Gestaltungsfaktor Digitalisierung - so stemmt der Einkauf die Zukunft!
eProcurement bzw. digitale Beschaffung und automatisierter Belegfluss bilden das Rückgrat, mit dem der Einkauf erfolgreich die Herausforderungen von Lieferkettenschwierigkeiten und ESG bewältigt. Das Magazin bietet neben den neuesten Trends und interessanten Case Studies erfolgreiche Beispiele der Einkaufsdigitalisierung in unterschiedlichen Branchen.
eProcurement bzw. digitale Beschaffung und automatisierter Belegfluss bilden das Rückgrat, mit dem der Einkauf erfolgreich die Herausforderungen von Lieferkettenschwierigkeiten und ESG bewältigt. Das Magazin bietet neben den neuesten Trends und interessanten Case Studies erfolgreiche Beispiele der Einkaufsdigitalisierung in unterschiedlichen Branchen.
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Harald Allerstorfer
Managing Director, CCO
Customer Relations
sind vorhanden und können über Schnittstellen
ins eProcurement integriert werden“, betont Allerstorfer.
Lösungen von Anbietern wie Curecomp,
Prewave, Integrity Next oder Riskmethods böten
eine hinreichende Auswahl.
Für Theißen ist das aber nur ein Teilaspekt:
„Die Notwendigkeit zur Veränderung ergibt sich
nicht aus LkSG und Co, sondern aus dem großen
Ganzen! Das disruptive, globale Umfeld bedingt,
dass wir uns im Einkauf auf Wertbeiträge abseits
der üblichen Kostensenkung konzentrieren
müssen!“
Gemeint seien damit ideelle Werte wie der
Schutz von Menschen und Umwelt. „All das sind
selbstverständliche Kundenerwartungen – b2b
wie b2c.“
Notwendige Neupositionierung des Einkaufs
Unternehmen wie Volkswagen und DMG Mori
kündigen bereits an, bald nur noch mit entsprechend
ethisch positionierten Geschäftspartnern
zu arbeiten. Daher ist es notwendig, im Einkauf als
Gestalter integrer Lieferketten und mehrstufiger
Liefernetzwerke Verantwortung zu übernehmen.
„Der Einkauf hat die fundamentale Aufgabe,
das eigene Unternehmen im Spiel zu halten!“,
betont Theißen.
Spezifische Problemstellungen im Mittelstand
Trotz vieler Leuchtturmprojekte sieht Theißen
KMUs für die gegenwärtigen Herausforderungen
oftmals noch unzureichend gerüstet: „Vielfach
fehlt die Bereitschaft in den Einkauf zu investieren
und diesen zu entlasten.“
Diese Erfahrung teilt auch Harald Allerstorfer:
„Trotz überzeugender Amortisationszeiten wird
eProcurement oft auf Eis gelegt. Weil der Einkäufer
sowieso da sei, IT- oder Projekt-Ressourcen fehlen
oder man das vorhandene SAP als ausreichend
ansieht.“
Dabei wird übersehen, dass gerade ERP-Systeme
bei Katalogen an ihre Grenzen stoßen. „Ein beliebtes
Argument sind auch spezifische, komplexe
Kontierungs- und Genehmigungsprozesse, die
wir in der Regel jedoch abbilden können. Wobei
der Digitalisierungsschritt die Gelegenheit bietet,
die eigenen Prozesse zu hinterfragen und zu
optimieren.“
Gerade in familiengeführten Unternehmen
seien Maßnahmen jedoch häufig von der persönlichen
Meinung des Inhabers abhängig, wirft
Theißen ein: „Als Fan des Mittelstandes schmerzt
mich das sehr, wenn wichtige Handlungsfelder
wie Warengruppen-, Lieferanten-, Risiko- und
Nachhaltigkeitsmanagement unbeackert bleiben!“
Seither kämpft er für mehr Transparenz im
Mittelstand. „Viele Unternehmen wissen nicht,
wo und wie genau sie hunderte Mio. Euro im
Jahr ausgeben. Genau das zeigt unsere Software
sehr detailliert.“
Damit einhergeht das Einsparungspotenzial
von Automatisierung, Konsolidierung usw. „Gerade
bei der Maverick-Buying-Quote sind die meisten
überrascht, dass die tatsächlichen Zahlen ihre
schlimmsten Befürchtungen noch übertreffen.“
Trotz des aufgezeigten enormen Potenzials verblüfft
der Einkauf immer wieder mit Untätigkeit.
„Anders als der Sales steht der Einkauf nicht
unter Zugzwang. Dabei hat er absolutes C-Level-
Potenzial, wenn er diese Dinge umsetzt – und das
so gut wie risikofrei.“
Eigene Interessen durchsetzen und die neue
Rolle annehmen
„Der Einkauf, der Unternehmensinteressen bei
Lieferanten mit Vehemenz vertritt, muss intern
dasselbe für sich selbst tun!“ so Theißen.
Die aktuelle wirtschaftliche Situation stärke
dabei den Rücken. „In den letzten Jahren waren es
nicht selten die Einkäufer, die das Unternehmensergebnis
gerettet haben – dieses Momentum gilt
es jetzt zu nutzen!“
Daher müsse sich der Einkauf als Manager und
Betreiber der Lösung sehen, ergänzt Allerstorfer:
„Er definiert die Plattform, die richtigen Lieferanten,
Kataloge, Preise und natürlich die Prozesse.
Die Nutzer sind die Anforderer, während
der Einkauf sich um die Weiterentwicklung
hinsichtlich weiterer Länder, Produktsegmente
oder anderer Prozesse kümmert.“
Hier hakt Theißen ein: „Wenn der Einkauf ein
System einführt, das allen hilft, verbessert das
sein Standing im Unternehmen. Für den nächsten
Schritt in seine neue Rolle als Innovationstreiber
und Generator essenzieller Wettbewerbsvorteile.“
■
Samir Kharkan
Co-Founder SCALUE
Gefragt seien dazu völlig neue Kompetenzen
z.B. in den Bereichen Data Science, Enterprise
Social Governance, Risikomanagement oder
auch Social Procurement. Dementsprechend
gehöre der Umgang mit Plattformen wie LinkedIn
zu den Grundlagen der neuen Generation von
Einkäufer*innen. "Das Ausbildungsangebot hinkt
da noch hinterher“, stellt Theißen fest.
Zwar böten Verbände wie BME oder BMÖ Kurse,
es fehle aber an strukturiertem Kompetenzaufbau.
„Prof. Dr. Florian Kleemann von der Hochschule
München ist da mit seinem Masterstudiengang
Digital Sustainable Procurement and Supply
Management ein Vorreiter.“
Auch das Fehlen einer klaren Einkaufsstrategie
erlebt er regelmäßig: „Hier kann der Einkauf
überzeugende Zahlen nutzen, die die Ist-Situation
vor Augen führen und ihn in der Argumentation
der Geschäftsführung gegenüber unterstützen.“
Spend-Analysen zeigen Potenzial auf
Genau darauf hat sich der studierte Supply-Chain-
Manager Samir Kharkan spezialisiert: „Nach
erfolgreichen SCM-Projekten bei Metro AG und
Erfahrungen in der Einkaufsberatung sowie beim
Softwareunternehmen Orpheus GmbH habe ich
das Potenzial von Daten im Mittelstand erkannt
und vor rund vier Jahren mit Thomas Teichmann
SCALUE gegründet.“
Dabei unterstützt targetP! mit Coaching, der
Erstellung von Business Cases und argumentativen
Backups. „In der Folge geht es darum, dass der
Einkauf definiert, welche Software er braucht
und dabei federführend bleibt.
Denn wenn die Kollegen aus der IT übernehmen,
ist das Risiko hoch, dass die Lösung
die Anforderungen nicht erfüllt.“
Eine Erfahrung, die auch Allerstorfer teilt: „IT-
Abteilungen wehren sich gegen Best-of-Breed-
Ansätze. Und so kommt zum bestehenden SAP
eben Ariba, ganz ungeachtet, ob das die optimale
Lösung darstellt.“
Fotos
Imagefoto: Adobe Stock
Porträts: SCALUE, targetP!
16 DIG-Magazin 2023
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