26.06.2023 Aufrufe

Gestaltungsfaktor Digitalisierung - so stemmt der Einkauf die Zukunft!

eProcurement bzw. digitale Beschaffung und automatisierter Belegfluss bilden das Rückgrat, mit dem der Einkauf erfolgreich die Herausforderungen von Lieferkettenschwierigkeiten und ESG bewältigt. Das Magazin bietet neben den neuesten Trends und interessanten Case Studies erfolgreiche Beispiele der Einkaufsdigitalisierung in unterschiedlichen Branchen.

eProcurement bzw. digitale Beschaffung und automatisierter Belegfluss bilden das Rückgrat, mit dem der Einkauf erfolgreich die Herausforderungen von Lieferkettenschwierigkeiten und ESG bewältigt. Das Magazin bietet neben den neuesten Trends und interessanten Case Studies erfolgreiche Beispiele der Einkaufsdigitalisierung in unterschiedlichen Branchen.

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Friedrich Baumann

ehem. CEO

Die DIG-Story

Friedrich Baumann, intern liebevoll Fritz genannt, hat maßgeblichen Anteil

an der Erfolgsgeschichte der DIG seit der Restrukturierung im Jahr 2015.

Trotz Verabschiedung in den Ruhestand ist der agile Schweizer auch heute noch

regelmäßig in Linz anzutreffen – wenn er nicht gerade seine Sozialprojekte in

Brasilien voranbringt.

„Ursprünglich habe ich Elektromonteur gelernt“,

schildert Baumann seinen Weg zur IT. Denn ein

eigenes Fachstudium gab es in den 1960ern noch

gar nicht. „Begonnen habe ich beim Schweizer

Elektrotechnikkonzern BBC, aus dem Ende der

80er die heutige ABB AG als Automatisierungstechnikkonzern

hervorging.“ Hier schlug er die

Laufbahn als Informatiker ein – und lernte den

Beruf von Grund auf.

„Meine Schule war IBM und viel echte Praxis.

Und die war so gut, dass ich über alle Stufen zum

Großprojektleiter aufstieg.“ Auch der Bezug zu

Südamerika resultiert aus dieser Zeit: „Als CIO

von BBC Brasilien war ich vier Jahre lang am

Mega-Staudammprojekt Itaipu beteiligt. Das war

auch der Beginn meiner Managementkarriere!“

Fokus auf Sanierungen mit IT-Bezug

Nach mehreren führenden Positionen u.a. bei den

Softwarehäusern Ploenzke und Systor wechselte er

das Fach: „Zuletzt war ich Leiter der Entwicklung

und für Schulungen zuständig. Irgendwann sagte

ich mir, es reicht, ich werde Berater.“ Als solcher

spezialisierte er sich erfolgreich auf Sanierungen

von Informatikunternehmen und wurde

als IT-Experte, der etwas von Verkauf versteht,

geschätzt. Anfang 2014 – immerhin schon seit

sechs Jahren im Privatleben in Sozialprojekten

in Brasilien engagiert und nur noch fallweise

mit Beratungsprojekten beschäftigt – erhielt er

einen besonderen Anruf: „Pascal Sieber, einer der

Verwaltungsräte der Post Liechtenstein, bat mich

um Unterstützung – es ging um eine IT-Firma in

Linz, die sich in einer Schieflage befand.“

Schlechte Ausgangslage

„Das Ganze war ein ziemliches Chaos“, erinnert

sich Baumann an seine ersten Eindrücke der

DIG. „Die Post Liechtenstein wollte damals als

Eigentümer eine Fusion der DIG mit der deutschen

Newtron GmbH, die gut im strategischen Einkauf

aufgestellt war. Eigentlich ein kongenialer Partner.“

Letztlich hinderten allerdings gegenläufige

Interessen ein gedeihliches Miteinander.

Gleichzeitig liefen die DIG-internen Prozesse

nicht effizient: „Das erinnerte mich eher an ein

Start-up! Es gab keine geregelten Abläufe und

die Jahre 2013 und 14 bilanzierten katastrophal

mit hohen Verlusten.“Kein Wunder, dass man in

Liechtenstein verkaufen wollte.

„Eine entsprechende Due Diligence war bereits

erstellt und es gab verschiedene Interessenten.

Nur wollte aufgrund der großen Verluste niemand

den geforderten Preis zahlen.“

Entschlossen ans Steuer

Mit einem zunehmend stabileren Team und

besseren Abläufen setzte bei Baumann ein

Umdenken ein. „Damals habe ich ein Gefühl

entwickelt, um welchen Einsatz die DIG zu haben

wäre. Und irgendwann kam mir angesichts des

grundsätzlich interessanten Geschäftsfeldes und

der richtig guten Plattform fürs eProcurement

eine kühne Idee.“ Und die legte er in Linz auf den

Tisch: Die Zukunft des Unternehmens sollte in

einem Management Buyout liegen!

An eine eigene Beteiligung dachte er dabei

ursprünglich nicht. „Das war mehr eine Forderung

der Banken, die alle nur die Verluste gesehen

haben. Aber nachdem trotzdem keine der angefragten

Banken das Risiko eingehen wollte,

wir aber die Realität und die Risiken sehr wohl

kannten, wollten wir es wagen.“

Anfang 2016 kam der Deal dann zustande und

Leopold Binder, Dieter Dobersberger, Harald

Allerstorfer und Friedrich Baumann waren die

neuen Eigentümer der DIG. „Dieter und Harald

haben damals sogar ihre Häuser belehnt, um das

Geld für den Neustart zusammenzubekommen.

Das war alles sehr emotional.“

Auch die Liechtensteiner konnten überzeugt

werden, Starthilfe zu leisten: „Die Post bürgte

im ersten Jahr für den Kontokorrentrahmen.“

Restrukturierung der DIG

Damals schlug die große Stunde des Sanierers:

„Wir strukturierten um und mussten leider auch

einige Kündigungen aussprechen. Beispielsweise

konnten wir uns das überdimensionierte Sales-

Team nicht mehr leisten.“

Auch das Chaos im Tagesgeschäft nahm man

in Angriff: „Wir hatten tausende Kundenanfragen

wegen irgendwelcher Probleme – völlig unmöglich,

das alles zu bearbeiten.“

Dieter Dobersberger kam auf eine etwas unkonventionelle

Idee: „Als er vorschlug, sämtliche

Anfragen einfach zu löschen und dafür neu eingehende

ordentlich abzuarbeiten, stand erstmal

allen der Mund offen. Aber es funktionierte!“

Parallel konnte das Team neu aufgebaut werden:

„Sonja Elias und Michael Neumüller kamen wieder

zurück – und sind bis heute geblieben!“

Gleichzeitig galt es, große Kunden wie UNIQA und

MAGNA zu beruhigen. „Damals dachten beide

an eine Strategie ohne DIG. Das wäre das Ende

gewesen.“ Der renommierte IT-Experte Baumann

konnte aber in beiden Fällen seinen Beitrag

leisten, verlorenes Vertrauen neu aufzubauen.

Neues Selbstbewusstsein

„Die Grundlage für den erfolgreichen Turnaround

bildeten verschiedene Schlüsselfaktoren, die wir

gemeinsam erarbeitet haben. Der Wichtigste

war sicher das Bewusstsein, dass die DIG aus

vielen unterschiedlichen Charakteren besteht,

die einander ergänzen! Diese Vision hat uns als

Team stark gemacht.“

Aber auch die Umstellung des Geschäftsmodells

und der konsequente Einsatz von EDI-Kompetenz

als Differenzierungsmerkmal im Wettbewerb

spielten eine wesentliche Rolle: „Wir wollten uns

als ehrlicher und zuverlässiger Partner unserer

Kunden sehen. Dazu war es vor allem nötig,

unsere Organisation in Ordnung zu bringen, was

wir schlussendlich gut gemeistert haben.“

Seine Arbeit als CEO sah Baumann vor allem als

Coach: „Mir ging es darum, Klimazonen des Vertrauens

zu schaffen, in denen Leistung entstehen

kann. Das bedeutet aber auch Verantwortung

zu übernehmen, um Freiheiten entsprechend

wahrzunehmen.“

Dieser Weg schlug sich bald in den Zahlen

nieder: Seit der Übernahme gab es keine Verluste

mehr und die Entwicklung der DIG wies immer

stärker nach oben!

Abschied im Jahr 2020

Baumanns Einsatz für die DIG dauerte bis Ende

2020, dann zog er sich als CEO zurück: „Mit dem

schönen Gefühl, dass nun alles so weit auf Schiene

gebracht war, dass es auch ohne mich weitergeht!“

Dass der Brasilien-begeisterte Schweizer

trotzdem noch regelmäßig in Linz zu Besuch ist,

verdankt DIG seiner emotionalen Verbundenheit.

So ganz loslassen kann er eben doch nicht, der

Fritz. ■

26 DIG-Magazin 2023

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