27.12.2012 Aufrufe

VII ZR 194/06

VII ZR 194/06

VII ZR 194/06

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Die Rechtsfolgen mangelhafter<br />

Leistungsbeschreibung<br />

Rechtsanwalt Peter Oppler<br />

Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht


Haghsheno/Kaben, Jahrbuch Baurecht 2005<br />

Streitursachen<br />

Leistungsänderung<br />

Zusätzliche Leistungen<br />

Unklarheiten im Vertrag<br />

Fehlerhaftes LV<br />

Fehlende Planunterlagen<br />

Mangelhafte Bauleistung<br />

Fehlende Vorleistung<br />

Fristenüberschreitung<br />

Zahlungsverzug<br />

Fehlerhafte Kalkulation<br />

Fehlendes Know-How<br />

Insolvenz<br />

Schlechte Prüfbarkeit der Rechnung<br />

Wettereinfluss<br />

Materiallieferung<br />

Streik<br />

Gesetzesänderungen<br />

Streitursachen<br />

12,2<br />

12,0<br />

14,8<br />

17,5<br />

26,8<br />

24,5<br />

23,5<br />

29,1<br />

37,9<br />

44,2<br />

41,9<br />

41,3<br />

40,8<br />

51,9<br />

50,6<br />

49,7<br />

55,1<br />

0 10 20 30 40 50 60<br />

Mittelwert der Häufigkeitsangaben in %


Bauzeitverzögerung<br />

Keine zukünftige<br />

Zusammenarbeit<br />

Gerichtliche<br />

Auseinandersetzung<br />

Kündigung durch einen<br />

Vertragspartner<br />

Haghsheno/Kaben, Jahrbuch Baurecht 2005<br />

Konfliktkonsequenzen<br />

Baustillstand<br />

Konsequenzen von Konflikten<br />

17,0<br />

16,8<br />

32,3<br />

37,4<br />

37,1<br />

0 5 10 15 20 25 30 35 40<br />

Mittelwert der Häufigkeitsangaben in %


Haghsheno/Kaben, Jahrbuch Baurecht 2005<br />

Erfahrung mit Konfliktlösungsverfahren<br />

Gericht<br />

Selbständiges<br />

Beweisverfahren<br />

Schiedsgutachten<br />

Schiedsgericht<br />

Schlichtung<br />

Mediation<br />

Erfahrung mit Konfliktlösungsverfahren<br />

19,7<br />

28,9<br />

40,8<br />

65,8<br />

76,3<br />

80,3<br />

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90


Haghsheno/Kaben, Jahrbuch Baurecht 2005<br />

Wirksamkeit von Konfliktlösungsverfahren<br />

Selbständiges<br />

Beweisverfahren<br />

Schlichtung<br />

Schiedsgutachten<br />

Schiedsgericht<br />

Mediation<br />

Anteil der positiven Bewertungen bzgl. der Wirksamkeit von<br />

Konfliktlösungsverfahren<br />

Gericht<br />

21,4<br />

41,3<br />

45,3<br />

44,6<br />

48,1<br />

50,0<br />

0 10 20 30 40 50 60


90<br />

80<br />

70<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

Haghsheno/Kaben, Jahrbuch Baurecht 2005<br />

Ansätze zur Konfliktvermeidung<br />

30,3<br />

Vermeidung durch juristischen Beistand?<br />

69,7<br />

60,9<br />

39,1<br />

Gesamt Juristen Bauingenieure<br />

17<br />

83<br />

Ja<br />

Nein


90<br />

80<br />

70<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

Haghsheno/Kaben, Jahrbuch Baurecht 2005<br />

Ansätze zur Konfliktvermeidung<br />

76,3<br />

Vermeidung durch bessere Kommunikation?<br />

23,7<br />

73,9<br />

26,1<br />

77,4<br />

22,6<br />

Gesamt Juristen Bauingenieure<br />

Ja<br />

Nein


100<br />

90<br />

80<br />

70<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

Haghsheno/Kaben, Jahrbuch Baurecht 2005<br />

Ansätze zur Konfliktvermeidung<br />

Vermeidung durch bessere Vertragsgestaltung?<br />

77,6<br />

22,4<br />

87<br />

13<br />

73,6<br />

26,4<br />

Gesamt Juristen Bauingenieure<br />

Ja<br />

Nein


100<br />

90<br />

80<br />

70<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

Haghsheno/Kaben, Jahrbuch Baurecht 2005<br />

Ansätze zur Konfliktvermeidung<br />

15,8<br />

84,2<br />

Vermeidung durch Partnering?<br />

34,8<br />

65,2<br />

7,5<br />

92,5<br />

Gesamt Juristen Bauingenieure<br />

Ja<br />

Nein


120<br />

100<br />

80<br />

60<br />

40<br />

20<br />

0<br />

Haghsheno/Kaben, Jahrbuch Baurecht 2005<br />

Ansätze zur Konfliktvermeidung<br />

Vermeidung durch Gesetze bzw. Richtlinienänderung?<br />

10,8<br />

89,2<br />

100<br />

17<br />

83<br />

Gesamt Juristen Bauingenieure<br />

Ja<br />

Nein


Ausgangspunkt Vertragsleistung<br />

Charakteristik des Werkvertrags:<br />

Durch den Werkvertrag verpflichtet sich der Unternehmer zur Herstellung<br />

des versprochenen Werks. der Besteller zur Entrichtung der vereinbarten<br />

Vergütung. Die vereinbarte Vergütung ist das Äquivalent für das<br />

versprochene Werk.<br />

Folgen hieraus:<br />

a) Verlangt der Auftragnehmer einen Nachtrag, muss der<br />

zwangsläufig darlegen, dass sich an dem vertraglich versprochenen Werk<br />

oder seiner Herstellung seit Vertragsschluss Dinge geändert haben, die<br />

einen Anspruch auf finanziellen Ausgleich gegenüber dem Besteller<br />

rechtfertigen.<br />

b) Ist das versprochene Werk mangelhaft, muss der Unternehmer<br />

hierfür im Rahmen seiner Mängelhaftung einstehen.<br />

In beiden Fällen ist die Frage von Bedeutung: Was ist das versprochene<br />

Werk?


Die Leistungsbeschreibung<br />

VOB: Bestandteil der Verdingungsunterlagen<br />

vgl. etwa § 1 Abs. 2 VOB/B<br />

„Bei Widersprüchen im Vertrag gelten nacheinander:<br />

a) die Leistungsbeschreibung,<br />

b) die Besonderen Vertragsbedingungen,<br />

c) etwaige Zusätzliche Vertragsbedingungen,<br />

d) – f) u.s.w.<br />

Übernahme des Begriffs Leistungsbeschreibung aus der VOB/A, vgl.<br />

z.B. §§ 6 Abs. 1 VOB/A (Einsetzung der Preise in die<br />

Leistungsbeschreibung) oder 9 VOB/A (Beschreibung der Leistung)<br />

� wettbewerbliche Prägung des Begriffs Leistungsbeschreibung<br />

BGH: Gesamtheit aller Angaben zur Definition<br />

der vertraglich geschuldeten Leistung des AN<br />

� vertragsrechtliche Prägung des Begriffs Leistungsbeschreibung


§ 9 VOB/A (Auszug):<br />

Die Leistungsbeschreibung<br />

1. Die Leistung ist eindeutig und so erschöpfend zu beschreiben,<br />

dass alle Bewerber die Beschreibung im gleichen Sinne<br />

verstehen müssen und ihre Preise sicher und ohne umfangreiche<br />

Vorarbeiten berechnen können. ………….<br />

2. Dem Auftragnehmer darf kein ungewöhnliches Wagnis<br />

aufgebürdet werden für Umstände und Ereignisse, auf die er<br />

keinen Einfluss hat und deren Einwirkung auf die Preise und<br />

Fristen er nicht im Voraus schätzen kann.<br />

3. – 17. ………u.s.w.


§ 9 VOB/A:<br />

Die Leistungsbeschreibung<br />

Leistungsbeschreibung mit Leistungsverzeichnis:<br />

11. Die Leistung soll in der Regel durch eine allgemeine Darstellung<br />

der Bauaufgabe (Baubeschreibung) und ein in Teilleistungen<br />

gegliedertes Leistungsverzeichnis beschrieben werden.<br />

Leistungsbeschreibung mit Leistungsprogramm:<br />

16.(1) Das Leistungsprogramm umfasst eine Beschreibung der<br />

Bauaufgabe, aus der die Bewerber alle für die<br />

Entwurfsbearbeitung und ihr Angebot maßgebenden<br />

Bedingungen und Umstände erkennen können und in der sowohl<br />

der Zweck der fertigen Leistung als auch die an sie gestellten<br />

technischen, wirtschaftlichen, gestalterischen und<br />

funktionsbedingten Anforderungen angegeben sind, sowie<br />

gegebenenfalls ein Musterleistungsverzeichnis, in dem die<br />

Mengenangaben ganz oder teilweise offen gelassen sind.


§ 9 VOB/A:<br />

Die Leistungsbeschreibung<br />

vertragsrechtliche Bedeutung gering:<br />

-- Normadressat nur öffentliche Auftraggeber<br />

-- VOB/A konforme Auslegung möglich<br />

-- Nachtrag vor Schadensersatzanspruch wegen Verletzung von<br />

VOB/A-Ausschreibungsgrundsätzen<br />

-- Problem des Schadensersatzes: Enttäuschung schutzwürdigen<br />

Vertrauens und Rückfrageobliegenheiten


Technik der Leistungsbeschreibung<br />

Grundsätzlich gibt es zwei Beschreibungstechniken:<br />

Die eine (a) beschreibt, was zu tun ist,<br />

die andere (b) was herauskommen soll.<br />

Technik (a) ist also eine (detaillierte) Produktionsanweisung,<br />

Technik ( b) eine (funktionale) Produktbeschreibung.<br />

Beispiel: Baugrube


Technik der Leistungsbeschreibung<br />

Boden für Baugrube ausheben und abtransportieren,<br />

oder<br />

oder<br />

oder<br />

-- Bodenklasse 3-5, 5.000 m³, Lage und Einmessung nach Plan<br />

-- Lage und Einmessung nach Plan<br />

-- 5.000 m³ (50x20x5)<br />

Herstellen der Baugrube<br />

oder<br />

oder<br />

-- auf dem Grundstück<br />

-- für Gebäude xy<br />

-- nach Wahl des AG


Technik der Leistungsbeschreibung<br />

Grundsätzlich keine Rechtsvorgaben zu Art, Weise,<br />

Abfassungspflicht und Detaillierung der Leistungsbeschreibung<br />

Vertragsrechtlich ausreichend für die Wirksamkeit des Vertrags ist<br />

allein, dass die Leistung bestimmbar vereinbart ist.<br />

Ausnahmen:<br />

Vertragliche Vereinbarungen, etwa § 3 Abs. 1 VOB/B<br />

In der Praxis ergibt sich häufig aus dem Erklärungsverhalten des<br />

Auftraggebers vor und bei Vertragsschluss, insbesondere aus der<br />

Art der gewählten Beschreibungstechnik und der Intensität der<br />

Leistungsbeschreibung, ob und inwieweit er das Recht für sich in<br />

Anspruch nimmt, dem Auftragnehmer konkrete Leistungs- und<br />

Ausführungsvorgaben zu machen. Diesem Recht korrespondieren<br />

dann aber auch Pflichten und Mitwirkungsobliegenheiten.


Technik der Leistungsbeschreibung<br />

§ 3 VOB/B: Ausführungsunterlagen<br />

1. Die für die Ausführung nötigen Unterlagen sind<br />

dem Auftragnehmer unentgeltlich und rechtzeitig<br />

zu übergeben.<br />

Anmerkung: Selbstverständlich kann etwas anderes<br />

vereinbart werden, sogar ganz leicht, vgl. § 305 b BGB,<br />

Vorrang der Individualabrede


Technik der Leistungsbeschreibung<br />

BGH , Urteil vom 22. 3. 1984 - <strong>VII</strong> <strong>ZR</strong> 50/82 = BauR 1984, 395<br />

(Druckwasserisolierung)<br />

………………<br />

Gemäß § 3 Nr. 1 VOB/B gehört es zu den Pflichten des Bauherrn,<br />

dem Bauunternehmer einwandfreie Pläne und Unterlagen zur<br />

Verfügung zu stellen. Bedient er sich dazu eines Architekten,<br />

dessen Bau- und Leistungsbeschreibung eine unzureichende<br />

Grundwasserisolierung aufweist, so hat er für dieses<br />

Planungsverschulden und die darauf beruhenden Mängel des<br />

Bauwerks nach §§ 254, 278 BGB (mit-)einzustehen (BGH NJW<br />

1972, 447 Nr. 12; 1973, 518; Senatsurteil vom 15. Dezember 1969 –<br />

<strong>VII</strong> <strong>ZR</strong> 8/68 = BauR 1970, 57, 59 = WM 1970, 354, 356).


Die mangelhafte Leistungsbeschreibung<br />

Die Leistungsbeschreibung kann in zweierlei Hinsicht mangelhaft<br />

sein:<br />

a) Sie ist von der Beschreibungstechnik her einwandfrei, also<br />

eindeutig, beschreibt jedoch ein Werk (oder dessen Herstellung),<br />

das nicht einwandfrei, in der Praxis oft vor allem nicht zur<br />

vorgesehenen Verwendung geeignet ist.<br />

Beispiele: Fall Flachgründung, Fall Druckwasserisolierung


Die mangelhafte Leistungsbeschreibung<br />

Die Leistungsbeschreibung kann in zweierlei Hinsicht mangelhaft<br />

ein:<br />

b) Sie ist von der Beschreibungstechnik her nicht einwandfrei,<br />

weil sie keine eindeutige Aussage über das vertraglich vom AN<br />

geschuldete Werk trifft. Sie ist unklar oder widersprüchlich.<br />

Beispiel: Fall Schallschutztüren<br />

c) Sie kann natürlich auch beides sein.


Fehlende Verwendungseignung<br />

Wesen des Werkvertrags<br />

1. Durch den Abschluss eines Werkvertrags verpflichtet sich der<br />

Auftragnehmer, einen bestimmten Werkerfolg herbeizuführen. Es<br />

reicht nicht aus, wenn er nur die hierzu erforderlichen Tätigkeiten<br />

erbringt, solange der Werkerfolg nicht tatsächlich eintritt.<br />

2. Der Werkerfolg ist nur dann herbeigeführt, wenn die Werkleistung<br />

des Unternehmers den vertraglich vorausgesetzten<br />

Verwendungszweck funktionsgerecht erfüllt.<br />

Beispiel: Fall Blockheizkraftwerk


Fehlende Verwendungseignung<br />

BGH, Urteil vom 08.11.2007 - <strong>VII</strong> <strong>ZR</strong> 183/05,<br />

(Blockheizkraftwerk, IBR 2008, 77)<br />

Der AG beabsichtigt, für ein nicht an das öffentliche Stromnetz<br />

angeschlossenes Forsthaus ein Blockheizkraftwerk errichten zu<br />

lassen. Dieses Kraftwerk soll den gesamten Strom- und den<br />

gesamten Heizungsbedarf des Forsthauses decken.<br />

Mit der Errichtung des Blockheizkraftwerks beauftragt der AG<br />

den G, mit der Installation der Heizung den H.<br />

Der AG lehnte die Abnahme der Heizungsanlage (AN H) ab, weil<br />

das Forsthaus nicht ausreichend erwärmt wird. Der dazu<br />

notwendige Stromverbrauch des Blockheizkraftwerks (AN G) wird<br />

nicht abgerufen.


Fehlende Verwendungseignung<br />

BGH, Urteil vom 08.11.2007 - <strong>VII</strong> <strong>ZR</strong> 183/05,<br />

(Blockheizkraftwerk, IBR 2008, 77)<br />

Der vertraglich geschuldete Erfolg bestimmt sich nicht allein nach<br />

der zu seiner Erreichung vereinbarten Leistung oder<br />

Ausführungsart, sondern auch danach, welche Funktion das Werk<br />

nach dem Willen der Parteien erfüllen soll.<br />

Danach ist die von der Klägerin errichtete Heizungsanlage<br />

mangelhaft. Die Errichtung der Heizungsanlage und deren<br />

Anschluss an das Blockheizkraftwerk wurde in Auftrag gegeben, um<br />

das Forsthaus D. ausreichend zu beheizen und mit Warmwasser zu<br />

versorgen. Diesen vertraglich vereinbarten Gebrauchszweck kann<br />

die Anlage nicht erfüllen. Die Heizkörper werden nicht durchgehend<br />

ausreichend erwärmt. sind.


Fehlende Verwendungseignung<br />

BGH, Urteil vom 08.11.2007 - <strong>VII</strong> <strong>ZR</strong> 183/05,<br />

(Blockheizkraftwerk, IBR 2008, 77)<br />

Ohne Bedeutung ist, dass die von der Klägerin einzubauenden<br />

Teile der Heizungsanlage …. für sich gesehen ordnungsgemäß<br />

errichtet sind. Denn das führt nicht dazu, dass die vereinbarte<br />

Funktion erfüllt ist. Ohne Bedeutung ist auch, dass die mangelnde<br />

Funktion der Heizungsanlage ausschließlich darauf zurückzuführen<br />

ist, dass das Blockheizkraftwerk keine ausreichende Wärme zur<br />

Verfügung stellt. Denn ein Werk ist auch dann mangelhaft, wenn es<br />

die vereinbarte Funktion nur deshalb nicht erfüllt, weil die vom<br />

Besteller zur Verfügung gestellten Leistungen anderer Unternehmer,<br />

von denen die Funktionsfähigkeit des Werkes abhängt,<br />

unzureichend sind.


Fehlende Verwendungseignung<br />

BGH, Urteil vom 16. Juli 1998 - <strong>VII</strong> <strong>ZR</strong> 350/96<br />

(Haussanierung, BauR 1999, 37)<br />

Hinsichtlich der Decken und Böden enthält der Vertrag folgende Regelungen:<br />

"...<br />

Komplettes Herstellen von Fußböden aus Trockenestrichelementen, bestehend<br />

aus einem Papierrieselschutz, einer bis zu 20 mm starken Ausgleichsschicht aus<br />

Perliten, sowie 20 mm starke Fermacel-Platten mit Stufenfalz.<br />

...<br />

Herstellen von planebenen, aus 12,5 mm starken Gipsfaserplatten bestehenden<br />

Decken.<br />

...<br />

Herstellen von Trennwänden aus Gipsfaserplatten, einschließlich dem<br />

Herstellen eines 75 mm starken Ständerwerkes sowie dem beidseitigen<br />

Beplanken mit 12,5 mm starken Gipsfaserplatten.<br />

...<br />

Einarbeiten von 50 mm Dämmmatten in sämtliche Trockenbauwände.<br />

…<br />

usw.<br />

Unstreitig wurden hierdurch bei der Neuherstellung der entkernten Böden die<br />

DIN 4109 (Schallschutz) und die DIN 4102 (Brandschutz) nicht eingehalten.


Fehlende Verwendungseignung<br />

BGH, Urteil vom 16. Juli 1998 - <strong>VII</strong> <strong>ZR</strong> 350/96<br />

(Haussanierung, BauR 1999, 37)<br />

Die Leistung des Auftragnehmers ist nur vertragsgerecht, wenn sie<br />

die Beschaffenheit aufweist, die für den vertraglich<br />

vorausgesetzten oder gewöhnlichen Gebrauch erforderlich ist. Im<br />

Rahmen der getroffenen Vereinbarung schuldet der Auftragnehmer<br />

ein funktionstaugliches und zweckentsprechendes Werk. An<br />

dieser Erfolgshaftung ändert sich grundsätzlich nichts, wenn die<br />

Parteien eine bestimmte Ausführungsart vereinbart haben, mit der<br />

die geschuldete Funktionstauglichkeit des Werkes nicht erreicht<br />

werden kann (st. Rspr.: vgl. BGH, Urteil vom 17. Mai 1984 - <strong>VII</strong> <strong>ZR</strong><br />

169/82 = BauR 1984, 510; Urteil vom 19. Januar 1995 - <strong>VII</strong> <strong>ZR</strong><br />

131/93 = BauR 1995, 230 m.w.N.).


Fehlende Verwendungseignung<br />

BGH, Urteil vom 16. Juli 1998 - <strong>VII</strong> <strong>ZR</strong> 350/96<br />

(Haussanierung, BauR 1999, 37)<br />

Ist die Funktionstauglichkeit für den vertraglich vorausgesetzten<br />

oder gewöhnlichen Gebrauch versprochen und ist dieser Erfolg mit<br />

der vertraglich vereinbarten Ausführungsart nicht zu erreichen,<br />

dann schuldet der Auftragnehmer die vereinbarte<br />

Funktionstauglichkeit (BGH, Urteil vom 17. Mai 1984 - <strong>VII</strong> <strong>ZR</strong><br />

169/82 aaO). Unabhängig davon schuldet der Auftragnehmer<br />

vorbehaltlich abweichender Vereinbarung die Einhaltung der<br />

anerkannten Regeln der Technik.


Fehlende Verwendungseignung<br />

BGH, Urteil vom 11. November 1999 – <strong>VII</strong> <strong>ZR</strong> 403/98<br />

(Ein Dach muss dicht sein, BauR 2000, 411)<br />

Das Berufungsgericht hat sich nur unzureichend damit<br />

auseinandergesetzt, welche Eigenschaften das von der Klägerin zu<br />

errichtende Dach nach der vertraglichen Vereinbarung haben<br />

musste. Sofern das Berufungsgericht ein Dach als vertraglich<br />

geschuldete Leistung ausreichen lassen möchte, das bei Regen mit<br />

starkem Windeinfall undicht sein könne, findet diese Auslegung in<br />

den bisherigen Feststellungen keine Stütze. Die Halle ist als<br />

Produktions- und Lagerhalle beschrieben worden. Die Nutzung als<br />

Lager oder zur Produktion fordert in der Regel einen sicheren<br />

Schutz auch bei stärkerem Regen mit Windeinfall. Wassereinbrüche<br />

bei Platzregen, wie sie der Sachverständige festgestellt hat, stehen<br />

einer zweckentsprechenden Nutzung entgegen.


Fehlende Verwendungseignung<br />

BGH, Urteil vom 11. November 1999 – <strong>VII</strong> <strong>ZR</strong> 403/98<br />

(Ein Dach muss dicht sein, BauR 2000, 411)<br />

Zu Unrecht fordert das Berufungsgericht noch einen besonderen<br />

Hinweis des Beklagten bei Vertragsschluss darauf, dass er ein Dach<br />

wünsche, welches auch einer stärkeren Regenbelastung standhält. Das<br />

ergab sich ohne weiteres aus der Funktion der errichteten Halle. Daran<br />

ändert sich auch nichts dadurch, dass die vereinbarte Ausführung<br />

preisgünstig war. Ist die Funktionstauglichkeit für den vertraglich<br />

vorausgesetzten oder gewöhnlichen Gebrauch versprochen und ist<br />

dieser Erfolg mit der vertraglich vereinbarten Ausführungsart nicht zu<br />

erreichen, schuldet der Auftragnehmer die vereinbarte<br />

Funktionstauglichkeit (Urteil vom 16. Juli 1998 - <strong>VII</strong> <strong>ZR</strong> 350/96 aaO).<br />

Umstände, die den Schluss darauf zulassen, dass der Beklagte<br />

angesichts des geringen Preises ohne einen entsprechenden Hinweis<br />

der Klägerin das Risiko der vereinbarten Konstruktion erkannt und<br />

gebilligt hat (vgl. dazu BGH, Urteil vom 17. Mai 1984 - <strong>VII</strong> <strong>ZR</strong> 169/82 =<br />

BGHZ 91, 2<strong>06</strong>, 213; Urteil vom 24. September 1992 - <strong>VII</strong> <strong>ZR</strong> 213/91 =<br />

BauR 1993, 79; Urteil vom 16. Juli 1998 - <strong>VII</strong> <strong>ZR</strong> 350/96 aaO), hat das<br />

Berufungsgericht nicht festgestellt.


Fehlende Verwendungseignung<br />

BGH, Urteil vom 08.11.2007 - <strong>VII</strong> <strong>ZR</strong> 183/05,<br />

(Blockheizkraftwerk, IBR 2008, 77)<br />

Der Unternehmer kann in diesen Fällen allerdings der<br />

Verantwortlichkeit für den Mangel seines Werks durch Erfüllung<br />

seiner Prüfungs- und Hinweispflicht entgehen. Liegen die<br />

Voraussetzungen dazu nicht vor, bleibt er für den Mangel der<br />

Funktionstauglichkeit verantwortlich. Er muss deshalb seine<br />

Leistung nachbessern, bis die vereinbarte Funktionstauglichkeit<br />

erreicht ist.<br />

Die Erfüllung der Prüfungs- und Hinweispflicht ist ein Tatbestand,<br />

der den Unternehmer von der Sach- oder Rechtsmängelhaftung<br />

befreit. Das ist deutlich in der Regelung des § 13 Abs. 3 in<br />

Verbindung mit § 4 Abs. 3 VOB/B zum Ausdruck gebracht


Fehlende Verwendungseignung<br />

§ 13 Abs. 3 VOB/B<br />

Ist ein Mangel zurückzuführen auf die Leistungsbeschreibung oder<br />

auf Anordnungen des Auftraggebers, auf die von diesem gelieferten<br />

oder vorgeschriebenen Stoffe oder Bauteile oder die Beschaffenheit<br />

der Vorleistung eines anderen Unternehmers, haftet der<br />

Auftragnehmer, es sei denn, er hat die ihm nach § 4 Nr. 3<br />

obliegende Mitteilung gemacht.


§ 4 Nr. 3 VOB/B<br />

Fehlende Verwendungseignung<br />

Hat der Auftragnehmer Bedenken gegen die vorgesehene Art der<br />

Ausführung (auch wegen der Sicherung gegen Unfallgefahren),<br />

gegen die Güte der vom Auftraggeber gelieferten Stoffe oder<br />

Bauteile oder gegen die Leistungen anderer Unternehmer, so hat er<br />

sie dem Auftraggeber unverzüglich - möglichst schon vor Beginn der<br />

Arbeiten - schriftlich mitzuteilen; der Auftraggeber bleibt jedoch für<br />

seine Angaben, Anordnungen oder Lieferungen verantwortlich.


Fehlende Verwendungseignung<br />

Vergütungsfolgen: Abgeltungsanknüpfung an beschriebene<br />

Leistung<br />

§ 2 Nr. 1 VOB/B<br />

Durch die vereinbarten Preise werden alle Leistungen abgegolten,<br />

die nach der Leistungsbeschreibung, den Besonderen<br />

Vertragsbedingungen, den Zusätzlichen Vertragsbedingungen, den<br />

Zusätzlichen Technischen Vertragsbedingungen, den Allgemeinen<br />

Technischen Vertragsbedingungen und der gewerblichen<br />

Verkehrssitte zur vertraglichen Leistung gehören.


Fehlende Verwendungseignung<br />

§ 1 Abs. 3 und 4 VOB/B<br />

3. Änderungen des Bauentwurfs anzuordnen, bleibt dem<br />

Auftraggeber vorbehalten.<br />

4. Nicht vereinbarte Leistungen, die zur Ausführung der<br />

vertraglichen Leistung erforderlich werden, hat der Auftragnehmer<br />

auf Verlangen des Auftraggebers mit auszuführen, außer wenn sein<br />

Betrieb auf derartige Leistungen nicht eingerichtet ist. Andere<br />

Leistungen können dem Auftragnehmer nur mit seiner Zustimmung<br />

übertragen werden.


Fehlende Verwendungseignung<br />

§ 2 Abs. 5 und 6 VOB/B<br />

5. Werden durch Änderung des Bauentwurfs oder andere<br />

Anordnungen des Auftraggebers die Grundlagen des Preises für<br />

eine im Vertrag vorgesehene Leistung geändert, so ist ein neuer<br />

Preis unter Berücksichtigung der Mehr- oder Minderkosten zu<br />

vereinbaren. …..<br />

6. (1) Wird eine im Vertrag nicht vorgesehene Leistung gefordert, so<br />

hat der Auftragnehmer Anspruch auf besondere Vergütung. …..<br />

(2) Die Vergütung bestimmt sich nach den Grundlagen der<br />

Preisermittlung für die vertragliche Leistung und den besonderen<br />

Kosten der geforderten Leistung. …..


Fehlende Verwendungseignung<br />

BGH, Urteil vom 16. Juli 1998 - <strong>VII</strong> <strong>ZR</strong> 350/96<br />

(Haussanierung, BauR 1999, 37)<br />

Der für die bestimmte Ausführungsart vereinbarte Werklohn<br />

umfasst, sofern die Kalkulation des Werklohnes nicht allein<br />

auf den Vorstellungen des Auftragnehmers beruht, nur diese<br />

Ausführungsart, so dass der Auftraggeber Zusatzarbeiten, die<br />

für den geschuldeten Erfolg erforderlich sind, gesondert<br />

vergüten muss.<br />

Ist das Werk deshalb mangelhaft, weil der Auftragnehmer die<br />

vereinbarte Ausführungsart ausgeführt hat, können die ihm<br />

zustehenden Zusatzvergütungen im Rahmen der<br />

Gewährleistung als "Sowieso-Kosten" berücksichtigt<br />

werden.


Fehlende Verwendungseignung<br />

BGH, Urteil vom 22. März 1984, Az: <strong>VII</strong> <strong>ZR</strong> 50/82<br />

(Druckwasserisolierung, BauR 1984, 395)<br />

Nach dem GU-Vertrag hatte die Klägerin eine Wohnanlage<br />

schlüsselfertig zu erstellen und den Beklagten bezugsfertig zu<br />

übergeben . Zu diesem Zweck war sie nach dem Wortlaut des<br />

Vertrags verpflichtet, sich mit dem Baugrundstück sowie den<br />

örtlichen Verhältnissen vertraut zu machen die Vollständigkeit des<br />

Leistungsverzeichnisses zu überprüfen und auch nicht<br />

vorgesehene, aber erforderliche Leistungen zu erbringen. Daraus<br />

folgt, dass sie insgesamt ein mängelfreies Gebäude zu errichten<br />

hatte und ihre Gewährleistungspflicht nicht vom Inhalt des<br />

Leistungsverzeichnisses abhängen sollte. Sie schuldete all das,<br />

was nach den örtlichen und sachlichen Gegebenheiten jeder<br />

Fachmann als notwendig erachtet hätte.


Fehlende Verwendungseignung<br />

BGH, Urteil vom 22. März 1984, Az: <strong>VII</strong> <strong>ZR</strong> 50/82<br />

(Druckwasserisolierung, BauR 1984, 395)<br />

Gleichwohl war sie nicht verpflichtet, die unstreitig erforderliche<br />

Abdichtung gegen drückendes Wasser ohne Zusatzbezahlung<br />

auszuführen. Der Umfang der vom Pauschalpreis abgegoltenen<br />

Leistungen (§ 2 Abs. 1 VOB/B) wurde hier nämlich nicht allein durch<br />

das Ziel, ein schlüsselfertiges Bauwerk zu errichten, sondern noch<br />

durch weitere Vorgaben der Beklagten bestimmt.<br />

So gehörte nach § 2 Nr. 2 des Vertrags insbesondere die Bau- und<br />

Leistungsbeschreibung des Architekten zu den ausdrücklich<br />

vereinbarten Vertragsbestandteilen. Eine Druckwasser-Isolierung war<br />

darin nicht vorgeschrieben, obwohl die Firma B, deren sich die<br />

Beklagten als Treuhänderin bedienten, bereits 1976 ein<br />

Bodengutachten eingeholt hatte und über die problematischen<br />

Grundwasserverhältnisse hinreichend unterrichtet war.


Unklarheiten<br />

Grundsätze der juristischen Vertragsauslegung<br />

§ 133 Auslegung einer Willenserklärung<br />

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu<br />

erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks<br />

zu haften.<br />

§ 157 Auslegung von Verträgen<br />

Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht<br />

auf die Verkehrssitte es erfordern.


Unklarheiten<br />

Wichtige Grundsätze zur Auslegung von<br />

Leistungsbeschreibungen:<br />

1. Allein durch Risikoverlagerung keine Unklarheit<br />

2. Bedeutung des Wortlauts bei Ausschreibungen<br />

3. Anerkannte Regeln der Technik als Mindeststandard<br />

4. Vertraglicher Leistungsstandard als Auslegungskriterium<br />

5. Widerspruchsfreie Auslegung vor Rangfolgevereinbarung<br />

6. Keine besondere Risikoübernahme durch unterlassene<br />

Erkundigung


Unklarheiten<br />

BGH, Urteil vom 27.6.1996 - <strong>VII</strong> <strong>ZR</strong> 59/95<br />

(Kammerschleuse, BauR 1997, 126)<br />

Für die Wirksamkeit eines Vertragsschlusses ist nicht von<br />

Bedeutung, dass die übernommenen Verpflichtungen kalkulierbar<br />

sind.<br />

Ob und wie sich ein Vertragspartner der Risiken eines<br />

Vertragsschlusses vergewissert, ist ausschließlich seine Sache. Es<br />

gibt keinen Rechtsgrundsatz, nach dem riskante Leistungen<br />

nicht übernommen werden können.


Unklarheiten<br />

BGH, Urteil vom 27.6.1996 - <strong>VII</strong> <strong>ZR</strong> 59/95<br />

(Kammerschleuse, BauR 1997, 126)<br />

Eine mit § 9 VOB/A unvereinbare Ausschreibungstechnik führt<br />

nicht dazu, dass anstelle der ausgeschriebenen Leistung eine mit<br />

§ 9 VOB/A übereinstimmende Vertragsinhalt wird. § 9 VOB/A<br />

enthält kein zwingendes Vertragsrecht.<br />

Ein sachkundiger Auftragnehmer kann sich nicht darauf berufen,<br />

er habe die mit einer funktionalen Leistungsbeschreibung<br />

verbundene Risikoverlagerung nicht erkennen können oder nicht zu<br />

erkennen brauchen


Unklarheiten<br />

BGH, Urteil vom 9.4.1992 - <strong>VII</strong> <strong>ZR</strong> 129/91<br />

(Wasserhaltung I, BauR 1992, 759)<br />

Mangels hinreichender Unterlagen ist eine bestimmte Form<br />

der Wasserhaltung nicht Vertragsinhalt geworden ist.<br />

Vielmehr hatte der AN ohne Rücksicht auf seine eigenen<br />

Planungsvorstellungen und Kalkulationsüberlegungen eine<br />

nach Sachlage mögliche Wasserhaltung zu leisten.


Unklarheiten<br />

BGH, Urteil vom 11. November 1993 - <strong>VII</strong> <strong>ZR</strong> 47/93<br />

(Wasserhaltung II, BauR 1994, 236)<br />

Auch bei eindeutigem Wortlaut können nach den Umständen des<br />

Einzelfalls völlig ungewöhnliche und von keiner Seite zu<br />

erwartende Leistungen von der Leistungsbeschreibung<br />

ausgenommen sein.<br />

Bei einer öffentlichen Ausschreibung muss sich der Auftraggeber<br />

….. nach Treu und Glauben daran festhalten lassen, dass er nach<br />

eigenem Bekunden den Auftragnehmern kein ungewöhnliches<br />

Wagnis auferlegen will (§ 9 VOB/A). Im Zweifelsfalle brauchen die<br />

Auftragnehmer ein solches Wagnis nicht ohne weiteres zu erwarten.


Unklarheiten<br />

BGH, Urteil vom 22. April 1993 - <strong>VII</strong> <strong>ZR</strong> 118/92<br />

(Fall Farbpalette, BauR 1993, 595)<br />

Bei Ausschreibungen nach VOB/A ist für die Auslegung der<br />

Leistungsbeschreibung die Sicht der möglichen Bieter als<br />

Empfängerkreis maßgebend. Das mögliche Verständnis nur<br />

einzelner Empfänger kann nicht berücksichtigt werden.<br />

Dem Wortlaut der Leistungsbeschreibung kommt für die Auslegung<br />

einer nach VOB/A ausgeschriebenen Leistung besondere<br />

Bedeutung zu. Nicht ausgesprochene Einschränkungen des<br />

Wortlauts können nur zum Tragen kommen, wenn sie von allen<br />

gedachten Empfängern so verstanden werden mussten.


Unklarheiten<br />

BGH, Urteil vom 14.5.1998 - <strong>VII</strong> <strong>ZR</strong> 184/97<br />

(Schallschutz I, BauR 1998, 872)<br />

1. Welcher Luftschallschutz geschuldet ist, ist durch Auslegung des<br />

Vertrages zu ermitteln. Sind danach bestimmte Schalldämm-Maße<br />

ausdrücklich vereinbart oder jedenfalls mit der vertraglich<br />

geschuldeten Ausführung zu erreichen, ist die Werkleistung<br />

mangelhaft, wenn diese Werte nicht erreicht sind.<br />

2. Liegt eine derartige Vereinbarung nicht vor, ist die Werkleistung im<br />

allgemeinen mangelhaft, wenn sie nicht den zur Zeit der Abnahme<br />

anerkannten Regeln der Technik als vertraglichem<br />

Mindeststandard entspricht.


Unklarheiten<br />

BGH, Urteil vom 14.5.1998 - <strong>VII</strong> <strong>ZR</strong> 184/97<br />

(Schallschutz I, BauR 1998, 872)<br />

Die anerkannten Regeln der Technik sind von erheblicher<br />

Bedeutung. Der Besteller kann redlicherweise erwarten, dass das<br />

Werk zum Zeitpunkt der Fertigstellung und Abnahme diejenigen<br />

Qualitäts- und Komfortstandards erfüllt, die auch vergleichbare<br />

andere zeitgleich fertig gestellte und abgenommene Bauwerke<br />

erfüllen. Der Unternehmer sichert üblicherweise stillschweigend bei<br />

Vertragsschluss die Einhaltung dieses Standards zu. Es kommt<br />

deshalb im allgemeinen auf den Stand der anerkannten Regeln der<br />

Technik zur Zeit der Abnahme an.


Unklarheiten<br />

BGH, Urteil vom 14.<strong>06</strong>.2007 – <strong>VII</strong> <strong>ZR</strong> 45/<strong>06</strong><br />

(Schallschutz II)<br />

Welcher Schallschutz … geschuldet ist, ist durch Auslegung des<br />

Vertrags zu ermitteln. Wird ein üblicher Qualitäts- und<br />

Komfortstandard geschuldet, muss sich das einzuhaltende<br />

Schalldämm-Maß an dieser Vereinbarung orientieren.<br />

Die DIN-Normen sind keine Rechtsnormen, sondern private<br />

technische Regelungen mit Empfehlungscharakter. Sie können<br />

die anerkannten Regeln der Technik wiedergeben oder hinter<br />

diesen zurückbleiben.


Unklarheiten<br />

BGH, Urteil vom 14.<strong>06</strong>.2007 – <strong>VII</strong> <strong>ZR</strong> 45/<strong>06</strong><br />

(Schallschutz II)<br />

Das Berufungsgerichts lässt unberücksichtigt, dass die<br />

Schalldämm-Maße der DIN 4109, wenn sie nicht vereinbart sind, in<br />

aller Regel nicht die maßgeblichen Anknüpfungspunkte für die<br />

Feststellung des geschuldeten Schallschutzes sind.<br />

Maßgebend sind die im Vertrag zum Ausdruck gebrachten<br />

Vorstellungen von der Qualität des Schallschutzes, also der<br />

Beeinträchtigung durch Geräusche.


Unklarheiten<br />

BGH, Urteil vom 14.<strong>06</strong>.2007 – <strong>VII</strong> <strong>ZR</strong> 45/<strong>06</strong><br />

(Schallschutz II)<br />

Der Besteller hat insoweit in aller Regel keine Vorstellungen, die<br />

sich in Schalldämm-Maßen nach der DIN 4109 ausdrücken,<br />

sondern darüber, in welchem Maße er Geräuschbelästigungen<br />

ausgesetzt ist, inwieweit er also Gespräche, Musik oder sonstige<br />

Geräusche aus anderen Wohnungen oder Doppelhaushälften hören<br />

oder verstehen kann. Entsprechende Qualitätsanforderungen<br />

können sich nicht nur aus dem Vertragstext, sondern auch aus<br />

erläuternden und präzisierenden Erklärungen der Vertragsparteien,<br />

sonstigen vertragsbegleitenden Umständen, den konkreten<br />

Verhältnissen des Bauwerks und seines Umfeldes, dem qualitativen<br />

Zuschnitt, dem architektonischen Anspruch und der<br />

Zweckbestimmung des Gebäudes ergeben.


Unklarheiten<br />

BGH, Urteil vom 14.<strong>06</strong>.2007 – <strong>VII</strong> <strong>ZR</strong> 45/<strong>06</strong><br />

(Schallschutz II)<br />

In aller Regel wird demgegenüber der Erwerber einer Wohnung<br />

oder eines Doppelhauses eine Ausführung erwarten, die einem<br />

üblichen Qualitäts- und Komfortstandard entspricht. Haben die<br />

Parteien einen üblichen Qualitäts- und Komfortstandard vereinbart,<br />

so muss sich das einzuhaltende Schalldämm-Maß an dieser<br />

Vereinbarung orientieren.


Unklarheiten<br />

BGH, Urteil vom 14.<strong>06</strong>.2007 – <strong>VII</strong> <strong>ZR</strong> 45/<strong>06</strong><br />

(Schallschutz II)<br />

Darüber hinaus wäre es verfehlt, in der DIN 4109 formulierte<br />

Schallschutzanforderungen, sei es für einen Mindeststandard, sei es<br />

für einen erhöhten Schallschutz, unabhängig von den zur Verfügung<br />

stehenden Bauweisen als anerkannte Regeln der Technik zu<br />

bewerten. Der Senat hat wiederholt darauf hingewiesen, dass DIN-<br />

Normen keine Rechtsnormen sind, sondern nur private technische<br />

Regelungen mit Empfehlungscharakter. DIN-Normen können die<br />

anerkannten Regeln der Technik wiedergeben oder hinter diesen<br />

zurückbleiben.


Unklarheiten<br />

BGH, Urteil vom 14.<strong>06</strong>.2007 – <strong>VII</strong> <strong>ZR</strong> 45/<strong>06</strong><br />

(Schallschutz II)<br />

Die Anforderungen an den Schallschutz …….. orientieren sich<br />

einerseits an den aktuellen Bedürfnissen der Menschen nach Ruhe<br />

und individueller Abgeschiedenheit in den eigenen Wohnräumen.<br />

Andererseits hängen sie von den Möglichkeiten des Baugewerbes<br />

und der Bauindustrie ab, unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen<br />

Interessen beider Vertragsparteien einen möglichst umfangreichen<br />

Schallschutz zu gewährleisten. In privaten technischen<br />

Regelwerken festgelegte Schalldämm-Maße können nicht als<br />

anerkannte Regeln der Technik herangezogen werden, wenn es<br />

wirtschaftlich akzeptable, ihrerseits den anerkannten Regeln der<br />

Technik entsprechende Bauweisen gibt, die ohne weiteres höhere<br />

Schalldämm-Maße erreichen.


Unklarheiten<br />

BGH, Urteil vom 04.<strong>06</strong>.2009 - <strong>VII</strong> <strong>ZR</strong> 54/07<br />

(Fall Schallschutz III)<br />

Kann der Erwerber nach den Umständen erwarten, dass die<br />

Wohnung in Bezug auf den Schallschutz üblichen Qualitäts- und<br />

Komfortstandards entspricht, muss der Unternehmer, der hiervon<br />

vertraglich abweichen will, den Erwerber deutlich hierauf<br />

hinweisen und ihn über die Folgen einer solchen Bauweise für<br />

die Wohnqualität aufklären. Der Verweis des Unternehmers in der<br />

Leistungsbeschreibung auf "Schalldämmung nach DIN 4109"<br />

genügt hierfür nicht.


Unklarheiten<br />

BGH, Urteil vom 9. Februar 1995 - <strong>VII</strong> <strong>ZR</strong> 143/93<br />

(Schallschutztüren, BauR 1995, 538)<br />

Technischer Zuschnitt und Funktion sind bei der Auslegung von<br />

Bedeutung,<br />

Bei der nach BGB §§ 133, 157 gebotenen Auslegung von<br />

Leistungsverzeichnissen kann den Ausführungen eines<br />

technischen Sachverständigen nur eine begrenzte Funktion<br />

zukommen. Sie beschränkt sich im wesentlichen darauf, das für die<br />

Beurteilung bedeutsame Fachwissen zu vermitteln, also etwa<br />

Fachsprache und Üblichkeiten, vor allem wenn sie sich zu einer<br />

Verkehrssitte iSv BGB § 157 verdichtet haben


Unklarheiten<br />

BGH, Urteil vom 21. März 1991- <strong>VII</strong> <strong>ZR</strong> 110/90<br />

(Rangfolgeklausel, BauR 1991, 458)<br />

Auslegung als sinnvolles Ganzes geht vor Rangfolgeregelung<br />

(unterschiedliche Verjährungsbestimmungen in verschiedenen<br />

Vertragsbestandteilen: § 13 Nr.4 nur Auffangregelung)


Unklarheiten<br />

BGH, Urteil vom 11. März 1999 - <strong>VII</strong> <strong>ZR</strong> 179/98<br />

(Eisenbahnbrücke, BauR 1999, 897)<br />

Die Leistungsbeschreibung eines Bauvertrages ist als sinnvolles<br />

Ganzes auszulegen. Es gibt keinen grundsätzlichen Vorrang des<br />

Leistungsverzeichnisses vor den Vorbemerkungen.<br />

Konkret auf das Bauvorhaben bezogenen Vorbemerkungen kann<br />

bei der Auslegung der Leistungsbeschreibung größeres Gewicht<br />

zukommen als nicht genügend angepassten Formulierungen eines<br />

Standardleistungsverzeichnisses (Auslegungsgrundsatz:<br />

Spezielles vor Allgemeinem).


Unklarheiten<br />

BGH, Urteil vom 25.6.1987 - <strong>VII</strong> <strong>ZR</strong> 107/86<br />

(Universitätsbibliothek, BauR 1987, 683)<br />

Der Auftragnehmer darf ein erkennbar lückenhaftes<br />

Leistungsverzeichnis nicht einfach hinnehmen, sondern muss sich<br />

daraus ergebende Zweifelsfragen vor Abgabe seines Angebots<br />

klären.<br />

Ähnlich ist es, wenn sich für ihn aus dem Leistungsverzeichnis<br />

und den ihm überlassenen Unterlagen die Bauausführung in<br />

bestimmter Weise nicht mit hinreichender Klarheit ergibt. … Auch<br />

dann muss er versuchen, insoweit aufkommende Zweifel vor<br />

Abgabe des Angebots auszuräumen, wenn sich das mit<br />

zumutbarem Aufwand machen lässt.


Unklarheiten<br />

BGH, Urteil vom 13.03.2008 - <strong>VII</strong> <strong>ZR</strong> <strong>194</strong>/<strong>06</strong><br />

(Bistroküche, NZBau 2008, 437)<br />

Es besteht keine Auslegungsregel, dass ein Vertrag mit einer<br />

unklaren Leistungsbeschreibung allein deshalb zu Lasten des<br />

Auftragnehmers auszulegen ist, weil dieser die Unklarheiten vor der<br />

Abgabe seines Angebots nicht aufgeklärt hat (im Anschluss an:<br />

BGH, Urteil vom 25. Juni 1987 - <strong>VII</strong> <strong>ZR</strong> 107/86<br />

(Universitätsbibliothek, BauR 1987, 683)


Unklarheiten<br />

BGH, Urteil vom 13.03.2008 - <strong>VII</strong> <strong>ZR</strong> <strong>194</strong>/<strong>06</strong><br />

(Bistroküche, NZBau 2008, 437)<br />

Sachverhalt:<br />

Die Klägerin verlangt restlichen Werklohn für die Errichtung eines<br />

Hallenneubaus aus einem Subunternehmervertrag. Auftragsgrundlage war<br />

das LV des Bauherrn. Dort war unter Punkt "075 Lüftung" geregelt:<br />

"...Planung, Lieferung und Einbau einer mechanischen<br />

Lüftungsanlage je nach Erfordernis für Bistro und Bistro-Küche. ..."<br />

. Unter 2.10 des Angebots der Klägerin heißt es:<br />

"Bistro- und Bürobereich komplett, incl. Hygieneausstattung"


Unklarheiten<br />

BGH, Urteil vom 13.03.2008 - <strong>VII</strong> <strong>ZR</strong> <strong>194</strong>/<strong>06</strong><br />

(Bistroküche, NZBau 2008, 437)<br />

Sachverhalt:<br />

Der bei Angebotsabgabe und Vertragsschluss vorliegende<br />

Grundriss des Objekts wies ein Bistro, eine Bistroküche und ein<br />

Bistrolager aus. Die durch eine Tür abgeschlossene Küche hatte<br />

eine Fläche von ca. 16 qm, das Bistro eine Fläche von ca. 30 qm.<br />

Ein Küchenausstattungsplan, in dem die zum Einsatz kommenden<br />

Geräte enthalten sind, lag noch nicht vor.


Unklarheiten<br />

BGH, Urteil vom 13.03.2008 - <strong>VII</strong> <strong>ZR</strong> <strong>194</strong>/<strong>06</strong><br />

(Bistroküche, NZBau 2008, 437)<br />

Sachverhalt:<br />

Nach Abschluss des Subunternehmervertrags legte der Bauherr einen<br />

geänderten Grundriss und gleichzeitig eine Küchenplanung vor.<br />

Danach waren im vergrößerten Bistro Küchengeräte wie ein Dönergrill,<br />

ein Toaster, ein Gaslavasteingrill und eine Doppelfritteuse vorgesehen.<br />

In der Küche selbst war u.a. ein Gasherd geplant. In einem noch<br />

späteren Plan war zwischen Küche und Bistro eine Pendeltür<br />

eingezeichnet. Die Beklagte verlangte die für die letzte Planung<br />

erforderliche Lüftungsanlage.<br />

Die Parteien streiten darum, welche Lüftungsanlage geschuldet ist.


Unklarheiten<br />

BGH, Urteil vom 13.03.2008 - <strong>VII</strong> <strong>ZR</strong> <strong>194</strong>/<strong>06</strong><br />

(Bistroküche, NZBau 2008, 437)<br />

1. Streitpunkt: War die Lüftung für die Küche geschuldet?<br />

Ja, problemlos nach Ausschreibung und Angebot:<br />

"...Planung, Lieferung und Einbau einer mechanischen<br />

Lüftungsanlage je nach Erfordernis für Bistro und Bistro-Küche. ...<br />

„<br />

"Bistro- und Bürobereich komplett, incl. Hygieneausstattung"


Unklarheiten<br />

BGH, Urteil vom 13.03.2008 - <strong>VII</strong> <strong>ZR</strong> <strong>194</strong>/<strong>06</strong><br />

(Bistroküche, NZBau 2008, 437)<br />

2. Streitpunkt: War die Lüftung für die geänderte Planung ohne<br />

zusätzliche Vergütung geschuldet?<br />

a) Risikoübernahme des AN durch Angebot auf erkennbar noch<br />

nicht abgeschlossene Küchenplanung und erkennbar<br />

unvollständige Leistungsbeschreibung?<br />

Nein: Bauwerksplanung AG bestimmt Leistungspflicht!<br />

Keine Aussage über Vergütung!


Unklarheiten<br />

BGH, Urteil vom 13.03.2008 - <strong>VII</strong> <strong>ZR</strong> <strong>194</strong>/<strong>06</strong><br />

(Bistroküche, NZBau 2008, 437)<br />

2. Streitpunkt: War die Lüftung für die geänderte Planung ohne<br />

zusätzliche Vergütung geschuldet?<br />

b) Abgegoltene Leistungsverpflichtung durch Klausel. „je nach<br />

Erfordernis“?<br />

Nein: Kein Änderungsabgeltung ohne Vereinbarung!


Unklarheiten<br />

BGH, Urteil vom 13.03.2008 - <strong>VII</strong> <strong>ZR</strong> <strong>194</strong>/<strong>06</strong><br />

(Bistroküche, NZBau 2008, 437)<br />

2. Streitpunkt: War die Lüftung für die geänderte Planung ohne<br />

zusätzliche Vergütung geschuldet?<br />

c) Begründung einer Leistungsverpflichtung durch Verletzung<br />

einer Erkundigungspflicht des AN?<br />

Nein: Nur Obliegenheit zur Risikominimierung!


Unklarheiten<br />

BGH, Urteil vom 13.03.2008 - <strong>VII</strong> <strong>ZR</strong> <strong>194</strong>/<strong>06</strong><br />

(Bistroküche, NZBau 2008, 437)<br />

Was schuldet der AN?<br />

-- maßgeblich Ursprungsvertrag und welche Anforderungen an die<br />

Lüftungsanlage nach der dem Vertrag zugrunde liegenden Planung<br />

für das Bauwerk zu stellen waren.<br />

-- Soweit sich aus der Planung keine Beschaffenheit des Bauwerks<br />

ergibt, ist die technische Anlage vertragsgerecht, wenn sie sich für<br />

die nach dem Vertrag vorausgesetzte, sonst für die gewöhnliche<br />

Verwendung des Bauwerks eignet und eine Beschaffenheit<br />

aufweist, die bei Bauwerken der gleichen Art üblich ist und die der<br />

Auftraggeber nach der Art des Werks erwarten kann.<br />

-- Ermittlung durch Auswertung der Vertragsbestandteile


Unklarheiten<br />

BGH, Urteil vom 13.03.2008 - <strong>VII</strong> <strong>ZR</strong> <strong>194</strong>/<strong>06</strong><br />

(Bistroküche, NZBau 2008, 437)<br />

Was schuldet der AN?<br />

BGH:<br />

Hinsichtlich der Raumaufteilung ist vor allem die Planung vom 26.<br />

Juli 2002 heranzuziehen. Gleiches gilt für die Aufteilung der Geräte.<br />

Insoweit kann kein Zweifel bestehen, dass Küchengeräte nur in der<br />

Bistro-Küche vorgesehen waren. Die Möglichkeit, dass<br />

Küchengeräte auch im Bistro selbst untergebracht sind und damit<br />

das Bistro zum Bestandteil der Küche wird, lässt sich der dem<br />

Vertrag zugrunde liegenden Planung nicht entnehmen.


Unklarheiten<br />

BGH, Urteil vom 13.03.2008 - <strong>VII</strong> <strong>ZR</strong> <strong>194</strong>/<strong>06</strong><br />

(Bistroküche, NZBau 2008, 437)<br />

Was schuldet der AN?<br />

BGH:<br />

Soweit es um die Ausstattung der Küche mit Küchengeräten geht,<br />

lässt sich eine Beschaffenheitsvereinbarung nicht feststellen.<br />

Ebenso wenig lässt sich ein nach dem Vertrag vorausgesetzter<br />

Verwendungszweck feststellen, der über die Verwendung als Bistro-<br />

Küche hinausgeht. Der Vertrag enthält keine Anhaltspunkte dafür, in<br />

welcher Weise die Küche genutzt werden sollte.


Unklarheiten<br />

BGH, Urteil vom 13.03.2008 - <strong>VII</strong> <strong>ZR</strong> <strong>194</strong>/<strong>06</strong><br />

(Bistroküche, NZBau 2008, 437)<br />

Was schuldet der AN?<br />

BGH:<br />

Es ist nicht geregelt, ob kalte oder warme Speisen aufbereitet<br />

werden. Für den Fall, dass warme Speisen aufbereitet werden<br />

sollten, ist nicht zu klären, mit welcher Intensität die Küche genutzt<br />

werden sollte. Es kommt deshalb darauf an, wie eine Bistro-Küche<br />

gewöhnlich genutzt wird.


Unklarheiten<br />

BGH, Urteil vom 13.03.2008 - <strong>VII</strong> <strong>ZR</strong> <strong>194</strong>/<strong>06</strong><br />

(Bistroküche, NZBau 2008, 437)<br />

Was schuldet der AN?<br />

BGH:<br />

Hinsichtlich der Beschaffenheit der Geräte kommt es darauf an,<br />

welche Beschaffenheit der Küchengeräte üblich ist und die Beklagte<br />

nach Art der Küche erwarten durfte. Der gewöhnliche Gebrauch ist<br />

nach allgemeiner, gewerblicher Verkehrssitte unter<br />

Berücksichtigung von Treu und Glauben zu ermitteln, wobei es auf<br />

die örtlichen Gegebenheiten ankommen kann.


Unklarheiten<br />

BGH, Urteil vom 13.03.2008 - <strong>VII</strong> <strong>ZR</strong> <strong>194</strong>/<strong>06</strong><br />

(Bistroküche, NZBau 2008, 437)<br />

Was schuldet der AN?<br />

BGH:<br />

Daraus folgt, dass es entgegen der von dem Sachverständigen<br />

geäußerten Auffassung nicht darauf ankommt, dass keine<br />

Küchengeräte in den Plan vom 26. Juli 2002 eingezeichnet waren.<br />

Ein Anhaltspunkt für die Nutzung ist allerdings die Größe der Küche<br />

mit ca. 16 qm, die eine übermäßige Hitzeentwicklung nach<br />

Ausführung des Sachverständigen nicht erwarten lässt.


Prüfpflichten des AN beim Angebot<br />

o Allgemeine vertragliche Treuepflicht jeder Vertragspartei, den<br />

Vertragspartner vor Schaden zu bewahren<br />

o Kooperationsgebot<br />

o Bereits im Zeitraum der Vertragsanbahnung<br />

o Prüfungsmaßstab; Prüfungs- und „Wahrnehmungspflichten“<br />

o Schaden und „Sowieso-Kosten“


§ 2 Abs. 3 Nr. 1 VOB/B<br />

Mengenänderungen<br />

(1) Weicht die ausgeführte Menge der unter einem Einheitspreis<br />

erfassten Leistung oder Teilleistung um nicht mehr als 10 v. H. von<br />

dem im Vertrag vorgesehenen Umfang ab, so gilt der vertragliche<br />

Einheitspreis.


§ 2 Abs. 3 Nr. 2 VOB/B<br />

Mengenänderungen<br />

(2) Für die über 10 v. H. hinausgehende Überschreitung des<br />

Mengenansatzes ist auf Verlangen ein neuer Preis unter<br />

Berücksichtigung der Mehr- oder Minderkosten zu vereinbaren.


§ 2 Abs. 3 Nr. 3 VOB/B<br />

Mengenänderungen<br />

(3) Bei einer über 10 v. H. hinausgehenden Unterschreitung des<br />

Mengenansatzes ist auf Verlangen der Einheitspreis für die<br />

tatsächlich ausgeführte Menge der Leistung oder Teilleistung zu<br />

erhöhen, soweit der Auftragnehmer nicht durch Erhöhung der<br />

Mengen bei anderen Ordnungszahlen (Positionen) oder in anderer<br />

Weise einen Ausgleich erhält. Die Erhöhung des Einheitspreises soll<br />

im Wesentlichen dem Mehrbetrag entsprechen, der sich durch<br />

Verteilung der Baustelleneinrichtungs- und Baustellengemeinkosten<br />

und der Allgemeinen Geschäftskosten auf die verringerte Menge<br />

ergibt. Die Umsatzsteuer wird entsprechend dem neuen Preis<br />

vergütet.


Sittenwidrigkeit<br />

BGH, Urteil vom 18.12.2008 – <strong>VII</strong> <strong>ZR</strong> 201/<strong>06</strong><br />

(800-facher Preis, BauR 2009, 491)<br />

Amtlicher Leitsatz zu 1:<br />

Steht der nach § 2 Nr. 3 Abs. 2 oder § 2 Nr. 5 VOB/B neu zu<br />

vereinbarende Einheitspreis für Mehrmengen in einem auffälligen,<br />

wucherähnlichen Missverhältnis zur Bauleistung, kann die dieser<br />

Preisbildung zugrunde liegende Vereinbarung sittenwidrig und damit<br />

nichtig sein.


Sittenwidrigkeit<br />

BGH, Urteil vom 18.12.2008 – <strong>VII</strong> <strong>ZR</strong> 201/<strong>06</strong><br />

(800-facher Preis, BauR 2009, 491)<br />

Angebot:<br />

Pos. 32.5.120<br />

"200 kg Betonstahl ... liefern und verlegen für Bauteile aus<br />

Ortbeton. Schneiden und Biegen ist abzurechnen"<br />

Einheitspreis: 2.210 DM/kg<br />

Pos. 32.5.130<br />

"100 kg Betonstahlmatten ... liefern und verlegen für Bauteile<br />

aus Ortbeton einschließlich Schneiden und Biegen"<br />

Einheitspreis: 2.210 DM/kg


Sittenwidrigkeit<br />

BGH, Urteil vom 18.12.2008 – <strong>VII</strong> <strong>ZR</strong> 201/<strong>06</strong><br />

(800-facher Preis, BauR 2009, 491)<br />

Ausführung:<br />

Pos. 32.5.120: statt 200kg 1.429,20 kg Formeisen<br />

Pos. 32.5.130: statt 100kg 302,50 kg Betonstahlmatten<br />

Sachverständiger:<br />

Der vom Sachverständigen in erster Instanz bundesweit ermittelte,<br />

statistische, angemessene Preis beträgt pro kg 2,47 DM.


Sittenwidrigkeit<br />

BGH, Urteil vom 18.12.2008 – <strong>VII</strong> <strong>ZR</strong> 201/<strong>06</strong><br />

(800-facher Preis, BauR 2009, 491)<br />

Forderung:<br />

Der AN verlangt für die Mehrmengen, die 110 % der<br />

ausgeschriebenen Mengen überschreiten, einen Preis von<br />

2.045,15 DM/kg<br />

Mit der Klage werden 3.325.340,38 DM (1.700.219,54 €) geltend<br />

gemacht.


Sittenwidrigkeit<br />

BGH, Urteil vom 18.12.2008 – <strong>VII</strong> <strong>ZR</strong> 201/<strong>06</strong><br />

(800-facher Preis, BauR 2009, 491)<br />

Voraussetzung:<br />

Objektiv: Auffälliges, Wucher ähnliches Missverhältnis von Preis und<br />

Leistung<br />

-- Bauvertrag als ein auf Austausch von Leistungen und<br />

Vergütung gerichteter Vertrag, Äquivalenzgefüge,<br />

Kooperationsgebot<br />

-- gilt auch für einzelne Position, selbst wenn Gesamtpreis nicht<br />

anstößig ist.<br />

„Es wäre bedenklich, wenn es vergabe- und vertragsrechtlich ohne<br />

Weiteres zulässig wäre, die Kooperation in der Weise zu beginnen, dass<br />

der Unternehmer über erkannte Ausschreibungsmängel nicht aufklärt,<br />

sondern diese dazu nutzt, über von ihm vorausgesehene oder vermutete<br />

Nachtragssachverhalte Positionspreise zu erzielen, die das angemessene<br />

Maß deutlich überschreiten.“


Sittenwidrigkeit<br />

BGH, Urteil vom 18.12.2008 – <strong>VII</strong> <strong>ZR</strong> 201/<strong>06</strong><br />

(800-facher Preis, BauR 2009, 491)<br />

Voraussetzung:<br />

-- Verstoß gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht<br />

Denkenden<br />

-- BGH: Es kann keine Rede davon sein, dass ein um das<br />

zweihundertfache überhöhter Einheitspreis die Grenze einer<br />

sittlich verwerflichen Preisbildung nicht überschreitet.


Sittenwidrigkeit<br />

BGH, Urteil vom 18.12.2008 – <strong>VII</strong> <strong>ZR</strong> 201/<strong>06</strong><br />

(800-facher Preis, BauR 2009, 491)<br />

Voraussetzung:<br />

subjektiv: Verwerfliche Gesinnung des Handelnden<br />

Ist der nach § 2 Nr. 3 Abs. 2 oder § 2 Nr. 5 VOB/B zu vereinbarende<br />

Einheitspreis für Mehrmengen um mehr als das Achthundertfache<br />

überhöht, weil der Auftragnehmer in der betreffenden Position des<br />

Leistungsverzeichnisses einen ähnlich überhöhten Einheitspreis für die<br />

ausgeschriebene Menge angeboten hat, besteht eine Vermutung für<br />

ein sittlich verwerfliches Gewinnstreben des Auftragnehmers.


Sittenwidrigkeit<br />

BGH, Urteil vom 18.12.2008 – <strong>VII</strong> <strong>ZR</strong> 201/<strong>06</strong><br />

(800-facher Preis, BauR 2009, 491)<br />

Voraussetzung:<br />

Die Beurteilung eines Rechtsgeschäfts als sittenwidrig wegen des<br />

einseitig motivierten übersteigerten Gewinnstrebens einer der<br />

Vertragsparteien scheitert nicht daran, dass die Gegenpartei diese<br />

Motivation erkennen konnte oder dass sie das Geschäfts hätte<br />

verhindern können.


Sittenwidrigkeit<br />

BGH, Urteil vom 18.12.2008 – <strong>VII</strong> <strong>ZR</strong> 201/<strong>06</strong><br />

(800-facher Preis, BauR 2009, 491)<br />

Beweislast:<br />

Ein Auftragnehmer, der sich einen außerordentlich überhöhen Preis<br />

versprechen lässt, muss daher Umstände darlegen, die die<br />

Vermutung des sittlich verwerflichen Gewinnstrebens ausräumen.


Sittenwidrigkeit<br />

BGH, Urteil vom 18.12.2008 – <strong>VII</strong> <strong>ZR</strong> 201/<strong>06</strong><br />

(800-facher Preis, BauR 2009, 491)<br />

Folge:<br />

- Die Nichtigkeit dieses Teils des Rechtsgeschäfts führt nicht dazu,<br />

dass die jeweilige Position, soweit es um die Mehrmenge geht, nicht<br />

wirksam vereinbart wäre, was auch zur Folge hätte, dass die<br />

entsprechenden Leistungen nicht erbracht werden müssten. An die<br />

Stelle der nichtigen Vereinbarungsvergütung der Mehrmengen tritt<br />

vielmehr die Vereinbarung, die Mehrmengen nach den üblichen<br />

Einheitspreisen zu vergüten.<br />

- Danach ist, im Falle des § 2 Nr. 3 VOB/B auf Verlangen ein neuer<br />

Preis unter Berücksichtigung der Mehr- oder Minderkosten zu<br />

vereinbaren (§ 2 Nr. 3 Abs. 2, Nr. 5 VOB/B). Im Streitfall ist dieser Preis<br />

durch das Gericht zu ermitteln, wobei auch eine Schätzung nach § 287<br />

ZPO möglich ist.


Verzögerte Vergabe<br />

BGH, Urteil vom 11.5.2009, <strong>VII</strong> <strong>ZR</strong> 11/08 (Verzögerte Vergabe I)<br />

Sachverhalt:<br />

Bei einer Öffentlichen Ausschreibung nach VOB/A wird die<br />

Angebotsbindefrist zwischen dem AG und dem bestem Bieter<br />

wegen eines von einem Konkurrenten eingeleiteten<br />

Nachprüfungsverfahrens mehrfach einvernehmlich verlängert. Als<br />

der Zuschlag endlich erteilt wird, sind<br />

a) die in der Ausschreibung festgelegten<br />

Ausführungsfristen nicht mehr zu halten und<br />

b) mittlerweile die Stahlpreise explodiert.<br />

Der AN möchte mehr Geld.


Verzögerte Vergabe<br />

BGH, Urteil vom 11.5.2009, <strong>VII</strong> <strong>ZR</strong> 11/08 (Verzögerte Vergabe I)<br />

Argumentation des BGH:<br />

1. Der Vertrag kommt durch Zuschlag zu unveränderten Bedingungen<br />

zustande, auch mit den ausgeschriebenen Fristen, selbst wenn<br />

diese nicht mehr zu halten oder sogar schon abgelaufen sind.<br />

Begründung:<br />

Besonderheiten des Vergabeverfahrens.


Verzögerte Vergabe<br />

BGH, Urteil vom 11.5.2009, <strong>VII</strong> <strong>ZR</strong> 11/08 (Verzögerte Vergabe I)<br />

Argumentation des BGH:<br />

2. Bei den vereinbarten Fristen kann es natürlich nicht bleiben, wenn<br />

diese bereits abgelaufen sind.<br />

Folge:<br />

Das Verhalten der Parteien ist deshalb dahin auszulegen, dass sie<br />

den Vertrag zwar bereits bindend schließen, über neue, dem<br />

eingetretenen Zeitablauf Rechnung tragende Fristen jedoch noch<br />

eine Einigung herbeiführen wollen.


Verzögerte Vergabe<br />

BGH, Urteil vom 11.5.2009, <strong>VII</strong> <strong>ZR</strong> 11/08 (Verzögerte Vergabe I)<br />

Argumentation des BGH:<br />

3. Was ist, wenn die Parteien diese Einigung nicht herbeiführen?<br />

Antwort des BGH:<br />

Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichthofes ist bei<br />

der ergänzenden Auslegung darauf abzustellen, was die Parteien<br />

bei einer angemessenen Abwägung ihrer Interessen nach Treu und<br />

Glauben als redliche Vertragspartner für den von ihnen nicht<br />

geregelten Fall vereinbart hätten. Folge: Die Bauzeit ist unter<br />

Berücksichtigung des Einzelfalls anzupassen.


Verzögerte Vergabe<br />

BGH, Urteil vom 11.5.2009, <strong>VII</strong> <strong>ZR</strong> 11/08 (Verzögerte Vergabe I)<br />

Argumentation des BGH:<br />

4. Zur Vergütung:<br />

a) Der vertragliche Vergütungsanspruch ist in Anlehnung an die<br />

Grundsätze des § 2 Nr. 5 VOB/B anzupassen. Die Vermutung der<br />

Ausgewogenheit von Leistung und Gegenleistung gilt bei einem<br />

Bauvertrag nicht unabhängig von der vereinbarten Leistungszeit,<br />

weil diese regelmäßig Einfluss auf die Vereinbarung der Höhe der<br />

Vergütung des Auftragnehmers hat. Deshalb hat die durch ein<br />

verzögertes Vergabeverfahren bedingte Änderung der Leistungszeit<br />

auch zur Folge, dass die Parteien redlicherweise vereinbart hätten,<br />

sich auf eine angepasste Vergütung zu verständigen.


Verzögerte Vergabe<br />

BGH, Urteil vom 11.5.2009, <strong>VII</strong> <strong>ZR</strong> 11/08 (Verzögerte Vergabe I)<br />

Argumentation des BGH:<br />

4. Zur Vergütung:<br />

b) Soweit die durch ein Vergabenachprüfungsverfahren verursachte<br />

Verzögerung zu einer Änderung der Grundlagen des Preises für<br />

eine im Vertrag vorgesehene Leistung führt, ist dies einer nach<br />

Vertragsschluss durch den Auftraggeber veranlassten Änderung<br />

vergleichbar. Denn in beiden Fällen besteht nach Treu und Glauben<br />

keine Veranlassung, das Risiko von Änderungen der Grundlagen<br />

des Preises dem Auftragnehmer zuzuweisen.


Verzögerte Vergabe<br />

BGH, Urteil vom 11.5.2009, <strong>VII</strong> <strong>ZR</strong> 11/08 (Verzögerte Vergabe I)<br />

Argumentation des BGH:<br />

4. Zur Vergütung:<br />

c) Der Auftraggeber kann sich dem Bieter gegenüber nicht darauf berufen,<br />

kein Verschulden an der Verzögerung zu haben, die durch ein<br />

unberechtigtes Nachprüfungsverfahren entstanden ist. Der<br />

Rechtsordnung ist es nicht fremd, dass dem Auftraggeber auch Risiken<br />

zugewiesen werden, die durch unverschuldete Verzögerungen<br />

eintreten. Das ist beispielsweise der Fall, wenn er im Rahmen eines<br />

abgeschlossenen Bauvertrags unverschuldet das Baugrundstück nicht<br />

zur Verfügung stellen kann (BGH, Urteil vom 21. Oktober 1999).<br />

Deshalb ist es nicht von vornherein verfehlt, dem Auftraggeber als<br />

Herrn des Vergabeverfahrens die Risiken einer zeitlichen Verzögerung<br />

durch Einleitung eines unberechtigten Nachprüfungsverfahrens<br />

zuzuweisen.


Verzögerte Vergabe<br />

BGH, Urteil vom 10.9.2009, <strong>VII</strong> <strong>ZR</strong> 82/08 (Verzögerte Vergabe II)<br />

Sachverhalt:<br />

Bei einer Öffentlichen Ausschreibung nach VOB/A, bei dem sich der<br />

Zuschlag wegen eines von einem Konkurrenten eingeleiteten<br />

Nachprüfungsverfahrens verzögert hat, macht der AN<br />

Mehrvergütung in Höhe von 1.832.365,54 € wegen Mehrkosten<br />

beim Strombezug geltend. Diese seien wegen der Verzögerung des<br />

Zuschlags dadurch eingetreten, dass die der Kalkulation<br />

ursprünglich zugrunde liegenden Energiepreise nicht mehr zu<br />

erlangen gewesen seien. Der Stromlieferant habe sich nur bis zum<br />

30. November 2000 an sein Angebot gebunden.


Verzögerte Vergabe<br />

BGH, Urteil vom 10.9.2009, <strong>VII</strong> <strong>ZR</strong> 82/08 (Verzögerte Vergabe II)<br />

Anders als im vorherigen Fall, geht es hier nicht um eine<br />

Verschiebung der Bauzeit sondern um eine Verschiebung des<br />

Zuschlagstermins.<br />

Kein Anwendungsfall des § 2 Nr. 5 VOB/B.


Verzögerte Vergabe<br />

BGH, Urteil vom 10.9.2009, <strong>VII</strong> <strong>ZR</strong> 152/08<br />

(Verzögerte Vergabe III)<br />

Sachverhalt:<br />

Bei einer Öffentlichen Ausschreibung nach VOB/A verzögert sich der<br />

Zuschlag wegen eines von einem Konkurrenten des (späteren) AN<br />

eingeleiteten Nachprüfungsverfahrens. Die Bauzeit muss angepasst<br />

werden. Der AN macht Mehrkosten geltend, weil sich nach Ablauf der<br />

ursprünglichen Zuschlagsfrist bis zum tatsächlichen Zuschlag die<br />

Materialpreise für bituminöses Mischgut, Schüttgüter und<br />

Kanalbaustoffe stark erhöht hätten. Die<br />

Verkehrssicherungsmaßnahmen seien teurer geworden, weil das<br />

Angebot ihrer Nachunternehmerin bis 15. Dezember 2005 befristet<br />

gewesen und das Preisniveau anschließend gestiegen sei. Außerdem<br />

seien nach Auftragserteilung Kosten für die Entsorgung von Fräsgut<br />

angefallen, während dieses zuvor von den Mischwerken noch vergütet<br />

worden wäre.


Verzögerte Vergabe<br />

BGH, Urteil vom 10.9.2009, <strong>VII</strong> <strong>ZR</strong> 152/08<br />

(Verzögerte Vergabe III)<br />

Kernaussage der Entscheidung:<br />

Maßgeblich für die Ermittlung der Höhe der an die Klägerin zu zahlenden<br />

Mehrvergütung sind diejenigen Mehrkosten, die ursächlich auf die<br />

Verschiebung der Bauzeit zurückzuführen sind. Sie ergeben sich im<br />

rechtlichen Ausgangspunkt aus der Differenz zwischen den Kosten, die bei<br />

der Klägerin für die Ausführung der Bauleistung tatsächlich angefallen sind<br />

und den Kosten, die sie bei Erbringung der Bauleistung in dem nach der<br />

Ausschreibung vorgesehenen Zeitraum hätte aufwenden müssen.<br />

Vorliegend begründet die Klägerin ihren Mehrvergütungsanspruch mit einer<br />

Erhöhung der Einkaufspreise für Baustoffe, Material und<br />

Nachunternehmerleistungen. Das Landgericht wird in Anwendung des<br />

obigen Grundsatzes den tatsächlich angefallenen Einkaufspreisen also<br />

diejenigen Preise gegenüberstellen, welche die Klägerin bei Einhaltung der<br />

ursprünglich vorgesehenen Bauzeit hätte zahlen müssen.


Verzögerte Vergabe<br />

BGH, Urteil vom 10.9.2009, <strong>VII</strong> <strong>ZR</strong> 152/08<br />

(Verzögerte Vergabe III)<br />

Kernaussage der Entscheidung:<br />

Diese Preise entsprechen nicht notwendig den in der Angebotskalkulation<br />

angesetzten Beschaffungskosten. … In welchem Umfang es zu<br />

Erhöhungen der Einkaufspreise gekommen ist, die bei der Bildung des<br />

neuen, diese Mehrkosten umfassenden Preises zu berücksichtigen sind,<br />

hängt indes jedenfalls im vorliegenden, durch die Besonderheiten eines<br />

verzögerten Vergabeverfahrens beeinflussten Fall nicht von den<br />

kalkulatorischen Annahmen der Klägerin ab. … Für die Ermittlung der durch<br />

Preissteigerungen bedingten Mehrkosten, mit der die Klägerin ihre<br />

Angebotspreise zur Ermittlung des neuen Vertragspreises beaufschlagen<br />

darf, kann deshalb nicht auf die Einkaufspreise abgestellt werden, die sie in<br />

ihre Kalkulation eingerechnet hat; maßgebend sind vielmehr die Preise, die<br />

sie bei Einhaltung der geplanten Bauzeit hätte zahlen müssen.


Gesamtschuldner<br />

BGH, Urteil vom 27.11.2008 - <strong>VII</strong> <strong>ZR</strong> 2<strong>06</strong>/<strong>06</strong>= BauR 2009, 515<br />

Entscheidung „Glasfassade“<br />

Kurzzusammenfassung Sachverhalt:<br />

Der AG nimmt den mit der Objektüberwachung (LPH 8)<br />

beauftragten Architekten wegen gravierender Mängel der<br />

Glasfassade einer Wohnanlage auf Schadensersatz in Anspruch.<br />

Der Vorwurf: mangelhafte Bauüberwachung. Geplant (LPH 1-5)<br />

hatte ein anderer Architekt. Die tatsächlich bestehenden Mängel<br />

(überwiegend Planungs- und Konstruktions-, aber auch<br />

Ausführungsmängel) sind nach Feststellung des gerichtlichen<br />

Sachverständigen nur durch Neuherstellung der Fassade mit einem<br />

Kostenaufwand von über 2 Mio.€ zu beseitigen.


Gesamtschuldner<br />

BGH, Urteil vom 27.11.2008 - <strong>VII</strong> <strong>ZR</strong> 2<strong>06</strong>/<strong>06</strong>= BauR 2009, 515<br />

Entscheidung „Glasfassade“<br />

„……………<br />

Zur Erfüllung eines Bauvertrages sind in zahlreichen Fällen<br />

Mitwirkungshandlungen des Bestellers erforderlich. Sofern sich aus<br />

dem Gesetz oder den vertraglichen Vereinbarungen nichts anderes<br />

ergibt, handelt es sich bei diesen Mitwirkungshandlungen<br />

regelmäßig um Obliegenheiten des Bestellers (BGH, Urteile vom 16.<br />

Mai 1968 - <strong>VII</strong> <strong>ZR</strong> 40/66, BGHZ 50, 175, 179 und vom 21. Oktober<br />

1999 -<strong>VII</strong> <strong>ZR</strong> 185/98, BGHZ 143,32……….)“.


Gesamtschuldner<br />

BGH, Urteil vom 27.11.2008 - <strong>VII</strong> <strong>ZR</strong> 2<strong>06</strong>/<strong>06</strong>= BauR 2009, 515<br />

Entscheidung „Glasfassade“<br />

„Im Rahmen dieser Mitwirkungshandlungen hat der Besteller dem<br />

Unternehmer zuverlässige Pläne und Unterlagen zur Verfügung zu<br />

stellen. Sind diese mangelhaft, muss er sich ein Verschulden des<br />

planenden Architekten gemäß §§ 254 Abs. 1, 278 BGB zurechnen<br />

lassen. Der Senat hat schon früher darauf hingewiesen, dass ein<br />

mitwirkendes Verschulden des planenden Architekten dann<br />

vorliege, wenn Pflichten und Obliegenheiten verletzt worden seien,<br />

die den Besteller gegenüber dem Unternehmer träfen, wie z.B. die<br />

Lieferung von Plänen (Urteile vom 2. Oktober 1969 - <strong>VII</strong> <strong>ZR</strong> 100/67,<br />

in Juris dokumentiert, Tz. 20; vom 15. Dezember 1969 - <strong>VII</strong> <strong>ZR</strong> 8/68<br />

= BauR 1970, 57,59 und vom 29. November 1971 -<strong>VII</strong> <strong>ZR</strong> 101/70=<br />

BauR 1972 101/70)“.


Gesamtschuldner<br />

BGH, Urteil vom 27.11.2008 - <strong>VII</strong> <strong>ZR</strong> 2<strong>06</strong>/<strong>06</strong>= BauR 2009, 515<br />

Entscheidung „Glasfassade“<br />

„Zwar hat der Senat später den Begriff "Obliegenheit" nicht mehr<br />

verwendet, sondern ausgeführt, der Besteller "schulde" dem<br />

Unternehmer zuverlässige Pläne oder "habe" diese zu stellen (vgl.<br />

z.B. Urteile vom 27. Juni 1985 - <strong>VII</strong> <strong>ZR</strong> 23/84/84, BGHZ 95, 128,<br />

131; vom 23. Oktober 1986 - <strong>VII</strong> <strong>ZR</strong> 267/85, BauR 1987, 86 und<br />

vom 21. Oktober 1999 - <strong>VII</strong> <strong>ZR</strong> 185/98, BGHZ 143,32, 37. Diese<br />

Formulierung ändert jedoch nichts daran, dass es sich insoweit<br />

jedenfalls um eine Obliegenheit des Bauherrn handelt, die allerdings<br />

durch die vertragliche Vereinbarung zu einer Leistungspflicht<br />

erhoben werden kann“.


Gesamtschuldner<br />

BGH, Urteil vom 27.11.2008 - <strong>VII</strong> <strong>ZR</strong> 2<strong>06</strong>/<strong>06</strong>= BauR 2009, 515<br />

Entscheidung „Glasfassade“<br />

„………………….<br />

§ 254 Abs. 1 BGB setzt voraus, dass bei der Entstehung des<br />

Schadens ein Verschulden des Geschädigten mitgewirkt hat. Dieses<br />

Verschulden bedeutet nicht die vorwerfbare Verletzung einer<br />

gegenüber einem anderen bestehenden Leistungspflicht, sondern<br />

ein Verschulden in eigener Angelegenheit. Es handelt sich um<br />

ein Verschulden gegen sich selbst, um die Verletzung einer im<br />

eigenen Interesse bestehenden Obliegenheit (BGH, Urteile vom 3.<br />

Juli 1951 - I <strong>ZR</strong> 44/50, BGHZ 3, 46 und vom 14. Oktober 1971 - <strong>VII</strong><br />

<strong>ZR</strong> 313/69, BGHZ 57, 137, 145). Nach § 254 Abs. 2 Satz 2 BGB,<br />

der sich auch auf § 254 Abs. 1 BGB bezieht (Palandt/Heinrichs,<br />

BGB, 67. Aufl., § 254 Rdn. 49), ist § 254 BGB entsprechend<br />

anwendbar“.


Gesamtschuldner<br />

BGH, Urteil vom 27.11.2008 - <strong>VII</strong> <strong>ZR</strong> 2<strong>06</strong>/<strong>06</strong>= BauR 2009, 515<br />

Entscheidung „Glasfassade“<br />

„Dem Geschädigten kann die schuldhafte Mitverursachung des<br />

Schadens durch Dritte entgegengehalten werden, wenn er sich<br />

dieser Personen zur Erfüllung der ihn aus § 254 Abs. 1 BGB im<br />

eigenen Interesse treffenden Obliegenheit bedient hat. Hierfür reicht<br />

es aus, wenn die Hilfspersonen bei einer für den entstehenden<br />

Schaden kausal gewordenen Handlung oder Unterlassung<br />

diejenige Sorgfalt außer Acht gelassen haben, die nach der<br />

Sachlage im eigenen Interesse des Geschädigten geboten war<br />

(BGH, Urteil vom 3. Juli 1951 - I <strong>ZR</strong> 44/50 aaO)“.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!