FINE - Das Weinmagazin - 61. Ausgabe - 02/2023
Hauptthema: NAPA VALLEY Robert Mondavi Winery: Die Wiege des Napa Valley INTERVIEW Michael Silacci von Opus One und Aurelio Montes NAPA VALLEY Cathiard Vineyard: Neustart per Fernbedienung Weitere Themen dieser Ausgabe EDITORIAL Tiefe Wurzeln in Amerika, Bewegung in Europa CHARTA Die FINE-Weinbewertung CHAMPAGNE Krug × Lemon: Das Single-Ingredient-Projekt geht weiter BORDEAUX Château Ducru-Beaucaillou: Mit Wein in den Adern SIZILIEN Tasca d’Almerita: Mittendrin und über den Dingen PROSECCO Ruggeri: Im Filet des Prosecco-Gebiets PROSECCO Scavi & Ray: Dolce Vita im großen Maßstab PROSECCO Weine »col fondo«: Erfreulich trübe Aussichten DIE PIGOTT-KOLUMNE Beaujolais: Meisterwerke fernab vom Nouveau-Hype WEIN & SPEISEN Jürgen Dollase isst im Landersdorfer & Innerhofer INTERVIEW Marco Tümmler vom Küchengeräte-Hersteller Gaggenau GENIESSEN Der belgische Käse Aurélie: Von Ziegen und Menschen SÜDTIROL Eine Region will hoch hinaus TASTING Ikonisches aus Südtirol BURGENLAND Weingut Moric: Grenzgänger am Rand der Steppe BURGENLAND Schloss Halbturn: Moderne aus dem Barockschloss WEIN & ZEIT Böhmen: Zwischen Wüste und Paradies WORTWECHSEL Mit der Charta zurück in die Zukunft? RHEINGAU Die Geschichte der Charta-Weine – und wie sie schmecken DAS GROSSE DUTZEND Chat Sauvage: Rüdesheimer Drachenstein RHEINGAU Schloss Vollrads: Edles Erbe in besten Händen RHEINGAU Eva Fricke: Nordlicht am Rhein ABGANG Geben und Nehmen über den Atlantik
Hauptthema: NAPA VALLEY Robert Mondavi Winery: Die Wiege des Napa Valley
INTERVIEW Michael Silacci von Opus One und Aurelio Montes
NAPA VALLEY Cathiard Vineyard: Neustart per Fernbedienung
Weitere Themen dieser Ausgabe
EDITORIAL Tiefe Wurzeln in Amerika, Bewegung in Europa
CHARTA Die FINE-Weinbewertung
CHAMPAGNE Krug × Lemon: Das Single-Ingredient-Projekt geht weiter
BORDEAUX Château Ducru-Beaucaillou: Mit Wein in den Adern SIZILIEN Tasca d’Almerita: Mittendrin und über den Dingen PROSECCO Ruggeri: Im Filet des Prosecco-Gebiets
PROSECCO Scavi & Ray: Dolce Vita im großen Maßstab
PROSECCO Weine »col fondo«: Erfreulich trübe Aussichten
DIE PIGOTT-KOLUMNE Beaujolais: Meisterwerke fernab vom Nouveau-Hype WEIN & SPEISEN Jürgen Dollase isst im Landersdorfer & Innerhofer
INTERVIEW Marco Tümmler vom Küchengeräte-Hersteller Gaggenau
GENIESSEN Der belgische Käse Aurélie: Von Ziegen und Menschen
SÜDTIROL Eine Region will hoch hinaus TASTING Ikonisches aus Südtirol
BURGENLAND Weingut Moric: Grenzgänger am Rand der Steppe
BURGENLAND Schloss Halbturn: Moderne aus dem Barockschloss
WEIN & ZEIT Böhmen: Zwischen Wüste und Paradies
WORTWECHSEL Mit der Charta zurück in die Zukunft?
RHEINGAU Die Geschichte der Charta-Weine – und wie sie schmecken
DAS GROSSE DUTZEND Chat Sauvage: Rüdesheimer Drachenstein
RHEINGAU Schloss Vollrads: Edles Erbe in besten Händen
RHEINGAU Eva Fricke: Nordlicht am Rhein ABGANG Geben und Nehmen über den Atlantik
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4 197772 520006 <strong>02</strong><br />
KALIFORNIEN<br />
GRÖSSEN DES NAPA VALLEY<br />
Prosecco Bordeaux Sizilien Rheingau Südtirol<br />
Die Produzenten <strong>Das</strong> Médoc-Château Die Winzerfamilie Die Weingüter Eva Fricke Eine Region will<br />
Scavi & Ray Ducru-Beaucaillou Tasca d’Almerita und Schloss Vollrads hoch hinaus
<strong>FINE</strong><br />
RUGGERI VALDOBBIADENE 58<br />
SCAVI & RAY 64<br />
PROSECCO »COL FONDO« 72<br />
WEINREGION SÜDTIROL 96<br />
WEINGUT MORIC 106<br />
SCHLOSS HALBTURN 112<br />
DAS GROSSE DUTZEND:<br />
CHAT SAUVAGE 128 SCHLOSS VOLLRADS 132<br />
EVA FRICKE 138<br />
6 <strong>FINE</strong> 2 | 2<strong>02</strong>3 INHALT
DAS WEINMAGAZIN 2|2<strong>02</strong>3<br />
CATHIARD VINEYARD 26<br />
CHÂTEAU DUCRU-BEAUCAILLOU 38<br />
TASCA D’ALMERITA 46<br />
ROBERT MONDAVI WINERY 12<br />
9 <strong>FINE</strong> EDITORIAL _________________ Tiefe Wurzeln in Amerika, Bewegung in Europa<br />
11 <strong>FINE</strong> CHARTA ____________________ Die <strong>FINE</strong>-Weinbewertung<br />
12 <strong>FINE</strong> NAPA VALLEY ______________ Robert Mondavi Winery: Die Wiege des Napa Valley<br />
20 <strong>FINE</strong> INTERVIEW _________________ Michael Silacci von Opus One und Aurelio Montes<br />
26 <strong>FINE</strong> NAPA VALLEY ______________ Cathiard Vineyard: Neustart per Fernbedienung<br />
32 <strong>FINE</strong> CHAMPAGNE _______________ Krug × Lemon: <strong>Das</strong> Single-Ingredient-Projekt geht weiter<br />
38 <strong>FINE</strong> BORDEAUX _________________ Château Ducru-Beaucaillou: Mit Wein in den Adern<br />
46 <strong>FINE</strong> SIZILIEN ____________________ Tasca d’Almerita: Mittendrin und über den Dingen<br />
58 <strong>FINE</strong> PROSECCO _________________ Ruggeri: Im Filet des Prosecco-Gebiets<br />
64 <strong>FINE</strong> PROSECCO _________________ Scavi & Ray: Dolce Vita im großen Maßstab<br />
72 <strong>FINE</strong> PROSECCO _________________ Weine »col fondo«: Erfreulich trübe Aussichten<br />
78 <strong>FINE</strong> DIE PIGOTT-KOLUMNE _____ Beaujolais: Meisterwerke fernab vom Nouveau-Hype<br />
82 <strong>FINE</strong> WEIN & SPEISEN ___________ Jürgen Dollase isst im Landersdorfer & Innerhofer<br />
88 <strong>FINE</strong> INTERVIEW _________________ Marco Tümmler vom Küchengeräte-Hersteller Gaggenau<br />
94 <strong>FINE</strong> GENIESSEN ________________ Der belgische Käse Aurélie: Von Ziegen und Menschen<br />
96 <strong>FINE</strong> SÜDTIROL __________________ Eine Region will hoch hinaus<br />
1<strong>02</strong> <strong>FINE</strong> TASTING ____________________ Ikonisches aus Südtirol<br />
106 <strong>FINE</strong> BURGENLAND _____________ Weingut Moric: Grenzgänger am Rand der Steppe<br />
112 <strong>FINE</strong> BURGENLAND _____________ Schloss Halbturn: Moderne aus dem Barockschloss<br />
118 <strong>FINE</strong> WEIN & ZEIT ________________ Böhmen: Zwischen Wüste und Paradies<br />
124 <strong>FINE</strong> WORTWECHSEL ____________ Mit der Charta zurück in die Zukunft?<br />
126 <strong>FINE</strong> RHEINGAU _________________ Die Geschichte der Charta-Weine – und wie sie schmecken<br />
128 <strong>FINE</strong> DAS GROSSE DUTZEND ___ Chat Sauvage: Rüdesheimer Drachenstein<br />
132 <strong>FINE</strong> RHEINGAU _________________ Schloss Vollrads: Edles Erbe in besten Händen<br />
138 <strong>FINE</strong> RHEINGAU _________________ Eva Fricke: Nordlicht am Rhein<br />
146 <strong>FINE</strong> ABGANG ___________________ Geben und Nehmen über den Atlantik<br />
INHALT<br />
<strong>FINE</strong> 2 | 2<strong>02</strong>3 7
LIEBE LESERINNEN,<br />
LIEBE LESER,<br />
immer tiefer, sagt Aurelio Montes im Gespräch mit Kristine Bäder, sollten die Reben auf seinen<br />
Gütern ihre Wurzeln treiben. Natürlich denkt der Pionier des chilenischen Spitzenweinbaus<br />
dabei an drohende Dürren und Hitzeperioden, in denen die Pflanzen sich aus dem Grundwasser<br />
versorgen müssen. Zugleich entwirft er damit ein schlüssiges Bild für die Entwicklung<br />
der Branche: Derart fest verwurzelt wie heute waren höchste Ansprüche und das entsprechende<br />
Selbstbewuss tsein jenseits des Atlantiks noch nie. In <strong>FINE</strong> wollen wir darum ausführlich die<br />
Größen aus jenem Teil der Weinwelt betrachten, der inzwischen nur noch bedingt als neu gelten<br />
kann. Den Auftakt bilden in dieser <strong>Ausgabe</strong> die Maßstäbe setzende Robert Mondavi Winery und<br />
das Weingut von Daniel und Florence Cathiard im Napa Valley – wie sehr sich die Eigner von<br />
Château Smith Haut Lafitte für diesen Standort begeistern, liefert einen besonders schlagenden<br />
Beleg für die Durchmischung der Hemisphären.<br />
Auch in Europa ist vieles in Bewegung. Gut, als Bruno-Eugène Borie ankündigte, das über<br />
300-jährige Château Ducru-Beaucaillou auf Trauben-Softeis umzustellen, war das bloß ein<br />
Aprilscherz. In Wahrheit macht dieser vorgebliche Bad Boy des Bordelais in seinem Schloss<br />
trotz aktuellem Innendesign weiterhin Grands Crus der alten Schule. Vergleichbar traditionsbewusst<br />
im besten Sinn waren jene Winzer, die 1983 mit ihrer Charta den Ruf des Rheingauer<br />
Rieslings retten wollten. Inzwischen befolgen nur noch zwölf Güter ausdrücklich die damals<br />
festgeschriebenen Regeln, als wichtiger Schritt für die Region wirkt die Charta trotzdem nach.<br />
<strong>Das</strong>s sich die gebürtige Bremerin Eva Fricke dort hingezogen fühlte, sagt viel über die Attraktivität<br />
des modernen Rheingaus aus, und dass sie dort einen Platz in der deutschen Spitzenklasse<br />
erreicht hat, bekräftigt sein Potenzial.<br />
Besonders gründlich neu gemischt werden die Karten seit einiger Zeit in Italien. So ist<br />
Südtirol qualitativ auf dem Weg dahin, wo es geografisch schon immer war: ganz oben. Sogar<br />
die Genossenschaften, die vielerorts für Masse statt für Klasse stehen, sind an der Etsch keine<br />
Bremsklötze, sondern Treiber eines Leistungsschubs, der die Beteiligten selbst verblüff. Tief<br />
im Süden ist Sizilien mittlerweile keine Region der Fasswein-Lieferanten mehr, zwischen denen<br />
als einsame Größe die Familie Tasca d’Almerita herausragte. Groß und herausragend sind deren<br />
Tenuta Regaleali und die übrigen vier Güter freilich nach wie vor – für Paul Kern Anlass zu einer<br />
Insel-Rundreise in sehr unterschiedliche Anbaugebiete.<br />
Hat das Lifestyle-Getränk Prosecco einen Platz in <strong>FINE</strong> verdient? Wir finden: Ja, natürlich,<br />
das gehört auch mal dazu! Niemand wird den Schaumwein aus der Glera-Traube mit einem<br />
Jahrgangschampagner gleichsetzen, doch ein genauer Blick lohnt sehr wohl, zumal im Veneto<br />
ein Streben nach Höherem zu beobachten ist: Großproduzenten wie Scavi & Ray oder Ruggeri,<br />
die sich bislang eher durch professionelles Handwerk profiliert haben, wollen mit der Entwicklung<br />
im Geschmack ihrer Kundschaft der ersten Stunde Schritt halten, während ein paar<br />
Spezialisten einen ganz besonderen Stil pflegen. Col fondo, mit Bodensatz, heißt ihr altbewährtes<br />
Verfahren, die Hefe bis zum Schluss in der Flasche zu lassen. Mit ihren trüben Charakterweinen<br />
begeistern diese Winzer eine Anhängerschaft, die sie kaum mehr bedienen können – der Mangel<br />
an bezahlba ren Rebbergen macht die Col-fondo-Prosecchi zu Raritäten. Wie die Entwicklung<br />
weitergeht? Wer weiß. Um mit dem Altmeister Aurelio Montes zu sprechen: »<strong>Das</strong> Leben lehrt<br />
einen, dass man es nicht von Anfang bis Ende planen kann.«<br />
Ihre Chefredaktion<br />
EDITORIAL<br />
<strong>FINE</strong> 2 | 2<strong>02</strong>3 9
<strong>FINE</strong>AUTOREN<br />
KRISTINE BÄDER Als Winzertochter aus Rheinhessen freut sie sich über die positive Entwicklung ihrer<br />
Heimatregion, wo sie ein eigenes kleines Wein projekt pflegt. Eine besondere Beziehung hat die stu dierte Germanistin<br />
und ehemalige Chefredakteurin des <strong>FINE</strong> <strong>Weinmagazin</strong>s zu den Weinen aus Portugal.<br />
DANIEL DECKERS Die Lage des deutschen Weins ist sein Thema – wenn er nicht gerade als Politikredakteur<br />
der »Frankfurter Allgemeinen Zeitung« über Gott und die Welt zur Feder greift. An der Hochschule Geisenheim<br />
lehrt Daniel Deckers Geschichte des Weinbaus und -handels. In seinem Buch »Wein. Geschichte und Genuss«<br />
beleuchtet er durch mehr als 3000 Jahre die Rolle dieses unschätzbaren Kulturguts als Spiegel der Zeitläufte.<br />
JÜRGEN DOLLASE hat sich schon als Rock musiker und Maler verdingt; als Kritiker der kulinarischen Landschaft<br />
ist er heute eine feste Instanz. Viel beachtet sind seine Bücher über die Kunst des Speisens: Bei Tre Torri<br />
erschien zuletzt seine »Geschmacksschule«; das visionäre Kochbuch »Pur, präzise, sinnlich« widmet sich der<br />
Zukunft des Essens.<br />
URSULA HEINZELMANN Die Gastronomin und gelernte Sommelière schreibt für die »Frankfurter Allgemeine<br />
Sonntagszeitung«, die Magazine »Efflee« und »Slow Food« sowie Bücher übers Essen und Trinken.<br />
Ihr Buch »China – Die Küche des Herrn Wu« (erschienen bei Tre Torri) liefert tiefe Einblicke in die vielfältige<br />
Kochkunst der Chinesen.<br />
UWE KAUSS In Weinkellern kennt er sich aus: Der Autor und Journalist schreibt seit 20 Jahren über Wein,<br />
etwa für die »Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung«, das <strong>Weinmagazin</strong> »Enos«, »wein.pur«, das »Genuss-<br />
Magazin« in Wien sowie das Internetportal wein.plus. Daneben hat er 16 Sach- und Kindersachbücher, einen<br />
Roman und zwei Theaterstücke publiziert.<br />
PAUL KERN Im Campingurlaub mit dem Sohn ei nes Weinjournalisten probierte Paul Kern Große Gewächse<br />
aus dem Emaillebecher. Es folgten ein Weingutspraktikum in Südafrika, eine Kochausbildung in ei nem Zweisternerestaurant<br />
und ein Studium der Weinwirtschaft in Geisenheim. Nun schreibt er über Wein und Gastronomie<br />
für diverse Magazine und Führer.<br />
STEFAN PEGATZKY Der promovierte Germanist kam 1999 nach Berlin und erlebte hautnah, wie sich<br />
die Metropole von einer Bier- zur Weinstadt wandelte. Er schreibt regelmäßig über Wein und Genuss, steuerte<br />
zur Tre-Torri-Reihe »Beef!« den Band »Raw. Meisterstücke für Männer« bei und bereicherte die »Gourmet<br />
Edition – Kochlegenden« um Titel zu Hans Haas, Harald Wohlfahrt und Marc Haeberlin.<br />
STUART PIGOTT Seit der 1960 in London geborene studierte Kunsthistoriker und Maler im Wein – dem<br />
deutschen zumal – sein Lebensthema fand, hat er sich mit seiner unkonventionellen Betrachtungsweise in den Rang<br />
der weltweit geachteten Autoren und Kritiker geschrieben. Sein Buch »Planet Riesling« erschien bei Tre Torri.<br />
RAINER SCHÄFER wuchs in Oberschwaben auf und lebt seit 20 Jahren in Hamburg, wo er über die Dinge<br />
schreibt, die er am meisten liebt: Wein, gutes Essen und Fußball, stets neugierig auf schillernde Persönlichkeiten,<br />
überraschende Erlebnisse und unbekannte Genüsse.<br />
LUZIA SCHRAMPF Österreichs Weinlandschaft kennt sie wie ihre Hosentasche und schreibt darüber in<br />
»The World of Fine Wine«, »Decanter«, der »Süddeutschen Zeitung« sowie dem Wiener »Standard«. Sie be -<br />
treut das Österreich-Kapitel in »Hugh Johnson’s Pocket Wine Book«, in ihrem Buch »Weinmacher« porträtiert<br />
sie die bedeutendsten Winzer ihres Heimatlandes.<br />
DIRK WÜRTZ war Kellermeister und Betriebslei ter in den Rheingauer Weingütern Robert Weil und Balthasar<br />
Ress. 2018 wechselte der Pfälzer wieder einmal das Rheinufer, um geschäftsführender Gesellschafter des Weinguts<br />
St. Antony in Nierstein (Rheinhessen) zu werden. In der Beteiligungsgesellschaft Tocos verant wortet der<br />
Tausendsassa außerdem die Sparte Wein. Würtz zählt zu den Weinbloggern der ersten Stun de und hat die europaweit<br />
größte Weincommunity »Hauptsache Wein« auf Facebook initiiert.<br />
VERLEGER UND HERAUSGEBER<br />
Ralf Frenzel<br />
r.frenzel@fine-magazines.de<br />
CHEFREDAKTION<br />
info@fine-magazines.de<br />
ART DIRECTOR<br />
Guido Bittner<br />
TEXTREDAKTION<br />
Boris Hohmeyer,<br />
Katharina Harde-Tinnefeld<br />
AUTOREN DIESER AUSGABE<br />
Kristine Bäder, Daniel Deckers,<br />
Jürgen Dollase, Ursula Heinzelmann,<br />
Uwe Kauss, Paul Kern, Stefan Pegatzky,<br />
Stuart Pigott, Rainer Schäfer,<br />
Luzia Schrampf, Dirk Würtz<br />
FOTOGRAFEN<br />
Guido Bittner, Rui Camilo, Johannes<br />
Grau, Marco Grundt, Arne Landwehr<br />
GRÜNDUNGSCHEFREDAKTEUR<br />
Thomas Schröder (2008–2<strong>02</strong>0)<br />
VERLAG<br />
Tre Torri Verlag GmbH<br />
Sonnenberger Straße 43<br />
65191 Wiesbaden<br />
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10 <strong>FINE</strong> 2 | 2<strong>02</strong>3 IMPRESSUM
26 <strong>FINE</strong> 2 | 2<strong>02</strong>3 NAPA VALLEY
NEUSTART<br />
PER FERNBEDIENUNG<br />
KAUM HATTEN DANIEL UND FLORENCE CATHIARD IHR WEINGUT IM<br />
NAPA VALLEY GEKAUFT, BRACH DIE CORONA-PANDEMIE AUS, UND DAS<br />
FRANZÖSISCHE PAAR KONNTE SEINE ERFAHRUNGEN MIT CHÂTEAU<br />
SMITH HAUT LAFITTE ZUNÄCHST NUR AUS DER DISTANZ EINBRINGEN.<br />
DEN ERFOLG VON CATHIARD VINEYARD UNTER DER LEITUNG VON<br />
JUSTINE LABBÉ HABEN DIESE MÜHEN JEDOCH NICHT VERHINDERT<br />
Von RAINER SCHÄFER<br />
Fotos JOHANNES GRAU<br />
Im Frühjahr 2<strong>02</strong>1 drückte Daniel Cathiard der damals 27-jährigen Justine Labbé einen Schlüsselbund<br />
in die Hand und schickte sie damit von Bordeaux nach St. Helena im kalifornischen Napa Valley. Als die<br />
junge Französin dort zum ersten Mal das Anwesen betrat, das die Familie Cathiard im Vorjahr erworben<br />
hatte, stand sie vor den vielen verschlossenen Türen, probierte, welcher Schlüssel wo passen könnte, und<br />
erkundete gespannt, was sich dahinter verbarg. »Ich öffnete eine Tür nach der anderen«, erinnert sich<br />
die Winzerin, »wow, das war aufregend, das werde ich nie vergessen!« Inzwischen lebt sie als Leiterin auf<br />
Cathiard Vineyard, dessen Premieren-Weine aus dem Jahrgang 2<strong>02</strong>0 gleich Furore gemacht haben. Die<br />
Eigentümer Florence und Daniel Cathiard, inzwischen 75 und 78 Jahre alt, besitzen im Bordelais neben<br />
dem berühmten Château Smith Haut Lafitte noch Château Le Thil sowie Anteile an Château Beauregard.<br />
Cathiard Vineyard ist ihr erstes Gut außerhalb Frankreichs, und laut Florence Cathiard haben sie damit viel<br />
vor: »Wir sind gekommen, um die besten Rotweine im Napa Valley zu erzeugen.«<br />
Eigentlich wäre das Winzerpaar, das gar nichts von einem<br />
beschaulichen Rentenalter hält, schon vollauf ausgelastet<br />
gewesen, aber dann kam diese einmalige Gelegenheit: <strong>Das</strong><br />
Weingut in St. Helena, das zur Flora Springs Winery gehörte,<br />
stand zum Verkauf. Als Daniel Cathiard Ende 2019 den Tipp<br />
bekam, zögerte er nicht lange, flog über den Atlantik, inspizierte<br />
den weitläufigen Landsitz und spürte schon nach wenigen Eindrücken:<br />
»<strong>Das</strong> ist ein einmaliger Ort, das müssen wir einfach<br />
machen.« Auch Michel Rolland, Frankreichs bekanntester Önologe<br />
und Cathiards Berater, der jeden Winkel des Tals kennt,<br />
bestärkte ihn in dieser Entscheidung: »Er sagte sofort: Mach<br />
es, Daniel!« Seit dem Kauf im Januar 2<strong>02</strong>0 zählen nun über<br />
80 Hektar Land im Napa Valley zum Familienbesitz, 24 davon<br />
sind Rebflächen.<br />
Zugegeben, das Weingut hatte schon bessere Tage gesehen,<br />
es waren einige Anstrengungen notwendig, um es in Schuss zu<br />
bringen und Weine von Format keltern zu können. »Unten auf<br />
der Talsohle hätte ich nichts gekauft«, erklärt Daniel Cathiard,<br />
der als Skifahrer und Winzer die Höhen liebt, »aber Lage und<br />
Setting sind prächtig. Hier lässt sich etwas Großes entwickeln.«<br />
Cathiard Vineyard liegt zwischen St. Helena und Rutherford<br />
am Fuß der Mayacamas Mountains, die auch die Anbaugebiete<br />
NAPA VALLEY <strong>FINE</strong> 2 | 2<strong>02</strong>3 27
Tristan-Languste, Ananas,<br />
grünes Curry, Bisque<br />
Macaron, Joghurtgelee, Lachs-Tatar,<br />
Zitronengras-Curry-Pannacotta, Mango<br />
32 <strong>FINE</strong> 2 | 2<strong>02</strong>3 CHAMPAGNE
KRUG × LEMON<br />
MIT ZITRUSFRÜCHTEN ALS ZUTATEN SOLLTEN IM ACHTEN<br />
DURCHGANG DES SINGLE-INGREDIENT-PROJEKTS KÖCHE AUS<br />
ALLER WELT SPEISEN ZUM CHAMPAGNER ENTWICKELN<br />
Von STEFAN PEGATZKY<br />
Fotos MARCO GRUNDT<br />
Schaumweine sind universelle Essensbegleiter – niemand vertritt diese Überzeugung<br />
so entschieden wie das Champagnerhaus Krug. Zum achten Mal hat nun die Maison aus<br />
Reims den Blick auf die Kombination von Champagner und Gerichten gelenkt, in denen<br />
eine einzelne Zutat dominiert. Zu den 112 Küchenchefs aus 25 Ländern, die in diesem<br />
Jahr das Projekt unterstützten, gehört Stefan Fäth vom Restaurant Jellyfish im Hamburger<br />
Schanzenviertel. Wir haben ihn dort besucht und seine Zitrus-Pairings zu Krug Grande<br />
Cuvée und Krug Rosé verkostet.<br />
Ob die Qualle eines Tages auch einmal ein<br />
»Single Ingredient« von Champagne Krug<br />
wird? Wohl eher nicht. Im Hamburger<br />
Res taurant Jellyfish jedenfalls ist das transparente<br />
Wassertier zwar Namensgeber und Wandschmuck,<br />
dient aber nicht als kulinarisches Leitmotiv, sondern<br />
steht nur symbolisch für die klare Ansage: keine<br />
Protzküche, sondern bestes Seafood. Fine Dining<br />
auf der Schanze eben. <strong>Das</strong>s dies nicht jedem ge -<br />
fiel, bekam der Vorbesitzer Hauke Neubecker zu<br />
spüren. Der hatte das ursprüngliche Konzept von<br />
hochwertigen Fischspezialitäten und Meeresfrüchten<br />
aus nachhaltigem Wildfang erdacht, aber nach<br />
vier Vandalismus-Attacken 2019 entnervt aufgegeben.<br />
Noch im gleichen Jahr übernahm Stefan Fäth<br />
das Lokal, 2<strong>02</strong>2 erkochte er sich einen Michelin-<br />
Stern. Seit Kurzem ist das Jellyfish, das Kritiker<br />
als Hamburgs bestes Fischrestaurant bezeichnen,<br />
eine sogenannte Krug Ambassade – ein Ort, der<br />
sich besonders engagiert um die Verbindung von<br />
Küche und Krug-Champagner kümmert, sodass<br />
dort Besucher den glasweisen Ausschank und ein<br />
erweitertes Portfolio, zum Beispiel eine besondere<br />
Jahrgangstiefe von Champagnern des Hauses, er -<br />
war ten dürfen.<br />
Stefan Fäth stammt aus dem Spessart, und sein<br />
Weg auf den Gipfel der hanseatischen Fischküche war<br />
etwa so ungewöhnlich wie der von Krug-Champagner<br />
ins Hamburger Szeneviertel. Der Junge wuchs auf<br />
dem Limousinhof im idyllischen Hessenthal im<br />
Landkreis Aschaffenburg auf, einem Bauernhof mit<br />
100 Hektar Grünland, den seine Familie seit Anfang<br />
des 20. Jahrhunderts besitzt. Mahlzeiten hatten dort<br />
traditionell einen hohen Stellenwert, die Großmutter<br />
bereitete für alle das Personalessen zu, geschlachtet<br />
wurde selbst. Dann übernahm der ältere Bruder<br />
Wolfgang die Leitung des Hofs, die Schwägerin<br />
die angeschlossene Vesperstube – und Stefan Fäth<br />
musste in die Welt hinaus. Nach ersten Praktika<br />
ging es zur Kochausbildung ins nahe Schlosshotel<br />
Mespelbrunn. Als Jean-Philipp Schneider 2013 in<br />
Miltenberg das elterliche Hotel übernahm und das<br />
Gourmet-Restaurant 1622 eröffnete, war Fäth mit<br />
von der Partie. Schneider hatte bei Dieter Müller<br />
und den spanischen Roca-Brüdern Drei-Sterne-<br />
Luft geschnuppert, nun begeisterte er Stefan Fäth<br />
für die Haute Cuisine.<br />
Dieter Müller suchte Leute für die<br />
»MS Europa«. Stefan Fäth heuerte an<br />
Dann öffnete Schneider dem Nachwuchstalent die<br />
Tür zur nächsten großen Adresse, Nils Henkels<br />
Res taurant im Schlosshotel Lerbach; von dort<br />
ging es über Alfred Friedrichs Frankfurter Tiger-<br />
Restaurant ins Mainzer Favorite von Philipp Stein.<br />
Dann bat Dieter Müller, der mittlerweile Küchenchef<br />
eines nach im benannten Gourmetrestaurants<br />
auf der »MS Europa« war, seinen einstigen Schüler<br />
Jean-Philipp Schneider, ihm junge Könner für eine<br />
Kreuzfahrtsaison zu empfehlen. Stefan Fäth heuerte<br />
an und arbeitete sich in drei Monaten vom Commis<br />
zum Sous-Chef hoch. Auf dieser Fahrt prägte ihn<br />
nicht nur die Kochlegende Müller, sondern vor allem<br />
die Erfahrung völlig unterschiedlicher Weltküchen<br />
und Grundprodukte, ganz vorneweg die exzellente<br />
Qualität von Fisch und Meeresfrüchten. Bald darauf<br />
arbeitete Fäth noch mal auf einem Kreuzfahrtschiff,<br />
der »MS Europa 2«, deren Tarragon als »bestes Restaurant<br />
auf See« ausgezeichnet wurde.<br />
Mittlerweile hatte Stefan Fäth eine Wohnung<br />
in Hamburg. Für kurze Zeit kochte er dort im Zwei-<br />
Sterne-Restaurant Seven Seas bei Karlheinz Hauser<br />
und, um einem Freund auszuhelfen, von Mitte bis<br />
Ende 2018 im Jellyfisch unter Stefan Barnhusen.<br />
Für kurze Zeit trennten sich dann die Wege: Fäth<br />
erhielt das Angebot, im Hotel Jagdhof Glashütte in<br />
Bad Laasphe das Gourmetrestaurant Ars Vivendi<br />
zu leiten. Kaum angekommen, musste er feststellen,<br />
dass dessen Konzept nicht weitergeführt werden<br />
sollte – während zeitgleich das Jellyfish wegen der<br />
erwähnten Vorfälle schloss. So kam zusammen, was<br />
zusammengehörte, und ruck, zuck wurde der Kaufvertrag<br />
unterzeichnet, Stefan Fäth machte sich ans<br />
Renovieren und stellte sein Team zusammen.<br />
Knapp vier Jahre später steht Fäth in seiner<br />
Kü che und tupft etwas Ananasgel auf die<br />
Schwanzflosse einer Languste. Behutsam<br />
arrangiert er einen Krustentier-Chip darauf und um -<br />
gießt die Komposition mit einer intensiven Bisque.<br />
Noch ein paar Tupfen orange und grün leuchtendes<br />
Chili- respektive Korianderöl, und der Teller kann<br />
zum Fotografen. »Tristan-Languste confiert, Ananas,<br />
grünes Curry, Bisque« heißt Fäths erster Beitrag für<br />
unser »Krug × Lemon«-Shooting, gleich danach<br />
folgt ein Macaron mit Lachs-Tatar, Zitronengras-<br />
Curry-Pannacotta, Joghurtgelee und Mango. Kaum<br />
CHAMPAGNE<br />
<strong>FINE</strong> 2 | 2<strong>02</strong>3 33
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TENUTA REGALEALI TRUG DAS BILD DES SIZILIANISCHEN WEINS<br />
SCHON IN DEN 1960ER-JAHREN IN DIE WELT<br />
Von PAUL KERN<br />
Fotos JOHANNES GRAU<br />
Die Vigna San Lucio wirkt auf den ersten Blick unspektakulär. Keine steilen Rebhänge wie an der Mosel, am<br />
Douro oder an der Côte Rôtie, kein Bett aus archaischen Lavabrocken wie am Ätna, keine straußeneigroßen,<br />
wie Skulpturen geschliffenen Steine wie in Châteauneuf-du-Pape – und vom Weinberg aus sieht man noch<br />
nicht mal das Meer. Man könnte die acht Hektar Einzellage am Fuß eines gemächlich ansteigenden Hügels<br />
im sizilianischen Hinterland für einen ganz gewöhnlichen Weinberg halten – bis man die knochigen, dickstämmigen<br />
Reben einmal näher betrachtet.<br />
Sonst zeigt sich der Rang dieses Ortes spätestens an dem<br />
brusthohen Tor, das zumindest symbolisch den Weinberg<br />
verschließt und eine unscheinbare Plakette trägt:<br />
Grande Vigna San Lucio 1959. Seit 64 Jahren schlagen diese<br />
Reben hier Wurzeln durch das Land der Familie Tasca. Obwohl<br />
deren Geschichte weitaus früher beginnt, erscheint es richtig,<br />
mit dem Grafen Giuseppe Tasca das moderne Kapitel der<br />
Familiengeschichte beginnen zu lassen – und den modernen<br />
Weinbau auf Sizilien.<br />
»Mein Großvater bereiste in den 60er-Jahren Châteauneufdu-Pape«,<br />
erinnert sich Giuseppes Enkel Alberto Tasca, »und<br />
war so begeistert, dass er so etwas auch machen wollte.«<br />
46 <strong>FINE</strong> 2 | 2<strong>02</strong>3 SIZILIEN
ÜBER DEN DINGEN<br />
SIZILIEN <strong>FINE</strong> 2 | 2<strong>02</strong>3 47
DOLCE<br />
VITA<br />
IM GROSSEN<br />
MASSSTAB<br />
64 <strong>FINE</strong> 2 | 2<strong>02</strong>3 PROSECCO
HINTER SCAVI & RAY, DER<br />
HIERZULANDE BEKANNTESTEN<br />
PROSECCO-MARKE, STEHT EIN<br />
UNTERNEHMEN IN PADERBORN.<br />
NEBEN DER ITALIEN-SEHNSUCHT<br />
WILL ES KÜNFTIG VERSTÄRKT<br />
DIE IM LAUFE DES LEBENS<br />
STEIGENDEN ANSPRÜCHE<br />
SEINER KUNDSCHAFT BEDIENEN<br />
Von PAUL KERN<br />
Fotos ARNE LANDWEHR<br />
PROSECCO <strong>FINE</strong> 2 | 2<strong>02</strong>3 65
EINE REGION WILL<br />
HOCH HINAUS<br />
IN SÜDTIROL, ITALIENS NÖRDLICHSTEM ANBAUGEBIET, GEHT<br />
ES IMMER WEITER NACH OBEN – FÜR DIE REBSTÖCKE AN DEN<br />
BERGHÄNGEN EBENSO WIE FÜR DIE QUALITÄT DER WEINE<br />
Von RAINER SCHÄFER<br />
Fotos RUI CAMILO<br />
Tramin an der Weinstraße<br />
96 <strong>FINE</strong> 2 | 2<strong>02</strong>3 SÜDTIROL
Was sich in den letzten Jahren getan hat, kann Andreas Kofler manchmal kaum glauben.<br />
Südtirol – italienisch Alto Adige – ist heute eines der gefragtesten Anbaugebiete überhaupt:<br />
In Schweden, sagt der Obmann der Cantina Kurtatsch, sei seine Heimat gerade<br />
zur Weinregion des Jahres gewählt worden, »und auch in Ländern wie Südkorea und<br />
England besteht plötzlich großes Interesse an unseren Weinen«.<br />
Eigentlich sollte das kein Wunder sein: Zwischen<br />
Meran im Norden und Salurn im Süden finden<br />
sich ungewöhnlich vielfältige geologische<br />
For mationen und vor allem Lagen mit extremen<br />
Höhenunterschieden und zahllosen Klein-Klimata.<br />
<strong>Das</strong> nördlichste Weinbaugebiet Italiens ist zugleich<br />
das derzeit lebendigste und schwungvollste, es gilt<br />
als eine der feinsten Adressen für Weißweine weltweit.<br />
Daneben haben die Rotweine weiter an Format<br />
gewonnen, die besten zählen zur internationalen<br />
Spitze. »Mit dieser Entwicklung hätte ich vor zehn<br />
Jahren überhaupt nicht gerechnet«, sagt Kofler, einer<br />
der führenden Köpfe des Südtiroler Aufschwungs.<br />
Noch als er 2014 nach Kurtatsch kam, sah die Realität<br />
weit weniger rosig aus.<br />
Südtirol war in den 1980er-Jahren weit abgeschlagen,<br />
hatte seinen Ruf als Massenproduzent<br />
von zweifelhaften Etiketten wie Kalterersee und<br />
dünnem Vernatsch ramponiert; Weißweine wie<br />
Grauburgunder und Gewürztraminer wirkten<br />
über laden, behäbig und barock. Es wurden vielerlei<br />
Rebsorten angebaut, aber oft nicht an den für<br />
sie geeigneten Plätzen, und aus Beliebigkeit wurde<br />
schließlich Profillosigkeit. Wein aus Alto Adige<br />
wurde in Tankwagen in die Nachbarländer gekarrt,<br />
verschnitten und in Literflaschen gefüllt – der Ausverkauf<br />
einer großartigen Weinlandschaft, die ihre<br />
Möglichkeiten nicht erkannte und nutzte. Südtirol<br />
war geprägt von Genossenschaften, die auf Masse<br />
setzten und den Ehrgeiz ihrer Weinbauern nicht<br />
wecken konnten.<br />
Nur einzelne Betriebe wie Alois Lageder in<br />
Margreid, Hofstätter in Tramin oder Manincor in<br />
Kaltern stemmten sich in dieser tiefen Sinnkrise<br />
gegen den Niedergang und zeigten die Chancen<br />
auf: In der spektakulären alpinen Naturlandschaft<br />
können in den Tälern von Etsch und Eisack Weißweine<br />
von außergewöhnlichem Format entstehen.<br />
Auf den roten Porphyrböden, die sich von Meran bis<br />
nach Kaltern ziehen, wachsen an kühlen Berghängen<br />
SÜDTIROL<br />
<strong>FINE</strong> 2 | 2<strong>02</strong>3 97
GRENZGÄNGER<br />
AM RAND DER STEPPE<br />
ÖSTERREICH? UNGARN? PANNONIEN! DER BURGENLÄNDER ROLAND<br />
VELICH LÄSST MIT SEINEM GUT MORIC UND DESSEN RAFFINIERTEM<br />
BLAUFRÄNKISCH EINE HISTORISCHE WEINREGION WIEDERERSTEHEN<br />
Von RAINER SCHÄFER<br />
Fotos JOHANNES GRAU<br />
Roland Velich hat gerade ein paar entspannte Tage an der Küste Istriens verbracht, natürlich mit gutem Essen,<br />
spannenden Weinen und Büchern. Entsprechend gut gelaunt erklärt der Winzer jetzt im sonnigen Hinterhof<br />
seines Hauses im burgenländischen Großhöflein, wie er zum Wein gekommen ist. Man kennt ihn auch anders:<br />
Velich, Jahrgang 1963, kann ein unbequemer Charakter sein, mit dem man sich leicht in die Haare kriegt und der<br />
nächtelang diskutieren kann, um seine Standpunkte darzulegen. »Ich nehme die Dinge ernst, die ich mache«,<br />
sagt er, »und ich mag schon gerne polarisieren.«<br />
Auf dem Weg an die Spitze hat Roland Velich viel ausprobiert<br />
und gewagt, ist öfters gestrauchelt und hat ohne<br />
Scheu vor Risiken wieder neu Anlauf genommen. Bevor<br />
er mit seinem Weingut Moric und seinem außergewöhnlichen<br />
Blaufränkisch reüssieren konnte, erzählt der Ausnahmewinzer mit<br />
dem kernigen Humor, habe er »eine klassische österreichische<br />
Karriere absolviert als Skilehrer, Croupier und Studienabbrecher«.<br />
Velich hat dem Blaufränkisch des Burgenlands aus dem Nichts<br />
zu internationalem Renommee verholfen, er hat bewiesen, dass<br />
der zu den besten Weinen der Welt zählen kann – eine bahnbrechende<br />
Pionierleistung. »Große Weine entstehen zuerst im<br />
Kopf«, weiß der intellektuelle Lebenskünstler heute. Zudem ist<br />
Velich ein Romantiker, der nun dabei ist, seinen Traum von der<br />
pannonischen Weinkultur umzusetzen: Pannonien ist ein Weinland,<br />
das nicht an Österreichs Grenzen endet.<br />
Roland Velich wuchs in Apetlon am Neusiedler See auf, sein<br />
Vater arbeitete als Lehrer in Eisenstadt und baute dazu im Nebenerwerb<br />
auf zweieinhalb Hektar Reben für Süßwein an. Als Teenager<br />
weigerte sich der Sohn, im Weinberg mitzuhelfen: »Ich<br />
hatte anderes im Kopf, bis das Wein-Virus zugebissen hat, das<br />
man sich ein Leben lang einfängt.« Roland Velich zog es fort<br />
aus dem abgelegenen Seewinkel, wo Soldaten die ungarische<br />
Grenze mit Kalaschnikows bewachten. Er studierte in Wien Jura,<br />
begann sich aber schon bald zu fragen: »Um Gottes willen, was<br />
mache ich da?« Danach versuchte er sich noch am Studium von<br />
Naturwissenschaften, Politik und Publizistik, das er ebenfalls<br />
wieder abbrach. Um über die Runden zu kommen, arbeitete er<br />
als Croupier im Casino. Bald sei ihm »das Leben in die Quere<br />
gekommen«, erzählt Velich – er wurde Vater und zog mit seiner<br />
ersten Frau nach Eisenstadt, schon den Weinbau in Gedanken.<br />
Gemeinsam mit seinem jüngeren Bruder Heinz, der »noch vor<br />
der Matura stand«, dem österreichischen Abitur, beschloss Roland<br />
Velich, in Apetlon Wein zu erzeugen. »Ich war enthusiastisch«,<br />
sagt er, ganz im Gegensatz zum Gros der Winzer in Österreich, die<br />
nach dem Glykolwein-Skandal Mitte der 80er-Jahre »verzweifelt<br />
waren« und nach Auswegen suchten. Die meisten bauten auf<br />
mächtige, oft »likörhafte« Rotwein-Cuvées aus internationalen<br />
Rebsorten »mit ganz viel Toasting und Holz«. Velich hingegen<br />
empfand vor allem finessenreichen Chardonnay aus Burgund<br />
als Inspiration, die »frankozentristische Weinwelt« faszinierte<br />
ihn. 1989, Roland Velich war 26, füllten die Brüder ihren ersten<br />
Wein ab und machten sich mit dem Chardonnay Tiglat bald<br />
einen Namen. Velich aber zweifelte, »ich wollte meine Ideen<br />
eindeutiger leben« – typisch für den eigenwilligen Winzer, der<br />
106 <strong>FINE</strong> 2 | 2<strong>02</strong>3 BURGENLAND
BURGENLAND<br />
<strong>FINE</strong> 2 | 2<strong>02</strong>3 107
112 <strong>FINE</strong> 2 | 2<strong>02</strong>3 BURGENLAND
MODERNE<br />
AUS DEM BAROCKSCHLOSS<br />
DIE WEINE VON SCHLOSS HALBTURN IM NÖRDLICHEN BURGENLAND<br />
WOLLEN SICH MIT DEN ALLERBESTEN MESSEN. BORDEAUX HAT MAN<br />
SICH IN VIELERLEI HINSICHT ZUM VORBILD GENOMMEN<br />
Von LUZIA SCHRAMPF<br />
Fotos JOHANNES GRAU<br />
Schloss Halbturn liegt in der Pannonischen Tiefebene, die sich von hier, etwa 70 Kilometer östlich von Wien<br />
an der Grenze zu Ungarn, weit nach Osten ausbreitet. Pannonien bedeutet Wärme und dahinfließendes<br />
Flachland mit wenigen sehr, sehr sanften Erhebungen. Gegliedert wird diese Landschaft durch Windschutzgürtel.<br />
<strong>Das</strong> sind lange, mit Bäumen und Sträuchern bepflanzte Streifen, die der Bodenerosion durch Wind<br />
und Wetter entgegenwirken und nicht nur optisch, sondern auch biologisch Abwechslung in die intensiv<br />
genutzten Felder bringen.<br />
Zum Schloss Halbturn am Rande der gleichnamigen Ortschaft<br />
gehören mehr als 3000 Hektar Grundbesitz, neben<br />
dem Schlosspark mit prächtigen alten Bäumen vor allem<br />
Agrarland. 1450 Hektar davon sind biologisch zertifiziert, die<br />
rund 50 Hektar großen Weingärten zählen nicht dazu. Nach<br />
einem Monitoring wurde 2<strong>02</strong>2 ein Teil davon gerodet, derzeit<br />
sind rund 34 Hektar Rebflächen im Ertrag. Sie verteilen sich<br />
auf zwei Standorte: Der Großteil, 26 Hektar, liegt nur etwa<br />
zehn Autominuten vom Schloss entfernt, zu den übrigen acht<br />
Hektar Terrassenanlagen bei Jois fährt man eine knappe halbe<br />
Stunde am Neusiedler See entlang nach Westen.<br />
<strong>Das</strong> barocke Schloss wurde von 1701 bis 1711 unter der<br />
Lei tung Johann Lucas von Hildebrandts errichtet, eines Stararchitekten<br />
im damaligen Habsburgerreich, der vor allem in<br />
Wien prägende Bauwerke hinterlassen hat, etwa das Untere und<br />
das Obere Belvedere, aber auch Garten und Schloss Mirabell<br />
im damals noch eigenständigen Erzbistum Salzburg. Schloss<br />
Halbturn diente im Laufe der Zeit unter anderem als Jagd- und<br />
Sommerresidenz der Habsburger und als kaiserliches Gestüt,<br />
hatte gegen Ende des 19. Jahrhundert eine eigene Bahn zum<br />
Training von Rennpferden und besaß damals auch den ersten<br />
Tennisplatz der Monarchie. Heute ist es ein Großbetrieb mit<br />
Äckern, Weingut, einem Restaurant, einem Kulturbetrieb und<br />
einem eigenen Windpark. Dazu wurde im Oktober 2<strong>02</strong>2 ein<br />
Fotovoltaikpark begonnen, durch den hier nach allen Ausbaustufen<br />
eines der größten Kombinationskraftwerke für Windund<br />
Sonnenenergie Mitteleuropas entstehen soll. Im Schloss<br />
selber finden nur die Klassikkonzerte statt, im sogenannten<br />
BURGENLAND<br />
<strong>FINE</strong> 2 | 2<strong>02</strong>3 113
DANIEL DECKERS<br />
ZWISCHEN WÜSTE<br />
UND PARADIES<br />
DIE WECHSELVOLLE GESCHICHTE DES WEINBAUS<br />
AN DER PORTA BOHEMICA<br />
Nein, Böhmen liegt nicht am Meer, ganz gleich, was in William Shakespeares Schauspiel<br />
»The Winter’s Tale« steht. Der Dichter wollte in der kurzen Sequenz »Bohemia, a desert<br />
country near the sea« wohl eine Formel für das ganz und gar Unmögliche finden. Also verlegte<br />
er das rundum von Land und von drei Seiten sogar von Bergketten umschlossene<br />
Böhmen nicht nur an die Küste, sondern machte aus der als äußerst fruchtbar geltenden<br />
Region gleich noch einen Wüstenstaat.<br />
118 <strong>FINE</strong> 2 | 2<strong>02</strong>3 WEIN & ZEIT
WEIN & ZEIT XLVII<br />
Fotos: Státního okresního archivu Litoměřice<br />
Ganz anders wirken die böhmischen Berglandschaften bei Caspar David Friedrich. Am<br />
echten Meer kannte sich der Maler der Romantik aus, war er doch 1774 in Greifswald<br />
geboren worden. Der »Wanderer über dem Nebelmeer«, der dem Betrachter wie viele<br />
Figuren Friedrichs den Rücken zuwendet, lenkt den Blick aber nicht wie der »Mönch<br />
am Meer« nach Norden, sondern nach Süden. Im Hintergrund der zwischen Traum und<br />
Realität changierenden Bildkomposition ragt ein Vulkankegel auf, dessen Flanken so<br />
ebenmäßig ansteigen wie die Seiten eines gleichschenkligen Dreiecks.<br />
Tatsächlich fesselten den Künstler, der sich in<br />
der zweiten Hälfte seines Lebens in Dresden<br />
niedergelassen hatte, nicht nur die bizarren<br />
Sandsteinformationen der Sächsischen Schweiz:<br />
Von deren Höhen aus zeichneten sich unter einem<br />
dunstig blauen südlichen Himmel die Silhouetten<br />
einer ganz anderen Bergwelt ab. Ob Milleschauer,<br />
Rosenberg oder Kletschen – gleich, welche der vielen<br />
Basaltkegel der Maler in ein unvergleichliches Licht<br />
tauchte, verwandelte er reale Landschaften in Sehnsuchtsorte<br />
jenseits von Raum und Zeit.<br />
Obwohl Friedrich sich das nordböhmische Mittelgebirge,<br />
das Iser- und das Riesengebirge so eingehend<br />
anverwandelt hat wie kein Künstler vor oder<br />
nach ihm, war ihm ein landschaftsprägendes Element<br />
nicht einmal eine Skizze wert: der Weinbau. Dabei<br />
wurde die Elbe wie in Sachsen zwischen Pillnitz und<br />
Meißen auch in ihrem böhmischen Teil auf einigen<br />
Dutzend Kilometern von Rebbergen gesäumt. Sie<br />
setzten bald hinter Aussig ein, folgten dem Engtal<br />
bis an die von Lobosch und Radebeule bewachte<br />
Böhmische Pforte und verloren sich dann in den<br />
Hängen ostwärts der königlichen Stadt Leitmeritz.<br />
Doch wie in den Bildern seines englischen Zeitgenos<br />
sen William Turner, der sich bei vielen Reisen<br />
aufs europäische Festland am Rhein und an dessen<br />
Nebenflüssen aufhielt, sucht man bei Friedrich vergebens<br />
Motive, die auf Rebbau hindeuten – ganz so,<br />
als wäre Böhmen in Sachen Wein wirklich eine Wüste.<br />
Mögliche Gründe für diese Leerstelle braucht<br />
man nicht lange zu suchen. Einerseits war und ist der<br />
böhmische Weinbau nicht nur im Vergleich mit den<br />
Anbaugebieten am Rhein unbedeutend, sondern auch<br />
mit dem an Niederösterreich grenzenden Mäh ren.<br />
Überdies erlauben die natürlichen Gegebenhei ten<br />
entlang des nördlichen 50. Breitengrades Qualitäts<br />
weinbau nur in besonders geschützten Hangund<br />
Steillagen. Doch sogar dort waren die Reben<br />
nicht nur Zeugen einer jahrhundertelangen Gewaltgeschich<br />
te, die selbst in Mitteleuropa ihresgleichen<br />
sucht. Immer wieder, bis ins 20. Jahrhundert hinein,<br />
wurden sie zudem deren Opfer.<br />
Angefangen hatte es mit dem Weinbau im<br />
böh mischen Elbtal wie vielerorts. Im Zuge der<br />
Christianisierung und der Festigung seiner Macht<br />
beschenkte oder belehnte ein Landesherr Klöster,<br />
Stifte oder Kathedralkapitel mit Grund und Boden,<br />
am besten gleich mit Rebbergen. Die Loyalität der<br />
Geistlichen war dem Herrscher sicher, denn der Weinverbrauch<br />
der Klös ter<br />
war hoch – sei es bei der<br />
Feier der Gottesdiens te,<br />
während der Mahlzeiten<br />
oder am Tisch des<br />
Abtes. So wis sen wir,<br />
dass sich un ter den ersten<br />
Nutznie ßern des<br />
Wein baus in Böh men<br />
jene Mönche befanden,<br />
die um das Jahr 1140 auf<br />
Bit ten des Přemysli den-<br />
Königs Wladislaw II. aus<br />
dem Prämonstratenserkloster<br />
Steinfeld in der<br />
Eifel das Kloster Strahov<br />
nahe der Prager Burg<br />
besiedelt hatten. Ein<br />
schlechter Tausch war<br />
das nicht: In der Residenzstadt an der Moldau<br />
tranken die Prämonstratenser Wein aus der Herrschaft<br />
Lobositz an der Böhmischen Pforte, und auch<br />
im Umfeld des Klosters gediehen die Reben gut.<br />
Ob die Mönche auf ihrer Reise vom Rhein an<br />
die Moldau Weinstöcke im Gepäck hatten, wie<br />
gern erzählt wird, wäre noch zu beweisen – es ist<br />
so zweifelhaft wie die Geschichte von den Zisterziensern,<br />
die im 12. Jahrhundert Burgundersorten<br />
in halb Europa heimisch gemacht haben sollen.<br />
Vielmehr steht fest, dass schon um die Mitte des<br />
11. Jahrhunderts Reben an Nordböhmens klimatisch<br />
begünstigen Südhängen standen. Deutschsprachige<br />
Siedler hatten sie an der Elbe bis Melnik und weiter<br />
die Moldau hinauf bis über Prag hinaus heimisch<br />
gemacht. Vor allem galt dies für den lang gestreckten<br />
Fuß des 570 Meter hohen linkselbischen Lobosch<br />
sowie für die steilen Hänge rechts des Flusses, die sich<br />
von der Radebeule, dem vier Kilometer elbabwärts<br />
gelegenen Hausberg von Leitmeritz (Litoměřice), in<br />
das Engtal der Elbe hineindrehten.<br />
Die sächsischen Mönche schätzten<br />
die Weinberge elbaufwärts<br />
Die Prager Prämonstratenser konnten von der Herrschaft<br />
Lobositz nicht lange profitieren: Im Jahr 1251<br />
wurde sie für 900 Mark Silber an die Zisterzienser<br />
der Abtei Altzella bei Meißen verkauft. Sicherlich<br />
schätzten die sächsischen Mönche die Getreide-,<br />
Heu- und Obsternten, welche das Land an der Süd -<br />
flanke des böhmischen Mittelgebirges abwarf,<br />
Zum Lehrplan der Acker-, Obst-<br />
und Weinbauschule im Städtchen<br />
Leitmeritz, tschechisch Litoměřice,<br />
am Fuß des Kegelbergs Radebeule<br />
gehörten Übungen im Rebschnitt<br />
WEIN & ZEIT <strong>FINE</strong> 2 | 2<strong>02</strong>3 119
<strong>FINE</strong> DAS WEINMAGAZIN 3|2<strong>02</strong>3 erscheint<br />
im September 2<strong>02</strong>3<br />
… voraussichtlich mit diesen Themen: RHEINHESSEN Der Spitzen-Riesling G-Max<br />
von Klaus Peter Keller RIESLING-PROBE Die 100 besten deutschen Rieslinge des<br />
Jahrgangs 2019 WELTRARITÄTEN-VERKOSTUNG 100 Riesling-Jahrgänge seit<br />
1893 RHEINGAU Gunter Künstler BURGUND Der Bonnes-Mares Grand Cru von<br />
Comte Georges de Vogüé SIZILIEN Der Weinboom am Ätna RUMÄNIEN <strong>Das</strong> Beste<br />
aus der Mädchentraube KALIFORNIEN Die Napa-Valley-Größen Joseph Phelps<br />
Vineyards und Dalla Valle mit seiner Ornellaia-Kooperation DVO sowie die Schug<br />
Winery in Sonoma SÜDAFRIKA Die Güter Uva Mira, Stark-Condé und Kanonkop<br />
DAS GROSSE DUTZEND Der Poggio Valente der Fattoria Le Pupille GASTRO-<br />
GUIDES Hornstein-Ranking – die Quintessenz der Tests WEIN & SPEISEN<br />
Jürgen Dollase isst bei Sebastian Zier und Richard Schmidtkonz im Sankt Galler<br />
Einstein WEIN & ZEIT Die Blüte des Weinbaus in Mähren KOLUMNEN von Ursula<br />
Heinzelmann, Stuart Pigott sowie den Kombattanten Uwe Kauss und Dirk Würtz<br />
144 <strong>FINE</strong> 2 | 2<strong>02</strong>3
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<strong>FINE</strong> 2 | 2<strong>02</strong>3 145
<strong>FINE</strong>ABGANG<br />
GEBEN UND NEHMEN<br />
So viele Liebhaber die Weine aus Kalifornien hierzulande auch gefunden<br />
haben, ein gewisses Misstrauen gegenüber ihren Erzeugern ist vielfach<br />
geblieben. <strong>Das</strong> kommt wohl hauptsächlich von der nach europäischen<br />
Maß stäben kaum fassbaren Größe von Unternehmen wie Constellation Brands,<br />
das 2004 Robert Mondavi sein Gut im Napa Valley abgekauft hat – als könnten<br />
nicht auch (oder wegen der wirtschaftlichen Möglichkeiten: gerade) dort brillante<br />
Könner am Werk sein. Überhaupt haben in Kalifornien und Oregon immense<br />
Pro fessionalität und die Bereitschaft, sich immer wieder selbst zu erneuern, Res -<br />
sourcen freigesetzt, die ihresgleichen suchen, mit Wechselwirkungen zwischen<br />
Volumen, Qualität und Preis. Der aktuelle Umbau der Mondavi Winery dürfte<br />
trotz der riesigen Investition von mehr als 200 Millionen Dollar ein gutes Geschäft<br />
werden, für die Betreiber ebenso wie für uns Genießer.<br />
<strong>Das</strong> Verhältnis von alter und neuer Weinwelt war stets von Geben und Nehmen<br />
geprägt, und das wird auch so bleiben. Die Richtung kann dabei freilich ab und<br />
zu wechseln, gilt doch hier wie überall: Wo etwas gut gemacht wird, können die<br />
anderen was lernen. Aurelio Montes liegt sicher nicht ganz falsch, wenn er in<br />
unserem Interview mutmaßt, die Wendung seiner französischen Kollegen hin<br />
zu wuchtigeren Weinen habe Vorbilder aus Übersee. Andererseits entspricht<br />
die Stilistik mancher amerikanischer Güter, allen voran Mondavi, durchaus dem<br />
europäischen Geschmack, bietet größere Finesse und Eleganz mit weniger Alkohol,<br />
als dem Klischee entspräche. Zudem entdecken immer mehr Weinfreunde in den<br />
USA die Qualitäten klassischer Burgunder. Selbst für Parker-Fans kommt mal<br />
eine Zeit der Neubesinnung.<br />
Ihr Ralf Frenzel<br />
Verleger und Herausgeber<br />
146 <strong>FINE</strong> 2 | 2<strong>02</strong>3 ABGANG
A Masterpiece of Champagne<br />
Die handgefertigten Champagner aus dem Hause Alfred Gratien glänzen<br />
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