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Fotos: www.foerster-kreuz.com, privat<br />
ProFirma 07/08 2011<br />
INTERVIEW<br />
„Innovation ist eine Geisteshaltung“<br />
Was seine Kreativität angeht, ist <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utsche Mittelstand besser als sein Ruf. Trotz<strong>de</strong>m bleibt noch<br />
einiges zu tun, meint Dr. Peter Kreuz, Business-Quer<strong>de</strong>nker und Buchautor aus Hei<strong>de</strong>lberg.<br />
Herr Dr. Kreuz, wie steht es um die Kreativität<br />
mittelständischer Unternehmer in<br />
Deutschland?<br />
Kreuz: Besser, als viele Außenstehen<strong>de</strong><br />
es glauben, und vielleicht sogar besser,<br />
als viele Mittelständler selbst glauben.<br />
Mehr als 1.000 <strong>de</strong>utsche Unternehmen<br />
sind Weltmarktführer – die meisten davon<br />
sind Mittelständler. Deren Erfolg liegt<br />
sicherlich nicht darin, dass sie billiger als<br />
ihre Wettbewerber sind. Son<strong>de</strong>rn darin,<br />
dass sie ihre Konkurrenz mit Kreativität,<br />
Innovationen und gelebter Lei<strong>de</strong>nschaft<br />
überfl ügeln.<br />
Inwiefern haben KMU-Chefs vielleicht sogar<br />
Vorsprung beim Entwickeln von I<strong>de</strong>en?<br />
Kreuz: KMU haben <strong>de</strong>fi nitiv Vorteile.<br />
Auf <strong>de</strong>r einen Seite sind sie durch ihre<br />
„Größe“ praktisch gezwungen, innovativ<br />
zu sein. Wenn sie die „Gorillas“ (sprich<br />
Großkonzerne) nicht mit Budgets, Manpower<br />
et cetera übertrumpfen können,<br />
dann müssen sie das eben mit Kreativität<br />
und Cleverness wettmachen. In <strong>de</strong>n<br />
meisten Großunternehmen ist die Innovationspipeline<br />
etwa so effi zient wie<br />
Rohrleitungen aus <strong>de</strong>m 19. Jahrhun<strong>de</strong>rt.<br />
Gute I<strong>de</strong>en verhed<strong>de</strong>rn sich dort allzu<br />
oft in <strong>de</strong>r Komplexität von Hierarchien,<br />
Planungs-, Budgetierungs- o<strong>de</strong>r Produktentwicklungsprozessen.<br />
Was hemmt aus Ihrer Erfahrung generell<br />
die Kreativität von Menschen, gera<strong>de</strong> in<br />
KMU?<br />
Kreuz: In zu vielen KMU gibt es noch<br />
„kreative Apartheid“, bei <strong>de</strong>r nur diejenigen,<br />
die aufgrund ihrer klassischen<br />
berufl ichen Rolle als „Kreative“ <strong>de</strong>fi niert<br />
wer<strong>de</strong>n, auch Mittel und Möglichkeiten<br />
bekommen, ihre Kreativität zu entfalten.<br />
DAS GESPRÄCH FÜHRTE DR. ULRIKE FELGER<br />
Der Rest geht leer aus. Es entbehrt dabei<br />
nicht einer gewissen Ironie, dass in <strong>de</strong>n<br />
Festtagsre<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Geschäftsführung dann<br />
trotz<strong>de</strong>m von je<strong>de</strong>m Sachbearbeiter mehr<br />
Kreativität gefor<strong>de</strong>rt wird. Aber statt die<br />
Voraussetzungen dafür zu schaffen, belässt<br />
man es bei phrasentriefen<strong>de</strong>n Kreativitätsappellen.<br />
Kreativität beziehungsweise Innovation<br />
darf keine Spezialabteilung o<strong>de</strong>r<br />
eine sorgsam abgeschottete Gruppe forschen<strong>de</strong>r<br />
Wissenschaftler o<strong>de</strong>r Ingenieure<br />
sein. Sie müssen vielmehr ein Kultur sein,<br />
eine Geisteshaltung, die für je<strong>de</strong>n und<br />
alles in einem Unternehmen gelten und<br />
nonstop herrschen.<br />
Welche konkreten Möglichkeiten haben<br />
Mittelständler, sich selbst und ihre Mitarbeiter<br />
in Sachen Kreativität auf Trab zu<br />
bringen?<br />
Kreuz: Jörg Mehlhorn, Vorsitzen<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r<br />
Gesellschaft für Kreativität, hat hier einen<br />
hervorragen<strong>de</strong>n Vorschlag: „Menschen<br />
eine angstfreie und vertrauensvolle Umgebung<br />
bieten, in <strong>de</strong>r sie frei assoziieren und<br />
sich neugierig, spontan und ohne Hemmungen<br />
in die Aufgabe versenken können.<br />
Denn kreativ zu sein be<strong>de</strong>utet, altbekannte<br />
Wege zu verlassen, von <strong>de</strong>r Norm<br />
abzuweichen – was Mut erfor<strong>de</strong>rt.“<br />
Das erfor<strong>de</strong>rt von einem mittelständischen<br />
Unternehmen erstens, Menschen Freiräume<br />
zu gewähren, in <strong>de</strong>nen sie ihre<br />
Vorstellungskraft entfalten können. Zweitens,<br />
ein Umfeld zu schaffen, in <strong>de</strong>m es<br />
gestattet ist, spontan und neugierig zu<br />
sein. Drittens, eine Unternehmenskultur zu<br />
leben, in <strong>de</strong>r das Infragestellen tradierter<br />
Überzeugungen nicht als Verrat an <strong>de</strong>r eigenen<br />
Sache gilt, son<strong>de</strong>rn als Zeichen von<br />
intelligentem Mit<strong>de</strong>nken. Das klingt ganz<br />
einfach und logisch. Es existiert in vielen<br />
Unternehmen aber nur in kreativen<br />
Wunschträumen.<br />
Welche Rolle spielen ein strukturiertes<br />
I<strong>de</strong>enmanagement (KVP & Co.) o<strong>de</strong>r Kreativitätstechniken<br />
für das Entwickeln neuer<br />
I<strong>de</strong>en?<br />
Kreuz: Im Prinzip eine wichtige Rolle,<br />
aber nur dann, wenn die Unternehmenskultur<br />
stimmt. Ohne die bleiben<br />
die genannten Dinge Makulatur. Kreativität<br />
steht immer im natürlichen Wettstreit<br />
mit etablierten I<strong>de</strong>en und Überzeugungen.<br />
Und das macht es so unbequem.<br />
Außer<strong>de</strong>m muss man verstehen,<br />
dass we<strong>de</strong>r Innovation noch Kreativität<br />
einmalige Projekte sind. Es gibt keinen<br />
Anfang und kein En<strong>de</strong>. Es ist vielmehr<br />
eine Haltung, ein grundlegen<strong>de</strong>r<br />
Wunsch, die Art zu verbessern, wie wir<br />
unsere Produkte und unser Geschäft<br />
weiterentwickeln.<br />
Welchen ganz praktischen Rat haben<br />
Sie, um die eigene Kreativität in Fluss zu<br />
bringen?<br />
Kreuz: Bleiben Sie locker, entspannen Sie<br />
sich und nehmen Sie sich Auszeiten. Gera<strong>de</strong><br />
als Unternehmer. Große I<strong>de</strong>en sind<br />
niemals das Ergebnis von permanentem<br />
Beschäftigtsein. Sie entstehen nicht durch<br />
Beschleunigung, son<strong>de</strong>rn durch Entschleunigung.<br />
Durch Nichts-tun-müssen,<br />
son<strong>de</strong>rn einfach Sein-dürfen. Innehalten.<br />
Solch „kreatives Nichtstun“, das zweckfreie<br />
spielerische Treibenlassen, müssen<br />
wir in unserer mo<strong>de</strong>rnen 24-Stun<strong>de</strong>n-<br />
Gesellschaft oft erst wie<strong>de</strong>r lernen. Was<br />
hilft, ist Selbstüberlistung: Sich einmal<br />
am Tag einfach auf die Couch setzen – mit<br />
Espresso in <strong>de</strong>r Hand und ohne Handy am<br />
Ohr und Laptop auf <strong>de</strong>m Schoß.<br />
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