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moneyeditorial<br />
EDITORIAL<br />
Das Ende der<br />
doppelten Steuer<br />
seit Jahrzehnten ist das unfaire System der doppelten Besteuerung von<br />
Aktien und Anleihen im Ausland ein großes Ärgernis. Zum einen müssen<br />
Anleger in Deutschland ihre Kapitalerträge versteuern, zum anderen im Land<br />
der ausländischen Aktien zusätzlich Quellensteuern zahlen. Die zu viel<br />
gezahlten Abgaben auf Dividenden und Zinsen von jährlich über fünf<br />
Milliarden Euro können sich Anleger bislang nur mit großer Mühe und<br />
Geduld wieder zurückholen. Der bürokratische Aufwand ist teilweise absurd.<br />
Insgesamt gibt es dafür nach Expertenschätzung rund 450 Verfahren in der<br />
EU. Gerade für Kleinanleger stellt sich seit jeher die Frage, ob sich der ganze<br />
Aufwand mit komplizierter Bürokratie in der jeweiligen Landessprache auch<br />
tatsächlich lohnt. Denn ein Erstattungsantrag kostet hundert Euro und mehr.<br />
Willkommen in Absurdistan!<br />
Nach vielen Jahren ungeduldigen Wartens steht die ungerechte Praxis endlich<br />
auf der Agenda der EU. Mille grazie, stimado Paolo Gentiloni! Der EU-Wirtschaftskommissar<br />
plant ein Schnellverfahren für Quellensteuer im Ausland.<br />
Das ist auch bitter notwendig. Nach einer Studie der Deutschen Schutzvereinigung<br />
für Wertpapierbesitz DSW und der europäischen Investorenvereinigung<br />
BetterFinance verzichten zwei Drittel aller Aktionäre darauf, sich die zu<br />
viel bezahlten Steuer im Ausland erstatten zu lassen. Das letzte Drittel, das den<br />
mühsamen Versuch unternimmt, hat nur in der Hälfte der Fälle auch Erfolg.<br />
Das ist eine bittere Bilanz.<br />
Der frühere italienische Ministerpräsident Gentiloni schlägt vor, dass Anleger<br />
künftig in der EU wählen können, ob die Quellensteuer im Ursprungsland<br />
nach der Überweisung von Dividenden und Zinsen zurückerstattet wird oder<br />
der Anleger nachträglich in einem Schnellverfahren sein Geld wiederbekommt.<br />
Das Schnellverfahren soll über die Bank des Anlegers abgewickelt werden. Ob<br />
alle Kreditinstitute mitmachen werden, steht aber in den Sternen. Völlig<br />
unklar ist auch, welche Gebühren die Banken für die Rückerstattung der<br />
Quellensteuer verlangen dürfen.<br />
Bei aller Freude über das geplante Ende der Doppelbesteuerung ist<br />
viel Geduld angebracht – wie immer in Europa. Wenn alles im<br />
Machtdreieck zwischen Kommission, Parlament und Mitgliedsländern<br />
optimal läuft, wird es mehr Fairness frühestens ab dem<br />
Jahr 2027 geben. Bis dahin geht die ungerechte Praxis<br />
zugunsten der leeren Staatskassen in der EU erst einmal<br />
weiter.<br />
Herzlich Ihr<br />
Liebe Leserinnen und Leser,<br />
die Inflation ist gekommen, um zu bleiben. Die Notenbanken<br />
geben bislang keine Entwarnung. Was heißt das für die Zinsen,<br />
die Börsen und die Aktienkurse? Mein Tipp: Sie erfahren alles Wichtige<br />
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HANS-PETER SIEBENHAAR<br />
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FOCUS MONEY <strong>28</strong>/2023<br />
3
moneyinhalt<br />
5. JULI 2023 www.money.de<br />
moneykompakt<br />
6 GEG-Novelle: Wie der Bund den<br />
Einbau moderner Heizungen<br />
finanziell fördern will<br />
7 Das kaufe ich jetzt:<br />
Mischkonzern Bolloré hat trotz<br />
mäßigem Quartal Potenzial<br />
7 Hit&Shit: Pharmariesen Eli Lilly<br />
und Pfizer unter der Lupe<br />
7 Chart der Woche: Die größten<br />
Sorgen der Notenbanker<br />
8 Zinsradar: Trends bei Ratenkrediten<br />
und Annuitätendarlehen<br />
8 Der digitale Euro: Was wird aus<br />
unserem Bargeld?<br />
9 Mikas Marktmonitor: Mit<br />
„Bidenomics“ zur Wiederwahl<br />
9 LNG: Deutschlands Zukäufe<br />
10 Musk vs. Zuckerberg: Duell<br />
der Tech-Giganten<br />
10 IW-Studie: Kapitalabflüsse in<br />
Deutschland so hoch wie noch nie<br />
11 Nvidia: Geplante China-Restriktionen<br />
belasten den Chiphersteller<br />
11 Mietwagen: Preise legen im<br />
Sommer Rückwärtsgang ein<br />
98 Andis Börsenbarometer: Tuning<br />
für den Dax<br />
moneytitel<br />
12 Über 100 Prozent Kurschance:<br />
Jetzt zugreifen – welches Potenzial<br />
die neue Stra tegie von vier<br />
Dax-Konzernen birgt. Unternehmen<br />
vor einer Neubewertung<br />
12<br />
Strategiewechsel<br />
VW, Fresenius, Adidas und<br />
Vonovia haben allesamt ihre<br />
Konzernstrategie angepasst.<br />
Das eröffnet Anlegern neue<br />
Kurschancen bis in den<br />
dreistelligen Bereich.<br />
17 PEG-Ratio: Mit nur einer Kennzahl<br />
die Kursziele von Aktien bestimmen<br />
– inklusive neun Top-Werten<br />
20 Interview: Anlageexperte<br />
Wolfgang Fickus erklärt die<br />
Bedeutung von Ausdauer auf<br />
dem Markt<br />
24 Bitcoin: Mit einer Aktie und einem<br />
ETP auf die Kryptowährung setzen<br />
26 Rohstoffaktien: Die besten<br />
Papiere für risikofreudige Anleger<br />
20<br />
„Unternehmen altern nicht wie wir.<br />
Es gilt, je älter, desto besser.“<br />
WOLFGANG FICKUS, PRODUKTSPEZIALIST BEI<br />
COMGEST<br />
4 Foto: A. Doyen/Comgest<br />
FOCUS MONEY <strong>28</strong>/2023
66<br />
Surfer’s Paradise<br />
Zum Festpreis günstig und schnell durchs Internet surfen<br />
und in einwandfreier Qualität parlieren – Doppel-Flatrates<br />
machen dies möglich. Welche Unternehmen bei Preis,<br />
Service und Tarifbedingungen die Nase vorn haben<br />
30 Anleihe-Exoten: Spekulative<br />
Bonds mit hoher Verzinsung<br />
32 Luft- und Raumfahrt: Auf die<br />
Pioniere bei Flugtaxis und<br />
kommerziellen Allbesuchen<br />
setzen<br />
moneymarkets<br />
34 Rezession: Wie die richtige<br />
Defensive aussieht<br />
38 Bayer: Die neuen Pläne des<br />
Chemie- und Pharmakonzerns für<br />
seine Agrarsparte<br />
42 Economist: Was eine anhaltende<br />
Inflation für die Finanzmärkte<br />
bedeuten könnte<br />
46 Europäische Nebenwerte:<br />
Günstig bewertete Small- und<br />
Mid Caps<br />
50 Interview: Was die Kapitalmärkte<br />
im zweiten Halbjahr erwartet<br />
erklärt der Vorstand von Union<br />
Investment<br />
52 Verbio: Profiteur vom Ende der<br />
Fake-Biodiesel-Importe aus China<br />
53 Musterdepot: Gute Stimmung<br />
überwiegt<br />
58 Chartsignal: Umkehr-Trade bei<br />
Gold<br />
58 Wette der Woche: Deutsche<br />
Grundstücksauktionen<br />
60 Discountzertifikate: Alles, was<br />
Anleger wissen müssen<br />
moneydigital<br />
moneyservice<br />
64 Marktplatz: Reise nach Bhutan<br />
66 Doppel-Flatrates: Die besten<br />
Tarife für Angebote mit Netzgeschwindigkeiten<br />
von 50, 100 und<br />
250 Mbit/s<br />
70 Studie: Rund ums Haus – mit<br />
welchen Unternehmen Kunden<br />
sehr zufrieden sind<br />
moneyanalyse<br />
81 Fonds<br />
82 Deutsche Aktien<br />
90 Internationale Aktien<br />
96 ETFs<br />
97 Zertifikate<br />
moneyrubriken<br />
3 Editorial<br />
80 Leserbriefe – Impressum<br />
98 Termine<br />
34<br />
Dunkle Wolken am<br />
Himmel<br />
Welche Aktien sich auch in einer<br />
Rezession gut behaupten. Drei<br />
Top-Werte, die sich stabil und<br />
profitabel erweisen – und hohe<br />
Dividenden abwerfen<br />
54 Social Trends: Chart-Analyse für<br />
Einsteiger<br />
55 Das Aktien-Duell: HelloFresh und<br />
Shopify im direkten Vergleich<br />
dswanlegerschutz<br />
63 Mehrfachstimmrechte: Die DSW<br />
mit einem klaren Standpunkt<br />
46<br />
Turnaround-Kandidaten<br />
Small- und Mid Caps aus Europa entwickelten sich<br />
zuletzt deutlich schlechter als die Bluechips. Wo<br />
eine Trendwende ansteht<br />
FOCUS MONEY <strong>28</strong>/2023<br />
Inhaltotos: Adobe Stock (4) Composing: FOCUS MONEY 5
moneytitel<br />
RENDITECHANCEN<br />
UNTER DER LUPE:<br />
Beim Wechsel der<br />
Konzernstrategie<br />
können sich attraktive<br />
Chancen bieten<br />
RENDITECHANCEN<br />
PRÜFUNG<br />
BESTANDEN!<br />
Vier Dax-Konzerne richten ihre Strategie neu aus – VW, Fresenius, Adidas und Vonovia.<br />
Ihre Aktien stehen vor einer Neubewertung mit bis zu 113 Prozent Kurschance. Wo Anleger<br />
besser heute als morgen zugreifen sollten und bei wem sich Geduld langfristig auszahlt<br />
12 Foto: Adobe Stock<br />
FOCUS MONEY <strong>28</strong>/2023
von JENS MASUHR<br />
Seite<br />
Inhalt<br />
Zu welchem Anlagetyp<br />
gehören Sie?<br />
Homer Simpson<br />
oder Mr. Spock?<br />
Letzterer steht in<br />
der Verhaltensforschung<br />
für den selbstkontrollierten<br />
Typ – emotionslos,<br />
superrational, ein Zahlenfreund,<br />
der Berichte und<br />
Kennziffern bis in die siebte<br />
Sohle analysiert. Der Homer-<br />
Typ dagegen agiert aus dem Bauch. Handeln statt<br />
Nachdenken, lautet sein Lebensmotto. Gekauft wird,<br />
was gerade gut läuft. Und weil Homer menschlich ist<br />
und kein Vulkanier, hält er sich auch nicht an die Vorgaben<br />
wirtschaftsökonomischer Logik. Das Simpsons-<br />
Oberhaupt rennt jeder Rally hinterher, immer mit der<br />
Angst im Nacken, das Beste zu verpassen. Die gute<br />
Nachricht: Mit beiden Methoden lässt sich an der<br />
Börse trefflich Geld verdienen.<br />
Anlegen mit Homer Simpson. Kurios: Die simple<br />
Homer-Methode ist im laufenden Börsenjahr bisher<br />
jene, die die deutlich bessere Performance gebracht hat.<br />
Wer sich zum Jahresauftakt darauf verlassen hat, dass<br />
es die Big-Tech-Aktien wie Microsoft, Alphabet oder<br />
Apple schon richten werden, konnte den breiten Markt<br />
um Längen schlagen. Der Hype um künstliche Intelligenz<br />
(KI) wirkte als Kursturbo, der neue Anleger anlockte<br />
wie ein Wirbelsturm, der immer neue Luft von<br />
außen in sich aufsaugt und in ungeahnte Höhen<br />
schleudert. Wer also dem Trend folgen und sich die<br />
Chance auf bis zu 1000(!) Prozent Kursgewinn nicht<br />
entgehen lassen will, für den bleiben sogenannte<br />
Momentumwerte erste Wahl (siehe Seite 32).<br />
Die „Spitzohren“ dagegen suchen nach Unternehmen,<br />
deren Potenzial die Börse (noch) ignoriert. Anders<br />
formuliert: deren Aktien vor einer Neubewertung stehen<br />
– sei es, weil sich die Wachstumsstrategie des Unternehmens<br />
von Grund auf ändert, ein Konzernumbau<br />
mit Jobkürzungen, massiven Kosteneinsparungen,<br />
Abspaltungen oder Ausgliederungen ansteht, das<br />
Management wechselt oder Märkte aufgegeben oder<br />
neu ins Visier genommen werden. Was für die Zukunft<br />
vielversprechend klingt, verlangt heute den kühlen<br />
Kopf eines Vulkaniers. Denn: Die Kursänderungen sind<br />
in der Mehrzahl der Fälle nicht freiwillig und die Probleme<br />
in der Vergangenheit für gewöhnlich der Grund<br />
dafür, dass die Kursperformance der jeweiligen Aktie<br />
bis dato enttäuscht – beispielsweise im Aktienindex<br />
Dax. Während die meisten Unternehmen trotz teurer<br />
12 Neubewertung<br />
Vier Dax-Raketen auf der<br />
Startrampe<br />
17 PEG-Ratio<br />
Wegweiser zum Mega-Kursziel<br />
20 Interview<br />
Comgest-Experte Wolfgang Fickus<br />
empfiehlt drei Dauerläufer<br />
24 Bitcoin<br />
Wetten auf den nächsten Hype<br />
26 Rohstoffe<br />
Heiße Aktien für coole Köpfe<br />
30 Anleihe-Exoten<br />
Hochspekulative Papiere bieten<br />
Renditen von bis zu 27 Prozent<br />
32 Aktien mit Kursturbo<br />
Diese Titel haben nicht nur an der<br />
Börse das Zeug zum Abheben<br />
Energie, steigender Preise und<br />
Zinsen, Ukrainekrieg und Rezessionssorgen<br />
gut verdienten,<br />
oftmals sogar Rekordgewinne<br />
meldeten und den<br />
Index erstmals über die Marke<br />
von 16 400 Punkte schickten,<br />
bleiben andere Werte Lichtjahre<br />
hinter ihren Allzeithochs<br />
zurück.<br />
Dreistelliges Kurspotenzial.<br />
FOCUS MONEY stellt vier<br />
Spätzünder aus der obersten deutschen Börsenliga vor,<br />
die wegen massiver Verluste, wegbrechender Cashflows,<br />
hoher Schulden oder mieser Börsenperformance<br />
eine Kurswende vollzogen haben. Für Anleger eine<br />
Top-Gelegenheit: In allen vier Fällen steht die Aktie vor<br />
einer Neubewertung mit der Chance auf mehr als 100<br />
Prozent Aufholpotenzial (siehe Kästen ab Seite 14).<br />
Lesen Sie außerdem, warum Kennziffern wie die „PEG-<br />
Ratio“ ein guter Wegweiser bei der Suche nach Top-Performern<br />
ist (siehe Seite 17), warum der Bitcoin bald in<br />
neue Höhen vorstoßen kann (Seite 24), welcher Rohstoffkorb<br />
mehrere Hundert Prozent Kurspotenzial verspricht<br />
(Seite 26) – und wo Anleihen mit exotischen<br />
Renditen von bis zu 27 Prozent locken (Seite 30). Plus:<br />
drei Top-Empfehlungen mit Superchance von Wolfgang<br />
Fickus, Produktspezialist beim Vermögensverwalter<br />
Comgest (Seite 20).<br />
Einen „Kurs-Einheizer“ wie Tesla-Chef Elon Musk:<br />
Das wäre wohl auch das beste Rezept bei VW, um der<br />
lahmen Dax-Ente ordentlich Beine zu machen. Verdient<br />
hat es die Aktie schon lange. Jetzt also soll es das<br />
„größte Umbauprogramm seit Jahrzehnten“ richten.<br />
Mit der Entlassung von Audi-Chef Markus Duesmann<br />
sorgte Konzernchef Oliver Blume vergangene Woche<br />
für einen Paukenschlag. Dazu kommt das neue Mantra<br />
im Konzern: „Wert vor Volumen“. Was nichts anderes<br />
heißt, als dass der Autobauer schlichtweg mehr<br />
Marge machen muss, um das nötige Kleingeld für die<br />
Elektro-Offensive in China aufzubringen. Dort wachsen<br />
vor allem die Marktanteile der heimischen Hersteller<br />
wie BYD, von denen VW glaubt, sie in nicht allzu<br />
ferner Zukunft überholen zu können. Das aber<br />
kostet. Bessere Werksauslastungen, massiv sinkende<br />
Kosten, höhere Margen und mehr Kooperationen sollen<br />
helfen, schneller und mehr als bisher zu verdienen<br />
und die Lücke zu den quirligen Rivalen aus Fernost<br />
zu schließen. Gleichzeitig sollen den eigenen<br />
Marken mehr Freiräume und eigene Renditeziele eingeräumt<br />
werden, um sie effizienter zu machen und<br />
FOCUS MONEY <strong>28</strong>/2023<br />
13
moneytitel<br />
Wirkungsvoller Zinseszins-Effekt<br />
Anleger, die ihre Erträge über eine sehr lange Zeit<br />
stets wieder anlegen, erzielen am Ende eine hohe<br />
Gesamtrendite auf ihren einmal einsetzten Betrag.<br />
Zinseffekte<br />
durschnittliche jährliche Rendite in Prozent<br />
15% Rendite mit Wiederanlage der Zinsen<br />
10% Rendite mit Wiederanlage der Zinsen<br />
10% Rendite ohne Wiederanlage der Zinsen<br />
1200<br />
800<br />
INTERVIEW<br />
Die Macht der<br />
Marathon-Aktien“<br />
Quelle: Comgest<br />
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20<br />
400<br />
0<br />
Die Chancen für Unternehmen, auch künftig erfolgreich<br />
zu sein, stehen umso besser, je länger sie bereits<br />
am Markt sind. Wo diese Dauerläufer zu finden sind,<br />
sagt Wolfgang Fickus, Produktspezialist bei Comgest<br />
Quelle: Comgest<br />
Größe und Lebensdauer<br />
Eigentlich selbsterklärend: Standardwerte sind<br />
gegenüber Nebenwerten nicht nur größer, sondern<br />
auch älter. Das gilt umso mehr für die Compounder.<br />
Durchschnittliche Marktkapitalisierung<br />
in Mrd. Euro<br />
MSCI Europe<br />
Mid Cap Index<br />
Comgest Pan Europe<br />
Compounders<br />
Equity Strategie<br />
250<br />
200<br />
MSCI MSCI Europe<br />
Comgest Pan<br />
Europe Large Cap Index<br />
Europe Equity 100<br />
Small<br />
Strategie<br />
Cap Index<br />
50<br />
MSCI Europe Index<br />
0<br />
2020 2000 1980 1960 1940 1920 1900 1880<br />
durchschnittliches Gründungsjahr<br />
150<br />
von HEIKE BANGERT<br />
Europäische Dauerläufer-Aktien<br />
Comgest Growth Europe Cmpdrs EUR SI Acc<br />
kumulierte Rendite in Prozent<br />
Comgest Growth Europe Cmpdrs EUR SI Acc<br />
institutionelle Tranche<br />
40<br />
20<br />
Quelle: Morningstar Direct<br />
MSCI Europe Growth NR EUR<br />
2020 2021 2022 2023<br />
0<br />
–20<br />
WKN/ISIN (thes., Privatanleger-Tranche*) A3DS1S/IE0004XPWG97<br />
Fondsvolumen 6,7 Mio. €<br />
laufende Kosten 2,10 %<br />
Fondswährung<br />
EUR<br />
Wertentwicklung seit Auflage 10,7 %<br />
Auflagedatum (Privatanleger-Tranche*) 07.03.2023<br />
*Comgest Growth Europe Compounder EUR R Acc<br />
ANLAGEEXPERTE<br />
FICKUS: „The Winner<br />
takes it all“<br />
20 Foto: A. Doyen/Comgest<br />
FOCUS MONEY <strong>28</strong>/2023
Der Astrophysiker Richard Gott schließt von einem New Yorker<br />
Delikatessen-Laden auf die Langlebigkeit und den Erfolg von Unternehmen<br />
und Aktien. Ist das nicht ein bisschen weit hergeholt?<br />
Wolfgang Fickus: Auf den ersten Blick mag das so erscheinen.<br />
Doch der Zusammenhang ist frappierend.<br />
Lindy‘s Delicatessen, ein beliebter Treffpunkt der Broadway-Showbranche,<br />
spielte eine wichtige Rolle bei der Entwicklung<br />
der These des Princeton-Wissenschaftlers: Er<br />
beobachtete und prognostizierte 1995, dass diejenigen<br />
Shows, die bereits lange Zeit erfolgreich waren, auch in<br />
Zukunft auf der Bühne triumphieren würden.<br />
Von diesem statistischen Gesetz „Lindy’s Law“ abgeleitet,<br />
kann die Lebenserwartung von Technologien, Ideen<br />
und Unternehmen mit fortschreitendem Alter zunehmen.<br />
Auf Qualitätswachstumsaktien angewandt bedeutet dies,<br />
dass die Vergangenheit eines Unternehmens als Schlüssel<br />
für seine zukünftige Entwicklung gesehen werden<br />
kann. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein lange erfolgreiches<br />
Unternehmen ein lange erfolgreiche Zukunft hat, ist<br />
hoch. Es gibt Unternehmen, die zu wahren Marathonläufern<br />
werden. Anleger können dabei durch den Zinseszinseffekt<br />
profitieren.<br />
Das Interesse vieler Anleger auf der Suche nach Kurs-Vervielfachern<br />
ist eher auf junge dynamische Unternehmen gerichtet.<br />
Sollten Investoren also umdenken?<br />
Fickus: Das ist zumindest unsere Erfahrung. Die Überlebenswahrscheinlichkeit<br />
der jungen Unternehmen, die<br />
etwa in das nächste ‚Big Thing‘ investieren, ist leider denkbar<br />
gering. Wir sollten uns daran erinnern, was am Neuen<br />
Markt passiert ist. Der DSL-Anbieter 1&1 AG ist heute einer<br />
der wenigen Überlebenden der ‚New Economy‘ vor<br />
rund 25 Jahren. In den USA geht jedes zweite Unternehmen<br />
nach fünf Jahren pleite. Aber 15 Prozent der Unternehmen<br />
schaffen es, länger als 15 Jahre zu überleben. Unternehmen<br />
altern nicht wie wir. Es gilt, je älter, desto besser.<br />
Das klingt vielversprechend, aber gibt es auch Gründe dafür?<br />
Fickus: Die gibt es. Es braucht eine gewisse Unternehmensgröße,<br />
um sich von innen heraus finanzieren zu können.<br />
Unternehmen wie L‘Oréal und Microsoft sind nicht<br />
im negativen Sinne gealtert. Sie wurden umso stärker, je<br />
länger sie existieren. Nehmen wir einmal L‘Oréal. Der<br />
Kosmetikkonzern hat zwei Weltkriege und mehrere Weltwirtschaftskrisen<br />
überlebt. Der Konzern hat seinen Gewinn<br />
pro Aktie in den letzten 40 Jahren im Schnitt um elf<br />
Prozent pro Jahr und seine Dividende um 14 Prozent pro<br />
Jahr gesteigert. L’Oréal hat seine Standbeine in den USA<br />
und China aufgebaut und ist sehr erfolgreich im Onlinegeschäft.<br />
Dieses Unternehmen verlässt sich nicht darauf,<br />
dass auch künftig passt, was in der Vergangenheit funktioniert<br />
hat. L‘Oréal stellt sich seit jeher selbst infrage, um<br />
seine Innovationsfähigkeit zu erhalten.<br />
Bilden Krisen eine Zäsur, indem sich die Spreu vom Weizen trennt?<br />
Fickus: Absolut, das lässt sich in der aktuellen Krise beobachten.<br />
Einige Unternehmen, die zehn Jahre ohne Kapitalkosten<br />
sehr gut gewachsen sind und vom Kapitalmarkt<br />
hochgepäppelt wurden, haben jetzt Überlebensängste. Die<br />
haben keine „Elephant Gun“ in der Bilanz, wie Warren Buffett<br />
es auszudrücken pflegt – also keine hohe Liquidität in<br />
der Bilanz, damit sie durch schlechte Zeiten kommen oder<br />
weil sie in schlechten Zeiten, das eine oder andere Unternehmen<br />
übernehmen und so die eigenen Marktanteile damit<br />
ausbauen zu können. Genau das hat L‘Oréal gerade mit<br />
Aesop getan, der Luxusmarke des brasilianischen Unternehmens<br />
Natura. Das konnten die, während Natura einen<br />
Haufen Schulden angehäuft hatte.<br />
Gilt das auch für Microsoft? Das IT-Unternehmen ist ja auch nicht<br />
mehr das, was es einst bei seiner Gründung war...<br />
Fickus: Richtig. Microsoft hat sich vor zehn Jahren das<br />
erste Mal neu erfunden, als die Software-Industrie ins<br />
L‘ORÉAL<br />
Powermarke im Kosmetikbereich<br />
Die Compounder-Komponente: Seit der Gründung 1909 hat sich L‘Oréal zu<br />
einer globalen Power-Marke entwickelt. Heute ist der französische Kosmetikkonzern<br />
mit 36 globalen Marken und 88 000 Mitarbeitern in 150 Ländern<br />
die unangefochtene Nummer eins in der weltweiten Beauty-Industrie.<br />
Die Zahlen: Das Unternehmen hat in den vergangenen 40 Jahren seinen<br />
Gewinn pro Aktie im Schnitt um elf Prozent pro Jahr gesteigert und seine<br />
Dividende um 14 Prozent. Der Umsatz lag 2022 bei 38,3 Milliarden Euro.<br />
Die Kurs-Aussichten: Trends kommen und gehen. L‘Oréal scheint ihnen oft<br />
einen Schritt voraus zu sein. Die Wandlung kommt dabei so leichtfüßig daher<br />
wie seine Testimonials. Der Aktienkurs hüpft stetig mit. Die Aktie ist<br />
derzeitig einigermaßen fair gepreist. Doch mit zehn Prozent Plus sollte man<br />
bei L‘Oréal immer rechnen.<br />
Quelle: Bloomberg<br />
L’oreal<br />
200-Tage-Linie<br />
Kurs der L’oreal-Aktie in Euro<br />
2020 2021 2022 2023<br />
350<br />
250<br />
150<br />
WKN/ISIN<br />
853888/FR0000120321<br />
Börsenwert 220,6 Mrd. €<br />
Kurs-Gewinn-Verhältnis 2023e/24e 34,2/31,4<br />
Dividendenrendite für 2023e/24e 1,6/1,7 %<br />
Kursziel/Stoppkurs 454,00/376,00 €<br />
Risiko ■■■■■ Kurspotenzial p.a. 10 %<br />
e = erwartet<br />
FOCUS MONEY <strong>28</strong>/2023 21
moneymarkets<br />
KONJUNKTUR<br />
Defensiv durch<br />
die Rezession<br />
Wie Anleger sicher durch einen<br />
drohenden Konjunkturabschwung<br />
kommen und welche Aktien sich<br />
selbst dann noch gut behaupten<br />
von MIKA HOFFMANN<br />
DUNKLE WOLKEN ZIEHEN<br />
AUF: Nicht nur notorische<br />
Pessimisten warnen vor<br />
einer tiefen und längeren<br />
Rezession<br />
34 Foto: Adobe Stock<br />
Composing: FOCUS MONEY<br />
FOCUS MONEY <strong>28</strong>/2023