung ist <strong>und</strong> die<br />

Aufklärung <strong>in</strong> Mythologie zurückschlägt.<br />

521<br />

In diesem S<strong>in</strong>ne erklären sich die von Hans Blumenberg als Merkmale von Mythen ausgewiesenen<br />

Eigenschaften: Gleichzeitigkeit beziehungsweise Doppeldeutigkeit, latente Identität, Kreisschlüssigkeit,<br />

Wie<strong>der</strong>kehr des Gleichen, Reziprozität von Wi<strong>der</strong>stand <strong>und</strong> Dase<strong>in</strong>ssteigerung <strong>in</strong> <strong>der</strong> Problemlösung <strong>und</strong><br />

Isolierung des Realitätsgrades; vgl. Blumenberg 2006, S. 80. Zur Semiologie des Mythos vgl. Barthes<br />

1964, <strong>in</strong> dem hier angesprochenen Kontext <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e 104ff.<br />

522<br />

Wieland 2002, S. 168. E<strong>in</strong>er schönen Ordnung, denn Kosmetik leitet sich vom griechischen Kosmos<br />

für Ordnung ab.<br />

523 Vgl. Schulze 2000, S 73


-125-<br />

zur Übernahme neuer Rollen <strong>und</strong> Motivationen. Sie s<strong>in</strong>d die Werkzeuge <strong>der</strong> „<strong>in</strong>neren<br />

Werkstatt“, <strong>in</strong> <strong>der</strong> „die Elemente alles Se<strong>in</strong>s <strong>in</strong> den mannigfaltigsten Arten auf den<br />

mannigfachsten Stufen ihrer Verarbeitung ersche<strong>in</strong>en.“ 524 Menschen brauchen<br />

Symbole <strong>und</strong> Bil<strong>der</strong>, Gruppen von Menschen, Öffentlichkeiten brauchen Symbole <strong>und</strong><br />

Bil<strong>der</strong>welten. 525 Marken führen die durch die Individualisierung <strong>und</strong> Auflösung von<br />

Schichten <strong>und</strong> Klassen zum Teil verloren geglaubte Sicherheit durch die H<strong>in</strong>tertür<br />

wie<strong>der</strong> e<strong>in</strong>. Kollektive <strong>und</strong> <strong>in</strong>dividuelle Habitualisierung stammt heutzutage nicht mehr<br />

aus direkten Umwelten. Marken <strong>und</strong> Massenmedien lassen Handeln zum Handeln <strong>in</strong><br />

Inszenierungen nach dem Muster von Medien-Vorbil<strong>der</strong>n werden. 526 Die Marke<br />

avanciert zum Identitäts-Medium.<br />

Insofern s<strong>in</strong>d Mythen (wie Marken-Mythen) „e<strong>in</strong>e Taucherglocke“, <strong>in</strong> <strong>der</strong> je<strong>der</strong> se<strong>in</strong>en<br />

eigenen Ausdruck <strong>und</strong> S<strong>in</strong>n zu f<strong>in</strong>den vermag 527 sowie gleichzeitig auch e<strong>in</strong><br />

„Beherrschtse<strong>in</strong> durch Über<strong>in</strong>dividuelles <strong>in</strong> unmittelbar erfahrenen Bil<strong>der</strong>n.“ 528 Im<br />

Über<strong>in</strong>dividuellen f<strong>in</strong>den sich „Gr<strong>und</strong>muster <strong>in</strong>st<strong>in</strong>kthaften Verhaltens“, 529 „spezifisch<br />

geprägte Formen“ <strong>und</strong> „Erlebniskomplexe“ 530 : die Archetypen, die ebenso wie die<br />

Mythen vieldeutig <strong>und</strong> paradox s<strong>in</strong>d. 531 Der Markenbesitzer wird hier Besitzer von<br />

Produktionsmitteln für kollektiv geltende Symboliken, von „mobilen<br />

Repräsentationen“. 532<br />

Es kommt, laut Gerhard Schulze, daher nicht mehr auf Bildung im klassischen S<strong>in</strong>ne<br />

an, son<strong>der</strong>n auf „folkloristische Formensouveränität“, zu denen er rechnet: die<br />

Zeichensprache zu kennen, standardisierte Situationen richtig e<strong>in</strong>zuschätzen, mit dem<br />

Archiv <strong>der</strong> Ereignismuster vertraut zu se<strong>in</strong>. 533<br />

524 Fiedler 1977, S. 138<br />

525 Vgl. Gottwald 2003/3, S. 189<br />

526 Vgl. Payrhuber 2008, S. 211ff.<br />

527 Kerényi 1971, S. 17ff.<br />

528 Kerényi 2007, S. 7f.<br />

529 Jung 2008, S. 46<br />

530 Jung 2008, S. 32<br />

531 Jung 2008, S. 40f. Der Freud-Schüler, Schweizer Mediz<strong>in</strong>er <strong>und</strong> Psychologe <strong>und</strong> sowie Begrün<strong>der</strong> <strong>der</strong><br />

Analytischen Psychologie Carl Gustav Jung (1875-1961) zählt zu den hauptsächlichen Archetypen den<br />

„Schatten“, den „ Alten“, das „K<strong>in</strong>d“ (<strong>in</strong>klusive <strong>der</strong> Heldenjunge), die „Mutter“ („Urmutter“ <strong>und</strong> „Erdmutter)<br />

als übergeordnete Persönlichkeit („dämonisch“, weil übergeordnet) <strong>und</strong> ihr entsprechendes Gegenteil,<br />

das „Mädchen“, sodann die „Anima“ beim Manne <strong>und</strong> „Animus“ bei <strong>der</strong> Frau, vgl. Jung 2008, S. 138<br />

532 Vergleichbar auch mit “The K<strong>in</strong>g's Two Bodies“ von Ernst Kantorowicz, <strong>der</strong> aus <strong>der</strong> politischen<br />

Theologie des Mittelalters die Vorstellung e<strong>in</strong>es natürlichen (materiellen), sterblichen Körpers <strong>und</strong> e<strong>in</strong>es<br />

übernatürlichen (immateriellen), also unsterblichen Körpers des Königs destilliert, die entscheidend auch<br />

für die Repräsentationstheorien des mo<strong>der</strong>nen Staates waren - <strong>und</strong> dessen Gehalt sich zum<strong>in</strong>dest partiell<br />

<strong>in</strong> die Marken überlädt.<br />

533 Schulze 2000, S. 94ff.


-126-<br />

Als Zeichen von Zeichen s<strong>in</strong>d Symbole des weiteren Speicher von S<strong>in</strong>n <strong>in</strong> Form<br />

positiver Stimmungen, angenehmer Musik, attraktiven Szenen o<strong>der</strong> Sprechern,<br />

angenehmen Stimuli wie Geschmack, Aromen, Ausblicke, Geräusche sowie<br />

Er<strong>in</strong>nerungen an Ereignisse o<strong>der</strong> Orte. Viele Produkteigenschaften können auch gar<br />

nicht direkt wahrgenommen werden. So lässt sich beispielsweise nicht unmittelbar<br />

erkennen, ob Äpfel biologisch angebaut wurden o<strong>der</strong> Kleidungsstoffe hautverträglich<br />

s<strong>in</strong>d. In solchen Situationen erhöhter Unsicherheit kommt dem (Vor-)Wissen <strong>und</strong> den<br />

Erwartungen des Konsumenten beziehungsweise <strong>der</strong> Symbolhaftigkeit e<strong>in</strong>e Marke<br />

beson<strong>der</strong>s handlungsleitende Funktion zu.<br />

Die nicht greifbaren, „<strong>in</strong>tangiblen Phänomene“ gew<strong>in</strong>nen immer mehr an Bedeutung. In<br />

vielen Unternehmen s<strong>in</strong>d die immateriellen Ressourcen <strong>in</strong>zwischen deutlich mehr wert<br />

als die materiellen Vermögensgegenstände. Unter <strong>in</strong>tangiblen beziehungsweise<br />

immateriellen Ressourcen werden e<strong>in</strong>erseits immaterielle Vermögenswerte (assets) <strong>und</strong><br />

an<strong>der</strong>erseits Fähigkeiten (skills) <strong>und</strong> Kompetenzen (competences) <strong>der</strong> Mitarbeiter<br />

verstanden. Faktoren wie Bekanntheit, Wissen, Reputation/Image, Vertrauen, Loyalität<br />

<strong>und</strong> Engagement, Akzeptanz <strong>und</strong> Übere<strong>in</strong>stimmung mit den Unternehmenszielen,<br />

Führungsverhalten <strong>und</strong> Motivation/Kooperation im Unternehmen, K<strong>und</strong>enzufriedenheit<br />

<strong>und</strong> Präferenz können zudem nicht ohne weiteres imitiert werden. 534 Immaterielle<br />

Unternehmenswerte bee<strong>in</strong>flussen die Marktkapitalisierung direkt als Geschäftswert <strong>und</strong><br />

<strong>in</strong>direkt durch die För<strong>der</strong>ung von Transaktionen. 535 Das macht sie zur Quelle für<br />

nachhaltige Wettbewerbsvorteile <strong>und</strong> neue Rechnungslegungsmethoden <strong>und</strong><br />

Managementsysteme unterstützen dies. 536<br />

Fünfte Stufe <strong>der</strong> Markenentwicklung<br />

Der Status, den e<strong>in</strong>e Marke erreicht hat, ist allerd<strong>in</strong>gs im Zeitverlauf ke<strong>in</strong>eswegs<br />

konstant. Marken können durch externe <strong>und</strong> <strong>in</strong>terne E<strong>in</strong>flüsse ihre Position verlieren,<br />

ihre Wertigkeiten än<strong>der</strong>n, ihren Charakter wandeln – wie menschliche Persönlichkeiten<br />

534 Vgl. Hellmann 2007, S. 1<br />

535 Vgl. Rosenstiel 2007, S. 199<br />

536 Vgl. Pfannenberg 2005, S. 185. Dies wird bereits messbar gemacht, beispielsweise im Intangible<br />

Assets Monitor von Sveiby o<strong>der</strong> im Intellectual Capital Monitor von Stewart o<strong>der</strong> auch <strong>in</strong> Kaplan/Nortons<br />

Balance Scorecard, vgl. Lehner 2000, S. 313ff.


-127-<br />

– o<strong>der</strong> auch e<strong>in</strong>fach das Vertrauen verlieren. Das Ziel <strong>der</strong> fünften Stufe <strong>der</strong><br />

Markenentwicklung heißt Vertrauen.<br />

Fragile Industrie-Gesellschaften s<strong>in</strong>d durch e<strong>in</strong>en hohen Bedarf an verlässlicher<br />

Kooperation mit »Fremden« gekennzeichnet, also Personen, mit denen zumeist bis<br />

dato ke<strong>in</strong>e persönliche Erfahrung o<strong>der</strong> geteilte Lebenswelt bestand beziehungsweise<br />

besteht. 537 In <strong>der</strong> globalen Ökonomie wird die gegenseitige E<strong>in</strong>sicht <strong>in</strong> die Verhältnisse<br />

„unvollkommener, das Vertrauen bed<strong>in</strong>gter, die Vollstreckbarkeit <strong>der</strong> Ansprüche<br />

unsicherer“, 538 so <strong>der</strong> Soziologe Georg Simmel bereits vor über 100 Jahren. Jedes<br />

komplexe psychische o<strong>der</strong> soziale System erfährt zwar die eigenen Kont<strong>in</strong>genzen als<br />

Freiheitsgrade o<strong>der</strong> Alternativspielraum, die Kont<strong>in</strong>genzen an<strong>der</strong>er Systeme aber als<br />

e<strong>in</strong> Problem von Ungewissheit <strong>und</strong> mangeln<strong>der</strong> Erwartungssicherheit. 539<br />

Bereits im 17. Jahrh<strong>und</strong>ert thematisierte Thomas Hobbes Vertrauen im Kontext<br />

vertraglich vere<strong>in</strong>barter Leistungen. Vertragliches Übere<strong>in</strong>kommen, so Hobbes,<br />

verlangt „Treu <strong>und</strong> Glauben“. 540 Denn e<strong>in</strong>e Seite muss fast immer eventuell riskante<br />

Vorleistungen erbr<strong>in</strong>gen <strong>und</strong> ergo e<strong>in</strong> Risiko e<strong>in</strong>gehen. Die Vorleistungen erbr<strong>in</strong>gende<br />

Seite muss dabei entwe<strong>der</strong> auf die Ehre des Vertragspartners (Treu=Ehre, Reputation)<br />

o<strong>der</strong> auf die weltliche (Recht) beziehungsweise göttliche Sanktion (Glauben=Moral)<br />

hoffen. Nur diese drei Elemente – Ehre/Reputation, Recht, Moral - mögen die „drei<br />

Hauptursachen des Streites <strong>in</strong> <strong>der</strong> menschlichen Natur [...] Wettstreben, Argwohn <strong>und</strong><br />

Ruhmsucht“ 541 zugunsten <strong>der</strong> Vertragserfüllung bannen. Diese Begriffsreihe „Moral-<br />

Reputation-Recht“ wird uns im folgenden Kapitel im Kontext des ethischen Konsums<br />

wie<strong>der</strong> begegnen.<br />

Der Faktor „Glauben“ verdeutlicht die Rolle des Credo, des kreditgleichen<br />

Vertrauensvorschusses, <strong>der</strong> bei unsicherem Erfahrungswissen notwendig ist. Vertrauen<br />

ist also e<strong>in</strong> „mittlerer Zustand zwischen Wissen <strong>und</strong> Nichtwissen, <strong>der</strong> e<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>- <strong>und</strong><br />

Abschätzung erfor<strong>der</strong>t.“ 542 Kernpunkt personaler Identität wie auch des Vertrauens ist<br />

537 Vgl. Offe 2001, S. 261<br />

538 Simmel 1991, S. 220<br />

539 Willke 2006, S. 31<br />

540 Vgl. Hobbes 1965, S. 105<br />

541 Hobbes 1965, S. 98. Wi<strong>der</strong>spruch <strong>und</strong> Interdependenzen <strong>in</strong>begriffen, so zwischen Ehre <strong>und</strong><br />

Ruhmsucht, zwischen Argwohn <strong>und</strong> Recht wie auch – cum grano salis – zwischen Moral <strong>und</strong><br />

Wettstreben, das sich im Kampf <strong>der</strong> Moralen untere<strong>in</strong>an<strong>der</strong>/gegene<strong>in</strong>an<strong>der</strong> wie auch h<strong>in</strong>sichtlich richtiger<br />

Exegese <strong>der</strong> Moral äußern kann.<br />

542 Simmel 1999, S. 393f.


-128-<br />

also nicht die physikalische Ersche<strong>in</strong>ung o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>e biologische Abstammung, son<strong>der</strong>n<br />

e<strong>in</strong> soziales Konstrukt, 543 das sich <strong>in</strong> Form gebündelter Erwartungen äußert. Vertrauen<br />

ist also e<strong>in</strong>e (gegenseitige 544 <strong>und</strong> zum Teil unbewusste) Spekulation auf mögliche<br />

Transaktionskosten 545 <strong>und</strong> Kohärenz, auf auch <strong>in</strong> <strong>der</strong> Zukunft anhaltende Identität <strong>und</strong><br />

e<strong>in</strong> Handeln, das sich aufgr<strong>und</strong> e<strong>in</strong>er Interaktionsgeschichte, e<strong>in</strong>es Erfahrungswissens,<br />

als berechenbar zeigt. 546<br />

Je länger die für beide Seiten befriedigende Interaktionsgeschichte, desto größer das<br />

Vertrauen <strong>und</strong> das historische Erfahrungswissen, dass Erwartungen nicht enttäuscht<br />

werden. Je weniger e<strong>in</strong> solches Erfahrungswissen vorliegt, desto größer die Sehnsucht<br />

nach e<strong>in</strong>em „Schonverständigtse<strong>in</strong> <strong>in</strong> den Kernschichten <strong>und</strong> <strong>in</strong> den<br />

Handlungsgewohnheiten“, 547 nach „Rückzug <strong>in</strong> kle<strong>in</strong>ere Welten re<strong>in</strong> lokaler<br />

Bedeutsamkeit“. 548 Hier kann das weniger Vertraute mit vertrauten Medien <strong>und</strong><br />

Symbole – wie beispielsweise <strong>in</strong> Region, Heimat, Geschichte 549 – erneut <strong>in</strong> Vertrautes,<br />

Alltägliches, überführt werden.<br />

Vertrauen for<strong>der</strong>t also e<strong>in</strong>e gel<strong>in</strong>gende Interaktionsgeschichte <strong>und</strong> e<strong>in</strong>e gel<strong>in</strong>gende<br />

Interaktionsgeschichte erfor<strong>der</strong>t Vertrauen. In <strong>der</strong> Weltmarktgesellschaft s<strong>in</strong>d daher<br />

Anreize erfor<strong>der</strong>lich. Anreize für den Vertrauensgeber, se<strong>in</strong>e Entscheidung zu fällen<br />

sowie Anreize für den Vertrauensnehmer, das Vertrauen zu erfüllen. 550 Denn mit dem<br />

Tätigen von (faktorspezifischen) Investitionen begibt sich <strong>der</strong> Vorleistende <strong>in</strong><br />

Abhängigkeit <strong>und</strong> damit <strong>in</strong> das Risiko, opportunistisch ausgebeutet zu werden. 551 In <strong>der</strong><br />

Welt(markt)gesellschaft addieren sich zudem Unsicherheiten, die aus den vermehrt<br />

asymmetrischen Beziehungen <strong>der</strong> Tauschpartner herrühren, Asymmetrien im Besitz<br />

543<br />

Vgl. Willke 2006, S. 175<br />

544<br />

Vertrauen oszilliert zwischen Vertrauensnehmer <strong>und</strong> –geber, ist „fuzzy“, vgl. Kosko 1999, S. 27ff.<br />

545<br />

So zum Beispiel <strong>der</strong> Ex-ante-Transaktionskosten, die bei Entwurf, Verhandlung, sowie Absicherung<br />

e<strong>in</strong>es Vertrages auftreten <strong>und</strong> den Ex-post-Transaktionskosten, die durch Anpassung, Kontrolle <strong>und</strong><br />

Überwachung während <strong>der</strong> Austauschbeziehung verursacht werden; vgl. Keller 2004, S. 81<br />

546<br />

Vgl. hierzu das spieltheoretische Gefangenendilemma. Die gegenwärtige ökonomische Globalkrise ist<br />

durch Erosion nicht nur <strong>der</strong> „Zahlungsmittelmenge“ <strong>in</strong> <strong>der</strong> „Spekulationskasse“ (Keynes) gekennzeichnet,<br />

son<strong>der</strong>n auch durch jene des Vertrauens – nicht nur <strong>in</strong>nerhalb des Weltf<strong>in</strong>anzsystems.<br />

547<br />

Gehlen 1986, S. 54<br />

548<br />

Luhmann 2001, S. 157<br />

548<br />

Simmel 1999, S. 393f.<br />

548<br />

Luhmann 2001<br />

549<br />

So Mayer-Tasch 1985, S. 231<br />

550<br />

Vgl. Hard<strong>in</strong> 2001, S. 295<br />

551<br />

Sog. „Hold-up“-Verhalten, vgl. Keller 2004, S. 83. In diesem Kontext greift dann auch die „Pr<strong>in</strong>cipal-<br />

Agent-Theorie“, die sich mit dem Risiko befasst, das e<strong>in</strong> Agent (beispielsweise <strong>der</strong> Arbeitnehmer) nicht im<br />

S<strong>in</strong>ne des Pr<strong>in</strong>zipals handelt.


-129-<br />

von Produktionsmitteln <strong>und</strong> –Faktoren als auch <strong>in</strong> <strong>der</strong> E<strong>in</strong>schätzung von Tauschbarkeit,<br />

Konvertierbarkeit <strong>und</strong> Marktfähigkeit e<strong>in</strong>er jeden Sache. 552<br />

Das Ziel e<strong>in</strong>er Marke ist Vertrauen, Vertrauen, das sich das spezifische Versprechen<br />

<strong>der</strong> Marke für den Konsumenten immer wie<strong>der</strong> erfüllt. Vertrauen spart dann auf<br />

Konsumentenseite Transaktions-Kosten, die ansonsten für das Verr<strong>in</strong>gern des Risikos<br />

e<strong>in</strong>es Fehlkaufes hätten <strong>in</strong>vestiert werden müssen. Reputation als Ruf <strong>der</strong><br />

Vertrauenswürdigkeit des Unternehmens h<strong>in</strong>gegen hilft diesem, die Market<strong>in</strong>g-Effizienz<br />

<strong>und</strong> Effektivität zu vergrößern, Markentreue aufzubauen, Gew<strong>in</strong>nmargen zu verbessern,<br />

E<strong>in</strong>fluss über die E<strong>in</strong>zelhändler zu bekommen <strong>und</strong> sich von <strong>der</strong> Konkurrenz zu<br />

differenzieren. 553<br />

Vertrauensbildende Maßnahmen – noch ke<strong>in</strong> Vertrauen selbst - s<strong>in</strong>d beispielsweise<br />

Zertifikate. In punkto Lebensmittelsicherheit gibt es neben den rechtlichen Vorgaben <strong>der</strong><br />

EU <strong>und</strong> <strong>der</strong> e<strong>in</strong>zelnen Nationalstaaten <strong>in</strong>ternationale Standards wie etwa den ISO<br />

22000, e<strong>in</strong> weltweit ausgelegtes Managementsystem. E<strong>in</strong> weiteres Exempel ist <strong>der</strong><br />

International Food Standard, <strong>der</strong> <strong>der</strong> Überprüfung <strong>und</strong> Zertifizierung von Systemen<br />

dient, die Sicherheit <strong>und</strong> Qualität bei <strong>der</strong> Produktion von Lebensmitteln garantieren<br />

sollen. Dem „Qualitätssicherungssystem“ haben sich bis heute etwa 100.000<br />

Systempartner im Bereich <strong>der</strong> Fleischwaren <strong>und</strong> mehr als 16.000 im Bereich Obst <strong>und</strong><br />

Gemüse angeschlossen – aus dem europäischen Ausland kommen noch e<strong>in</strong>mal 7500<br />

Betriebe h<strong>in</strong>zu. 554<br />

Vertrauen ist also das Ergebnis e<strong>in</strong>er gel<strong>in</strong>genden Interaktionsgeschichte, e<strong>in</strong><br />

kohärentes Verhalten, e<strong>in</strong> Zusammenhang, <strong>der</strong> sich ebenso <strong>in</strong> <strong>der</strong> zyklischen<br />

Gr<strong>und</strong>konstellation e<strong>in</strong>er Sitcom f<strong>in</strong>det. Diese besticht <strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie durch stereotype<br />

Verhaltensweisen <strong>der</strong> e<strong>in</strong>zelnen Serienfiguren, die verschiedene Erwartungs- <strong>und</strong><br />

Werthaltungen <strong>in</strong>nerhalb e<strong>in</strong>er homöostatischen „Transformation des Immergleichen“<br />

bestätigen. 555 Es gilt im wahrsten S<strong>in</strong>ne das „Gesetz des Wie<strong>der</strong>sehens“ 556 <strong>und</strong> damit<br />

e<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>haltung gegebener Zusagen <strong>in</strong>nerhalb <strong>der</strong> Interaktionsgeschichte. Somit gibt es<br />

552 Asymmetrische Beziehungen, die die Vertragstheorien nicht erfassen, s<strong>in</strong>d beispielsweise<br />

Beziehungen von Erwachsenen zu K<strong>in</strong><strong>der</strong>n, Jungen zu Alten, Reichen zu Armen, Ges<strong>und</strong>en zu Kranken,<br />

Nichtbeh<strong>in</strong><strong>der</strong>ten zu Beh<strong>in</strong><strong>der</strong>ten etc.<br />

553 Vgl. Bagozzi 2000, S. 551.<br />

554 Vgl. Gottwald 2008, S. 195<br />

555 Esser 2005, S. 2<br />

556 Vgl. Weber 1980, S. 383


-130-<br />

zwei Situationen, <strong>in</strong> denen Kommunikation – auch diejenige <strong>der</strong> symbolischen <strong>und</strong><br />

relationalen Markenkommunikation - kritisch werden könnte. E<strong>in</strong> Zuviel an Variabilität<br />

könnte e<strong>in</strong>en Abbruch <strong>der</strong> Kommunikation implizieren, e<strong>in</strong> Zuwenig an Variabilität birgt<br />

die Gefahr <strong>der</strong> „Kommunikationssklerose“. 557<br />

Bei gel<strong>in</strong>gen<strong>der</strong> Markenkommunikation gehen Konsumenten <strong>in</strong> <strong>der</strong> vierten <strong>und</strong> fünften<br />

Stufe regelrecht Beziehungen zu Marken e<strong>in</strong>, die menschlichen, psychologischen<br />

Beziehungen gleichen können. 558 Personifizierungen <strong>der</strong> Marke durch „menschliche<br />

Touchpo<strong>in</strong>ts“ wie Market<strong>in</strong>g-Testimonials, Werbe-Stars, bekannte<br />

Unternehmerpersönlichkeiten, Personal <strong>und</strong> Verkaufsberater beför<strong>der</strong>n dies noch. E<strong>in</strong><br />

Meilenste<strong>in</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> wissenschaftlichen Erforschung <strong>der</strong> Markenpersönlichkeit ist die von<br />

Jennifer Aaker, Market<strong>in</strong>g-Professor<strong>in</strong> <strong>in</strong> Stanford, aus dem Jahre 1997. Danach ist<br />

e<strong>in</strong>e Markenpersönlichkeit „the set of human characteristics associated with a brand. To<br />

illustrate, Absolut vodka personified tends to be described as a cool, hip, contemporary<br />

25-year old, whereas Stoli´s (Stolichnaya) personified tends to be decribed as an<br />

<strong>in</strong>tellectual, conservative, ol<strong>der</strong> man. In contrast to „product-related attributes“, which<br />

tend to serve a utilitarian function for consumers, brand personalitiy tends to serve a<br />

symbolic or self-expressive function.” 559<br />

Die Präferenz für e<strong>in</strong>e Marke nimmt dabei zu, je stärker sie mit den Eigenschaften des<br />

Konsumenten übere<strong>in</strong>stimmt: „Motivated by this logic, previous research has suggested<br />

that the greater the congruity between the human characteristics that consistently and<br />

dist<strong>in</strong>ctively describe an <strong>in</strong>dividuals´s actual or ideal self and those that describe a<br />

brand the greater the preference fort he brand.“ 560 Die Psychologen Arnd Florack <strong>und</strong><br />

Mart<strong>in</strong> Scarabis sprechen von „Feel<strong>in</strong>g right“, wenn Produktattributionen den<br />

motivationalen Orientierungen des Konsumenten entsprechen. 561 Damit steigt die<br />

Identifikation mit <strong>der</strong> Marke wie auch Kaufabsicht sowie Zahlungsbereitschaft. Marken<br />

machen also dem Verbraucher verschiedene Verfassungsangebote, <strong>der</strong> wie<strong>der</strong>um die<br />

Marke wählt, die am besten se<strong>in</strong>er <strong>in</strong>tendierten Verfassung entspricht. 562<br />

557 Hellmann 2003, S. 338<br />

558 Vgl. Florack 2007, S. 186.<br />

559 Aaker 1997, S. 347<br />

560 Aaker 1997, S. 348<br />

561 Vgl. Florack 2007, S. 184f.<br />

562 Vgl. Scarabis 2007, S. 424


-131-<br />

Die Identität <strong>der</strong> Markenpersönlichkeit muss dabei - wie die Identität <strong>der</strong> Subjekte - stets<br />

aktiv hergestellt werden. Denn im Prozess wechselseitiger Interaktion <strong>und</strong><br />

Verän<strong>der</strong>ungen wirkt je<strong>der</strong> Interaktionsteilnehmer auf alle an<strong>der</strong>en e<strong>in</strong>, <strong>und</strong> je<strong>der</strong><br />

Beobachter beschreibt sich <strong>und</strong> se<strong>in</strong> Verhalten als „etwas“, das vom Beobachter<br />

beschrieben wird, was vom Beobachter beschrieben wird, das vom Beobachteten<br />

beschrieben wird, was vom Beobachter beschrieben wird etc. 563 Dementsprechend<br />

kann man „Aktuelles Selbst“ (momentane Selbste<strong>in</strong>schätzung), „Ideales Selbst“ (wie<br />

man sich gerne hätte), „Aktuelles Sozial-Selbst“ (wie man glaubt, von an<strong>der</strong>en<br />

Personen wahrgenommen zu werden) <strong>und</strong> „Ideales Sozial-Selbst“ (wie man von<br />

an<strong>der</strong>en gerne wahrgenommen werden möchte) unterscheiden. 564 Dabei s<strong>in</strong>d die<br />

sozialen Selbstkonzepte nicht nur zweimal, son<strong>der</strong>n so oft vorhanden, wie das<br />

Individuum An<strong>der</strong>e mit unterschiedlichen Wahrnehmungen <strong>und</strong> Ansprüchen ausmachen<br />

kann. Das „Selbst“ als identitäre Fiktion ist ja nichts an<strong>der</strong>es als e<strong>in</strong> „assoziatives<br />

Netzwerk“, als Wissensknoten im Langzeitgedächtnis, das bei passen<strong>der</strong> Gelegenheit<br />

abgerufen, aber mit <strong>der</strong> Zeit auch redigiert, verän<strong>der</strong>t, neu geknüpft werden kann. 565<br />

Ego<br />

Unternehmen /<br />

Markenidentität<br />

563 Simon 1993, S. 107<br />

564 Vgl. Streb<strong>in</strong>ger 1997, S. 5<br />

565 Horx 2002, S. 162<br />

Identität<br />

<strong>der</strong> Markenpersönlichkeit<br />

Aktuelles Selbst<br />

Ideales Selbst<br />

Aktuelles Sozial- Selbst<br />

Ideales Sozial-Selbst<br />

Alter<br />

Konsument /<br />

Markenimage


-132-<br />

Laut Aaker können Marken, analog zu den fünf Hauptdimensionen <strong>der</strong> menschlichen<br />

Persönlichkeit 566 , auf fünf gr<strong>und</strong>legende Dimensionen reduziert werden: 567 Competence<br />

(Sachk<strong>und</strong>igkeit), S<strong>in</strong>cerity (Aufrichtigkeit), Sophistication (Kultiviertheit), Ruggedness<br />

(Unempf<strong>in</strong>dlichkeit), Excitement (Erregung). Doch variieren diese Dimensionen von<br />

Kultur zur Kultur: “For example, <strong>in</strong> <strong>in</strong>dividualist cultures, where <strong>in</strong>dependence,<br />

autonomy, and uniqueness are valued, consumers are more likely to use brands to<br />

express how they are different from members of their <strong>in</strong>-group. In contrast, <strong>in</strong> collectivist<br />

cultures, where <strong>in</strong>terdependence, conformity, and similarity are valued, consumers are<br />

more likely to use brands to express how they are similar to members of their <strong>in</strong>-<br />

group“. 568 Ralf Mä<strong>der</strong> hat fünf Dimensionen für Deutschland ermittelt, 569 die wir hier im<br />

Wertekreis darstellen:<br />

566 Das psychologische Fünf-Faktoren Modell <strong>der</strong> „Big Five“ postuliert die fünf Dimensionen<br />

Neurotizismus, Extraversion, Offenheit für Erfahrungen, Verträglichkeit <strong>und</strong> Gewissenhaftigkeit<br />

567 Aaker 1997, S. 352<br />

568 Aaker 1997, S. 355. So konnte Aaker bei späteren Studien feststellen, dass beispielsweise <strong>in</strong> Spanien<br />

die Dimensionen „Competence” <strong>und</strong> „Ruggedness“ durch „Passion” (Leidenschaft) <strong>und</strong> „Peacefulness“<br />

(Friedfertigkeit) ersetzt werden müssten<br />

569 Nach Waller 2007, S. 15. Fabian Hieronimus h<strong>in</strong>gegen stellt für Deutschlang e<strong>in</strong>e zwei Faktoren<br />

be<strong>in</strong>haltende Doppeldimension fest: Vertrauen <strong>und</strong> Sicherheit auf <strong>der</strong> e<strong>in</strong>e Seite, Temperament <strong>und</strong><br />

Leidenschaft auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite. Diese würden sich noch „besser“ <strong>in</strong> den Wertekreis <strong>in</strong>tegrieren<br />

lassen, aber <strong>der</strong> „Faktor Natürlichkeit“ ist für diese Arbeit nicht ganz irrelevant.


-133-<br />

Wenn die Marke e<strong>in</strong>e Persönlichkeit ist, dann s<strong>in</strong>d die Werbe-Maßnahmen (Anzeigen,<br />

Plakate, Spots, Events etc.) im weitesten S<strong>in</strong>ne ihre Gesten, Verhalten, Kommentar,<br />

dann s<strong>in</strong>d die Markeneigenschaften (Preis, Qualität, Verarbeitung, Geschmack) ihre<br />

Fähigkeiten <strong>und</strong> Anlagen, dann ist die Packung ihre Kleidung, ihr Gesichtsausdruck. 570<br />

Da Vermenschlichung e<strong>in</strong>es passiven Objekts alle<strong>in</strong>e stellt noch ke<strong>in</strong>e h<strong>in</strong>reichende<br />

Voraussetzung für das Vorliegen e<strong>in</strong>er Marken-Konsumenten-Beziehung dar. 571 Es<br />

sollten weitere Möglichkeiten zur Interaktion geschaffen werden, um den Aufbau e<strong>in</strong>es<br />

affektiven, emotionalen „Markencommitments“ zu bewirken, „through mean<strong>in</strong>gful brand<br />

and consumer actions, as per the reciprocity pr<strong>in</strong>ciple of which all relationships are<br />

gro<strong>und</strong>ed.“ 572 Susann Fournier hat als Associate Professor of Bus<strong>in</strong>ess Adm<strong>in</strong>istration<br />

<strong>der</strong> Harvard Bus<strong>in</strong>ess School aus menschlichen Beziehungsformen 15 wichtige<br />

Markenbeziehungsformen extrahiert: 573<br />

Arrangierte Ehe<br />

<strong>in</strong>hibited/gehemmt<br />

Bekanntschaft<br />

sociable/gesellig<br />

Zweckmäßige Ehe<br />

detached/gelöst<br />

Ehe aus Verb<strong>und</strong>enheit<br />

warm/warmherzig<br />

„Beste Fre<strong>und</strong>e“<br />

friendly/befre<strong>und</strong>et<br />

Interessengeme<strong>in</strong>schaft<br />

assured/sicher, überzeugt<br />

Verwandtschaft<br />

deferent/respektvoll<br />

Ersatz-/ Sicherheitsbeziehung<br />

unassured/unsicher<br />

Jugendfre<strong>und</strong>schaft<br />

trust<strong>in</strong>g/vertrauensvoll<br />

Durch Dritte arrangierte Geme<strong>in</strong>schaft, ger<strong>in</strong>g an<br />

Affektivität <strong>und</strong> Engagement<br />

Fre<strong>und</strong>schaft mit ger<strong>in</strong>ger Zuneigung <strong>und</strong> Intimität.<br />

Langfristige, engagierte Verb<strong>in</strong>dungen, durch<br />

äußere Anlässe motiviert.<br />

Langfristige, freiwillig, mit Liebe, Intimität,<br />

Vertrauen <strong>und</strong> Treue<br />

Freiwillig, Gegenseitigkeit, Ehrlichkeit <strong>und</strong><br />

Intimität, Interessenübere<strong>in</strong>stimmung<br />

Spezialisiert, situationsbestimmt, <strong>in</strong>terdependent,<br />

leicht zu etablieren <strong>und</strong> aufzulösen.<br />

Unfreiwillige Geme<strong>in</strong>schaft aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong><br />

Abstammung.<br />

Übergangsbeziehung - „Rites de passage“<br />

Unregelmässig, affektiv, Er<strong>in</strong>nerungsfokussiert<br />

570 Grünewald 2006, S. 3<br />

571 Vgl. Bruhn 2007, S. 231<br />

572 Fournier 1998, S. 365<br />

573 Eigene Darstellung nach Fournier 1998, S. 362, ergänzt um den Typus „Eifersüchtige Beziehung“


Werben / Brautschau<br />

exhibitionistic/exhibitionistisch<br />

Verfallenheit/ Abhängigkeit<br />

submissive/demütig, unterwürfig<br />

Flüchtige Liebschaften<br />

competitive/hart umkämpft<br />

Hass-Liebe<br />

cold/kaltherzig<br />

Geheime Affairen<br />

dom<strong>in</strong>ant/beherrschend<br />

Versklavung / Hörigkeit<br />

hostile/fe<strong>in</strong>dseelig<br />

Eifersüchtige Beziehung<br />

mistrust<strong>in</strong>g/misstrauisch<br />

-134-<br />

Offene Beziehungen<br />

Obsessive, hoch emotionale, selbstsüchtige<br />

Anziehungskraft, Partner ist unersetzlich.<br />

Kurzzeitige Verb<strong>in</strong>dungen mit hoher emotionaler<br />

Bestätigung<br />

Intensive Beziehungen, charakterisiert durch<br />

Egoismus <strong>und</strong> Abneigung.<br />

Sehr gefühlsbetont, riskant - Privatissimum<br />

Unfreiwillige Geme<strong>in</strong>schaft, höchst e<strong>in</strong>seitig.<br />

Hoch emotional, e<strong>in</strong>engend<br />

Fournier leitet daraus sechs Dimensionen ab, die jeweils e<strong>in</strong>en starken E<strong>in</strong>fluss auf die<br />

Markenbeziehung haben: Verpflichtende B<strong>in</strong>dung (commitment), Expressivität (self-<br />

connection), Interdependenz (<strong>in</strong>terdependence), Intimität (<strong>in</strong>timacy),<br />

Leistungsversprechen (Brand Partner Quality), Leidenschaft (Love an Passion). 574 In<br />

<strong>der</strong> sich anschließenden Grafik ist die Dimension „Interdependenz“ nicht extra verortet,<br />

da sie bereits Bestandteil des Wertekreises ist, gekennzeichnet <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Gegenüberstellung zwischen „Ich“ <strong>und</strong> „Wir“. Der <strong>in</strong>terpersonale Circumplex (IPC), <strong>der</strong><br />

als e<strong>in</strong>es <strong>der</strong> am besten erforschten <strong>und</strong> ausgearbeiteten Modelle zur Beschreibung<br />

<strong>und</strong> Messung von Persönlichkeit gilt <strong>und</strong> sich <strong>in</strong> <strong>der</strong> Emotionspsychologie <strong>und</strong> <strong>der</strong><br />

<strong>in</strong>terpersonellen Traitforschung etabliert hat, 575 wurde auf <strong>der</strong> Innenseite des<br />

Wertekreises e<strong>in</strong>gezeichnet <strong>und</strong> harmoniert sowohl mit dem Wertekreis als auch mit<br />

den Ergebnissen von Fournier.<br />

574 Fournier 1998, S. 363ff.<br />

575 Vgl. http://www.<strong>in</strong>terpersonalcircle.com/


-135-<br />

Der Fokus mythisch-symbolischer Markenkonzepte liegt daher auf <strong>der</strong> Erzielung von<br />

Sympathie <strong>und</strong> gegenseitigem Vertrauen zwischen den jeweiligen Bezugsgruppen <strong>und</strong><br />

den Marken (Kommunikations- <strong>und</strong> Inklusionsfunktion). Relationale Markenkonzepte<br />

übernehmen die Funktion e<strong>in</strong>es festen Anbieters von Deutungshilfen <strong>und</strong><br />

Erklärungen. 576 Markencommunities können die Dist<strong>in</strong>ktion gegenüber an<strong>der</strong>en<br />

Kollektiven, Gruppen o<strong>der</strong> Marken bewirken: „Pride is driven by the knowledge that they<br />

are part of a dist<strong>in</strong>ct m<strong>in</strong>ority, an <strong>in</strong>-group of the <strong>in</strong>itiated.” 577 Dadurch weisen<br />

markentreue Konsumenten <strong>in</strong> dieser Markenentwicklungsstufe e<strong>in</strong>e hohe Treue zu ihrer<br />

präferierten E<strong>in</strong>kaufsstätte auf, wie auch umgekehrt E<strong>in</strong>kaufsstättentreue häufig mit<br />

Markentreue e<strong>in</strong>hergeht. 578<br />

Selbstverständlich steht das Erreichen e<strong>in</strong>er evolutionären Markenstufe immer unter<br />

dem Verdikt <strong>der</strong> Verän<strong>der</strong>ung. Marken können sich höher entwickeln o<strong>der</strong> erreichte<br />

Entwicklungsstufen verlassen.<br />

576 Hellmann 2005, S. 20<br />

577 McEwen 2005, S. 89ff.<br />

578 Haedrich 2003, S. 215


-136-


-137-<br />

4.2. Der symbolische Tausch im ethischen Konsum<br />

Das ökonomische Steuerungsmedium Geld macht die Operationen <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en<br />

Funktionssysteme anfällig für die Idee <strong>der</strong> Steigerung, die jedem Wirtschaften <strong>in</strong>härent<br />

ist. Beispielsweise werden unternehmerische <strong>und</strong> marktwirtschaftliche<br />

Organisationsformen bei <strong>der</strong> Erledigung öffentlicher Aufgaben zugr<strong>und</strong>e gelegt. Public-<br />

Private-Partnerships (PPP), also Partnerschaften zwischen öffentlicher Hand <strong>und</strong><br />

privaten Institutionen, sollen zum e<strong>in</strong>en die Lösung staatlicher Aufgaben<br />

gewährleisten. 579 Gleichzeitig wird die Transformation des Staatsbürgers zum<br />

Unternehmer im Rahmen e<strong>in</strong>es „Empowerment“ zu mehr Selbstbestimmung<br />

vorgenommen. 580<br />

Dementsprechend richtet sich <strong>der</strong> Protest des ermächtigten Individuums nicht mehr nur<br />

gegen klassische politische Entscheidungsträger, 581 son<strong>der</strong>n verstärkt gegen<br />

Unternehmen o<strong>der</strong> ganze Branchen. 582 Die Antwort <strong>der</strong> Unternehmen besteht <strong>in</strong><br />

gesteigerter Demonstration sozialer <strong>und</strong> ökologischer Verantwortung. Damit erklärt sich<br />

e<strong>in</strong> parallel verlaufen<strong>der</strong> Prozess: Märkte <strong>und</strong> Konsumpraktiken „entern“ Politik <strong>und</strong><br />

Gesellschaft, legen sich aber gleichzeitig Regeln <strong>der</strong> Selbstkontrolle <strong>und</strong><br />

Selbststeuerung zu; die (Zivil-)Gesellschaft wie<strong>der</strong>um erklärt die Wirtschaft zu ihrer<br />

Arena. 583<br />

Vor wenigen Jahren konnte <strong>der</strong> Wirtschaftsethiker Karl Homann mit Recht festhalten,<br />

dass sich Wettbewerb <strong>und</strong> Ethik/Moral nicht ausschließen, wenn Ethik <strong>in</strong> den<br />

Handlungsbed<strong>in</strong>gungen <strong>und</strong> Wettbewerb <strong>in</strong> den Spielzügen herrsche. 584 Doch die<br />

579<br />

Gefängnisse, Krankenhäuser, öffentliche Verwaltung, Bildung, Krieg <strong>und</strong> Kommunen werden<br />

privatisiert – <strong>der</strong> Bertelsmannkonzern Arvato hat bereits mehrere Kommunen <strong>und</strong> Verwaltungen <strong>in</strong><br />

Großbritannien <strong>und</strong> Deutschland, unter an<strong>der</strong>em Würzburg, digitalisiert <strong>und</strong> gestrafft.<br />

580<br />

Ewert 2005, S. 3. Nach Ewert wird dies <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e von Marktliberalen - aber auch Anhängern <strong>der</strong><br />

progressiv-sozialdemokratischen Reformstrategie des dritten Weges – begrüßt.<br />

581<br />

Ob reziprok o<strong>der</strong> nicht: Die Bürger verlieren sukzessive das Vertrauen <strong>in</strong> die Politik. Nach e<strong>in</strong>er Forsa-<br />

Studie aus dem Jahre 2006 haben 70% ke<strong>in</strong> Vertrauen mehr <strong>in</strong> das politische Führungspersonal, es<br />

werden politischen Akteure <strong>und</strong> Institutionen deutliche Wertedefizite unterstellt; vgl. Behnke 2008, S. 61.<br />

Nach Behnke würde e<strong>in</strong> Vertrauensgew<strong>in</strong>n durch die Schaffung von mehr politischen Kontrollmöglichkeiten<br />

zu realisieren se<strong>in</strong>. Aber ist nicht bereits schon <strong>der</strong> Akt <strong>der</strong> Kontrolle e<strong>in</strong> Akt des<br />

Misstrauens? Von Wertedefizit kann man wohl auch nicht sprechen, denn Werte s<strong>in</strong>d nicht defizitär,<br />

son<strong>der</strong>n Werte<strong>in</strong>stellungen weichen <strong>in</strong> an<strong>der</strong>e Wertesektoren aus. Die Unzufriedenheit <strong>der</strong> Bürger sche<strong>in</strong>t<br />

dar<strong>in</strong> zu bestehen, dass ggf. erwartete Werthaltungen im Bereich <strong>der</strong> politischen Repräsentanten<br />

unterrepräsentiert se<strong>in</strong> könnten.<br />

582<br />

Vgl. Bar<strong>in</strong>ghorst 2007, S. 7<br />

583<br />

Lamla 2005, S. 1<br />

584<br />

Homann 2005, S. 56f.. Hohmann zu Adam Smith´s Metapher von <strong>der</strong> „unsichtbaren Hand“, die nur gilt<br />

für „Prozesse <strong>in</strong>nerhalb e<strong>in</strong>er geeigneten Rahmenordnung; die Entwicklung <strong>und</strong> Etablierung dieser


-138-<br />

ungenügende (Kontext-)Steuerung im Bereich ethischer Weltwirtschaftsb<strong>in</strong>dungen lässt<br />

Wettbewerb <strong>in</strong> den Handlungsbed<strong>in</strong>gungen zu <strong>und</strong> führt damit zur „Moralisierung“, zur<br />

Moralisierung von Spielern <strong>und</strong> Spielzügen, zur Kontextsteuerung von Angebot <strong>und</strong><br />

Nachfrage am Po<strong>in</strong>t of Purchase. Damit wird das im Bereich des Vertrauens so<br />

relevante Phänomen <strong>der</strong> „Treue“ <strong>und</strong> die E<strong>in</strong>haltung selbiger reaktiviert, was früher<br />

unter <strong>der</strong> eher aristokratischen Ehre, heute unter dem Stichwort „Reputation“ <strong>und</strong><br />

„ethischer Konsum“ zu e<strong>in</strong>er Bestenauslese am Markt führen soll. Damit wird e<strong>in</strong>e<br />

umfassende <strong>und</strong> gel<strong>in</strong>gende Markenkommunikation gemäß <strong>der</strong><br />

Markenentwicklungsstufen für alle Teile <strong>der</strong> Wertschöpfungskette zur Voraussetzung.<br />

In <strong>der</strong> Begriffsreihe Moral-Reputation-Recht deckt gr<strong>und</strong>sätzlich je<strong>der</strong> vorstehende<br />

Begriff den Umfang des folgenden, aber nicht umgekehrt: Die vollkommene Moral<br />

gebietet von sich aus, was Reputation <strong>und</strong> Recht for<strong>der</strong>n, die vollkommene Reputation,<br />

was das Recht verlangt, das Recht aber hat den ger<strong>in</strong>gsten Umfang, es ist das<br />

„ethische M<strong>in</strong>imum“. 585 Das Recht erwirkt äußere Zwecke (Handlungen) durch äußere<br />

Mittel (Gesetze), die Sittlichkeit (Moral) <strong>in</strong>nere Zwecke (Gewissensre<strong>in</strong>heit) durch <strong>in</strong>nere<br />

Mittel (Sanktionen), die Reputation erreicht äußere Zwecke durch äußere <strong>und</strong> <strong>in</strong>nere<br />

Mittel. So steht die Reputation <strong>in</strong> <strong>der</strong> Mitte <strong>der</strong> Begriffsreihe, da sie we<strong>der</strong> nur die re<strong>in</strong>e<br />

Innerlichkeit des moralischen Vorwurfs, noch ausschließlich die staatliche Gewalt<br />

rechtlicher Sanktionen besitzt. 586<br />

Rahmenordnung verdankt sich dagegen evolutionären Lernprozessen <strong>und</strong> <strong>der</strong> „sichtbaren Hand“ des<br />

Rechts. “<br />

585 Vgl. Ehmann 2000, S. 9ff.<br />

586 Vgl. Huiz<strong>in</strong>ga 1961, S. 101ff.


-139-<br />

Reputation liegt im Wertekreis nicht zwischen Recht <strong>und</strong> Moral/Ethik, son<strong>der</strong>n dem<br />

Recht nahezu komplementär gegenüber im Schwellenbereich traditionaler <strong>und</strong><br />

selbststeigern<strong>der</strong> Werthaltungen. 587 Reputation umfasst auf <strong>der</strong> e<strong>in</strong>en Seite die eher<br />

passive Variante, die im Wertekreis mit den Stichwörtern „Gesicht wahren“ <strong>und</strong><br />

„Zugehörigkeitsgefühl“ charakterisiert ist, wie auch aktive Handlungen, die die<br />

Erarbeitung sozialer Anerkennung, von Erfolg <strong>und</strong> Autorität zum Ziel haben. Reputation<br />

bezeichnet ergo „das öffentliche Ansehen, das e<strong>in</strong>e Person, Institution, Organisation<br />

o<strong>der</strong> allgeme<strong>in</strong>er e<strong>in</strong> (Kollektiv-)Subjekt mittel- o<strong>der</strong> langfristig genießt <strong>und</strong> das aus <strong>der</strong><br />

Diffusion von Prestige<strong>in</strong>formationen an unbekannte Dritte über den Geltungsbereich<br />

persönlicher Sozialnetze h<strong>in</strong>aus resultiert.“ 588<br />

Der Wettbewerb <strong>in</strong> den Handlungsbed<strong>in</strong>gungen <strong>und</strong> Vertrauensverlust führen dazu,<br />

dass Bestandteil von Unternehmensreputation e<strong>in</strong>e glaubwürdige, freiwillige<br />

Selbstb<strong>in</strong>dung an Werte ist. Nicht zuletzt, um sich gegenüber neuen<br />

Umweltkonstellationen verbesserte „evolutionäre“ Chancen zu verschaffen. Ziel <strong>der</strong> sich<br />

selbst rückb<strong>in</strong>denden Unternehmen 589 ist es, sich gegenüber dem Wettbewerbsumfeld<br />

587 Da Reputation aus dem Phänomen <strong>der</strong> Ehre hervorgeht <strong>und</strong> Ehrenhändel notfalls auch das Recht zur<br />

Wi<strong>der</strong>herstellung bedrohter Ehre suspendieren, sche<strong>in</strong>t die Verortung gr<strong>und</strong>sätzlich begründet zu se<strong>in</strong>.<br />

588 Eisenegger 2005, S. 24<br />

589 Lat. religere=Rückb<strong>in</strong>dung. Die Nähe <strong>der</strong> Reputation zum traditionellen „Letztwertesektor“ manifestiert<br />

sich <strong>in</strong> ihrer Nähe zu Credo (Glaube) <strong>und</strong> Hoffnung, denn „da notabene Reputation wie Börsenwert<br />

zentral von positiven Zukunftserwartungen getrieben s<strong>in</strong>d, besteht zwischen beiden Größen zwangsläufig<br />

e<strong>in</strong>e signifikante Korrelation,“ so <strong>der</strong> Schweizer Reputationsfachmann Mark Eisenegger (2005, S. 37).<br />

Gegenseitige Selbstb<strong>in</strong>dung, die sich symbolisch am Po<strong>in</strong>t of Purchase vere<strong>in</strong>t, firmiert auch unter dem


-140-<br />

positiv abzuheben, die Konsumenten zu <strong>in</strong>volvieren <strong>und</strong> jene damit selbst mit<br />

rückzub<strong>in</strong>den, nämlich an die jeweiligen Marken wie auch die Unternehmung als<br />

Corporate Brand selbst. Dabei wird häufig auf die obersten Werte e<strong>in</strong>er kulturellen o<strong>der</strong><br />

subsystemischen Hierarchisierung rekurriert, was die angestrebte Ungleichheit –<br />

Differenzierung durch Selbstb<strong>in</strong>dung an Werte – vielfach <strong>in</strong> Gleichheit enden lässt. 590<br />

Je nach Unternehmensvision beziehungsweise Mission <strong>und</strong> Charakter <strong>der</strong><br />

Anspruchsgruppen ist unternehmerische Verantwortung auf die Verwirklichung von<br />

Umweltthemen (Corporate Environmental Responsibility, CER) ausgerichtet o<strong>der</strong> zielt<br />

auf soziales Engagements im Rahmen e<strong>in</strong>es „Corporate Citizenship“. Dieses liegt dann<br />

vor, wenn Unternehmen als gute Bürger – als Corporate Citizen – auftreten, „<strong>in</strong> ihr<br />

gesellschaftliches Umfeld <strong>in</strong>vestieren <strong>und</strong> ordnungspolitische Mitverantwortung<br />

übernehmen. Sie helfen mit, Strukturen bereichsübergreifen<strong>der</strong> Zusammenarbeit <strong>und</strong><br />

Soziales Kapital aufzubauen, um zusammen mit Partnern aus an<strong>der</strong>en<br />

gesellschaftlichen Bereichen (Bildungs-, Sozial- <strong>und</strong> Kulture<strong>in</strong>richtungen,<br />

Bürger<strong>in</strong>itiativen <strong>und</strong> NGOs, Verbänden, Politik, an<strong>der</strong>en Unternehmen etc.) konkrete<br />

Probleme ihres Geme<strong>in</strong>wesens zu lösen. In diesen Prozess br<strong>in</strong>gen sie nicht nur Geld,<br />

son<strong>der</strong>n alle ihre Ressourcen – also Mitarbeiterengagement, fachliches Know-how <strong>und</strong><br />

Organisationskompetenz, Informationen etc. – e<strong>in</strong>.“ 591<br />

Gesellschaftliches Engagement soll wirtschaftlichen Erfolg implizieren wie auch<br />

umgekehrt wirtschaftlicher Erfolg als Indikator für die öffentliche Anerkennung<br />

gesellschaftlichen Engagements gelten möge. Das notwendige erwerbswirtschaftliche<br />

Pr<strong>in</strong>zip <strong>der</strong> Unternehmen wird angesichts diverser Bewertungsrichtl<strong>in</strong>ien <strong>und</strong><br />

Börsennotierungen berücksichtigt: „Susta<strong>in</strong>ability and efficiency <strong>in</strong>itiatives save costs<br />

and <strong>in</strong>crease the value of the company. The FTSE4Good Index and the emergence of<br />

external CSR rank<strong>in</strong>gs (for <strong>in</strong>stance Susta<strong>in</strong>able Value) highlight how companies are<br />

<strong>in</strong>creas<strong>in</strong>gly assessed <strong>in</strong> terms of their susta<strong>in</strong>ability and CSR activities.” 592 Silke Riedel<br />

vom Imug-Institut Hannover, das börsennotierte Unternehmen nach ökologischen <strong>und</strong><br />

ethischen Kriterien durchleuchtet, ergänzt: „Ethisch, ökologisch <strong>und</strong> wirtschaftlich<br />

Stichwort „Karma-Kapitalismus“. In <strong>der</strong> h<strong>in</strong>duistischen Lehre ist Karma das universelle Zusammenspiel<br />

von Ursache <strong>und</strong> Wirkung. Hier hängt das zukünftige Leben von den Handlungsweisen im Hier <strong>und</strong> Jetzt<br />

ab.<br />

590 Hellmann 2007, S. 6.<br />

591 So Habisch 2003, S. 58<br />

592 Burmeister 2008, S. 2


-141-<br />

verantwortliches Verhalten verbessert die Zukunftsfähigkeit e<strong>in</strong>es Unternehmens <strong>und</strong><br />

damit auch die Erträge <strong>der</strong> Aktionäre.“ 593<br />

Wenn aber das E<strong>in</strong>nehmen von Werten nur <strong>der</strong> Wert-E<strong>in</strong>nahme – im S<strong>in</strong>ne von Erlösen<br />

– dient <strong>und</strong> zu e<strong>in</strong>em „struggle between look<strong>in</strong>g good and do<strong>in</strong>g good“ 594 führt, kann das<br />

für die Unternehmung katastrophale Folgen haben im S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>es symbolischen<br />

Offenbarungseides <strong>und</strong> Vertrauensverlustes. 595 Wichtig ist die Glaubwürdigkeit, die <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> Vergangenheit durch zu viele Botschaften, Produkte <strong>und</strong> Dienste erschüttert wurde,<br />

so dass Verbraucher annehmen, dass ihnen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Produktwerbung nur etwas<br />

vorgaukelt wird. 596 E<strong>in</strong> nicht gerade unwichtiges Moment, werden doch bis zu 80% <strong>der</strong><br />

Kaufentscheidungen aus dem Bauch gefällt, 597 <strong>und</strong> 70% Prozent aller Konsumenten<br />

kaufen ke<strong>in</strong>e Waren von Unternehmen, von denen sie e<strong>in</strong>e schlechte Me<strong>in</strong>ung<br />

haben. 598<br />

In e<strong>in</strong>em fünfstufigen Modell wollen wir die unterschiedlichen Intensitäten e<strong>in</strong>er ethisch-<br />

moralischen Konsumhandlung aufzeigen. Dabei liegen je<strong>der</strong> Stufe zwei elevatorische<br />

Gr<strong>und</strong>differenzierungen zugr<strong>und</strong>e, <strong>und</strong> zwar die Unterscheidung zwischen e<strong>in</strong>erseits<br />

<strong>der</strong> Positionierung / <strong>der</strong> Stufe des Produktes im Markenentwicklungs-Wertkreis,<br />

an<strong>der</strong>erseits zwischen <strong>der</strong> Motivation des Konsumenten, also ob das (Marken-) Produkt<br />

dem aktuellen/idealen Selbst o<strong>der</strong> dem aktuellen/idealen Sozial-Selbst zukommen soll.<br />

Aktuelles <strong>und</strong> ideales Selbst f<strong>in</strong>den sich im Wertekreis <strong>in</strong> <strong>der</strong> ovalen Markierung „Ich“,<br />

s<strong>in</strong>d mit selbstbestimmenden <strong>und</strong> selbststeigernden Werthaltungen konnotiert. Die<br />

Formen des sozialen Selbst erstrecken sich über universalistische <strong>und</strong> traditionelle<br />

Werthaltungen, die durch den „Wir-Kreis“ repräsentiert werden.<br />

1. E<strong>in</strong> Konsument erwirbt Milch, da diese beson<strong>der</strong>s ges<strong>und</strong> se<strong>in</strong> soll, die<br />

Leistungsfähigkeit steigert <strong>und</strong> auch noch gut schmeckt. Se<strong>in</strong> Motiv wird geleitet durch<br />

die Werte <strong>in</strong>dividuelle-körperliche „Ges<strong>und</strong>heit“ <strong>und</strong> „Leistungsfähigkeit“ – den<br />

selbststeigernden Werthaltungen entstammend, es geht dem Konsumenten um e<strong>in</strong><br />

aktuelles (Erhaltung) o<strong>der</strong> ideales Selbst (Ges<strong>und</strong>heitsverbesserung). Bei <strong>der</strong><br />

593 Gerth 2008<br />

594 Zitiert nach Maaß 2002, S. 132<br />

595 Beispielhaft steht hier die 200 Millionen Euro teure Kampagne „Beyond Petroleum“ von BP, bei <strong>der</strong><br />

sich drei Jahre später herausstellte, dass sie mehr den PR-Anfor<strong>der</strong>ungen als <strong>der</strong> Realität entsprach,<br />

was die Börse sofort mit e<strong>in</strong>em Verlust von zehn Prozent <strong>der</strong> Aktie quittierte. Gerth 2008<br />

596 http://www.s<strong>in</strong>us-sociovision.de/Download/Management-Summary_S<strong>in</strong>us-Trendreport-2008.pdf<br />

597 Schmidt 2004, S. 224<br />

598 Herbst 2006, S. 10


-142-<br />

Produktauswahl vergleicht er bewusst ges<strong>und</strong>heitsför<strong>der</strong>nde Ingredienzien <strong>und</strong> Zusätze<br />

wie auch Testergebnisse - „functional food“ gehört nicht nur begrifflich zu funktionalenb<br />

Marke - sowie Bekanntheit <strong>der</strong> Marke <strong>und</strong> entscheidet sich für e<strong>in</strong> für ihn gutes Preis-<br />

Leistungsverhältnis.<br />

E<strong>in</strong> an<strong>der</strong>er Konsument nutzt beispielsweise die Möglichkeit, an e<strong>in</strong>em<br />

Verkostungspunkt mehrere Sorten Milch direkt zu vergleichen, die e<strong>in</strong>en beson<strong>der</strong>s<br />

samtenen o<strong>der</strong> süßlichen Geschmack verheißen. 599 E<strong>in</strong> dritter mag Milch, aber am<br />

liebsten weiterverarbeitet <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Milch-Schokoladen-Mischprodukt, das extra viel<br />

Milch enthält <strong>und</strong> auch Spiel, Spaß <strong>und</strong> Spannung verspricht. Hier handelt es sich auf<br />

Seiten des Konsumenten um selbstbestimmende Werthaltungen – Neugierde,<br />

Stimulation -, die mit experienziellen Marken gestillt werden möchte. Aber es handelt<br />

sich <strong>in</strong> ke<strong>in</strong>em Fall um ethischen Konsum.<br />

2. Die erste ethische Konsumstufe ist <strong>der</strong> „gelegentlich moralische Konsum“, 600 <strong>der</strong> hier<br />

mit „konsumierter Ethik“ bezeichnet wird. Der Konsum e<strong>in</strong>er symbolischen o<strong>der</strong><br />

599 Für „nur Milch“ gilt die bereits angesprochene habitualisierte E<strong>in</strong>kaufshandlung <strong>der</strong> „Fast Mov<strong>in</strong>g<br />

Consumer Goods“<br />

600 Lamla 2005, S. 4


-143-<br />

relationalen Marke dient <strong>der</strong> gelegentlichen Gewissensberuhigung 601 o<strong>der</strong> auch <strong>der</strong><br />

Vergewisserung – sollte e<strong>in</strong>e bestimmte ethische Haltung „<strong>in</strong>“ se<strong>in</strong> -, dass man noch „en<br />

vogue“ ist. Hier f<strong>in</strong>det sich <strong>der</strong> Lifestyle-Konsum, <strong>der</strong> zwar von außen kommend,<br />

extr<strong>in</strong>sisch motiviert ist, nicht zuletzt aber auch hedonistisches Vergnügen bereitet.<br />

Für diesen Typus des ethischen Konsums gilt am ehesten e<strong>in</strong><br />

„Selbstergänzungsmotiv“. 602 Konsum von „Ethical Lifestyle Brands“ steigert das<br />

Selbstwertgefühl. Dass „<strong>Bio</strong>“ im Ganzen als „Ethical Lifestyle Brand“ gesehen werden<br />

könnte – qua EU abgesiegelt –, verdeutlicht Franz-Theo Gottwald, <strong>Bio</strong>-Lebensmittel<br />

„s<strong>in</strong>d durch die öffentliche Diskussion über Fairness, Nachhaltigkeit,<br />

Generationengerechtigkeit, Klimaschutz, Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong> regionale<br />

Ernährungssicherheit geradezu moralische Güter geworden <strong>und</strong> be<strong>in</strong>halten e<strong>in</strong>e klare<br />

Botschaft: Sie schützen Pflanze, Tier <strong>und</strong> Mensch. Moralisch Fragwürdiges wie <strong>der</strong><br />

E<strong>in</strong>satz von potenziell gefährlichen Chemikalien, von Mastmitteln, von gentechnisch<br />

hergestellten o<strong>der</strong> nanoskallierten Hilfs- o<strong>der</strong> Zusatzstoffen wird nicht verwendet.“ 603<br />

601 Das Gewissen ist „nur e<strong>in</strong>e Fähigkeit, Konflikte <strong>in</strong> Beziehung zu <strong>der</strong> Matrix <strong>der</strong> Werte zu setzen, die<br />

als eigene Werte gefühlt werden […] Schuld ist […] mehr das Gefühl e<strong>in</strong>es verletzten Wertes, e<strong>in</strong><br />

Wi<strong>der</strong>wille dagegen, dem idealen Selbst-Bild nicht zu entsprechen.“ Allport 1974, S. 69<br />

602 Vgl. Streb<strong>in</strong>ger 2008, S. 98<br />

603 Gottwald 2008, S. 15


-144-<br />

Kennzeichen <strong>der</strong> „konsumierten Ethik“ ist die „transzendierende Aufmerksamkeit“. 604 Es<br />

geht darum, von möglichst vielen gesehen zu werden, Attribute <strong>und</strong> Begriffe wie Ruhm,<br />

Reputation <strong>und</strong> Prom<strong>in</strong>enz s<strong>in</strong>d hier leitend. Es handelt sich quasi um „geborgte<br />

Anerkennung“. Der transzendierenden Aufmerksamkeit geht es darum, von möglichst<br />

vielen gesehen zu werden, um Inszenierung. Es gilt das „Selbstdarstellungsmotiv“, bei<br />

dem die (ethischen) Eigenschaften e<strong>in</strong>es Produktes/e<strong>in</strong>er Marke signalisieren sollen,<br />

dass <strong>der</strong> Konsument die gleichen Eigenschaften besitzt. 605 Die Kaufhandlung generiert<br />

das werbliche Paradox - <strong>in</strong>dividuelle Identität durch Mimesis, Auserwähltheit durch<br />

rivalisierende „Ansteckung“. 606<br />

3. Dazwischen bef<strong>in</strong>det sich <strong>der</strong> Konsument mit eher situativem Verhalten, <strong>der</strong> sich erst<br />

am Po<strong>in</strong>t of Purchase, angeregt durch Angebote, Displays - durch (gesteuerten) Zufall –<br />

entscheidet. Es zählen ethische Prämissen, die <strong>in</strong> <strong>der</strong> jeweiligen Situation hilfreich s<strong>in</strong>d,<br />

e<strong>in</strong>e „Landstreichermoral“: „Der Landstreicher wählt sich se<strong>in</strong>e Ziele, wie sie kommen<br />

<strong>und</strong> wie er sie von den Wegweisern abliest; aber selbst dann weiß er nicht sicher, ob er<br />

an <strong>der</strong> nächsten Station Rast machen wird, <strong>und</strong> für wie lange.,“ so Ulrich Beck. 607<br />

Verhaltensweisen werden gemischt, situativ, hybrid, verb<strong>und</strong>en mit e<strong>in</strong>er kurzfristigen<br />

Issue-Orientierung. 608 Beim „hybriden Konsumenten“ 609 wird es, wie bereits erwähnt,<br />

immer schwieriger, str<strong>in</strong>gente Konsummuster zu erkennen.<br />

4. In <strong>der</strong> vierten Stufe lässt sich nun mit Fug <strong>und</strong> Recht von „ethischem Konsum“<br />

sprechen. Wenn man bei Werten primäre, term<strong>in</strong>ale Zielwerte von sek<strong>und</strong>ären,<br />

<strong>in</strong>strumentellen Werten unterscheidet, dann steht hier das zweite im Fokus, das „Wie“<br />

<strong>der</strong> „Dase<strong>in</strong>stechnik“, 610 die bestimmt, <strong>in</strong> welcher Form das „Was“ erreicht wird. Zu den<br />

bereits aufgezählten Implikationen des ethischen Konsums <strong>und</strong> des Reputation-<br />

Managements zählen ebenso <strong>der</strong> historisch e<strong>in</strong>malige Anstieg des durchschnittlichen<br />

Wohlstands <strong>in</strong> den westlichen Gesellschaften: Viele können es sich heute leisten,<br />

ethisch zu handeln. Zweitens <strong>der</strong> historisch e<strong>in</strong>malig gestiegene Bildungsstand <strong>der</strong><br />

Bevölkerung: Früher war <strong>der</strong> K<strong>und</strong>e nicht nur <strong>in</strong> <strong>der</strong> Warenk<strong>und</strong>e „Analphabet“ – <strong>und</strong> für<br />

604<br />

Assmann 2001, S. 21f.<br />

605<br />

Vgl. Streb<strong>in</strong>ger 2008, S. 98<br />

606<br />

Als gr<strong>und</strong>legen<strong>der</strong>, kultureller Prozess <strong>in</strong>terpretiert <strong>in</strong> Girard 2006, S. 211ff.<br />

607<br />

Vgl. Beck 1994, S. 13<br />

608<br />

Im angelsächsischen Sprachgebrauch bezeichnet <strong>der</strong> Begriff „issue“ allgeme<strong>in</strong> e<strong>in</strong> öffentliches<br />

Anliegen o<strong>der</strong> Problem beziehungsweise e<strong>in</strong>e politische o<strong>der</strong> soziale (Streit-)Frage, so Liebl 2001, S. 30<br />

609<br />

Unternehmen verdienen 80 % ihres Umsatzes mit Stammk<strong>und</strong>en. Aber sie verlieren im Schnitt 43 %<br />

ihrer Stammk<strong>und</strong>en <strong>in</strong> nur drei Jahren. Vgl. http://www.trendbuero.de/upload/07-Trendtag/2008/IDM-<br />

Workshop/13TT_IDM.pdf<br />

610<br />

Thomae 1968, S. 331


-145-<br />

die Produzenten Mittel zum Zweck - heute ist er aufgeklärt <strong>und</strong> bestimmt die Zwecke<br />

<strong>und</strong> Ziele <strong>der</strong> Produzenten, so <strong>der</strong> Kulturwissenschaftler Nico Stehr. 611<br />

Was hier stattf<strong>in</strong>det könnte man als „prosoziale Transformation“ bezeichnen: E<strong>in</strong>e<br />

ursprünglich auf Kosten <strong>und</strong> Nutzen beruhende Austauschbeziehung wandelt sich <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>e prosoziale Beziehung. 612 Getragen ist diese prosoziale Transformation durch das<br />

Bedürfnis nach Affiliation – dem Wunsch nach sozialem Anschluss, nach Beachtung<br />

<strong>und</strong> Billigung, nach Getragenheit, nach S<strong>in</strong>ngebung des Dase<strong>in</strong>s durch Betätigung <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>em größeren sozialen Kreis. 613 Zu den positiven Konsequenzen, die prosoziale<br />

Handlungen erleichtern, gehören Steigerungen des Selbstwertgefühls <strong>und</strong> positive<br />

Rückmeldungen.<br />

Kont<strong>in</strong>uierlicher ethischer Konsum verlangt <strong>in</strong>tr<strong>in</strong>sische Motivation, Bewusstheit beim<br />

E<strong>in</strong>kauf, stetige Aufmerksamkeit, nichts „Falsches“ zu kaufen. Diese „strategische<br />

Aufmerksamkeit“ ist mit Vigilanz gleichzusetzen. 614 Hier geht es darum, möglichst viel<br />

zu übersehen. Diese Aufmerksamkeit richtet sich auf Techniken <strong>der</strong><br />

Selbstermächtigung, sei es durch Risikobewältigung o<strong>der</strong> Selbstdarstellung, sie ist e<strong>in</strong>e<br />

Öffnung gegenüber dem Unbekannten, dem An<strong>der</strong>en. Hier wird signalisiert, was „zählt“<br />

(Count<strong>in</strong>g), was also relevante Informationen s<strong>in</strong>d, was nicht ausgeblendet,<br />

herabgespielt o<strong>der</strong> nicht Ernst genommen werden darf (Discount<strong>in</strong>g). 615 Ethischer<br />

Konsum signalisiert e<strong>in</strong>e Botschaft <strong>in</strong>nerhalb e<strong>in</strong>es „<strong>in</strong>teraktiven Role Mak<strong>in</strong>g“, 616 wird<br />

zu e<strong>in</strong>em öffentlichen Denkzettel nach Maßstab e<strong>in</strong>es antiken Ostrakismos. 617<br />

Der Ökonomie <strong>und</strong> <strong>der</strong> Warenwelt steht zwar <strong>der</strong> Weg e<strong>in</strong>er vollkommenen<br />

Immaterialisierung, wie sie symbolische Medien bewerkstelligen, nicht offen. 618 Daher<br />

611 Stehr 2007, S. 2<br />

612 Vgl. Bierhoff 1996, S. 403<br />

613 Thomae 1968, S. 319<br />

614 Assmann 2001, S. 21f.<br />

615 Kreyenberg 2005, S. 289<br />

616 Die Identifikation e<strong>in</strong>es Akteurs mit e<strong>in</strong>er noch nicht wirksamen aber gewünschten Strategie zu e<strong>in</strong>em<br />

Role Mak<strong>in</strong>g, von dem sich <strong>der</strong> Akteur e<strong>in</strong>e Wirksamkeit <strong>der</strong> Strategie verspricht. Gleichsam geht damit<br />

e<strong>in</strong>e Erwartungshaltung im S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>er „Fremdzuschreibung“ , von sozialen Erwartungen an an<strong>der</strong>e<br />

Akteure, vgl. Kirsch 2001, S. 156<br />

617 Die altgriechischen Scherbengerichte könnte man zu den ältesten Formen <strong>der</strong> „Bürger<strong>in</strong>itiative“<br />

zählen, so Mayer-Tasch (1985, S. 9)<br />

618 So W<strong>in</strong>kler 2004, S. 313.


-146-<br />

trennt sich das Geld sukzessive von <strong>der</strong> gesellschaftlichen Produktion. 619 Auf <strong>der</strong><br />

an<strong>der</strong>en Seite aber wird auch die Warenwelt „flui<strong>der</strong>“, weil sie sich des Symbolischen<br />

bedienen kann, das wie<strong>der</strong>um Teil e<strong>in</strong>es Identitätsmanagements, Teil des<br />

menschlichen Bewusstse<strong>in</strong>s ist. Das Symbolische <strong>und</strong> das Ökonomische bedienen sich<br />

e<strong>in</strong>an<strong>der</strong>, parasitieren sich gegenseitig. Denn das Bündnis mit <strong>der</strong> Ökonomie<br />

„substituiert Referenz“ 620 , es verschafft dem Symbolischen e<strong>in</strong>en zweiten Bezug auf die<br />

„Realität“. Gleichzeit leiht das Geld se<strong>in</strong>e Eigenschaft <strong>der</strong> Knappheit aus <strong>und</strong> verleiht<br />

damit e<strong>in</strong>e gewisse Signifikanz.<br />

Die „sehr positive Eigenschaft, die man mit dem negativen Begriffe <strong>der</strong><br />

Charakterlosigkeit bezeichnet“ 621 , die Simmel dem Geld zuschreibt, 622 wird qua<br />

Kontextsteuerung auf <strong>der</strong> Seite des „gewünschten Charakters“ diskontiert. Durch den<br />

Erwerb e<strong>in</strong>er symbolischen o<strong>der</strong> relationalen Marke wird aus <strong>der</strong> Indifferenz, dem Geld,<br />

Differenz, Kontext, S<strong>in</strong>n <strong>und</strong> Information. Die Komplexreduktion, die die Fixierung auf<br />

den Preis be<strong>in</strong>haltet, wird aufgehoben, aber durch die Komplexreduktion des<br />

Symbolischen – <strong>in</strong> Form von Mythen <strong>und</strong> Geschichten – wie<strong>der</strong> hergestellt.<br />

Am Po<strong>in</strong>t of Purchase zählt damit plötzlich die Sicht <strong>der</strong> An<strong>der</strong>en auf das Selbst<br />

beziehungsweise das Bild, das die An<strong>der</strong>en vom Sozial-Selbst haben könnten. E<strong>in</strong>ige<br />

Menschen s<strong>in</strong>d prädisponiert dafür, mehr als an<strong>der</strong>e auf Erwartungen o<strong>der</strong><br />

Bewertungen <strong>der</strong> Menschen um sie herum zu reagieren. Menschen mit hohem ATSCI-<br />

Wert („attention to social comparison <strong>in</strong>formation“) 623 konsumieren eher bestimmte<br />

Produkte aufgr<strong>und</strong> sozialer F<strong>in</strong>gerzeige als Menschen mit niedrigem ATSCI-Wert. Wie<br />

weit <strong>der</strong> Kreis „<strong>der</strong> Menschen um sie herum“ gezogen wird, differenziert dann<br />

universalistische von eher traditionellen, im Wertekreis mit „Benevolence“/Wohlwollen<br />

umschriebenen Werthaltungen. Wohlwollen bezieht sich auf die Sorge um das<br />

Wohlergehen von Nahestehenden <strong>in</strong> alltäglichen Interaktionen, während sich<br />

Universalismus auf das Verständnis, die Wertschätzung, die Toleranz <strong>und</strong> den Schutz<br />

619<br />

Dabei wird zum Teil je<strong>der</strong> Bezug auf e<strong>in</strong>en Referenzwert aufgegeben, übrig bleibt e<strong>in</strong>e „allgeme<strong>in</strong>e<br />

Austauschbarkeit, Komb<strong>in</strong>atorik <strong>und</strong> Simulation“, vgl. Baudrillard 1991, S. 18f. Die globalen Ströme des<br />

F<strong>in</strong>anzkapitals, Spekulationspapiere, Optionssche<strong>in</strong>e, future bonds sche<strong>in</strong>en dies zu unterstreichen<br />

620<br />

W<strong>in</strong>kler 2004, S. 316<br />

621<br />

Simmel 1991, S. 273<br />

622<br />

Das late<strong>in</strong>ische „pecunia non olet“ – Geld st<strong>in</strong>kt nicht - macht übrigens den Zusammenhang zwischen<br />

den Anfängen menschlicher Kultur <strong>und</strong> <strong>der</strong> gegenwärtigen Kultur deutlich. Tatsächlich hatte „peku“ zuerst<br />

die Bedeutung von „beweglichem Vermögen“, also beweglichem S<strong>in</strong>n, erst später nahm es die<br />

konkretisieren<strong>der</strong>e Bezeichnung „Vieh“ an. Vgl. Benveniste 1993, S. 39ff.<br />

623<br />

Vgl. Bagozzi 2000, S. 280


-147-<br />

zum Wohlergehen aller Menschen bezieht. Das ist – unter an<strong>der</strong>em – auch e<strong>in</strong><br />

Unterschied zwischen dem universalistischen „Eco-Heritage“ <strong>und</strong> den „Eco-B<strong>in</strong>d“.<br />

Der ethische Konsum dieser Stufe ist dabei e<strong>in</strong>e zeitgenössische Interpretation <strong>der</strong><br />

„Bürger<strong>in</strong>itiative“, die vorliegt, „wo immer außerhalb <strong>der</strong> politischen<br />

Herrschafts<strong>in</strong>stitutionen stehende Angehörige e<strong>in</strong>es Geme<strong>in</strong>wesens <strong>in</strong> Ergänzung<br />

obrigkeitlicher Fürsorge o<strong>der</strong> <strong>in</strong> konstruktiver Ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzung mit ihr <strong>in</strong>itiativ<br />

geworden s<strong>in</strong>d, um Mitgestaltung des sozialen Lebens bemüht [s<strong>in</strong>d]“ 624 , so <strong>der</strong><br />

Münchner Rechts- <strong>und</strong> Politikwissenschaftler Peter-Cornelius Mayer-Tasch. Daraus<br />

erklären sich die lockeren Zusammenschlüsse, sog. „Tribes“, 625 die selbst Buykott <strong>und</strong><br />

Boykott <strong>in</strong>itiieren können. 626<br />

Auch für die „Tribes“ gilt das Gesetz <strong>der</strong> „antagonistischen Kooperation“ 627 mit stärkeren<br />

Parteien o<strong>der</strong> Allianzen – wie mächtigen Marken - , bei denen immer die Gefahr<br />

besteht, durch „Sche<strong>in</strong>“ <strong>in</strong> Form „unechter“ Ethik-Produkte <strong>in</strong>filtriert <strong>und</strong> se<strong>in</strong>er<br />

Engagementmittel beraubt zu werden, ohne dass sich mit se<strong>in</strong>em Konsum tatsächlich<br />

Weichenstellungen <strong>in</strong> Richtung Nachhaltigkeit <strong>und</strong>/o<strong>der</strong> ökologischem <strong>Landbau</strong> etc.<br />

verb<strong>in</strong>den. Aber wenn es „gut“ geht, dann ist <strong>der</strong> Nutzen des ethischen Konsums aller<br />

Beteiligten direkt wahrnehmbar, was man durchaus mit „Effektivierung des<br />

Systemgeschehens“ 628 charakterisieren kann.<br />

624 Mayer-Tasch 1985, S. 9<br />

625 Penz 2007, S. 49<br />

626 Der Boykottaufruf gegen den Ölkonzern Shell wegen dessen geplanter Versenkung <strong>der</strong> Ölplattform<br />

Brent Spar 1995, war <strong>der</strong> bisher erfolgreichste Konsumentenboykott. Dem Aufruf von<br />

Umweltschutzbünden, künftig die Tankstellen von Shell zu meiden, folgten etwa 50 % <strong>der</strong> Bevölkerung.<br />

Auch Unternehmen wie die Tengelmann-Gruppe beteiligten sich an <strong>der</strong> Aktion. Tengelmann for<strong>der</strong>te die<br />

fast 200.000 Mitarbeiter im In- <strong>und</strong> Ausland auf, beim Betanken ihrer Privatwagen Shell-Tankstellen zu<br />

meiden.<br />

627 Mayer-Tasch 1985, S. 227<br />

628 So Mayer-Tasch (1985, S. 47) über „die Verdeutlichung von Erwartungen <strong>und</strong> die Bereitstellung von<br />

Sachverstand“ im „Zeichen <strong>in</strong>tendierter Wertverwirklichung“.


-148-<br />

5. In <strong>der</strong> letzten Stufe, <strong>der</strong> „ethischen Mission“, wird hohes Vertrauen <strong>und</strong> Identifikation<br />

mit <strong>der</strong> Marke erreicht. E<strong>in</strong>e „Marriage to the brand“ 629 (<strong>in</strong>klusive E<strong>in</strong>kaufsstättentreue)<br />

wird erreicht, mit allen „Zeichen“ <strong>der</strong> Kohärenz <strong>und</strong> Dauerhaftigkeit 630 , die e<strong>in</strong>em ewigen<br />

Treueversprechen zueigen s<strong>in</strong>d.<br />

Allerd<strong>in</strong>gs wächst die Nähe zu <strong>in</strong>trospektiven „top down“-Anschauungen, 631<br />

gekennzeichnet durch Meta-Schleifen <strong>der</strong> Selbstreferenz 632 <strong>und</strong> Eigenkonfiguration als<br />

ethische (Trivial-)Masch<strong>in</strong>e. E<strong>in</strong>e Moral, wie sie sich hier f<strong>in</strong>det, hat e<strong>in</strong>e verhängnisvolle<br />

Tendenz zur Totalisierung <strong>und</strong> Derogation von Mehrheitsme<strong>in</strong>ungen, weil sie e<strong>in</strong>en<br />

rechthaberischen <strong>und</strong> selbstgerechten Code von gut <strong>und</strong> böse, von gut <strong>und</strong> schlecht<br />

aufbaut. 633 Marken <strong>und</strong> ihre Produkte werden fast zu heiligen D<strong>in</strong>gen, die e<strong>in</strong>e Art<br />

Selbstheiligung bewirken. Aus diesen Haltungen können dann Abqualifizierungen <strong>der</strong><br />

„unteren“ Stufen des ethischen Konsums erwachsen, wie die Schmähung als „Ablass-<br />

Kapitalisten“. Damit unterstellt man mit moralisch-religiösem Duktus den Geschmähten,<br />

sie würden sich mit <strong>der</strong> Kaufhandlung nur re<strong>in</strong>waschen <strong>und</strong> - ähnlich dem<br />

mittelalterlichen Ablasshandel – zwischen den Kaufakten ungehemmt „sündigen“, sich<br />

son<strong>der</strong>n, also die (quasi „religiös“ gebotene) Aufmerksamkeit schleifen lassen. 634<br />

Kollektive Ges<strong>in</strong>nungsethik als „Fortsetzung abendländischer Metaphysik“ 635 ist<br />

natürlich beson<strong>der</strong>s verlockend, je größer die Überzeugung eigener Rechtschaffenheit<br />

bei gleichzeitig auftretenden zivilisatorischen <strong>und</strong> sozialen Krisen ist.<br />

629<br />

McEwen 2005, S. 35ff.<br />

630<br />

Von Streb<strong>in</strong>ger (2008, S. 97) als „Selbstkonsistenzmotiv“ bezeichnet. Bereits Hei<strong>der</strong>s<br />

Konsistenztheorie wie auch Fest<strong>in</strong>gers Dissonanztheorie gehen davon aus, dass sich Menschen <strong>in</strong> ihren<br />

Me<strong>in</strong>ungen, E<strong>in</strong>stellungen <strong>und</strong> Verhalten gerne als wi<strong>der</strong>spruchsfrei wahrnehmen <strong>und</strong> präsentieren; vgl.<br />

Florack 2007, S. 184<br />

631<br />

Das Denken <strong>in</strong> dichotomischen Begriffen wie<strong>der</strong>holt sich hier <strong>in</strong> den Anf-or<strong>der</strong>-ungen ethischmoralischer<br />

Ge- <strong>und</strong> Verbote, die jedes Individuum <strong>der</strong> Aufgabe verpflichten, täglich das Richtige vom<br />

Falschen zu unterscheiden. „Damit entsteht freilich auch e<strong>in</strong>e leicht obskure Diskrepanz zwischen <strong>der</strong><br />

Monumentalität <strong>der</strong> Herausfor<strong>der</strong>ung <strong>und</strong> <strong>der</strong> apokalyptischen Wucht <strong>der</strong> behaupteten Gefahr e<strong>in</strong>erseits<br />

<strong>und</strong> <strong>der</strong> Banalität <strong>der</strong> Rettungsaktionen an<strong>der</strong>erseits,“ so Misik 2007<br />

632<br />

Willke 2006, S. 176<br />

633<br />

Willke 2009, S. 5<br />

634<br />

Das er<strong>in</strong>nert an Unterscheidungen <strong>der</strong> praktischen Philosophie, wie die zwischen Ethik <strong>und</strong> Moral,<br />

Zweck <strong>und</strong> Mittel, Ges<strong>in</strong>nungs- <strong>und</strong> Verantwortungsethik, zwischen konsequentialistisch-normativen <strong>und</strong><br />

teleologisch-deontologischen Differenzierungen, zwischen Legitimität <strong>und</strong> Legalität o<strong>der</strong> die von Thomas<br />

von Aqu<strong>in</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> 19. Untersuchung „Güte <strong>und</strong> Schlechtigkeit <strong>der</strong> <strong>in</strong>neren Wirke des Willens“ abgeleiteten<br />

Schlussfolgerungen sowie die Unterscheidung zwischen moralischer Kultur auf <strong>der</strong> e<strong>in</strong>er Seite <strong>und</strong> <strong>der</strong><br />

nur die Sitten <strong>und</strong> den Anstand betonenden Zivilisation von Kant. Zur näheren Darlegung sei hier nur kurz<br />

auf die Unterscheidung von Ges<strong>in</strong>nungs- <strong>und</strong> Verantwortungsethik, von Max Weber stammend,<br />

e<strong>in</strong>gegangen. Die Verantwortungsethik zielt auf die Verantwortbarkeit <strong>der</strong> Folgen des Handelns<br />

beziehungsweise <strong>der</strong> Ergebnisse ab. Im Gegensatz zur Ges<strong>in</strong>nungsethik stellt sie die tatsächlichen<br />

Ergebnisse <strong>der</strong> Handlung über Motiv <strong>und</strong> Absicht <strong>der</strong> Handlung.<br />

635<br />

Schönherr-Mann 1997, S. 30


-149-<br />

Doch e<strong>in</strong>e von Öffentlichkeiten massiv <strong>in</strong>itiierte Hypermoral wird dann seitens <strong>der</strong><br />

betroffenen Organisationen mit Abwehrtechniken gekontert werden, e<strong>in</strong>er Als-Ob-<br />

Integrität. E<strong>in</strong> CSR-Konzept deutet <strong>in</strong> diesem Fall nicht darauf h<strong>in</strong>, dass sich e<strong>in</strong>e<br />

Organisation öffnet, son<strong>der</strong>n vor allem darauf, dass sie etwas zu verbergen hat. Das hat<br />

e<strong>in</strong>e – bereits zum Thema CSR angedeutete – paradoxe Spirale zum Resultat: „Wir<br />

erzw<strong>in</strong>gen moralisch programmierte Reaktionen, die wir je<strong>der</strong>zeit als <strong>in</strong>teressengeleitet<br />

enttarnen <strong>und</strong> ihr auch die kle<strong>in</strong>ste Chance auf Authentizität entziehen können“. 636<br />

Vielleicht auch dies e<strong>in</strong> Gr<strong>und</strong> für die paradoxe Konstatierung von Ernst Forsthoff, dass<br />

die Chance <strong>der</strong> Durchsetzung e<strong>in</strong>es Interesses mit dem Grad se<strong>in</strong>er Allgeme<strong>in</strong>heit<br />

schw<strong>in</strong>det. 637<br />

An unserem Modell des Ethischen Konsums werden die bereits e<strong>in</strong>geführten<br />

Handlungs-Abstufungen ersichtlich, an die <strong>in</strong> diesem Kontext nochmals er<strong>in</strong>nert werden<br />

soll. 1. Alltägliches Handeln, 2. Handlungen, die das Ergebnis expliziter Reflexion s<strong>in</strong>d,<br />

3. Handlungen als Ausfluss jüngerer Orientierungsmuster, die wie<strong>der</strong>um Ergebnis<br />

mehrerer generalisierter Handlungen s<strong>in</strong>d <strong>und</strong> 4. „Außeralltägliches“ Handeln<br />

<strong>in</strong>/vor/nach e<strong>in</strong>em Ausnahmezustand. 638<br />

Die sich anschließende Graphik zeigt komprimiert die herausgearbeiteten<br />

verschiedenen Nutzen- <strong>und</strong> Kommunikationsformen von Lebensmitteln auf. 639<br />

636<br />

Wetzel 2009 II, S. 67. Die Krise offenbart auch e<strong>in</strong>e Abwehrtechnik gegen Hypermoral, nämlich den<br />

Austausch führen<strong>der</strong> Mitglie<strong>der</strong> <strong>der</strong> Organisation, die dann im übrigen weiter verfahren kann wie zuvor.<br />

637<br />

Zitiert <strong>in</strong> Mayer-Tasch 1985, S. 49<br />

638<br />

Wobei e<strong>in</strong> Ausnahmezustand auch zum Dauerstand durch ewiges Andauern werden kann, Stichwort<br />

„Kairos“ etc.<br />

639<br />

Kategorisierung <strong>der</strong> Individualisierungsmöglichkeiten <strong>der</strong> Sek<strong>und</strong>ärdienstleistungen nach Jäger 2004,<br />

S. 229


-150-


4.3. <strong>Bio</strong> als Marke <strong>der</strong> <strong>Vielfalt</strong><br />

-151-<br />

Unterscheidungen kann man wie<strong>der</strong> <strong>und</strong> wie<strong>der</strong> treffen (call); man kann sie kreuzen,<br />

um auf die an<strong>der</strong>e Seite <strong>der</strong> Unterscheidung zu wechseln, um dort weitere<br />

Unterscheidungen zu treffen (cross); <strong>und</strong> man kann Unterscheidungen <strong>in</strong> den gleichen<br />

Raum <strong>der</strong> Unterscheidung wie<strong>der</strong>e<strong>in</strong>führen <strong>und</strong> so auf ihre Unterscheidungsfähigkeit<br />

h<strong>in</strong> überprüfen (re-entry). Wenn also e<strong>in</strong>e Unterscheidung – <strong>Vielfalt</strong>/E<strong>in</strong>heit (analog zu<br />

Markt/Hierarchie) - wie<strong>der</strong>um <strong>in</strong> das Unterschiedene e<strong>in</strong>fährt, dann lassen sich vier<br />

Arten von <strong>Vielfalt</strong> erzeugen. <strong>Vielfalt</strong> als zeitliches Nache<strong>in</strong>an<strong>der</strong> unterschiedlicher<br />

Zustände (e<strong>in</strong>heitliche <strong>Vielfalt</strong>); als räumlich <strong>und</strong> zeitlich unbegrenzte Wandlung <strong>und</strong><br />

Durchmischung (vielfältige <strong>Vielfalt</strong>); als räumlich wie zeitlich relativ kohärentes<br />

Nebene<strong>in</strong>an<strong>der</strong> (vielfältige E<strong>in</strong>heit), als räumliches Nebene<strong>in</strong>an<strong>der</strong> rational-<br />

ökonomischer Systeme <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Naturzustand, aus dem durch (zufällige, evolutionäre<br />

o<strong>der</strong> autoritäre) Intervention (Selektion, Variation, Retention) weniger vielfältige<br />

Zustände hervorgehen können (e<strong>in</strong>heitliche E<strong>in</strong>heit).<br />

Im Folgenden wollen wir die Schwellen/Übergänge von Formen <strong>der</strong> vielfältigen <strong>Vielfalt</strong><br />

<strong>und</strong> <strong>der</strong> e<strong>in</strong>heitlichen <strong>Vielfalt</strong> sowie den Übergang zwischen Formen e<strong>in</strong>heitlicher <strong>Vielfalt</strong><br />

mit jenen <strong>der</strong> vielfältigen E<strong>in</strong>heit beleuchten. Zumal sich <strong>in</strong> diesen Übergängen<br />

e<strong>in</strong>erseits die Werthaltungen des postmo<strong>der</strong>nen „Eco-Flux“ wie auch an<strong>der</strong>erseits jene<br />

des „Eco-B<strong>in</strong>d“ wie<strong>der</strong> f<strong>in</strong>den <strong>und</strong> damit die jeweiligen „zielgruppenspezifischen<br />

Schlüsselreize <strong>der</strong> Sympathie“. 640<br />

640 Bergler 2007, S. 583. Dabei ist zwischenmenschliche Anziehung e<strong>in</strong>e direkte l<strong>in</strong>eare Funktion des<br />

Anteils ähnlicher E<strong>in</strong>stellungen. So Buunk 1996, S. 376


-152-<br />

Die Fruchtfolge ist das zentrale Gestaltungselement des ökologischen Ackerbaus. Die<br />

relative Kohärenz <strong>der</strong> Fläche wie <strong>der</strong> Wandel <strong>der</strong> Frucht <strong>in</strong> <strong>der</strong> Zeit entsprechen dem<br />

Grenzgebiet von vielfältiger E<strong>in</strong>heit <strong>und</strong> e<strong>in</strong>heitlicher <strong>Vielfalt</strong>. Die Gestaltung <strong>der</strong><br />

Fruchtfolgen ahmt durch zeitliches H<strong>in</strong>tere<strong>in</strong>an<strong>der</strong> ackerbaulich nach, was im<br />

vielfältigen, natürlichen Pflanzenbestand räumlich nebene<strong>in</strong>an<strong>der</strong> angeordnet ist. Dabei<br />

gilt es, die Wirkungen <strong>der</strong> Vorfrucht mit den Ansprüchen <strong>der</strong> nachfolgenden Frucht auf<br />

möglichst optimale Weise abzustimmen. Die Fruchtfolgegestaltung muss<br />

Standortverhältnisse, pflanzenbauliche Faktoren, Ackerflächenverhältnisse,<br />

Futterbedarf, Arbeitskapazitäten sowie betriebs- <strong>und</strong> marktwirtschaftliche Aspekte <strong>in</strong><br />

E<strong>in</strong>klang br<strong>in</strong>gen. Funktionen <strong>der</strong> Fruchtfolgegestaltung s<strong>in</strong>d die Erhaltung <strong>der</strong><br />

Bodenfruchtbarkeit, För<strong>der</strong>ung e<strong>in</strong>es Abwehrpotentials gegen Schädl<strong>in</strong>ge <strong>und</strong><br />

Krankheiten, Unkrautkontrolle, Stickstoffanreicherung, Bodenlockerung, Humuszufuhr<br />

<strong>und</strong> Nährstoffmobilisierung.<br />

Gr<strong>und</strong>regeln <strong>der</strong> Fruchtfolgegestaltung s<strong>in</strong>d 1. Fruchtbarkeitszehrende Kulturen h<strong>in</strong>ter<br />

fruchtbarkeitsmehrende Kulturen stellen („Werte-Wandel“) 2. Ausgewogener Wechsel<br />

von Halm- <strong>und</strong> Blattfrüchten 3. Wechsel von W<strong>in</strong>terung <strong>und</strong> Sommerung 4.<br />

Legum<strong>in</strong>osenanteil <strong>in</strong> <strong>der</strong> Fruchtfolge möglichst nicht unter 25 bis 30 Prozent 5. Davon<br />

m<strong>in</strong>destens e<strong>in</strong> Jahr Futterlegum<strong>in</strong>osen o<strong>der</strong> Grünbrache 6. So oft wie möglich


-153-<br />

Zwischenfrüchte <strong>und</strong> Legum<strong>in</strong>osen-Untersaaten 7. Nach Möglichkeit e<strong>in</strong><br />

Hackfruchtglied zur Unkrautregulierung e<strong>in</strong>bauen 8. Kulturen mit langsamer<br />

Jugendentwicklung nach unkrautunterdrückende Bestände stellen. 641<br />

Die Grenze zwischen vielfältiger <strong>Vielfalt</strong> wie<strong>der</strong>um <strong>und</strong> e<strong>in</strong>heitlicher <strong>Vielfalt</strong> wollen wir<br />

am Gegensatz zum antagonistischen Grenzgebiet beleuchten. Dieser dichotomischen<br />

Ausprägung entspricht <strong>in</strong> <strong>der</strong> nun folgenden praktischen Gegenüberstellung <strong>der</strong><br />

englische Landschaftsgarten auf <strong>der</strong> e<strong>in</strong>en Seite, <strong>der</strong> französische Barockgarten auf <strong>der</strong><br />

an<strong>der</strong>en Seite; e<strong>in</strong>e Gegenüberstellung, die nicht zuletzt Ähnlichkeiten mit jener des<br />

ökologischen <strong>Landbau</strong>s <strong>und</strong> <strong>der</strong> „konventionellen“ Landwirtschaft aufweisen könnte.<br />

Bis <strong>in</strong>s 19. Jahrh<strong>und</strong>ert h<strong>in</strong>e<strong>in</strong> galt bei vielen Wald <strong>und</strong> Moor wie auch unberührte Natur<br />

als Unkultur, Wildnis, ja Frevel <strong>und</strong> nicht als Chiffre positiven Naturverständnisses. 642<br />

Der schlesische Dichter Daniel Caspar von Lohenste<strong>in</strong> vergleicht etwa um das Jahr<br />

1689 das Reich mit e<strong>in</strong>em Garten, welcher ohne tägliches Jähten, Abraupen,<br />

Ausputzen, Stutzen, Abschaben <strong>und</strong> tausen<strong>der</strong>lei Arbeit verwil<strong>der</strong>t. 643 Die Arbeit des<br />

Fürsten müsse wie Myrrhen <strong>und</strong> Majoran se<strong>in</strong>, bitter aber heilsam, denn im Garten<br />

e<strong>in</strong>es Reichs seien Untertanen Gewächse, <strong>der</strong> Fürst aber die Sonne.<br />

Der Übergang von <strong>der</strong> formalen Gartenkultur zum Stil des englischen<br />

Landschaftsgartens – <strong>in</strong> England zwischen 1720 <strong>und</strong> 1750, im übrigen Europa<br />

unmittelbar daran anschließend – wurde von den Zeitgenossen als „Gartenrevolution“ 644<br />

bezeichnet, da er eng mit <strong>der</strong> „Glory Revolution“ verb<strong>und</strong>en war. Die Triebkräfte <strong>der</strong><br />

englischen Gartenrevolution waren sozialer <strong>und</strong> politischer Natur, die sich <strong>in</strong> etwa wie<br />

folgt zuspitzen ließen: England gegen Frankreich, politische, moralische, ästhetische<br />

Freiheit <strong>und</strong> Vernunft gegen Rationalisierung, Regeln <strong>und</strong> Repräsentation. 645<br />

641<br />

Quelle: http://www.oekolandbau.de/erzeuger/pflanzenbau/gr<strong>und</strong>lagen/gr<strong>und</strong>lagen-pflanzenbauallgeme<strong>in</strong>/fruchtfolgegestaltung-im-oekologischen-landbau/<br />

642<br />

Blotevogel 2003, S. 6<br />

643<br />

Vgl. Tabarasi 2007, S. 356<br />

644<br />

Late<strong>in</strong>isch revolvere = zurückrollen entstammt dem astronomischen <strong>und</strong> astrologischen<br />

Sprachgebrauch <strong>und</strong> bezeichnet eigentlich den Kreislauf <strong>der</strong> Gestirne. Dem entsprach die ursprüngliche<br />

politische Bedeutung des Revolutionsbegriffs, die sich auf e<strong>in</strong>en Kreislauf <strong>der</strong> Verfassungsformen bezog,<br />

wie ihn Aristoteles beschrieben hatte. Vgl. Tabarasi 2007, S. 34<br />

645<br />

Tabarasi 2007, S. 10. Wobei <strong>der</strong> krasse Gegensatz zwischen Frankreich <strong>und</strong> England so nicht<br />

bestand, denn Frankreich hatte ebenso Phänomene <strong>und</strong> Protagonisten des Landschaftsgartens. Die<br />

Ideologie <strong>der</strong> Physiokraten Quesnays entsprach weitgehend <strong>der</strong> des englischen Landschaftsgartens.<br />

Doch <strong>in</strong> Frankreich existierten nicht die politisch-gesellschaftlichen Strukturen wie die e<strong>in</strong>er Trennung<br />

zwischen „Country“ <strong>und</strong> „City“, die e<strong>in</strong>e Gartenrevolution beför<strong>der</strong>t hatten. Die anglo-ch<strong>in</strong>esische Garten-<br />

Mischform, <strong>in</strong> <strong>der</strong> noch rokokohafte Elemente überlebten, <strong>und</strong> die ihre Wirkung <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e durch


-154-<br />

Die französische Form <strong>der</strong> Naturgestaltung, die auch die architektonische genannt wird,<br />

besteht <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er geometrischen <strong>und</strong> ornamentalen Durchgestaltung <strong>der</strong> Natur. Drei<br />

Aspekte s<strong>in</strong>d mit dem geometrischen Barockgarten verb<strong>und</strong>en: <strong>der</strong> E<strong>in</strong>fluss <strong>der</strong><br />

Architektur <strong>und</strong> ihrer Regeln (Symmetrie <strong>und</strong> Geometrie), die sichtbare Dom<strong>in</strong>anz <strong>der</strong><br />

Menschen über die Natur (rechteckige Kanäle, Baumschnitt <strong>und</strong> Alleen), Etikette <strong>und</strong><br />

das formelle Zeremoniell im Garten. 646 Die Gestalter dieser geometrischen Gärten<br />

waren Architekten <strong>und</strong> sie gestalteten den Garten als e<strong>in</strong>e Erweiterung des<br />

Hauses/Schlosses – mit Gängen, Hallen, Nischen – als e<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>beziehung <strong>der</strong> Natur <strong>in</strong><br />

das Anwesen. 647 Nach dem bereits Cicero <strong>in</strong> „de natura deorum“ als „erste Natur“ die<br />

Wildnis (Wohnort <strong>der</strong> Götter) bezeichnete <strong>und</strong> als „zweite Natur“ die vom Menschen zu<br />

Überlebenszwecken bearbeitete Natur galt, handelt es sich beim Barockgarten um e<strong>in</strong>e<br />

Art „dritter Natur“. 648<br />

Dementsprechend folgte, architektonisch umgesetzt, auf den als Fortsetzung des<br />

Schlosses gedeuteten geometrischen Barockgarten die zweite Natur mit Obstgärten<br />

<strong>und</strong> Fel<strong>der</strong>n sowie „Wildnis“ <strong>und</strong> Wald. 649 Die Schönheit des von hohen Buchswänden<br />

umstandenen Barockgartens konnte sich daher besser aus dem ersten Stock des<br />

Schlosses erschließen, den Räumen des Königs, aus <strong>der</strong> Perspektive des höheren,<br />

erhöhten Beobachters, weswegen <strong>der</strong> Barockgarten nicht zuletzt <strong>der</strong> Präsentation <strong>und</strong><br />

Repräsentation von Herrschaft dient. 650<br />

Die Landschaftsgestalter des englischen Landschaftsgartens h<strong>in</strong>gegen <strong>in</strong>szenieren<br />

Natur als Erfahrungsraum. 651 Se<strong>in</strong>e Gestalter waren häufig Maler, so dass frühe<br />

Würdigungen des Gartenstils ihn mit dem Begriff „picturesque“ versahen. Im<br />

Italienischen verstand man Mitte des 17. Jahrh<strong>und</strong>erts unter „Pittoresco“ etwas, das die<br />

Fantasie beflügelte, e<strong>in</strong>e direkte Nachahmung <strong>der</strong> Natur be<strong>in</strong>haltete <strong>und</strong> die<br />

Illusionismus <strong>und</strong> Staffage erzielte, ist charakteristisch für Frankreich, bevor die Französische Revolution<br />

nach dem Motto „Kartoffeläcker statt Luxusgärten“ das Ancient e<strong>in</strong>ebnete. Vgl. Tabarasi 2007, S. 174ff.<br />

646<br />

Tabarasi 2007, S. 25<br />

647<br />

Böhme 1989, S. 82<br />

648<br />

Tabarasi 2007, S. 21<br />

649<br />

Tabarasi 2007, S. 22<br />

650<br />

Wie auch bei Francis Bacon <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Utopie „Nova Atlantis“ zu Anfang des 17. Jahrh<strong>und</strong>erts: „In<br />

Parks <strong>und</strong> Gehegen halten wir alle möglichen Tiere <strong>und</strong> Vögel, <strong>und</strong> zwar weniger wegen ihrer<br />

Merkwürdigkeiten o<strong>der</strong> Seltenheit, als vielmehr zu Sektionen <strong>und</strong> anatomischen Untersuchungen, um<br />

dadurch so weit wie möglich Aufklärung über den Körper zu erlangen. Wir erzielen dabei zahlreiche<br />

w<strong>und</strong>erbare Wirkungen, wie die Erhaltung des Lebens trotz Verlustes angesehener Organe, die<br />

Wie<strong>der</strong>belebung Sche<strong>in</strong>toter <strong>und</strong> ähnliches. Wir stellen an den Tieren auch Versuche mit allen möglichen<br />

Giften, Gegengiften sowie chirurgische <strong>und</strong> <strong>in</strong>ternistische Verfahren an, um dadurch den menschlichen<br />

Körper besser schützen zu können.“ Vgl. Bacon 2003, S. 47<br />

651<br />

Böhme 1989, S. 64


-155-<br />

Aufmerksamkeit auf das Malmittel selbst lenkte. 652 Der Umgang mit Farbe, Textur, Licht<br />

<strong>und</strong> Schatten gewann an Bedeutung. Das erklärte Ziel <strong>der</strong> englischen<br />

Landschaftsgärtnerei war die Erzeugung von Stimmungen, die zur Entdeckung<br />

auffor<strong>der</strong>n sollten. 653 Und weil die menschliche Vorstellungskraft so aktiv <strong>und</strong><br />

vielgestaltig ist, gewann die Schaffung von Gärten, die diese Innenwelt zu spiegeln <strong>und</strong><br />

auszudrücken vermochten, erheblich an Bedeutung. Im Unterschied zum<br />

architektonischen Barockgarten lässt <strong>der</strong> englische Landschaftsgärtner wachsen, ihm<br />

dient die Selbstproduktivität <strong>der</strong> Natur zum Zustandekommen des Gesamtwerkes. 654 Er<br />

sorgt nur für den Rahmen, <strong>in</strong> dem sich das „Bild“ (des englischen Gartens) autonom<br />

entwickelt.<br />

Die Theoretiker des englischen Landschaftsgartens übernahmen aus <strong>der</strong> ch<strong>in</strong>esischen<br />

Gartenkunst den Begriff des „sharawadgi“= Unregelmäßigkeit, 655 <strong>der</strong> bestimmend für<br />

den Entwurf von Landschaftsgärten werden sollte. Und so manifestieren sich<br />

beispielsweise für Anthony Ashley Cooper, 3. Earl of Shaftesbury, die die Welt<br />

gründenden Gegensätze, aus denen erst „die Harmonie des Ganzen“ 656 entsteht, im<br />

englischen Landschaftsgarten: „Selbst schroffe Felsen, bemooste Höhlen,<br />

unregelmäßige, natürliche Grotten <strong>und</strong> unterbrochene Wasserfälle, mit allen<br />

grauenhaften Schönheiten <strong>der</strong> Wildnis, s<strong>in</strong>d um so anziehen<strong>der</strong> für mich, je mehr sie<br />

die Natur selbst zeigen <strong>und</strong> <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Pracht ersche<strong>in</strong>en, welche steifen Nachäffereien<br />

fürstlicher Gärten bei weitem übertreffen.“ 657<br />

Umwelt/Natur wird hier fast schon wie e<strong>in</strong> „<strong>Bio</strong><strong>in</strong>dikator“ <strong>in</strong>terpretiert, steht als „quasi<br />

<strong>in</strong>tegratives Mess<strong>in</strong>strument“ 658 unmittelbar im Zusammenhang mit <strong>der</strong> Qualität <strong>der</strong><br />

Lebensfähigkeit. Vorbildcharakter für den englischen Landschaftsgarten hatte die<br />

652 Hunt 2004, S. 12f.<br />

653 Hunt 2004, S. 6. Bezeichnen<strong>der</strong>weise fällt <strong>der</strong> Landschaftsgarten, das „Picturesque“, zeitlich mit dem<br />

Beg<strong>in</strong>n des Sensualismus John Lockes zusammen, <strong>der</strong> geistige Vorstellungen aus empirischen<br />

Erfahrungen ableitet. John Locke beobachtete etwa, dass sich die komplexe Idee <strong>der</strong> Freiheit aus<br />

„Denken“ <strong>und</strong> „Bewegung“ zusammensetzt, die beide direkt durch s<strong>in</strong>nliche Erfahrung entstehen <strong>und</strong><br />

aufgr<strong>und</strong> des geme<strong>in</strong>samen Aspektes <strong>der</strong> „Aufe<strong>in</strong>an<strong>der</strong>folge“ assoziiert werden. Das bedeutet implizit,<br />

dass die Erfahrung <strong>der</strong> Bewegung im natürlichen Raum – <strong>der</strong> Natur – zur Entstehung von Freiheitsideen<br />

kann. vgl. Tabarasi 2007, S. 346<br />

654 Böhme 1989, S. 87<br />

655 Tabarasi 2007, S. 121<br />

656 Shaftesbury 1980, S. 60<br />

657 Shaftesbury 1980, S. 178<br />

658 So Böhme 1989, S. 49


-156-<br />

Antike, 659 die Elysischen Gefilde, - e<strong>in</strong>e Mischung von „Erlebniswelten“, <strong>in</strong> <strong>der</strong> Mythos,<br />

Dichtung <strong>und</strong> Wirklichkeit verschmelzen konnten – wie auch das Goldene Zeitalter mit<br />

se<strong>in</strong>em „ewigen Frühl<strong>in</strong>g“. Was nicht als Anspielung auf den Klimawandel zu verstehen<br />

ist. Obwohl die „Gartenrevolution“ tatsächlich nicht ohne e<strong>in</strong>en bereits zur damaligen<br />

Zeit konstatierten Klimawandel hätte stattf<strong>in</strong>den können. Zwischen 1700 <strong>und</strong> 1740 f<strong>in</strong>g<br />

die Temperatur an zu steigen, so dass man die Gartenflora auch mit ausländischen<br />

Arten bereichern konnte <strong>und</strong> wollte, weil man bereits damals neuen Pflanzen- <strong>und</strong><br />

Baumbesatz als Lösung gegen Klimaprobleme ansah. 660<br />

Bevor die Verortung verschiedener Gartentypen, <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e die des englischen<br />

Landschaftsgartens wie auch die des französischen Barockgartens, im Wertekreis<br />

erfolgt, möchten wir an dieser Stelle noch e<strong>in</strong>ige Charakteristika an<strong>der</strong>er Gartenformen<br />

aufzeigen.<br />

Zu den orientalischen „paradeiza“, den paradiesischen Parks <strong>und</strong> Gärten gehörten<br />

terrassenförmige Anlagen, wie beispielsweise die <strong>in</strong> <strong>der</strong> Antike legendären „hängenden<br />

Gärten <strong>der</strong> Semiramis“. Sie wurden zum Teil als Jagdreviere genutzt, „Könige <strong>und</strong><br />

an<strong>der</strong>e Potentaten gaben ihnen das Gepräge.“ 661 Die italienischen Renaissance-Gärten<br />

waren ebenso im Besitz wohlhaben<strong>der</strong> Familien o<strong>der</strong> Fürsten. Typisch waren<br />

Terrassen-Treppen, Wasserspiele, Brunnen, Kaskaden sowie e<strong>in</strong>e „eigenartige<br />

Geschlossenheit“ 662 <strong>der</strong> symmetrisch gestalteten Anlagen.<br />

Ch<strong>in</strong>esische Gärten h<strong>in</strong>gegen verbreiten gleichzeitig e<strong>in</strong>e spirituelle Atmosphäre <strong>und</strong><br />

schwerelose Heiterkeit wie auch e<strong>in</strong>en „erhabenen“ Schrecken, <strong>der</strong> sich <strong>in</strong> Form<br />

drohen<strong>der</strong> Felsen, dunkler Höhlen, schäumen<strong>der</strong> Wasserfälle, verkrüppelter Bäume<br />

<strong>und</strong> Ru<strong>in</strong>en zeigt. Asymmetrie, die plötzlichen Übergänge <strong>und</strong> heftigen Gegensätze <strong>in</strong><br />

Form, Farbe <strong>und</strong> Schattierung 663 sollen die Natur im Prozess <strong>der</strong> Selbstorganisation<br />

659 Tarbarasi 2007, S. 11. Für die christliche Tradition galt/gilt Natur als gefallene Natur, <strong>der</strong> geometrische<br />

Garten steht symbolisch für die geordnete Welt – das Paradies - vor dem Sündenfall. Dementsprechend<br />

war die <strong>der</strong> hermetischen E<strong>in</strong>friedung <strong>der</strong> „respublica Christian“ des Mittelalters entsprechende<br />

Gartenform <strong>der</strong> „hortus conclusus“; vgl. auch Mayer-Tasch 1998/2, S. 52<br />

660 Vgl. Tabarasi 2007, S. 45 <strong>und</strong> S. 259<br />

661 Treptow 2001, S. 185. Mit <strong>der</strong> hier erfolgenden E<strong>in</strong>ordnung <strong>der</strong> orientalischen Gärten sehen wir nicht<br />

den rhizomatischen Charakter, den Guattari <strong>und</strong> Deleuze (1977, S. 30), im Charakter orientalischer<br />

Gärten verorten wollen: „Im Abendland: Landwirtschaft mit auserlesenen Abstammungsl<strong>in</strong>ien <strong>und</strong> vielen<br />

verschiedenen Individuen; im Morgenland: Gartenbaukultur mit e<strong>in</strong>er kle<strong>in</strong>en Anzahl von Individuen, auf<br />

e<strong>in</strong>e große Skala von „Klonen“ verweist.“<br />

662 Treptow 2001, S. 186<br />

663 Tabarasi 2007, S. 121


-157-<br />

zeigen, aber auch auf Gleichgewicht <strong>und</strong> Harmonie <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em (geordneten) Universum<br />

h<strong>in</strong>weisen. Insbeson<strong>der</strong>e <strong>der</strong> japanische Zengarten als „Trockengarten“, <strong>der</strong> lediglich<br />

aus Kies, Ste<strong>in</strong>en <strong>und</strong> Felsbrocken besteht, betont Ordnungsaspekt <strong>und</strong> Meditation. 664<br />

Aus <strong>der</strong> englischen Gartenbauform entwickelte sich sukzessive auch e<strong>in</strong>e Form des<br />

<strong>Landbau</strong>s. Schon dem Landschaftsgarten entsprachen sowohl ästhetischen als auch<br />

agrarökonomischen Nutzen zu vere<strong>in</strong>en <strong>und</strong> die Schafzucht <strong>in</strong> das Gesamtkonzept zu<br />

<strong>in</strong>tegrieren, da Weideflächen fast doppelt so rentabel waren wie Ackerland. 665 Daraus<br />

entstand das Konzept <strong>der</strong> „ornamental farm“ zu Anfang des 18. Jahrh<strong>und</strong>erts. Die<br />

„ornamental farm“ o<strong>der</strong> französisch „Ferme Ornée“ avancierte zu e<strong>in</strong>em Projekt, das<br />

ganz im S<strong>in</strong>ne <strong>der</strong> Aufklärung versuchte, den wissenschaftlichen Fortschritt<br />

voranzutreiben <strong>und</strong> mit e<strong>in</strong>er ästhetisch ansprechbaren Gestaltung <strong>der</strong> Landschaft zu<br />

verb<strong>in</strong>den. Agrarwirtschaftliche Neuerungen <strong>und</strong> Verbesserungen g<strong>in</strong>gen e<strong>in</strong>her mit<br />

e<strong>in</strong>er Gestaltung <strong>der</strong> Landschaft durch die Kunst.<br />

664 Treptow 2001, S. 190<br />

665 Vgl. Tabarasi 2007, S. 47. Der Schäfer aus dem Englischen Garten <strong>in</strong> München musste gerade se<strong>in</strong>e<br />

Tätigkeit dort aufgeben, da vermehrter H<strong>und</strong>ekot se<strong>in</strong>e Schafe krank machten.


-158-<br />

Nach Vorbild <strong>der</strong> „Leasowes“, <strong>der</strong> Ferme Ornée des englischen Dichters William<br />

Shenstone, entstanden landwirtschaftliche Gärten <strong>in</strong> Europa <strong>und</strong> den USA, <strong>in</strong> denen<br />

Viehweiden, Fischteiche, Obstgärten, Ackerland sowie Parklandschaften vere<strong>in</strong>t<br />

wurden. Wesentliche gestalterische Elemente <strong>der</strong> „Ferme Ornée“, die fast alle Formen<br />

<strong>der</strong> Naturgestaltung be<strong>in</strong>halten, waren Weidewirtschaft <strong>und</strong> Ackerbau als ökonomisches<br />

Rückgrat <strong>der</strong> Flächennutzung, fließende <strong>und</strong> stehende Gewässer, Wald<strong>in</strong>seln mit<br />

Hutewäl<strong>der</strong>n (Wald-Weiden) <strong>und</strong> Wildnis, formale <strong>und</strong> ornamentale Gartenelemente,<br />

Baumalleen zur Landschaftsglie<strong>der</strong>ung, <strong>in</strong>szenierte beson<strong>der</strong>e Orte <strong>und</strong> Picknickplätze<br />

sowie (R<strong>und</strong>-)Wan<strong>der</strong>wege zur Erschließung <strong>der</strong> Landschaftsszenerie. 666<br />

E<strong>in</strong>e Form <strong>der</strong> „Ferme Ornée“ war die „Pastoral Farm“, die, mit Motiven <strong>der</strong><br />

Schäferdichtung geschmückt, die literarische Landschaft Arkadiens zum Thema hatte.<br />

Die „Ancient Farm“ widmete sich ihrerseits <strong>der</strong> Landbestellung <strong>der</strong> Bauern <strong>in</strong> früheren<br />

Zeiten. Fel<strong>der</strong> wurden hier nicht von Hecken, son<strong>der</strong>n von Wäl<strong>der</strong>n umgeben, was den<br />

E<strong>in</strong>druck erweckte, die kultivierten Teile dehnten sich langsam <strong>in</strong> das unkultivierte Land<br />

aus. Aber nicht die Trennung von Wald <strong>und</strong> Wiese war bezweckt, son<strong>der</strong>n „Holz“ <strong>und</strong><br />

„Gras“ sollten vere<strong>in</strong>igt werden <strong>und</strong> konnten <strong>in</strong>mitten kultivierter Äcker gef<strong>und</strong>en<br />

werden. Im Wald fanden sich dann Schmuckbauten wie Türme o<strong>der</strong> Bögen, kle<strong>in</strong>e<br />

Burgen <strong>und</strong> Kapellen. 667 E<strong>in</strong>e weitere Form, die „Simple Farm“, präsentierte<br />

„Naturmaterialien“ wie Fel<strong>der</strong>, Wald <strong>und</strong> Wasser <strong>in</strong> verschiedenen Formen <strong>und</strong><br />

Anordnungen. 668<br />

E<strong>in</strong>e aktuelle Version <strong>der</strong> „Ferme Ornée“ entsteht gegenwärtig im nördlichen Saarland.<br />

Dort wird auf e<strong>in</strong>em ca. 180 ha großen Gelände das Projekt „Landschaftspark Imsbach”<br />

realisiert. Für das Hofgut Imsbach <strong>und</strong> die umliegenden land- <strong>und</strong> forstwirtschaftlichen<br />

Flächen ist die Konzeption als Landschaftspflegehof mit landwirtschaftlichen<br />

E<strong>in</strong>richtungen vorgesehen. Der Landschaftspark verb<strong>in</strong>det die landwirtschaftliche<br />

Nutzung <strong>der</strong> Flächen mit den „traditionellen“, gestalterischen Bauste<strong>in</strong>en:<br />

Weidewirtschaft als Rückgrat <strong>der</strong> Flächennutzung, Wald<strong>in</strong>seln mit Hutewäl<strong>der</strong>n <strong>und</strong><br />

Wildnis, formale <strong>und</strong> ornamentale Gartenelemente, die Farbe Rot als Rem<strong>in</strong>iszenz an<br />

den Rötelabbau, die „Imsbach-Promenade“ als r<strong>in</strong>gförmige Erschließung <strong>der</strong><br />

Landschaftsszenerie <strong>in</strong>szenierte beson<strong>der</strong>e Orte <strong>und</strong> Picknickplätze. 669<br />

666 Schulz 2004, S. 123ff.<br />

667 Schulz 2004, S. 131<br />

668 Schulz 2004, S. 127<br />

669 Mehr dazu unter www.agl-onl<strong>in</strong>e.de


-159-<br />

Hier wird die „Ferme Ornée“ zum symbolischen „Gegenort“ <strong>der</strong> Stadt, e<strong>in</strong>em Ort <strong>der</strong><br />

Vervollkommnung <strong>und</strong> Regeneration, 670 wie sie bereits im Rahmen <strong>der</strong> „Retirement-<br />

Philosophie“ <strong>der</strong> englischen Whigs wahrgenommen wurde. Shaftesbury hat <strong>in</strong><br />

„poetische Extase“ e<strong>in</strong> Beispiel se<strong>in</strong>er „Retirement-Empf<strong>in</strong>dungen“ gegeben: „Ihr Gefilde<br />

<strong>und</strong> Wäl<strong>der</strong>, me<strong>in</strong>e Zuflucht aus dem ermüdenden Getümmel <strong>der</strong> Welt, nehmt mich auf<br />

<strong>in</strong> euer stilles Heiligtum <strong>und</strong> segnet die St<strong>und</strong>en me<strong>in</strong>er E<strong>in</strong>samkeit <strong>und</strong> stillen<br />

Betrachtung.“ 671<br />

Gleichzeitig werden heute die Innenstädte als lebenswerter Raum wie<strong>der</strong>entdeckt. Die<br />

Trennung von Stadt (Arbeit) <strong>und</strong> Land (Leben) sche<strong>in</strong>t aufgr<strong>und</strong> des auch <strong>in</strong> diesem<br />

Punkt immobiler werdenden Industriezeitalters – <strong>der</strong> Auto(im)mobilität <strong>und</strong> se<strong>in</strong>er<br />

Verkehrskollapse – passe. Erstmals leben weltweit mehr Menschen <strong>in</strong> Städten als auf<br />

dem Land. In 50 Jahren wird es mehr als 100 Mega-Cities mit e<strong>in</strong>er E<strong>in</strong>wohnerzahl von<br />

über fünf Millionen geben <strong>und</strong> <strong>in</strong> 25 Jahren werden zwei Drittel <strong>der</strong> Menschheit <strong>in</strong><br />

Städten leben. 672 Zur Ernährung ihrer Bewohner braucht e<strong>in</strong>e durchschnittliche Stadt<br />

aber bereits heute e<strong>in</strong>e Ackerlandfläche, die das Zehnfache ihrer eigenen Größe<br />

beträgt. Bis zum Jahr 2050 werden zusätzlich mehr als e<strong>in</strong>e Milliarde Hektar benötigt,<br />

e<strong>in</strong>e Fläche von <strong>der</strong> Größe Brasiliens, die nicht verfügbar ist.<br />

Insofern wird folgerichtig die Landwirtschaft – nicht nur <strong>in</strong> Form <strong>der</strong> „Thünenschen<br />

R<strong>in</strong>ge“ 673 - e<strong>in</strong> Teil <strong>der</strong> städtischen Kultur werden. Denn auch im Zuge des aktuellen<br />

Strukturwandels fallen immer mehr Stadtflächen e<strong>in</strong>er Brachenbildung anheim. Doch<br />

Gr<strong>und</strong> <strong>und</strong> Boden, <strong>der</strong> durch den Abriss von Wohngebäuden o<strong>der</strong> die Aufgabe<br />

670 Schulz 2004, S. 384<br />

671 Shaftesbury 1980, S. 146<br />

672 Vgl. Laskowski 2001, S. 261. Es ist dabei noch nicht erwiesen, bleibt aber zu hoffen, dass, wie Wenzel<br />

(2007, S. 6) behauptet, die Stadt <strong>der</strong> Zukunft auf Lebensqualität, Greenstyle, Downshift<strong>in</strong>g-Viertel <strong>und</strong><br />

„Slow-Citys“ setzt. Denn ganz an<strong>der</strong>e Herausfor<strong>der</strong>ungen könnten entstehen. Richard Norton, Professor<br />

für „national security affairs” am US-„Naval War College“, betont die Dr<strong>in</strong>glichkeit, Aufmerksamkeit nicht<br />

mehr nur auf „failed states“, son<strong>der</strong>n auf bereits drohende „feral cities“ – wilde Städte – zu konzentrieren.<br />

Diese s<strong>in</strong>d „an immense petri dish of both ancient and new diseases, a territory where the rule of law has<br />

long been replaced by near anarchy <strong>in</strong> which the only security available is that which is atta<strong>in</strong>ed through<br />

brute power […] Such megalopolises will provide exceptionally safe havens for armed resistance groups,”<br />

Norton 2003<br />

673 Bereits zu Mitte des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts hatte Johann He<strong>in</strong>rich von Thünen mit se<strong>in</strong>er Abhandlung „Der<br />

isolierte Staat <strong>in</strong> Beziehung auf Landwirtschaft <strong>und</strong> Nationalökonomie“ <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Gedankenexperiment<br />

e<strong>in</strong>en idealtypischen Aufbau stadtabhängiger Landwirtschaftsformen – die „Thünenschen R<strong>in</strong>ge“ -<br />

entwickelt. Landwirtschaftliche Produktion sollte – nicht zuletzt durch die Treffpunkte <strong>der</strong><br />

Direktvermarktung – e<strong>in</strong> Teil Stadt werden; vgl. Lohrberg 2001


-160-<br />

gewerblicher Standorte von se<strong>in</strong>er wirtschaftlichen Nutzung befreit wurde, ist totes<br />

Kapital.<br />

Unterschiedliche Landwirtschaftstypen bieten hierzu Entwürfe: Extensive Tierhaltung <strong>in</strong><br />

gepflegten Freiflächen, Blumenwiesen als Bienenweiden, Obstbäume <strong>und</strong><br />

Beerensträucher für Selbstpflücker, Anbau nachwachsen<strong>der</strong> Rohstoffe,<br />

Demonstrationsfel<strong>der</strong> für Getreidekulturen, Färbe- <strong>und</strong> Kräuterpflanzen, Duftfel<strong>der</strong>,<br />

Mieter- <strong>und</strong> Schulgärten, Maislabyr<strong>in</strong>the, Farbfel<strong>der</strong>, Wiesenlandschaften. Es entstehen<br />

<strong>und</strong> entstanden City-Farms <strong>in</strong> England, <strong>der</strong> Schweiz, <strong>der</strong> Nie<strong>der</strong>lande, Deutschland,<br />

Dänemark <strong>und</strong> Frankreich. Interkulturelle Gärten auf ausgewiesenen Freiflächen dienen<br />

als Treffpunkt <strong>und</strong> zur Teilselbstversorgung mit ökologischen Lebensmitteln. In Leipzig<br />

werden auf e<strong>in</strong>em an e<strong>in</strong> Neubaugebiet grenzendes ehemaliges Manövergelände<br />

Heckr<strong>in</strong><strong>der</strong> gehalten, <strong>in</strong> Gera <strong>in</strong> leerstehenden Plattenbauten Austernpilze gezüchtet.<br />

Wie Felicitas Fuhrmann von <strong>der</strong> Humboldt-Universität Berl<strong>in</strong> ergänzt: „Landwirtschaft <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> Stadt kann als Innovationsmotor o<strong>der</strong> als Experimentierfeld gelten.“ 674 Da<br />

verw<strong>und</strong>ert es nicht, wenn das städtische Angebot an Weiterbildung h<strong>in</strong>sichtlich<br />

ökologischen Themen <strong>und</strong> Servicepakete aus den Bereichen Bildung <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heit<br />

stark zunehmen.<br />

Erste Ansätze für Öko-Städte s<strong>in</strong>d im Moment <strong>in</strong> Ch<strong>in</strong>a geplant. Dort soll <strong>in</strong> <strong>der</strong> Nähe<br />

von Shanghai die erste komplett nachhaltige Stadt entstehen: Dongtan. In ihr sollen so<br />

viele Lebensmittel erzeugt werden, wie auf e<strong>in</strong>er Landwirtschaftsfläche gleicher Größe<br />

wachsen würden. Die Öko-Stadt wird mit erneuerbaren Energien, Regenwasser <strong>und</strong><br />

Brennstoff aus Küchenabfällen „funktionieren“. Maximal 40 Prozent <strong>der</strong> Fläche sollen<br />

mit Häusern bebaut werden, <strong>der</strong> Rest für Landwirtschaft <strong>und</strong> e<strong>in</strong> Vogelschutzgebiet<br />

bleiben. 675<br />

Auch <strong>in</strong> europäischen Städten könnten Komb<strong>in</strong>ationen von „Ferme Ornée“ <strong>und</strong> den<br />

„Hängenden Gärten <strong>der</strong> Semiramis“ entstehen. E<strong>in</strong>e Idee <strong>in</strong> dieser Richtung existiert<br />

bereits. Das Konzept stammt von Dickson Despommier, Professor <strong>der</strong><br />

Umweltwissenschaften <strong>der</strong> Columbia University <strong>in</strong> New York City. 676 Las Vegas wird die<br />

weltweit erste, 30 Stockwerke hohe Vertical Farm bauen. Geplant ist e<strong>in</strong>e Eröffnung <strong>in</strong><br />

674 Fuhrmann 2006, S. 12<br />

675 http://www.sueddeutsche.de/wissen/artikel/923/109814/<br />

676 Mehr dazu auf http://www.verticalfarm.com


-161-<br />

2010; das 200 Millionen Dollar teure Projekt würde Nahrung für 72.000 Menschen<br />

erzeugen. Mit „Vertical Farm<strong>in</strong>g“ könnten Nahrungsmittel wie Früchte, Gemüse, Fisch-<br />

<strong>und</strong> Viehbestände durch die Nutzung von Treibhäusern <strong>und</strong> recyclebaren Ressourcen<br />

das ganze Jahr über angebaut beziehungsweise gehalten werden. Dies könnte Städten<br />

ermöglichen sich <strong>in</strong> Zukunft selbst zu versorgen.<br />

Die potenziellen Vorteile von „Vertical Farm<strong>in</strong>g“, so Despommier, wären die Prävention<br />

von Abholzung, Desertifikation, Zersiedelung <strong>und</strong> an<strong>der</strong>e Konsequenzen steigen<strong>der</strong><br />

landwirtschaftlicher (Land-)Nutzung. Mit <strong>der</strong> Produktion von Nahrungsmitteln <strong>in</strong><br />

Bevölkerungszentren würde weniger Luftverschmutzung erzeugt als beim Transport von<br />

Nahrungsmitteln von entfernten Bauernhöfen – auch hier <strong>der</strong> Beleg für den<br />

ökonomisch-ökologischen Doppelnutzen kurzer Wege. Die kontrollierte Umwelt <strong>der</strong><br />

Treibhäuser könnte außerdem zu größeren Erträgen <strong>und</strong> ger<strong>in</strong>gerem Gebrauch von<br />

chemischen o<strong>der</strong> biologischen Wachstumsmitteln führen. Wie zurzeit angedacht,<br />

könnten „Vertical Farms“ Abwässer <strong>in</strong> frisches Wasser umwandeln, durch Nutzung von<br />

Abfällen ihre eigene Elektrizität erzeugen <strong>und</strong> theoretisch selbstversorgend se<strong>in</strong>.<br />

Komb<strong>in</strong>iert werden könnte das ganze System mit <strong>der</strong> Technik des „Electronic Farm<strong>in</strong>g“,<br />

bei <strong>der</strong> Computer <strong>und</strong> Internet-gestützte Anwendungen die präzise Bewirtschaftung <strong>der</strong><br />

Flächen, optimale Wärmeausnutzung, die Chargenverfolgung von Betriebsmitteln <strong>und</strong><br />

Vieh vom Rohstoff bis zum Fertigprodukt im S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>er gläsernen Produktion sowie<br />

k<strong>und</strong>enfre<strong>und</strong>lichen Televertrieb <strong>und</strong> –Service erlauben. 677<br />

Dadurch könnten öffentliche Räume entstehen, die, um es mit Jürgen Habermas<br />

auszudrücken, <strong>in</strong> <strong>der</strong> Lage s<strong>in</strong>d, „im H<strong>in</strong>blick auf die geheimnisvolle Kraft <strong>der</strong><br />

Intersubjektivität, Verschiedenes zu vere<strong>in</strong>igen, ohne es ane<strong>in</strong>an<strong>der</strong> anzugleichen.“ 678<br />

In <strong>der</strong> Verfassung öffentlicher Räume, so Habermas weiter, verraten sich am ehesten<br />

anomische Züge des Zerfalls o<strong>der</strong> Risse e<strong>in</strong>er repressiven Vergeme<strong>in</strong>schaftung.<br />

Mo<strong>der</strong>ne Städteplanung verh<strong>in</strong><strong>der</strong>t diese repressive Vergeme<strong>in</strong>schaftung, wenn sie, wie<br />

Marcus Zepf von <strong>der</strong> Ecole Polytechnique Fe<strong>der</strong>ale de Lausanne, e<strong>in</strong>e „Urbanität als<br />

mot magique“ for<strong>der</strong>t <strong>und</strong> städtischen Raum als Platz für e<strong>in</strong>e <strong>Vielfalt</strong> von paradoxen<br />

Nutzungsarten <strong>in</strong>nerhalb e<strong>in</strong>er Ambivalenz zwischen Geschlossenheit (Fassaden) <strong>und</strong><br />

Öffnungen (Plätze, Zu- <strong>und</strong> Durchgänge) def<strong>in</strong>iert. Die Stadt ist hier fokales System,<br />

Verb<strong>in</strong>dung von Mo<strong>der</strong>nität <strong>und</strong> Geschichte, Mischung <strong>und</strong> Separation, Kommerz <strong>und</strong><br />

677 Vgl. Gottwald 2005, S. 143<br />

678 Habermas 2004


-162-<br />

Kunst, Mobilität <strong>und</strong> Verweilen, Stabilität <strong>und</strong> Wandel, zwischen <strong>in</strong>dividueller<br />

Wahrnehmung <strong>und</strong> „mémoire collective“. 679<br />

Auch im H<strong>in</strong>blick dessen, dass sich <strong>der</strong> (b<strong>und</strong>esdeutsche) Städter vor allem auf<br />

landwirtschaftlichen Flächen erholt, 680 ist die Integrierung von landwirtschaftlichen<br />

Nutzflächen <strong>in</strong> die Stadt – aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong> „kurzen Wege“ – ökologisch. An den „Rän<strong>der</strong>n“<br />

dieser Stadt-Land-Wirtschaften <strong>und</strong> „Vertical Farms“ könnten sich Stellen bilden, an<br />

denen sich Menschen ungezwungen aufhalten, verweilen, <strong>in</strong>nehalten <strong>und</strong> am „Betrieb“<br />

teilhaben könnten. 681 Dieses Konzept ermöglicht für Städter das, was für die<br />

Landschaftsarchitekt<strong>in</strong> Antonia D<strong>in</strong>nebier <strong>der</strong> Landschaftsgarten verkörpert: e<strong>in</strong><br />

„H<strong>in</strong>e<strong>in</strong>schlüpfen <strong>in</strong> vorgegebene Deutungsmuster“ wie gleichzeitig die<br />

„eigenverantwortliche S<strong>in</strong>nvermittlung“, die Sicherheit des Umhegten wie die Ahnung<br />

<strong>der</strong> Freilandschaft. 682<br />

Diese paradoxen <strong>Vielfalt</strong>en, die sich durch e<strong>in</strong> räumlich wie zeitlich rasantes<br />

Aufe<strong>in</strong>an<strong>der</strong> zu bewegen <strong>der</strong> Gegensätze auszeichnen, f<strong>in</strong>det auch <strong>in</strong> ökonomischen<br />

Strategien ihren Wi<strong>der</strong>hall. Durch die zunehmende Fraktalisierung von Arbeits- <strong>und</strong><br />

Absatzmärkten sehen sich Unternehmen vermehrt mit e<strong>in</strong>er externen <strong>Vielfalt</strong> – hybriden<br />

Konsumenten, unterschiedliche (Mitglie<strong>der</strong>-)Kulturen - konfrontiert, auf die sie flexibel<br />

reagieren müssen. Will e<strong>in</strong> System überleben, so muss es auf die Unterschiede <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Umwelt mit Unterschieden <strong>in</strong> <strong>der</strong> eigenen Struktur reagieren: Es muss Informationen<br />

bilden, es muss lernen. „Diversity Management“ zielt darauf ab, die Eigen- <strong>und</strong><br />

Vielheiten von Individuen <strong>und</strong> Gruppen gezielt als strategische Ressource zu nutzen.<br />

Drei wichtige Argumente sprechen aus <strong>der</strong> Sicht <strong>der</strong> Unternehmen für Diversity<br />

Management: Höhere Flexibilität bei Makro-Umwelt-Verän<strong>der</strong>ungen, kreative<br />

Problemlösungen <strong>und</strong> gesteigerte Market<strong>in</strong>geffektivität, weil e<strong>in</strong>e vielfältig<br />

zusammengesetzte Belegschaft sich besser auf die Wünsche <strong>und</strong> Bedürfnisse<br />

heterogener K<strong>und</strong>en e<strong>in</strong>stellen kann. 683<br />

679 Zepf 2000, S. 43<br />

680 Lohrberg 2001, S. 2. Wer se<strong>in</strong> Wohngebiet verlässt <strong>und</strong> <strong>in</strong> die Umgebung spaziert, bewegt sich<br />

zumeist an Äckern <strong>und</strong> Wiesen, an We<strong>in</strong>bergen <strong>und</strong> Gärtnereien vorbei. Die Statistik weist<br />

durchschnittlich e<strong>in</strong> Viertel <strong>der</strong> Stadtfläche deutscher Großstädte als Agrarland aus. Wäl<strong>der</strong> <strong>und</strong> Forste<br />

kommen demgegenüber nur auf ca. 17 Prozent.<br />

681 Christoper Alexan<strong>der</strong>, Pattern 124 des „A pattern language: towns, build<strong>in</strong>gs, construction”. Vgl.<br />

http://www.uni-weimar.de/architektur/InfAR/lehre/Entwurf/Patterns/124/ca_124_d.html<br />

682 D<strong>in</strong>nebier 2004, S. 64<br />

683 Vgl. Ved<strong>der</strong> 2008. Dazu addieren sich des weiteren Kostensenkung durch bessere<br />

Mitarbeitermotivation <strong>und</strong> –<strong>in</strong>tegration sowie verbesserte Personalrekrutierung


-163-<br />

Unternehmen bewegen sich im Rahmen des Diversity-Management-Prozesses durch<br />

drei Phasen, die erstaunliche Parallelen zu verschiedenen Stufen mit Behandlung von<br />

<strong>Vielfalt</strong> im Rahmen des Umwelt- <strong>und</strong> Naturschutzes aufweisen. Phase 1 ist die <strong>der</strong><br />

Antidiskrim<strong>in</strong>ierung. Hier geht es darum, die Mitarbeiterschaft aus moralischen Gründen<br />

vielfältiger zu machen, nicht aber die Organisation <strong>in</strong> ihrer Arbeitsweise an den<br />

Unterschieden lernen zu lassen. 684 Antidiskrim<strong>in</strong>ierung ist ja im S<strong>in</strong>ne des Wortes die<br />

Rückgängigmachung e<strong>in</strong>er Unterscheidung, die ja trotzdem die Nennung des<br />

Unterschiedenen, das nicht mehr e<strong>in</strong>em Unterschied unterliegen soll, benötigt. Mit dem<br />

Nicht-Benannten kann damit verfahren werden wie zuvor. Dem entspricht analog die<br />

Ausweisung von Naturschutzgebieten beziehungsweise die Nichtausweisung.<br />

In Phase 2, <strong>der</strong> Phase <strong>der</strong> Legitimation, werden zunehmend ethnische Gruppen o<strong>der</strong><br />

Nischenmärkte als Bezugsgruppen identifiziert - mit <strong>der</strong> Gefahr <strong>der</strong> Stereotypisierung.<br />

Analog dazu steht die Entdeckung von „geschützter Natur“, die vermarktet werden kann<br />

als „Kulturlandschaft“, „gefährliche Natur“ (Extremsportarten), Wildnis, erhabene Natur<br />

etc.<br />

In <strong>der</strong> dritten Phase f<strong>in</strong>den sich schließlich vermehrt Unternehmen <strong>und</strong> Organisationen,<br />

die explizit Mitarbeiter mit vielfältigem Identitätsh<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong>, Kompetenzen <strong>und</strong><br />

professioneller Ausrichtung e<strong>in</strong>stellen. Persönliche Geschichte <strong>und</strong> Eigenarten werden<br />

wertgeschätzt <strong>und</strong> verarbeitet, nach dem Motto: „We are all on the same team with our<br />

differences – not despite them.“ 685<br />

Synergie durch <strong>Vielfalt</strong>, so könnte man Diversity Management auf e<strong>in</strong>e knappe Formel<br />

br<strong>in</strong>gen 686 - e<strong>in</strong>e Formel, die auch auf neue Formen von Kooperationen <strong>und</strong><br />

Vernetzungen zwischen Markt <strong>und</strong> Staat zutrifft.<br />

684 Keil 2004, S. 87<br />

685 Keil 2004, S. 88<br />

686 Kooperative soziale Verhaltensweisen haben wesentlichen Anteil am reproduktiven Erfolg, <strong>der</strong> so<br />

genannten „Darw<strong>in</strong>’schen Fitness“, <strong>in</strong> sehr vielen Organismen. Dies gilt für Viren <strong>und</strong> Bakterien - viele<br />

davon s<strong>in</strong>d Pathogene - wie auch für komplexere Organismen bis h<strong>in</strong> zum Menschen. Gregory Velicer<br />

vom Max-Planck-Insitut für Entwicklungsbiologie Tüb<strong>in</strong>gen hat bei Mycobakterien „Jagen im Rudel“<br />

sowie die „Schwarmbewegung“ als „Social Movement“, wie allerd<strong>in</strong>gs auch überlebensnotwendiges<br />

Betrügen (während <strong>der</strong> Fruchtkörperentwicklung), feststellen können; vgl. Velicer 2006


-164-<br />

5. Von <strong>der</strong> Masse zum „Must“ des Maßes<br />

5.1. Netz <strong>und</strong> doppelte Moden: Mit Netzen ackern…<br />

Wenn die Gesellschaft als Ensemble menschlicher Kommunikation als soziales System<br />

erster Ordnung anzusehen ist, dann entstehen soziale Systeme höherer Ordnung,<br />

wenn sich <strong>in</strong>nerhalb <strong>der</strong> Gesellschaft, beispielsweise gegenüber diffuser<br />

Kommunikation, Spezialkommunikationen herausdifferenzieren <strong>und</strong> zu Systemen mit<br />

eigener Identität verketten.<br />

Autonomie gew<strong>in</strong>nen diese Teilsysteme nach e<strong>in</strong>em elevatorischen Pr<strong>in</strong>zip: 1. Wenn sie<br />

die Systemkomponenten selbstreferentiell def<strong>in</strong>ieren (Selbstbeobachtung), 2. wenn<br />

zusätzlich diese Selbstbeobachtung als Selbstbeschreibung im System operativ<br />

verwendet wird (Selbstkonstitution) 3. <strong>und</strong> wenn schließlich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Hyperzyklus die<br />

selbstkonstituierten Systemkomponenten – Element, Struktur, Prozess, Identität,<br />

Grenze, Umwelt, Leistung, Funktion – als e<strong>in</strong>an<strong>der</strong> wechselseitig produzierend verkettet<br />

werden 687 (Autopoiesis o<strong>der</strong> „autonome Selbstkonstitution“ 688 ). Auf <strong>der</strong> ersten Stufe<br />

haben sich beispielsweise aus <strong>der</strong> Gesellschaft sek<strong>und</strong>äre Lebens- <strong>und</strong> Sprachformen<br />

ausdifferenziert, <strong>in</strong> <strong>der</strong>en Kontext über die (primäre, private) alltägliche Lebensform<br />

kommuniziert wird (Stammtisch ökologischer Landwirte). In <strong>der</strong> zweiten Stufe haben<br />

sich schon spezielle Traditionen <strong>und</strong> damit <strong>der</strong>ivative Lebens- <strong>und</strong> Sprachformen<br />

ausgebildet (ÖL-Organisationen wie Betriebe, Interessen-Verbände). Und die dritte<br />

Stufe ist erreicht, wenn die <strong>der</strong>ivative Lebens- <strong>und</strong> Sprachform gegenüber <strong>der</strong><br />

orig<strong>in</strong>ären abgeschottet bleibt <strong>und</strong> sich durch kontextspezifische Kommunikation<br />

ausschließlich selbst reproduziert (wissenschaftliche Forschungstraditionen <strong>in</strong> „Fibl“,<br />

„Orgpr<strong>in</strong>ts“ etc.). 689<br />

Organisationen beispielsweise differenzieren sich gegenüber diffuser Kommunikation<br />

<strong>und</strong> Interaktion durch die spezifischen Komponenten <strong>der</strong> Grenze (Mitgliedschaft), des<br />

Elements (Entscheidung), <strong>der</strong> Struktur (Norm) <strong>und</strong> <strong>der</strong> Identität (Kollektiv) reflexiv<br />

heraus. Sie reproduzieren sich durch den Anschluss an system<strong>in</strong>terne Vorgaben<br />

(Selektionskriterien) <strong>und</strong> vorangegangene Kommunikationen (<strong>in</strong> Organisationen:<br />

687 Teubner 1987, S. 102<br />

688 Kirsch 1999 II, S. 89<br />

689 Zu den Stufen „autonomer Selbstkonstitution“ <strong>und</strong> Lebenswelten vgl. Kirsch 1999 II, S. 83ff.


-165-<br />

Entscheidungen). 690 Anschlussfähigkeit wird dadurch hergestellt, dass Kommunikation<br />

bzw. e<strong>in</strong>e Handlung (als spezifische Kommunikation) immer zugleich auf e<strong>in</strong>e<br />

Anschlusshandlung verweist, die wie<strong>der</strong>um auf die Ausgangshandlung zurückverweist<br />

<strong>und</strong> so Handlungen an Handlungen anschließen können. E<strong>in</strong>e vollständige Autonomie<br />

von Organisationen, e<strong>in</strong>e „totalitäre Lebenswelt“ 691 ersche<strong>in</strong>t allerd<strong>in</strong>gs<br />

unwahrsche<strong>in</strong>lich.<br />

Dennoch schaffen sich Organisationen aus <strong>der</strong> Fülle möglicher Menschen jenen<br />

Organisationsmenschen, <strong>der</strong> den Funktionsbed<strong>in</strong>gungen von Organisationen angepasst<br />

ist. Über die parasitäre Verwendung des Menschen schaffen es Organisationen, neue<br />

Informationen zu generieren. Dabei greifen sie lediglich auf die für sie<br />

funktionsrelevanten Anteile <strong>der</strong> Individuen zu, während die Individuen auf die<br />

Verfolgung <strong>in</strong>dividueller Bedürfnisse <strong>und</strong> Autonomie gegen Entgelt verzichten. Identität<br />

<strong>der</strong> jeweiligen Mitglie<strong>der</strong> wird gewissermaßen „aus Versehen“ importiert, 692<br />

beispielsweise – wie bei unbestimmten Rechtsbegriffen – durch nicht vollständig<br />

def<strong>in</strong>ierte Regeln, Rout<strong>in</strong>en <strong>und</strong> Vorgehensweisen. So lässt sich erklären, dass die<br />

meisten Menschen <strong>in</strong> Organisationen Differenzen beobachten <strong>und</strong> Informationen<br />

ableiten, an denen sie oft selbst nicht das ger<strong>in</strong>gste Interesse haben. 693<br />

Informationskosten machen mittlerweile e<strong>in</strong>en beträchtlichen Teil <strong>der</strong> Gesamtkosten<br />

e<strong>in</strong>es Produktionsprozesses aus. In traditionellen Produktionsunternehmen ist <strong>der</strong> Anteil<br />

<strong>der</strong> eigentlichen Produktionskosten an den Produktkosten <strong>in</strong>zwischen auf unter 20%<br />

gesunken. 694 Ausschlaggebend dafür ist <strong>der</strong> immense Innovationsdruck, die<br />

Kompliziertheit technischer Produkte, hybride K<strong>und</strong>enwünsche <strong>und</strong> die Kooperation mit<br />

unterschiedlichen Klienten bei kooperationsbedürftigen Projekten. 695<br />

Organisationsstrukturen haben zwar Vorteile im Bereich <strong>der</strong> Red<strong>und</strong>anz, dass also<br />

690 Vgl. Meissner 2009, S. 28ff.<br />

691 Kirsch 1999 II, S. 91<br />

692 Holtgrewe 2005, S. 345ff.Chester I. Barnard nannte diesen Bereich des fremdmotivierten Verhaltens<br />

„zone of <strong>in</strong>diference“ (Indifferenzzone), das heißt, es macht für Mitarbeiter ke<strong>in</strong>en relevanten Unterschied,<br />

was sie da tun, ob es es so o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>s machen. Der Arbeiter liefert quasi se<strong>in</strong> Gewissen <strong>und</strong> bestimmte<br />

eigene Werte, E<strong>in</strong>stellungen <strong>und</strong> Überzeugungen am Werktor ab <strong>und</strong> lässt <strong>in</strong> <strong>der</strong> Organisation e<strong>in</strong>iges mit<br />

sich machen, was den eigenen Überzeugungen entgegenläuft. Diese Entkopplung von Person <strong>und</strong><br />

Handlung <strong>und</strong> die Bildung arbeitsteiliger Handlungsmuster, an denen e<strong>in</strong>e Vielzahl von Akteuren mit ihren<br />

unterschiedlichen Aktionen beteiligt ist, stellt den evolutionären Gew<strong>in</strong>n <strong>der</strong> Organisationsbildung dar. Es<br />

können damit hochkomplexe Prozesse realisiert <strong>und</strong> Funktionen erfüllt werden, die das alle<strong>in</strong>ige<br />

Handlungsvermögen von Individuen übersteigen; vgl. Simon 2009, S. 43f.<br />

693 Willke 2001, S. 323f.<br />

694 Vgl. Lehner 2000, S. 7<br />

695 Teubner 2004, S. 41


-166-<br />

mehrere Teile dasselbe tun, lenken <strong>und</strong> gestalten. Doch Umweltkontakte s<strong>in</strong>d<br />

meistenteils hierarchisch <strong>und</strong> formell exklusiv auf die Organisationsspitze ausgerichtet,<br />

was Innovationsmangel, Bürokratismus <strong>und</strong> hohe Informationskosten zur Folge hat. 696<br />

Ob e<strong>in</strong>e Organisation aus beobachteten Differenzen lernt, hängt davon ab, wie stark sie<br />

bereit ist, Erwartungsenttäuschungen als Versagen des vorhandenen Wissens zu<br />

klassifizieren. Jedenfalls erfor<strong>der</strong>t e<strong>in</strong>e hohe Umweltdynamik schnelle Wandelprozesse,<br />

die wie<strong>der</strong>um schnelles Entscheiden benötigen. Die Wissensabhängigkeit aller<br />

Entscheidungen <strong>und</strong> Phasen e<strong>in</strong>es Produktionszyklus beziehungsweise<br />

Wertschöpfungsprozesses – von <strong>der</strong> Idee bis zum Recycl<strong>in</strong>g – macht mittlerweile e<strong>in</strong><br />

kont<strong>in</strong>uierliches Wissens-Management bzw. Wissens-Revision unumgänglich. 697<br />

Wissen aber ist systemgeb<strong>und</strong>en <strong>und</strong> perspektivisch, besteht aus Rout<strong>in</strong>en<br />

(Selbstbestätigung) <strong>und</strong> Interpretationen, ist also e<strong>in</strong>e „Komb<strong>in</strong>ation von<br />

festzuhaltendem <strong>und</strong> zu än<strong>der</strong>ndem Wissen.“ 698<br />

Organisationen muss es nunmehr gel<strong>in</strong>gen, dezentral verteilte Intelligenz zu<br />

mobilisieren. Was bedeutet, die formalen Strukturen zu verlassen, um Kooperations-<br />

<strong>und</strong> Kommunikationsmöglichkeiten zu bauen, die diszipl<strong>in</strong>übergreifend,<br />

fachübergreifend, aber auch Hierarchie übergreifend e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>telligente Vernetzung<br />

ermöglichen. 699 Im Zuge dessen werden aus Arbeitnehmern Unternehmer, von denen<br />

erwartet wird, dass sie beispielsweise die Herstellung, den K<strong>und</strong>enkontakt <strong>und</strong> den<br />

Verkauf zu ihrem eigenen Handeln machen. Produktion, Konsum, Arbeit, Lernen <strong>und</strong><br />

Leben verschmelzen.<br />

Durch dieses „Grenzgängertum <strong>der</strong> Subjekte“ 700 <strong>und</strong> ihre pluralen Identitäten <strong>und</strong><br />

B<strong>in</strong>dungen gehen politische, ethnische, familiäre, religiöse Kontakte <strong>in</strong> die<br />

Organisationen e<strong>in</strong>, was sich <strong>in</strong> Organisationen längst als funktional erwiesen hat. In<br />

Organisationen, die dies berücksichtigen, sich flexibilisieren, vernetzen, ihr<br />

Innovationspotential erhöhen, vervielfältigen sich organisatorische Schnittstellen,<br />

696 Teubner 1992, S. 197<br />

697 Vgl. Willke 2001, S. 286<br />

698 Luhmann 1987, S. 448. Beobachten lässt sich Wissen nur <strong>in</strong> Form von vergegenständlichten<br />

Artefakten - wie zum Beispiel dokumentierten Strategien, Leitbil<strong>der</strong>n, Organigrammen <strong>und</strong><br />

Prozessbeschreibungen (Wolf 2009, S. 124) - die wie<strong>der</strong>um kollektives Wissen <strong>und</strong> „Realitäten“ schaffen<br />

können. E<strong>in</strong>e <strong>in</strong>tersubjektive Bewertung von Wissen wird zumeist anhand <strong>der</strong> Häufigkeit <strong>der</strong> Verwendung<br />

des beobachteten Wertes <strong>der</strong> Information vorgenommen; doch „Massen“ alle<strong>in</strong>e spielen <strong>in</strong> immer<br />

weniger e<strong>in</strong>e Rolle.<br />

699 Wimmer 2009 II, S. 78<br />

700 Holtgrewe 2005, S. 255


-167-<br />

Spezialisierungen <strong>und</strong> Perspektiven. Damit wird nicht nur die Gesellschaft <strong>in</strong> die<br />

Organisation vermittelt, son<strong>der</strong>n auch umgekehrt die Organisation <strong>in</strong> die Gesellschaft.<br />

Organisationen machen sich also nicht nur ihre Subjekte, son<strong>der</strong>n Subjekte auch ihre<br />

Organisation – <strong>und</strong> zwar an allen Punkten <strong>der</strong> Wertschöpfungskette.<br />

Sowohl Gesellschaft als auch Organisation nehmen sukzessive ob dieser Fluidität <strong>und</strong><br />

Wissensfokussierung die Form von projektbezogener Vernetzung an, gekennzeichnet<br />

von vertrauensbasierter Kooperation, langfristiger Informationsbeziehungen, rekursiven<br />

Neu<strong>in</strong>terpretationen von Ereignissen <strong>und</strong> kollektiver Konstruktionen von Wissen. 701 Nur<br />

unter <strong>der</strong> Bed<strong>in</strong>gung generalisierter Reziprozitätsverpflichtungen, nach dem Modell des<br />

„Und-so-weiter“ sowie des „amici degli amici degli amci“, bilden sich Netzwerke als<br />

„hochunwahrsche<strong>in</strong>liche Reproduktionszusammenhänge heterogener Elemente“.<br />

So spricht man also von Netzwerken, wenn e<strong>in</strong> Handlungssystem sich zugleich als<br />

formale Organisation <strong>und</strong> als Vertragsbeziehung zwischen autonomen Akteuren<br />

formiert, wenn summa summarum Kooperationsformen zwischen Markt <strong>und</strong> Hierarchie<br />

zustande kommen, die selbst etwas völlig eigenständig Drittes (bzw. Viertes) s<strong>in</strong>d, 702<br />

was die folgende Grafik aufzeigen möchte.<br />

701 Teubner 2004, S. 38<br />

702 Etwas „une<strong>in</strong>geständiges“ Drittes würde, wie die Grafik verdeutlicht, sich zwischen Wettbewerb (<strong>und</strong><br />

<strong>der</strong> Sorge um e<strong>in</strong>en Unterschied zu dem/den An<strong>der</strong>en) <strong>und</strong> machtförmiger Zementierung dieses<br />

Unterschiedes bewegen.


703<br />

-168-<br />

Netzwerke s<strong>in</strong>d Resultat e<strong>in</strong>er „re-entry“ <strong>der</strong> Unterscheidung – Vertrag <strong>und</strong> Organisation<br />

- <strong>in</strong> das durch sie Unterschiedene. Verträge nehmen damit organisatorische Elemente<br />

<strong>in</strong> sich auf, <strong>und</strong> Organisationen werden mit marktlichen Elementen durchsetzt. Je<br />

nachdem, welche Seite <strong>der</strong> Ausgangsunterscheidung primär ist, kann man<br />

Organisationsnetzwerke von Marktnetzwerken unterscheiden. 704<br />

Organisationsnetzwerke entstehen, wenn Organisationen <strong>in</strong>nerhalb eigener<br />

Systemgrenzen die Unterscheidung von eher formal organisierten <strong>und</strong> spontanen<br />

Bereichen wie<strong>der</strong>holen. Marktnetzwerke h<strong>in</strong>gegen entstehen im vertraglich<br />

organisierten Bereich <strong>und</strong> versuchen durch den E<strong>in</strong>bau von Organisationselementen<br />

die Red<strong>und</strong>anz zu steigern, wie beispielsweise <strong>in</strong> Franchise-Systemen. Starke<br />

Beziehungsnetze wie Organisationsnetzwerke för<strong>der</strong>n das Entstehen abgeschlossener<br />

Netze mit relativ homogenen Knoten, während schwache Beziehungsstrukturen wie<br />

jene <strong>in</strong> Marktnetzwerken gerade aufgr<strong>und</strong> ihrer Toleranz gegenüber stark heterogenen<br />

Netzwerkaktoren funktionale Bedeutsamkeit erlangen. 705<br />

703<br />

Grafik <strong>in</strong> Anlehnung an Königswieser 2006, S. 7ff.<br />

704<br />

Teubner 2009, S. 7ff.<br />

705<br />

Vgl. Kirsch 1999 II, S. 347


-169-<br />

Kennzeichen <strong>der</strong> Netzwerkrevolution s<strong>in</strong>d drastische Dezentralisierungen von<br />

Entscheidungsabläufen, e<strong>in</strong>e hohe operative Autonomie <strong>der</strong> „Netzknoten“, hohe<br />

Umweltoffenheit <strong>und</strong> Anpassungsfähigkeit sowie Steigerung von Responsivität <strong>und</strong><br />

Flexibilität. 706 Als dritte Form zwischen Markt <strong>und</strong> Hierarchie ist Netzwerken e<strong>in</strong>e<br />

eigentümliche Selbststeuerung zueigen, die auf e<strong>in</strong>er Dreifachorientierung – Austausch,<br />

Kontrolle, Kooperation/Autonomie – beruht. Alle Transaktionen dienen gleichzeitig dem<br />

Profit des Netzwerks, dem des <strong>in</strong>dividuellen Akteurs wie auch dem für Kooperationen<br />

wichtigen reziproken Vertrauenskonto. 707 So dass Netzwerken angesichts <strong>der</strong><br />

Nebenwirkungen von Markt <strong>und</strong> Hierarchie e<strong>in</strong>e gewisse<br />

„Inkompetenzkompensationskompetenz“ zukommt. 708 Eben weil sie etwas Drittes bzw.<br />

Viertes zwischen Markt <strong>und</strong> Hierarchie s<strong>in</strong>d. Etwas, das gegenüber <strong>der</strong> Selbstlähmung<br />

perfekter Ordnung <strong>und</strong> <strong>der</strong> Willkür perfekter Unordnung e<strong>in</strong>e produktive Dynamik<br />

zulässt.<br />

Daher verlangt auch die zunehmende Wissensbasierung <strong>und</strong> Wissens<strong>in</strong>tensität e<strong>in</strong>e<br />

radikale Umstellung von e<strong>in</strong>em normgeleiteten Entscheidungsstil auf e<strong>in</strong>en<br />

evidenzbasierten, kognitiven Entscheidungsmodus, <strong>der</strong> e<strong>in</strong> Optimum an kognitiver<br />

Flexibilität <strong>und</strong> Variabilität <strong>und</strong> auch Stabilität komb<strong>in</strong>iert. 709 Kennzeichen mo<strong>der</strong>ner<br />

<strong>in</strong>dustrieller Großbetriebe unter den Bed<strong>in</strong>gungen <strong>der</strong> Massenproduktion war die<br />

Entqualifizierung <strong>der</strong> Arbeiter zugunsten e<strong>in</strong>er stärkeren Wissenszentralisierung bei den<br />

technokratischen Stäben <strong>und</strong> dem Management. 710 Dynamische Umwelten verlangen<br />

h<strong>in</strong>gegen dezentrale Steuerung. 711 Dies bedarf <strong>der</strong> Stärkung dezentraler Fähigkeiten<br />

zur Selbstorganisation, Selbststeuerung <strong>und</strong> Selbstthematisierung. Damit wird freilich<br />

Komplexität <strong>in</strong>nersystemisch erhöht, aber gegen Komplexität hilft nur Komplexität, 712<br />

weil nur im Rahmen komplexer Beziehungsmuster (zwischen Menschen, Masch<strong>in</strong>en,<br />

706 Durch diese Netzwerkrevolution, so Gunther Teubner, Rechtssoziologe/Uni Frankfurt, ist zwar <strong>der</strong><br />

„Hierarchieteufel“ unter „Ächzen <strong>und</strong> Stöhnen“ aus den Organisationskörpern weitgehend ausgefahren,<br />

Umwelt-Ungewissheiten exorziert worden. Doch Umwelt-Ungewissheiten s<strong>in</strong>d durch den Beelzebub <strong>der</strong><br />

Ungewissheit über die <strong>in</strong>nere Koord<strong>in</strong>ation <strong>der</strong> verselbständigten Knoten <strong>der</strong> Netze ersetzt worden, durch<br />

Schnittstellenprobleme, Entscheidungskonflikte, asymmetrische Machtbeziehungen, opportunistisches<br />

Verhalten von Netzknoten o<strong>der</strong> Netzzentrale, negative Externalitäten; so Teubner 2009, S. 2ff. Die<br />

Produktionsprozesse von handelbaren Gütern s<strong>in</strong>d beispielsweise <strong>in</strong> immer kle<strong>in</strong>ere Fragmente sowie<br />

globale „Supply-cha<strong>in</strong>s“ aufgesplittet worden, was sich <strong>in</strong> <strong>der</strong> Krise allerd<strong>in</strong>gs als höchst störanfällig<br />

erwiesen hat.<br />

707 Teubners Metapher <strong>der</strong> „vielköpfigen Hydra“ verdeutlicht den Charakter des „polykorporativen<br />

Akteurs“ <strong>der</strong> Netzwerkes; vgl. Teubner 2009, S. 14<br />

708 Marquardt 1981, S. 29ff.<br />

709 Beispielhaft ist dies etwa <strong>in</strong> den Streitschlichtungsverfahren <strong>der</strong> WTO; vgl. Willke 2009, S. 9<br />

710 Reihlen 1999, S. 5<br />

711 Proff 2009, S. 30<br />

712 Vgl. Aufschnaiter 1992, S. 400


-170-<br />

Techniken, Regeln, Erfahrungen, Erwartungen, Prozessen, Technologien,<br />

Wissensbeständen, etc.) e<strong>in</strong> hoher Grad an Innovation, Dynamik, Elastizität <strong>und</strong><br />

Responsivität erreicht werden kann, <strong>der</strong> Überlebensvoraussetzung entwickelter<br />

Unternehmen ist. 713 Komplexbejahung bedeutet dann, dass die Entscheidungsarena so<br />

gestaltet wird, dass im Pr<strong>in</strong>zip alle betroffenen Kontexte E<strong>in</strong>gang f<strong>in</strong>den können.<br />

„Kontextsteuerung“ <strong>der</strong> Organisation me<strong>in</strong>t <strong>in</strong> diesem Zusammenhang, dass nicht direkt<br />

o<strong>der</strong> direktiv auf die Teilsysteme zugegriffen wird, weil sonst <strong>der</strong>en Autonomie<br />

gefährdet würde, son<strong>der</strong>n nächst höhere Ebenen o<strong>der</strong> Umweltsysteme<br />

Kontextbed<strong>in</strong>gungen setzen, die die Optionen des betreffenden Systems nach dem<br />

Gesichtspunkt höchstmöglicher Umweltverträglichkeit, Kompatibilität <strong>und</strong> Ko-Existenz<br />

steuern, 714 was gleichzeitig Steigerung von Autonomie (Independenz) <strong>und</strong><br />

Abhängigkeit(Interdependenzen) möglich macht. Kontextsteuerung ist also die „reflexive<br />

dezentrale Steuerung <strong>der</strong> Kontextbed<strong>in</strong>gungen aller Teilsysteme <strong>und</strong> autonome<br />

Selbststeuerung <strong>der</strong> <strong>in</strong>ternen Prozesse jedes e<strong>in</strong>zelnen Teilsystems.“ 715 Kurz:<br />

Kontextsteuerung ist das, was <strong>der</strong> Gärtner im Englischen Garten macht – er setzt den<br />

Rahmen, Wachstum geschieht „autonom“.<br />

Das für die Kontextsteuerung nötige M<strong>in</strong>destmaß an geme<strong>in</strong>samer Orientierung <strong>und</strong><br />

Weltsicht wird nicht mehr von e<strong>in</strong>er zentralen E<strong>in</strong>heit vorgegeben, son<strong>der</strong>n aus dem<br />

Diskurs <strong>der</strong> autonomen Teile konstituiert. 716 Damit konstituiert sich e<strong>in</strong>e Art<br />

„Nebenordnung“ als offener Entscheidungsprozess, e<strong>in</strong> „Verhandlungssystem“ 717 , kurz:<br />

e<strong>in</strong>e Heterarchie. 718 Heterarchien gehorchen den Pr<strong>in</strong>zipien von „Konnexion <strong>und</strong><br />

Heterogenität“, kurz: <strong>der</strong> Rhizomisierung: „Je<strong>der</strong> beliebige Punkt e<strong>in</strong>es Rhizoms kann<br />

<strong>und</strong> muß mit jedem an<strong>der</strong>en verb<strong>und</strong>en werden. Ganz an<strong>der</strong>s dagegen <strong>der</strong> Baum o<strong>der</strong><br />

die Wurzel, wo e<strong>in</strong> Punkt <strong>und</strong> e<strong>in</strong>e Ordnung festgesetzt werden“. 719 Im Gegensatz zur<br />

letztgenannten Hierarchie zeichnen sich rhizomatische Heterarchien durch Transparenz<br />

<strong>der</strong> Entscheidungsf<strong>in</strong>dung, Zugänglichkeit von Informationsquellen <strong>und</strong> faire<br />

Konfliktregelungsmechanismen aus. Die Menschen/Mitglie<strong>der</strong> <strong>in</strong> diesen<br />

heterarchischen Verhandlungssystemen lernen, durch Partizipation, eigenen Ideen <strong>und</strong><br />

713 Willke 1989, S. 18<br />

714 Willke 2001, S. 132<br />

715 Willke 1989, S. 20<br />

716 Vgl. Willke 2005, S. 224<br />

717 Willke 2001, S. 116ff.<br />

718 Vgl. McCulloch 1945, S. 2ff.<br />

719 Deleuze 1977, S. 11


-171-<br />

Erfahrungen nötige Entscheidungsprozesse mitzugestalten. Partizipation för<strong>der</strong>t das<br />

gegenseitige Verständnis <strong>und</strong> die Ausbildung e<strong>in</strong>er <strong>in</strong>formierten, lernfähigen<br />

Geme<strong>in</strong>schaft. Heterarchische Netzwerksysteme verfügen deshalb auch über höhere<br />

Informationsverarbeitungskapazitäten <strong>und</strong> können das dezentralisierte Wissen ihrer<br />

Mitglie<strong>der</strong> besser <strong>in</strong> Entscheidungsprozessen <strong>in</strong>tegrieren, als dies <strong>in</strong><br />

Hierarchien/Bürokratien <strong>der</strong> Fall ist. 720<br />

Interventionen erfolgen nur bei auffälligen Dysfunktionalitäten, 721 für das Gesamtsystem<br />

„irrelevante“ Ereignisse können damit <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>in</strong>ternen Operationsweise <strong>der</strong> Subsysteme<br />

abgearbeitet werden 722 – <strong>der</strong> sog. „Buffer<strong>in</strong>g-Effekt“. 723 Die Probleme <strong>der</strong> Koord<strong>in</strong>ation<br />

durch Verhandlung steigen allerd<strong>in</strong>gs mit <strong>der</strong> Zahl <strong>der</strong> selbständig beteiligten<br />

Entscheidungsträger <strong>und</strong> ihrer wechselseitigen Handlungsoptionen. Doch Ziel bleibt die<br />

Aufrechterhaltung des heterarchischen Entscheidungsprozesses mit Themen <strong>und</strong><br />

„Issue-streams“, <strong>der</strong>en Interpunktion die Entscheidung als temporäre Hierarchie ist. Bei<br />

allen mentalen Prozessen handelt es sich um e<strong>in</strong> Wechselspiel von <strong>in</strong>ter-kontexturalen,<br />

heterarchischen <strong>und</strong> hierarchisch strukturierten Prozessen, wobei Kognition <strong>und</strong> Volition<br />

als verwobenes, dialektisches Wechselspiel untrennbar s<strong>in</strong>d. 724<br />

Darum zeichnet heterarchische Netzwerke e<strong>in</strong>e prekäre Balance von Selbstidentität <strong>und</strong><br />

Fremdbestimmung, Selbststeuerung <strong>und</strong> Kontrolle aus. Für die Ausbildung e<strong>in</strong>es<br />

funktionierenden Beziehungsgefüges benötigt es daher Identitätsmanagement, das die<br />

Mobilisierung <strong>der</strong> Entscheidungsträger für e<strong>in</strong>e arbeitsteilige Lösung bewerkstelligt.<br />

Dazu gehört die Kultivierung kollektiver Überzeugungen, Werte <strong>und</strong> Normen sowie die<br />

geme<strong>in</strong>same Entwicklung grober Handlungsziele, durch die <strong>der</strong> Mangel an formalen<br />

Integrationsmechanismen (hierarchischer Befehl) kompensiert werden kann. 725<br />

Des Weiteren braucht es die die Fähigkeit <strong>und</strong> das Interesse zur effektiven<br />

Selbstführung. Ziel ist es, kont<strong>in</strong>uierlich <strong>und</strong> konsequent zu persönlicher Sicherheit,<br />

Stärke, Klarheit <strong>und</strong> Zielorientierung zu gelangen, wobei <strong>der</strong> eigene<br />

Handlungsspielraum erweitert wird, ohne den Handlungsbereich an<strong>der</strong>er<br />

720 Vgl. Reihlen 1999, S. 16<br />

721 Drei Ansätze könnten dann zum Tragen kommen: 1. „s<strong>in</strong>gle loop learn<strong>in</strong>g“, die Korrektur von<br />

Handlungsprogrammen 2. „double loop learn<strong>in</strong>g“, die Verän<strong>der</strong>ung handlungsleiten<strong>der</strong> Regeln,<br />

Annahmen, Werte 3. „deutero-learn<strong>in</strong>g“, die Reflexion von Lernprozessen <strong>und</strong> Lernvoraussetzungen.<br />

722 Willke 2001, S. 77<br />

723 Weick 1995, S. 163ff.<br />

724 Goldammer 2003, S. 20f.<br />

725 Reihlen 1999, S. 19


-172-<br />

e<strong>in</strong>zuschränken. Dieser Prozess macht proaktives Handeln, Ziele, Zeitmanagement,<br />

W<strong>in</strong>-W<strong>in</strong>-Denken, (wertschätzende) Kommunikation, kont<strong>in</strong>uierliche Revision <strong>und</strong><br />

Kreativität erfor<strong>der</strong>lich. 726<br />

Kurz: Intr<strong>in</strong>sische Motivation als „the <strong>in</strong>herent tendency to seek out novelty and<br />

challenges, to extend an exercise one´s capacities, to explore, and to learn.” 727<br />

Intr<strong>in</strong>sische Motivation geht mit e<strong>in</strong>er „schöpferischen, kreativen Leidenschaft“ e<strong>in</strong>her,<br />

e<strong>in</strong>em „autotelischen Wesen“, das ohne externe Anreize Freude am Tun verspürt <strong>und</strong><br />

sich von <strong>der</strong> Aufgabe fesseln lässt („Flow“): „Die positive Freiheit besteht im spontanen<br />

Tätigse<strong>in</strong> (activity) <strong>der</strong> gesamten, <strong>in</strong>tegrierten Persönlichkeit […] Unter Tätigse<strong>in</strong><br />

beziehungsweise Aktivität verstehen wir nicht, dass jemand » irgend etwas tut «; es<br />

handelt sich vielmehr um das kreative Tätigse<strong>in</strong>,“ 728 so bereits Erich Fromm im<br />

vergangenen Jahrh<strong>und</strong>ert. Intr<strong>in</strong>sische Motivation, die Resultat von autonomer, freier<br />

Gestaltung von Aufgaben o<strong>der</strong> Tätigkeiten <strong>und</strong> mit positiven Gefühlen verb<strong>und</strong>en ist, 729<br />

ist geradezu e<strong>in</strong> Gradmesser für Ges<strong>und</strong>heit im ökologischen S<strong>in</strong>ne, da diese<br />

Ges<strong>und</strong>heit weit mehr e<strong>in</strong>em ganzheitlichen Charakter entspricht als jene <strong>der</strong><br />

ausschließlich körperlichen Ges<strong>und</strong>heitsauffassung. 730 Damit haben „Knoten“ an<strong>der</strong>e<br />

Anfor<strong>der</strong>ungsmerkmale beziehungsweise Leistungsbestimmungen als dies für<br />

Mitglie<strong>der</strong> <strong>in</strong> formalen Organisationen typisch war/ist.<br />

Dementsprechend sieht Richard Florida, Carnegie Mellon University Pittsburgh, <strong>in</strong> den<br />

„kreativen Köpfen“ 731 e<strong>in</strong>er Gesellschaft <strong>und</strong> <strong>in</strong> den von ihnen ausgehenden<br />

Innovationen die entscheidenden Impulse für ökonomisches Wachstum: Mitglie<strong>der</strong> des<br />

„Supercreative Cores“ entwickeln neue Gedanken, Prozesse, Produkte <strong>und</strong> die<br />

726<br />

Kostka 2002, S. 110<br />

727<br />

Ryan 2000, S. 70. Zur Differenzierung: Bei <strong>der</strong> externalen extr<strong>in</strong>sischen Motivation ist e<strong>in</strong> Verhalten<br />

durch die Erwartung von Belohnung respektive Bestrafung motiviert. Introjezierte extr<strong>in</strong>sische Motivation<br />

liegt vor, wenn beispielsweise e<strong>in</strong> Verhalten e<strong>in</strong>em Pflichtgefühl geschuldet ist. Identifizierte extr<strong>in</strong>sische<br />

Motivation zeichnet sich durch die E<strong>in</strong>sicht <strong>in</strong> die Notwendigkeit <strong>der</strong> Tätigkeit aus, während <strong>in</strong>tegrierte<br />

extr<strong>in</strong>sische Motivation nicht nur die E<strong>in</strong>sicht, son<strong>der</strong>n auch die breite Integration <strong>der</strong> Tätigkeit/des<br />

Verhaltens <strong>in</strong> das eigenen Leben mit sich br<strong>in</strong>gt; vgl. Ryan 2000, S. 72f.<br />

728<br />

Fromm 2003, S. 5<br />

729<br />

Vgl. Mattenklott 2007, S. 266f.<br />

730<br />

Rosenstiel (2003, S. 229) hat bereits als zentrale Verän<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> 70er Jahren diagnostiziert:<br />

Betonung eigener Selbstentfaltung <strong>und</strong> eigenen Lebensgenusses, Gleichstellung <strong>und</strong> Emanzipation <strong>der</strong><br />

Frauen, Ablösung <strong>der</strong> Sexualität von überkommenen gesellschaftlichen Normen, Abnehmende<br />

Bereitschaft zur Unterordnung, S<strong>in</strong>kende Bedeutung <strong>der</strong> Arbeit als Pflicht, Höherbewertung von Freizeit<br />

sowie e<strong>in</strong>er unzerstörten <strong>und</strong> bewahrten Natur, Beachtung <strong>der</strong> eigenen körperlichen Ges<strong>und</strong>heit sowie<br />

Skepsis gegenüber den Leitwerten <strong>der</strong> Industrialisierung wie Wachstum, Leistung, technischer Fortschritt.<br />

731<br />

Auch wenn es schwer ist das zu def<strong>in</strong>ieren, was Kreativität ist. Denn sie ist paradox <strong>und</strong> entwischt im<br />

Augenblick ihrer Erklärung, ihrer Festschreibung.


-173-<br />

„Creative Professionals“ kreative Problemlösungen. 732 „Creative Economy is the ideas<br />

bus<strong>in</strong>ess […] and is grow<strong>in</strong>g at 5% a year […] In the OECD countries the annual growth<br />

rate of creative Economy through the '90s was twice that of the service sector and four<br />

times that of manufactur<strong>in</strong>g. […] More than 50% of the consumer spend<strong>in</strong>g is now on<br />

outputs from creative <strong>in</strong>dustries <strong>in</strong> G-7 countries.” 733<br />

Kreative Prozesse stellen hohe Ansprüche an Nervenstärke <strong>und</strong> psychische Kondition.<br />

So lautet die erste Regel für die Creative Class des jetzigen <strong>und</strong> kommenden Zeitalters:<br />

„Invent yourself, own your image and manage it. Be clear about your own assets and<br />

talents; they are unique and they are all you have. Break the rules, but never stop<br />

learn<strong>in</strong>g.” 734 Die Chance zum Erlebnis <strong>der</strong> Selbstbestätigung <strong>und</strong> Selbstachtung gehört<br />

zu den wichtigsten Motivationskomplexen <strong>in</strong>nerhalb beruflicher, 735 ja menschlicher<br />

Tätigkeit. Soziale Umgebungen sollten, damit sie Wachstum, Leistung <strong>und</strong><br />

Wohlbef<strong>in</strong>den för<strong>der</strong>n, drei Voraussetzung aufweisen: „competence, autonomy, and<br />

relatedness,” so die amerikanischen Psychologen Ryan <strong>und</strong> Deci. 736<br />

Womit auch zwei wesentliche Merkmale von “Eco-Flux” (“autonomy”) <strong>und</strong> “Eco-B<strong>in</strong>d”<br />

(relatedness) genannt s<strong>in</strong>d. Das wi<strong>der</strong>spricht sich nicht. Autonomie, so belegen die<br />

Untersuchungen <strong>der</strong> US-Psychologen Ryan <strong>und</strong> Deci 737 wie auch die Weltwertstudie<br />

„World Value Survey“ 738 , ist Voraussetzung von sowohl Emanzipation als auch<br />

freiwilliger Vergeme<strong>in</strong>schaftung. Das trifft auch auf den <strong>in</strong>ternationalen Fußball zu: „Das<br />

Spiel ist dynamischer geworden, die Mannschaften treten zugleich kollektiver <strong>und</strong><br />

<strong>in</strong>dividueller auf. Kollektiver: weil das rasante Kurzpassspiel über 90 M<strong>in</strong>uten h<strong>in</strong>weg die<br />

Zusammenarbeit aller Akteure ungeheuer <strong>in</strong>tensiviert hat. Individueller: weil im Gr<strong>und</strong>e<br />

nun je<strong>der</strong> e<strong>in</strong> »Spielmacher« se<strong>in</strong> muß, <strong>der</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Lage ist, aus höchster Bedrängnis<br />

heraus den genialen Pass zu schlagen.“ 739<br />

732<br />

Vgl. Florida 2004<br />

733<br />

Suciu 2004, S. 2ff.<br />

734<br />

Suciu 2004, S. 6<br />

735<br />

Thomae 1968, S. 552. Neben <strong>der</strong> re<strong>in</strong> <strong>in</strong>haltlichen Aufwertung <strong>der</strong> Aufgaben trägt e<strong>in</strong>e Erweiterung<br />

von Handlungs- <strong>und</strong> Entscheidungsspielräumen maßgeblich zur Anreizwirkung bei, ferner<br />

Ganzheitlichkeit, Anfor<strong>der</strong>ungsmöglichkeiten, Interaktionsmöglichkeiten, Autonomie <strong>und</strong> Lernprozesse;<br />

vgl. Keller 2004, S. 252<br />

736<br />

Ryan 2000, S. 68<br />

737<br />

Vgl. Ryan 2000, S. 74<br />

738<br />

Welzel 2007, S. 18. s.a. http://www.worldvaluessurvey.org<br />

739 Koch 2008, S. 68


-174-<br />

Vielleicht sollten, um mit dem kürzlich verstorbenen norwegischen Philosophen <strong>und</strong><br />

Begrün<strong>der</strong> <strong>der</strong> Tiefenökologie Arne Naess zu sprechen, mehr die „Neigungen des<br />

Menschen anzusprechen, <strong>und</strong> nicht ihre Moral.“ 740 Erfolge durch Perfektibilitäts-<br />

Programme des Menschen s<strong>in</strong>d empirisch nicht überzeugend nachweisbar. Dem<br />

gegenüber ist e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>direkte, kontextuelle Steuerbarkeit menschlicher Entscheidungen<br />

durch organisationale <strong>und</strong> <strong>in</strong>stitutionelle Parameter gut belegt, nicht nur <strong>in</strong><br />

ökonomischer H<strong>in</strong>sicht, son<strong>der</strong>n bezüglich vieler unterschiedlicher Anreize, so dass es<br />

vielversprechend ersche<strong>in</strong>t, an die Stelle moralischer Appelle dynamische, lernende<br />

Strukturen, reflektierte Prozesse <strong>und</strong> <strong>in</strong>telligente Regeln zu setzen. 741 Regeln, die<br />

Reversibilitätschancen <strong>und</strong> Innovationsrout<strong>in</strong>en gleich mitfestlegen.<br />

Allerd<strong>in</strong>gs weist das heterarchische Netzwerkmodell auch e<strong>in</strong>e Schwäche auf. Kann<br />

man nicht mit <strong>der</strong> nötigen Motivation, dem erfor<strong>der</strong>lichen Engagement, Leistungswillen,<br />

Ausbildungsstand <strong>und</strong> Kooperationsvermögen bei den Organisationsmitglie<strong>der</strong>n<br />

rechnen, scheitert die Heterarchie. 742 Doch das beson<strong>der</strong>e Engagement, das den<br />

ökologischen <strong>Landbau</strong>, se<strong>in</strong>e Pioniere <strong>und</strong> gegenwärtige Protagonisten auszeichnet,<br />

sche<strong>in</strong>t dem vehement zu wi<strong>der</strong>sprechen.<br />

Dem Gedanken <strong>der</strong> heterarchischen Vernetzung <strong>und</strong> <strong>der</strong> selbstorganisierenden<br />

Kontextsteuerung entspricht die Netzwerkform des ökologischen <strong>Landbau</strong>s <strong>in</strong> Form des<br />

BÖLW wie auch die autonomen Teilsysteme, die Landwirte. Die Möglichkeit des<br />

E<strong>in</strong>br<strong>in</strong>gens eigener Werte gibt den „Partialsystemen“ Gelegenheit, eigene,<br />

partialsystemspezifische Interessen zu verfolgen <strong>und</strong> spezifische<br />

Informationsvorsprünge zu nutzen. 743 Des Weiteren s<strong>in</strong>d Kooperationsverträge<br />

zwischen ökologischen Produzenten (Traditionelle Erzeugergeme<strong>in</strong>schaften o<strong>der</strong><br />

Market<strong>in</strong>g Cooperatives) <strong>und</strong> den Handelsketten/Distributeuren bereits weitgehend<br />

Standard. Im Bereich von Zuliefererbeziehungen <strong>und</strong> Bus<strong>in</strong>ess-to-Bus<strong>in</strong>ess-<br />

Transaktionen ist <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel die Abwicklung <strong>der</strong> Wertschöpfung <strong>in</strong> Netzwerken bereits<br />

die dom<strong>in</strong>ierende Form. Entsprechende Verträge, <strong>in</strong> denen Betriebsablauf, Zulieferer,<br />

Subunternehmen erfasst werden, könnten aber selbst schon Teil e<strong>in</strong>er zertifizierten<br />

Nachhaltigkeits-Positionierung <strong>der</strong> Handelskette, des Distributeurs se<strong>in</strong>. Ökologische<br />

Landwirte/Kooperativen könnten Allianzen mit <strong>der</strong> Cleantech-Industrie bilden, also mit<br />

740 Naess 1995, S. 147<br />

741 Vgl. Willke 2009, S. 8<br />

742 Vgl. Reihlen 1999, S. 22<br />

743 Vgl. Kirsch 2001, S. 52


-175-<br />

denjenigen Unternehmen, die sich den Problemen Umweltverschmutzung,<br />

Überbevölkerung <strong>und</strong> Verstädterung widmen. Deutschland bietet e<strong>in</strong> hervorragendes<br />

Umfeld für die Entwicklung solcher Technologien, sowohl was den gesellschaftlichen<br />

Rückhalt als auch die Möglichkeiten des High-Tech-Sektors anbelangt.<br />

In Sponsor<strong>in</strong>g-Allianzen könnten <strong>Bio</strong>-Produzenten als „Objekt“ des Sponsor<strong>in</strong>g o<strong>der</strong><br />

e<strong>in</strong>er Corporate Social Responsibility-Campaign Markenanbietern ermöglichen, im<br />

Rahmen <strong>der</strong> <strong>in</strong>tegrierten Kommunikation über e<strong>in</strong>e effiziente Zielgruppenansprache<br />

effiziente Markenführung zu betreiben, e<strong>in</strong>e starke Markenidentität zu etablieren <strong>und</strong><br />

sich durch e<strong>in</strong>en hohen Markenwert langfristig im verschärften Wettbewerbsumfeld <strong>der</strong><br />

Marken zu behaupten. 744<br />

Man kann generell zwischen vertikalen Kooperationen unterschiedlicher<br />

Wertschöpfungsstufen <strong>und</strong> horizontalen Kooperationen beziehungsweise Netzwerken<br />

unterscheiden („Competitive Cooperations“). 745 Anknüpfungspunkte für e<strong>in</strong>e Allianz<br />

können relational, symbolisch, experienziell o<strong>der</strong> funktional-strukturell se<strong>in</strong>. Zum<strong>in</strong>dest<br />

sollte e<strong>in</strong>e begünstigende Transaktionsatmosphäre vorliegen, also Vertrauen,<br />

geme<strong>in</strong>same Werthaltungen o<strong>der</strong> Zugang zu benötigten Ressourcen (Kapital, Know-<br />

how, IuK-Technologie) vorhanden se<strong>in</strong> können. 746 Funktionale Kooperation basiert<br />

dabei auf e<strong>in</strong>em zielgerichteten, rationalen, nutzenkalkulierenden Handeln. 747<br />

Experienzielle Kooperation ist auf das empathische Verstehen <strong>der</strong> Intentionen des<br />

Partners ausgerichtet, wobei nicht <strong>der</strong> Inhalt <strong>der</strong> angestrebten Ziele, son<strong>der</strong>n vielmehr<br />

auch die Art <strong>und</strong> Weise von Kommunikation <strong>und</strong> Umsetzung sowie <strong>der</strong>en Wertung<br />

relevant ist. 748 Relationale Kooperation ist (<strong>in</strong>teraktions-)historisch o<strong>der</strong> lokal <strong>und</strong><br />

regional geprägt, 749 symbolische Kooperation h<strong>in</strong>gegen eher universalistisch. 750<br />

744 Hermanns 2007, S. 404<br />

745 Todeva 2002, S. 346f. Zwischen den Polen von Macht/Hierarchie <strong>und</strong> Markt entstehen Jo<strong>in</strong>t Ventures,<br />

Kapitalbeteiligungen, Kooperativen, Forschungs- <strong>und</strong> Entwicklungskonsortien, strategische<br />

Kooperationsvere<strong>in</strong>barungen, Kartelle, Franchis<strong>in</strong>g, Lizenzverträge, Subunternehmer-Netzwerke,<br />

Normenverbände, Koalitionen.<br />

746 Cramer 2000, S. 8. Die Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit, das bis dato nicht mite<strong>in</strong>an<strong>der</strong> verb<strong>und</strong>ene<br />

Firmen/Systeme e<strong>in</strong>e Allianz e<strong>in</strong>gehen, wird höher, wenn bei Beziehungen zu e<strong>in</strong>em geme<strong>in</strong>samen<br />

Dritten aufweisen.<br />

747 Analog zum norwegischen Politologen Johan Galtung, <strong>der</strong> 1983 e<strong>in</strong>e Studie zum Thema<br />

kulturbezogener Stile formuliert hat, könnte man hier von e<strong>in</strong>er Mischung zwischen „sachsonischem<br />

Kulturstil (faktenorientiert, empirisch, personenzugewandt, humorvoll, pragmatisch) <strong>und</strong> „teutonischem<br />

Kulturstil“ (strenge, abstrakte Rationalität, Denkpr<strong>in</strong>zip „Entwe<strong>der</strong>/O<strong>der</strong>“) sprechen; vgl. Bolten 2002<br />

748 Vgl. Keller 2004. S. 60ff. Galtung würde dies wohl als Mischung von „sachsonischem Kulturstil“ <strong>und</strong><br />

„gallischen Kulturstil“ (ästhetisch-expressiv, Eleganz <strong>und</strong> Esprit) e<strong>in</strong>ordnen; vgl. Bolten 2002<br />

749 Bei Galtung e<strong>in</strong>e Mischung zwischen „teutonischem Kulturstil“ <strong>und</strong> „nipponischem Kulturstil“ (Meister-<br />

Bezug beziehungsweise Ancienität, Primat sozialer Beziehungen); vgl. Bolten 2002


-176-<br />

Franz-Theo Gottwald hat drei alternative Dimensionen bäuerlichen Wirtschaftens<br />

entwickelt, 751 die sich gut <strong>und</strong> gerne auch <strong>in</strong> Formen von Kooperationen <strong>und</strong><br />

Netzwerken umsetzen ließen. Vorteile von Vernetzungen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Wertschöpfungskette<br />

liegen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Bündelung von Ressourcen, <strong>der</strong> Erweiterung von Kapazitäten, <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Flexibilität <strong>und</strong> <strong>der</strong> allseitigen Relationierung <strong>der</strong> Netzpartner. 752<br />

E<strong>in</strong>e Vernetzungs- o<strong>der</strong> Berufsform, die Gottwald exploriert hat, ist das Berufsbild e<strong>in</strong>es<br />

Rohstoff-, Lebensmittel- <strong>und</strong> Marktwirts mit dem Ziel, nachwachsende Rohstoffe <strong>in</strong><br />

Form von Pflanzenöl, <strong>Bio</strong>gas <strong>und</strong> <strong>Bio</strong>alkohol für Treibstoffe o<strong>der</strong> W<strong>in</strong>d für elektrische<br />

Energie, Ölpflanzen für <strong>Bio</strong>diesel, technische Öle für Schmiermittel <strong>und</strong> die Oleochemie<br />

herzustellen.<br />

E<strong>in</strong>e zweite Variante ist <strong>der</strong> Bauer als Umweltwirt zur Erhaltung von Vielfältigkeit,<br />

Artenreichtum, Erhaltung <strong>der</strong> Bodenfruchtbarkeit. Hierzu gehören nachhaltige<br />

Produktionsansätze, <strong>der</strong> Schutz <strong>der</strong> Gr<strong>und</strong>- <strong>und</strong> Oberflächengewässer, <strong>der</strong> <strong>Bio</strong>diversität<br />

wie auch e<strong>in</strong> regionaler Kreislauf, <strong>in</strong> den Stoffwechselprodukte <strong>und</strong> Derivate aus <strong>der</strong><br />

Energiegew<strong>in</strong>nung als Futter-, Dünge- <strong>und</strong> Pflanzenschutzmittel e<strong>in</strong>gebracht werden<br />

können. 753<br />

Energieressourcen aus <strong>Bio</strong>masse nutzt h<strong>in</strong>gegen <strong>der</strong> Energiewirt. Zu dieser <strong>Bio</strong>masse<br />

gehörten totes, organisches Material <strong>und</strong> an<strong>der</strong>e Stoffe, die bei <strong>der</strong> Erzeugung von<br />

Lebensmitteln für die menschliche <strong>und</strong> tierische Ernährung nicht brauchbar s<strong>in</strong>d. In<br />

diesem Kontext könnten sich auch Stallungen als hervorragende Träger von<br />

Solarkollektoren <strong>und</strong> Photovoltaikanlagen erweisen. Viel versprechend kl<strong>in</strong>gt ebenso<br />

e<strong>in</strong>e Konzeptstudie von Lars Kiel, die sich mit dem „Solarplant<strong>in</strong>g“ befasst. 754 Mit<br />

Solarplant<strong>in</strong>g wird Sonnenenergie nicht mehr passiv auf Dächern <strong>und</strong> an<strong>der</strong>en, fest<br />

<strong>in</strong>stallierten Anlagen erzeugt. Solarplantagen werden ähnlich wie herkömmlich genutzte<br />

Ackerflächen aktiv bewirtschaftet, wobei das große Flächenpotenzial <strong>der</strong> Landwirtschaft<br />

750<br />

Bei Galtung e<strong>in</strong>e Mischung zwischen „gallischem“ <strong>und</strong> „nipponischen Kulturstil“; vgl. Bolten 2002<br />

751<br />

Gottwald 2003/2, S. 272ff.<br />

752<br />

Teubner 2004, S. 43f.<br />

753<br />

In diesem Kontext wird auch über Agrarsymbiosen nachgedacht, <strong>in</strong> denen die pflanzlichen Abfälle von<br />

Gewächshäusern als Tierfutter dienen. Umgekehrt liefern die Tiere Dünger für die Pflanzen o<strong>der</strong> <strong>Bio</strong>gas<br />

für die Energieversorgung von Gewächshäusern. Die kohlendioxidreiche Luft aus Ställen könnte<br />

ebenfalls <strong>in</strong> Gewächshäuser geleitet werden <strong>und</strong> dort für Wärme <strong>und</strong> Wachstum sorgen. Vgl. Maxe<strong>in</strong>er<br />

2008, S. 222<br />

754<br />

Siehe hierzu<br />

http://www.iwimafi.com/futur/solarplant<strong>in</strong>g2030/PDF/Solarplant<strong>in</strong>g2030_%20Konzept_Lars_Kiel.pdf


-177-<br />

genutzt wird, ohne die konventionelle Ernte zu bee<strong>in</strong>flussen. Die Sunplants s<strong>in</strong>d etwa<br />

e<strong>in</strong> Meter hohe, aus Maisstärke-Kunststoff gefertigte Leichtbauprofile, die von e<strong>in</strong>er<br />

Erntemasch<strong>in</strong>e etwa 20cm <strong>in</strong> den Boden gestoßen werden. Am oberen Ende des Profils<br />

bef<strong>in</strong>det sich e<strong>in</strong> Drehkopf, <strong>der</strong> die ausgerollten, etwa 30x30 cm großen, im Abstand<br />

von 50cm plazierten Solarmodule zur Sonne ausrichtet. Der Strom könnte von<br />

mittelständischen Unternehmen erzeugt <strong>und</strong> verkauft werden <strong>und</strong> bei verhältnismäßig<br />

ger<strong>in</strong>gen Investitionen ganze Kle<strong>in</strong>städte versorgen. Nebenbei würde dies für den<br />

Landwirt e<strong>in</strong>e bessere Abkopplung von Ernteausfällen <strong>und</strong> Subventionen bedeuten.<br />

Verbraucher könnten sich von Preisschwankungen des Energiemarkts lösen, <strong>in</strong>dem sie<br />

eigene Sunplants durch e<strong>in</strong>en Solarfarmer bewirtschaften lassen. Technisch sche<strong>in</strong>en<br />

die Solarplantagen bereits realisierbar, alle<strong>in</strong> die effiziente Technologie ist noch nicht<br />

marktreif. 755<br />

Der ökologische Landwirt könnte sich ebenso als Wissenswirt vernetzen, mit se<strong>in</strong>em<br />

Kern- <strong>und</strong> Detailwissen über ökologisch-nachhaltiges Wirtschaften <strong>in</strong> natürlichen<br />

Zusammenhängen. Angesichts drohen<strong>der</strong> Nahrungs- <strong>und</strong> Tr<strong>in</strong>kwasserkrisen <strong>und</strong> dem<br />

nicht absehbaren Umweltwandel wird dieses Wissen auch außerhalb des Primärsektors<br />

verlangt werden, beispielsweise <strong>in</strong> <strong>der</strong> praktischen Beratung von<br />

Hochtechnologieprojekten wie <strong>Bio</strong>sphere II. Inter- <strong>und</strong> <strong>in</strong>tra-agrarische<br />

Kommunikationsplattformen s<strong>in</strong>d dazu erfor<strong>der</strong>lich, nicht nur zum direkten Austausch<br />

von Trend, Entwicklungen <strong>und</strong> Produktionsanalysen, son<strong>der</strong>n auch zu<br />

Metadiskussionen wie <strong>der</strong> Werteproblematik.<br />

Zur E<strong>in</strong>ordnung <strong>und</strong> graphischen Wie<strong>der</strong>holung des hier Dargelegten <strong>in</strong> die bisher<br />

erarbeiteten Zusammenhänge dient e<strong>in</strong>e Studie von Geert Hofstede, e<strong>in</strong><br />

emnie<strong>der</strong>ländischen Experten für Kulturwissenschaften, <strong>der</strong> die Zusammenhänge<br />

zwischen nationalen Kulturen <strong>und</strong> Unternehmenskulturen anhand <strong>der</strong> Mitarbeiter von<br />

IBM untersuchte. Er unterscheidet fünf kulturelle Dimensionen: 756 1. Die Verteilung von<br />

Macht <strong>und</strong> die Beziehung zur Autorität, die er unter dem Begriff Machtdistanz<br />

zusammenfasst 2. Das Konzept vom eigenen Ich (Individualismus versus<br />

Kollektivismus) 3. „Maskul<strong>in</strong>e“ (Konkurrenz, Selbstbewusstse<strong>in</strong>) <strong>und</strong> fem<strong>in</strong><strong>in</strong>e Werte<br />

755 Zudem besteht die Möglichkeit aus Salzwasser verwertenden Halophyten ( (Strandwegerich;<br />

„Salicornia bigelovii“) Öl für <strong>Bio</strong>sprit zu erzeugen. Die „Salicornia bigelovii“ liefert 1,7 Mal so viel Öl pro<br />

Gr<strong>und</strong>flächene<strong>in</strong>heit wie die Sonnenblume. Für den Anbau solcher Pflanzen zur Energiegew<strong>in</strong>nung<br />

kämen 1,2 Millionen Quadratkilometer bisher brachliegenden Landes <strong>in</strong> Frage – darunter vor allem die<br />

Küstengebiete von Wüsten <strong>und</strong> sehr salzhaltige Böden. http://www.heise.de/tp/blogs/2/119955<br />

756 Vgl. Bagozzi 2000, S. 1094


-178-<br />

(Fürsorge, Kooperation) 4. Risikobereitschaft versus Unsicherheitsvermeidung 5. Lang-<br />

o<strong>der</strong> kurzfristige Zeitauffassungen. Im Wertekreis kann dann verdeutlicht werden, dass<br />

Hierarchie nicht das „komplette“ Gegenteil von Markt ist, son<strong>der</strong>n wertetheoretisch als<br />

Komplementärausdruck selbststeigern<strong>der</strong> Werte e<strong>in</strong> Anschlusssystem an Traditions-<br />

Werte darstellt. Durch Hierarchie/Organisation können Werte aus diesem Bereich dem<br />

Markt zugeführt werden bzw. <strong>der</strong> Markt durch diese Werte „geentert“ werden. Dazu<br />

mehr im kommenden Kapitel.


-179-<br />

5.2. Vom Massen-Kuss zur „Mass“-Cust<br />

Werner Kirsch, Emeritus für Strategische Unternehmensführung / LMU München,<br />

unterscheidet h<strong>in</strong>sichtlich <strong>der</strong> Evolution unternehmerischer Entwicklung drei<br />

„S<strong>in</strong>nmodelle“. 757 Danach gilt: Je mehr moralisch-praktische <strong>und</strong> ästhetisch-expressive<br />

Argumentationen auftreten <strong>und</strong> Lernprozesse fremden Kontexten gelten, desto mehr<br />

f<strong>in</strong>det e<strong>in</strong>e Entwicklung h<strong>in</strong> zum Fortschrittsmodell statt.<br />

Im Organisations-Instrumental-Modell bedeutet S<strong>in</strong>n <strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie die Durchsetzung<br />

<strong>der</strong> Interessen <strong>der</strong> primären Nutznießer. Lernprozesse werden vornehmlich als Mittel<br />

zur besseren Willendurchsetzung betrachtet. Dabei treten <strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie kognitiv<br />

<strong>in</strong>strumentelle, zweckgerichtete Argumentationen auf. Der Umgang mit<br />

unterschiedlichen Lebens- <strong>und</strong> Sprachformen wird eher pragmatisch – aus <strong>der</strong> Sicht<br />

des Beobachters - gehandhabt, die „Übersetzungsleistung“ 758 zwischen den<br />

verschiedenen Lebensformen h<strong>in</strong>gegen ist eher schwach.<br />

Das Koalitionsmodell geht davon aus, dass Organisationsmitglie<strong>der</strong> Koalitionen als<br />

Mittel zum Zweck <strong>der</strong> Durchsetzung <strong>in</strong>dividueller Interessen bilden, wobei auch das<br />

Überleben des Gesamtsystems thematisiert wird. Die Übersetzungsleistung <strong>in</strong>nerhalb<br />

<strong>der</strong> Koalitionsformen nimmt zu.<br />

Nach dem Überlebens- o<strong>der</strong> Bestandsmodell wie<strong>der</strong>um hat e<strong>in</strong>e Organisation viele<br />

Beteiligte, mit denen sie ihre Austauschbeziehungen so zu regeln hat, dass das System<br />

unabhängig von e<strong>in</strong>em gewissen Wandel <strong>der</strong> Teilnehmer <strong>und</strong> <strong>der</strong> Umweltbed<strong>in</strong>gungen<br />

überlebt – was nicht ausschließt, dass E<strong>in</strong>zelne im S<strong>in</strong>ne des Instrumentalmodells<br />

beson<strong>der</strong>s herausgestellt werden. Dennoch können sich halbautonome Lernprozesse<br />

entfalten, kurzfristige Zweckorientierungen treten zurück. Die Basisfähigkeiten stehen<br />

im Dienst <strong>der</strong> Lebensfähigkeit <strong>der</strong> Organisation. Die Übersetzungsleistung <strong>in</strong>nerhalb <strong>der</strong><br />

eigenen Organisation ist hoch, pragmatische E<strong>in</strong>stellungen s<strong>in</strong>d auch h<strong>in</strong>sichtlich <strong>der</strong><br />

Eigenkontexte rudimentär.<br />

757 Kirsch 2001, S. 34 sowie Kirsch 2001, S. 244ff.<br />

758 Vgl. zur „Typologie des Verhaltens <strong>in</strong> unterschiedlichen Lebens- <strong>und</strong> Sprachformen“ Kirsch 1999, S.<br />

217


-180-<br />

Das Institutionsmodell ist dadurch gekennzeichnet, dass das System versucht, sich im<br />

Bewusstse<strong>in</strong> <strong>der</strong> Gesellschaft zu verankern <strong>und</strong> beg<strong>in</strong>nt, se<strong>in</strong>e Verantwortung<br />

gegenüber <strong>der</strong> Gesamtgesellschaft zu thematisieren. Sowohl Pragmatik im Umgang mit<br />

an<strong>der</strong>en Lebens- <strong>und</strong> Sprachformen wie auch Übersetzungsleistung s<strong>in</strong>d ausgeprägt.<br />

Im Fortschrittsmodell steht h<strong>in</strong>gegen das Bestreben <strong>der</strong> Organisation im Vor<strong>der</strong>gr<strong>und</strong>,<br />

e<strong>in</strong>en Fortschritt <strong>in</strong> <strong>der</strong> Befriedigung <strong>der</strong> Bedürfnisse <strong>und</strong> Interessen <strong>der</strong> vom Handeln<br />

<strong>der</strong> Organisation direkt Betroffenen zu erzielen. Die Organisation sieht dabei diese<br />

Bedürfnisse <strong>und</strong> Interessen nicht statisch. Authentizitäten, ethische Begründungen <strong>und</strong><br />

die Möglichkeit von Verän<strong>der</strong>ungen s<strong>in</strong>d Bestandteil e<strong>in</strong>es Fortschrittmodells. Hier<br />

nimmt Lernen die Form rationaler Erkenntnisprozesse an, wie sie <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e die<br />

Wissenschaften kennzeichnet. Moralisch-praktische <strong>und</strong> ästhetisch-expressive Aspekte<br />

s<strong>in</strong>d nicht mehr <strong>in</strong>strumentalisiert, son<strong>der</strong>n gleichberechtigte, wenn nicht sogar<br />

wichtigere Argumente bei <strong>der</strong> Entscheidungsf<strong>in</strong>dung. Die Pragmatik im Umgang mit<br />

differenten Lebens- <strong>und</strong> Sprachformen, die Sicht des Beobachters, ist sehr ausgeprägt,<br />

die Übersetzungsleistung immer noch recht hoch. Die Professionalität e<strong>in</strong>er<br />

strategischen Führung im Fortschrittsmodell äußert sich <strong>in</strong> <strong>der</strong> Art <strong>und</strong> Weise, wie<br />

Strategien bestätigt, an<strong>der</strong>e Strategien zum Thema gemacht werden <strong>und</strong> dabei die<br />

Verankerung <strong>der</strong> jeweiligen Strategie <strong>in</strong> den Persönlichkeitsstrukturen, <strong>in</strong> <strong>der</strong> Kultur <strong>und</strong><br />

<strong>in</strong> den <strong>in</strong>stitutionellen Ordnungen beachtet werden. 759<br />

Von Höherentwicklung spricht Kirsch, wenn das Unternehmen auf e<strong>in</strong> neues<br />

Entwicklungsniveau übergeht. E<strong>in</strong>e Wertsteigerung liegt dann vor, wenn sich das<br />

Unternehmen auf e<strong>in</strong>em Entwicklungsniveau verbessert, so Werner Kirsch. 760<br />

759 Kirsch 1999, S. 235<br />

760 Kirsch 2001, S. 245


-181-<br />

Im Fortschrittmodell wird von den Möglichkeiten des Anschlusses, <strong>der</strong> Verb<strong>in</strong>dungen,<br />

<strong>der</strong> Relationen gedacht. Hier spiegelt sich <strong>der</strong> Zentraltopos <strong>der</strong> Computer-Kulturform<br />

wie<strong>der</strong>, also die Suche nach Anschlüssen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em unbestimmt gehaltenen Umfeld, <strong>in</strong><br />

denen Anschlüsse sowohl über die Welt als auch gleichzeitig über die Unbestimmtheit<br />

<strong>der</strong> Anschlüsse <strong>in</strong>formieren <strong>und</strong> angesichts dessen die e<strong>in</strong>zige Entscheidung lauten<br />

kann, ob man mit dieser Information etwas anfangen kann o<strong>der</strong> nicht. 761 Damit aber<br />

kommt frei nach <strong>der</strong> For<strong>der</strong>ung des französischen Philosophen Jean-Francois Lyotard:<br />

„Aktivieren wir die Differenzen, retten wir die Differenzen, retten wir die Ehre des<br />

Namens.“ 762 Damit gerät das Individuum <strong>in</strong> den Blick, die Person, das Eigenartige <strong>und</strong><br />

Eigentümliche, das E<strong>in</strong>zigartige, <strong>der</strong> Mensch wie auch die D<strong>in</strong>ge als je e<strong>in</strong>ziges.<br />

Und so erklärt sich vielleicht am schlüssigsten <strong>der</strong> Begriff <strong>der</strong> „Reverse Economy“ von<br />

Ralf Reichwald, <strong>der</strong> aufgibt, „Markt“ nicht mehr von <strong>der</strong> Masse <strong>und</strong> den „One-to-may“-<br />

Strukturen, 763 son<strong>der</strong>n vom E<strong>in</strong>zelnen, auch von e<strong>in</strong>zelnen Handlungen her, zu denken.<br />

761 Baecker 2007, S. 35. E<strong>in</strong>e Entscheidung, die sich wie<strong>der</strong>um teilen könnte <strong>in</strong> Anschluss (Deutung als<br />

e<strong>in</strong>e spezifische Kommunikation <strong>und</strong> Handlung), Ausschluss („Erkennung“, aber ke<strong>in</strong>e An-Erkennung),<br />

Rauschen (des „Datenmeers“ ohne „Navigator“) („Ambiguitätstoleranz“) o<strong>der</strong> <strong>und</strong>/o<strong>der</strong> (so Foerster 1993,<br />

S. 32) Rekursivität als nie enden wollen<strong>der</strong> kognitiver Prozess des (Er-)Rechnens<br />

762 Lyotard 1990, S. 48<br />

763 W<strong>in</strong>kler 2004, S. 311


-182-<br />

Im Mittelpunkt <strong>der</strong> „Reverse Economy“ steht daher <strong>der</strong> Abnehmer als Auslöser je<strong>der</strong><br />

e<strong>in</strong>zelnen k<strong>und</strong>enspezifischen Handlung. Dazu die sich anschließende Tabelle: 764<br />

Mo<strong>der</strong>ne („Old Economy“) Postmo<strong>der</strong>ne („Reverse Economy“)<br />

Leitmaxime: Gewissheit, Stabilität, E<strong>in</strong>heit,<br />

Hierarchie, erkenntnistheoretischer rationaler<br />

Monismus<br />

Industriegesellschaft (Marktregulierung <strong>und</strong><br />

Wohlfahrtsstaat)<br />

Massenproduktion, Massenkonsumption,<br />

Preiswettbewerb<br />

Anonyme Beziehungen zwischen den<br />

Marktteilnehmern<br />

Maximale Durchplanung <strong>und</strong> Effektivierung aller<br />

betrieblichen Abläufe<br />

Klare arbeitsteilige Abgrenzung von Ressorts,<br />

fachlichen Zuständigkeiten <strong>und</strong> hierarchischen<br />

Verantwortlichkeiten<br />

E<strong>in</strong>deutige Präferenz für unternehmens<strong>in</strong>terne<br />

Lösungen<br />

Marktbehauptung durch <strong>in</strong>krementale<br />

Produkt<strong>in</strong>novationen<br />

Primat von arbeitssparenden Investitionen <strong>und</strong><br />

Innovationen<br />

Maximale Nutzung des Serieneffekts (Economics<br />

of scale)<br />

Anpassungsfähigkeit, Pluralität, Vernetzungen<br />

zwischen Markt <strong>und</strong> Hierarchie, rationaler<br />

(radikaler) Pluralismus<br />

Wissensgesellschaft (Markregulierung <strong>und</strong><br />

kooperative Technologiepolitik)<br />

Flexible Spezialisierung, hoch differenzierte <strong>und</strong><br />

<strong>in</strong>dividuelle Konsumption, Innovationswettbewerb<br />

Kooperative <strong>und</strong> anonyme Beziehungen<br />

Flexible Konkretisierung von Leistungspotentialen<br />

durch Interaktion zwischen Leistungsgebern <strong>und</strong> –<br />

nehmern<br />

Weitgehende Modularisierung <strong>der</strong><br />

Unternehmensprozesse <strong>und</strong> <strong>der</strong> Leistungen<br />

Vernetzung spezialisierter Akteure <strong>in</strong><br />

Wertschöpfungspartnerschaften <strong>in</strong>nerhalb von<br />

Netzwerken<br />

Marktbehauptung durch <strong>in</strong>tegrierte,<br />

k<strong>und</strong>en<strong>in</strong>dividuell konfigurierte Produkt-Service-<br />

Bündel<br />

Primat <strong>der</strong> Produktionsfaktoren Mensch <strong>und</strong><br />

Wissen als strategische Ressource<br />

Maximale Nutzung <strong>der</strong> Kostensenkungspotentiale<br />

durch K<strong>und</strong>en<strong>in</strong>tegration (Economics of<br />

<strong>in</strong>teraction)<br />

Erstellung von Produkten Plus Bereitstellung von Leistungspotentialen<br />

Produkt<strong>in</strong>novation Plus Dienstleistungs<strong>in</strong>novation<br />

Economies of scale <strong>und</strong> scope Plus Economies of <strong>in</strong>tegration<br />

Nutzungserlebnis Plus Innovationserlebnis<br />

K<strong>und</strong>e Plus Innovator / Designer<br />

764 Tabelle angelehnt an Reichwald 2001, S. 16 <strong>und</strong> 32 sowie Reihlen 1999, S. 14


-183-<br />

Die „Old Economy“, die traditionelle Industrieorganisation, zeichnete Strategien aus <strong>der</strong><br />

(arbeitssparenden) Rationalisierung, <strong>der</strong> <strong>in</strong>krementellen Produkt<strong>in</strong>novationen, <strong>der</strong><br />

maximalen Nutzung des Serieneffekts (Economies of scale) <strong>der</strong> (Massen-<br />

)Güterproduktion, <strong>der</strong> hierarchisch strukturierten Verantwortlichkeiten, <strong>der</strong> funktionalen<br />

Arbeitsteilung <strong>in</strong> <strong>der</strong> Aufbauorganisation, dem „one best way“ <strong>der</strong> Ablauforganisation. 765<br />

Zu den Voraussetzungen traditioneller Industrieorganisation gehören relativ lange<br />

Produkt-Lebenszyklen, stabile Absatzmärkte, e<strong>in</strong>e begrenzte Zahl von Wettbewerbern<br />

mit bekannten Stärken <strong>und</strong> Schwächen, niedrige Kosten natürlicher Ressourcen <strong>und</strong><br />

ger<strong>in</strong>ge Umweltlasten für die Unternehmen sowie reichlich Verfügbarkeit von hoch<br />

motivierten, gut qualifizierten Arbeitskräften. 766<br />

Die <strong>in</strong>dustriellen Großunternehmen <strong>der</strong> „Old Economy“ erlang(t)en ihre auf günstige<br />

Produktionskosten beruhenden Wettbewerbsvorteile durch e<strong>in</strong> kont<strong>in</strong>uierlich<br />

bewirtschaftetes (neo-)fordistisches Produktionssystem mit hochentwickelter<br />

Technologie <strong>und</strong> e<strong>in</strong>er „an Präzision, Stetigkeit, Diszipl<strong>in</strong>, Straffheit <strong>und</strong> Verlässlichkeit:<br />

also Berechenbarkeit“ 767 ausgerichteten bürokratischen Organisation <strong>und</strong> arbeitsteilige<br />

Produktion. Die Pfeiler des mo<strong>der</strong>nen Industrieunternehmens s<strong>in</strong>d das System <strong>der</strong><br />

Massenproduktion <strong>und</strong> die komplexe, hierarchische Koord<strong>in</strong>ationsstruktur. 768<br />

Doch diese Prämissen s<strong>in</strong>d erschüttert.<br />

Gegenwärtige Märkte s<strong>in</strong>d vor allem durch drei zentrale wettbewerbsstrategische<br />

Herausfor<strong>der</strong>ungen geprägt: 1. dem Innovationswettbewerb, <strong>der</strong> e<strong>in</strong>e ständige<br />

Anpassung des Leistungsprogramms notwendig <strong>und</strong> langfristige Planung unmöglich<br />

macht, 2. dem <strong>in</strong>ternationalen Wettbewerbsdruck, <strong>in</strong> dessen Folge Abnehmer auch bei<br />

e<strong>in</strong>em günstigen Absatzpreis relativ hohe Ansprüche an Qualität, Service, Varietät o<strong>der</strong><br />

Funktionalität o<strong>der</strong> bei e<strong>in</strong>er ausgeprägten Differenzierung des Produkts gewisse<br />

M<strong>in</strong>destanfor<strong>der</strong>ungen an dessen günstige Preisgestaltung haben, 3. <strong>der</strong><br />

Heterogenisierung <strong>und</strong> Individualisierung <strong>der</strong> Nachfrage. 769<br />

Das Konzept <strong>der</strong> „Revers Economy“ führt zu e<strong>in</strong>em <strong>in</strong>tensiven CRM, zu weiteren<br />

Formen zwischen Konsument <strong>und</strong> Produzent, zu produzierenden Konsumenten <strong>und</strong><br />

765 Reichwald 2001, S. 5f. An dieser Stelle herzlichen Dank an Prof. Dr. Prof. hc. Dr. hc. Ralf Reichwald,<br />

<strong>der</strong> dem Verfasser die Zitation aus se<strong>in</strong>em „halböffentlichen“ Beitrag „Reverse Economy“ gestatte.<br />

766 Reichwald 2001, S. 6<br />

767 Weber 1980, S. 128<br />

768 Reihlen 1999, S. 5<br />

769 Reichwald 2001, S. 7f.


-184-<br />

konsumierenden Produzenten, wobei auch oszillative Formen vorkommen. Damit wird<br />

letztlich ökonomisch vollendet, was das „Empowerment“ politisch-sozial for<strong>der</strong>t. Hier<br />

erhält <strong>der</strong> „Faktor Mensch“ e<strong>in</strong>e neue Rolle, die allerd<strong>in</strong>gs e<strong>in</strong> auf allen Stufen <strong>der</strong><br />

Wertschöpfungskette gesteigerten Qualifizierungsbedarf verlangt, <strong>der</strong> Mensch wird zum<br />

zentralen Produktionsfaktor. 770 E<strong>in</strong>e Rolle, die er seit <strong>der</strong> Entstehung des<br />

Markenwesens <strong>und</strong> <strong>der</strong> standardisierten Produktion für anonyme Massen im 19.<br />

Jahrh<strong>und</strong>ert nicht mehr hatte, da diese mit <strong>der</strong> Abkehr von <strong>der</strong> Produktion auf<br />

Bestellung <strong>und</strong> vom engen <strong>und</strong> vertrauensvollen Kontakt zum Produzenten verb<strong>und</strong>en<br />

war. 771 In <strong>der</strong> Gegenwart kehrt sich diese Entwicklung um: Wo ke<strong>in</strong>e wirtschaftliche<br />

Stabilität <strong>und</strong> diese erhaltende Institutionen vorhanden s<strong>in</strong>d, 772 da kann es ke<strong>in</strong>e<br />

massenhafte Beschäftigung (fragmentierte Märkte) <strong>und</strong> <strong>in</strong>folge dessen auch ke<strong>in</strong> en<br />

massenhaften Konsum (hybri<strong>der</strong> Konsument) geben.<br />

In e<strong>in</strong>em solchen Wettbewerbsumfeld wird Wissen <strong>und</strong> Innovation zum eigentlichen<br />

Motor. Das manifestiert sich auch im Wandel vom „Sales Driven Market<strong>in</strong>g“ zum<br />

„Experience Driven Market<strong>in</strong>g“: 773<br />

Sales Driven Market<strong>in</strong>g Experience Driven Market<strong>in</strong>g<br />

Presales We make you to want us What do you want us to make?<br />

Sales What you see is what you get What you want is what you get<br />

Presales Thank you Are you really happy?<br />

Die „Revers Economy“ bagatellisiert die gänzlich herstellerdom<strong>in</strong>ierten<br />

Wertschöpfungsprozesse (MAP, manufactur<strong>in</strong>g-active paradigm) zugunsten von<br />

k<strong>und</strong>endom<strong>in</strong>ierten Wertschöpfungsprozessen (CAP, customer-active paradigm). Im<br />

Gegensatz zur konventionellen Vorstellung des MAP, <strong>in</strong> dem e<strong>in</strong> Hersteller via<br />

Marktforschung e<strong>in</strong> Bedürfnis <strong>der</strong> (potenziellen) K<strong>und</strong>en zu erkennen versucht <strong>und</strong><br />

dieses dann <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Lösung überführt, geht das CAP davon aus, dass Konsumenten<br />

770 Reichwald 2001, S. 20<br />

771 Vgl. Hellmann 2003, S. 47<br />

772 Beispielsweise kollektive Verhandlungssysteme zwischen Unternehmensverbänden <strong>und</strong><br />

Gewerkschaften, um die Kaufkraft mit den Produktionskapazitäten abzugleichen, e<strong>in</strong> Wohlfahrtsstaat, <strong>der</strong><br />

unterkonsumptionsbed<strong>in</strong>gte Rezessionen vermeiden soll, e<strong>in</strong>e Keynesianische Globalsteuerung, die<br />

durch staatlichen Interventionismus Nachfragelücken zur Auslastung <strong>der</strong> Kapazitäten zu schließen<br />

versucht, <strong>und</strong> sektorspezifische Regulierungen, die darauf abzielen, die Produktion <strong>in</strong>nerhalb dieser<br />

Sektoren zu steuern; vgl. Reihlen 1999, S. 8f.<br />

773 Tabellle <strong>in</strong> Platt 2003


-185-<br />

selbst e<strong>in</strong> vorhandenes Bedürfnis lösen <strong>und</strong> Initiator des Innovationsprozesses se<strong>in</strong><br />

wollen. 774 Während <strong>der</strong> ethische Konsum Kontextsteuerung am „Po<strong>in</strong>t of Purchase“<br />

etabliert, setzt das CAP <strong>der</strong> „Revers Economy“ noch früher an.<br />

Je nach Phase des Wertschöpfungsprozesses, <strong>in</strong> <strong>der</strong> e<strong>in</strong>e K<strong>und</strong>en<strong>in</strong>tegration<br />

stattf<strong>in</strong>det, unterscheidet man zwischen „Eng<strong>in</strong>eer-to-Or<strong>der</strong>“ (k<strong>und</strong>enspezifische<br />

Entwicklung <strong>und</strong> Fertigung); „Make-to-Or<strong>der</strong>“ (k<strong>und</strong>enspezifische<br />

Komponentenproduktion / Maßkonfektion), „Assemble-to-Or<strong>der</strong>“ (k<strong>und</strong>enspezifische<br />

Komb<strong>in</strong>ation standardisierter Module), Adjust-at-Purchase (k<strong>und</strong>enspezifische<br />

Endanpassung e<strong>in</strong>es Standardproduktes vor dem Verkauf) sowie Configure-by-Use<br />

(Selbst<strong>in</strong>dividualisierung z.B. <strong>der</strong> Benutzeroberfläche). 775 Open Innovation 776<br />

bezeichnet dabei den reziproken Austauschprozess von Produzent <strong>und</strong> Abnehmer <strong>in</strong><br />

den ersten drei genannten Varianten bis zur Markte<strong>in</strong>führung. Der Abnehmer wird<br />

gleichberechtigter Partner <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em <strong>in</strong>teraktiven Wertschöpfungsprozess. 777 Und zwar<br />

freiwillig, im Gegensatz zur „erzwungenen“ Integration <strong>in</strong> Form <strong>der</strong> Selbstbedienung.<br />

774 Reichwald/Piller 2006, S. 123<br />

775 Reichwald/Piller 2006, S. 209f.<br />

776 Piller def<strong>in</strong>iert auf se<strong>in</strong>er Seite http://www.mass-customization.de/glossary.htm die Open Innovation<br />

wie folgt: „Open <strong>in</strong>novation describes collaboration for <strong>in</strong>novation with<strong>in</strong> networks of firms and external<br />

entities like customers, retailers, suppliers, competitors, universities, and other research labs. It is<br />

opposed to the conventional model of closed <strong>in</strong>novation tak<strong>in</strong>g place just with<strong>in</strong> the bo<strong>und</strong>aries of a<br />

manufacturer. Open <strong>in</strong>novation <strong>in</strong> the <strong>und</strong>erstand<strong>in</strong>g of my research and this web site is focused on<br />

cooperation between manufacturers and customers and users. The ma<strong>in</strong> benefit of open <strong>in</strong>novation is to<br />

capture the large base of <strong>in</strong>formation and knowledge about needs, applications, and solution technologies<br />

that resides <strong>in</strong> the doma<strong>in</strong> of the users of a product or service. Analogous to the open source idea, users<br />

can build upon other users contributions or collaborate with other users to develop a f<strong>in</strong>al product without<br />

the help of a manufacturer. If user <strong>in</strong>teraction platforms also provide features for consumer-to-consumer<br />

<strong>in</strong>teraction <strong>in</strong> onl<strong>in</strong>e communities, powerful user networks aro<strong>und</strong> a core product can be established.”<br />

777 Reichwald/Piller 2006, S. 50


778<br />

-186-<br />

Die „Open Innovation“ verlangt Konsumenten mit sog. „Lead User“-Eigenschaften. 779<br />

Lead User haben früher als die Mehrheit e<strong>in</strong>es Zielmarktes e<strong>in</strong> persönliches Bedürfnis<br />

für e<strong>in</strong>e bestimmte Problemlösung, sei sie funktionaler, experienzieller, symbolischer<br />

o<strong>der</strong> relationaler Art. Lead User agieren am Markt häufig als Me<strong>in</strong>ungsführer <strong>und</strong> haben<br />

e<strong>in</strong>en starken E<strong>in</strong>fluss auf Kaufentscheidung, Motive <strong>und</strong> E<strong>in</strong>stellungen an<strong>der</strong>er<br />

Verbraucher <strong>und</strong> s<strong>in</strong>d zumeist „Early Adopter“, Pionierkäufer mit hohem Involvement.<br />

Lead User s<strong>in</strong>d etwa 10-40% aller Konsumenten, je nach Branche. 780<br />

Lead User können extr<strong>in</strong>sisch motiviert se<strong>in</strong> durch die Aussicht auf e<strong>in</strong> besseres<br />

Produkt o<strong>der</strong> aber e<strong>in</strong>e monetäre Gegenleistung <strong>in</strong> Form von Transferzahlungen o<strong>der</strong><br />

Rabatten. Intr<strong>in</strong>sisch motivierte Lead User haben h<strong>in</strong>gegen Freude an e<strong>in</strong>er Tätigkeit,<br />

die Nutzen, Spaß, Kompetenz, Exploration <strong>und</strong> Kreativität vermittelt <strong>und</strong> ggf. zusätzlich<br />

778 Tabelle aus Reichwald/Piller 2006, S. 44<br />

779 Reichwald/Piller 2006, S. 46<br />

780 Vgl. Hippel 2005, S. 3


-187-<br />

den sozialen Austausch, das Sozial-Selbst beför<strong>der</strong>t. 781 Eric von Hippel vom MIT<br />

Cambridge hierzu: „It has been fo<strong>und</strong> that when users can <strong>in</strong>novate for themselves to<br />

create precisely what they want, rather than be<strong>in</strong>g restricted to a set of options on offer<br />

that have been created by others, their satisfaction is significantly higher.”<br />

Bei <strong>in</strong>tr<strong>in</strong>sisch motivierten Lead Usern f<strong>in</strong>det man das Phänomen des „free reveal<strong>in</strong>g”,<br />

das viele ihr Wissen unter bewusstem Verzicht auf Gegenleistung erbr<strong>in</strong>gen, denn die<br />

Urheber-Leistung erhöht den <strong>in</strong>direkten K<strong>und</strong>ennutzen: „Freely reveal<strong>in</strong>g users also<br />

may benefit from enhancement of reputation, from positive network effects due to<br />

<strong>in</strong>creased diffusion of their <strong>in</strong>novation, and from other factors. Be<strong>in</strong>g the first to freely<br />

reveal a particular <strong>in</strong>novation can also enhance the benefits received, and so there can<br />

actually be a rush to reveal.” 782 Der eher <strong>in</strong>dividuale Akt <strong>der</strong> Onl<strong>in</strong>e-<br />

Produktkonfigurierung, dem eigentlich nicht das symbolisch-soziale Element des<br />

öffentlichen Kaufaktes wie im ethischen Konsum o<strong>der</strong> im E<strong>in</strong>kauf als S<strong>in</strong>nenerlebnis<br />

zueigen ist, erhält hier <strong>und</strong> <strong>in</strong> diesem Fall se<strong>in</strong>e symbolisch-soziale Note. Digitale<br />

Toolkits werden hier zu Transformationszonen, <strong>in</strong> denen man mit dem/n An<strong>der</strong>en<br />

an<strong>der</strong>s wird. 783<br />

Dabei sollte <strong>der</strong> <strong>in</strong>teraktive Innovationsprozess bequem <strong>und</strong> e<strong>in</strong>fach gestaltet se<strong>in</strong>, um<br />

die Kommunikation im S<strong>in</strong>ne <strong>der</strong> Übermittlung von „sticky <strong>in</strong>formation“ zu gewährleisten.<br />

Denn „users generally have a more accurate and more detailed model of their needs<br />

than manufacturers have, while manufacturers have a better model of the solution<br />

approach <strong>in</strong> which they specialize than the user has.“ 784 Der Massenmarkt hat hier – mit<br />

Ausnahme fehleranfälliger Marktforschung – e<strong>in</strong>en „Bl<strong>in</strong>den Fleck“, weil er nahezu<br />

monologisch funktioniert. Für die e<strong>in</strong>erseits symbolisch getriggerte Ware fließt<br />

an<strong>der</strong>erseits e<strong>in</strong>e ökonomische Antwort <strong>in</strong> Form von Geld. H<strong>in</strong>- <strong>und</strong> Rückkanal s<strong>in</strong>d<br />

systematisch getrennt, die Systemlogik oszilliert zwischen beiden Kanälen. Dieser<br />

781 „Solv<strong>in</strong>g is a motivator for many <strong>in</strong>dividual problem solvers <strong>in</strong> at least some fields. Consi<strong>der</strong> for<br />

example the millions of crossword-puzzle aficionados. Clearly, for these <strong>in</strong>dividuals enjoyment of the<br />

problem-solv<strong>in</strong>g process rather than the solution is the goal. One can easily test this by attempt<strong>in</strong>g to offer<br />

a puzzle solver a completed puzzle”. So Hippel 2005, S. 7<br />

782 Hippel 2005, S. 10<br />

783 Auch für diese Toolkits gelten, wenn man so will, Zwischenstufen von Hierarchie <strong>und</strong> Markt, die man<br />

mit „flexibler Automatisierung“ beschreiben kann. Dies me<strong>in</strong>t flexible Produktionsmittel - um auf<br />

Stückzahlschwankungen <strong>und</strong> Variantenvielfalt reagieren <strong>und</strong> rasche Modulwechsel für unterschiedliche<br />

Aufgaben durchführen zu können – wie auch hybride Montagekonzepte, bei denen automatisierte<br />

Stationen <strong>und</strong> Handarbeitsplätze gemischt werden. Dabei kommt es beson<strong>der</strong>s auf die Mensch-<br />

Masch<strong>in</strong>e-Schnittstellen an.<br />

784 Hippel 2005, S. 8


-188-<br />

Prozess wird bei <strong>der</strong> „Open Innovation“ zerlegt, dialogisiert. Durch kontrolliertes<br />

Feedback kommt es von Anfang an zu e<strong>in</strong>em Erfahrungs- <strong>und</strong> Informationsaustausch,<br />

zu Kommunikation, zur Wissensgenese. Digitale Toolkits als Entwicklungsumgebung<br />

ermöglichen dabei den Konsumenten, ihre Bedürfnisse iterativ <strong>und</strong> spielerisch <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e<br />

konkrete Lösung zu überführen, häufig sogar ohne dabei mit dem Hersteller persönlich<br />

<strong>in</strong> Kontakt treten zu müssen. 785<br />

Reputation, symbolischer Nutzen, soziale Vernetzung begründen den Lead-User – <strong>und</strong><br />

die Lust zu entwickeln, zu spielen. Menschen sichern ihren Lebensunterhalt o<strong>der</strong><br />

vermeiden den Schmerz, so <strong>der</strong> französische Philosoph Georges Bataille, gerade um<br />

diesen „<strong>in</strong>subord<strong>in</strong>ierten Tätigkeiten“ <strong>der</strong> freien Verausgabung des<br />

Energieüberschusses nachzugehen. 786 Selbst <strong>der</strong> Ursprung des Tausches, so Bataille,<br />

liegt <strong>in</strong> <strong>der</strong> freien Verausgabung, <strong>in</strong> dem Bedürfnis, etwas zu verlieren. 787<br />

Vorteile von „Open Innovation“ liegen jedenfalls auf Seiten des Unternehmens <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Reduktion von Kosten <strong>und</strong> Zeit bis zur Marke<strong>in</strong>führung („Cost and Time-to-Market“), <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> Steigerung <strong>der</strong> Marktakzeptanz (Fit-to-Market) <strong>und</strong> <strong>der</strong> Attraktivität des<br />

entsprechenden Produkts (New-to-Market). 788 Reichwald/Piller nennen vier Instrumente<br />

<strong>der</strong> „Open Innovation“: 1. Die Identifikation von Lead Usern <strong>und</strong> <strong>der</strong>en E<strong>in</strong>b<strong>in</strong>dung <strong>in</strong><br />

Innovationsworkshops, 2. Toolkits für die Übertragung <strong>der</strong> Nutzer-Bedürfnisse <strong>in</strong> neue<br />

Produktkonzeptionen, 3. Innovationswettbewerbe, 4. Schaffung virtueller<br />

Geme<strong>in</strong>schaften („Communities“) für e<strong>in</strong> kollaboratives Zusammenarbeiten mehrerer<br />

Akteure. 789<br />

785 Reichwald/Piller 2006, S. 164<br />

786 Wenn e<strong>in</strong> biologisches System e<strong>in</strong>e bestimmte Größe erreicht <strong>und</strong> die weitere Zufügung von Substanz<br />

<strong>und</strong> Energie unmöglich wird, da die Fähigkeit des Systems, lebende Materie zu organisieren, ihre Grenze<br />

erreicht hat, muss die „Überschussenergie“ an<strong>der</strong>weitig verwendet werden. Phänomene des<br />

außersystemischen Wachstums werden hier vakant, beispielsweise Fortpflanzung o<strong>der</strong> Formen des<br />

Spiels; vgl. Alexan<strong>der</strong> 1965, S. 476. Solche „Produkte“ freier Verausgabung s<strong>in</strong>d für Bataille<br />

beispielsweise Trauerzeremonien, Kriege, Kulte, Prachtbauten, (Wett)Spiele, Theater <strong>und</strong> Künste, Feste,<br />

Opfer, Poesie, Sexualität, Gaben <strong>der</strong> Barmherzigkeit <strong>und</strong> Luxusgüter, die ursprünglich ihren Zweck <strong>in</strong><br />

sich selbst hatten; vgl. Bataille BV 2001, S. 31<br />

787 Vgl. Bataille VT 2001, S. 93ff. Erst später hätte die Funktion <strong>der</strong> Produktion verlangt, dass die<br />

Produkte, zum<strong>in</strong>dest vorübergehend, dem Verlust entzogen würden, so Bataille BV 2001, S. 20<br />

788 Reichwald/Piller 2006, S. 150<br />

789 Reichwald/Piller 2006, S. 156


-189-<br />

Die Etablierung des Letztgenannten, <strong>der</strong> virtuellen Innovationsgeme<strong>in</strong>schaften 790<br />

geschieht entwe<strong>der</strong> auf Initiierung <strong>und</strong> mit Betreuung des Herstellers, o<strong>der</strong> bestehende<br />

fremde Geme<strong>in</strong>schaften werden genutzt, um Innovationsaufgaben o<strong>der</strong> Wettbewerbe<br />

zu <strong>in</strong>itiieren.<br />

Die zweitgenannte Form von „Crowdsourc<strong>in</strong>g“ kennzeichnete beispielsweise die<br />

Kooperation zwischen dem japanischen Getränkehersteller Calpis <strong>und</strong> dem <strong>in</strong> Japan<br />

äußerst populären Social Network Mixi. Im Rahmen <strong>der</strong> Partnerschaft wurden Nutzer<br />

<strong>der</strong> Netz-Community dazu aufgefor<strong>der</strong>t, ihre persönlichen Vorschläge h<strong>in</strong>sichtlich<br />

Geschmacksrichtung, Verpackungsdesign <strong>und</strong> Werbegestaltung für e<strong>in</strong>e neue<br />

Fruchtdr<strong>in</strong>k-Reihe des Lebensmittelkonzerns abzugeben. 791 Das ließ sich digital schnell<br />

abfragen, zudem geriert sich e<strong>in</strong> ungeheurer Werbeeffekt durch den kommunikativen<br />

Austausch <strong>in</strong> den Netzwerken. <strong>Bio</strong>-onl<strong>in</strong>e-communities eignen sich ebenso dafür 792 <strong>und</strong><br />

könnten Konsumentencluster – wie Eco-B<strong>in</strong>d <strong>und</strong> Eco–Flux – <strong>in</strong> <strong>in</strong>terdependenten<br />

Wertschöpfungsnetzwerken <strong>in</strong>tegrieren. Von Hippel <strong>und</strong> Johann Fueller haben <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />

Studie feststellen können, dass Netz-Communities <strong>und</strong> Marken-Hersteller e<strong>in</strong> großes,<br />

meist unausgeschöpftes Synergiepotential e<strong>in</strong>gehen könnten: „One <strong>in</strong>terest<strong>in</strong>g<br />

possibility is that producer brands may lose significant market share to user community<br />

brands <strong>und</strong>er some conditions. Another is that producers may sometimes f<strong>in</strong>d it<br />

profitable to co-brand with user communities: this form of co-brand<strong>in</strong>g created the<br />

highest brand premiums we observed <strong>in</strong> our study.” 793<br />

Für die Begründung sozialer Netzwerke im „Web/Netz 2.0“ braucht es <strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie e<strong>in</strong><br />

soziales, symbolisches, e<strong>in</strong> fokales Objekt, denn „social networks consist of people who<br />

are connected by a shared object“, so Jyri Engeström, Erf<strong>in</strong><strong>der</strong> des Microblogg<strong>in</strong>g-<br />

790 Virtuelle Geme<strong>in</strong>schaften lassen sich über verschiedene Merkmale charakterisieren. H<strong>in</strong>sichtlich <strong>der</strong><br />

Kommunikationsstruktur können zum e<strong>in</strong>en Communication R<strong>in</strong>gs, bei denen Informationen direkt<br />

zwischen den Individuen ausgetauscht werden (Email, Net Pagers o<strong>der</strong> Groupware) von Content Trees<br />

unterschieden werden, bei denen <strong>in</strong>direkt kommuniziert wird mittels Usenets, Bullet<strong>in</strong> Boards, Chat<br />

Rooms o<strong>der</strong> Virtual Worlds. Virtuelle „Open Innovation“ Geme<strong>in</strong>schaften s<strong>in</strong>d beispielsweise Wiki-<br />

Communities. Die Nutzer stellen Inhalte onl<strong>in</strong>e, um sie an<strong>der</strong>en Nutzern zur Verfügung zu stellen. Zu<br />

Mo<strong>der</strong>ierung <strong>der</strong> Inhalte wird e<strong>in</strong>e Wiki-Software benutzt, man ist weniger über Chat o<strong>der</strong> Foren<br />

organisiert. Vgl. Reichwald/Priller 2006, S. 178ff.<br />

791 http://www.pressetext.at/pte.mc?pte=081128002<br />

792 Bei www.naturkost.de waren im Jahre 2006 42% <strong>der</strong> Nutzer an Nachrichten <strong>und</strong> Informationen<br />

<strong>in</strong>teressiert, erst dann folgten, die „High-Involvierten“, die an allem <strong>in</strong>teressiert waren, sodann die<br />

Unterhaltungs- <strong>und</strong> Interaktionsorientierten <strong>und</strong> am Ende rangierten die Nutzenorientierten; vgl. Müller<br />

2005, S. 64<br />

793 Hippel 2008


-190-<br />

Service Jaiku <strong>und</strong> Produktmanager bei „google“. 794 <strong>Bio</strong> – wir haben es anhand des<br />

ethischen Konsums aufzeigen können – ist e<strong>in</strong> solches „Objekt“. Jyri Engeström<br />

empfiehlt e<strong>in</strong>e fünf Punkte umfassende Checkliste zum Aufbau e<strong>in</strong>es „sozialen Netzes“:<br />

1. Def<strong>in</strong>iere den Inhalt, also das Objekt, das im Mittelpunkt des Netzwerkes stehen soll.<br />

Auf „eBay“ <strong>und</strong> „amazon“ ist es e<strong>in</strong> Verkaufsprodukt, bei „flickr“ e<strong>in</strong> Photo, bei<br />

„del.ici.us“ s<strong>in</strong>d es „URL“, bei an<strong>der</strong>en s<strong>in</strong>d es Videos (youtoube) o<strong>der</strong> Musik (last.fm),<br />

kle<strong>in</strong>e Nachrichten („micro-bloggs“ o<strong>der</strong> „tweets“ bei „Twitter“). 2. Def<strong>in</strong>iere Aktion <strong>und</strong><br />

„Verben“, lege also fest, was die Nutzer mit dem sozialen Objekt machen sollen, ob sie<br />

es kommentieren, bewerten, teilen, anschauen, anhören, kaufen, verkaufen sollen. 3.<br />

Mach das Objekt teilbar, entwickle also digitale Toolkits, die es e<strong>in</strong>fach machen, das<br />

Objekt zu teilen, zu bewerten, darüber zu kommunizieren <strong>und</strong> dauerhaft h<strong>in</strong>zuweisen,<br />

etwa durch Permal<strong>in</strong>ks (URL) o<strong>der</strong> Widgets. 4. Verb<strong>in</strong>de de<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>ladung zu de<strong>in</strong>em<br />

Netzwerk mit e<strong>in</strong>em „viralen“ Geschenk, verb<strong>in</strong>de sie mit e<strong>in</strong>em witzigen Video, e<strong>in</strong>er<br />

kle<strong>in</strong>en Geldsumme, e<strong>in</strong>er „Gabe“. 5. Berechne nur den aktiven Nutzern e<strong>in</strong>e n<br />

Mitgliedschaftsbeitrag, nicht den Zuschauern. Bezahlt wird nicht für den Gebrauch,<br />

son<strong>der</strong>n für den Verbrauch im S<strong>in</strong>ne <strong>der</strong> Ressourcennutzung, beispielsweise für<br />

Publizieren, das Daten- <strong>und</strong> Transportvolumen etc.<br />

Zurück zur „Open Innovation“, besser gesagt, zum zweiten Teil <strong>der</strong> Individualisierung<br />

<strong>der</strong> Wertschöpfungskette, <strong>der</strong> Produkt<strong>in</strong>dividualisierung o<strong>der</strong> auch „Mass<br />

Customization“. Produkt<strong>in</strong>dividualisierung setzt auf <strong>der</strong> Stufe <strong>der</strong> Fertigung e<strong>in</strong>,<br />

zwischen dem Innovationsprozess <strong>der</strong> „Open Innovation“ <strong>und</strong> dem herkömmlichen<br />

Angebot vorgefertigter Varianten, das dem Nachfrager lediglich die Auswahl <strong>der</strong>jenigen<br />

Variante ermöglicht, die se<strong>in</strong>en Bedürfnissen am nächsten kommt. Auch bei <strong>der</strong><br />

Produkt<strong>in</strong>dividualisierung wird mit dem Produktionsprozess erst gestartet, wenn <strong>der</strong><br />

K<strong>und</strong>enauftrag <strong>und</strong> e<strong>in</strong> Produktentwurf vorliegen, die den Anfor<strong>der</strong>ungen des K<strong>und</strong>en<br />

gerecht werden. 795 Ziel ist es, an wenigen Komponenten, die aus K<strong>und</strong>ensicht aber den<br />

wesentlichen <strong>in</strong>dividuellen Produktnutzen ausmachen, e<strong>in</strong>e Gestaltungs-<br />

beziehungsweise Auswahlmöglichkeit zur Verfügung zu stellen. Kognitive Dissonanz <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> Nachkaufphase - Unzufriedenheit mit dem Produkt - wird durch den Co-Design-<br />

Prozess des K<strong>und</strong>en („Idealpunkt“-Produktion) vermieden. 796<br />

794 Engeström 2005<br />

795 Vgl. Hippel 2005, S. 6<br />

796 Reichwald/Piller 2006, S. 195


-191-<br />

Man kann deshalb auch von e<strong>in</strong>er Standardisierung <strong>der</strong> Individualisierung sprechen. 797<br />

Individualisierungsmöglichkeiten bestehen beispielsweise h<strong>in</strong>sichtlich Maßen <strong>und</strong><br />

technischen Features (funktionale Individualisierung) o<strong>der</strong> ästhetischer, gustativer <strong>und</strong><br />

visueller Wahrnehmung (experienzielle Individualisierung). Sie könnten aber auch<br />

zusätzlich <strong>in</strong> bestimmten ethischen (fair, bio, CO2-frei) Vorleistungen bestehen<br />

(symbolische Individualisierung) beziehungsweise regionale <strong>und</strong>/o<strong>der</strong> traditionale<br />

Attribute (relationale Individualisierung) aufweisen. O<strong>der</strong> <strong>in</strong> allem zusammen, denn „for<br />

mass producers, the focus of the market<strong>in</strong>g group is not about spott<strong>in</strong>g differences<br />

among customer needs; it´ s about identify<strong>in</strong>g and exploit<strong>in</strong>g comm<strong>in</strong>alities.” 798 Man<br />

kann quasi Werthaltungen des ganzen Wertekreises artefaktisch <strong>in</strong> Form verschiedener<br />

Produktvarianten <strong>und</strong> Konzeptionsmöglichkeiten anbieten, wobei erst das Endprodukt,<br />

sozusagen retrospektiv, e<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>ordnung ermöglicht.<br />

K<strong>und</strong>en, die vorher e<strong>in</strong> Standardgut gekauft haben, s<strong>in</strong>d oft bereit, e<strong>in</strong>en Aufschlag von<br />

bis zu 100 Prozent für e<strong>in</strong> <strong>in</strong>dividuelles Gut zu zahlen. 799 Damit liegen trotz höherer<br />

Herstellkosten die Margen von Mass-Customization-Gütern oft über denen<br />

vergleichbarer Standardgüter.<br />

Vorteile/Ertragspotenziale 800 <strong>der</strong> „Mass Customization“ liegen <strong>in</strong> erhöhter<br />

K<strong>und</strong>enzufriedenheit <strong>und</strong> Loyalität, steigen<strong>der</strong> Zahlungsbereitschaft,<br />

Wie<strong>der</strong>holungskäufen, Flexibilität (durch IuK-Technologie),<br />

Kostensenkungspotenzialen 801 wie auch <strong>in</strong> <strong>der</strong> hybriden Wettbewerbsstrategie, die zum<br />

e<strong>in</strong>en danach strebt, sich im Markt zu differenzieren <strong>und</strong> gleichzeitig e<strong>in</strong>e günstige<br />

Kostenposition e<strong>in</strong>zunehmen. 802 Nicht zu vergessen die erhöhte K<strong>und</strong>en<strong>in</strong>tegration. Die<br />

<strong>in</strong>dividualisierte Problemlösungskompetenz trägt dazu bei, die Opportunitäts- <strong>und</strong><br />

Wechselkosten zu erhöhen, so dass <strong>der</strong> K<strong>und</strong>e “freiwillig” dem Anbieter treu bleibt („log-<br />

797<br />

Reichwald/Piller 2006, S. 203<br />

798<br />

Piller 2009, S. 76<br />

799<br />

Piller 2005<br />

800<br />

Reichwald/Piller 2006, S. 235. Nachteile/Mehrkosten für Systeme <strong>der</strong> „Mass Customization“ liegen <strong>in</strong><br />

den zu tätigenden Investitionen <strong>in</strong> flexible Leistungssysteme, Koord<strong>in</strong>ationsaufwand <strong>in</strong> Produktion <strong>und</strong><br />

Logistik, Kosten <strong>der</strong> Produktadaption <strong>und</strong> K<strong>und</strong>en<strong>in</strong>teraktion, im Aufbau von Vertrauen.<br />

801<br />

Nicht unwichtig, gerade auch angesichts <strong>der</strong> hohen Floprate bei Lebensmitteln. Zimmermann (2001,<br />

S. 12) spricht von e<strong>in</strong>er Floprate/Gesamtmarkt Deutschland von 85%. Bei durchschnittlich 910<br />

Neue<strong>in</strong>führungen/Woche auf dem deutschen Markt – nicht nur Nahrungsmittel – floppen also mehr als<br />

750 Produkte. Zu den Flopraten im Lebensmittelmarkt s.a. Kapitel 3.2. „Eco-B<strong>in</strong>d“<br />

802<br />

Stotko 2002, S. 4. Strategien <strong>der</strong> Kostenführerschaft o<strong>der</strong>/<strong>und</strong> <strong>der</strong> Differenzierung s<strong>in</strong>d nur <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />

weitgehend stabilen Umwelt gew<strong>in</strong>noptimal, Produkt<strong>in</strong>novationsstrategien dagegen s<strong>in</strong>d<br />

flexibilitätsorientiert <strong>und</strong> (nur) <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er dynamischen Umwelt gew<strong>in</strong>nmaximal; vgl. Proff 2009, S. 31


-192-<br />

on“), da ihm die <strong>in</strong>dividuelle Lösung höheren Nutzen stiftet <strong>und</strong> auf se<strong>in</strong>er eigenen<br />

spezifischen Investition – Wissen - beruht („High Involvement“). 803<br />

Wie aber schaut es h<strong>in</strong>sichtlich des Mass Customization bei Lebensmitteln aus?<br />

Studien zum „Variety Seek<strong>in</strong>g“ haben ergeben, dass bei bestimmten Produkten wie<br />

Milch, Butter, Margar<strong>in</strong>e, Eiern <strong>der</strong> K<strong>und</strong>e kaum nach Abwechslung sucht, 805 h<strong>in</strong>gegen<br />

aber <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e bei Joghurts, den Warengruppen Käse <strong>und</strong> Wurst, bei Desserts <strong>und</strong><br />

Fruchtsäften etwa 55% aller Lebensmittel-Konsumenten zu den „untreuen“, hybriden<br />

Suchern nach Abwechslung gehören. 806 Hier begründet sich beispielsweise <strong>der</strong> Erfolg<br />

von „MyMuesli.com“: „Endlich schmeckt De<strong>in</strong> Müsli so, wie Du es immer wolltest. Denn<br />

bei mymuesli kannst Du De<strong>in</strong> <strong>in</strong>dividuelles Müsli selbst zusammenstellen. […] mymuesli<br />

ist ideal für Genießer, Ros<strong>in</strong>enhasser, Allergiker, Sportler <strong>und</strong> Vollblutökos: 70 Zutaten.<br />

803<br />

E<strong>in</strong> Thema von „Learn<strong>in</strong>g Relationships”, „Life Time Value“ <strong>und</strong> „Customer Equity“; vgl. Rogers 2005<br />

804<br />

Tabelle aus Reichwald/Piller 2006, S. 205<br />

805<br />

Meixner 2005, S. 51<br />

806<br />

Hippel 2002, S. 23. Die Antwort auf den hybriden Konsumenten ist „Hybrid-Commerce“ unter Nutzung<br />

von Mehrkanalabsatzsystemen. Innerhalb dessen ist mit e<strong>in</strong>er Schwerpunktverlagerung <strong>in</strong>nerhalb des<br />

„Kontaktpr<strong>in</strong>zips“ zu rechnen, mit e<strong>in</strong>er Bagatellisierung des „Residenzpr<strong>in</strong>zips“, <strong>in</strong>dem <strong>der</strong> K<strong>und</strong>e den<br />

Anbieter aufsuchen muss (stationäre E<strong>in</strong>zelhandelsläden) zugunsten des „Distanzpr<strong>in</strong>zips“<br />

(Versandhandel, Mass Customization“), <strong>und</strong> des „Domizilpr<strong>in</strong>zips“, <strong>in</strong>dem <strong>der</strong> Anbieter („Ökokiste“) den<br />

K<strong>und</strong>en aufsucht. Letztendlich muß dies Auswirkungen auf das „Category-Management“ haben. Zu den<br />

bisher verwendeten Strategien vgl. Kunz 2006. Das sollte Folgen für das klassische „Category-<br />

Management“ haben. Der Food-Markt / Lebensmittelhandel konnte bisher bei <strong>Bio</strong> die Preis-Leistungs-<br />

Strategie <strong>und</strong> Wellness-Strategie (funktionaler Nutzen) anwenden, zum Teil Genuss- <strong>und</strong><br />

Erlebnisstrategie (experienzieller Nutzen). Es könnten sich auf dem Weg vom Lebensmittelhändler zum<br />

Lebensgefühlhändler auch Vertrauens- <strong>und</strong> Familienstrategien (relationaler Nutzen) wie<br />

Symbolstrategien (fairer Handel, artgerechte Tierhaltung) bewähren.<br />

804


-193-<br />

Alle <strong>Bio</strong>. 566 Billiarden verschiedene Müslivariationen. Ke<strong>in</strong>e zusätzlichen Inhaltsstoffe<br />

wie Farbstoffe o<strong>der</strong> Geschmacksverstärker. Ohne Zuckerzusatz. Fünf mal denselben<br />

Mix bestellen - 1 Dose gratis!“ . 807 Wer die sympathische Art <strong>der</strong> K<strong>und</strong>enb<strong>in</strong>dung<br />

kennenlernen möchte, sollte sich dann auch den mymuesli-blog anschauen. Das<br />

gleiche klappt auch mit <strong>Bio</strong>-Brot aus Natursauerteig <strong>und</strong> mit besten Vollkornmehlen,<br />

Natursalz sowie Bergquellwasser (www.panemeo.de).<br />

Beim E<strong>in</strong>bruch unverän<strong>der</strong>ter E<strong>in</strong>zelprodukte <strong>in</strong> <strong>der</strong> Lebensmittel-Direktvermarktung 808<br />

ist Form <strong>und</strong> Erfolg des Mass Customization e<strong>in</strong> F<strong>in</strong>gerzeit, auch wenn die Vordenker<br />

des Mass Customization noch an <strong>der</strong> Jahrtausendwende mit Recht anmerkten, dass<br />

landwirtschaftliche Produkte schlecht „digitalisierbar“ <strong>und</strong> oft nur über viele Parameter<br />

zu beschreiben seien <strong>und</strong> Lebensmittel generell e<strong>in</strong>en (zu) hohen Anteil an Vertrauen<br />

<strong>und</strong> Erfahrungseigenschaften besäßen. 809 Gerade aber dar<strong>in</strong> liegt das<br />

Alle<strong>in</strong>stellungsmerkmal von <strong>Bio</strong>, dem ebenso generell e<strong>in</strong> hohes Maß an Vertrauen -<br />

<strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung mit additiven ethischen Parametern – entgegengebracht<br />

wird. Durch die Produkt<strong>in</strong>dividualisierung wird e<strong>in</strong> Mehrwert geschaffen, <strong>der</strong> die<br />

Bedenken zerstreut, dass <strong>der</strong> aufgr<strong>und</strong> erhöhter Logistik <strong>und</strong> Lieferkosten gestiegene<br />

Preis so gut wie ke<strong>in</strong>en Anreiz mehr biete. 810 Dabei ist <strong>der</strong> „Mass Customization”-<br />

Prozess als Ergänzung aufzufassen, nicht als Alle<strong>in</strong>lösung o<strong>der</strong> pr<strong>in</strong>zipistisches<br />

Allheilmittel: „To reap the benefits of mass customization, though, managers need to<br />

th<strong>in</strong>k of it not as a stand-alone bus<strong>in</strong>ess strategy for replac<strong>in</strong>g production and<br />

distribution process but as a set of organizational capabilities that can help a company<br />

better align itself with its customers´ needs.” 811<br />

„Mass Customization“ bietet die Möglichkeit, verschiedene Anbieter unter e<strong>in</strong>em Dach<br />

zusammenzufassen <strong>und</strong> mit e<strong>in</strong>em geschlossenen homogenen Angebot gegenüber<br />

dem Konsumenten aufzutreten – auch nachdem <strong>der</strong> Trend im Lebensmittele<strong>in</strong>zelhandel<br />

sehr stark <strong>in</strong> Richtung „Alles aus e<strong>in</strong>er Hand“ geht. Das Internet erhöht die<br />

Markttransparenz durch die Möglichkeit, weltweit Preise zu vergleichen <strong>und</strong> Waren<br />

(theoretisch) weltweit zu beziehen. K<strong>und</strong>en, die schlechten Zugang zu ökologischen<br />

807 http://www.mymuesli.com<br />

808 Spiller 2005, S. 16<br />

809 Vgl. Jahn 2003, S. 336<br />

810 Dworak 2003, S. 330<br />

811 Piller 2009, S. 72


-194-<br />

Produkten haben o<strong>der</strong> im Internet preisgünstigere <strong>Bio</strong>produkte f<strong>in</strong>den, können<br />

gewonnen werden – auch <strong>und</strong> gerade durch die Produkt<strong>in</strong>dividualisierung. 812<br />

Denn auch auf „Mass Customization“ aufbauende Stufen <strong>und</strong> Technologien kündigen<br />

sich schon an: So wie <strong>der</strong> Personal Computer die Datenverarbeitung nach Hause<br />

gebracht hat, wird bald e<strong>in</strong> Personal Fabicator das Rapid Manufactur<strong>in</strong>g - die<br />

maßgeschnei<strong>der</strong>te Produktfertigung ohne Werkzeug, direkt aus dem Datenmodell<br />

heraus - nach Hause br<strong>in</strong>gen: Homo Fabber sitzt zuhause am Schreibtisch, konstruiert<br />

sich digital se<strong>in</strong>e Warenwelt <strong>und</strong> „druckt“ sie dann Stück für Stück <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er M<strong>in</strong>i-Fabrik<br />

aus eigenem Plastikmüll – Recycl<strong>in</strong>g <strong>und</strong> Verbrauchermacht <strong>in</strong>klusive. 813 Im Media Lab<br />

des Massachusetts Institute of Technology/USA steht bereits e<strong>in</strong> spülmasch<strong>in</strong>engroßer<br />

Prototyp parat, <strong>der</strong> für jede Mahlzeit frische Teller, Tassen <strong>und</strong> Schüsseln fabriziert –<br />

„Dishes on Demand“ heißt <strong>der</strong> selbsterklärende Titel des Verfahrens 814 <strong>und</strong> die US-<br />

Armee druckt teilweise bereits Ersatzteile am E<strong>in</strong>satzort aus. Sicher könnte so e<strong>in</strong><br />

Personal Fabicator mit Flüssigkeiten wie <strong>Bio</strong>-Schokolade o<strong>der</strong> <strong>Bio</strong>-Teig funktionieren<br />

beziehungsweise <strong>Bio</strong>-Kleidung aus dem <strong>Bio</strong>-Fabb herstellen. Frank Piller, <strong>der</strong> deutsche<br />

„Open Innovation“- <strong>und</strong> „Mass Customization“-Experte von <strong>der</strong> RWTH Aachen, sieht<br />

Probleme nicht mehr <strong>in</strong> <strong>der</strong> Technik, son<strong>der</strong>n dar<strong>in</strong>, dass es noch viel zu wenige<br />

Menschen gibt, die Produkte für diese Technik entwickeln. 815<br />

Die darauf folgende Stufe, so spekulierte bereits <strong>der</strong> Soziologe <strong>und</strong> Ökonom Jeremy<br />

Rifk<strong>in</strong>, wird den Übergangsprozess vom Eigentum zum Leas<strong>in</strong>g <strong>und</strong> Outsourc<strong>in</strong>g<br />

be<strong>in</strong>halten. 816 Es wird weniger Ver-braucher, denn Ge-braucher geben. Räumlich <strong>und</strong><br />

zeitlich unbeschränkt werden Nutzer per Mitgliedschaft, Abonnement, Verleih o<strong>der</strong><br />

Nutzungslizenz auf Eigentum Zugriff haben. 817 Man zahlt nicht mehr für die Übertragung<br />

e<strong>in</strong>er Ware im Raum, son<strong>der</strong>n für den Fluss e<strong>in</strong>er spezifisch benötigten, persönlich<br />

812<br />

Dworak 2002, S. 60<br />

813<br />

Neef 2008<br />

814<br />

Bil<strong>der</strong>strecke des Verfahrens unter<br />

http://www.wired.com/science/discoveries/multimedia/2005/10/69113<br />

815<br />

Piller 2007<br />

816<br />

Rifk<strong>in</strong> 2000, S. 70<br />

817<br />

Im Oktober 2006 hat die Hochtief PPP Solutions GmbH mit e<strong>in</strong>er symbolischen Schlüsselübergabe<br />

das Rathaus <strong>in</strong> Gladbeck geme<strong>in</strong>sam mit den Bürgern <strong>der</strong> Stadt e<strong>in</strong>geweiht. Das Unternehmen hat das<br />

Verwaltungsgebäude mit e<strong>in</strong>em Vertragsvolumen von etwa 44 Millionen Euro geplant, f<strong>in</strong>anziert sowie<br />

gebaut <strong>und</strong> wird es <strong>in</strong> den kommenden 25 Jahren betreiben. Während dieses Zeitraums zahlt die Stadt<br />

e<strong>in</strong> monatliches Nutzungsentgelt. Das neue Rathaus verfügt über e<strong>in</strong>e Fläche von 11 000 Quadratmetern<br />

<strong>und</strong> bietet 300 Mitarbeitern <strong>der</strong> Stadt Platz. Es ist das erste PPP-Pilotprojekt für e<strong>in</strong>en Rathaus-Neubau <strong>in</strong><br />

Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen, vgl. http://www.hochtief-pppsolutions.de/ppp/36.jhtml


-195-<br />

angepassten Erfahrung <strong>in</strong> <strong>der</strong> Zeit. 818 Etwas Ähnliches bietet bereits die „Web 2.0“-<br />

Seite „Hunch“, wo Nutzer an<strong>der</strong>en Nutzern helfen, Entscheidungen zu fällen. Und zwar<br />

mit Hilfe von Enscheidungsbäumen, die ständig mit (natürlich subjektivem) Erfahrungs-<br />

Wissen angereichert <strong>und</strong> verbessert werden.<br />

E<strong>in</strong> „Rifk<strong>in</strong>-Konzept“ f<strong>in</strong>det sich auch <strong>in</strong> <strong>der</strong> IuK-Technologie. Beim „Grid Comput<strong>in</strong>g“<br />

werden freie Ressourcen e<strong>in</strong>er speziellen Anwendung genau dann zur Verfügung<br />

gestellt, wenn sie gebraucht werden. Grid-Infrastrukturen bieten e<strong>in</strong>e Vielzahl von<br />

Vorteilen, wie zum Beispiel den transparenten Zugriff <strong>und</strong> die bessere Nutzung <strong>der</strong><br />

Ressourcen, nahezu unendlich große Rechen- <strong>und</strong> Speicherkapazität, Flexibilität <strong>und</strong><br />

automatische Anpassung von komplexen Rechenprozessen durch dynamischen <strong>und</strong><br />

konzertierten Betrieb <strong>der</strong> vernetzten Ressourcen, höhere Qualität <strong>der</strong> Ergebnisse durch<br />

gridunterstützte Entwicklung, <strong>und</strong> schließlich E<strong>in</strong>sparungen durch e<strong>in</strong>e<br />

verbrauchsorientierte Abrechnung. 819 Ingenieure s<strong>in</strong>d dadurch <strong>in</strong> <strong>der</strong> Lage, jegliche<br />

Ressource (wie Computer, Anwendung, Daten <strong>und</strong> Software-Werkzeuge) sozusagen<br />

auf Knopfdruck zu nutzen, um Prozesse <strong>und</strong> Produkte virtuell zu simulieren, bevor sie<br />

an <strong>der</strong>en reale Entwicklung gehen. 820 Hier schließt auch das „User Manufactur<strong>in</strong>g“ an:<br />

„You select materials, you push a button, and you start a remote production process.<br />

Two days later, your design arrives at your home. So you have an entire mach<strong>in</strong>e park<br />

at your disposal;” so Frank Piller. 821 So bietet beispielsweise www.emach<strong>in</strong>eshop.com<br />

818 Rifk<strong>in</strong> 2007, S. 161. Und das Ganze ggf. nur noch durch Messung <strong>der</strong> Hirnströme, denn das Netz<br />

(Internet) wird als solches nicht mehr <strong>in</strong> Ersche<strong>in</strong>ung treten, weil es <strong>in</strong> die D<strong>in</strong>ge <strong>der</strong> äußeren Wirklichkeit<br />

f<strong>und</strong>amental e<strong>in</strong>bezogen beziehungsweise solche Entitäten selbst wie<strong>der</strong>um Teil des Netzes se<strong>in</strong><br />

werden; vgl. Palm 2009, S. 107. Honda hat mittlerweile e<strong>in</strong>e Gehirn-Masch<strong>in</strong>en-Schnittstelle (BMI)<br />

entwickelt, um mit Gedanken e<strong>in</strong>en Roboter im Raum zu steuern. Über Nah-Infrarotspektroskopie (NIRS)<br />

wird optisch die Verän<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Blutzirkulation <strong>in</strong> Gehirnregionen gemessen. Der Träger des Helms<br />

muss sich nur vorstellen, die Arme o<strong>der</strong> Be<strong>in</strong>e zu bewegen, um diese motorischen Impulse, die von<br />

beiden Sensortypen aufgenommen <strong>und</strong> durch e<strong>in</strong> neu entwickeltes Programm verarbeitet werden, auf<br />

den Roboter zu übertragen, <strong>der</strong> nach e<strong>in</strong>igen Sek<strong>und</strong>en entsprechend reagiert. Der Roboter wird durch<br />

e<strong>in</strong>e solche Gehirnsteuerung zu e<strong>in</strong>em erweiterten Körper, zum<strong>in</strong>dest zu e<strong>in</strong>em neuen Körperteil, <strong>der</strong><br />

Mensch zu e<strong>in</strong>em Cyborg.<br />

819 http://www.d-grid.de/<strong>in</strong>dex.php?id=57. BitTorrent (Bit: kle<strong>in</strong>ste Daten-E<strong>in</strong>heit, engl. torrent: reißen<strong>der</strong><br />

Strom, von lat. torrens) ist e<strong>in</strong> kollaboratives Fileshar<strong>in</strong>g-Protokoll, das sich beson<strong>der</strong>s für die schnelle<br />

Verteilung großer Datenmengen eignet. Im Gegensatz zu an<strong>der</strong>en Fileshar<strong>in</strong>g-Techniken setzt Bittorrent<br />

nicht auf e<strong>in</strong> übergreifendes Fileshar<strong>in</strong>g-Netzwerk, son<strong>der</strong>n baut für jede Datei e<strong>in</strong> separates Verteilnetz<br />

auf.<br />

820 Insofern könnte man das gegenwärtige Zeitalter <strong>der</strong> Informations- <strong>und</strong> Kommunikationstechnologie<br />

(IuK) als „Quartär“ bezeichnen, im Unterschied zum primären Wirtschaftssektor (Urproduktion,<br />

Landmehrung), dem sek<strong>und</strong>ären Wirtschaftssektor (Industriegüterproduktion, Kapitalmehrung), wie auch<br />

den tertiären Sektor (Dienstleistungen, Arbeitsmehrung). Das Quartär hebt im hegelschen S<strong>in</strong>ne die<br />

genannten Wirtschaftssektoren auf. Es ist die Bewahrung alles vorangegangenen, aber die Vernichtung<br />

<strong>der</strong> Dom<strong>in</strong>anz des sek<strong>und</strong>ären Wirtschaftssektors, sowie die Erhöhung <strong>der</strong> symbolischen, <strong>in</strong>tangiblen<br />

Determ<strong>in</strong>anten, <strong>in</strong>sbson<strong>der</strong>e <strong>der</strong> Kooperationsformen<br />

821 Piller <strong>in</strong> Thilmany 2009, S. 5


-196-<br />

e<strong>in</strong>e eigene CAD-Software zum download an, an <strong>der</strong> Teile konstruiert <strong>und</strong> dann aus<br />

e<strong>in</strong>em Material <strong>der</strong> Wahl computerlasergesteuert hergestellt werden.<br />

Aber zurück zu den Prozessen <strong>in</strong>teraktiver Wertschöpfung. E<strong>in</strong>e Zwischenstufe von auf<br />

<strong>der</strong> e<strong>in</strong>en Seite „Old Economy“ <strong>und</strong> „Revers Economy“ liegt <strong>in</strong> <strong>der</strong> „Kollektiv-Mass-<br />

Customization“, dem bereits behandelten Regionalismus, <strong>der</strong> als relationales (Marken-<br />

)Konzept Vertrautheit <strong>und</strong> Vertrauen vermittelt. Die Schweisfurth-Stiftung - <strong>in</strong> Gestalt<br />

<strong>der</strong> Publikationen ihres Vorstandes Franz-Theo Gottwald, Humboldt-Universität Berl<strong>in</strong><br />

<strong>und</strong> LMU München - propagiert den Gedanken des „Aus-<strong>der</strong>-Region-für-die-Region“<br />

bereits seit Jahrzehnten als Alternative zur globalen Industrialisierung des<br />

Lebensmittelanbaus. Dazu gehört e<strong>in</strong>e „Marktwirtschaft <strong>der</strong> Regionen“, 822 gepaart mit<br />

Subsidiarität <strong>und</strong> Solidarität, e<strong>in</strong>e „Ökologie <strong>der</strong> kurzen Wege“ <strong>und</strong> natürliche, regionale<br />

Kreisläufe. 823 Die For<strong>der</strong>ung nach Beibehaltung spezifisch kultureller Rhythmen <strong>und</strong><br />

„f<strong>und</strong>amentaler Anpassungsleistungen“ 824 rechtfertigt nicht zuletzt den Begriff <strong>der</strong><br />

„Kollektiv-Mass-Customization“. Mit diesem Programm geht nicht nur e<strong>in</strong>e Renaissance<br />

von Qualität 825 <strong>und</strong> „Nähe“ am Po<strong>in</strong>t of Purchase e<strong>in</strong>her, son<strong>der</strong>n ebenso e<strong>in</strong>e<br />

zukunftsfähige, nachhaltige Landwirtschaft wie auch e<strong>in</strong>e wertgeleitete<br />

gesamtgesellschaftliche Entwicklung. 826 E<strong>in</strong>e Entwicklung, die für regionale Kooperation<br />

als „Drittes“ zwischen Markt <strong>und</strong> Hierarchie wirbt.<br />

Laut Emnid 827 haben Verbraucher ganz klare Vorstellungen von Werteprioritäten <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

gesamten Landwirtschaft, nicht nur im ökologischen <strong>Landbau</strong>. Umweltfre<strong>und</strong>liche<br />

Produktion, artgerechte Tierhaltung stehen dabei ganz vorne. So auch die Studie von<br />

Katr<strong>in</strong> Zan<strong>der</strong> <strong>und</strong> Ulrich Hamm. Ausgehend von ersten erfolgreichen Ansätzen <strong>der</strong><br />

Kommunikation ethischer Werte gegenüber Konsumenten wurden <strong>in</strong> mehreren<br />

europäischen Län<strong>der</strong>n (Deutschland, Großbritannien, Italien, Österreich <strong>und</strong> <strong>der</strong><br />

Schweiz) verschiedene ethisch begründete Argumente ausgewählt <strong>und</strong> unter<br />

Verwendung <strong>der</strong> Informations-Display-Matrix (IDM) auf ihre Relevanz für das<br />

E<strong>in</strong>kaufsverhalten getestet. Die beiden <strong>in</strong> <strong>der</strong> gesamten Stichprobe <strong>der</strong> fünf Län<strong>der</strong> am<br />

häufigsten zuerst „angeklickten“ Attribute s<strong>in</strong>d „Artgerechte Tierhaltung“ <strong>und</strong> „Regionale<br />

822 Vgl. Gottwald 2007/2, S. 165<br />

823 Vgl. Gottwald 2007, S. 14<br />

824 Gottwald 2002, S. 147<br />

825 Sozusagen „Frische“ statt Kühle“. Frische- <strong>und</strong> Molkereiprodukte spielen für den Absatz von<br />

Lebensmitteln aus dem ökologischen <strong>Landbau</strong> e<strong>in</strong>e entscheidende Rolle; sie machen den Gesamtumsatz<br />

von Lebensmitteln aus <strong>der</strong> ökologischen Landwirtschaft aus. Vgl. www.orgpr<strong>in</strong>ts.org/11096/<br />

826 Vgl. Gottwald 2003, S. 224<br />

827 Emnid 2007, S. 12


-197-<br />

Erzeugung“. Auf sie entfallen jeweils gut 20% <strong>der</strong> Abfragen. Der Preis wird mit 13%<br />

deutlich seltener als erste Information herangezogen. 828<br />

Und so haben sich nicht zuletzt durch diese Initiativen <strong>und</strong> Gedanken Plattformen<br />

begründet, mit denen Fairness, <strong>Bio</strong> <strong>und</strong> Regionalität zusammen beför<strong>der</strong>t werden, wie<br />

beispielsweise die „Fair-Regio-Charta“ für Berl<strong>in</strong>-Brandenburg sowie die bayerische<br />

Informationskampagne für solidarisches E<strong>in</strong>kaufen „<strong>Bio</strong>-Regio-Fair“. Mit dem Projekt<br />

„regional&fair“ hat sich <strong>der</strong> <strong>Bio</strong>kreis e.V. die Kommunikation <strong>der</strong> Begriffe Regionalität<br />

<strong>und</strong> Fairness auf Basis fester, seriöser Standards zur Aufgabe gemacht. 829 Auch das<br />

agrarkulturelle Netzwerk „Unser Land e.V.“ ist zu erwähnen, das als<br />

Solidargeme<strong>in</strong>schaft aus Landwirten, Handwerkern, Handel, Verbrauchern, Kirchen<br />

sowie Umwelt- <strong>und</strong> Naturschutzorganisationen verfasst ist. 830 Ähnliche Konzepte f<strong>in</strong>den<br />

sich <strong>in</strong> vielen Regionen Europas wie „Sheepdrove Farmhouse“, „F<strong>und</strong>acion Monte<br />

Mediterraneo“, „La Selva Azienda <strong>Bio</strong>agricola“, „Hermannsdorfer Landwerkstätten“ etc.<br />

Im European Network for Eco Agriculture (ENEAC), das sich auch um Wissenstransfer<br />

bemüht, schließen sich immer mehr Betriebe netzwerkförmig zusammen. Des weiteren<br />

s<strong>in</strong>d seit dem Jahr 2003, als die Regionalwährung „Chiemgauer“ startete, <strong>in</strong> Europa<br />

e<strong>in</strong>e Vielzahl regionaler Währungen entstanden, wobei je<strong>der</strong> Erlös systemgemäß <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Region ausgegeben wird, <strong>in</strong> <strong>der</strong> er erzielt wird. 831<br />

Darüber h<strong>in</strong>aus s<strong>in</strong>d überall <strong>in</strong> Asien <strong>und</strong> an<strong>der</strong>en Kont<strong>in</strong>enten Bewegungen<br />

entstanden, die sich zum Ziel gesetzt haben, nachhaltige Landwirtschaft <strong>und</strong><br />

<strong>Bio</strong>diversität sowie die Rückgew<strong>in</strong>nung e<strong>in</strong>es Marktes vor Ort zu för<strong>der</strong>n <strong>und</strong> die<br />

Ernährungsrechte <strong>der</strong> Menschen <strong>in</strong> ihrer Region zu verteidigen. 832 Hier stehen Cultural<br />

Diversity <strong>und</strong> <strong>Bio</strong>diversity auf <strong>der</strong> e<strong>in</strong>en Seite gegen „<strong>Bio</strong>-piracy“, 833 die Verwertung<br />

traditionellen Wissens durch „<strong>in</strong>tellectual property rights“, die Weltwirtschaft, globale<br />

Ges<strong>und</strong>heitsökonomien <strong>und</strong> den Expansionsdrang globalisierter Wissenschaft <strong>und</strong><br />

828 Zan<strong>der</strong> 2009, S. 341<br />

829 Vgl. Gottwald 2009<br />

830 Vgl. Gottwald 2005, S. 152f.<br />

831 Vgl. Rost 2007, S. 3. Beispiele für weitere Regionalwährungen s<strong>in</strong>d beispielsweise <strong>der</strong> „Lausitzer“ <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> Lausitz, <strong>der</strong> „Waldviertler“ im Waldviertel/Nie<strong>der</strong>-Österreich, „Havelblüte“ <strong>in</strong> Potsdam, „Urstromtaler“<br />

<strong>in</strong> Sachsen-Anhalt, „Elbtaler“ <strong>in</strong> Dresden.<br />

832 Verständlich, angesichts <strong>der</strong> Gefährdung <strong>der</strong> Gr<strong>und</strong>ernährung <strong>der</strong> dort ansässigen Bevölkerungen<br />

durch den Export von Luxusagrargütern – Schnittblumen, Cash Crops - für westliche Märkte (vgl. hierzu<br />

Shiva 2007, S. 209). Hier tritt <strong>der</strong> hiesige Verbraucher als Konkurrent um die wesentlichen Lebens- <strong>und</strong><br />

Nahrungsgr<strong>und</strong>lagen <strong>der</strong> Exportlän<strong>der</strong> auf, so Vgl. Gottwald 2007/3, S. 90<br />

833 Wortschöpfung von Teubner 2009 II, S. 8.


-198-<br />

Kultur. 834 Denn Vorteile von Netzbildungen können sich gleichzeitig als Nachteil<br />

erweisen. Netzwerke lassen Unternehmensgrenzen verschwimmen, sie verbessern<br />

dadurch ihre Umweltposition, machen aber zugleich e<strong>in</strong>e Verantwortungszurechnung<br />

unmöglich. E<strong>in</strong> <strong>und</strong> dasselbe Netzwerk kann <strong>in</strong> <strong>der</strong> e<strong>in</strong>en Umwelt als Kollektivakteur mit<br />

e<strong>in</strong>er abgrenzbaren Identität, <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er an<strong>der</strong>en Umwelt als e<strong>in</strong>e Vielzahl <strong>in</strong>dividueller<br />

Akteure ersche<strong>in</strong>en. Dies beschreibt Gunther Teubner treffend als „unitas multiplex“ <strong>und</strong><br />

„chamäleonartiges Changieren“. 835<br />

Das er<strong>in</strong>nert an vorstaatliche „Netzwerkwellen“ <strong>in</strong> <strong>der</strong> frühen Neuzeit, Netzwerke s<strong>in</strong>d ja<br />

nicht umsonst e<strong>in</strong> autonomes Drittes zwischen Hierarchie/Staat <strong>und</strong> Markt. E<strong>in</strong>e solche<br />

„Netzwelle“ schwappte <strong>in</strong> <strong>der</strong> frühen Neuzeit über die sich öffnenden Märkte des bis<br />

dato „hortus conclusus“ <strong>der</strong> Respublica christiana im Wettlauf um Welthandel <strong>und</strong><br />

Kolonien. So entstand beispielsweise 1602 die auf privatisierte Handels- <strong>und</strong><br />

Kapergew<strong>in</strong>ne ausgerichtete „Generale Nee<strong>der</strong>landsche Geoctroyierte Oost<strong>in</strong>dische<br />

Companie“, die sich zur weltweit dom<strong>in</strong>ierenden Handelsgesellschaft jener Zeit<br />

entwickelte. In <strong>der</strong> „nachstaatlichen“ Gegenwart sche<strong>in</strong>en sich e<strong>in</strong>ige Parallelen<br />

aufzutun 836 <strong>und</strong> mit <strong>der</strong> „Entstofflichung <strong>der</strong> Weltwirtschaft“ auch das Pr<strong>in</strong>zip des „Cuius<br />

Economia, eius regio“ zu verfestigen.<br />

Gegen diese die <strong>Vielfalt</strong> (traditioneller, <strong>in</strong>digener Wissensbestände <strong>und</strong> Kulturen)<br />

bedrohenden Netzwerke helfen nur Netzwerke, die diese <strong>Vielfalt</strong> schützen. Die<br />

Konzepte des ökologischen <strong>Landbau</strong>s können sich zu diesen Netzwerken zählen.<br />

So lässt sich auch e<strong>in</strong>e ethisch-biologische Variante e<strong>in</strong>es abgespeckten „Mass<br />

Customization“ im Bereich <strong>der</strong> Produktion ermöglichen. Das ursprünglich nach Art <strong>der</strong><br />

834 Cum grano salis gilt dies auch für globale Juridifizierung <strong>und</strong> transnationale Regulierungsregime, die –<br />

ähnlich wie das britisch-koloniale „<strong>in</strong>digenous law“ – die ihnen als wertvoll ersche<strong>in</strong>enden Elemente des<br />

Fremden (Be-wertung e<strong>in</strong>es Beobachters) <strong>in</strong> eigener Begrifflichkeit re-konstruieren, damit überhaupt<br />

Schranken an geeigneter Stelle errichtet werden können. Der unmittelbare Rückgriff auf <strong>in</strong>digene<br />

Gewohnheitsrechte ist dabei unmöglich, weil die Bezugnahme auf lokales Gewohnheitsrecht die<br />

holistisch organisierten Gesellschaftsformationen bereits mit <strong>der</strong> Brille funktionaler Differenzierung<br />

betrachtet <strong>und</strong> funktional codiert, was ganzheitlich nicht-differenziert ist. So müsste zum e<strong>in</strong>en e<strong>in</strong>e<br />

Vielzahl systematisch vone<strong>in</strong>an<strong>der</strong> abweichen<strong>der</strong> Beobachtungspositionen geschaffen werden (Teubner<br />

(2009, S. 20) wie auch kompensierende Ressourcentransfers an Indigene <strong>und</strong> Transformation von<br />

ökonomischen Risiken <strong>in</strong> rechtseigene Risiken <strong>in</strong> <strong>der</strong> Form von Haftungsnormen erfolgen; so Teubner<br />

(2009 II, S. 12ff.)<br />

835 Teubner 2004, S. 55<br />

836 So die mit „gewerblichen Kaperbriefen“ ausgestatteten „globalplayer“, die die Anker lichten <strong>und</strong> <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>em an<strong>der</strong>en Erdteil vor Anker gehen, ausgestattet mit den Repressalien des Friedens, „lettres de<br />

marque et de représailles“, <strong>und</strong> je<strong>der</strong>zeit <strong>in</strong> <strong>der</strong> Lage s<strong>in</strong>d, das zum Teil unter Schutz privater<br />

Sicherheitsdienste „offshore“ angesammelte (Wissens-)Kapital zu neuen „Ankerplätzen“ zu bewegen; vgl.<br />

Schulze 2005, S. 169f.


-199-<br />

Kibbuz entworfene Organisationskonzept des „Community Supported Agriculture<br />

(CSA)“ be<strong>in</strong>haltet e<strong>in</strong>en Zusammenschluss von Verbrauchern <strong>und</strong> e<strong>in</strong>em (<strong>Bio</strong>-)Landwirt<br />

zu e<strong>in</strong>er Versorgergeme<strong>in</strong>schaft. Die Verbraucher geben e<strong>in</strong>e Abnahmegarantie <strong>und</strong><br />

erhalten im Gegenzug E<strong>in</strong>fluss auf die Produktion. 837 Die Vorteile e<strong>in</strong>es solchen „Crowd<br />

F<strong>und</strong><strong>in</strong>g“, <strong>in</strong> dem die Konsumenten als Investoren auftreten, liegen auf <strong>der</strong> Hand: Der<br />

Konsument erhält sichere <strong>und</strong> hochwertige Lebensmittel <strong>und</strong> Möglichkeiten <strong>der</strong> aktiven<br />

Mitgestaltung im kle<strong>in</strong>en Rahmen. Der Landwirt hat die Freiheit zur Umsetzung eigener<br />

Vorstellungen, besitzt f<strong>in</strong>anzielle Sicherheit, spart die Vermarktung <strong>und</strong> knüpft aktiv e<strong>in</strong><br />

Netzwerk des Nahrungs- <strong>und</strong> Wissenstransfers 838 <strong>und</strong> hat <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er „Vertical Farm“<br />

weitere Möglichkeiten, horizontale Wertschöpfungsallianzen zu bilden.<br />

E<strong>in</strong> weiterer Schritt <strong>in</strong> Richtung „Mass Customization“ wäre e<strong>in</strong> Anbau nach Wunsch<br />

<strong>und</strong> Menge, ggf. verb<strong>und</strong>en mit e<strong>in</strong>er fe<strong>in</strong> abgestimmten Weiterverarbeitung nach den<br />

Vorstellungen des K<strong>und</strong>en. Damit würde <strong>der</strong> Landwirt erst produzieren, wenn feststeht,<br />

was er <strong>in</strong> welcher Menge produzieren soll, wenn <strong>der</strong> Abnehmer feststeht <strong>und</strong> ggf. auch<br />

die Weiterverarbeitungswege eruiert worden s<strong>in</strong>d. E<strong>in</strong> Vorteil läge dar<strong>in</strong>, dass<br />

Individualisierung <strong>und</strong> Ethisierung bereits am „Po<strong>in</strong>t of Production“ beg<strong>in</strong>nen könnten<br />

<strong>und</strong> Vertrauen zum Produkt im wahrsten S<strong>in</strong>ne wachsen kann.<br />

837 Das Konzept entstand <strong>in</strong> den 1960er Jahren <strong>in</strong> Japan wo heute etwa e<strong>in</strong> Viertel <strong>der</strong> Haushalte an<br />

e<strong>in</strong>em „Teikei“ (dt. Partnerschaft) beteiligt s<strong>in</strong>d. Während sich <strong>in</strong> den USA etwa 2500 Hofgeme<strong>in</strong>schaften<br />

dieser Art begründet haben, gibt es <strong>in</strong> Deutschland gerade 8.<br />

838 Kraiß 2008, S. 46


-200-<br />

5.3. „Flexible Response” statt „Massive Reta(i)liation”<br />

Der netzwerkartige Charakter des Ökologischen <strong>Landbau</strong>s manifestiert sich <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er<br />

„Patchwork-Identität“, 839 die durch mehrere gleichberechtigte Selbstbeschreibungen<br />

verschiedener Verbände gebildet wird. Die BÖLW-Identität konstituiert sich - wie jedes<br />

System - als Differenz zu se<strong>in</strong>er Umwelt hauptsächlich durch diese Pr<strong>in</strong>zipien: 1.<br />

Geschlossene Stoffkreisläufe im landwirtschaftlichen Betrieb, 2. Stärkung <strong>und</strong> Nutzung<br />

natürlicher Selbstregulationsmechanismen, 3. Schonen<strong>der</strong> Umgang mit nicht<br />

erneuerbaren Ressourcen, 4. Erhaltung <strong>und</strong> Verbesserung von Artenvielfalt <strong>und</strong><br />

Landschaftsbild, 5. Artgemäße Tierhaltung, -fütterung <strong>und</strong> –zucht, 6. Forcierung lokaler<br />

<strong>und</strong> regionaler Produktion <strong>und</strong> Distribution, 7. Anstrebung e<strong>in</strong>er sozial gerechten <strong>und</strong><br />

ökologisch verantwortlichen, qualitativen Lebensmittelkette. 840 Konventionalisierung<br />

bedeutet dagegen, so L<strong>in</strong>denthal, das Gegensätzliche: 841 1. Betriebsmittelzukauf statt<br />

Kreislaufdenken, 2. Nicht dr<strong>in</strong>gende Berücksichtigung aktuell ökologischer<br />

Erfor<strong>der</strong>nisse, 3. Spezialisierung, Leistungsmaximierung <strong>und</strong> Kostenm<strong>in</strong>imierung, 4.<br />

Verr<strong>in</strong>gerung <strong>der</strong> Arten- <strong>und</strong> Sortenvielfalt wie auch <strong>der</strong> Fruchtfolge, 5. Standardisierung<br />

auch <strong>der</strong> Tierhaltungssysteme, 6. Längere Transportstrecken (globaler Markt), 7.<br />

Reduzierung des ökologischen <strong>Landbau</strong>s auf die jeweils <strong>in</strong> Anspruch genommenen<br />

Richtl<strong>in</strong>ien.<br />

Um den Grad konventioneller Methoden zu messen. haben Darnhofer et al. e<strong>in</strong>e<br />

tabellarische Auflistung von „Indikatoren <strong>der</strong> Konventionalisierung im Ackerbau <strong>und</strong> <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> Tierhaltung“ exploriert. E<strong>in</strong> erstes Feedback darauf bemängelt die Zerlegung des<br />

„ganzheitlichen Gesamtsystems“. 842 Doch die „Zerlegung“ e<strong>in</strong>es Systems <strong>in</strong> se<strong>in</strong>e<br />

Elemente beseitigt ke<strong>in</strong>esfalls e<strong>in</strong>e wie auch immer aufzufassende Ganzheitlichkeit, die<br />

ontisch nicht vorgegeben ist, son<strong>der</strong>n erst als E<strong>in</strong>heit durch das System (o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>en<br />

Beobachter) konstituiert wird, wobei bestimmte Elemente als Elemente für<br />

Relationierungen <strong>in</strong> Anspruch genommen werden. 843 Ganzheitliche „Autonomie“ e<strong>in</strong>es<br />

Systems entsteht also beispielsweise durch eigensystemische Selbstbeobachtung,<br />

Selbstbeschreibung, operative Verwendung <strong>der</strong> Selbstbeschreibungen im System<br />

(Selbstkonstitution) <strong>und</strong> durch wechselseitige Verkettung <strong>der</strong> Systemkomponenten –<br />

839 Keupp 1994, S. 346<br />

840 L<strong>in</strong>denthal 2006, S. 1<br />

841 Vgl. Darnhofer 2009 II, S. 9<br />

842 Vgl. Darnhofer 2009 II, S. 1<br />

843 Luhmann 1987, S. 42


-201-<br />

Element, Struktur, Prozess, Identität, Grenze, Umwelt, Leistung, Funktion. 844 Insofern<br />

dient <strong>der</strong> tabellarische Entwurf von Darnhofer et al. <strong>der</strong> Selbstbeschreibung: 845<br />

Indikator Begründung Pr<strong>in</strong>zipien<br />

Ackerbau: Ger<strong>in</strong>ge Artenvielfalt<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Fruchtfolge (FF) / ger<strong>in</strong>ger<br />

Anteil von Legum<strong>in</strong>osen <strong>und</strong><br />

hoher Getreideanteil <strong>in</strong> <strong>der</strong> FF /<br />

Überschreiten von Anbaupausen<br />

Ackerbau: Häufiger E<strong>in</strong>satz von<br />

zugelassenen, leicht löslichen<br />

organischen Düngern (oft als<br />

Ersatz für Legum<strong>in</strong>osen)<br />

Ackerbau: Agrarökosystem mit<br />

ger<strong>in</strong>ger <strong>Bio</strong>diversität / ger<strong>in</strong>ger<br />

Anteil von ausgew. Landschafts-<br />

elementen (regionale<br />

Betrachtung)<br />

Tierhaltung: Kürzere<br />

Nutzungsdauer<br />

Tierhaltung: Hoher Anteil an<br />

zugekauften Futtermitteln <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Ration<br />

Tierhaltung: Gehäufter<br />

Medikamenten-E<strong>in</strong>satz<br />

844 Teubner 1987, S. 102<br />

845 Tabelle aus Darnhofer 2009, S. 516<br />

Verr<strong>in</strong>gerung <strong>der</strong> öko-logischen<br />

Stabilität <strong>der</strong> Anbausysteme<br />

Verr<strong>in</strong>gerung <strong>der</strong> ökologischen Stabilität<br />

<strong>der</strong> Anbausysteme; Erhöhung <strong>der</strong><br />

Energie- <strong>und</strong> Material<strong>in</strong>tensität;<br />

Mögliche Erhöhung von NO3-Gehalten<br />

im Boden <strong>und</strong> den Produkten<br />

Verr<strong>in</strong>gerung <strong>der</strong> ökologischen Stabilität<br />

<strong>der</strong> Anbausysteme; Verlust <strong>der</strong><br />

ökologischen Vorbild-funktion des<br />

<strong>Bio</strong>landbaus<br />

Überbeanspruchung <strong>der</strong> Selbst-<br />

Regulationsfähigkeit wegen steigen<strong>der</strong><br />

Anfor<strong>der</strong>ungen an Produktionsleistung<br />

bei gleichzeitig abnehmendem Grad <strong>der</strong><br />

Bedarfsdeckung / Bedürfnisbefriedigung<br />

Gefahr <strong>der</strong> zunehmenden Entkoppelung<br />

von Tier-haltung <strong>und</strong> Pflanzenbau durch<br />

Import von limitierenden Nährstoffen <strong>in</strong><br />

den Betrieb<br />

Status quo <strong>der</strong> Tierges<strong>und</strong>heit <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

<strong>Bio</strong>-Tierhaltung wi<strong>der</strong>spricht vielfach<br />

den Ansprüchen <strong>der</strong> TierhalterInnen,<br />

KonsumentInnen bzw. <strong>der</strong> Gesellschaft;<br />

Medikamentene<strong>in</strong>satz als<br />

Korrekturmaßnahme; ökologische<br />

Risiken des E<strong>in</strong>satzes allopathischer<br />

Medikamente<br />

Pr<strong>in</strong>zip <strong>der</strong> Ökologie<br />

Pr<strong>in</strong>zip <strong>der</strong> Fürsorge<br />

(Pr<strong>in</strong>zip <strong>der</strong> <strong>Vielfalt</strong>)<br />

(Pr<strong>in</strong>zip des lebendigen<br />

Bodens)<br />

Pr<strong>in</strong>zip <strong>der</strong> Ökologie<br />

Pr<strong>in</strong>zip <strong>der</strong> Fürsorge<br />

(Kreislaufpr<strong>in</strong>zip)<br />

(Pr<strong>in</strong>zip des lebendigen<br />

Bodens)<br />

(Pr<strong>in</strong>zip<br />

Überschaubarkeit)<br />

Pr<strong>in</strong>zip <strong>der</strong> Ges<strong>und</strong>heit<br />

Pr<strong>in</strong>zip <strong>der</strong> Ökologie<br />

Pr<strong>in</strong>zip <strong>der</strong> Fürsorge<br />

Pr<strong>in</strong>zip <strong>der</strong> Ges<strong>und</strong>heit<br />

Pr<strong>in</strong>zip <strong>der</strong> Fürsorge<br />

Pr<strong>in</strong>zip <strong>der</strong> Gerechtigkeit<br />

Pr<strong>in</strong>zip <strong>der</strong> Ökologie<br />

Pr<strong>in</strong>zip <strong>der</strong> Ges<strong>und</strong>heit<br />

Pr<strong>in</strong>zip <strong>der</strong> Fürsorge<br />

Pr<strong>in</strong>zip <strong>der</strong> Ökologie


-202-<br />

Mit dieser Tabelle werden Entdifferenzierungen differenziert, Grenzarbeit geleistet,<br />

denn Systemerhaltung heißt Grenzerhaltung (bo<strong>und</strong>ary ma<strong>in</strong>tenance). 846 Die<br />

Grenzwerte sollen dazu führen, die Grauzonen aufzuhellen, auszudifferenzieren. Damit<br />

wird <strong>der</strong> Handlungsbereich konkretisiert, <strong>der</strong> ökologisch bevorzugte E<strong>in</strong>griffe des<br />

Menschen <strong>in</strong> die Natur entwirft <strong>und</strong> von e<strong>in</strong>em an<strong>der</strong>en Bereich trennt, <strong>in</strong> dem<br />

Handlungen als für Natur sowie Produktions- <strong>und</strong> Lebensweise bedrohlich e<strong>in</strong>gestuft<br />

werden. Die Machbarkeit dieser Handlungsempfehlungen <strong>und</strong> Grenzwerte - die unter<br />

an<strong>der</strong>em abhängig von Zustimmung, also Machtstrukturen, wirtschaftlichen<br />

Implikationen, kulturellen Werten <strong>und</strong> Wissensstand s<strong>in</strong>d - ist allerd<strong>in</strong>gs e<strong>in</strong> deutlicher<br />

Beleg für Normativität <strong>und</strong> Verän<strong>der</strong>barkeit von Naturvorstellungen, von Vorstellungen<br />

<strong>der</strong> Natur als System. 847<br />

Daher hat sich <strong>der</strong> ökologische <strong>Landbau</strong> zu e<strong>in</strong>em am stärksten politisch bee<strong>in</strong>flussten<br />

Bereich <strong>der</strong> Landwirtschaft entwickelt, 848 mit antagonistischen Fronten <strong>und</strong> „alten<br />

Lösungsrezepten“.<br />

Auf <strong>der</strong> e<strong>in</strong>en Seite die „Konventionalisierung“. E<strong>in</strong> tragendes Moment <strong>der</strong><br />

Konventionalisierung wird beispielsweise <strong>in</strong> <strong>der</strong> EU-Agrarpolitik gesehen. Hubert<br />

Weiger, Vorsitzen<strong>der</strong> des BUND, nennt als wesentliche Kennzeichen <strong>der</strong><br />

Industrialisierung <strong>der</strong> Landwirtschaft durch EU-Agrarpolitik die För<strong>der</strong>ung von<br />

Großstrukturen, Betriebs-Spezialisierungen, Rationalisierung durch<br />

Flächenzusammenlegung sowie die Vergrößerung <strong>der</strong> Tierbestände bei Erhöhung <strong>der</strong><br />

Mechanisierungs- <strong>und</strong> Automatisierungsprozesse. 849 Die Hierarchie/Bürokratie <strong>der</strong> EU<br />

spiegelt sich <strong>in</strong> den <strong>in</strong>dustrialisierenden <strong>und</strong> hierarchische Strukturen bevorzugenden<br />

För<strong>der</strong>richtl<strong>in</strong>ien wi<strong>der</strong>.<br />

Auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite f<strong>in</strong>den sie jene, die anmerken, dass <strong>der</strong> ökologische <strong>Landbau</strong><br />

Gefahr läuft, e<strong>in</strong>en Teil <strong>der</strong> Werte <strong>und</strong> Ideale, die se<strong>in</strong>e Identität wie auch die<br />

846 Luhmann 1987, S. 35<br />

847 Eigentlich hat man es bei Natur/Umwelt mit e<strong>in</strong>er Komplexität zu tun, die ke<strong>in</strong> System ist, weil sie nicht<br />

durch e<strong>in</strong>e eigene System/Umwelt-Differenz reguliert ist; vgl. Luhmann 1987, S. 55. Umwelt ist im<br />

Gegensatz zu Systemen dadurch gekennzeichnet, dass sie ke<strong>in</strong>e Grenzen hat, sich nicht selbstständig<br />

gegen e<strong>in</strong>e Umwelt abgrenzt. Deswegen ist sie auch nicht mit dem griechischen Kosmos gleichzusetzen,<br />

<strong>in</strong> dem alles e<strong>in</strong>e „schöne“ Ordnung hat, wie <strong>in</strong> Kapitel 4.1. kurz dargelegt. Der Mensch als Beobachter<br />

erst schafft „S<strong>in</strong>n“, differenziert die Umwelt als System aus, bestimmt <strong>der</strong>en Grenze, ganz nach dem nicht<br />

nur für die Neuzeit bestimmenden Motto „Messen, was messbar ist, was nicht messbar ist, messbar<br />

machen.“ So fasst Baruzzi (1993, S. 323) das für die Neuzeit bestimmte Diktum Galileis zusammen.<br />

848 So Stolze 2003, S. 293<br />

849 Vgl. Weiger 2005, S. 104f.


-203-<br />

beson<strong>der</strong>en Bewirtschaftungsregeln bestimmen, zu verlieren. 850 Auch hier f<strong>in</strong>den sich<br />

hierarchische Lösungs-Verordnungen, Rufe nach „Vere<strong>in</strong>heitlichung“, „Konzentration“<br />

<strong>und</strong> „Zusammenführung“ <strong>der</strong> unübersichtlichen <strong>Vielfalt</strong> <strong>der</strong> Akteure, Labels <strong>und</strong><br />

Aktivitäten des <strong>Bio</strong>logischen <strong>Landbau</strong>s. 851 Dazu gesellen sich „Propheten des<br />

Untergangs“, die als Hervor-Sager „den Anfang mit dem Ende“ 852 verknüpfen <strong>und</strong> das<br />

Abrücken von hierarchisierten Pionier-Werten als eben diesen Anfang vom Ende<br />

deuten.<br />

Beide Phänomene er<strong>in</strong>nern an die Reaktionen auf die Wirtschafts- <strong>und</strong> F<strong>in</strong>anzkrise, den<br />

Rufen nach mehr Kontrolle <strong>und</strong> e<strong>in</strong>heitlichen Regelwerken, nach konsequenterem<br />

E<strong>in</strong>greifen e<strong>in</strong>er möglichst weltweit zentralen Bankenaufsicht mit entsprechendem<br />

Regelwerk.<br />

Der For<strong>der</strong>ung nach hierarchischen Lösungen sche<strong>in</strong>t Bernd Rudolph, stellvertreten<strong>der</strong><br />

Direktor des LMU Entrepreneurship Center <strong>und</strong> Vorstand des Instituts für<br />

Kapitalmarktforschung <strong>und</strong> F<strong>in</strong>anzierung (LMU) zuzustimmen, wenn er das re<strong>in</strong> umsatz-<br />

<strong>und</strong> ergebnisorientierte Handeln ausgeglie<strong>der</strong>ter Zweckgesellschaften ohne<br />

Eigenkapital <strong>und</strong> Haftung rügt. 853 Auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite aber bergen „e<strong>in</strong>heitliche<br />

Regelwerke“ wie Basel II 854 , so Rudolph, „e<strong>in</strong>e nicht zu unterschätzende Gefahr <strong>in</strong> sich,<br />

850<br />

So aber Schick 2009, S. 364<br />

851<br />

Aufgezählt von L<strong>in</strong>denthal 2006, S. 7 <strong>und</strong> mit Recht h<strong>in</strong>terfragt.<br />

852<br />

Mayer-Tasch 2000, S. 25<br />

853<br />

Rudolph 2009, S. 4f. Als Zweckgesellschaft, engl.: Special Purpose Vehicle (SPV) o<strong>der</strong> Special<br />

Purpose Entity (SPE) wird e<strong>in</strong>e juristische Person bezeichnet, die für e<strong>in</strong>en klar def<strong>in</strong>ierten <strong>und</strong><br />

e<strong>in</strong>gegrenzten Zweck, <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e aber für strukturierte F<strong>in</strong>anzierungen, gegründet wird. Damit soll e<strong>in</strong><br />

Zugriff f<strong>in</strong>anzieren<strong>der</strong> Gläubiger auf Vermögenswerte des Investors vermieden werden <strong>und</strong> <strong>der</strong><br />

F<strong>in</strong>anzierungsgegenstand gegen Insolvenzrisiken aus <strong>der</strong> Sphäre des Investors abgeschirmt werden<br />

(bankruptcy-remote).<br />

854<br />

Die vom Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht erlassenen Regeln <strong>in</strong> Basel II haben die<br />

Anfor<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> Bankenaufsicht <strong>und</strong> die von den Kredit<strong>in</strong>stituten verwendeten Risikomess- <strong>und</strong><br />

Risikomanagementverfahren <strong>in</strong> den vergangenen Jahren so weit wie möglich synchronisiert. E<strong>in</strong>geführt<br />

wurden dafür technisch komplexe, weitgehend quantitative Instrumente wie beispielsweise das<br />

sogenannte Value-at-Risk Risikomessverfahren. Dabei werden mögliche hohe Verluste mit Blick auf ihre<br />

E<strong>in</strong>trittswahrsche<strong>in</strong>lichkeit bewertet, die sich ihrerseits an ihrer historischen Häufigkeit bemisst. Wie fatal<br />

sich das auswirken kann, hat die Immobilienkrise gezeigt. H<strong>in</strong>zu kommt e<strong>in</strong> weiteres Manko <strong>der</strong><br />

e<strong>in</strong>heitlichen Eigenkapitalregulierung durch Basel II: Die komplexen Risikomesssysteme bewerten die<br />

Risiken <strong>der</strong> F<strong>in</strong>anzakteure <strong>in</strong> Relation zum tagesaktuellen Marktwert ihrer Anlagen. In Zeiten des<br />

konjunkturellen Aufschwungs werden die Risiken also zunehmend niedriger bewertet. Die Banken haben<br />

dann Eigenkapital frei <strong>und</strong> müssen weitere Risiken <strong>in</strong>s Portfolio nehmen, um ihre Eigenkapitalrendite zu<br />

steigern. Das kurbelt die Konjunktur zusätzlich an. Beim Umschwung allerd<strong>in</strong>gs steigen die gemessenen<br />

Risiken an <strong>und</strong> zw<strong>in</strong>gen alle Marktteilnehmer gleichzeitig zur Aufstockung des Eigenkapitals. Aufgr<strong>und</strong><br />

<strong>der</strong> global vere<strong>in</strong>heitlichten Regelwerke ist jedoch <strong>in</strong> dieser Situation ke<strong>in</strong> Institut mehr bereit, neue<br />

Risiken aufzunehmen <strong>und</strong> an<strong>der</strong>en Akteuren im Gegenzug Kapital zu überlassen. Das Dilemma <strong>der</strong><br />

Eigenkapitalregulierung, dass das Eigenkapital als Risikopuffer dienen soll, dieser Puffer aber letztlich<br />

nicht ohne drastische Konsequenzen <strong>in</strong> Anspruch genommen werden kann, zeigt sich hier <strong>in</strong> voller<br />

Schärfe. Rudolph 2009, S. 3f.


-204-<br />

weil sie weltweit zu e<strong>in</strong>em Gleichlauf <strong>der</strong> Handlungsmuster führen <strong>und</strong> daher<br />

prozyklisch wirken.“ 855 Rudolph for<strong>der</strong>t daher höhere Eigenkapitalpuffer <strong>und</strong><br />

vere<strong>in</strong>fachte Risikomesssysteme unabhängiger Institutionen im Markt, die differenziert<br />

vorgehen <strong>und</strong> so das <strong>in</strong>ternationale F<strong>in</strong>anzsystem durch größere Heterogenität<br />

stabilisieren.<br />

Zentraler Punkt <strong>der</strong> Krise als Geflecht zahlloser E<strong>in</strong>flussfaktoren sche<strong>in</strong>t demnach e<strong>in</strong><br />

Versagen von hierarchischen Regelwerken <strong>und</strong> Marktstrukturen zu se<strong>in</strong>. Angesichts<br />

dieser Konstellation müssen die Rufe nach Marktregulierung durch Hierarchien, zum<br />

Beispiel durch den Staat, genauso wie die Rufe nach Heilung <strong>der</strong> Krise durch die<br />

Marktmechanismen erstaunen. Vor diesem H<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong> wollen wir noch e<strong>in</strong>mal die<br />

Differenzierung zwischen Markt (Selbsteuerung), Hierarchie (Fremdsteuerung) <strong>und</strong> den<br />

emergenten dritten bzw. vierten Ausprägungen – Markt- <strong>und</strong> Organisationsnetzwerken<br />

– bemühen.<br />

Nach Edgar H. Sche<strong>in</strong> bzw. Christof Baitsch <strong>und</strong> Erik Nagel kann man bei<br />

(Organisations-)Kulturen drei Ebenen unterscheiden. Die erste Ebene von<br />

Organisationskulturen bildet Strukturen <strong>und</strong> Prozesse, all jenes, was man sehen, hören,<br />

lesen o<strong>der</strong> fühlen (Artefakte), aber nur schwer auf e<strong>in</strong>e Bedeutung h<strong>in</strong> entschlüsseln<br />

kann. Diese Oberflächenphänomene manifestieren sich <strong>in</strong> verbalem <strong>und</strong> nonverbalem<br />

855 Rudolph 2009, S. 3


-205-<br />

Verhalten, Mythen, Witzen, Ritualen o<strong>der</strong> Regeln, die gleichsam „Selektions- <strong>und</strong><br />

Interpretationsfilter“ 856 darstellen. E<strong>in</strong>e zweite Ebene bezieht sich auf Werte, zu denen<br />

auch offizielle Strategien, Ziele, Politiken, Handlungsvorschriften gehören. 857 Dabei s<strong>in</strong>d<br />

ebenso gelebte <strong>und</strong> erlebte Werte, nicht nur die deklarierten, relevant. E<strong>in</strong>e dritte Ebene<br />

bezeichnet die Basisannahmen, also Vorannahmen über die Wirklichkeit, die<br />

stillschweigend vorausgesetzt, nicht problematisiert <strong>und</strong> nicht direkt zugänglich s<strong>in</strong>d.<br />

Zunächst zur zweiten Ebene, <strong>der</strong> Werte-Ebene. Vom Netzwerkmodell <strong>und</strong> den<br />

Erkenntnissen aus dem Wertekreis abgeleitet, unterscheiden wir zwischen vier<br />

verschiedenen Werte-Ordnungen <strong>und</strong> den für sie typischen Umgang mit Werten.<br />

856 Sackmann 2006<br />

857 Vgl. Baitsch 2009, S. 226<br />

858 Baitsch 2009, S. 226<br />

Erste Ebene<br />

(Artefakte, sichtbare<br />

Strukturen <strong>und</strong> Prozesse,<br />

verbales <strong>und</strong> nonverbales<br />

Verhalten)<br />

Zweite Ebene<br />

(Deklarierte Werte,<br />

Strategien, Ziele, Politiken)<br />

Dritte Ebene<br />

(Zu Gr<strong>und</strong>e liegende<br />

Annahmen des<br />

Wahrnehmens, Denkens,<br />

Glaubens)<br />

858


-206-<br />

„Markt-Werte-Ordnung“<br />

E<strong>in</strong> „marktkonformer“ Umgang mit Werten wäre beispielsweise die vertikale,<br />

hierarchische Anordnung von als subjektiv <strong>und</strong> konstruktivistisch geltenden Werten.<br />

Innerhalb <strong>der</strong> Wertehierarchie, ausgenommen <strong>der</strong> ersten Norm „<strong>in</strong>dividueller Nutzen“<br />

(homo oeconomicus), besteht leichte Rotationsmöglichkeit, je nach situativem<br />

Erfor<strong>der</strong>nis, Kontext <strong>und</strong> den Möglichkeiten <strong>der</strong> Erfolgsdurchsetzung.<br />

„Hierarchie-Werte-Ordnung“<br />

In Hierarchien herrscht vertikale Anordnung, allerd<strong>in</strong>gs handelt es sich eher um<br />

übersubjektive beziehungsweise <strong>in</strong>tersubjektive, kontextunabhängige, verpflichtende,<br />

verobjektivierte Werte mit relativ statischem Charakter, vorwiegend „output“-orientiert,<br />

also auf normative Durchsetzung fixiert.


-207-<br />

„Organisations-Netzwerk-Werte-Ordnung“<br />

Für Organisationsnetzwerke typisch ist die horizontale, gleichberechtigte Anordnung<br />

verobjektivierter Werte, die verpflichtend <strong>in</strong>nerhalb <strong>der</strong> Gruppe o<strong>der</strong> des Netzwerkes<br />

gelten. Die Beobachtung von Werten <strong>der</strong> Umwelt <strong>und</strong>/o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Systemen folgt<br />

Mustern von Affiliation <strong>und</strong> Sympathie beziehungsweise von Negation <strong>und</strong> Ablehnung.<br />

„Markt-Netzwerk-Werte-Ordnung“<br />

Marktnetzwerke charakterisiert e<strong>in</strong>e horizontale, gleichberechtigte Anordnung subjektiv<br />

<strong>und</strong> konstruktivistisch gelten<strong>der</strong> Werte. Es f<strong>in</strong>det e<strong>in</strong>e Oszillation mit Werten aus <strong>der</strong><br />

Umwelt statt, beispielsweise durch <strong>in</strong>stitutionalisierte Reflexions- <strong>und</strong> Lernprozesse.<br />

Dieser für Marktnetzwerke typische Umgang mit Werten lässt sich unter das<br />

subsumieren, was Werner Kirsch, Emeritus für Strategische Unternehmensführung, als


-208-<br />

„Professionalisierung“ bezeichnet: „Professionalisierung hat (vere<strong>in</strong>facht) mit <strong>der</strong><br />

Existenz nachhaltiger Reflexionen von Führungsrollen zu tun 859 […] Bezüglich <strong>der</strong><br />

Professionalisierung könnten dann wie<strong>der</strong> folgende Eskalationsstufen <strong>in</strong> Erwägung<br />

gezogen werden: (a) Rollenreflexionen unter primärer Bezugnahme auf die Frage, was<br />

machen an<strong>der</strong>e, <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e Konkurrenten, Lieferanten, K<strong>und</strong>en etc.; (b)<br />

Rollenreflexion unter zusätzlicher Bezugnahme auf e<strong>in</strong> zentrales Managementmodell<br />

(ohne Reflexion, dass es hier auch e<strong>in</strong>e <strong>Vielfalt</strong> gibt); (c) Reflexion unter Öffnung<br />

gegenüber <strong>der</strong> <strong>Vielfalt</strong> von Ansätzen zur Professionalisierung <strong>in</strong> <strong>der</strong> Literatur 860 […]<br />

Professionalisierung lässt sich somit an zwei, allerd<strong>in</strong>gs eng mite<strong>in</strong>an<strong>der</strong> verschränkten<br />

Mechanismen festmachen: (1) an Reflexionsprozessen, <strong>in</strong> denen bewusst die eigenen<br />

Aufgaben, aber auch die eigene Rolle reflektiert werden (was neben e<strong>in</strong>em Erfüllen<br />

frem<strong>der</strong> Erwartungen an die eigene Rolle, also dem so genannten »role tak<strong>in</strong>g«, immer<br />

auch Formen des »role mak<strong>in</strong>g« als e<strong>in</strong> bewusstes Suchen nach neuen Rollen <strong>und</strong><br />

Aufgaben impliziert) <strong>und</strong> (2) an Prozessen des Aufgreifens von Wissen, das e<strong>in</strong>e<br />

Unterstützung bei <strong>der</strong> Erfüllung dieser Aufgaben leistet.“ 861<br />

Bei vielen <strong>Bio</strong>akteuren, so haben Darnhofer et al. feststellen können, bestehen<br />

Unklarheiten, ob denn Konventionalisierung nicht gleichzusetzen sei mit<br />

Professionalisierung; zum Teil wird Konventionalisierung als Übergang zur<br />

Professionalisierung gesehen. 862 Mit Hilfe des Werte-Ordnungs-Modells lässt sich e<strong>in</strong><br />

Unterschied zwischen Konventionalisierung <strong>und</strong> Professionalisierung herausarbeiten,<br />

<strong>der</strong> ke<strong>in</strong>en unmittelbar ökonomischen Bezug hat. Professionalisierung braucht ständige<br />

Differenzierung, Suche nach Informationen <strong>und</strong> offene Reflexion als Fähigkeit, die<br />

eigene Identität im Spiegel ihrer Außenansicht zu betrachten <strong>und</strong> die Beziehung zu sich<br />

selbst auch noch unter dem Gesichtspunkt <strong>der</strong> E<strong>in</strong>heit des Systems zu organisieren. 863<br />

Es geht hier mith<strong>in</strong> um Prozesse <strong>der</strong> Genese, Kommunikation <strong>und</strong> Verwendung von<br />

Wissen <strong>und</strong> damit um stete Verflüssigung, e<strong>in</strong> In-Bewegung-halten <strong>der</strong> Wissenströme<br />

<strong>und</strong> Wissensnetzwerke. 864 Nur daraus kann e<strong>in</strong>e – stets zu h<strong>in</strong>terfragende – breite<br />

Wissensbasis entstehen, die Gr<strong>und</strong>lage se<strong>in</strong> kann für sozial konstruierte<br />

Wirklichkeitsmodelle <strong>und</strong> davon abgeleitete Leitmaxime/Werte, die natürlich zirkulär<br />

auch schon <strong>in</strong> den Prozess <strong>der</strong> Wissensgenese e<strong>in</strong>gehen.<br />

859 Kirsch 1999, S. 235<br />

860 Kirsch 1999, S. 224<br />

861 Kirsch 1999 II, S. 359<br />

862 Vgl. Darnhofer 2009 II, S. 5<br />

863 Vgl. Luhmann 1987, S. 617<br />

864 Kirsch 1999 II, S. 333


-209-<br />

Konvention ist h<strong>in</strong>gegen die „<strong>in</strong>nerhalb e<strong>in</strong>es Menschenkreises als »geltend« gebilligte<br />

<strong>und</strong> durch Missbilligung gegen Abweichungen garantierte »Sitte« […] E<strong>in</strong> Verstoß<br />

gegen die Konvention (»Standessitte«) wird oft durch die höchst wirksame <strong>und</strong><br />

empf<strong>in</strong>dliche Folge des sozialen Boykotts […] stärker geahndet, als irgende<strong>in</strong><br />

Rechtszwang dies vermöchte,“ 865 so Max Weber. Kongruent dazu ist für das Heidegger<br />

das „Man“, <strong>in</strong> dem „je<strong>der</strong> <strong>der</strong> An<strong>der</strong>e <strong>und</strong> ke<strong>in</strong>er er selbst“ 866 ist. Das Dase<strong>in</strong> im „Man“<br />

zeigt sich als Durchschnittlichkeit <strong>und</strong> E<strong>in</strong>ebnung. 867 E<strong>in</strong>e Sache ist so, weil man es<br />

sagt, es immer schon so gesagt hat: „In solchem Nach- <strong>und</strong> Weiterreden […]<br />

konstituiert sich das Gerede.“ 868 O<strong>der</strong> das Gerücht, mit dem uns mitgeteilt wird, „was wir<br />

zu denken haben, wenn wir weiter dazugehören wollen.“ 869<br />

Konventionalisierung könnte man ergo als Wie<strong>der</strong>e<strong>in</strong>glie<strong>der</strong>ung <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Gruppe<br />

bezeichnen, verb<strong>und</strong>en mit <strong>der</strong> Anerkennung <strong>der</strong> dort vertretenen Werte <strong>und</strong> Normen.<br />

Die durch Selbstbeobachtung <strong>und</strong> Selbstbeschreibung „gef<strong>und</strong>enen“ Werte<br />

konstituieren die Gruppe als „corporate actor“, schaffen e<strong>in</strong>e dauerhafte Repräsentation<br />

<strong>der</strong> Gruppe <strong>in</strong> Form von Artefakten <strong>und</strong> Wertungen. Deklarierte Werte <strong>und</strong><br />

„unsterbliche“ Repräsentation stehen dabei <strong>in</strong> Wechselwirkung. Auf <strong>der</strong> e<strong>in</strong>en Seite<br />

erhält die artefaktische Repräsentation Wert, e<strong>in</strong>en Eigen-Wert, was dazu führt, dass<br />

die korporative Repräsentation selbst bei e<strong>in</strong>em Wechsel des „Personals“ erhalten<br />

bleibt. 870 So feiert man beispielsweise 850 Jahre München o<strong>der</strong> 110 Jahre Siemens.<br />

Auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite werden damit verb<strong>und</strong>ene Werte <strong>und</strong> Wertungen „unsterblicher“,<br />

erhalten „Letzwertcharakter“. Doch dadurch s<strong>in</strong>d Lern- <strong>und</strong> Reflexionsprozesse eher<br />

unflexibel <strong>und</strong> langwierig, weil sie die Identität des ganzen Systems betreffen.<br />

Konventionalisierung ist also <strong>in</strong> gewisser Weise mit <strong>der</strong> Hierarchisierung (von<br />

kollektiven Letztwerten) verwandt <strong>und</strong> schlägt sich beispielsweise nie<strong>der</strong> im „Anziehen<br />

<strong>der</strong> Zügel“, <strong>der</strong> Vergrößerung von Kompetenzen <strong>und</strong> E<strong>in</strong>griffsmöglichkeiten <strong>der</strong> Spitzen<br />

865 Weber 1980, S. 18<br />

866 Heidegger 2001, S. 128<br />

867 Vgl. Heidegger 2001, S. 127. So ist auch das „Convenience“ <strong>in</strong> „Convenience-Food“ <strong>der</strong> sprachlichen<br />

Wurzel des convenire=zusammenkommen ntlehnt. Als Konvenienz rekurriert es auf die gute Sitte<br />

<strong>in</strong>nerhalb <strong>der</strong> Zusammenkommenden <strong>und</strong> auf Bequemlichkeit. „Convenience-Food“, das es ja <strong>in</strong><br />

mehreren Preisklassen <strong>und</strong> Kategorien gibt, ist <strong>in</strong> se<strong>in</strong>en Ausführungen für den Massenmarkt <strong>in</strong>sofern<br />

eben auch etwas spezifisch Durchschnittliches zueigen.<br />

868 Heidegger 2001, S. 168<br />

869 Kapferer 1997, S. 66<br />

870 Vgl. Weick 1995, S. 53


-210-<br />

<strong>und</strong> <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em ggf. daraus resultierenden „Teufelskreis“ von Interventionen, <strong>der</strong><br />

komplexen Systemen nicht mehr gerecht wird. 871<br />

Insofern ist die dem „Eco-B<strong>in</strong>d“ zuzurechnende „Botschaft von Nie<strong>der</strong>alteich zum 10-<br />

jährigen Bestehen des Ökosozialen Forums Nie<strong>der</strong>alteich“ zwar durchaus nicht<br />

unberechtigt, wenn sie for<strong>der</strong>t: „Die Kluft zwischen den Zielen weltweiter sozialer<br />

Gerechtigkeit <strong>und</strong> ökologischem Gleichgewicht bei wirtschaftlich verantwortungsvollem<br />

Handeln auf <strong>der</strong> e<strong>in</strong>en <strong>und</strong> <strong>der</strong> aktuellen politischen <strong>und</strong> gesellschaftlichen Wirklichkeit<br />

auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite kann nur auf <strong>der</strong> Basis ethischer <strong>und</strong> religiöser Werte<br />

überw<strong>und</strong>en werden.“ 872<br />

Temporäre Hierarchien – <strong>in</strong> denen also etwas Geheiligtes o<strong>der</strong> Heiliges (griechisch<br />

„hieros“) herrscht - s<strong>in</strong>d sicherlich unumgänglich. Der Christ kann sich auch auf<br />

biblische Texte beziehen, die mehr als 3000 Jahre Geschichte des Menschen mit den<br />

Nutztieren e<strong>in</strong>beziehen. 873 Statische Identitäten s<strong>in</strong>d aber auch nur retrospektiv<br />

feststellbar. Erst das mit Erfolg Begründete, das dann auch über e<strong>in</strong>e<br />

Interaktionsgeschichte verfügt, macht die retrospektive Auswahl von begründeten<br />

Werten möglich. 874 Der Unterschied zur Konventionalisierung, die auch Hierarchisierung<br />

ist, wird aber durch die Berufung auf zeit- <strong>und</strong> kontextlos geltende Werte sehr schmal,<br />

liegt nurmehr <strong>in</strong> den Inhalten, nicht jedoch <strong>in</strong> <strong>der</strong> Wertestruktur, <strong>in</strong> <strong>der</strong> Werte-Ordnung.<br />

So braucht es wahrsche<strong>in</strong>lich promovierende <strong>und</strong> <strong>in</strong>hibierende Kräfte, 875 nicht nur<br />

Gläubige, son<strong>der</strong>n auch Häretiker, wörtlich „Wählende“, die wissentlich <strong>und</strong> immer<br />

wie<strong>der</strong> „das e<strong>in</strong>e dem an<strong>der</strong>en“ vorziehen, was „die alle<strong>in</strong>ige <strong>und</strong> beson<strong>der</strong>e<br />

Auszeichnung des Menschen“ ist. 876 Jene, die „Code of Conducts“ nicht <strong>in</strong>terpretieren<br />

als präskriptive, dekalogartige Regelwerke e<strong>in</strong>er gesetzgebenden Autorität. Jene, die<br />

das Problem des Nichtwissens <strong>der</strong> Zukunft nicht leichten Herzens vom Kognitiven <strong>in</strong>s<br />

871 Willke 1989, S. 24<br />

872 BN 2005, S. 8<br />

873 Vgl. Gottwald 2004, S. 19ff.<br />

874 So wie Entschei<strong>der</strong> <strong>in</strong> ihren Entscheidungssituationen zumeist (noch) nicht die Existenz e<strong>in</strong>er Maxime<br />

vergegenwärtigen, son<strong>der</strong>n erst später <strong>in</strong> die ansche<strong>in</strong>ende Logik konkreter Maßnahmeentscheidungen<br />

h<strong>in</strong>e<strong>in</strong><strong>in</strong>terpretieren, vgl. Kirsch 2001, S. 63. Analog dazu, so Kirsch, werden auch Unternehmensziele<br />

erst retrospektiv gekürt, denn Zielartikulation <strong>und</strong> Mittelentscheidungsprozess s<strong>in</strong>d eng verzahnt, so dass<br />

öfter Ziele den Mittelentscheidungen folgen als umgekehrt, vgl. Kirsch 2001, S. 68<br />

875 Vgl. Gottwald 2003, S. 219<br />

876 Gadamer 2004, S. 35


-211-<br />

Normative verschieben. Denen es um e<strong>in</strong>e fortschreitende, immer wie<strong>der</strong> neu<br />

e<strong>in</strong>zuübende Verantwortung geht. 877<br />

An dieser Stelle wird deutlich, dass Konventionalisierung e<strong>in</strong>en unmerklichen Schritt <strong>in</strong><br />

Richtung <strong>der</strong> dritten Ebene von (Organisations-)Kulturen unternimmt, <strong>in</strong>dem sie<br />

Basisannahmen, Vorannahmen über die Wirklichkeit, zementiert. Zementierte<br />

Basisannahmen immunisieren e<strong>in</strong>e reflexive Beschäftigung mit Werten <strong>und</strong> Wertungen<br />

auf <strong>der</strong> zweiten Ebene, zu denen auch offizielle Strategien, Ziele, Politiken,<br />

Handlungsvorschriften gehören, aus denen sie wie<strong>der</strong>um zwangsläufig jene Annahmen<br />

<strong>der</strong> ersten Ebene ableiten müssen.<br />

Dabei werden dynamische Strategien – zum<strong>in</strong>dest auf <strong>der</strong> ersten kulturellen Ebene -<br />

auch von Seiten <strong>der</strong> <strong>Bio</strong>akteure befürwortet. Bei den von Darnhofer et al. entworfenen<br />

Indikatoren <strong>der</strong> Konventionalisierung wurde dies ausdrücklich gewünscht, damit<br />

Entwicklung <strong>und</strong> kont<strong>in</strong>uierliche Verbesserungen <strong>der</strong> Betriebe Berücksichtigung<br />

f<strong>in</strong>den. 878 Dynamische Fragestellungen <strong>in</strong> diesem Bereich können sich auch mit<br />

Ausgleichsregelungen beschäftigen, ob beispielsweise die Übererfüllung mancher<br />

Kriterien e<strong>in</strong> leichtes Defizit bei an<strong>der</strong>en Kriterien wettmachen kann. Wobei sich<br />

natürlich empfiehlt, möglichst viele „Mitglie<strong>der</strong>“ <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en Werte- <strong>und</strong> Identitäts-<br />

Gestaltungsprozess e<strong>in</strong>zubeziehen, verstärkte Kooperation, Kommunikation <strong>und</strong><br />

Netzwerkarbeit <strong>in</strong>nerhalb des <strong>Bio</strong>landbaus anzustreben <strong>und</strong> Selbstbeobachtung <strong>und</strong><br />

Selbstbeschreibung zu <strong>in</strong>stitutionalisieren.<br />

Prozesse <strong>in</strong>teraktiver Wertschöpfung entfalten bereits e<strong>in</strong>en solchen <strong>in</strong>stitutionalisierten<br />

„Identitäts-Dialog”: „One of the keys to a mass customized product is a way to help<br />

customers figure out what they want even if they can´t articulate it – like a design<br />

tool.” 879 Die spezifische Produktidentität konstituiert sich nach dem Weikschen Motto:<br />

„Wie kann ich wissen, was ich denke, bevor ich sehe, was ich sage“. 880 Interaktive<br />

Wertschöpfung <strong>in</strong>stitutionalisiert Selbstbeobachtung wie Selbstbeschreibung,<br />

877 Ursprünglich hängt „Verantwortung“ mit dem Austausch von Garantien zusammen. „Respondeo,<br />

responsum“ heißt es von den Mittelsmännern <strong>der</strong> Götter, den Priestern, die als Erwi<strong>der</strong>ung auf die<br />

Opfergabe e<strong>in</strong> Versprechen abgeben o<strong>der</strong> im Tausch gegen e<strong>in</strong> Geschenk Sicherheit garantieren […]<br />

altenglisch and-swaru (an-swer) gegenüber got. swaran „schwören, feierliche Worte sprechen“ stellen<br />

wortwörtlich dasselbe wie respon<strong>der</strong>e dar.“ So Benveniste 1993, S. 465f. Diese Form <strong>der</strong> Verantwortung<br />

gegenüber etwas Absolutem erhält e<strong>in</strong>en statischen Ewigkeitscharakter <strong>und</strong> erhebt den e<strong>in</strong>mal ge- <strong>und</strong><br />

versprochenen Satz zu e<strong>in</strong>em Kontextunterschiede nicht berücksichtigenden, allgeme<strong>in</strong>en Gesetz.<br />

878 Vgl. Darnhofer 2009 II, S. 4<br />

879 So Joseph P<strong>in</strong>e, e<strong>in</strong>er <strong>der</strong> Vordenker <strong>der</strong> „Mass Customization“ im Interview; vgl. Thilmany 2009, S. 4<br />

880 Weick 1995, S. 195


-212-<br />

übermittelt Stimuli <strong>der</strong> Umwelt, die als Information Anlass zum ko-evolutionären,<br />

reflexiven Lernen, zur Rekonstruktion von Identität se<strong>in</strong> können.<br />

Die digitalen Toolkits, die hierfür nötig s<strong>in</strong>d, erlauben den E<strong>in</strong>bezug e<strong>in</strong>er großen Zahl<br />

von K<strong>und</strong>en <strong>in</strong> verschiedene Phasen des Innovations- <strong>und</strong> Wertschöpfungsprozesses.<br />

In diese spezifischen Entwicklungsumgebungen können K<strong>und</strong>en ihre Bedürfnisse<br />

iterativ <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e konkrete Lösung überführen. Dem Hersteller kommt so nicht mehr die<br />

Aufgabe zu, Bedürfnisse <strong>der</strong> Nutzer exakt zu verstehen <strong>und</strong> selbst <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e mögliche<br />

Lösung zu übersetzen <strong>und</strong> diese dann zu evaluieren. Vielmehr muss <strong>der</strong> Hersteller<br />

„nur“ die vom Nutzer selbst geschaffene Lösung produzieren <strong>und</strong> distributieren. 881<br />

Differierende Interpretationen von Produkteigenschaften, Mustern des Gebrauchs etc.<br />

s<strong>in</strong>d Bestandteil dieser Verfahren, Vorbed<strong>in</strong>gung überhaupt für e<strong>in</strong>en<br />

Produktionsprozess.<br />

Analog zu den drei Ebenen <strong>der</strong> Organisationskultur lassen sich im Bereich <strong>der</strong> Toolkits<br />

drei verschiedene Arten unterscheiden: 882 1. Toolkits zum Ideentransfer aus <strong>der</strong><br />

Nutzerdomäne. Diese Toolkits s<strong>in</strong>d „offene Kanäle“ zur E<strong>in</strong>gabe von konkreten<br />

Verbesserungsvorschlägen, aber auch von neuen Verfahren. Im Fokus steht das breite<br />

Abgreifen genereller Bedürfnis<strong>in</strong>formation aus e<strong>in</strong>em „freien“, unbegrenzten<br />

Lösungsraum, ggf. sogar im Rahmen von Innovationswettbewerben. 2. Toolkits für User<br />

Innovation, die an <strong>der</strong> Generierung von allgeme<strong>in</strong>en Innovationsideen ansetzen <strong>und</strong> e<strong>in</strong><br />

vollständiges Trial-and-Error-Feedback enthalten. Der Unterschied zum Ideentransfer<br />

liegt dar<strong>in</strong>, dass <strong>der</strong> Hersteller se<strong>in</strong> vorhandenes Lösungswissen dem K<strong>und</strong>en <strong>in</strong> Form<br />

e<strong>in</strong>es vorstrukturierten Toolkits zu Verfügung stellt - beispielsweise e<strong>in</strong>e Bibliothek an<br />

Funktionen, e<strong>in</strong>e Rückgriffsmöglichkeit auf vorhandene Entwicklungen (CAD-Files) o<strong>der</strong><br />

genaue Informationen über das Fertigungssystem. 3. Toolkits für User Co-Design, die<br />

die Leistungs<strong>in</strong>dividualisierung durch <strong>in</strong>dividuelle Produktkonfiguration zum Ziel haben.<br />

Alles nur Computer-Spielerei? Auch Kultur, so <strong>der</strong> nie<strong>der</strong>ländische Kulturhistoriker<br />

Johann Huiz<strong>in</strong>ga, ist <strong>in</strong> ihren ursprünglichen Phasen etwas „Spielmäßiges“ 883 zueigen.<br />

Das Spiel vermag Geme<strong>in</strong>schafen <strong>in</strong>s Leben zu rufen, „die ihrerseits sich gern mit<br />

e<strong>in</strong>em Geheimnis umgeben o<strong>der</strong> durch Verkleidung als an<strong>der</strong>es als die gewöhnliche<br />

881 Reichwald/Piller 2006, S. 165<br />

882 Reichwald/Piller 2006, S. 167ff.<br />

883 Huiz<strong>in</strong>ga 1961, S. 51


-213-<br />

Welt herausheben.“ 884 Auch wenn diese Illusion als Spiel durchschaut wird, sie<br />

„packt“ 885 <strong>und</strong> kann das Bewusstse<strong>in</strong> „bloß zu spielen“ <strong>in</strong> den H<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong> treten<br />

lassen. 886 Erst <strong>der</strong> „heilige Ernst“ 887 lässt den Kult auf das Spiel aufpfropfen, „das<br />

Spielen an sich aber war das Primäre.“ 888 Die Erosion kultureller Sicherheiten <strong>und</strong><br />

Identitäten <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er globalen Welt geht zwangsläufig – so könnte Huiz<strong>in</strong>ga <strong>in</strong>terpretiert<br />

werden - mit e<strong>in</strong>er Konjunktur vorkultureller Spiel- <strong>und</strong> Erlebniswelten e<strong>in</strong>her,<br />

„katatoxisch“ mit dem Kampfbegriff „Spaßgesellschaft“ 889 verb<strong>und</strong>en, doch warum<br />

sollten aus den freien Formen des Spiels nicht wie<strong>der</strong> neue Impulse für e<strong>in</strong>en „heiligen<br />

Ernst“ 890 entstehen können?<br />

Die Spielfel<strong>der</strong> von Identität, ihrer Bedeutung wie ihrer Entfaltung, s<strong>in</strong>d die Netze, 891<br />

reale wie virtuelle Netzwerke. Digitale Entwicklungs- <strong>und</strong> Feedback-Umgebungen<br />

können durchaus mit <strong>der</strong> Werte- <strong>und</strong> Identitätsgestaltung verb<strong>und</strong>en werden, 892 denn<br />

Werte <strong>und</strong> Identitäten s<strong>in</strong>d ebenso Produkt, e<strong>in</strong>e Vor- bzw. H<strong>in</strong>führung. 893 Je tiefer die<br />

zur Diskussion gestellte Ebene <strong>der</strong> Kultur, desto reflexiver <strong>und</strong> professioneller das<br />

Identitätsmanagement. Darnhofer et al. haben für ihre Betrachtung den Mittelbau <strong>der</strong><br />

„Organisationskultur“, die IFOAM-Werte ausgewählt. Handlungsstrukturen <strong>und</strong><br />

Prozesse <strong>der</strong> ersten Kultur-Ebene werden <strong>in</strong> die zweite Kulturebene subsumiert,<br />

rückgerechnet. Damit kann aufgezeigt werden, dass das nonverbale <strong>und</strong> verbale<br />

Verhalten <strong>der</strong> ersten Ebene deutlich von den Werten <strong>der</strong> zweiten Ebene differieren<br />

kann.<br />

In <strong>der</strong> Sprache <strong>der</strong> „Toolkits“: Darnhofer et. al haben aufgezeigt, dass das „User Co-<br />

Design“ auf <strong>der</strong> ersten kulturellen Ebene <strong>in</strong>nerhalb des zur Verfügung gestellten<br />

Lösungsraumes <strong>der</strong> zweiten kulturellen Ebene abweichende Ergebnisse, ungewünschte<br />

Interpretationen, hervorbr<strong>in</strong>gt. Aber s<strong>in</strong>d die drei kulturellen Ebenen tatsächlich<br />

hierarchisch aufzufassen, <strong>und</strong> geht aus <strong>der</strong> e<strong>in</strong>en zwangsläufig die an<strong>der</strong>e hervor wie<br />

bei e<strong>in</strong>er russsischen Matrjoschka-Puppe?<br />

884<br />

Huiz<strong>in</strong>ga 1961, S. 19ff.<br />

885<br />

Pfaller 2002, S. 115<br />

886<br />

Huiz<strong>in</strong>ga 1961, S. 27<br />

887<br />

Huiz<strong>in</strong>ga 1961, S. 50<br />

888<br />

Huiz<strong>in</strong>ga 1961, S. 131<br />

889<br />

Vgl. Schulze 2004, S. 148<br />

890<br />

Analog zur „Spassgesellschaft“ kann das Gegenteil des heiligen Ernstes nur <strong>der</strong> Heidenspass se<strong>in</strong>.<br />

891<br />

So Münker 2004, S. 347<br />

892<br />

Inkrementelle <strong>und</strong> iterative Vorgehensmodelle, die e<strong>in</strong>e zyklische Wie<strong>der</strong>holung (Strategieschleife)<br />

<strong>der</strong> e<strong>in</strong>zelnen Phasen vorsehen, wären dazu beson<strong>der</strong>s geeignet.<br />

893<br />

Late<strong>in</strong>isch pro-ducere= vor- bzw. h<strong>in</strong>führen


-214-<br />

Die Frage ist also, ob aus erkenntnistheoretischen o<strong>der</strong> anthropologischen Sichten <strong>der</strong><br />

ersten kulturellen Ebene bestimmte Werte erwachsen müssen, aus denen sich<br />

wie<strong>der</strong>um bestimmte Handlungsethiken <strong>und</strong> Handlungen zwangsläufig generieren. Und<br />

an<strong>der</strong>erseits ob dieser Weg auch <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Umkehrung gilt, ob also von e<strong>in</strong>em Handeln<br />

auf das Vorhandense<strong>in</strong> bestimmter werthafter Orientierungsmuster <strong>und</strong> diesen<br />

wie<strong>der</strong>um bestimmte generelle Annahmen zugr<strong>und</strong>e liegen. Es fragt sich also, ob die<br />

kulturellen Ebenen nicht vielmehr heterarchisch <strong>in</strong>terdependent, als kausal-hierarchisch<br />

geglie<strong>der</strong>t s<strong>in</strong>d.<br />

So ließe sich verbales <strong>und</strong> nonverbales Verhalten (Ebene 3) auf Passfähigkeit <strong>in</strong><br />

spezielle Handlungsrichtl<strong>in</strong>ien, also spezielle Interventionsstrukturen auf <strong>der</strong> gleichen<br />

Ebene e<strong>in</strong>ordnen. 894 Es lassen sich ebenso Rückschlüsse von deklarierten Strategien<br />

o<strong>der</strong> „Codes of Conduct“ auf zugr<strong>und</strong>eliegende Werthaltungen (Ebene 2) ziehen.<br />

Ebenso können zum Teil Ankerpunkte ganzer Theoriegebäude auf<br />

erkenntnistheoretisch-anthropologische Gr<strong>und</strong>präferenzen (Ebene 1) untersucht<br />

werden, beispielsweise Rationalismus, Empirismus, Skeptizismus, Idealismus. Aber ob<br />

e<strong>in</strong> den speziellen Anbaurichtl<strong>in</strong>ien e<strong>in</strong>es Verbandes des <strong>Bio</strong>landbaus nicht<br />

entsprechendes Handeln (Ebene 3) auf bestimmte erkenntnistheoretisch-<br />

anthropologische Gr<strong>und</strong>haltungen (Ebene 1) bei demselben Handelnden schließen<br />

lassen können, ist fraglich. Auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite lassen die Kriterien <strong>der</strong> Gerechtigkeit<br />

<strong>und</strong> <strong>der</strong> Fürsorge e<strong>in</strong>en enormen Interpretationsspielraum zu, so dass fast jede<br />

Handlung sich auf diese Wertigkeiten berufen könnte. Die Tabelle Darnhofers et al.<br />

würde auch S<strong>in</strong>ne ergeben, wenn man sie von rechts nach l<strong>in</strong>ks lesen würde.<br />

In Folge dessen <strong>in</strong>terpretieren wir das an E.H. Sche<strong>in</strong> angelehnte Modell <strong>der</strong><br />

Organisationskultur von Baitsch <strong>und</strong> Nagel weniger hierarchisch denn heterarchisch.<br />

zyklisch, oszillierend, <strong>in</strong>terdependent. Die Ebenen s<strong>in</strong>d <strong>in</strong>terdependent, aber nicht so,<br />

dass e<strong>in</strong> e<strong>in</strong>faches Justieren am Stellhebel <strong>der</strong> e<strong>in</strong>en Ebene gewünschte Ergebnisse<br />

auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en zeitigt, zu Wettbewerbsvorteilen führt, zur Systemerhaltung, zu e<strong>in</strong>er<br />

Identität aus e<strong>in</strong>em Guss. Dafür benötigt es spezifische Kontextsteuerung auf je<strong>der</strong><br />

Ebene.<br />

894 Was logisch zw<strong>in</strong>gend e<strong>in</strong>en Abschluss <strong>der</strong> Handlung verlangt, <strong>der</strong> aber nicht objektiv, son<strong>der</strong>n nur subjektiv von<br />

e<strong>in</strong>em Beobachter durch Interpunktion festgestellt werden kann <strong>und</strong> <strong>in</strong> Folge dessen die Gesamthandlung <strong>und</strong>/o<strong>der</strong><br />

das Ergebnis e<strong>in</strong>er retrospektiven Bewertung zugänglich macht.


Erste Ebene<br />

(Artefakte, sichtbare<br />

Strukturen <strong>und</strong> Prozesse,<br />

verbales <strong>und</strong> nonverbales<br />

Verhalten)<br />

-215-<br />

Dritte Ebene<br />

(Zu Gr<strong>und</strong>e liegende<br />

Annahmen des<br />

Wahrnehmens, Denkens,<br />

Glaubens)<br />

Zweite Ebene<br />

(Deklarierte Werte,<br />

Strategien, Ziele, Politiken)<br />

Vor diesem H<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong> soll die dritte Ebene organisationeller Kultur, die wir bereits im<br />

Kapitel 2.1. (Kultur) <strong>und</strong> 2.2. (Natur) behandelt haben, noch e<strong>in</strong>mal aufgegriffen<br />

werden. Autistische Strategien <strong>der</strong> „Trivialisierung“ 895 , die pr<strong>in</strong>zipistische Schnürung<br />

vergangener Plateau-Wahrheiten, können fehlende Viabilität, ungenügende<br />

„Alltagstauglichkeit“ im Umgang mit an<strong>der</strong>en Systemen o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Umwelt zur Folge<br />

haben. Da Trivialisierung mit Hierarchisierung <strong>und</strong> Konventionalisierung e<strong>in</strong>hergeht, ist<br />

sie per def<strong>in</strong>itionem aus Lösungsmöglichkeiten des Ökologischen <strong>Landbau</strong>s<br />

ausgeschlossen, <strong>der</strong> sich bewusst durch e<strong>in</strong>e Gegenidentität von <strong>der</strong><br />

Konventionalisierung absetzt, abtrennt. Trennung o<strong>der</strong> Scheidung bezeichnet das<br />

griechische Wort „Krisis“. Instabilitäten <strong>und</strong> Krisen s<strong>in</strong>d nicht irrelevant, denn sie s<strong>in</strong>d<br />

die Voraussetzung für neue stabilere Strukturbildungen. Der ökologische <strong>Landbau</strong> hat<br />

se<strong>in</strong>e stärksten Impulse aus dieser Trennung, e<strong>in</strong>er kritischen H<strong>in</strong>terfragung<br />

sozioökonomischer Konstellationen <strong>der</strong> „Konventionen“ <strong>und</strong> „Konventionellen“ erhalten.<br />

So an <strong>der</strong> Wende zum 20. Jahrh<strong>und</strong>ert, zwischen den Kriegen, <strong>in</strong> den 50er <strong>und</strong> 70er<br />

895 E<strong>in</strong>e triviale Masch<strong>in</strong>e ist durch e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>deutige Beziehung zwischen ihrem Input (Stimulus, Ursache<br />

etc.) <strong>und</strong> ihrem Output (Reaktion, Wirkung) gekennzeichnet. Die „Masch<strong>in</strong>e“ besteht aus e<strong>in</strong>er als<br />

„unverän<strong>der</strong>bar“ gekennzeichneten Beziehung, <strong>der</strong> „output“ ist demnach durch Beobachtung bestimmbar,<br />

weswegen die Masch<strong>in</strong>e als e<strong>in</strong> determ<strong>in</strong>istisches, vorhersagbares System, gekennzeichnet werden<br />

kann; vgl. Foerster 1993, S. 357f.


-216-<br />

Jahren sowie <strong>in</strong> <strong>der</strong> Wende zum 21. Jahrh<strong>und</strong>erts, die ja mit diversen<br />

Nahrungsmittelskandalen gepflastert war.<br />

Die „ökologische Krisen-Identität“ manifestiert so etwas wie e<strong>in</strong>en anschließenden<br />

Ausschluss, e<strong>in</strong>e Ablehnung wie gleichzeitig strukturelle Kopplung an die<br />

„Konventionelle“. Durch die Thematisierung ökologischer Probleme, an denen das<br />

Ausmaß des „Nichtwissens“ <strong>der</strong> „Konventionellen“ deutlich wird, verunsichert <strong>der</strong><br />

Ökologische <strong>Landbau</strong> Gesellschaft wie „Konventionelle“ nach Maßgabe e<strong>in</strong>es<br />

Tauschpr<strong>in</strong>zips, das Differenzen zwischen „Natur“ <strong>und</strong> Kultur zu überw<strong>in</strong>den trachtet,<br />

dabei aber weitere Differenzen, unter an<strong>der</strong>em <strong>in</strong>nergesellschaftlicher Art,<br />

verursacht. 896 Der Ökologische <strong>Landbau</strong> wirkt also auf das Immunsystem <strong>der</strong><br />

„Konventionellen“ wie e<strong>in</strong>e Vakz<strong>in</strong>ation, e<strong>in</strong>e aktive Impfung mit abgeschwächten o<strong>der</strong><br />

fragmentierten Krankheitserregern. Wie e<strong>in</strong> Beobachter, <strong>der</strong> sieht, was die „Konvention“<br />

nicht sieht, nämlich den „bl<strong>in</strong>den Fleck.“<br />

Der bl<strong>in</strong>de Fleck ist e<strong>in</strong>e „lokalisierte Bl<strong>in</strong>dheit“ im Auge als Folge des Fehlens von<br />

Photorezeptoren (Stäbchen <strong>und</strong> Zapfen) an dem Punkt <strong>der</strong> Ret<strong>in</strong>a, wo alle Fasern von<br />

<strong>der</strong> lichtempf<strong>in</strong>dlichen Schicht des Auges zusammenkommen <strong>und</strong> den Sehnerv bilden.<br />

Diese Bl<strong>in</strong>dheit wird aber nicht als Bl<strong>in</strong>dheit wahrgenommen, d.h. we<strong>der</strong> als etwas, das<br />

gegeben ist, noch als etwas, das fehlt: Wir sehen nicht, dass wir nicht sehen. Insofern<br />

ist es auch „unmöglich, etwas objektiv zu beschreiben.“ 897 Der „bl<strong>in</strong>de Fleck“ macht vor<br />

niemandem Halt. E<strong>in</strong> ganzheitlicher Ansatz kann ergo nur e<strong>in</strong> solcher se<strong>in</strong>, <strong>der</strong> die<br />

<strong>Vielfalt</strong> von Natur- <strong>und</strong> Wertprojektionen berücksichtigt. Denn je mehr Be- <strong>und</strong><br />

Anreicherung von E<strong>in</strong>stellungen auf e<strong>in</strong> <strong>und</strong> denselben Gegenstand vere<strong>in</strong>t werden<br />

können, desto reicher an Aspekten stellt dieser <strong>in</strong> den jeweiligen subjektiven<br />

„Realitäten“ dar. 898<br />

Dem entspräche auf <strong>der</strong> driten kulturellen Ebene e<strong>in</strong>e Agrarkultur des Respekts im<br />

wahrsten S<strong>in</strong>ne des Wortes, 899 e<strong>in</strong> Schauen, das nicht abhakt, son<strong>der</strong>n wie<strong>der</strong>holende<br />

H<strong>in</strong>wendung <strong>in</strong> <strong>der</strong> Vorstellung ist, dass sich die Wahrnehmungsweise - Anblicken <strong>und</strong><br />

896<br />

Vgl. zu diesem „teuflischen“ Tauschpr<strong>in</strong>zip Luhmann 1991, S. 66<br />

897<br />

Foerster 1939, S. 353<br />

898<br />

Vgl. Honneth 2005, S. 75f.<br />

899<br />

Late<strong>in</strong>isch „respicere“ = nochmals h<strong>in</strong>sehen; Akzeptanz = acceptare = wie<strong>der</strong>holt empfangen,<br />

annehmen


-217-<br />

Angeblicktwerden – auch umkehren könnte. 900 <strong>Vielfalt</strong> braucht – was letztgültige<br />

Ansprüche anbelangt – e<strong>in</strong> „schwaches Denken 901 ,“ e<strong>in</strong>e „Kultur <strong>der</strong> Bescheidenheit“,<br />

e<strong>in</strong>e Haltung <strong>der</strong> Gelassenheit, „des Offenen, des Nicht-zu-<strong>und</strong>-e<strong>in</strong>greifens, auch Nicht-<br />

begreifens“, 902 <strong>der</strong> pluralen Def<strong>in</strong>itionen von Natürlichkeit. 903<br />

Benötigt wird letztlich e<strong>in</strong> „schwaches Denken“, das analog zur Metapher des Werte-<br />

Kultur-Kreises wie die Spiralbewegung e<strong>in</strong>es mäan<strong>der</strong>nden Tornados zu denken ist.<br />

Tornados entstehen <strong>in</strong> Folge des Zusammenpralls zwischen Wetterfronten mit kalter<br />

<strong>und</strong> warmer Luft beziehungsweise zwischen hohem <strong>und</strong> tiefem Luftdruck als<br />

ausgleichende Luftbewegung. Beim Tornado ist die <strong>in</strong>terne Rotationsgeschw<strong>in</strong>digkeit<br />

wesentlich höher als die <strong>der</strong> l<strong>in</strong>earen Bewegung. Aber je näher man dem Mittelpunkt<br />

des Tornados kommt, desto stärker die Druckabsenkung. Das „schwache Denken“ als<br />

pragmatische Orientierungsmarke steht dabei zwischen dem „hohen Luftdruck“<br />

f<strong>und</strong>amentalistischer Letztbegründungen <strong>und</strong> dem oftmals auch rigorosen „nie<strong>der</strong>en<br />

Luftdruck“ steter Dekonstruktion. Schwaches Denken hebt hegelianisch die<br />

Annahmepflicht <strong>der</strong> Letzbegründungen wie auch die Verweigerungspflicht <strong>der</strong><br />

Dekonstruktion auf, vernichtet den Absolutheitscharakter bei<strong>der</strong> Verpflichtungen,<br />

bewahrt sie aber als antagonistisch-dialektisches Pr<strong>in</strong>zip <strong>und</strong> erhöht sie, <strong>in</strong>dem daraus<br />

etwas Drittes, Emergentes erwächst.<br />

Das „schwache Denken“ folgt damit nicht <strong>der</strong> harten kausal-statischen „weil“-<br />

Begründung, son<strong>der</strong>n dessen etymologischem Ursprung, <strong>der</strong> Weile, die auf den<br />

Übergang, auf Bedeutungen des „während es so ist“ verweist. 904 Diese „weilenden“<br />

Interpretationen s<strong>in</strong>d nur e<strong>in</strong>e Annäherung - „Interpretation ist immer unterwegs“ 905 -<br />

<strong>und</strong> müssen auf letztes Verstehen verzichten, ohne von <strong>der</strong> Anstrengung des<br />

Verstehens zu lassen. 906 „Schwaches Denken“ schafft e<strong>in</strong>e „frei“-lassende Ökologie. 907<br />

Gerade im Rahmen e<strong>in</strong>er „multifunktionalen Landwirtschaft“, 908 die nicht nur Agrargüter<br />

für den Markt produziert, son<strong>der</strong>n gleichzeitig noch an<strong>der</strong>e „nicht importierbare“, so<br />

genannte geme<strong>in</strong>wirtschaftliche Leistungen erbr<strong>in</strong>gt, ist e<strong>in</strong>e frei-lassende Ökologie im<br />

900 Böhme 1989, S. 185<br />

901 Vgl. Vattimo 2007, S. 33ff.<br />

902 Baruzzi 1993, S. 370<br />

903 Lau 2001, S. 95<br />

904 Vgl. Badura 2006, S. 6<br />

905 Gadamer 2004, S. 47<br />

906 Schönherr-Mann 2004, S. 28<br />

907 Gemäß Abels (2004, S. 97) „freilassen<strong>der</strong> Ethik“.<br />

908 Popp 2004, S. 80


-218-<br />

doppelten S<strong>in</strong>ne erfor<strong>der</strong>lich. Denn die Def<strong>in</strong>ition, was denn im E<strong>in</strong>zelnen unter<br />

„geme<strong>in</strong>wirtschaftlichen Leistungen“ zu verstehen ist, braucht e<strong>in</strong>erseits Interpretation<br />

<strong>und</strong> an<strong>der</strong>erseits e<strong>in</strong>e Handlungsweise, die Interpretations- <strong>und</strong> Möglichkeitsspielraum<br />

erhält.<br />

Gründe <strong>und</strong> Wertungen <strong>der</strong> zweiten kulturellen Ebene können trotz dieser „frei-<br />

lassenden Ökologie“ auf <strong>der</strong> ersten kulturellen Werteebene tragfähig werden, aber sie<br />

s<strong>in</strong>d es nicht deshalb, weil sie die „e<strong>in</strong>zigen“ Begründungen wären, son<strong>der</strong>n weil<br />

diejenigen, die sich auf sie beziehen, diese bewusst ausgewählt haben <strong>und</strong> sich an sie<br />

b<strong>in</strong>den. 909 Sobald f<strong>und</strong>amentalistische Verfestigungen spürbar werden, „verschwendet“<br />

das „schwache Denken“ se<strong>in</strong>e Gr<strong>und</strong>lagen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em immateriellen „Potlatsch“. 910 Was<br />

auch außersystemische Wirkungen zeitigen sollte, wie Jean Baudrillard etwas<br />

pathetisch formuliert: „Wenn die Herrschaft daraus entspr<strong>in</strong>gt, dass das System das<br />

Monopol <strong>der</strong> Gabe ohne Gegengabe <strong>in</strong>nehat [was Traditionen, Hierarchien etc.<br />

auszeichnet, JAS], dann ist die e<strong>in</strong>zige Lösung die, gegen das System das Pr<strong>in</strong>zip<br />

se<strong>in</strong>er Macht selbst zu kehren: […] Das System herauszufor<strong>der</strong>n durch e<strong>in</strong>e Gabe, auf<br />

die es nicht antworten kann, es sei denn durch se<strong>in</strong>en eigenen Tod <strong>und</strong><br />

Zusammenbruch. Denn niemand, nicht e<strong>in</strong>mal das System, entgeht <strong>der</strong> symbolischen<br />

Verpflichtung.“ 911<br />

Mit dem „schwachen Denken“ ist Identität, was Identität schon immer war, nämlich<br />

ke<strong>in</strong>e sich automatisch o<strong>der</strong> determ<strong>in</strong>istisch e<strong>in</strong>stellende Identität, son<strong>der</strong>n e<strong>in</strong>e<br />

gewünschte Identität, hergestellt durch diskursive Rekonstruktion <strong>der</strong> Identität (von<br />

Beobachtern) <strong>und</strong> substantielles <strong>und</strong> nachhaltiges „Warum“-Fragen. 912 Denn über<br />

welche Identitäten, Grenzen, Umwelten e<strong>in</strong>e Organisation s<strong>in</strong>nhaft verfügt – auch<br />

potentiell -, kann sie nur herausbekommen, <strong>in</strong>dem sie beg<strong>in</strong>nt, über ihre eigenen<br />

909 Badura 2006, S. 9<br />

910 Potlatsch ist e<strong>in</strong> historisches, <strong>in</strong>doeuropäisches Phänomen, die Zurschaustellung <strong>und</strong> Vernichtung von<br />

Reichtümern anlässlich e<strong>in</strong>es Festes, an dem verschwen<strong>der</strong>isch mit e<strong>in</strong>em Gut umgegangen werden<br />

muss, um zu zeigen, dass es e<strong>in</strong>em nicht darauf ankommt, <strong>und</strong> um se<strong>in</strong>e Rivalen durch die sofortige<br />

Vergeudung zu beschämen. Die Rivalen werden ihrerseits zum (Aus-)Geben provoziert, woraus sich e<strong>in</strong><br />

nicht enden wollen<strong>der</strong> Kreislauf ergibt; vgl. Mauss 1990<br />

911 Baudrillard 1991, S. 64ff.<br />

912 Typische Fragen im „Digitial Lea<strong>der</strong>ship“-Zeitalter wären beispielsweise: Gibt es e<strong>in</strong> Company-<br />

Monitor<strong>in</strong>g, das die Kultur des Unternehmens <strong>in</strong> adäquater Weise abbildet? Gibt es e<strong>in</strong>e vernetzte<br />

Bewertung <strong>der</strong> unterschiedlichen Teilaufgaben des Unternehmens? Welche ernst zu nehmenden<br />

Dialogformen gibt es als Bestandteil des Company-Monitor<strong>in</strong>g? Gibt es e<strong>in</strong> kont<strong>in</strong>uierliches State-of-the-<br />

World-Monitor<strong>in</strong>g, e<strong>in</strong>en CEO-Radar? Wird dieser Radar den Anfor<strong>der</strong>ungen e<strong>in</strong>er Digital-Newsroom-<br />

Welt gerecht? Zum „Digital Lea<strong>der</strong>ship“ <strong>und</strong> se<strong>in</strong>en wichtigsten Fragen vgl. Gottwald 2003/3, S. 230f.


-219-<br />

Vorstellungen zu sprechen, nach dem (zentralen Organisations-)Motto von Weick: „Wie<br />

kann ich wissen, was ich denke, bevor ich sehe, was ich sage“. 913<br />

Damit wären Wertungsprozesse auf <strong>der</strong> zweiten Stufe kultureller Identität möglich, die<br />

e<strong>in</strong>em Seiltanz gleichen. E<strong>in</strong> Seiltänzer kann passiv <strong>und</strong> starr – aber im Gleichgewicht –<br />

auf dem Seil stehen <strong>und</strong> jede Bewegung nach rechts o<strong>der</strong> l<strong>in</strong>ks unterlassen. Jede<br />

plötzliche Abweichung führt hier zum Sturz. An<strong>der</strong>erseits führen aber starke<br />

Pendelbewegungen um den Gleichgewichtspunkt zu e<strong>in</strong>em dynamischen,<br />

ökonomischen Gleichgewicht. 914 Wenn Identitätsmanagement also immer im Aufsuchen<br />

des Schnittpunktes zweier konträr-komplementärer Prozesse liegt, Identität sich also<br />

zwischen dem Beharren auf Erprobtem <strong>und</strong> dem Anpassen an verän<strong>der</strong>te Kontexte<br />

bildet, dann kann es geboten se<strong>in</strong>, antagonistische Prozesse zu implementieren.<br />

Es kommt hier weniger auf den Schnittpunkt, auf den Konsens an, „<strong>der</strong> nur Anlass zu<br />

se<strong>in</strong>er Auflösung bieten kann“ 915 , son<strong>der</strong>n auf die <strong>in</strong>formationellen Gew<strong>in</strong>ne aus <strong>der</strong><br />

diskursiven Rationalität. Identitätsmanagement auf <strong>der</strong> zweiten Stufe kultureller Identität<br />

oszilliert damit zwischen e<strong>in</strong>erseits e<strong>in</strong>em Übermaß an Werten, Wettbewerb <strong>und</strong><br />

Konflikt, mit <strong>der</strong> Gefahr, dass je<strong>der</strong> Akteur se<strong>in</strong>e eigenen Interessen verwirklicht <strong>und</strong><br />

Entscheidungen an<strong>der</strong>er nur akzeptiert werden, wenn sie den eigenen Zielen nicht im<br />

Wege stehen, wobei jede Kanonisierung als e<strong>in</strong> Mechanismus künstlicher Verknappung<br />

<strong>und</strong> damit Hierarchisierung zu verstehen ist, was schöpferische Kreativität gefährdet.<br />

Leitbil<strong>der</strong> können also „mimetisch“ se<strong>in</strong>, die Auffor<strong>der</strong>ung o<strong>der</strong> Pflicht zur Kopie<br />

be<strong>in</strong>halten. O<strong>der</strong> alles „auf e<strong>in</strong>e Karte“ setzen, wobei Karten „offen“ s<strong>in</strong>d, „<strong>in</strong> allen ihren<br />

Dimensionen verb<strong>und</strong>en“, „ständig modifizierbar“. 916 Gel<strong>in</strong>gende Integration,<br />

Identitätsmanagement, verlangt beides; e<strong>in</strong>en Mischungsgrad zwischen Independenzen<br />

<strong>und</strong> Interdependenzen. 917<br />

Die Mischungsgrade f<strong>in</strong>den sich <strong>in</strong> allen „Traditionen“, da diese ebenso e<strong>in</strong>em<br />

Reproduktions- <strong>und</strong> Interpretationsprozess unterliegen, 918 <strong>der</strong> schon aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong><br />

Unterschiedlichkeit <strong>der</strong> Konstrukteure <strong>und</strong> ihrer jeweiligen Kontexte ausgeschlossen ist.<br />

Gr<strong>und</strong>werte aus den Anfängen <strong>der</strong> biologischen Landwirtschaft mit neuen Werten zu<br />

913 Weick 1995, S. 195<br />

914 Beispiel <strong>in</strong> Simon 1993, S. 257<br />

915 Willke 2005, S. 229<br />

916 Deleuze 1977, S. 21<br />

917 Willke 1989, S. 9<br />

918 Vgl. Kirsch 2001, S. 14


-220-<br />

verb<strong>in</strong>den, wie es Franz-Theo Gottwald vorschlägt, 919 ist also nur die berechtigte<br />

For<strong>der</strong>ung nach Reflexivität e<strong>in</strong>es Prozesses, <strong>der</strong> sowieso tagtäglich <strong>in</strong>krementell, aber<br />

nicht öffentlich reflektiert, geschieht. Der Ökologischen Landwirtschaft ist e<strong>in</strong> Denken <strong>in</strong><br />

Kreisläufen zueigen, das an e<strong>in</strong>en <strong>in</strong>nerstrukturell gefor<strong>der</strong>ten Wandel von Identität<br />

anschließen kann: an die „Fruchtfolge“. Damit könnten sich dynamische Strategien<br />

etablieren, denen das Zulassen <strong>und</strong> Kultivieren von Wi<strong>der</strong>sprüchen, 920 die situative,<br />

nicht ideologische, Angemessenheit, 921 die immerwährende Selbstbeunruhigung 922<br />

<strong>in</strong>härent ist.<br />

Das alles spricht für die Institutionalisierung des Paradoxes auf <strong>der</strong> zweiten <strong>der</strong> Werte-<br />

Ebenen. Für – beispielsweise - Identitätsallianzen über die horizontale wie vertikale<br />

Wertschöpfungskette, mit den spezifischen Identitäten <strong>und</strong> Identitätsmanagement-<br />

Methoden e<strong>in</strong>es „Eco-Flux“ <strong>und</strong> „Eco-B<strong>in</strong>d“, 923 aber auch darüber h<strong>in</strong>aus. Dieses<br />

<strong>in</strong>stitutionalisierte, chronisch skandalöse Koan 924 vermag nicht nur den Zugang zur<br />

Alterität, son<strong>der</strong>n auch die Schöpfung des Neuen (aus dem Alten) zu ermöglichen. 925<br />

„Neues“ kann nur <strong>in</strong> Abgrenzung zu bereits Gegebenem entwickelt werden.<br />

Innovationen s<strong>in</strong>d ohne den rout<strong>in</strong>ierten E<strong>in</strong>satz von Ungewissheit (Vorstellungen über<br />

das Unbekannte, Neue) <strong>und</strong> Planung (mit <strong>und</strong> anhand des Gegebenen) nicht<br />

denkbar. 926 Konkurrierende Ziele <strong>und</strong> Maxime regen dabei Kreativität <strong>und</strong> Diskurs an 927<br />

<strong>und</strong> stehen selbst e<strong>in</strong>em e<strong>in</strong>heitlichen Gesamtbild nicht entgegen. Schließlich muß es<br />

auch unterschiedliche Versionen e<strong>in</strong>er Story mit speziellen „Buzzwords“ geben, je<br />

nachdem wem gegenüber man diese Story erzählt.<br />

919 So mit Recht Gottwald 2009. Denn es besteht immer auch die Gefahr, dass Ideen, Epochen <strong>in</strong>s<br />

Museum verlegt werden, wo sich f<strong>in</strong>det, was e<strong>in</strong>st als wahr <strong>und</strong> entscheidend empf<strong>und</strong>en wurde, aber<br />

jetzt nicht mehr ist, so Agamben 2005, S. 82<br />

920 Kelly 2005. Es war schon immer möglich <strong>in</strong> mehreren Kulturen o<strong>der</strong> Subsystemen zu leben, zu<br />

wandeln. Unter an<strong>der</strong>em durch das Studium alter Kulturen auf <strong>der</strong> Gr<strong>und</strong>lage von Büchern o<strong>der</strong><br />

konkreten Anschauungsgegenständen, Sprachen, Musikkompositionen, (Nahrung-)Gerüchen etc.<br />

921 Vgl. Baecker 2007 II sowie Krusche 2008<br />

922 Vgl. Krusche 2008, S. 77ff.<br />

923 In <strong>der</strong> Vergangenheit haben eher höher gebildete, e<strong>in</strong>kommensstarke Personen mit konservativem<br />

(„bereits Gegebenem“) <strong>und</strong>/o<strong>der</strong> postmateriellem („Neues“) H<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong> die Kernbezugsgruppe<br />

konstituiert; vgl. Spiller 2006, S. 5. Personen, die <strong>Bio</strong>-Produkte überwiegend im <strong>Bio</strong>-Supermarkt<br />

e<strong>in</strong>kaufen, s<strong>in</strong>d überdurchschnittlich jung <strong>und</strong> e<strong>in</strong>kommensstark, ggf. also mit Nähe zu den „Eco-Flux“;<br />

vgl. SevenOneMedia 2008, S. 22<br />

924 E<strong>in</strong> Kōan ist im ch<strong>in</strong>esischen Chan- bzw. japanischen Zen-Buddhismus e<strong>in</strong>e Art (sehr) kurze Anekdote<br />

o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>e Sentenz, die e<strong>in</strong>e beispiel- o<strong>der</strong> lehrhafte Handlung o<strong>der</strong> po<strong>in</strong>tierte Aussage e<strong>in</strong>es Zen-<br />

Meisters, ganz selten auch von Zen-Schülern, darstellt. Das 18. Kōan des Mumonkan beispielsweise<br />

lautet: „E<strong>in</strong> Mönch fragte Tozan: 'Was ist Buddha?' Tozan antwortete: Masag<strong>in</strong>, drei Pf<strong>und</strong> Flachs.“ Vgl.<br />

www.wikipedia.de zu „Koan“<br />

925 Mersch 2009, S. 12<br />

926 Baecker 2009, S. 260<br />

927 Ganz nach <strong>der</strong> Sentenz Gottfried Benns: „Ach, synthetisieren Sie doch nicht! Verweilen Sie vor dem<br />

Unvere<strong>in</strong>baren, halten Sie durch usque ad f<strong>in</strong>em.“ In „Drei alte Männer“, Benn 2006, S. 439


-221-<br />

L<strong>in</strong>denthal et al. bemängeln mit Recht e<strong>in</strong>e zunehmend e<strong>in</strong>dimensionale Wirkung von<br />

<strong>Bio</strong>produkten am Po<strong>in</strong>t of Purchase. Sie sehen dar<strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Anpassung <strong>der</strong> für <strong>Bio</strong>-<br />

Produkte geltenden Qualitätskriterien an konventionelle Kriterien (z.B. bei Backweizen,<br />

Schwe<strong>in</strong>efleisch, Apfelproduktion), was nicht zuletzt von Verarbeitung <strong>und</strong> Handel<br />

wesentlich mitgeprägt würde. Daher for<strong>der</strong>n sie erweiternde Parameter für <strong>Bio</strong>produkte<br />

(Regionalität, Vitalitätsbestimmungen, Rasse/Sorte). 928 Und auch die Mehrheit <strong>der</strong><br />

<strong>Bio</strong>akteure würde befürworten, wenn faire Preise, Klimaschutz, Nachhaltigkeit,<br />

Regionalität <strong>und</strong> soziale Standards Teil <strong>der</strong> <strong>Bio</strong>lebensmittel wären. 929 E<strong>in</strong>e darauf<br />

abzielende Markenführung <strong>und</strong> -politik, die ja <strong>in</strong> jedem Fall aktives<br />

Identitätsmanagement <strong>in</strong>nerhalb e<strong>in</strong>er strukturellen Kopplung von Hersteller <strong>und</strong><br />

Konsument ist, setzt dem pr<strong>in</strong>zipiell ke<strong>in</strong>e Grenzen. Ges<strong>und</strong>heit hat nicht nur die<br />

körperlich-<strong>in</strong>dividuellen Komponenten, wie sie sich <strong>in</strong> <strong>der</strong> Health-Claim VO f<strong>in</strong>den.<br />

Seelisch ges<strong>und</strong> macht so manchen auch <strong>der</strong> ethische Konsum. Markenpolitik ist mehr<br />

als Marktpolitik <strong>und</strong> hat generell nichts mit Konventionalisierung zu tun, die wie<strong>der</strong>um<br />

nicht nur auf die Ökonomie zu beschränken ist, son<strong>der</strong>n auf jede statische<br />

Hierarchisierung zutrifft.<br />

Wobei auch klar ist, dass es gänzlich ohne Konvention nicht geht. Auch<br />

Kontextsteuerung ist Steuerung, Intervention. So gilt es, die richtige Balance zwischen<br />

<strong>Vielfalt</strong>/Auswahl <strong>und</strong> E<strong>in</strong>falt/hierarchischen Vorgaben zu f<strong>in</strong>den. Und das nicht nur am<br />

Po<strong>in</strong>t of Purchase: „It is important to remember that when a customer is exposed to<br />

myriad choices, the cost of evaluat<strong>in</strong>g those options can easily outweigh the additional<br />

benefit from hav<strong>in</strong>g so many. The result<strong>in</strong>g syndrome has been called the “paradox of<br />

choice”, <strong>in</strong> which too many options can actually reduce customer value <strong>in</strong>stead of<br />

<strong>in</strong>creas<strong>in</strong>g it.” 930 Son<strong>der</strong>n auch h<strong>in</strong>sichtlich <strong>der</strong> <strong>Bio</strong>diversität: E<strong>in</strong> „Zuviel“ an <strong>Vielfalt</strong> <strong>und</strong><br />

Mobilität <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Ökosystem gefährdet die Bildung von Beziehungen, die sich als<br />

„kaleidoskopartiges Muster sich fortbewegen<strong>der</strong> Spiralen“ formen, so <strong>der</strong> <strong>Bio</strong>-Physiker<br />

Erw<strong>in</strong> Frey von <strong>der</strong> LMU München. 931<br />

Insofern befruchten sich Konventionelle wie Ökologische Landwirtschaft gegenseitig. So<br />

wie <strong>der</strong> Ökologische <strong>Landbau</strong> e<strong>in</strong>e „Bl<strong>in</strong>de Fleck“-Ethik, e<strong>in</strong>e Vakz<strong>in</strong>ation gegenüber<br />

928 L<strong>in</strong>denthal 2006, S. 6<br />

929 Vgl. Darnhofer 2009 II, S. 3<br />

930 Piller 2009, S. 74.<br />

931 Frey 2008, S. 69. Frey Bild <strong>der</strong> „kaleidoskopartigen Muster sich fortbewegen<strong>der</strong> Spiralen“ ähnelt stark<br />

unserer Tornado-Metapher, die wir hierfür den Kulturprozess verwenden.


-222-<br />

dem konventionellen <strong>Landbau</strong> ist, so wichtig ist die „Konvention“, s<strong>in</strong>d die<br />

„Konventionellen“ für den <strong>Bio</strong>landbau <strong>und</strong> die eigene spezifische <strong>Bio</strong>-Identität. Man ist<br />

sich gegenseitig e<strong>in</strong> Pharmazeutikum, e<strong>in</strong> „Pharmakos“. Die „Pharmakoi“ jagte man <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> griechischen Polis – geschmückt mit Laub <strong>und</strong> mit Sünden des Geme<strong>in</strong>wesens<br />

überhäuft – vor die Stadt <strong>und</strong> schlug sie tot. Im Glauben, dass ihr Tod Heilung brächte<br />

<strong>und</strong> das ungütige Schicksal von <strong>der</strong> Stadt abließe. 932 Damit waren die „Pharmakoi“<br />

sowohl Übel-Br<strong>in</strong>ger als auch Heils-Br<strong>in</strong>ger, Krankheitserreger <strong>und</strong> Therapeutikum,<br />

Verführer <strong>und</strong> Erlöser. In den Formen <strong>und</strong> Organisationen des <strong>Landbau</strong>s weist man<br />

glücklicherweise den An<strong>der</strong>en nur noch aus dem Konzept eigener Identität aus, braucht<br />

ihn aber auch zur Konkretisierung <strong>der</strong> eigenen Selbstbeobachtungen <strong>und</strong><br />

Selbstbeschreibungen.<br />

<strong>Vielfalt</strong>, auch identitäre <strong>Vielfalt</strong>, braucht Falten im S<strong>in</strong>ne von Verwerfungen <strong>und</strong><br />

Facetten. <strong>Vielfalt</strong> steht e<strong>in</strong>fachen, l<strong>in</strong>earen Lösungen entgegen. Zur <strong>Vielfalt</strong> gehört die<br />

Ent-Faltung, nicht das Glatte, Gebügelte, e<strong>in</strong>heitlich Gemachte. Zur Bewahrung <strong>der</strong><br />

<strong>Vielfalt</strong> könnte e<strong>in</strong>e kontextgesteuerte Strategie <strong>der</strong> „Flexible Response“ an allen<br />

Punkten <strong>der</strong> Wertschöpfungskette beitragen, e<strong>in</strong>e Strategie, die auch ohne<br />

pr<strong>in</strong>zipistisches „Fre<strong>und</strong>-Fe<strong>in</strong>d-Denken“ e<strong>in</strong>er „Massive Retail-iation“ 933 entgegenwirkt.<br />

E<strong>in</strong>e flexible Strategie, die stetig materielle wie ideelle Werte reflexiv professionalisiert,<br />

Waren <strong>und</strong> Warenkennzeichnungen <strong>in</strong> Frage stellt, nie statisch behandelt, son<strong>der</strong>n<br />

dar<strong>in</strong> immer „Umstellungsware“ sieht. Diese Kultur des Wissens erfor<strong>der</strong>t e<strong>in</strong>en an<strong>der</strong>en<br />

Menschentypus. Es sche<strong>in</strong>t ke<strong>in</strong> Zufall zu se<strong>in</strong>, dass erstmals wie<strong>der</strong> seit Beg<strong>in</strong>n <strong>der</strong><br />

<strong>in</strong>dustriellen Revolution Menschen wie<strong>der</strong> Masch<strong>in</strong>en „schlagen“. Auch weil ihnen e<strong>in</strong>e<br />

Schätzung <strong>und</strong> Bewertung immaterieller D<strong>in</strong>ge wie Schönheit, Natur <strong>und</strong> Landschaft<br />

gel<strong>in</strong>gt.<br />

Die Erfolgsgeschichte e<strong>in</strong>es schwedischen Möbelhauses ist mit dem Claim „Entdecke<br />

die Möglichkeiten“ verb<strong>und</strong>en. Die Erfolgsgeschichte des <strong>Bio</strong>landbaus könnte<br />

umschrieben werden mit: „Entdecke alle Möglichkeiten (Eco-Flux) <strong>und</strong> bewahre sie<br />

(Eco-B<strong>in</strong>d).“<br />

932 Vgl. Schulze 2007, S. 486, FN 64<br />

933 „Flexibel Response“ war die ab 1967 bis zum Ende des Kalten Krieges 1991 geltende NATO-<br />

Verteidigungsstrategie, die das Konzept <strong>der</strong> Massiven Vergeltung (Massive Retaliation) ablöste. Bei <strong>der</strong><br />

Retaliation wie auch <strong>der</strong> „Retail-iation“ gilt das Pr<strong>in</strong>zip <strong>der</strong> mittelalterlichen „Territion“ – <strong>der</strong> sog.<br />

„Schreckung“ -, <strong>in</strong> welcher bereits das Vorzeigen <strong>der</strong> Folter<strong>in</strong>strumente „E<strong>in</strong>druck“ machte.


ANHANG<br />

-223-


Kategorie 934<br />

Gegenüberstellung von Eco-Flux, Eco-Heritage, Eco-B<strong>in</strong>d<br />

Eco-Flux Eco-Heritage Eco-B<strong>in</strong>d<br />

Identität Identität durch Wandel Identität im Kreislauf <strong>der</strong><br />

Natur, Plateautradition<br />

Raumstruktur Kreative Diversität Abwechslung Ordnung<br />

Kultur / Wahrnehmung Kultur des Spiels, Freiheit,<br />

schnelle Entscheidungen<br />

Wahrheit Wahr ist, was wir im Austausch<br />

mit an<strong>der</strong>en als s<strong>in</strong>nvoll<br />

def<strong>in</strong>ieren<br />

Verän<strong>der</strong>ungen Verän<strong>der</strong>ung hält uns wach, sie<br />

ist willkommene Möglichkeit,<br />

unsere Kooperation <strong>und</strong> unsere<br />

Aufmerksamkeit zu optimieren<br />

Identität durch Kont<strong>in</strong>uität<br />

One-World-Kultur Kultur <strong>der</strong> Sicherheit, Zeit für<br />

das Wichtigste <strong>und</strong><br />

Überdauernde (Institutionen,<br />

Familie), Wohlüberlegtheit<br />

Wahr ist, was allen nutzt Wahr ist, was überliefert ist<br />

Verän<strong>der</strong>ungen s<strong>in</strong>d<br />

wünschenswert, wenn sie uns<br />

<strong>in</strong> die richtige Richtung<br />

weiterbr<strong>in</strong>gen<br />

<strong>und</strong> was „schon immer so war“<br />

Verän<strong>der</strong>ungen br<strong>in</strong>gen<br />

Unruhe, Unordnung, <strong>und</strong><br />

Verunsicherung<br />

Zumutbarkeit Selbstverantwortung Fürsorge was das „Gruppen“-<br />

934 Mit Anregungen aus Baitsch 2009, S. 236f.<br />

Management“ bestimmt


Kategorie<br />

Fehler Fehler s<strong>in</strong>d nur Fehler aus <strong>der</strong><br />

Egoismus /<br />

Solidarität<br />

-225-<br />

Eco-Flux ECO-Heritage Eco-B<strong>in</strong>d<br />

Sicht e<strong>in</strong>es Beobachters <strong>und</strong><br />

weisen auf Optimierungs-<br />

potential h<strong>in</strong><br />

Produktgefühl Innovation, Emotion/Gefühl,<br />

Fehler können jedem<br />

passieren, aber möglichst<br />

nicht zweimal<br />

Fehler deuten auf Versagen<br />

Lose Kopplung E<strong>in</strong>er für alle, alle für e<strong>in</strong>en Teams- <strong>und</strong> Subkulturen<br />

hybrid<br />

Sehen (Bil<strong>der</strong>) Dunkle Farben, dunkelrot,<br />

schwarz, zwanglos aber<br />

e<strong>in</strong>fallsreich<br />

Hören (Töne)= Eher lauter <strong>und</strong> anregend,<br />

schnell, synkopiert<br />

Riechen / Schmecken Süß, kräftig, würzig, knusprig,<br />

scharf<br />

h<strong>in</strong><br />

Bewusst <strong>und</strong> solidarisch Hang zum Bewährtem,<br />

Klassischem<br />

Natürliche, helle Gelbtöne Herbstfarben,<br />

warm, dezent, gedeckt<br />

Dur, lebhaft, fröhlich Ruhig <strong>und</strong> regelmäßig,<br />

gedämpft, hell, e<strong>in</strong>fache<br />

Harmonien<br />

Sauer <strong>und</strong> süß, frisch Wie<strong>der</strong>kehr <strong>der</strong> Gerüche <strong>in</strong><br />

<strong>und</strong> um Mutters Küche, saftig,<br />

bitter, salzig<br />

Fühlen (Material) Fest, rau, heiß, schwer Glatt, lichthaft, weich, warm Weich <strong>und</strong> eher warm, leicht,


-226-<br />

Firmenverortung anhand ihres Web-Auftrittes<br />

Marke Werte Verortung<br />

„besser bio“ / <strong>Bio</strong>-Molkerei<br />

Lembach<br />

Gesün<strong>der</strong>e Umgebung, besseres Leben, natürlicher<br />

Kreislauf, ke<strong>in</strong>e Gentechnik <strong>und</strong> Agrarchemikalien, regional<br />

Eco-Heritage<br />

Aldi / <strong>Bio</strong>, Prima <strong>Bio</strong> Ke<strong>in</strong>e Angaben auf den Netz-Seiten Premium-Handelsmarke (funktioneller<br />

Allos Qualität, Ges<strong>und</strong>heit, Handwerk, Umweltschutz,<br />

Nachhaltigkeit, Eigenständigkeit<br />

Alnatura Ganzheitliches Denken, K<strong>und</strong>enorientierung,<br />

Selbstverantwortlichkeit<br />

Andechser „Natürliches natürlich belassen“, „Ökologisch-ökonomisch<br />

wirtschaften“, „Verantwortungsvoll den Menschen dienen“,<br />

ethisch verantwortliches Wirtschaften + Lebensführung,<br />

gutes Gewissen, Urlaub auf dem <strong>Bio</strong>-Bauernhof, <strong>Bio</strong>-Club-<br />

Andechs<br />

Basic „<strong>Bio</strong> für alle“, Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong> Genuss, Harmonie,<br />

Verantwortung, <strong>Vielfalt</strong><br />

<strong>Bio</strong> Company Ges<strong>und</strong>heit, faire Preise, Regionalität, artgerechte<br />

Tierhaltung<br />

Nutzen)<br />

Eco-Heritage<br />

Eco-Flux, Heritage<br />

Eco-Heritage, Eco-B<strong>in</strong>d<br />

Eco-B<strong>in</strong>d, Eco-Heritage<br />

Eco-B<strong>in</strong>d<br />

<strong>Bio</strong> Verde Isana Höchste Qualität, Naturfe<strong>in</strong>kost, Geschmack, Ges<strong>und</strong>heit Eco-Heritage / Eco-Flux


-227-<br />

<strong>Bio</strong> Wertkost Ausgewogene, vollwertige Ernährung, Abwechslung,<br />

Genießer<br />

<strong>Bio</strong> Zentrale / Gut&Gerne Qualität, Wirtschaften im E<strong>in</strong>klang mit <strong>der</strong> Natur,<br />

Nachhaltigkeit<br />

Premium-Handelsmarke (funktioneller<br />

Nutzen)<br />

Eco-Heritage<br />

<strong>Bio</strong><strong>Bio</strong> / PLUS <strong>Bio</strong>-Produkte für alle, Kle<strong>in</strong>e Preise, Graphische Anmutung Premium-Handelsmarke (funktioneller<br />

Nutzen) / ggf. Eco-B<strong>in</strong>d<br />

<strong>Bio</strong>-Kreis Ökologisch, regional, ges<strong>und</strong>, handwerklich Eco-Heritage<br />

<strong>Bio</strong>land Geschlossene Kreisläufe, Bodenleben, ke<strong>in</strong>e<br />

<strong>Bio</strong>nade Humor-Botschaften:<br />

agrarchemischen Dünger+ Schutzmittel+Gentechnik,<br />

Hecken, stabiles Ökosystem, höchste Qualität<br />

„33cl gegen <strong>in</strong>nere Leere“<br />

„Egal wo ihre Aktentasche h<strong>in</strong> will – fahren Sie heute mal <strong>in</strong><br />

die an<strong>der</strong>e Richtung“<br />

„Gut <strong>in</strong> <strong>Bio</strong>. Schlecht <strong>in</strong> Chemie“ (nahe Schulen/Unis“<br />

„Unser Ausgehtipp – Wenn Litschi ausgegangen ist, e<strong>in</strong>fach<br />

nachkaufen“<br />

„Hol<strong>und</strong>er statt Blackberry“<br />

Eco-Heritage<br />

Eco-Flux<br />

<strong>Bio</strong>ness / Lidl Hochwertig, schmackhaft, ges<strong>und</strong> Premium-Handelsmarke<br />

<strong>Bio</strong>park Qualität, artgerechte Tierhaltung, Gentechnikfrei Eco-Heritage<br />

<strong>Bio</strong>quelle Wertvolle Lebensmittel für e<strong>in</strong>e ausgewogene Ernährung Premium-Handelsmarke (funktioneller<br />

Nutzen)


-228-<br />

<strong>Bio</strong>-Sonne / Norma „Ökologische <strong>und</strong> s<strong>in</strong>nvolle Nutzung <strong>der</strong> natürlichen<br />

Ressourcen“<br />

Premium-Handelsmarke (funktioneller<br />

Nutzen)/ ggf. Eco-Heritage, aber Infos<br />

spärlich<br />

Demeter Anthroposophie, Partnerschaft, Umwelt, Qualität Eco-B<strong>in</strong>d / Eco-Heritage<br />

Denn´s <strong>Bio</strong>markt Verantwortung, faire Preise, Geschmack, Region Eco-B<strong>in</strong>d<br />

Ebken Wohlbef<strong>in</strong>den, Ges<strong>und</strong>heit Eco-Flux / Funktionaler Nutzen<br />

EBL Naturkost Ges<strong>und</strong>, lecker, regional, ökologisch Eco-Heritage / Eco-B<strong>in</strong>d<br />

Ecoland Naturgemäßer <strong>Landbau</strong> im S<strong>in</strong>ne des Natur- <strong>und</strong><br />

Umweltschutzes, Erhalt <strong>der</strong> Kulturlandschaft <strong>und</strong> Stärkung<br />

des ländlichen Raumes för<strong>der</strong>t, ohne Ideologien <strong>und</strong><br />

Dogmen zu arbeiten, Praxisbezug, Dialog, Offenheit für<br />

wissenschaftliche Erkenntnisse, flexibler Verband<br />

Ecov<strong>in</strong> Schonen<strong>der</strong> Umgang mit Boden <strong>und</strong> Wasser, Prävention<br />

statt Pestizide, ke<strong>in</strong>e transgenen Reben <strong>und</strong> Hefen,<br />

Ges<strong>und</strong>heit, Geschmack<br />

Eco-Heritage / <strong>Bio</strong>-Eco-Flux<br />

Eco-Heritage<br />

Edeka / Wertkost <strong>Bio</strong>-Siegel Premium-Handelsmarke (funktioneller<br />

Nutzen)<br />

Erkorn Verantwortung, Ökologie, Discount Eco-B<strong>in</strong>d<br />

Füllhorn / REWE-<strong>Bio</strong> Genuss, Verantwortung, <strong>Vielfalt</strong> für jeden Tag Premium-Handelsmarke (funktioneller<br />

Nutzen)


-229-<br />

Gäa Ganzheitlichkeit, Stützung regionaler Strukturen <strong>und</strong><br />

privatrechtlicher Wirtschaft, Fairness <strong>und</strong> partnerschaftliche<br />

Zusammenarbeit<br />

Eco-Heritage<br />

Grünes Land / Real Vertrauen, <strong>in</strong>dividuelle Ges<strong>und</strong>heit, Tradition, Geschmack Premium-Handelsmarke (funktioneller<br />

Hermannsdorfer<br />

Landwerkstätten<br />

Artgerechte Tierhaltung, Bodenbedarf berücksichtigend,<br />

ehrliches Handwerk, mo<strong>der</strong>ne Technik, hohe Qualität,<br />

zukunftsweisend, Nähe, Region, Vertrauen<br />

Hipp Christliche Tradition, Tradition, Ethik-Management,<br />

Lebensbaum / Ulrich<br />

Walter GmbH<br />

Nachhaltigkeit, Umweltschutz<br />

Nutzen) / ggf. Eco-B<strong>in</strong>d,<br />

Eco-Heritage / Eco-B<strong>in</strong>d<br />

Eco-B<strong>in</strong>d / Eco-Heritage<br />

Nachhaltigkeit, Harmonie, Soziales, Qualität Eco-Heritage<br />

Müller / <strong>Bio</strong> Primo Ges<strong>und</strong>heit, Geschmack, Abwechslung Premium-Handelsmarke (funktioneller<br />

Naturk<strong>in</strong>d / Kaisers,<br />

Tengelmann<br />

Nutzen)<br />

Bewusste Ernährung, hochwertige Lebensmittel, Geschmack Premium-Handelsmarke (funktioneller<br />

Naturland Ganzheitlichkeit, Nachhaltigkeit, Natur- <strong>und</strong> Klimaschutz,<br />

Sicherung von Boden, Luft, Wasser, Verbraucher<br />

Nutzen)<br />

Eco-Heritage<br />

Netto / Maximum Natur Ges<strong>und</strong>, traditionell, artgerechte Tierhaltung Premium-Handelsmarke (funktioneller<br />

Ökoland Qualität&handwerkliche Verarbeitung, Sicherheit&Kontrolle,<br />

Artgerechte Tierhaltung<br />

Nutzen) / Eco-B<strong>in</strong>d<br />

Eco-B<strong>in</strong>d


Ökonova / <strong>Bio</strong> B. BIO-<br />

DISCOUNT<br />

Naturkostmärkte<br />

-230-<br />

Ökologie, Preis, Qualität Eco-Heritage / Eco-B<strong>in</strong>d<br />

Penny / Naturgut Natürlich <strong>und</strong> gut Premium-Handelsmarke (funktioneller<br />

Rapunzel <strong>Bio</strong>-Pionier, Qualität, Selbstverwirklichung, Gerechtigkeit,<br />

Genfreiheit<br />

Reformhaus Bacher ? ?<br />

Nutzen)<br />

Eco-Heritage<br />

Rossmann / bleib ges<strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heit Premium-Handelsmarke (funktioneller<br />

Nutzen)<br />

Super<strong>Bio</strong>Markt Verantwortung, Ökologie, Qualität Eco-Heritage<br />

Tegut…<strong>Bio</strong> Partnerschaft, heimische Region, Qualität, „<strong>Bio</strong> mit Gesicht“ Eco-Heritage / Eco-B<strong>in</strong>d<br />

Verival / Vita+ Genuss, Ges<strong>und</strong>heit, Zeitgeist Premium-Handelsmarke (funktioneller<br />

Vierl<strong>in</strong>den Nachhaltigkeit, Fair-Trade, Trade Fair, Regionalität,<br />

Saisonalität<br />

Nutzen)<br />

Eco-Heritage<br />

Vitalia Natur, Tradition, vollwertige Ernährung Eco-Heritage<br />

Weleda Anthroposophie, Partnerschaft, Umwelt, Qualität Eco-B<strong>in</strong>d / Eco-Heritage<br />

Zwergenwiese dem ökologisch orientierten Fachhandel vorbehalten,<br />

Engagement, Kreativität, Transparenz, Produktsicherheit<br />

Eco-Heritage


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