SB_21601NLP
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2022<br />
Abschlussbericht<br />
DVS-Forschung<br />
Artfremdes Mikro-<br />
Strahlschweißen von Titan<br />
mit Nitinol und nichtrostenden<br />
Stählen zur<br />
Herstellung eines -<br />
Materialverbunds unter<br />
Verwendung von<br />
Zusatzwerkstoffen
Artfremdes Mikro-<br />
Strahlschweißen von Titan mit<br />
Nitinol und nichtrostenden<br />
Stählen zur Herstellung eines<br />
biokompatiblen<br />
Materialverbunds unter<br />
Verwendung von<br />
Zusatzwerkstoffen<br />
Abschlussbericht zum Forschungsvorhaben<br />
IGF-Nr.: 21.601 N<br />
DVS-Nr.: 10.3395<br />
Universität Kassel Institut für<br />
Produktionstechnik und Logistik<br />
Fachgebiet Trennende und Fügende<br />
Fertigungsverfahren<br />
NMI Naturwissenschaftliches und<br />
Medizinisches Institut an der<br />
Universität Tübingen<br />
Förderhinweis:<br />
Das IGF-Vorhaben Nr.: 21.601 N / DVS-Nr.: 10.3395 der Forschungsvereinigung Schweißen<br />
und verwandte Verfahren e.V. des DVS, Aachener Str. 172, 40223 Düsseldorf, wurde über die<br />
AiF im Rahmen des Programms zur Förderung der industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF)<br />
vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie aufgrund eines Beschlusses des<br />
Deutschen Bundestages gefördert.
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek<br />
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen<br />
Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind online abrufbar<br />
unter: http://dnb.dnb.de<br />
© 2022 DVS Media GmbH, Düsseldorf<br />
DVS Forschung Band 572<br />
Bestell-Nr.: 170682<br />
I<strong>SB</strong>N: 978-3-96870-572-9<br />
Kontakt:<br />
Forschungsvereinigung Schweißen<br />
und verwandte Verfahren e.V. des DVS<br />
T +49 211 1591-0<br />
F +49 211 1591-200<br />
forschung@dvs-hg.de<br />
Das Werk ist urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte, auch die der Übersetzung in andere Sprachen, bleiben<br />
vorbehalten. Ohne schriftliche Genehmigung des Verlages sind Vervielfältigungen, Mikroverfilmungen und die<br />
Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen nicht gestattet.
Inhaltsverzeichnis 5<br />
Inhaltsverzeichnis<br />
Förderhinweis und Danksagung .............................................................................. 1<br />
Angaben zu den Forschungseinrichtungen ............................................................. 2<br />
Kurzzusammenfassung ........................................................................................... 3<br />
Inhaltsverzeichnis .................................................................................................... 5<br />
1. Einleitung und Motivation ................................................................................. 8<br />
2. Stand der Wissenschaft und Technik ............................................................. 11<br />
2.1. Herausforderungen beim artfremden Schmelzschweißen von Titan mit<br />
nichtrostenden Stählen und NiTi ........................................................................... 11<br />
2.2. Bisherige Studien zum artfremden Strahlschweißen von Titan mit<br />
nichtrostenden Stählen und NiTi ........................................................................... 12<br />
3. Methodische Vorgehensweise ....................................................................... 16<br />
3.1. Forschungsziel und Arbeitshypothesen ...................................................... 16<br />
3.2. Projektstruktur ............................................................................................ 18<br />
4. Versuchsdurchführung ................................................................................... 26<br />
4.1. Versuchswerkstoffe und Probengeometrien ............................................... 26<br />
4.2. Probenpräparation ...................................................................................... 27<br />
4.3. Schweißprozesse und Probeneinspannung ............................................... 29<br />
4.4. Metallographische Analysen....................................................................... 33<br />
4.5. Mechanische Analysen .............................................................................. 34<br />
5. Erzielte Projektergebnisse ............................................................................. 37<br />
5.1. Schweißversuche der Mischverbindungen Ti / nichtr. Stahl & Ti / NiTi ohne<br />
Anwendung von Zusatzwerkstoffen ....................................................................... 37<br />
5.1.1. Blechgeometrie im Stumpfstoß (Mikro-EB)............................................. 37<br />
5.1.2. Blechgeometrie im Überlappstoß (Mikro-EB).......................................... 50
6<br />
5.1.3. Blechgeometrie im Stumpfstoß (Pulslaser)............................................. 53<br />
5.1.4. Blechgeometrie im Überlappstoß (Pulslaser).......................................... 61<br />
5.1.5. Drahtgeometrie ø0,2 mm (Mikro-EB & Pulslaser) ................................... 62<br />
5.2. Schweißversuche der Mischverbindungen Ti / nichtr. Stahl und Ti / Nitinol mit<br />
Applikation einer biokompatiblen Pufferlage ......................................................... 66<br />
5.2.1. Blechgeometrie im Stumpfstoß (Mikro-EB)............................................. 67<br />
5.2.2. Blechgeometrie im Stumpfstoß (Pulslaser)............................................. 82<br />
5.2.3. Blechgeometrie im Überlappstoß (Mikro-EB & Pulslaser) ...................... 92<br />
5.2.4. Übertragung der Projektergebnisse auf cw-Lasersystem ....................... 94<br />
5.2.5. Drahtgeometrie ø0,5 mm (Mikro-EB & Pulslaser) ................................... 96<br />
5.2.6. Drei-Punkt-Biegeversuche finaler Material- und Parameterkombinationen<br />
100<br />
5.2.7. Kurzzeit-zyklische Versuche finaler Material- und Parameterkombinationen<br />
104<br />
5.3. Versuchsdurchführung Biokompatibilitätsanalysen finaler Material- und<br />
Parameterkombinationen .................................................................................... 108<br />
5.3.1. Oberflächenchemische Untersuchungen,<br />
Röntgenphotoelektronenspektroskopie XPS ....................................................... 108<br />
5.3.2. Immersionstests, Test zur Nickelfreisetzung......................................... 109<br />
5.3.3. Ergebnisse aus den Biokompatibilitätsanalysen finaler Material- und<br />
Parameterkombinationen .................................................................................... 111<br />
5.3.4. Diskussion der Oberflächenchemische Untersuchungen ..................... 125<br />
5.3.5. Ergebnisse der Immersionstests ........................................................... 127<br />
5.3.6. Diskussion der Immersionstests ........................................................... 129<br />
5.4. Übertragung der Projektergebnisse auf industrielle Fertigungsmuster ..... 130<br />
5.5. Abgeleitete Methode zur Schweißnahtcharakterisierung in der<br />
Medizintechnik ..................................................................................................... 137
7<br />
6. Gegenüberstellung der Zielsetzung mit den Ergebnissen ............................ 146<br />
Angaben über gewerbliche Schutzrechte ............................................................ 152<br />
Angaben zu den aus der Zuwendung finanzierten Ausgaben ............................. 153<br />
Wissenschaftlich-technischer sowie wirtschaftlicher Nutzen für kleine und<br />
mittelständische Unternehmen ............................................................................ 156<br />
Veröffentlichungen und Ergebnistransfer in die Wirtschaft .................................. 158<br />
Einschätzung zur Realisierbarkeit des Transferkonzepts .................................... 163<br />
Abbildungsverzeichnis ......................................................................................... 165<br />
Tabellenverzeichnis ............................................................................................. 173<br />
Literaturverzeichnis ............................................................................................. 175
Einleitung und Motivation 8<br />
1. Einleitung und Motivation<br />
Metallische Werkstoffe sind essentielle Bestandteile der Medizintechnik und finden<br />
umfangreiche Anwendung in verschiedensten Instrumenten, Werkzeugen und Implantaten.<br />
Aufgrund exzellenter mechanischer Eigenschaften, einer häufig gegebenen Korrosionsbeständigkeit<br />
sowie der Sichtbarkeit auf Röntgen- und Computertomographie-<br />
Aufnahmen werden sie auch in Zukunft nicht durch polymere oder keramische Werkstoffe<br />
ersetzt werden können.<br />
Titanlegierungen, Nickel-Titan-Formgedächtnislegierungen (kurz: NiTi) sowie nichtrostende<br />
Stähle zeichnen sich unter anderem durch ihre hervorragende Korrosions- und<br />
Medienbeständigkeit aus und zählen deshalb zu den am häufigsten genutzten Metallen<br />
in der Medizintechnik [1, 2]. Aufgrund der spezifischen Materialeigenschaften ist<br />
es aus funktionellen, fertigungstechnischen sowie aus wirtschaftlichen Gründen gewünscht,<br />
artfremde Verbindungen aus diesen Werkstoffen herzustellen und somit deren<br />
Vorteile in gradierten Bauteilen zu vereinen. Eine beispielshafte Anwendung aus<br />
dem Bereich der Medizintechnik sind Stapesprothesen, welche als Mittelohrimplantate<br />
eingesetzt werden, siehe Abbildung 1.<br />
Abbildung 1: Stapesprothesen der Firma Heinz Kurz GmbH [3]
9<br />
Das Ankopplungselement dieser Prothesen besteht aus superelastischem NiTi, wohingegen<br />
der Schaft fertigungsbedingt aus reinem Titan hergestellt wird. Im Übergangsbereich<br />
ist demnach eine geeignete Verbindungstechnologie erforderlich, welche<br />
den hohen Anforderungen medizintechnischer Bauteile gerecht wird. Um diese<br />
und vergleichbare Verbindungen in entsprechenden Bauteilen zu realisieren, ist insbesondere<br />
das stoffschlüssige Schmelzschweißen funktionell vorteilhaft, da gegenüber<br />
anderen Fügemethoden die größten geometrischen Freiheiten vorliegen und vollständig<br />
spaltfreie Verbindungen erzeugt werden können. Insbesondere die feinfokussierbaren<br />
Strahlschweißprozesse sind aufgrund ihrer hohen Prozessgenauigkeit und<br />
Reproduzierbarkeit sowie durch die Möglichkeit sehr kleine Schmelzbäder mit minimalem<br />
Wärmeeintrag zu realisieren, für das Fügen der kleinen und häufig sehr komplexen<br />
medizintechnischen Bauteile prädestiniert [4].<br />
Während artgleiche (Strahl-)Schweißverbindungen bei Titanlegierungen, nichtrostenden<br />
Stählen und auch bei NiTi zum Stand der Technik gehören, bereitet jedoch das<br />
artfremde Schmelzschweißen dieser Werkstoffe erhebliche Probleme. Dies beruht vorwiegend<br />
auf der Entstehung von sehr spröden intermetallischen Phasen, welche sowohl<br />
die Schweißeignung als auch die mechanische Belastbarkeit der Mischverbindung<br />
maßgeblich beeinträchtigen [5, 6].<br />
Die bisherigen Lösungsansätze, welche diese Problematik umgehen, weisen jeweils<br />
individuelle Probleme oder Nachteile auf, welche insbesondere eine Umsetzung in der<br />
Medizintechnik verhindern. Form- und kraftschlüssige Fügeverfahren, klebtechnisches<br />
Fügen aber auch pressgeschweißte Verbindungen sind unter anderem durch die gegebenen<br />
Geometrieeinschränkungen für die häufig sehr kleinen und komplexen medizintechnischen<br />
Bauteile ungeeignet. Auch das Löten ist in der Medizintechnik stark<br />
limitiert, da die meisten Lotwerkstoffe toxische Bestandteile aufweisen und potentiell<br />
gefährdende Flussmittel notwendig sind. Eine vergleichbare Gefährdung gilt auch bei<br />
Anwendung von Zusatzwerkstoffen wie beispielsweise Kupfer, Nickel oder Vanadium,<br />
welche in bisherigen Forschungsstudien zum Strahlschweißen der Mischverbindungen<br />
betrachtet wurden [7–9].<br />
Aus dem aktuellen Stand der Technik lässt sich demnach die Problemstellung ableiten,<br />
dass es derzeit keine Fügemethode gibt, welche die Mischverbindungen Titan / NiTi
10<br />
und Titan / nichtrostende Stähle mit zufriedenstellenden mechanischen und biokompatiblen<br />
Eigenschaften herstellen kann. Hier setzt das Forschungsvorhaben „MeTi-<br />
Weld“ an und untersucht das Mikro-Strahlschweißen der benannten Mischverbindungen<br />
unter Applikation der biokompatiblen Zusatzwerkstoffe Niob, Tantal und Hafnium.
Stand der Wissenschaft und Technik 11<br />
2. Stand der Wissenschaft und Technik<br />
2.1. Herausforderungen beim artfremden Schmelzschweißen<br />
von Titan mit nichtrostenden Stählen und NiTi<br />
Die Hauptproblematik bei der schmelzschweißtechnischen Herstellung der Mischverbindungen<br />
Titan / nichtr. Stahl und Titan / NiTi resultiert aus der chemischen Inkompatibilität<br />
der Legierungselemente. Wie anhand der Phasendiagramme zwischen Titan<br />
und Eisen, dem Hauptbestandteil des nichtr. Stahls, sowie zwischen Titan und Nickel<br />
ersichtlich wird, sind beide benannten Werkstoffkombinationen durch eine geringe<br />
Löslichkeit im festen Zustand sowie durch die Bildung intermetallischer Phasen, unter<br />
anderem Fe2Ti & FeTi, respektive Ti2Ni & TiNi3 charakterisiert [6, 10, 11]. Diese intermetallischen<br />
Phasen sind aufgrund ihrer hohen Härte durch ein sprödes, keramikartiges<br />
Verhalten charakterisiert und schränken bei ausgeprägter Verteilung im Schweißgut<br />
sowohl die Schweißeignung als auch die mechanischen Eigenschaften substantiell<br />
ein.<br />
Neben der chemischen Kompatibilität existieren beim artfremden Schmelzschweißen<br />
weitere Herausforderungen, welche eine defektfreie Verbindungsbildung erschweren.<br />
Unter anderem können Abweichungen bei den thermophysikalischen Eigenschaften<br />
der Materialien, wie beispielsweise der Schmelztemperatur, der Wärmeausdehnung<br />
oder der Wärmeleitfähigkeit zu ausgeprägten Spannungszuständen beim Abkühlen<br />
führen. Darüber hinaus besteht bei Mischverbindungen häufig eine hohe Gefahr der<br />
Heißrissbildung, welche auf die Bildung niedrigschmelzender Phasen (Eutektika) zurückzuführen<br />
sind [12].<br />
Zwar existieren diverse Verbindungsmethoden, welche die oben genannten Probleme<br />
umgehen können, jedoch weisen diese wiederum speziell für die Medizintechnik individuelle<br />
Nachteile auf. Beispielsweise durch Kleben, Löten, mechanisches Verbinden<br />
und auch durch Pressschweißen lässt sich ein Aufschmelzen der Grundwerkstoffe und