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116 „Bettelorden“ Korrekturabzug<br />
zeit Maria Theresias bildete sich zu einem beträchtlichen Grad ein „Staatskirchentum“<br />
heraus, welches die Organisationen der katholischen Kirche immer<br />
stärker staatlicher Kontrolle unterwarf. Kirchliche Einrichtungen, die als<br />
„Konkurrenz“ zu staatlichen Behörden oder als „überfl üssig“ aufgefasst wurden,<br />
wurden unter Joseph II. schließlich aufgelöst. Den Klosteraufhebungsdekreten<br />
von 1782 und 1783 fi el auch der Trinitarierorden zum Opfer; sein Vermögen,<br />
Stiftungen zum Zweck des Gefangenenfreikaufs im Ausmaß von 800.000<br />
fl ., ging in den von Joseph eingerichteten Religionsfond über 98 .<br />
Den österreichischen Trinitariern wurde nach der Aufhebung ihres Ordens die<br />
Möglichkeit geboten, einem anderen Orden beizutreten oder als Weltgeistliche<br />
in der Seelsorge zu arbeiten. Einige der Ex-Trinitarier wurden im neu gegründeten<br />
Wiener Allgemeinen Krankenhaus, gegenüber dem ehemaligen Konvent<br />
in der Alserstrasse, tätig. In Konstantinopel, wo seit 1723 ebenfalls österreichische<br />
Trinitarier ansässig waren, konnten die Ordensmitglieder als Legationskapläne<br />
der österreichischen Botschaft weiter geistliche Dienste versehen 99 .<br />
Es wäre sicherlich begrüßenswert gewesen, wenn sich in Österreich auch nach<br />
1783 neben der staatlichen Obsorge für Kriegsgefangene weiterhin eine von<br />
staatlichen Organen unabhängige, mit differenter Motivation ausgestattete Organisation<br />
wie der Trinitarierorden der Befreiung von im Ausland Verschleppten<br />
und Gefangenen hätte widmen können, schon um zu vermeiden, dass ein<br />
Monopol in den Entscheidungen entsteht, für wen sich ein Einsatz lohne und<br />
wer wegen etwaig resultierender diplomatischer Missstimmigkeiten lieber seinem<br />
Schicksal überlassen bleibe. So erfüllte der Orden der Trinitarier in der<br />
Habsburgermonarchie des 17. und 18. Jahrhunderts bedeutende Aufgaben in<br />
einem sehr schwierigen Gebiet im Schnittpunkt politischer, sozialer und humanitärer<br />
Interessen, wie es seit dem 19. und 20. Jahrhundert die sogenannten<br />
„NGOs“, „Nichtregierungsorganisationen“, wie Rotes Kreuz, Caritas, Diakonie<br />
und Amnesty International, tun, die gleichfalls staatliche Maßnahmen zu kontrollieren<br />
und Missbräuche aufzuzeigen und zu verhindern versuchen.<br />
98 Vgl. KOBLIZEK, Niederlassung (wie Anm. 8) 61.<br />
99 Vgl. KOPALLIK, Regesten (wie Anm. 52) 17–19. – Der Konvent der österreichischen Trinitarier<br />
in Konstantinopel war ein „Vorzeigeprojekt“ des Ordens und selbst bei den Muslimen in Konstantinopel<br />
anerkannt gewesen, da sich die Trinitarier im Allgemeinen strikt an ihre Aufgabe<br />
des Gefangenenfreikaufs und -austauschs hielten und nicht etwa missionarisch tätig wurden.<br />
Auch die angeschlossene Lateinschule des Ordens war stark frequentiert worden. Vgl. hierzu<br />
JAHN, Loskauf (wie Anm. 87) 72f; JOANNES A SAN FELICE, Annalium (wie Anm. 43) 761f. In<br />
den 1780er Jahren wurde gerade das für zeitgenössische Verhältnisse relativ „weltoffene“ Verhalten<br />
der Trinitarier ihren Mitgliedern zum Vorwurf gemacht und sie in Schmähschriften der<br />
Kollaboration mit den Türken bezichtigt. Vgl. hierzu KOBLIZEK, Niederlassung (wie Anm. 8) 61;<br />
de LEEUW, Trinitarier (wie Anm. 25) 26.