Focus-Money_2023-36 Vorschau
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moneyeditorial<br />
EDITORIAL<br />
China wird zum<br />
Risiko für Anleger<br />
wie sagte schon Elon Musk: „Wahrscheinlich sollten wir alle hoffen, dass wir<br />
in irgendeiner Art von Simulation leben. Sonst könnte es noch richtig unangenehm<br />
werden.“ Auch wenn der Tesla-Gründer damals nicht an China dachte,<br />
so trifft seine Aussage die gegenwärtige Situation. Denn China simuliert<br />
Normalität. Auf den Treffen der BRICS-Staaten in Südafrika wünschte sich<br />
Peking zuletzt eine neue Weltordnung auf den Finanzmärkten, um die<br />
Dominanz des Westens und des Dollars zu brechen. Doch nicht die USA und<br />
ihre westlichen Partner sind das Problem für die Weltkonjunktur. Das global<br />
größte Risiko ist China selbst.<br />
Das Reich von Xi Jinping hat sich in eine schwere Krise manövriert. Die<br />
Immobilienbranche – über Jahrzehnte einer der wichtigsten Motoren des<br />
Wachstums – implodiert. Auch wenn der Staats- und Parteichef auf Lebenszeit<br />
noch Normalität simuliert, ist klar: Es wird womöglich ungemütlich. Der<br />
Immobiliengigant Evergrande hat in den USA bereits Insolvenzantrag gestellt.<br />
Der taumelnde Immobilienentwickler Country Garden ist nach seiner<br />
finanziellen Schieflage aus dem Hongkonger Hang Seng Index geflogen.<br />
Inhaber von Anleihen bangen um die Rückzahlung, Aktionäre erleiden<br />
schwere Verluste. Das chinesische Betongold wird über Nacht zum Katzengold.<br />
Unsere Berichte dazu finden Sie auf den Seiten 8 und 16.<br />
Nein, normal ist nichts mehr in China. Aus dem ehemaligen Wachstumsmotor<br />
der Weltwirtschaft ist ein unberechenbares Risiko geworden. Der Ruf<br />
seines Finanzsystems ist beschädigt. Im Juli ist die chinesische Wirtschaft in<br />
die Deflation gestürzt. Die Notenbank hat ihren Leitzins auf ein Rekordtief<br />
gesenkt. Und die Wirtschaftsaussichten sind düster. Auch wenn noch unklar<br />
ist, mit welchen geldpolitischen, steuerlichen und wirtschaftspolitischen<br />
Maßnahmen Peking reagieren will, steht bereits fest: Der Risikofaktor<br />
China hängt wie ein Damoklesschwert über die Börsen. Die zweitgrößte Wirtschaftsmacht<br />
der Erde wird zum Risiko für Anleger. Kein anderes Land in Europa<br />
ist enger wirtschaftlich verzahnt mit China als Deutschland. Das fängt<br />
beim weltweit zweitgrößten Autobauer Volkswagen an und hört beim<br />
Chemiegiganten BASF auf. Um es klar zu sagen: Schmiert China wirtschaftlich<br />
ab, droht Deutschland ein Wohlstandsverlust. Auf die chinesische<br />
Simulation der Normalität reinzufallen, wäre daher fatal. Kluge Anleger<br />
wappnen sich mit ihren Investments für stürmische Zeiten. Mit unserer<br />
Titelgeschichte wollen wir einen Beitrag dazu leisten, auf das wachsende<br />
Risiko China die richtigen Antworten zu finden.<br />
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FOCUS MONEY <strong>36</strong>/<strong>2023</strong><br />
3
moneyinhalt<br />
30. AUGUST <strong>2023</strong> www.money.de<br />
moneykompakt<br />
6 Arm: Britischer Chipentwickler und<br />
KI-Gewinner wagt Börsengang<br />
7 Das kaufe ich jetzt: Air Liquide<br />
7 Chart der Woche: Private<br />
Raumfahrtunternehmen<br />
7 Hit & Shit: BRICS einen Schritt<br />
weiter, Peloton geht die Puste aus<br />
8 Zinsradar: Konditionen am Markt<br />
8 China: Es droht eine lange<br />
Schwächephase<br />
9 US-Staatsanleihen: Renditen am<br />
US-Rentenmarkt steigen wieder<br />
9 Indexfonds: Neue Anleihe-ETFs<br />
mit fester Laufzeit<br />
10 Covestro: Araber beflügeln Kurs<br />
10 Börsentag: Düsseldorf ruft<br />
11 Foot Locker: Schlechte Zahlen<br />
schicken die Aktie auf Talfahrt<br />
11 Immobilien: Pleitewelle bei<br />
Projektentwicklern rollt weiter<br />
98 Andis Börsenbarometer: China<br />
verkauft US-Zinspapiere. Warum<br />
das zum Risiko werden könnte<br />
moneytitel<br />
12 Jetzt richtig handeln. An der<br />
Börse lauern viele Gefahren. Die<br />
charttechnische Analyse zeigt das<br />
wahre Ausmaß der Risiken. So<br />
positionieren sich Anleger richtig<br />
18 Dauerläufer: Es gibt sie wirklich<br />
– Aktien, die selbst in der Krise<br />
nach oben streben. Hier sind 14<br />
Top-Performer aus den USA<br />
22 Technologie: Eignen sich Tech-<br />
Werte als Depotschutz? Klar, sagt<br />
FOCUS MONEY! Diese drei Aktien<br />
sind der beste Beweis<br />
26 Interview: Deutschland hat ein<br />
Standortproblem. Ökonom Lars<br />
Feld fordert ein besseres Umfeld<br />
für Investitionen und Innovationen<br />
30 Chartsignal der Woche:<br />
Trendwende bei Microsoft und<br />
Apple in Sicht<br />
12<br />
Schwierige Zeiten<br />
Krieg in der Ukraine, Krise in China und Salami-Crash<br />
beim Dax: Die Risiken fürs Depot steigen. Wie Anleger<br />
mit Charttechnik, Dauerläufern und widerstandsfähigen<br />
Tech-Werten die Herausforderung entspannt meistern<br />
26<br />
„Wir sollten die Standortbedingungen<br />
für Investitionen<br />
und Innovationen verbessern.“<br />
LARS P. FELD, PROFESSOR FÜR WIRTSCHAFTS-<br />
POLITIK UND ORDNUNGSÖKONOMIK<br />
4 Titelillustration: Adobe Stock<br />
FOCUS MONEY <strong>36</strong>/<strong>2023</strong>
moneymarkets<br />
32 Uran: Atomkraft als Energiequelle<br />
ist weltweit gefragt. Richtig gehört.<br />
Und das sind die Profiteure<br />
<strong>36</strong> Luxusaktien: Warum LVMH & Co.<br />
weiterhin ein Muss bleiben<br />
40 Interview: Hugo-Boss-Chef Grieder<br />
macht den Kunden zu Fans<br />
42 Kion: Gabelstapler-Spezialist<br />
könnte bald positiv überraschen<br />
44 Economist: Ist Deutschland wieder<br />
der „kranke Mann“ Europas?<br />
47 Galler-Kolumne: Wachstum auf<br />
Pump kann nicht nachhaltig sein<br />
48 Gefallene Engel: An diesen Aktien<br />
ging die jüngste Kursrally vorbei.<br />
Wo sich Einstiegschancen bieten<br />
51 Amadeus IT: Kursrücksetzer beim<br />
Software-Spezialisten nutzen<br />
52 Fußballvereine: Wenn die Liebe<br />
zum Club zum Zock wird<br />
54 Interview: Gerald Grohmann,<br />
Chef von Schoeller-Bleckmann,<br />
strotzt vor Zuversicht. Zu Recht?<br />
58 Musterdepots: Fischer schichtet<br />
um, Jaensch erhöht Liquidität<br />
59 Dr. Hönle: Jüngste Umsatz- und<br />
Gewinnwarnung gut weggesteckt<br />
64 Preisverleihung: Lars Feld erhält<br />
die Friedrich-List-Medaille<br />
moneydigital<br />
60 Mission <strong>Money</strong>: China-Experte<br />
Frank Sieren über Pekings Pläne<br />
60 Kleingeldhelden: Der Dax ist nur<br />
einer von vielen. So ticken Indizes<br />
61 Aktienanalyse: Wird der Chiphersteller<br />
AMD der neue KI-Star?<br />
dswanlegerschutz<br />
65 Vorstandsvergütung: Nachhaltigkeit<br />
spielt eine immer größere Rolle<br />
moneyservice<br />
66 Finanzberater: Auf welche Profis<br />
ist wirklich Verlass? Der große<br />
FOCUS-MONEY-Qualitätscheck<br />
70 Kfz-Versicherung: Die Prämien<br />
2024 steigen. Zeit zum Spurwechsel<br />
76 Studie: Das sind die Branchenvorreiter<br />
Deutschlands<br />
moneyanalyse<br />
81 Fonds<br />
82 Deutsche Aktien<br />
90 Internationale Aktien<br />
96 ETFs<br />
97 Zertifikate<br />
moneyrubriken<br />
3 Editorial<br />
80 Leserbriefe – Impressum<br />
98 Termine<br />
32<br />
Begehrte Energiequelle<br />
Deutschland steigt aus, alle anderen setzen<br />
weiter auf Atomkraft. Tendenz: stark<br />
steigend. Davon profitieren nicht nur die<br />
Uranproduzenten<br />
40<br />
Neuer Glanz<br />
Der Modekonzern Hugo Boss<br />
findet zu alter Stärke zurück.<br />
Daniel Grieder setzt dabei auf<br />
ein wirksames Erfolgsrezept.<br />
FOCUS MONEY wollte es<br />
genau wissen und hat beim<br />
Vorstandschef nachgefragt<br />
54<br />
Weltweit gefragt<br />
Ausrüster wie Schoeller-Bleckmann profitieren vom<br />
hohen Ölpreis. Doch die Österreicher wollen mehr<br />
FOCUS MONEY <strong>36</strong>/<strong>2023</strong><br />
Fotos: Adobe Stock (3), Bildkraftwerk/B. Lammel, Hugo Boss Composing: FOCUS MONEY 5
moneytitel<br />
moneytitel<br />
Krieg in der Ukraine, Krise in China und<br />
Salami-Crash beim Dax: Die charttechnische<br />
Analyse zeigt das wahre Ausmaß der<br />
Risiken für Ihr Depot. Wie Anleger die<br />
Herausforderung meistern<br />
von DIRK REICHMANN<br />
STRATEGIE<br />
JETZT<br />
RICHTIG<br />
HANDELN<br />
12 Foto: Adobe Stock<br />
FOCUS MONEY <strong>36</strong>/<strong>2023</strong>
Seite<br />
Einkaufsmanagerindex verarbeitendes Gewerbe<br />
in Prozent<br />
Inhalt<br />
12 Chartanalyse Warum Kurvendeuter<br />
keine Draufgänger sind<br />
14 Zinsen Das Geld wird teurer<br />
16 Unterwegs mit dem MACD Sand im<br />
Getriebe<br />
17 Absicherung Was Optionsscheine alles<br />
können<br />
18 Dauerläufer ... und läuft und läuft ...<br />
22 Tech-Aktien Rendite plus Schutz<br />
26 Interview Lars P. Feld zu Wachstum<br />
und Chancen<br />
30 Unter der Lupe Microsoft und Apple<br />
Die Schere öffnet sich<br />
Während der Finanzkrise und der Corona-Pandemie<br />
ging der PMI auf Talfahrt. Die wirtschaftliche<br />
Tristesse ging auch an der Börse nicht spurlos<br />
vorüber. Seit einigen Wochen ist das anders.<br />
Expansion<br />
Kontraktion<br />
wirtschaftliche Schwäche bis<br />
in den Bereich der Kontraktion<br />
CDax in Punkten<br />
Abkopplung<br />
2008 10 12 14 16 18 20 2022<br />
60<br />
50<br />
40<br />
30<br />
1400<br />
1000<br />
600<br />
200<br />
Quelle: Bloomberg, eigene Darstellung<br />
Man nannte ihn den „Gott der Märkte“.<br />
Im 18. Jahrhundert entwickelte der japanische<br />
Kaufmann Sokyu Homma<br />
Methoden zur Analyse von Preisbewegungen<br />
auf dem Reismarkt. Seine Entdeckungen<br />
werden der Chartanalyse<br />
zugeordnet. Das Ergebnis könnte so ausgesehen haben:<br />
Homma kaufte Reis billig und verkaufte ihn teuer. Sonst<br />
wäre er ja auch kein „Gott der Märkte“ geworden.<br />
Seit der Dax in nur drei Wochen fünf Prozent verloren<br />
hat, sprechen manche Experten von einem Salami-<br />
Crash am Aktienmarkt. In einem solchen Szenario verlieren<br />
Aktien regelmäßig in „kleinen Scheibchen“ an<br />
Wert, ohne dass es richtig kracht. Unangenehm ist es<br />
aber, weil den Börsen die Dynamik fehlt und jederzeit<br />
mit Schlimmerem zu rechnen ist. Gründe dafür gibt es<br />
genug: Die Stimmung in der deutschen Wirtschaft ist<br />
derzeit nicht die beste. Die schwache Konjunktur in<br />
China belastet die exportorientierten Unternehmen.<br />
Der deutsche Einkaufsmanagerindex für das verarbeitende<br />
Gewerbe (PMI) misst das Aktivitätsniveau der<br />
Einkaufsmanager im verarbeitenden Gewerbe. Ein<br />
Wert unter 50 deutet auf eine schrumpfende Wirtschaft<br />
hin, ein Wert über 50 auf eine Expandierende. Im Juli<br />
<strong>2023</strong> erreichte der PMI mit 38,8 den niedrigsten Stand<br />
seit Mai 2020. Ein Rückgang wirkte sich häufig auf die<br />
Aktienmärkte aus. Dies belastete beispielsweise den<br />
CDax (siehe Grafik links).<br />
Aktuell trifft dies jedoch nicht zu. Über die Gründe für<br />
diese Robustheit lässt sich spekulieren, doch Charttechniker<br />
interessieren sich nur am Rande dafür. Sie<br />
orientieren sich wie Homma an den Kursbewegungen.<br />
Das hat viel mit Psychologie zu tun. Die Emotionen der<br />
Menschen machen die Aktienkurse. FOCUS MONEY<br />
hat deshalb verschiedene Finanzmärkte aus charttechnischer<br />
Sicht unter die Lupe genommen, um ein umfassendes<br />
Bild der bestehenden Risiken zu zeichnen. An<br />
den Zinsmärkten können demnach die Renditen länger<br />
und höher steigen, als sich viele vorstellen (Seite 14).<br />
Was die technischen Signalgeber für Dax und<br />
Nasdaq-100 sagen, lesen Sie auf Seite 15, die bedenklichen<br />
Warnzeichen, die sich aus der Betrachtung des<br />
Shanghai Composite und des chinesischen Renminbis<br />
ergeben, folgen auf Seite 16.<br />
Analysen sind die eine Seite. Genauso wichtig ist<br />
jedoch, wie Anleger auf die Ergebnisse reagieren<br />
können. Als Handlungsoptionen analysieren wir Absicherungen<br />
(Seite 17), solide Dauerläufer-Aktien (Seite<br />
18) und hochwertige Tech-Aktien, die sowohl Schutz<br />
vor Verlusten, als auch zweistelliges Kurspotenzial<br />
bieten (Seite 22).<br />
FOCUS MONEY <strong>36</strong>/<strong>2023</strong><br />
13
moneymarkets<br />
URAN<br />
Nie geliebt,<br />
doch derzeit<br />
heiß begehrt<br />
Die ganze Welt setzt auf Kernenergie, außer Deutschland. Anleger hierzulande<br />
können dennoch vom Boom der Atomkraft profitieren.<br />
Welche Aktien – vom Uranproduzenten bis zum US-Navy-<br />
Ausrüster – ins Depot gehören<br />
von JOHANNES HEINRITZI<br />
ISAR-1/-2-AKW-KOMPLEX<br />
BEI LANDSHUT: Abgeschaltet,<br />
während weltweit neue<br />
AKWs gebaut werden<br />
Anlage für Wellenreiter<br />
Langfristig zeigt der Uranpreis sehr große Ausschläge. Statt langfristig zu investieren, sollten Anleger<br />
besser die einzelnen Wellen reiten. Die nächste Big Wave rollt gerade heran.<br />
Preis für Uran<br />
in US-Dollar je Pound*<br />
Unglücksfall Three Mile Island<br />
68 Reaktoren<br />
weltweit<br />
1965<br />
Quellen: BofA, Sprott<br />
10 % des<br />
US-Energiemix<br />
400 Reaktoren<br />
Tschernobyl<br />
Produktionsausfälle durch Überschwemmungen<br />
20 % des<br />
US-Energiemix<br />
Fukushima<br />
Prognose BofA<br />
4<strong>36</strong> Reaktoren<br />
1970 1975 1980 1985 1990 1995 2000 2005 2010 2015 2020 2025<br />
120<br />
80<br />
40<br />
0<br />
32 Foto: Adobe Stock<br />
FOCUS MONEY <strong>36</strong>/<strong>2023</strong>
Deutsche Technologie bei Atomkraftwerken<br />
könnte im aktuellen Umfeld der Gaskrise und<br />
Dekarbonisierungswelle gut gebraucht werden.<br />
Doch Deutschland hat der Atomkraft den<br />
Rücken gekehrt. Betrachtet man allein die<br />
Zahlen der deutschen Atommeiler, ist dies unverständlich.<br />
So ist Isar-2, gemäß Zahlen der World Nuclear<br />
Association, das Atomkraftwerk, das nicht nur 2022 die<br />
zweitgrößte Wattleistung (11,6 Terawattstunden (TWh)) erzielte,<br />
sondern das in seiner Lebenszeit am meisten Strom<br />
erzeugte, insgesamt 378,1 TWh. Unter den weltweiten Top-<br />
Fünf sind zudem neben zwei US-Atomkraftwerken drei deutsche,<br />
inklusive Isar-2.<br />
Auch wenn die letzten drei Kernkraftwerke (AKWs) in<br />
Deutschland vom Netz sind: Weltweit laufen 4<strong>36</strong> AKWs mit<br />
einer Nettokapazität von 391,7 GW. Sie liefern rund zehn<br />
Prozent des globalen Stromverbrauchs. In den nächsten Jahren<br />
werden 59 AKWs hinzukommen, die zusammen etwa<br />
die gleiche Kapazität besitzen wie alle französischen Anlagen<br />
zusammen. Langfristig wird die Zahl weiter steigen, da<br />
zudem viele Planungen vorliegen. Für den Einsatz des benötigten<br />
Energieträgers Uran bedeutet dies eine steigende<br />
Nachfrage. Dann sollte auch der Uranpreis weiter klettern.<br />
Seit Jahresanfang legte der Uranpreis bereits rund 15 Prozent<br />
zu. Davon profitieren die Uranproduzenten wie die<br />
kanadische Cameco und Energy Fuels aus den USA. Zudem<br />
sollte der Atom-Boom auch Zulieferer von Infrastrukturkonzernen,<br />
die im Bereich des Kernkraftwerksbaus aktiv sind,<br />
nach oben ziehen (s. Tabelle und Kästen nächste Seite).<br />
Die deutschen Kernkraftwerke werden in den nächsten<br />
Jahren die Spitzenpositionen bei der Lebensdauerproduktion<br />
verlieren. Denn es werden nicht nur viele Kernkraftwerke<br />
gebaut. Auch die Alten laufen länger. So hat in Frankreich<br />
die Atomsicherheitsbehörde vor Kurzem die Laufzeit von Tricastin1<br />
an der Rhone auf 50 Jahre verlängert. Wenn die Sicherheit<br />
es zulässt, sollen weitere Kraftwerkslaufzeiten von<br />
40 auf 50 Jahre verlängert werden. Frankreich will bis 2050<br />
zudem 14 neue AKWs bauen.<br />
Gesuchte Uran-Produzenten<br />
Schon heute übersteigt jedoch der Bedarf der Kraftwerksbetreiber<br />
das aktuelle Angebot an Uran. 2021 kauften die Betreiber<br />
der Atomkraftwerke weltweit 62 496 Tonnen, was<br />
73 698 Tonnen Uranoxid (U3O8) entspricht, was meist von<br />
den Bergbaubetrieben angereichert an die Weiterverarbeiter<br />
geliefert wird. 2022 dürften es gut 65 000 Tonnen Uran<br />
gewesen sein. Der Bergbau lieferte dagegen 2022 nur rund<br />
59 000 Tonnen Uranoxid (50 000t Uran). Eine jahrelange<br />
Überproduktion an Uran, die bis in die hohen 1980er-Jahre<br />
andauerte, hinterließ einen Lageraufbau vor allem für den<br />
militärischen Bereich im Kalten Krieg (siehe Grafik rechts).<br />
Bereits in einem Infobrief des Deutschen Bundestages im<br />
Frühjahr 2006 wurde davon ausgegangen, dass diese Lager<br />
mittelfristig geleert sein würden. „Es wird daher vielfach darauf<br />
hingewiesen, dass für eine weitere Nutzung der Kernkraft<br />
eine baldige Steigerung der Kapazitäten im Uranbergbau<br />
unabdingbar ist“, heißt es dort. Diese Phase scheint nun<br />
erreicht zu sein.<br />
Nächster Boom hat begonnen<br />
Vergleicht man die jüngste Uranpreisentwicklung<br />
mit den Hypes der Vergangenheit, dann dürfte der<br />
Preis des Energieträgers vor einem langfristigen<br />
Aufwärtstrend stehen.<br />
Bullenmärkte beim Uranpreis<br />
Preisentwicklung in Prozent<br />
2000er, Rohstoffsuperzyklus<br />
1970er, Ölembargo<br />
2020er, Energiesicherheit<br />
u. Dekarbonisierung<br />
Monate vor/nach Hochpunkt<br />
120<br />
Quelle: BofA<br />
100 80 60 40 20<br />
0 20 40 60<br />
Gewinne mit Uran-Aktien<br />
In den vergangenen fünf Jahren zogen die Kurse<br />
der Uran-Unternehmen mit dem Uranpreis nach<br />
oben. Die Aktien dürtfen auch weiterhin gute<br />
Chancen für risikobereite Anleger bieten.<br />
Uranpreis und Uranaktien<br />
indexierte Entwicklung seit 31.7.2018<br />
Preis U-308<br />
US-Aktien<br />
Minenaktien<br />
Rohstoffe<br />
2018 19 20 21 22 <strong>2023</strong><br />
Quellen: Bloomberg, Sprott Asset Management<br />
Uranproduktion und Nachfrage nach Uran<br />
in Millionen Tonnen<br />
1950<br />
globale Produktion<br />
weltweite Nachfrage<br />
60 70 80 90 2000 10 2020<br />
1200<br />
800<br />
400<br />
0<br />
250<br />
200<br />
150<br />
100<br />
Hohe Nachfrage – leere Lager<br />
Bis weit in die 1980er-Jahre wurde mehr Uran produziert<br />
als benötigt. Das hat sich in den vergangenen<br />
30 Jahren umgedreht. Die Lagerbestände werden<br />
abgebaut und dürften zu Neige gehen.<br />
Quellen: OECD-NEA, IAEA, World Nuclear Association<br />
50<br />
60<br />
40<br />
20<br />
0<br />
FOCUS MONEY <strong>36</strong>/<strong>2023</strong> 33
moneymarkets<br />
RICHEMONT<br />
Starke<br />
Erholung<br />
in Asien<br />
Der Schweizer<br />
Luxusgüterkonzern<br />
ist stärker als die<br />
Konkurrenz im<br />
asiatisch-pazifischen<br />
Raum engagiert.<br />
Während<br />
Corona war das ein<br />
Problem. Doch jetzt<br />
läuft dort das<br />
Geschäft wieder<br />
Im ersten Quartal des Geschäftsjahres<br />
<strong>2023</strong>/24, das am 30. Juni<br />
endete, ist der Umsatz von Richemont<br />
im asiatisch-pazifischen<br />
Raum um fast ein Drittel gestiegen.<br />
Der Anteil am gesamten Konzernumsatz<br />
legte auf 42 Prozent zu. Damit<br />
ist der dortige Absatzmarkt<br />
ziemlich genau doppelt so groß wie<br />
der europäische und der amerikanische.<br />
Das Geschäft in der Region Asien-Pazifik<br />
profitierte zum einen<br />
von den niedrigen Vergleichswerten<br />
des Vorjahres und zum anderen<br />
vom Ende der Lockdowns und<br />
der Grenzschließungen. Zwar<br />
läuft die Wirtschaft in China alles<br />
andere als rund. Die Nachfrage<br />
nach Luxus beeinträchtigt dies<br />
aber offensichtlich nicht.<br />
Chinesische Touristen sind zurück.<br />
In Europa expandierte das<br />
Geschäft um immerhin elf Prozent. Hier<br />
verzeichnete Richemont laut eigenen<br />
Angaben eine robuste Inlandsnachfrage.<br />
Außerdem gaben Besucher vor allem<br />
aus Amerika, dem Mittleren Osten<br />
und jetzt auch wieder aus China beim<br />
Shoppen ordentlich Geld aus.<br />
In Nord- und Südamerika, dem nach<br />
Asien-Pazifik und knapp hinter Europa<br />
drittgrößten Absatzmarkt der Schweizer,<br />
stagnierte dagegen das Geschäft. Insbesondere<br />
der Großhandel entwickelte sich<br />
schleppend. Insgesamt erhöhte sich der<br />
Konzernumsatz im Auftaktquartal des neuen<br />
Geschäftsjahres um 14 Prozent auf 5,3<br />
Milliarden Euro. Ungünstige Wechselkurseffekte<br />
kosteten immerhin fünf Prozentpunkte<br />
Umsatzwachstum. Bei konstanten Währungen<br />
hätte das Plus also 19 Prozent betragen.<br />
Angaben zum Gewinn machte das<br />
Unternehmen nicht.<br />
Richemont ist nach LVMH und<br />
Kering der weltweit drittgrößte<br />
Hersteller von Luxusgütern. Bei<br />
Uhren (Cartier) und Schmuck<br />
(Piaget) agieren die Schweizer<br />
sogar als globaler Marktführer.<br />
Von diesen sogenannten harten<br />
Luxusgütern stammt fast der gesamte<br />
Umsatz. Weiche Luxusgüter<br />
wie Schreibgeräte oder Mode<br />
spielen nur eine untergeordnete<br />
Rolle.<br />
Schwieriges Online-Geschäft.<br />
Richemont verkauft in<br />
etwa zwei Drittel seiner Luxusgüter<br />
über den Einzelhandel.<br />
Ein weiteres Viertel entfällt auf<br />
den Großhandel. Der Online-<br />
Handel kommt nur auf einen Anteil<br />
von sechs Prozent. Hier ist Richemont<br />
unter anderem mit der<br />
Online-Plattform Yoox Net-a-Porter<br />
(YNAP) unterwegs. Der Internet-Shop arbeitet<br />
allerdings chronisch defizitär.<br />
Im vergangenen Jahr hat Richemont 51<br />
Prozent von YNAP an Farfetch aus Großbritannien<br />
und Symphony Global, der Investmentgesellschaft<br />
des arabischen<br />
Geschäftsmann Mohamed Alabbar, verkauft.<br />
Eigentlich wollten die Schweizer<br />
auch den Rest an YNAP abstoßen. Der<br />
Onlineshop für Luxusgüter hatte immer<br />
das Problem, nicht als unabhängig zu gelten.<br />
Nachdem das Geschäft bei Farfetch<br />
aber eingebrochen ist, scheint ungewiss,<br />
ob und wann sich Richemont ganz von<br />
YNAP trennen kann. Die Aktie geriet zuletzt<br />
unter Druck.<br />
MODE VON ALAÏA ist Teil des Schweizer Konzerns<br />
Niedrige Bewertung<br />
Richemont ist deutlich günstiger bewertet als die<br />
Konkurrenz. Die Gründe sind die hohe Abhängigkeit<br />
von China und das unglückliche Online-Geschäft.<br />
Die Aktie wird nur in der Schweiz gehandelt<br />
WKN/ISIN<br />
A1W5CV/CH0210483332<br />
Börsenwert 66,3 Mrd. €<br />
Kurs-Gewinn-Verhältnis <strong>2023</strong>e/24e 17,2/15,8<br />
Dividendenrendite für <strong>2023</strong>e/24e 2,6/2,8 %<br />
Kursziel/Stoppkurs 162,00/113,75 €<br />
Risiko ■ ■ ■ ■ ■ Kurspotenzial 25 %<br />
Quelle: Onvista, eigene Schätzungen<br />
e = erwartet<br />
Cie Financiere Richemont<br />
Kurs der Richemont-Aktie in Schweizer Franken<br />
2019 20 21 22 <strong>2023</strong><br />
140<br />
120<br />
100<br />
80<br />
60<br />
40<br />
38<br />
Foto: Courtesy of Alaia<br />
FOCUS MONEY <strong>36</strong>/<strong>2023</strong>