Gestaltungsfaktor Digitalisierung - so stemmt der Einkauf die Zukunft!
eProcurement bzw. digitale Beschaffung und automatisierter Belegfluss bilden das Rückgrat, mit dem der Einkauf erfolgreich die Herausforderungen von Lieferkettenschwierigkeiten und ESG bewältigt. Das Magazin bietet neben den neuesten Trends und interessanten Case Studies erfolgreiche Beispiele der Einkaufsdigitalisierung in unterschiedlichen Branchen.
eProcurement bzw. digitale Beschaffung und automatisierter Belegfluss bilden das Rückgrat, mit dem der Einkauf erfolgreich die Herausforderungen von Lieferkettenschwierigkeiten und ESG bewältigt. Das Magazin bietet neben den neuesten Trends und interessanten Case Studies erfolgreiche Beispiele der Einkaufsdigitalisierung in unterschiedlichen Branchen.
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Tanja Kelz
Rechnungswesen, Controlling
Gleichzeitig können damit Projektergebnisse
analysiert werden. „Wir wollen z.B. wissen, wenn
einzelne Einkaufspositionen konkret einen
positiven oder auch negativen Abschluss verursachen!“
Natürlich könnte man dabei von den
Bestellungen ausgehen, aber: „Diese erfolgen oft
telefonisch – da müsste jemand alle Positionen
manuell nachtragen. Die Rechnungsauswertung
ermöglicht hingegen eine Automatisierung.“
Die Entwicklung dazu dauerte vier Jahre. Einen
großen Anteil hatte daran die Pilotphase, in
der zahlreiche Anpassungen umgesetzt wurden.
„Dafür lief der Echtbetrieb von Anfang an
zufriedenstellend.“
Marktweit einzigartiges System
Die Zielsetzung schien relativ banal. „Durch die
artikelweise Verbuchung pro Baustelle wird im
ERP-System Bau SU, das Kalkulation und FIBU
umfasst, eine Mengenauswertung möglich“, erläutert
die zweite Projektverantwortliche, Tanja
Kelz aus der RIEDERBAU Buchhaltung.
Die Vielzahl der Beteiligten, die hohe Qualitätsbandbreite
der Belege (vom handgeschriebenen
Lieferschein bis zur XML-Datei) und bauspezifische
Besonderheiten erforderten eine hochgradig
individualisierte Lösung, schildert Thrainer, der
die Herausforderungen in der Umsetzungsphase
richtig einordnet:
„Ich kenne Marktbegleiter, die etwas Ähnliches
vorhatten – und in der Realisierung krachend
gescheitert sind!“ Auch die unterschiedlichen
Steuersätze für verschiedene Materialkategorien
auf einer Rechnung verlangten nach einer Lösung.
Der bis Deutschland reichende Einzugsbereich
der RIEDERBAU stellte zusätzliche Anforderungen,
ergänzt Kelz: „Aber nach und nach findet jedes
Thema seinen Abschluss.“
Komplexer Workflow mit zahlreichen
Sonderprozessen
Anspruchsvolle Eingriffs- und Korrekturmöglichkeiten
im komplexen Freigabeprozess sind nur
einige Anforderungen, die das System erfüllt. „Am
Beginn steht die Verarbeitung der Liefer scheine,
die von den Bauleitern im Büro abgegeben und
hier gescannt werden“, beschreibt Kelz den
Prozess. Diese Scans werden von der Canon
OCR-Software IRIS ausgewertet.
Die Ergebnisse des lernenden Verfahrens
werden bei Bedarf manuell nachgebessert, bevor
die Daten in XML konvertiert und ins ERP-System
Bau SU geschickt werden. „Das funktioniert
insgesamt gesehen recht gut.“
Vollautomatische Prüfung der
Rechnungsformalitäten
Rechnungen werden an eine eigens eingerichtete
eMail-Adresse geschickt, IRIS liest dann
verschiedene Daten wie die Nummern der
Lieferantenartikel und der Baustelle sowie die
Rechnungswerte aus, bevor die Daten dem Portal
zur automatisierten Verarbeitung übergeben
werden. „Das läuft dann gut, wenn die grafische
Darstellung klar ist“, urteilt Thrainer.
„Notfalls fordert die ABAU die Rechnungsleger
zu Adaptionen auf, um den Prozess besser zu
automatisieren.“ Nach dem Auslesen erfolgt der
Duplikate-Check, bei dem anhand von Rechnungsnummer,
Kreditor und Zeitraum geprüft wird, ob
die Rechnung bereits im System vorhanden ist.
Gegebenenfalls wird an dieser Stelle der jeweils
Verantwortliche informiert.
Auch die verpflichtenden Rechnungsmerkmale
(nach § 11 UStG) werden vom System überprüft:
„Erfüllt eine Rechnung diese Kriterien nicht, wird
sie abgelehnt“, schildert Kelz den Prozess.
Auf Basis der Baustellennummer wird der
zuständige Bauleiter zugewiesen. Fehlen diese
Informationen, wird eine Aufgabe erstellt:
„Manchmal kennt die Zuordnung nur der Sachbearbeiter,
der diese Information dann manuell
ergänzt und somit für alle weiteren Schritte
nutzbar macht.“
Artikelnummernabgleich mit den Stammdaten
Ähnlich wie zuvor beschrieben erfolgt die Zuordnung
der fremden Artikelnummern zu den
Stammdaten im ERP von RIEDERBAU:
Dabei werden aus der Nummer und dem
konkreten Lieferanten Zuweisungen abgeleitet,
erst im Falle fehlender Matches wird die Aufgabe
einer manuellen Bearbeitung zugeteilt. „Diese
neue Information merkt sich das System“, er-
gänzt Thrainer: „In weiterer Folge laufen diese
Zuordnungen automatisch!“
Sonderprozesse fürs Baucontrolling
Von der Buchhaltung werden etwa das Sachkonto,
Steuer- und Skontosätze sowie das Fälligkeitsdatum
hinterlegt. „Komplexer waren die von
uns benötigten Sonderprozesse hinsichtlich
Mengen- und Preiskorrektur bzw. Abzügen bei
einzelnen Positionen aufgrund von Beschädigungen,
Mindermengen usw.“, erzählt Thrainer vom
Alltag im Baucontrolling, der bei DIG oftmals ein
Umdenken erforderte.
Zentrale Anforderung war dabei auch die
komfortable Verfügbarkeit der zur Rechnung
gehörigen Lieferscheine per Mausklick: Das
System ordnet die entsprechenden Lieferscheine
automatisch zu – kommt ein Beleg verzögert,
kann er manuell vom Office ergänzt werden. „Das
bildet unseren Workflow digital ab“, berichtet Kelz.
Auch das Thema der Anpassungsmöglichkeiten
in jedem Bearbeitungsschritt (sogar bis nach
der Endkontrolle) erforderte entsprechende
Abstimmung zwischen RIEDERBAU und DIG: „Ein
Bauleiter kann etwa Rechnungsbeträge aufgrund
von Transportschäden im Nachhinein reduzieren.
Dieser besondere Usus hat unsere Entwicklungspartner
überrascht. Das System wurde dann
dermaßen adaptiert, dass diese Änderungen
übernommen und zurückgerechnet werden.“
Ebenso können Rechnungen auch final geschlossen
und aus dem System entfernt werden.
Daraus entsteht wiederum eine Aufgabe für die
Endkontrolle, die das geänderte Zahlenwerk
neuerlich überprüfen muss. „Außerdem wird ein
Korrekturblatt als Excel erzeugt und der Lieferant
vom Abschlag per Mail informiert.“
Spezifische Funktionen für Projektleiter
Eine weitere Besonderheit stellen auch die Abgrenzungsbuchungen
in der Bau SU dar:
„Diese sind nötig, damit die Projektleiter
unabhängig von der Freigabe der Rechnungen
jederzeit sehen, wieviel Budget bereits verbraucht
wurde“, erklärt Thrainer den Hintergrund.
Zusätzlich ist darin ersichtlich, welche
Rechnung sich in welchem Bearbeitungsstadium
befindet. Am Ende des Prozesses steht ein
Gesamtdokument, das neben den betreffenden
Rechnungen und Lieferscheinen auch die Historie
aller Freigaben und Korrekturen umfasst und
zentral im Bau SU abgelegt wird.
Ebenso werden auch die Überweisungen
dem System übermittelt, Teilzahlungen werden
addiert: Abgeschlossen ist der Prozess erst mit
dem Begleichen der gesamten Rechnungssumme.
Verbesserte Teamarbeit durch flexiblen
Workflow
Der dynamische Informationsaustausch ist eine
essenzielle Eigenschaft des gesamten Prozesses:
So kann etwa die Buchhaltung über das Bearbeitungsformular
mit dem Baustellenleiter
kommunizieren und bei Unsicherheiten per
Vermerk nachfragen. „Es ist uns wichtig, dass
hier alle strukturiert digital zusammenarbeiten,
weil Informationen und Details sehr verteilt
vorhanden sein können“, betont Thrainer.
Gegenüber dem früheren physischen System
in Form von Mappen und schriftlichen Freigaben
gewinnt man Zeit und Transparenz:
„Wir wissen jetzt genau, wenn notwendige
Kontrollen fehlen. Außerdem können die Kollegen
überall und jederzeit Freigaben erteilen. So
werden Zahlungsziele besser eingehalten und
können Skonti realisiert werden.“ ■
Richard Thrainer
Prokurist
Fotos
RIEDERBAU
6 DIG-Magazin 2023
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