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Reise 68 Fotos Thomas Lipke Holger Mohts Text ... - 4-Seasons.de

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<strong>68</strong><br />

<strong>Reise</strong><br />

<strong>Fotos</strong><br />

<strong>Thomas</strong> <strong>Lipke</strong><br />

<strong>Holger</strong> <strong>Mohts</strong><br />

<strong>Text</strong><br />

Stephan Glocker


Beim Grillen ist je<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Erste<br />

Eine Kanutour<br />

für Connaisseure<br />

in Kanada<br />

»Na, wie war eure Altherren-Tour auf <strong>de</strong>m Big Salmon?« Auf diese<br />

zugegeben etwas forsche Frage an die Globetrotter-Chefs bekam<br />

<strong>de</strong>r 4-<strong>Seasons</strong>-Redakteur prompt eine Vorladung zum Dia-Abend.<br />

Und eine Lektion in <strong>de</strong>r Kunst <strong>de</strong>s Deligierens: »Prima, dann kannst du ja gleich <strong>de</strong>n<br />

Artikel schreiben, da sparen wir uns die Arbeit, haha.« Merke: Von <strong>de</strong>n »alten Herren«<br />

kann man einiges lernen – nicht nur über gepflegte Wildnis-Touren.<br />

<strong>Reise</strong><br />

69


70<br />

<strong>Reise</strong><br />

Gut geplant: ein Outfitter bringt die Paddler zum Start und holt sie am Ziel ab. Das Essen kommt aus drei prallen Tonnen – und <strong>de</strong>m Fluss.<br />

V<br />

ier alte Freun<strong>de</strong>, die endlich mal wie<strong>de</strong>r gemeinsam<br />

Urlaub machen wollen? Mit zwei Kanus und auf einem<br />

Fluss in <strong>de</strong>r Einsamkeit? Das erinnert doch fatal an <strong>de</strong>n<br />

Pad<strong>de</strong>l-Kultthriller Deliverance – einen <strong>de</strong>r besten Filme,<br />

<strong>de</strong>n Hollywood zum Thema Männer in freier Wildbahn<br />

hervorgebracht hat. Handlung: Nach beschaulichem Auftakt und <strong>de</strong>r<br />

legendäre n »Duelling Banjos«-Szene (einer <strong>de</strong>r Paddler hat seine Gitarr e<br />

dabei und wird von einem offensichtlich autistischen Banjo-Kid an die<br />

Wand gespielt) starten die Freun<strong>de</strong> zur ihrer abenteuerlichen <strong>Reise</strong> auf<br />

<strong>de</strong>m wil<strong>de</strong>n Cahulawasseee River in Tennesee. Bald stellt sich heraus,<br />

dass sie von völlig durchgeknallten Hinterwäldlern verfolgt wer<strong>de</strong>n. Ein<br />

Wettlauf auf Leben und Tod entbrennt, in <strong>de</strong>ssen Verlauf sich die Paddler<br />

unter an<strong>de</strong>rem mit Pfeil und Bogen zur Wehr setzen. Wer diesen Film –<br />

<strong>de</strong>utscher Titel: Beim Sterben ist je<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Erste – gesehen hat, macht für<br />

<strong>de</strong>n Rest seines Lebens einen weite n Bogen um Tennessee.<br />

Wenn nicht jetzt, dann wird da nie was draus!<br />

Beim Dia-Vortrag im Hause <strong>Lipke</strong> muss ich meine Erwartungen allerdings<br />

bald zurückschrauben. Die vier Freun<strong>de</strong> waren nicht in Tenneesee, son<strong>de</strong>rn<br />

in Kanada. Von einem Wettlauf auf Leben und Tod ist selten die<br />

Re<strong>de</strong>, eigentlich sogar gar nicht. Die <strong>Fotos</strong> und Geschichten <strong>de</strong>r vier Protagonisten<br />

drehen sich vielmehr um kulinarische Genüsse, die man in die<br />

Wildnis importiert o<strong>de</strong>r ihr abgetrotzt hat: marinierte Steaks, in Hightech-<br />

Trinkschläuche umgefüllte Rotweine, direkt im Fluss geangelte Äschen<br />

und <strong>de</strong>ren schmackhafte Zubereitung am allabendlichen Lagerfeuer.<br />

Lexa n-Gläser, einen Profi-Rost und allerlei trickreiches Küchen zubehör<br />

aus <strong>de</strong>m Globetrotter-Sortiment hatten die Herren natürlic h auch dabei.<br />

Auf <strong>de</strong>r Leinwand gezeigt wer<strong>de</strong>n im traditionellen Diaabend-Stil alle<br />

Bil<strong>de</strong>r von allen Fotografen. Neben einer beeindrucken<strong>de</strong>n Auswahl an<br />

<strong>Holger</strong> schleppt einen Klapptisch durch die Wildnis,<br />

Andreas akzeptiert nur Toast mit Grillrost-Muster,<br />

Kay belegt <strong>de</strong>n besten Zeltplatz in Mallorca-Manier per<br />

Handtuchwurf, <strong>Thomas</strong> trägt auch zur Sonnenbrille<br />

gerne Stirnlampe – »da weiß man, wo sie ist.«<br />

Grill-, Angel- und Trinkmotiven zeigen die <strong>Fotos</strong> einen traumhaft klaren<br />

Fluss in purer kanadischer Wildnis, einige wil<strong>de</strong> Tiere und ein gut<br />

gelaunte s Team. <strong>Thomas</strong> <strong>Lipke</strong>, Andreas Bartmann, <strong>Holger</strong> Moths und<br />

Kay Rittmeister haben sich offenbar blen<strong>de</strong>nd amüsiert, von Deliverance<br />

keine Spur. Dabei ist die 10-Tage-Tour auf Big Salmon und Yukon kein<br />

Pappenstil: fast 400 Kilometer lang und pad<strong>de</strong>ltechnisch nicht immer eine<br />

Spazierfahrt. Bären gibt es da auch. Lief das alles ohne Probleme?<br />

»Wenn die Strömung plötzlich unter einen Log Jam zieht, das ist ein Verhau<br />

aus umgestürzten Bäumen, sollte man das Kanu schon beherrschen«,<br />

erzählt <strong>Thomas</strong> <strong>Lipke</strong>, »und auf <strong>de</strong>m Yukon ist die Strömung so schnell,<br />

dass du beim Anlan<strong>de</strong>n genau einen Versuch hast – sonst war‘s das mit<br />

<strong>de</strong>m Zeltplatz. Um die Pad<strong>de</strong>ltechnik aufzufrischen, haben wir vorher ein<br />

Trainingswochenen<strong>de</strong> auf <strong>de</strong>r Warnow absolviert. Das wirkliche Problem<br />

an <strong>de</strong>r Tour war eher, überhaupt einen gemeinsamen Termin zu fin<strong>de</strong>n.«<br />

Die vier Freun<strong>de</strong> sehen sich oft, allerdings meistens beruflich. <strong>Thomas</strong><br />

und sein Jugendfreund (und mittlerweile auch Schwager) Andrea s Bartmann<br />

leiten Globe trotter Ausrüstung, Kay Rittmeister begann 1981 während<br />

<strong>de</strong>s Studiums als Aushilfe und ist seit 1992 <strong>de</strong>r Steuerberater <strong>de</strong>r<br />

Firma. Und Professor <strong>Holger</strong> Moths, als Hausarchitekt für die Gestaltung<br />

<strong>de</strong>r neuen Filialen verantwortlich, startete seine Zusammenarbeit mit <strong>de</strong>n<br />

Hamburger Ausrüstern schon in <strong>de</strong>n Siebzigern – mit <strong>de</strong>m gekonnten<br />

Umbau eines Klos.<br />

Inzwischen sind alle um die 50 und in <strong>de</strong>r Urlaubsplanung eingeschränkt:<br />

»Termine, Messen, Familie, irgendwas war immer«, sagt Kay Rittmeister.<br />

Bei <strong>de</strong>r Feier zu Kais 50. Geburtstag wird <strong>de</strong>n Freun<strong>de</strong>n klar: Wenn nicht<br />

jetzt, dann wird da nie was draus. Ein halbes Jahr später stehen die vier<br />

am Quiet Lake, <strong>de</strong>m Startpunkt ihrer »Altherren-Tour«.<br />

An Outdoor-Erfahrung mangelt es <strong>de</strong>n Trappern auf Zeit nicht, an persönlichen<br />

Schrullen auch nicht. <strong>Holger</strong> schleppt einen Klapptisch durch die<br />

Wildnis, Andreas akzeptiert nur Toast mit Grillrost-Muster, Kay beleg t<br />


Spannen<strong>de</strong>r als <strong>de</strong>r Tatort im TV: abends komische Geräusche im Gebüsch – und morgens frische Bärenspuren.<br />

<strong>Reise</strong><br />

71<br />

König <strong>de</strong>r Fischer:<br />

Angelnovize Kay<br />

fängt die Rekordforelle<br />

<strong>de</strong>r Tour.


72<br />

<strong>Reise</strong><br />

Schau mal, wer da pad<strong>de</strong>lt: Am einsamen Big Salmon River sind menschliche Besucher eine echte Attraktion.<br />

Die Bordbar enthält Bier, Rot- und Weißwein sowie einen<br />

Trinkbeutel mit Hennessy XO. Als die vier Freun<strong>de</strong> nach zehn Tagen<br />

Carmacks erreichen, ist allerdings <strong>de</strong>r Kaffee ausgegangen.<br />

<strong>de</strong>n besten Zeltplatz in Mallorca-Manier per Handtuchwurf, <strong>Thomas</strong> trägt<br />

auch zur Sonnenbrille gerne Stirnlampe (»da weiß man, wo sie ist«) und<br />

krittelt beflissen an frem<strong>de</strong>r Ausrüstung herum. »Meinen Klapptisch fand<br />

<strong>Thomas</strong> total bescheuert, benutzt hat er ihn aber trotz<strong>de</strong>m«, beschwert<br />

sich <strong>Holger</strong>, »und meinen Poncho mochte er auch nicht!«<br />

Für die Wahrung einer gewissen Privatsphäre hat je<strong>de</strong>r Paddler sein eigenes<br />

Zelt – »<strong>Thomas</strong> hatte natürlich das tollste«, räumt Kay ein. Dafür<br />

triumphier t <strong>de</strong>r Steuerberater, als er von <strong>de</strong>n Angelprofis im Team gön-<br />

nerhaft aufgefor<strong>de</strong>rt wird, »doch auch mal was zu fangen«. Kurz darauf<br />

hat Kay die mit Abstand größte Forelle <strong>de</strong>r Tour am Haken.<br />

Dann taucht ein unerwartetes Problem auf: <strong>Holger</strong>s Auge schwillt an,<br />

er sieht nur Schemen und befürchtet eine ernsthafte Verletzung durch<br />

eine n Splitter. Der Tour droht <strong>de</strong>r Abbruch. Weil <strong>Holger</strong> die Li<strong>de</strong>r nur kurz<br />

öffnen kann, fotografiert Andreas das Auge und untersucht das Bild in<br />

aller Ruhe auf <strong>de</strong>m Monitor <strong>de</strong>r Digitalkamera. Kein Splitter zu sehen. Aus<br />

<strong>de</strong>r Packung einer Tütensuppe wird eine Augenklappe gebastelt. Nach<br />

Portagen sind für<br />

Paddler selbstverständlich.<br />

Wasserfeste Schuhe<br />

eigentlich auch.


4­<strong>Seasons</strong> Info<br />

Charakter<br />

Leichter Anfang auf drei Seen<br />

(Quiet Lake, Sandy, Big Salmon<br />

Lake), auf <strong>de</strong>m Big Salmon River<br />

kein kniffliges Wildwasser, aber<br />

viele tückische Sweeper und Log<br />

Jams (unterspülte Baumhin<strong>de</strong>rnisse).<br />

Auf <strong>de</strong>m Yukon teilweise extrem<br />

schnelle Strömung. Das alles<br />

erfor<strong>de</strong>rt einiges an Pad<strong>de</strong>lroutine.<br />

Proviant und Ausrüstung müssen<br />

komplett im Kanu mitgeführt wer<strong>de</strong>n.<br />

Bären-Regeln beachten. Beste<br />

Zeit: Sommer bis Frühherbst.<br />

Ob dieser Fisch waid gerecht<br />

geangelt wur<strong>de</strong> o<strong>de</strong>r sich über<br />

Prof. Moths‘ Outfit totgelacht<br />

hat, ist bis heute unklar.<br />

Big Salmon River & Yukon River, Kanada<br />

Die beschriebene Tour im Yukon gehört zu <strong>de</strong>n schönsten, die man in<br />

einem Kanu unternehmen kann: Vom Quiet Lake aus 240 Kilometer <strong>de</strong>n<br />

Big Salmon River hinunter bis zum Yukon, dann auf diesem weitere 120<br />

Kilometer bis nach Carmacks. Die Flussreise dauert acht bis zehn Tage und<br />

erfor<strong>de</strong>rt einiges an Pad<strong>de</strong>l­ und Wildniserfahrung. Nach <strong>de</strong>m Start ist<br />

man abseits je<strong>de</strong>r Zivilisation unterwegs.<br />

Anreise & Logistik<br />

(Direkt-)flug nach Whitehorse,<br />

zuvor bei einem Outfitter (z. B.<br />

www.upnorthadventures.com)<br />

Mietkanus und Shuttle bestellen.<br />

In <strong>de</strong>r Regel wird man am<br />

Quiet Lake abgesetzt und nach <strong>de</strong>r<br />

Tour in Carmacks abgeholt. Ein Permit<br />

ist nicht erfor<strong>de</strong>rlich.<br />

Ausrüstung<br />

Boot und Basisausrüstung stellt <strong>de</strong>r<br />

Outfitter, Lebensmittel und Bärenspray<br />

gibt‘s in Whitehorse. Weitere<br />

A l a s k a<br />

K a n a d a<br />

Carmacks<br />

Yukon<br />

Big Salmon<br />

Village<br />

Ausrüstung<br />

am besten<br />

komplett mitbringen: Zelt, Isomatte,<br />

Kocher, Schlafack, Tarp, Regenschutz,<br />

etc. Auch im Sommer und<br />

Frühherbst kann es tags und nachts<br />

empfindlich kalt wer<strong>de</strong>n, daher auf<br />

Wärmereserven (Kleidung/Schlafsack)<br />

achten. Bester Führer: Yukon<br />

von Andreas Hutter (siehe rechts).<br />

U S A<br />

2<br />

Yukon<br />

Lake<br />

Laberge<br />

Whitehorse<br />

1<br />

Big Salmon<br />

Teslin<br />

4<br />

0 15 30 km<br />

Quite<br />

Lake<br />

<strong>Reise</strong><br />

Nach zehn entbehrungsreichen Tagen am Ziel: erst mal was Essen.<br />

drei Tagen gibt <strong>Holger</strong> Entwarnung: das Auge sei wie<strong>de</strong>r okay. »Das war<br />

vielleicht <strong>de</strong>r schönste Moment: die Sorgen fielen ab und wir konnten die<br />

Tour wie<strong>de</strong>r richtig genießen«, erzählt Kay.<br />

Auch mit <strong>de</strong>m Wetter haben die vier Glück, fast immer lacht die Sonne<br />

vom Septemberhimmel. Der einkalkulierte Pausentag wird ausgelassen,<br />

statt<strong>de</strong>ssen verkürzt man die Tagesetappen, um die Wun<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Natur gebührend<br />

zu feiern. Apropos feiern: Nach Bil<strong>de</strong>rn von Elchen, Adlern und<br />

Stachelschweinen setzt sich im Vortrag wie<strong>de</strong>r die Food-Fotografie durch<br />

– frisches Äschenfilet mit Asiasoße auf Schwarzbrot gibt es auf Andreas‘<br />

Ansage (»Das ist jetzt Standard!«) je<strong>de</strong>n Abend als Entrée, darau f folgen<br />

Fisch-, Fleisch- o<strong>de</strong>r Pilzgerichte. Die Bar enthält Bier, Rot- und Weißwein<br />

sowie ein Beutelchen mit Hennessy XO. Als die vier Freun<strong>de</strong> nach zehn<br />

Tagen Carmacks erreichen, ist allerdings <strong>de</strong>r Kaffee ausgegangen.<br />

Zum Big Salmon möchte ich jetzt auch mal. Und auch ohne Deliverance-<br />

Attitü<strong>de</strong> braucht man <strong>de</strong>n Titel für diese Story nur ein klein wenig zu<br />

än<strong>de</strong>r n: Beim Grillen ist je<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Erste.<br />

Pflichtlektüre: Yukon<br />

Kanuführer, 25 Euro,<br />

Best.­Nr. wis5100101001.<br />

73<br />

‹<br />

Ross River

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