Gestaltungsfaktor Digitalisierung - so stemmt der Einkauf die Zukunft!
eProcurement bzw. digitale Beschaffung und automatisierter Belegfluss bilden das Rückgrat, mit dem der Einkauf erfolgreich die Herausforderungen von Lieferkettenschwierigkeiten und ESG bewältigt. Das Magazin bietet neben den neuesten Trends und interessanten Case Studies erfolgreiche Beispiele der Einkaufsdigitalisierung in unterschiedlichen Branchen.
eProcurement bzw. digitale Beschaffung und automatisierter Belegfluss bilden das Rückgrat, mit dem der Einkauf erfolgreich die Herausforderungen von Lieferkettenschwierigkeiten und ESG bewältigt. Das Magazin bietet neben den neuesten Trends und interessanten Case Studies erfolgreiche Beispiele der Einkaufsdigitalisierung in unterschiedlichen Branchen.
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Einblick in die aktuelle Situation und relativiert:
„All das ist jedoch eProcurement 1.0, also die
Grundlage, um bei den wirklich spannenden
Entwicklungen der nahen Zukunft dabei zu sein!“
Ronald Bogaschewsky
Universität Würzburg
Quo vadis, Digitalisierung?
Krisen, Pandemie, wachsende Anforderungen an das Compliance-Management
und Notwendigkeiten in der Lieferantenevaluierung – der Einkauf steht neuen
Herausforderungen gegenüber und gewinnt gleichzeitig an Bedeutung für
den Unternehmenserfolg. E-Procurement bildet dabei nur die Basis für eine
spannende Neudefinition der eigenen Funktion!
Prof. Dr. rer. pol. Ronald Bogaschewsky, Lehrstuhlinhaber
für BWL und Industriebetriebslehre
an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg,
erforscht die Trends der digitalen Beschaffung und
beobachtet die Entwicklung in den Unternehmen.
„Dabei ist durchaus ein Fortschritt zu verzeichnen“,
berichtet er von jüngeren Befragungen. „Frappant
ist aber der Unterschied, der sich abzeichnet:
Besonders im Mittelstand gibt es einerseits
viele, die gerade erst am Anfang stehen.
Andere hingegen haben den Schritt zum
strategischen Einkauf bereits vollzogen, für die
ist die klassische, katalogbasierte Beschaffung
oder auch Purchase-to-Pay ein alter Hut!“
Aktuelle Trends im eProcurement
„Je strategischer der Einkauf arbeitet, desto mehr
sind zum Beispiel digitale Ausschreibungssysteme
gefragt. Aber auch für das Category Management
gewinnen Tools, mit denen sich immer mehr
Daten besser nutzen lassen, an Bedeutung.“
Daneben tun sich Beschaffungsprozesse
hervor, die nicht über Standards laufen, etwa
die Buchung von Dienstreisen oder der Ankauf
von Dienstwägen.
„Aber auch kollaborative Systeme, die zum
Beispiel durch den Austausch von Konstruktionszeichnungen
gemeinsame Entwicklungen
mit Lieferanten ermöglichen, werden immer
öfter genutzt“, gewährt Dr. Bogaschewsky einen
Lieferanten in allen Details kennen
Enorme Bedeutung sieht Dr. Bogaschewsky in den
Entwicklungen der Beschaffungsmarktforschung:
„Hier werden ganz neue Aufgabengebiete adressiert,
etwa die Suche, Evaluierung und Bewertung
von Lieferanten.“
Besonders beim Thema der Versorgungssicherheit
und des Risikomanagements spiele das
eine zentrale Rolle: „Es geht zum Beispiel darum,
proaktiv die Regionen, in denen produziert wird,
zu beobachten und einzuschätzen:
Wird dort oft gestreikt? Entstehen Unruhen?
Oder kommt es zu Flüchtlingsbewegungen? All
das hat Auswirkungen auf die Lieferfähigkeit!“
Dabei kommt auch die Versorgungssicherheit
von Zukunftsrohstoffen ins Spiel: „Hier ist der
Einkauf gefordert, sich mit den Ingenieuren der
Produktentwicklung auszutauschen und so den
Unternehmenserfolg maßgeblich zu sichern.“
Ebenso gewinnen Informationen unter Aspekten
des Compliance Managements zunehmend
an Bedeutung, betont der Professor: „Ein Beispiel
ist das Lieferkettensorgfaltspflichtgesetz, ein
anderes die Besteuerung von CO 2
für Importe
in die EU – der übersichtliche Zugang zu den
notwendigen Daten ist für den Einkauf essenziell!“
Informationsaufbereitung immer wichtiger
Ob Carbon Footprint oder Compliance, zu allen
Fragen entwickeln Start-ups effiziente Lösungen:
„Die Szene blüht, es gibt unzählige interessante
Anbieter“, erklärt Dr. Bogaschewsky. „Die Plattformen
sorgen für die benötigten Informationen
und liefern die Daten so verdichtet, dass der
Einkauf eine fundierte Entscheidung treffen kann.
Das sind doch spannende Aussichten!“
Anstatt über Technologien zu reden, sollte man
lieber überlegen, welche Informationen nützlich
sind. „Wer braucht eigene Data Scientists, wenn
Plattformen mit künstlicher Intelligenz genau
das liefern, was mich interessiert?“
Aktuell entsteht eine bunte Landschaft an spezialisierten
Dienstleistern.
„Alleine in Deutschland gibt es zwei- bis dreihundert
Start-ups in Bereichen wie Lieferanten-
Scouting oder Risikomanagement. Das ist ein
echter Gamechanger für richtigen strategischen
Einkauf – er muss nur genutzt werden!“
Automatisierte Verhandlungslösungen als
weiteres Sprungbrett
Ein anderes Beispiel für die aktuelle Entwicklung
betrifft die Kernkompetenz des Einkaufs:
„Dementsprechend geteilt sind die Meinungen.
Viele reagieren zurückhaltend auf maschinelle
Beschaffungsagenten, andere erkennen durchaus
Potenzial.“ Und dieses liegt in der simplen
Tatsache, dass bei 10.000 Produkten niemals
alles verhandelt werden kann. „KI-basierte Tools
können da eine wertvolle Hilfe sein!
Es gibt Plattformen, bei denen man das gesamte
Bedarfsportfolio einsteuern kann – der
intelligente Agent schlägt dann jeweils die
passende Verhandlungsart vor.“
Eine Konkurrenz zum menschlichen Einkäufer
sieht Dr. Bogaschewsky nicht: „Alle diese Entwicklungen
werten dessen Position entscheidend auf!
Es geht auch nicht darum, sich in den konkreten
Technologien auszukennen, viel wichtiger ist es,
deren Nutzen zu sehen.“
10 DIG-Magazin 2023
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