GREVEN 2023- Historie DE
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PETER <strong>GREVEN</strong><br />
100 JAHRE<br />
FIRMENGESCHICHTE<br />
1923-<strong>2023</strong>
PETER <strong>GREVEN</strong><br />
100 JAHRE FIRMENGESCHICHTE<br />
1923-<strong>2023</strong>
2
3
Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird bei Personenbezeichnungen und personenbezogenen<br />
Hauptwörtern in diesem Buch hauptsächlich die männliche Form verwendet. Entsprechende Begriffe<br />
gelten im Sinne der Gleichbehandlung grundsätzlich für alle Geschlechter. Die verkürzte<br />
Sprachform hat nur redaktionelle Gründe und beinhaltet keine Wertung.<br />
Impressum:<br />
© <strong>2023</strong> Peter Greven GmbH & Co.KG<br />
Peter-Greven-Str. 20-30<br />
D-53902 Bad Münstereifel<br />
Herstellung: Westkreuz-Verlag GmbH<br />
12309 Berlin<br />
Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des<br />
Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung der Peter Greven GmbH & Co.KG unzulässig und<br />
strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die<br />
Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.
INHALT<br />
VORWORT 7<br />
1920ER JAHRE GRÜNDUNGSPHASE 11<br />
1930ER JAHRE BEGINN <strong>DE</strong>R FETTSÄUREPRODUKTION 21<br />
1940ER JAHRE ÜBERGANG VON <strong>DE</strong>R SEIFENFABRIK ZUR OLEOCHEMIE 29<br />
EXKURS ÖLE UND FETTE 30<br />
1950ER JAHRE BEGINN <strong>DE</strong>R METALLSEIFENFERTIGUNG 39<br />
1960ER JAHRE DIE 2. GENERATION ÜBERNIMMT DIE FÜHRUNG 53<br />
EXKURS SEIFEN UND METALLSEIFEN 58<br />
1970ER JAHRE ERWEITERUNG <strong>DE</strong>R KAPAZITÄTEN 67<br />
1980ER JAHRE EINZUG <strong>DE</strong>R AUTOMATISIERUNG 79<br />
EXKURS DIE ENTWICKLUNG <strong>DE</strong>S BERUFLICHEN HAUTSCHUTZES 80<br />
1990ER JAHRE EINSATZ NEUER TECHNOLOGIEN 91<br />
EXKURS ANWENDUNGSBEREICHE VON METALLSEIFEN & ESTERN 94<br />
2000ER JAHRE INTERNATIONALISIERUNG 109<br />
2010ER JAHRE EXPANSION IN DIE USA 123<br />
EXKURS BRANDKATASTROPHE BEI PETER <strong>GREVEN</strong> ASIA 128<br />
EXKURS ESTER 134<br />
2020ER JAHRE AUSBLICK 137<br />
EXKURS FLUTKATASTROPHE JULI 2021 138<br />
EXKURS DIE PETER <strong>GREVEN</strong> GRUPPE ALS ARBEITGEBER 144<br />
GLOSSAR 166
VORWORT<br />
Das Unternehmen Peter Greven wurde vor 100<br />
Jahren, im Jahr 1923, von meinem Großvater als<br />
„Seifen- und Glyzerinfabrik“ gegründet. Zahlreiche<br />
Unternehmen, auch manche, die als modern<br />
und innovativ gelten, arbeiten nur eine gewisse<br />
Zeit erfolgreich und überstehen oftmals nur<br />
wenige Jahre. Wie vielen familiengeführten,<br />
mittelständischen Unternehmen, die gerade<br />
in Deutschland eine sehr große Bedeutung für<br />
Wachstum und Arbeitsplätze in der Gesamtwirtschaft<br />
haben, ist es uns gelungen, in den letzten<br />
Jahrzehnten auch einige schwierige Phasen und<br />
Krisen zu überstehen.<br />
Wie kommt es, dass Familienunternehmen häufig<br />
länger bestehen bzw. länger unabhängig<br />
bleiben als große, börsennotierte Unternehmen?<br />
Ich meine, hier sind vor allem zwei Punkte ausschlaggebend:<br />
Peter Greven<br />
Einerseits haben Familienunternehmen fast immer<br />
eine Langfristorientierung, d. h. Quartalsergebnisse<br />
spielen fast keine Rolle, selbst das Jahresergebnis<br />
hat keinen allzu großen Stellenwert,<br />
solange die mittel- und langfristige Entwicklung<br />
den Zielen entsprechend verläuft. Viele Untersuchungen<br />
zeigen, dass dies ein Grund ist, weshalb<br />
Familienunternehmen langfristig oft erfolgreicher<br />
sind. So war es sicherlich sehr weitsichtig,<br />
als die Geschäftsführung in den 1950er Jahren<br />
entschieden hat, mit der Metallseifenfertigung<br />
einen ganz neuen Produktionsbereich zu eröffnen.<br />
Die bis dahin dominante Stückseifenfertigung<br />
spielt heute keine Rolle mehr, die Metallseifenfertigung<br />
ist weltweit unser mit Abstand<br />
bedeutendster Geschäftsbereich.<br />
Andererseits liegen bei Familienunternehmen<br />
typischerweise Unternehmensführung und Eigentümerschaft<br />
in einer Hand. Hierdurch werden<br />
viele Probleme von vorneherein ausgeschlossen.<br />
7
Der Unternehmer muss immer Chancen und Risiken<br />
sehr genau gegeneinander abwägen, da<br />
er ja im Falle des Misserfolgs auch mit seinem<br />
gesamten Kapital voll haftet. In den 1950er und<br />
1960er Jahren hätte unser Unternehmen sicher<br />
schnell wachsen können, wenn man sich sehr<br />
stark auf wenige große Kunden und Industrien<br />
konzentriert hätte. Das hätte aber dem Prinzip<br />
der Risikostreuung widersprochen, weshalb sich<br />
mein Vater und mein Onkel damals für ein etwas<br />
langsameres Wachstum bei reduziertem Risiko<br />
entschieden haben. In einem Großunternehmen,<br />
bei dem die Manager meistens nur wenige Jahr<br />
die oberste Führung innehaben, nicht haften und<br />
gegen Risiken weitestgehend abgesichert sind,<br />
wäre die Entscheidung wahrscheinlich anders<br />
ausgefallen. Die Trennung von unternehmerischem<br />
Risiko und Haftung hat in der Vergangenheit<br />
teilweise zu massivem individuellen Fehlverhalten<br />
geführt.<br />
Sicherlich haben Familienunternehmen auf der<br />
anderen Seite auch Nachteile bzw. besondere<br />
Probleme. Der größte Nachteil ist, dass Konflikte<br />
innerhalb der Familie direkte und weitreichende<br />
Auswirkungen auf das Unternehmen haben können.<br />
Zum Glück war es in unserem Familien- und<br />
Gesellschafterkreis in der Vergangenheit immer<br />
so, dass man einer Meinung war bzw. sich schnell<br />
und friedlich auf eine Lösung einigen konnte. So<br />
waren in fast allen Gesellschafterversammlungen,<br />
an die ich mich erinnere, die Abstimmungen<br />
stets einstimmig. Wenn es mal Konflikte gab,<br />
hatten letztlich immer alle das Wohl des Unternehmens<br />
im Sinn und man hat durch das Zurückstellen<br />
persönlicher Interessen eine eivernehmliche<br />
Lösung gefunden. Derartige Grundsätze<br />
haben wir mittlerweile in einer Familiencharta<br />
niedergeschrieben. Sie umfasst die Leitlinien für<br />
das Handeln der Gesellschafter und der ganzen<br />
Familie, was den Fortbestand des Unternehmens<br />
auch in Zukunft sichern soll.<br />
Wir haben versucht, in dieser Chronik die wesentlichen<br />
Entwicklungen des Unternehmens<br />
von der Gründung bis heute aufzuzeichnen. Beim<br />
Zusammenstellen dieser Informationen haben<br />
wir festgestellt, dass sich zwar Technologien und<br />
Produktionsstandorte, Märkte und Wettbewerb,<br />
Kunden und Lieferanten, Gesetze und Rahmenbedingungen<br />
und Vieles mehr stark verändert<br />
haben, die wesentlichen Prinzipien der Unternehmensführung<br />
und der Zusammenarbeit aber<br />
bis heute gleichgeblieben sind.<br />
Viel Spaß beim Lesen!<br />
Peter Greven<br />
8
Gesellschafterversammlung 2019
1920ER JAHRE<br />
GRÜNDUNGSPHASE<br />
Begeisterung für das Unternehmen, Festhalten<br />
an Visionen und die Wertschätzung der Mitarbeiter<br />
sind heute wie damals die Standbeine des<br />
Familienunternehmens, das nun bereits auf 100<br />
Jahre Firmengeschichte zurückblicken darf.<br />
Und diese Begeisterung und Vision muss wohl<br />
auch Peter Greven gehabt haben, als er im Alter<br />
von 37 Jahren im Jahre 1923 in den Resten<br />
einer kleinen Holzwollefabrik an der Erft in Bad<br />
Münstereifel-Iversheim mehr sah als eine Ruine.<br />
Hier waren seit 1883 Seile, Holzwolle und andere<br />
Erzeugnisse gefertigt worden.<br />
Auch die ideale Lage an der Erft als wichtige<br />
Rohstoffquelle veranlasste Peter Greven, sein<br />
Anliegen zur Gründung eines chemischen Betriebes<br />
dem Bürgermeister vorzubringen, denn zu<br />
dem Gelände an der Erft gehörten auch die Wasserrechte<br />
– die für seine Planungen sehr wichtig<br />
waren – und die Lage bot Platz für spätere Erweiterungen.<br />
Der Ort Iversheim, seit 1816 eine selbständige<br />
Gemeinde, kommt 1969 bei der kommunalen<br />
Neugliederung zu Münstereifel, dass sich seit<br />
1967 Bad Münstereifel nennen darf.<br />
Geboren 1886 in Eschweiler im Kreis Aachen, beendete<br />
Peter Greven im Alter von 17 Jahren seine<br />
kaufmännische Lehre mit Auszeichnung. Die<br />
Firma Dalli in Stolberg bei Aachen wurde für die<br />
nächsten 20 Jahre sein Arbeitgeber.<br />
Seine Kenntnisse über die chemische Wissenschaft<br />
und deren industrielle Anwendungsmöglichkeiten<br />
erarbeitete sich Peter Greven im<br />
Selbststudium und als Gasthörer und Praktikant<br />
am chemisch-technischen Institut der Aachener<br />
Hochschule. Dort studierte er unter anderem<br />
Firmengründer Peter Greven<br />
auch die organische Chemie und die Verfahren<br />
zur Fettspaltung, Glyzeringewinnung, Hydrierung<br />
und Destillation.<br />
In seiner Funktion in der Betriebsführung bei<br />
Dalli in Stolberg konnte er den Übergang vom<br />
11
Schreiben der Firma Mäurer & Wirtz von 1913<br />
12
Erster handgezeichneter Lageplan der Fabrik von 1923<br />
13
14<br />
Gründungsantrag<br />
von 1923
1920ER JAHRE<br />
Handwerksbetrieb zum Industrieunternehmen<br />
begleiten. Damit war er bestens vorbereitet für<br />
die Gründung eines eigenen Unternehmens.<br />
Am 30. Juni 1923, dem offiziellen Gründungstag<br />
des Familienunternehmens, stellt Peter Greven<br />
den Antrag zur Errichtung einer „Seifen- und Glyzerinfabrik“<br />
und erhält am 23. Dezember 1924<br />
Konzessionen für deren Errichtung.<br />
Elisabeth und Peter Greven<br />
Die Familie hatte das Grundstück mit den Gebäudeteilen<br />
und weiteren Ländereien erworben.<br />
Kessel, Pressen und all die Gerätschaften, die<br />
Greven für die Produktion benötigte, wurden mit<br />
Flaschenzügen und Handwinden transportiert<br />
und in Handarbeit aufgestellt. Der Dampfkessel<br />
wurde mit Anthrazit-Kohle beheizt und anfangs<br />
noch per Schaufel befüllt.<br />
Mit Stellenangeboten wurden im ganzen Land<br />
erfahrene und „wirklich tüchtige und unverheiratete“<br />
Seifensieder und Seifensiedemeister<br />
gesucht. Diese waren auch im Ausland gefragte<br />
Fachkräfte.<br />
Nach einigen Um- und Anbauten begann die Seifen-<br />
und Glyzerinproduktion.<br />
Nach Seef (Eifeler Mundart für „Seife“) roch es<br />
jetzt oft in Iversheim. Und Seefe-Pitter riefen die<br />
Bewohner den Chemiker, Kaufmann und Fabrikanten<br />
Peter Greven, wenn er mit seinem Fahrrad<br />
unterwegs war. Das hatte vorne einen Gepäckträger<br />
mit Kasten, in den Peter Greven die<br />
Muster seiner Produkte packte und zum Verkauf<br />
über Land fuhr.<br />
Anfangs produzierten in Iversheim wenige Mitarbeiter<br />
Kern- und Haushaltsseifen, Soda und einfaches<br />
Waschpulver aus tierischen Fetten.<br />
Die Fettstoffe wurden mit Natronlauge zu Kernseifen<br />
verkocht, als Nebenprodukt entstand Glyzerin.<br />
Die fertig gekochte Seifenmasse wurde in<br />
flache Wannen auf einem Gestell gepumpt, das<br />
gekühlt werden konnte. Nach dem Abkühlen<br />
wurden die Seifenteile als Platten aus den Wannen<br />
genommen. Diese waren etwa achtzig Zentimetern<br />
im Quadrat groß, vier Zentimeter dick<br />
und wurden mit dünnen Drähten in kleine Stücke<br />
geschnitten. In Handpressen wurden die Stück-<br />
15
1920ER JAHRE<br />
chen in Form gepresst – das machten meistens<br />
Frauen.<br />
Auch seine Frau Elisabeth, die Peter Greven am<br />
14. Mai 1912 in Stolberg heiratete, arbeitete in<br />
der Feinseifenabteilung oder half mit dem Fahrrad<br />
bei der Auslieferung der Seife. Bis dahin hatte<br />
sie als Lehrerin in der Stadt gearbeitet.<br />
Jakobus wurde als erstes von 6 Kindern 1913 geboren.<br />
Es folgten Marie-Louise (1914), Heinz (1916),<br />
Marianne (1917), Günther (1918) und Gisela<br />
(1921).<br />
Familie Greven<br />
oben v.l.n.r.: Peter Greven, Gisela, Günther<br />
unten v.l.n.r.: Marie-Louise, Heinz, Marianne, Elisabeth Greven, Jakobus<br />
Elisabeth<br />
Greven<br />
16
Ihre Familie kannte Elisabeth Greven als eine<br />
sehr starke Persönlichkeit. Noch viele Jahre später<br />
erinnert man sich an einen Ausspruch, der<br />
ihre klare Haltung deutlich macht: Damals war<br />
die Produktion ziemlich stark mit Gerüchen belastet.<br />
Oft hieß es dann, es stinke wieder. Sie jedoch<br />
antwortete, dass es ihr lieber wäre, wenn<br />
es noch ein wenig mehr stinken würde. Mehr<br />
Geruch bedeutete mehr Produktion und war ihr<br />
Signal für ein erfolgreiches Geschäft.<br />
Das Produktionsprogramm wurde ständig erweitert<br />
und bald durch Toilettseifen, Spezialseifen<br />
für die unterschiedlichsten Anwendungen,<br />
Waschpulver und Waschhilfsmittel ergänzt.<br />
Die fertigen Produkte verkaufte Greven nicht an<br />
die Endverbraucher direkt, sondern an Händler<br />
und Geschäfte, die in der näheren Umgebung<br />
mit dem Handwagen oder Fahrrad beliefert wurden.<br />
Für weitere Transporte hatte man eigens ein<br />
Pferdefuhrwerk angeschafft.<br />
Bald war die hervorragende Qualität der Seifen<br />
und Waschmittel weit über die Eifel-Region<br />
hinaus bekannt, Kunden aus Köln, Bonn, Aachen<br />
oder Trier übermittelten ihre Bestellungen.<br />
Mehrtägige Auslieferungsfahrten, die auch<br />
schon mal bis nach Leipzig oder Dresden führten,<br />
waren bald an der Tagesordnung.<br />
Das Wohnhaus auf dem Betriebsgelände<br />
Auch die Nähe zur Bergbauregion und dem Ruhrgebiet<br />
stellte sich als vorteilhaft heraus, da die<br />
Arbeiter einen tariflich festgeschriebenen Anspruch<br />
auf ein Stück Seife pro Tag hatten, das<br />
Greven gerne lieferte.<br />
Um mehr Zeit mit der Familie verbringen zu können,<br />
baute Peter Greven auf dem Betriebsgelände<br />
ein Wohnhaus, in dem auch das Büro untergebracht<br />
war. Sein Interesse an seiner Heimat<br />
bestärkte er durch Mitgliedschaften in verschiedenen<br />
Vereinen und immer sehr guten Kontakten<br />
zur Nachbarschaft.<br />
17
1920ER JAHRE<br />
Auf dem Firmengelände befand sich auch ein<br />
großer Garten mit einem kleinen Teich. Peter<br />
Greven legte auf einem fünfzig Morgen umfassenden<br />
Gelände einen Fischweiher an, die Familie<br />
hielt Hühner und besaß ein Gewächshaus.<br />
Da die zugekaufte Fettsäure, die für die Produktion<br />
maßgeblich benötigt wurde, bei der Weiterverarbeitung<br />
starke Gerüche verursachte, war<br />
das Verständnis der Bevölkerung im näheren<br />
Umfeld von großer Bedeutung.<br />
Der Schutz der Umwelt und die Besorgnis um das<br />
Wohl der Mitarbeiter und der Nachbarschaft, gehörten<br />
damals und bis in die heutige Zeit zu den<br />
Grundsätzen der Firma.<br />
Peter Greven wurde 1928 vom Bürgermeister<br />
persönlich aufgefordert, sicherzustellen, dass<br />
die Abwässer des „chemischen Betriebes“ vollständig<br />
geklärt und unschädlich in die Erft zurückgelangen<br />
sollen.<br />
Mit steigendem Bedarf wuchs auch die Produktion<br />
in der „Seifen- und Glyzerinfabrik“ kontinuierlich,<br />
die technische Entwicklung und wachsende<br />
Mobilität ermöglichte die Erschließung eines immer<br />
größeren Verkaufsgebietes.<br />
Die Weltwirtschaftskrise erfasste Ende der 20er<br />
Jahre auch die Eifel. Es wurde zunehmend schwerer,<br />
genügend Rohstoffe in guter Qualität zu<br />
guten Konditionen zu beschaffen. Fettsäure als<br />
Hauptrohstoff war zwar noch in ausreichenden<br />
Mengen zu bekommen, wurde aber immer teurer.<br />
Um wirtschaftlichen Schaden vom Unternehmen<br />
abzuwenden und unabhängiger von Marktgegebenheiten<br />
zu werden und den Produktionsstandort<br />
in Iversheim zu sichern, fasste Peter Greven<br />
den entscheidenden und visionären Entschluss<br />
zum Bau einer eigenen Fettspaltungsanlage, um<br />
den Hauptrohstoff der Seifen, die Fettsäure, zukünftig<br />
selber herstellen zu können.<br />
18
1930ER JAHRE<br />
BEGINN <strong>DE</strong>R FETTSÄUREPRODUKTION<br />
Die Inbetriebnahmen dieser eigenen Anlage zur<br />
Fettspaltung und Glyzeringewinnung im Jahre<br />
1934 gilt bis heute als einer der Meilensteine in<br />
der Firmengeschichte.<br />
In Iversheim wurden vielerlei Öle und Fette tierischer<br />
und pflanzlicher Herkunft verarbeitet: Rinderfett,<br />
Walöl, Palmöl, Rizinus-, Soja, Erdnussöl<br />
und andere. Die Rohmaterialien wurden nach<br />
Ankunft im Labor geprüft und analysiert, in der<br />
Fabrik einem Reinigungsprozess unterzogen und<br />
wenig später unter Druck und mit hohen Temperaturen<br />
in Fettsäure und Glyzerin gespalten.<br />
Das Nebenprodukt Glyzerin wurde raffiniert und<br />
für technische Zwecke verwendet oder als Rohstoff<br />
weiterverkauft.<br />
Aus der Fettsäure entstanden – nachdem sie mit<br />
Natronlauge verseift worden war – je nach Zusätzen<br />
und der Form der weiteren Verarbeitung<br />
Toilettseifen, Kernseife oder Industrieseife. Bei<br />
Toilettseifen wurden dem Seifenteig diverse Additive,<br />
auch Farben und Riechstoffe, zugesetzt.<br />
Hatte er seine endgültige Zusammensetzung, erfolgte<br />
die Formung des Materials mittels Pilliermaschinen<br />
und Strangpressen. Form und Aufdruck<br />
variierten nach Art, Zweck und Ansprüchen im<br />
Empfängerland der Seife – genau wie die Verpackung,<br />
die am Ende der Fertigung den Prozess abschloss.<br />
Neben den Seifen wurden ebenfalls Waschpulver,<br />
Scheuermittel, Bleichsoda, Kopfwaschpulver<br />
und flüssige Seife produziert. Auch hier bildete<br />
das Abfüllen und Verpacken in Kartons, Dosen<br />
oder Flaschen einen nicht unerheblichen Anteil<br />
an der Produktionsarbeit.<br />
Der wachsende Bedarf an Fettsäuren für die<br />
Produktion konnte nun kontinuierlich bedient<br />
werden und der Betrieb erreichte außerdem eine<br />
größere Unabhängigkeit von den nationalen und<br />
internationalen Rohstoffmärkten.<br />
Produktion und Handelsprogramm konnten erweitert<br />
werden, die Rohstoffe Fettsäure und Glyzerin<br />
standen neben dem Eigenverbrauch nun<br />
auch für den Verkauf zur Verfügung.<br />
Durch die wirtschaftliche Entwicklung Deutschlands<br />
nach Überwindung der Weltwirtschaftskrise<br />
stieg die Nachfrage an Waschpulvern und<br />
Seifen aller Art, besonders in der Bergbauregion<br />
wuchs der Bedarf an Seifen kontinuierlich.<br />
LIGA und LIGANA als Toilett-Stückseife werden<br />
1936 die ersten rechtlich geschützten Markennamen<br />
der Firma Peter Greven. Das breit gefächerte<br />
Produktionsprogramm enthält außerdem Haushalts-<br />
und Industrieseifen aller Art, Seifenpulver,<br />
Reinigungsmittel und mit Fettsäure, Glyzerin und<br />
Soda nun auch chemisch-technische Erzeugnisse.<br />
Auch profitierte man von wissenschaftlichen<br />
21
Genehmigungsantrag aus dem Jahr 1927<br />
22
23
Die Erft als wichtiger Wasserlieferant bestimmt heute wie damals die Gebäudeplanung<br />
24
1930ER JAHRE<br />
Fortschritten der Chemie im Bereich der Reinigungsmittel<br />
und dem ständig steigenden Absatz<br />
von Glyzerin.<br />
Peter Greven investierte kontinuierlich in sein<br />
Unternehmen und ebnete den Weg für Innovationen.<br />
Neue Dampfkessel konnten angeschafft<br />
werden, die notwendige Erweiterung der Seifensiederei<br />
konnte in Angriff genommen werden.<br />
Die Sicherstellung der Wasserrechte auf die durch<br />
das Werk verlaufende Erft wurde vom Regierungspräsidenten<br />
durch die Neuerteilung der Wasserableitungs-<br />
und Abwassereinleitungsrechte am<br />
23. September 1939 bestätigt.<br />
Erster Dampfkessel mit Kohlebefeuerung<br />
Der Beginn des Zweiten Weltkrieges am 1. September<br />
1939 hatte vorerst keinen Einfluss auf die<br />
Produktion und die Geschäftstätigkeit bei Peter<br />
Greven in Iversheim.<br />
Trotzdem musste parallel zu Erweiterungen und<br />
Umbauten der Produktionsanlagen auch ein<br />
Luftschutzbunker auf dem Betriebsgelände gebaut<br />
und eingerichtet werden.<br />
Peter Greven, mittlerweile 53 Jahre alt, beschäftigte<br />
sich zu der Zeit auch mit der Frage der<br />
Nachfolge in der Unternehmensleitung, die nach<br />
seinem Wunsch in der Familie bleiben sollte.<br />
Blick in die Siederei mit Siedekessel im Hintergrund<br />
25
1930ER JAHRE<br />
Plan für den Bau eines Luftschutzbunkers auf dem Betriebsgelände<br />
26
Stückseifenproduktion Ende der 1930er Jahre<br />
Der erstgeborene Sohn Jakobus absolvierte ein<br />
Studium der Volkswirtschaftslehre, widmete sich<br />
der wissenschaftlichen Arbeit an der Hochschule<br />
und promovierte 1936. Seine Dissertation „Die<br />
dynamische Geld- und Kreditlehre des Merkantilismus.<br />
Eine Studie zu John Law“ wurde noch<br />
1971 und 1989 zitiert. Er kehrte aber nicht in den<br />
Familienbetrieb zurück.<br />
Für Peter Grevens Nachfolge in der Geschäftsführung<br />
standen Ende der dreißiger Jahre nach<br />
erfolgreich absolvierten Volontariaten in verschiedenen<br />
Unternehmen der Großchemie die<br />
Söhne Heinz und Günther Greven bereit. Ihre<br />
Erfahrungen und das erworbene Wissen sollten<br />
für die weitere Entwicklung des väterlichen Betriebes<br />
von großem Nutzen sein.<br />
Stattdessen trat Dr. Jakobus Greven in die Geschäftsführung<br />
der Frankfurter Metallgesellschaft<br />
ein. Diese wurde später zu einem bedeutenden<br />
Kunden, die zur Metallgesellschaft<br />
gehörende Tochterfirma Lurgi zu einem wichtigen<br />
Technologielieferanten.<br />
27
1940ER JAHRE<br />
ÜBERGANG VON <strong>DE</strong>R SEIFENFABRIK<br />
ZUR OLEOCHEMIE<br />
Manche Produkte der Firma Peter Greven waren<br />
im Krieg bestens bekannt, so z.B. das Wasch- und<br />
Scheuermittel LIGA BLITZ. Gemäß den Rationierungsmaßnahmen<br />
wurde eine Sandseife hergestellt,<br />
die zur Reinigung der Hände bei starken<br />
oder groben Verschmutzungen geeignet war.<br />
Mit der Zeit wurden die Rohstoffe noch knapper.<br />
Selbst tierische Fette, die eigentlich minderwertig<br />
waren und in normalen Zeiten nicht<br />
für die menschliche Ernährung genutzt wurden,<br />
waren jetzt begehrte Lebensmittel.<br />
Peter Greven war immer ein strikter Gegner der<br />
Maßnahme, die „Deutsche Fettlücke“, also den<br />
Mangel an für die menschliche Ernährung geeigneten<br />
Fetten, durch aus Kohle gewonnene<br />
Butter zu schließen.<br />
Als die „Deutsche Fettlücke“ propagiert wurde,<br />
begann Peter Greven sogleich gegen die These<br />
„Butter aus Kohle“ anzugehen. Er vertrat die Ansicht,<br />
dass diese „Butter“ für die Volksgesundheit<br />
recht gefährlich sei und die aus Kohle gewonnenen<br />
Oxydationsprodukte als Fettsäuren<br />
nur für technische Zwecke verwendet werden<br />
sollten.<br />
Nach 1945 verfasste Peter Greven sogar eine<br />
Abhandlung über das Thema und unterbreitete<br />
seine Ausführungen verschiedenen Gremien.<br />
Er bewies, dass die „Butter aus Kohle“ ein wirtschaftlicher<br />
und ernährungstechnischer Fehlschlag<br />
sei und dass für deren Fabrikation nicht<br />
einmal genügend Glyzerin zur Verfügung stand.<br />
Nach dem Ende des Krieges 1945 lagen Deutschland<br />
und die Welt in Trümmern, Leben und Wirtschaft<br />
waren faktisch zum Stillstand gekommen.<br />
Iversheim war nun ein Ort in der britischen Besatzungszone.<br />
Wie überall arbeiteten auch in der Fabrik Peter<br />
Greven vor allem Frauen, denn viele Männer waren<br />
gefallen, verschollen oder noch in Kriegsgefangenschaft.<br />
Man fror und hungerte, es fehlte einfach an allem.<br />
Der Schwarzmarkt blühte und jeder musste<br />
irgendwie für sich und seine Familie sorgen.<br />
Auch für die Firma Peter Greven war es schwer,<br />
die Produktion wieder in vollem Umfang aufzunehmen.<br />
Ungeachtet dessen widmete sich Peter Greven<br />
neben der Führung seines Betriebes auch noch<br />
vielen öffentlichen Aufgaben.<br />
Als Gemeinde- und Amtsbürgermeister, Mitglied<br />
des Kreistages und Amtsrat bis zum Vorsteher<br />
der Unterhaltsgemeinschaft der oberen Erft<br />
sowie des Umlegungsausschusses nahm er viel<br />
Einfluss auf Einrichtungen des Gemeinwohls in<br />
der Region. Auch war er unter anderem Mitglied<br />
des Beirats des Verbandes Deutscher Seifenfabrikanten.<br />
Mehrere Jahrzehnte wirkte er als Bei-<br />
29
EXKURS<br />
ÖLE UND FETTE<br />
Natürliche Öle und Fette sind jedem als Nahrungsmittel<br />
bestens bekannt. Die am häufigsten verwendeten Öle sind<br />
Sonnenblumen-, Soja-, Raps- und Olivenöl, zunehmend<br />
werden aber auch speziellere Öle wie z.B. Leinöl, Nussöle<br />
oder Kürbiskernöl verwendet. Von Butter einmal abgesehen<br />
spielen tierische Fette als Nahrungsmittel bei uns keine<br />
große Rolle mehr, wobei es noch immer Anhänger von<br />
Schweineschmalz (z.B. als Brotaufstrich oder zum Braten)<br />
oder Rindertalg (in Belgien traditionell für Pommes Frites<br />
verwendet) gibt.<br />
Im Gegensatz zur Anwendung als Nahrungsmittel ist die<br />
chemisch-technische Verwendung natürlicher Öle und<br />
Fette nicht so bekannt, obwohl sie schon seit vielen Jahrzehnten<br />
und in erheblichen Mengen praktiziert wird. Insbesondere<br />
durch den Trend zu nachwachsenden Rohstoffen<br />
gewinnt ihre Nutzung weiter an Bedeutung. Dabei sind<br />
im Bereich der Chemie vor allem Talg und Palmöl wichtige<br />
Rohstoffe. Während die Produktion von Talg als Nebenprodukt<br />
aus der Fleischherstellung seit vielen Jahren nahezu<br />
konstant ist, ist das Angebot an Palmöl sehr stark<br />
gewachsen:<br />
Wie im Nahrungsmittelsektor spielt auch im technischen<br />
Einsatz der Unterschied zwischen gesättigten und ungesättigten<br />
Fettsäuren eine sehr große Rolle, da dadurch die<br />
Eigenschaften des Öles bzw. Fettes sehr stark beeinflusst<br />
werden. Während ungesättigte Fettsäuren und Öle mit einem<br />
hohen Anteil ungesättigter Fettsäuren bei Raumtemperatur<br />
flüssig sind, sind gesättigte Fette und Fettsäuren<br />
fest. Die als Nahrungsmittel besonders geschätzten ungesättigten<br />
und mehrfach ungesättigten Fettsäuren haben<br />
in der technischen Anwendung oft den Nachteil, dass sie<br />
unter Hitzeeinwirkung schnell zu Verfärbung oder sogar<br />
Zersetzung neigen. Gesättigte Fettsäuren sind in dieser<br />
Hinsicht stabiler. Um zu den stabilen, gesättigten Fettsäuren<br />
zu kommen, werden Fette oder<br />
Fettsäuren häufig hydriert bzw. gehärtet.<br />
Dieser Prozess, der aus ernährungstechnischer<br />
Sicht nicht unproblematisch ist und<br />
deshalb vielfach kritisch diskutiert wurde<br />
– Stichwort Transfettsäuren –, ist für die<br />
technische Verwendung sehr nützlich und<br />
oft sogar unumgänglich.<br />
Quelle: https://de.statista.com/infografik/19707/entwicklung-des-weltweiten-palmoel-konsums/<br />
Neben der Unterscheidung zwischen gesättigten<br />
und ungesättigten Fettsäuren<br />
ist die Kettenlänge (d.h. die Anzahl der<br />
Kohlenstoff-Atome) ein weiteres entscheidendes<br />
Kriterium. Mit zunehmender Kettenlänge<br />
steigt der Schmelzpunkt an und<br />
langkettige Fettsäuren haben z.B. in der<br />
Regel bessere Gleiteigenschaften, während<br />
kurzkettige Fettsäuren eine bessere<br />
Löslichkeit besitzen. Es kann also je nach<br />
30
Anwendung die Fettsäure mit der richtigen Fettsäureverteilung<br />
herausgesucht werden. Die Übersicht zeigt die<br />
wichtigsten Fettsäuren und ihre Herkunft.<br />
Die meisten Öle und Fette kommen nur in bestimmten Regionen<br />
vor, da beispielsweise der Anbau bestimmte klimatische<br />
Bedingungen erfordert. Die folgende Weltkarte gibt<br />
einen groben Überblick über die wichtigsten Vorkommen:<br />
Die Nachfrage nach natürlichen Ölen und Fetten<br />
ist in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen,<br />
die Hauptgründe dafür sind<br />
• der stark steigende Nahrungsmittelbedarf<br />
in den wachsenden Volkswirtschaften<br />
Asiens, vor allem aus China<br />
und Indien<br />
• die stark zunehmende Produktion von<br />
Biokraftstoffen.<br />
31
Weltweit gesehen ist der Anteil der Biokraftstoffe zwar<br />
noch relativ gering, in Deutschland sind Biokraftstoffe<br />
aber jetzt schon der größte Abnehmer von Palmöl:<br />
Aufgrund des stark wachsenden Palmölanbaus, insbesondere<br />
in Malaysia und Indonesien, und der damit verbundenen<br />
negativen Folgen für die Umwelt wird Palmöl<br />
in Westeuropa zunehmend kritisch gesehen. Ein Boykott<br />
von Palmöl würde der Umwelt jedoch nicht helfen, da alle<br />
anderen Öle wesentlich mehr Land pro Liter Öl benötigen.<br />
Das bedeutet, wenn Palmöl durch andere Öle ersetzt würde,<br />
würde wesentlich mehr Anbaufläche benötigt, was mit<br />
neuen Umweltproblemen einherginge.<br />
Quelle: WWF-Studie von 2016<br />
32
Der bessere Weg ist der Einsatz von nachhaltig zertifiziertem<br />
Palmöl. Das führende Zertifizierungssystem ist der<br />
RSPO (Roundtable of Sustainable Palm Oil). Wir sind seit<br />
vielen Jahren Mitglied im RSPO und setzen uns für die Nutzung<br />
von zertifiziertem Palmöl und dessen Folgeprodukten<br />
ein. Dadurch wird z. B. sichergestellt, dass keine Abholzung<br />
von Regenwald und Trockenlegung von Torfgebieten<br />
stattfindet und keine Menschenrechte verletzt werden.<br />
Der Übergang zur CO2-neutralen Wirtschaft und der damit<br />
verbundene Wechsel von fossilen zu nachwachsenden<br />
Rohstoffen wird zu erheblichen Herausforderungen führen.<br />
Wenn es aber gelingt, die Nachhaltigkeitskriterien für<br />
alle Rohstoffe transparent zu machen und entsprechend<br />
einzupreisen, sind die Herausforderungen zu bewältigen.<br />
33
1940ER JAHRE<br />
rats- und Vollversammlungsmitglied in der Industrie-<br />
und Handelskammer Bonn mit, die ihn<br />
1958 zum Ehrenmitglied erhob.<br />
Nachdem Heinz und Günther Greven aus dem<br />
Krieg zurückgekehrt waren, nahmen sie ihre Arbeit<br />
in der Fabrik auf und traten bald darauf in<br />
die Leitung des Betriebes ein.<br />
Heinz Greven hatte sich hingegen ein enormes<br />
chemisch-technisches Wissen und viele praktische<br />
Fähigkeiten erarbeitet, war unter anderem<br />
Fachmann auf dem Gebiet der Pneumatik<br />
und Fördertechnik. Dies war besonders bei den<br />
ständigen Erweiterungen und Errichtungen von<br />
Produktionsanlagen von großem Nutzen. Auch<br />
konnten neue Anlagen aus günstigeren Einzelkomponenten<br />
in Eigenarbeit zusammengesetzt<br />
werden.<br />
Die Kombination der sehr unterschiedlich ausgeprägten<br />
Fähigkeiten beider Brüder sicherte eine<br />
dynamische und stabile Entwicklung des Unternehmens.<br />
Elisabeth Greven mit ihren Söhnen Heinz, Jakobus und<br />
Günther (v.l.n.r.)<br />
Günther Greven war klassischer Kaufmann, sein<br />
Hauptaugenmerk lag immer auf Kostenreduzierung,<br />
Produktivität, Profitabilität und Wachstum<br />
zum Wohl des Familienunternehmens.<br />
Aus dieser klassischen Konstellation mit einem<br />
kaufmännischen und einem technischen Leiter<br />
an der Spitze resultierte während ihrer jahrzehntelangen<br />
gemeinsamen Geschäftsführung<br />
jedoch auch mancher Konflikt. Bei ihren Diskussionen<br />
gegensätzlicher Standpunkte waren<br />
sich Heinz und Günther Greven aber in einem<br />
Punkt immer einig: Beide dachten und handelten<br />
im Interesse der Firma. Auf dieser Basis fanden<br />
die Brüder immer einen gemeinsamen Weg und<br />
eine zufriedenstellende Lösung für den Betrieb.<br />
Hin und wieder half auch Jakobus Greven von<br />
Frankfurt aus oder in Iversheim direkt, die unterschiedlichen<br />
Interessen und Konflikte seiner<br />
jüngeren Brüder auszubalancieren. Das zeichnete<br />
diese zweite Generation im Betrieb aus.<br />
34
„Wir leben alle von dem Betrieb. Wir müssen den Betrieb aufrechterhalten und<br />
pflegen, dann haben wir immer Arbeit.“<br />
Zitat: Heinz Greven, Ende der 1940er Jahre<br />
35
1940ER JAHRE<br />
Günther und Heinz Greven taten immer, was sie<br />
konnten – für den Betrieb und für ihre Mitarbeiter.<br />
Aber auch noch später wird Heinz Greven von<br />
einem damaligen Mitarbeiter zitiert. Der Technische<br />
Geschäftsführer habe bei seiner Ansprache<br />
auf der Weihnachtsfeier bedauert, nicht viel<br />
Weihnachtsgeld geben zu können – man hoffe<br />
aber, dass es bald wieder besser werde.<br />
Durch die Währungsreform von 1948 wurde am<br />
21. Juni 1948 in den drei westlichen Besatzungszonen<br />
Deutschlands die Deutsche Mark eingeführt.<br />
Dies gehörte zu den bedeutendsten wirtschaftspolitischen<br />
Maßnahmen der deutschen<br />
Nachkriegsgeschichte. Auch bei der Firma Peter<br />
Greven musste so mitten im Geschäftsjahr eine<br />
Umstellungsbilanz erstellt werden, bei der alle<br />
Vermögensgegenstände der Firma in die neue<br />
Währungseinheit umgerechnet wurden.<br />
Umstellungsbilanz anlässlich<br />
der Währungsreform<br />
1948<br />
36
1950ER JAHRE<br />
BEGINN <strong>DE</strong>R METALLSEIFENFERTIGUNG<br />
Rohstoffanlieferung in den 1950er Jahren<br />
39
1950ER JAHRE<br />
Die wirtschaftliche Lage nach dem Krieg besserte<br />
sich nur langsam.<br />
Viele der 300 Seifenfabriken in Deutschland<br />
wurden stillgelegt oder von Konzernen übernommen.<br />
Große Anstrengungen und Rationalisierungen<br />
waren auch bei Fa. Peter Greven notwendig,<br />
wollte man sich als mittelständisches<br />
Unternehmen erfolgreich gegen die drohende<br />
Konkurrenz internationaler Konzerne behaupten.<br />
Nach wie vor bildeten Seifen und Waschmittel in<br />
hoher Qualität den Schwerpunkt der Produktion.<br />
Die unter den Markennamen LIGA und LIGANA<br />
vertriebenen Produkte hatten mittlerweile einen<br />
landesweiten Bekanntheitsgrad erreicht. Der Anteil<br />
der Alkaliseifen am Gesamtabsatz der Firma<br />
betrug damals über 50%.<br />
darstellten, immer mehr an Bedeutung, so z.B.<br />
als Basis für Schleifpasten, Trockenschmierstoff<br />
bei der Metallumformung oder Stabilisator in der<br />
Chemischen Industrie.<br />
Mitte der fünfziger Jahre wurden dann die Weichen<br />
für die Neuausrichtung des Familienbetriebs<br />
gestellt: Der Wandel von der reinen Seifenfabrik<br />
zum Produzenten oleochemischer Additive und<br />
Derivate wurde vollzogen. Gleichzeitig wurde<br />
am 1.Juli 1955 aus der Einzelfirma eine KG.<br />
In der nun an Bedeutung gewinnenden Kunststoffindustrie<br />
entwickelte sich ein Bedarf an<br />
Metallseifen, worin die Firma Peter Greven – zu<br />
Recht, wie sich später zeigte – ein interessantes<br />
und neues Geschäftsfeld sah. Der Beginn<br />
der Metallseifenproduktion war jedoch nicht<br />
Das betriebseigene Labor analysierte nicht nur<br />
die Rohstoffe und fertigen Produkte, sondern<br />
mischte auch Duftstoffe und andere Essenzen.<br />
Manche Mischung der ätherischen Öle aus aller<br />
Welt wird als Firmengeheimnis streng gehütet.<br />
Mit Experimenten wurden neue Rezepte entwickelt<br />
und getestet. Eigene Rezepturen wurden<br />
auf Kundenwünsche abgestimmt und für die Produktion<br />
individuell hinterlegt.<br />
Neben den Seifen für Hauptkunden in der Montanindustrie<br />
gewannen die Kern- und Industrieseifen,<br />
die als technische Seifen Spezialprodukte<br />
Blick in das Labor der 1950er Jahre<br />
40
Artikel aus der Frankfurter Allgemeinen vom 19.01.1954<br />
41
1950ER JAHRE<br />
einfach und auch nicht kurzfristig zu realisieren,<br />
denn dazu war die Entwicklung einer ganz<br />
neuen Produktionstechnologie notwendig. Auch<br />
die Produkteigenschaften der Metallseifen, z.B.<br />
Calcium-, Magnesium-, Zink und Aluminiumstearat,<br />
waren anders als die der bisher produzierten<br />
Natrium- und Kaliumseifen, da sie nicht wasserlöslich<br />
sind und einen eher wachsartigen Charakter<br />
haben.<br />
1955 waren die Brüder Greven daher auf der Suche<br />
nach mehr Fachwissen, als im Hause vorhanden<br />
war. Auf ihre Stellenanzeige vom 5. Juli<br />
in der Chemiker-Zeitung meldet sich knappe<br />
fünf Wochen später ein Ing. Chem. Erwin Elsner.<br />
Er leitete zu dem Zeitpunkt eine größere Produktionsabteilung<br />
mit einer Reihe von anorganischen<br />
und organischen Erzeugnissen, hatte<br />
umfangreiche Kenntnisse auf dem Gebiet der<br />
Metallseifen und Textilhilfsmittel und kannte<br />
sich bestens bei der Herstellung der sich physikalisch<br />
unterschiedlich verhaltenden Qualitäten<br />
aus.<br />
Das alles passte zum Unternehmen Peter Greven<br />
und dessen neuen Zielen. Der Mann wollte sich<br />
verändern und suchte eine Lebensstellung – aber<br />
Erwin Elsner arbeitete noch im Volkseigenen Betrieb<br />
(VEB) Chemiewerk Greiz-Döhlau, lebte also<br />
in der Deutschen Demokratischen Republik (DDR).<br />
Dort hatte man sich intensiver mit der Herstellung<br />
von Metallseifen befasst und verfügte bereits<br />
über Know-how für verschiedene Prozesse.<br />
Die politischen Verhältnisse erforderten jedoch<br />
Geheimhaltung dieser Kontakte zwischen Ost<br />
und West, schon die Bewerbung an sich konnte<br />
den Absender und seine Familie in Gefahr bringen.<br />
Über die konspirativen Pläne auf beiden Seiten<br />
wird noch Jahrzehnte später mit Ehrfurcht und<br />
Anerkennung gesprochen, auch wenn die Flucht<br />
des Ingenieurs aus der DDR nach Iversheim als<br />
Nacht- und Nebelaktion bezeichnet wird.<br />
Die Familie Greven half ihm dann, hier sesshaft<br />
zu werden und später seine Familie nachkommen<br />
zu lassen.<br />
Zusammen mit ihm entwickelte Heinz Greven<br />
die neue Produktionstechnologie und schon bald<br />
ging die erste Produktionslinie in Betrieb.<br />
Die Bedeutung dieses Schrittes aus strategischer<br />
Sicht wird klar, wenn man sich bewusst macht,<br />
dass die Metallseifen das am stärksten wachsende<br />
Segment der letzten Jahrzehnte und der dominierende<br />
Geschäftsbereich des Unternehmens<br />
bis zum heutigen Tage sind.<br />
Die Erkenntnis, dass die Kunststoffe künftig stark<br />
expandieren würden, brachte auch Dr. Jakobus<br />
Greven aus dem Vorstand der Metallgesellschaft<br />
in Frankfurt mit, ein Unternehmen das sich schon<br />
damals mit der Herstellung von Stabilisatoren<br />
für die PVC-Verarbeitung beschäftigte. Zu deren<br />
42
Herstellung brauchte man Metallseifen, damals<br />
vorwiegend Bleistearat.<br />
Im Jahre 1956 begann man in Iversheim mit der<br />
Metallseifenproduktion.<br />
Als erstes Produkt wurden mittels improvisierter<br />
Produktionsverfahren auf vorhandenen Anlagen<br />
kleine Mengen Bleistearat hergestellt, welche<br />
überwiegend an die Metallgesellschaft verkauft<br />
wurden. Die Metallseifenproduktion entwickelte<br />
sich zunächst langsam und stellte in den 50er<br />
Jahren nur einen kleinen Anteil am gesamten<br />
Produktionsvolumen dar. Trotzdem war die Entwicklung<br />
dieser neuen Produkte und Produktionstechnologien<br />
richtungsweisend für das Unternehmen.<br />
Auf der Suche nach weiteren Komponenten für<br />
die Erweiterung wurden Heinz und Günther Greven<br />
im benachbarten Holland fündig, wo sie für<br />
die Produktion von Bleistearat eine gebrauchte<br />
Sprühanlage kauften. Zwei Betriebsschlosser um<br />
Heinz Greven schnitten die Anlage dort in transportfähige<br />
Einzelteile. Diese wurden in Iversheim<br />
an Ort und Stelle wieder zusammengeschweißt<br />
und so die Anlage aufgebaut.<br />
Immer mehr Produktionsstätten wurden errichtet,<br />
die meisten davon aus Gebrauchtkäufen.<br />
Deren Anpassung und Modernisierung erfolgte<br />
nach eigenen Plänen und unter eigener Regie.<br />
Die beschauliche Lage an der Erft bot bald nicht<br />
mehr genug Platz für die notwendigen Erweiterungen.<br />
Im Jahre 1956 wurde daher begonnen, das benachbarte<br />
Gelände zu erschließen und zu bebauen.<br />
1957 wurde die neue Anlage für Bleistearat<br />
gebaut.<br />
Bleistearat wurde nach dem sogenannten<br />
Schmelzverfahren hergestellt, d.h. in einem<br />
Rührwerksreaktor wurde eine Schmelze aus<br />
Stearinsäure und Bleioxyd umgesetzt. Danach<br />
sollte das Produkt versprüht werden, um es so in<br />
die gewünschte Pulverform zu bringen.<br />
Verwaltung Ende der 1950er Jahre<br />
43
Eintragung des Warenzeichens von 1954<br />
44
Blick auf das Werksgelände Anfang der 1950er Jahre<br />
45
46<br />
Der erste Prospekt für das neue<br />
Handreinigungsmittelgeschäft<br />
Ende der 1950er Jahre
1950ER JAHRE<br />
Später wurden neben Bleistearat auch Zink-, Calcium-<br />
und Magnesiumstearate hergestellt. Diese<br />
wurden damals nach dem sogenannten Fällverfahren<br />
produziert, d.h. mit viel Wasser wurde zunächst<br />
in einem Rührwerksbehälter Stearinsäure<br />
mit Natronlauge zu Natriumstearat umgesetzt<br />
und daraus dann in einem 2. Schritt durch Zugabe<br />
der entsprechenden Metallsalze, wie etwa<br />
Calciumchlorid, ausgefällt. Dieses aufwändige<br />
und energieintensive Verfahren wird auch heute<br />
noch überall da angewendet, wo es auf spezielle<br />
Eigenschaften der Metallseifen, wie eine sehr<br />
hohe spezifische Oberfläche, ankommt. Beispielhaft<br />
sei hier auf den Einsatz von Zinkstearat zur<br />
wasserabweisenden Wirkung von Außenputzen<br />
verwiesen.<br />
Eine weitere Neuentwicklung waren die sogenannten<br />
Ziehmittel für die Herstellung (das<br />
„Ziehen“) von Stahldrähten. Auch diese Produkte<br />
basierten auf Seifen oder Metallseifen und<br />
passten gut ins Peter Greven-Programm. Für<br />
die Herstellung von Ziehmitteln wurden kleine<br />
Versuchsanlagen gebaut, die Produktion war<br />
eher handwerklich und hatte damals noch wenig<br />
mit einer modernen chemischen Fertigung<br />
zu tun. Die Produkte wurden in Pfannen mit Deckel<br />
„gebacken“, der fertige „Kuchen“ zerkleinert<br />
und gemahlen. Mit den Produkten fuhr man in<br />
die jeweilige Drahtziehfabrik und tüftelte dort in<br />
vielen Versuchen das beste Rezept aus.<br />
Die Ziehmittel bewährten sich in der Anwendung,<br />
die Nachfrage stieg, es mussten immer<br />
größere Anlagen gebaut werden. Das Stearat<br />
wurde dann in einem Kupferkessel geschmolzen<br />
und zum Abkühlen in eine Blechwanne gegossen.<br />
Auch diese Stearatbrocken wurden für die<br />
Verwendung gebrochen und gemahlen.<br />
Die Anlagen nahmen eine immer komplexere<br />
Struktur an und wurden durch automatische Förderungen<br />
und Silobevorratungen ergänzt.<br />
Auch das ursprüngliche Geschäft, die Hautreinigungsprodukte,<br />
hatte man nicht aus den Augen<br />
verloren. Zusätzlich zum Ausbau der Stearatanlagen<br />
begann ab dem Jahre 1958 die systematische<br />
Entwicklung moderner spenderdosierbarer Hautreinigungsmittel<br />
auf Seifenbasis mit Holzmehl<br />
als Reibemittelzusatz. Diese Produkte reinigten<br />
effektiver als Seifenstücke und konnten dadurch<br />
sparsamer verwendet werden. Im industriellen<br />
Bereich wurde das Seifenstück mehr und mehr<br />
durch spenderdosierbare Reiniger ersetzt.<br />
Die Firma Peter Greven, die Metallgesellschaft<br />
in Frankfurt und die Borax Consolidated London<br />
gründeten am 2. November 1958 ein gemeinsames<br />
Unternehmen, die Chemische Fabrik Iversheim.<br />
Da die bisher in der Industrie verwendeten<br />
Hautreinigungsmittel meist Sandhandwaschpasten<br />
waren, die durch ihren hohen Sandanteil<br />
unter anderem den Nachteil hatten, die Abfluss-<br />
47
1950ER JAHRE<br />
rohre der Betriebe zuzusetzen, war eine Neuentwicklung<br />
gefragt.<br />
Borax, ein wasserlösliches Mineral, das im Tagebau<br />
der Firma Borax Consolidated London aufgebaut<br />
und von der Metallgesellschaft Frankfurt<br />
verkauft wurde, war der Schlüssel zur Herstellung<br />
wasserlöslicher Hautreinigungsmittel für<br />
den industriellen Einsatz in Iversheim.<br />
Die Produkte wurden später unter dem Markennamen<br />
IVRAXO ® vermarktet.<br />
Einblick in die Seifensiederei der 1950er Jahre<br />
Schmierseifenabfüllung<br />
48
Parallel mit dem Ausbau der Produktion ging<br />
man dazu über, Hautreinigungsmittel und Spenderprodukte<br />
nur noch direkt an die Industrie zu<br />
verkaufen.<br />
Das gilt als Zeitpunkt der Weichenstellung für den<br />
Rückzug aus der Vermarktung von Stückseifen im<br />
Endkonsumentenbereich, was eine wesentliche<br />
Entscheidung darstellte. Es gab immer noch viele<br />
Seifenfabriken, die aber irgendwann aufhören<br />
mussten oder aufgekauft wurden, da die großen<br />
Konzerne diesen Markt mit so umfangreichen<br />
Werbeetats bearbeiteten, dass kleinere Produzenten<br />
dem wirtschaftlichen Druck im Endkonsumentenbereich<br />
nicht mehr standhalten konnten.<br />
Elisabeth und Peter Greven (unten Mitte) bei einer Firmenfeier<br />
49
50
In dieser Sitzung des Gesellschafterausschusses im Jahre 1956 wurde die wichtige Entscheidung zum Ausbau des<br />
Geschäftes in Richtung Fettsäure und Metallseifenproduktion begründet, ein Meilenstein in der Firmengeschichte<br />
51
1960ER JAHRE<br />
DIE 2. GENERATION ÜBERNIMMT<br />
DIE FÜHRUNG<br />
Die zweite Generation der Inhaber lebte anfangs<br />
auch noch sehr eng verzahnt mit dem Unternehmen<br />
– unter einem Dach wohnten und arbeiteten<br />
sie viele Jahre.<br />
Günther Greven zum Beispiel lebte anfangs noch<br />
in diesem Haus, bis er heiratete und dann auf<br />
die Alte Landstraße zog, wo auch Heinz Greven<br />
wohnte. Das war aber nur ein paar hundert Meter<br />
weiter vom Betrieb entfernt auf der anderen<br />
Straßenseite. Bis zu dem Zeitpunkt konnten die<br />
Mitarbeiter hören, wenn er vom Frühstückstisch<br />
aufstand und die Holztreppe herunterging. Das<br />
war das Zeichen für sie – jetzt musste „Gas“ gegeben<br />
werden.<br />
Entwicklungsmöglichkeiten gab es im Unternehmen<br />
überall: Denn die Zusammenarbeit wurde<br />
weniger nach den vorliegenden Zeugnissen und<br />
Abschlüssen, sondern vielmehr entsprechend<br />
vorhandener Kenntnisse und nachgewiesener<br />
Fähigkeiten gestaltet. Dass ein Geselle wie in<br />
Heinz und Günther Greven<br />
53
1960ER JAHRE<br />
Meisterfunktion arbeitete, war durchaus nicht<br />
ungewöhnlich. Die Menschen freuten sich über<br />
die gute Zusammenarbeit mit den Chefs und waren<br />
stolz darauf, den Firmenaufbau begleitet zu<br />
haben – bei manchem waren es am Ende über<br />
vierzig oder gar fünfzig Jahre.<br />
Auch in dieser zweiten Generation des Familienunternehmens<br />
wurde nach festen Prinzipien gearbeitet.<br />
Diese bewährten Grundsätze veränderten<br />
sich in den Jahrzehnten kaum, sie blieben bis<br />
heute die Richtschnur für Entscheidungen und<br />
Maßstab des Handelns.<br />
In harter Arbeit, solider Führung und produktbezogenem<br />
Einfallsreichtum sah man die Grundlage<br />
für den dauerhaften wirtschaftlichen Erfolg.<br />
Die Firma Peter Greven war und blieb ein Familienunternehmen,<br />
welches seine Möglichkeiten<br />
immer realistisch einschätzte und alle Entscheidungen<br />
gemeinsam traf.<br />
Anschaffung des neuen Dampfkessels 1 mit Schwerölbetrieb<br />
Während sich der technische Geschäftsführer<br />
Heinz Greven hauptsächlich um den Auf- und<br />
Umbau der Produktionsanlagen kümmerte, behielt<br />
Günther Greven als kaufmännischer Geschäftsführer<br />
die Finanzen im Blick. Sein Motto:<br />
Es wird nur gekauft, was direkt bezahlt werden<br />
kann.<br />
Gemeinsam achteten sie auf Unabhängigkeit und<br />
Selbstständigkeit, bemaßen die Entwicklungsschritte<br />
des Betriebes so, dass alle Investitionen<br />
54
nen. Aber zu groß war die Skepsis, auch gegenüber<br />
Banken.<br />
Der Familienverbund hingegen zog es immer vor,<br />
den Betrieb schrittweise und langsamer zu entwickeln,<br />
aber dafür alles selbst in der Hand zu<br />
behalten.<br />
Mit dieser klaren Politik der logischen kleinen<br />
Schritte sicherte man konsequent den soliden<br />
Fortbestand der Iversheimer Seifen- und Glyzerinfabrik.<br />
Selbstbewusst stellte sich das Unternehmen<br />
gegen Übernahmeversuche größerer<br />
Mitbewerber und hielt an seiner Unabhängigkeit<br />
fest.<br />
Bau der Autoklavenspaltung<br />
ohne Kredite, Fremdkapital oder gar Fremdeigentümer<br />
realisiert werden konnten. Stattdessen<br />
wurde stets ein hoher Anteil der Gewinne in das<br />
Unternehmen reinvestiert.<br />
Immer wieder gab es Möglichkeiten der Zusammenarbeit<br />
mit großen Unternehmen und Konzer-<br />
Die Wirtschaft Deutschlands entwickelte sich inzwischen<br />
rasant. Für die Wohlstandsgesellschaft<br />
wurden immer neue Produkte erfunden, der<br />
technische Fortschritt begünstigte Konsum und<br />
kurzlebige Produkte. Immer mehr Kunststoffe<br />
kamen auf den Markt, neue Technologien machten<br />
auch in anderen Industriebranchen den Einsatz<br />
von Metall- bzw. Alkaliseifen erforderlich.<br />
In Deutschland wurde in den 1960er und 1970er<br />
Jahren viel gebaut. Zink- und Calciumstearate<br />
eröffneten durch ihre wasserabweisende Wirkung<br />
neue Möglichkeiten im Bereich des Bautenschutzes,<br />
Fassaden konnten nun wirksamer gegen<br />
Feuchtigkeit von außen und damit auch vor<br />
Frostschäden und Energieverlusten geschützt<br />
werden.<br />
55
1960ER JAHRE<br />
Der Bedarf an Hilfsstoffen aus dem Hause Greven<br />
wuchs in dieser Zeit ständig, auch da die<br />
Einsatzmöglichkeiten sehr viele unterschiedliche<br />
In-dustrien erfassten. So wurden neben<br />
dem Einsatz in der Bauindustrie unter anderem<br />
Metallseifen in der Papierindustrie als Gleit- und<br />
Trennmittel eingesetzt. Fettsäuren und Sammlerchemikalien<br />
auf Seifenbasis wurden bei der<br />
Aufbereitung und Druckfarbenentfernung (Deinking)<br />
von Altpapier eingeführt.<br />
Metallstearate wurden bei der Herstellung von<br />
Schmierstoffen und in der Gummiindustrie eingesetzt.<br />
Am 16. Juni 1962 stirbt Peter Greven im Alter von<br />
76 Jahren. Zeitlebens waren ihm als Mensch und<br />
Arbeitgeber Achtung, Respekt und Sympathie<br />
seiner Mitarbeiter sicher. Vor seiner Beisetzung<br />
wurde er vor der neuen Fettspaltanlage aufgebahrt,<br />
damit alle Mitarbeiter Abschied nehmen<br />
konnten.<br />
Diese Epoche war auch durch eine weitere grundlegende<br />
Veränderung geprägt:<br />
1962 wurde eine neue Fettspaltungsanlage gebaut<br />
und gleichzeitig die erste aus dem Jahr 1934<br />
stillgelegt, da sie der neuen, leistungsfähigeren<br />
Hochdruckspaltanlage zur Fettsäuregewinnung<br />
weichen musste. Nun entstand immer mehr Glyzerinwasser,<br />
das in große Behälter gepumpt und<br />
Peter Greven, † 16.6.1962<br />
verkauft wurde. Doch alleine auf den Verkauf des<br />
Glyzerinwassers wollte man sich nicht beschränken.<br />
Zur Weiterverarbeitung kaufte Heinz Greven<br />
in Holland eine gebrauchte Eindampfanlage zur<br />
Herstellung von hochkonzentriertem Glyzerin.<br />
56
Betriebsausflug in den 1960er Jahren<br />
Die neue Autoklavenspaltung<br />
57
EXKURS<br />
SEIFEN UND METALLSEIFEN<br />
Seifen gehören zu den ältesten vom Menschen hergestellten<br />
chemischen Verbindungen. Ihre Erfindung wird den Sumerern<br />
zugeschrieben und datiert zurück in das 4 Jahrtausend<br />
v. Chr. Ähnlich, wie später auch im arabischen Raum,<br />
verkochte man Pflanzenasche mit natürlichen Fetten zu<br />
einer Seife. Unklar ist allerdings deren Verwendung: Wahrscheinlich<br />
wurden die Urformen der Seife nicht zur Reinigung<br />
verwendet, sondern dienten medizinischen Zwecken.<br />
Erst im 2. Jahrhundert n. Chr. verwendeten die Römer die<br />
Seife auch zum Waschen der Kleidung und zur Körperhygiene.<br />
Heute ist diese Verwendung von Seifen im Alltag nicht<br />
mehr wegzudenken.<br />
Anders verhält es sich mit den Metallseifen. Wir machen<br />
uns zwar alltäglich in vielerlei Hinsicht ihre Eigenschaften<br />
zu Nutze, nehmen sie aber nicht direkt wahr. Sie sorgen<br />
im Außenputz unserer Wohngebäude für eine wasserabweisende<br />
Wirkung und tragen damit zur Energieeinsparung<br />
bei. Schmierfetten verleihen sie ihre Konsistenz und die<br />
chemische und mechanische Beständigkeit. Bei der Papierherstellung<br />
sind sie ebenso unverzichtbare Hilfsmittel, wie<br />
auch bei der Produktion von Drähten oder Rohren. Kunststofffenstern<br />
ermöglichen sie ihre Witterungsbeständigkeit<br />
und machen als pharmazeutische Qualitäten die reibungslose<br />
Produktion von Tabletten erst möglich.<br />
Der Bekanntheitsgrad dieser beiden Produktkategorien ist<br />
allerdings nicht der einzige Unterschied. Auch das chemische<br />
und physikalische Verhalten ist sehr unterschiedlich.<br />
Metallseifen sind wasserunlöslich, wachsartig und haben<br />
gute Trenn- und Gleiteigenschaften während Seifen wasserlöslich<br />
sind und Tensideigenschaften besitzen. Trotzdem<br />
gibt es aber auch eine Gemeinsamkeit: die oleochemische<br />
Rohstoffbasis.<br />
Direktprozess Fällungsverfahren Schmelzverfahren COAD ® -Verfahren<br />
Reaktor Reaktor Reaktor Dosierung<br />
Nachmischer<br />
Puffer<br />
Reaktor<br />
Filtration/Wäsche Verschuppung/Versprühung Versprühung<br />
Trocknung<br />
Vermahlung Vermahlung Vermahlung der Formgebung Vermahlung<br />
Silierung Silierung Silierung Silierung<br />
Abfüllung Abfüllung Abfüllung Abfüllung<br />
Blockschema der Metallseifenherstellung<br />
58
Nachmischer<br />
Puffer<br />
Mühle<br />
Mühle<br />
Rohstoffe<br />
Als Ausgangsmaterial zur Herstellung der Seifen und Metallseifen<br />
dienen natürliche Öle und Fette. In erster Linie<br />
werden Talg oder Palmöl verwendet. Daneben spielt vor<br />
allem noch Rizinusöl eine wichtige Rolle. Aber auch andere<br />
Pflanzenöle wie Raps-, Sonnenblumen-, Oliven- oder Sojaöl<br />
kommen gelegentlich zum Einsatz.<br />
Die Fette und Öle werden bei ihrer weiteren Verarbeitung<br />
in Fettsäuren und Glycerin gespalten (siehe Seite 30–33,<br />
Exkurs Öle und Fette ). Die so erhaltenen Fettsäuren,<br />
zum Beispiel die Talg- oder Palmölfettsäure, werden häufig<br />
in der Seifenherstellung verwendet. Um die Fettsäuren als<br />
Rohstoff für Metallseifen zu verwenden, werden sie meistens<br />
hydriert, wodurch aus einer ungesättigten Fettsäure<br />
eine gesättigte Fettsäure wird. Die sogenannte Hydrierung<br />
wird beispielsweise auch bei der Herstellung von Margarine<br />
verwendet, um ein flüssiges Pflanzenöl in die gewünschte,<br />
streichfähige Konsistenz zu bringen. Gleichzeitig wird dadurch<br />
aber auch die chemische und physikalische Beständigkeit<br />
der Produkte gesteigert, was bei den technischen<br />
Einsatzgebieten der Metallseifen einen zusätzlichen Vorteil<br />
bietet. Den Hauptbestandteil der gesättigten Fettsäure<br />
bildet die Stearinsäure, die auch zur Herstellung von Stearinkerzen<br />
verwendet wird.<br />
Neben der Fettsäure werden zur Herstellung von Seifen<br />
oder Metallseifen noch alkalische Reaktionspartner in<br />
Form von Metallen benötigt. Die wasserlöslichen Seifen<br />
erhält man durch die Kombination mit Metallen wie Natrium<br />
oder Kalium, aber auch andere alkalische Stoffe, wie<br />
beispielsweise Ammoniak, können verwendet werden. Für<br />
die Herstellung von Metallseifen werden Metalle wie Calcium,<br />
Zink, Magnesium, Aluminium oder Lithium verwendet.<br />
Herstellverfahren<br />
Seife wurde über viele Jahrhunderte hinweg aus Fetten<br />
oder Ölen hergestellt. In den Anfängen wurden oft einfache<br />
Produkte wie Soda verwendet, um eine Seife zu kochen,<br />
später dann Natron- oder Kalilauge. Als Reaktionsprodukt<br />
entstand nach mehreren Stunden zunächst eine perlmutartige<br />
Emulsion, auch Leimseife genannt. In einem nächsten<br />
59
Schritt wurde dann Kochsalz hinzugegeben. Dadurch wurde<br />
eine Trennung der Emulsion in einen festen und einen flüssigen<br />
Teil erreicht. Der feste Teil wurde als Kernseife bezeichnet<br />
und konnte dann zu Seifenstücken geformt und als<br />
Toilettseife genutzt werden. In vielen Fällen wurden noch<br />
Zusätze wie Parfüm oder Farbe hinzugefügt – diese Produkte<br />
wurden dann als Feinseife bezeichnet.<br />
Auch die Seifenherstellung aus Fettsäuren wurde für viele<br />
Jahrzehnte durch die klassische Batchproduktion in offenen<br />
Siedekesseln dominiert. Unter der Batchproduktion<br />
versteht man die Verarbeitung einer begrenzten Stoffmenge<br />
in einem Reaktionsprozess. Die verwendeten Siedekessel<br />
sind meist mit einem Rührsystem ausgestattet<br />
und werden mit Dampf auf Temperaturen zwischen 60<br />
und 95 °C aufgeheizt. Zur Herstellung einer Seife werden<br />
Wasser und Lauge in den Kessel eingeleitet. Danach<br />
wird schrittweise die Fettsäure hinzugefügt, so dass die<br />
Verseifung stattfinden kann. Der Wassergehalt muss bei<br />
mehr als 35 % liegen, da die Seifenmasse sonst zu zähflüssig<br />
für das Rührsystem wird. Nach der Reaktion werden<br />
die chemischen und physikalischen Parameter exakt<br />
eingestellt und falls nötig weitere Zusatzstoffe dosiert.<br />
Flüssige oder pastöse Seifen können dann direkt aus<br />
dem Siedekessel abgefüllt werden. Feste Seifen, die beispielsweise<br />
in pulverförmigen Waschmitteln verwendet<br />
werden, müssen zunächst getrocknet und in die entsprechende<br />
Form gebracht werden. Da mit der Trocknung ein<br />
zusätzlicher Energieaufwand einhergeht, werden in Siedekesseln<br />
heutzutage vorwiegend flüssige oder pastöse<br />
Produkte hergestellt.<br />
Moderne, kontinuierliche Produktionsverfahren ermöglichen<br />
eine deutlich effizientere Herstellung fester Seifen.<br />
Das Herzstück einer kontinuierlichen Produktionsanlage<br />
bildet der Reaktor, der unter Druck steht und auf Temperaturen<br />
von über 110 °C erhitzt wird. Mit Hilfe von Dosierpumpen<br />
werden die Rohstoffe, Laugen und Fettsäuren,<br />
kontinuierlich in den Reaktor eingeleitet. Da immer wieder<br />
Rohstoffe zugeführt werden, finden immer weiter neue<br />
Verseifungsreaktionen statt. Aufgrund der hohen Temperaturen<br />
läuft die Reaktion schneller ab und die Seife selbst<br />
ist flüssiger, so dass weniger Wasser benötigt wird. Eine<br />
nachgeschaltete Trocknung ist zwar trotzdem notwendig,<br />
aber neben dem geringeren Wassergehalt bietet das<br />
kontinuierliche Verfahren noch weitere Vorteile für diesen<br />
letzten Prozessschritt: Die Produktenergie und auch die<br />
während der Reaktion freigesetzte Wärme können für die<br />
Trocknung genutzt werden und führen zu einer weiteren<br />
Energieeinsparung.<br />
Bei der Herstellung der Metallseifen unterscheidet man<br />
vier wichtige großtechnische Verfahren:<br />
• der Fällungsprozess<br />
• die direkte Herstellung<br />
• das Schmelzverfahren<br />
• das COAD® Verfahren<br />
60
Die doppelte Umsetzung, die auch als Fällungsprozess bezeichnet<br />
wird, ist das älteste Verfahren zur Herstellung von<br />
Metallseifen. Im ersten Schritt werden in einem Reaktor<br />
bei rund 60 bis 80 °C Wasser, Natronlauge und Fettsäuren<br />
gemischt. Die Natronlauge und die Fettsäure reagieren zu<br />
einer klassischen Seifenlösung und das Wasser dient als<br />
verdünnende Komponente, um das Gemisch flüssig zu halten.<br />
In einem zweiten Schritt wird dann eine Metallsalzlösung<br />
hinzugegeben. Es findet eine chemische Reaktion<br />
statt, die zu einer Verbindung der Metallkomponente mit<br />
der Fettsäure führt. Dadurch entsteht eine Metallseife, die<br />
als Feststoff ausfällt und sich am Boden des Reaktors absetzt.<br />
Sie wird dann über eine Filterpresse abfiltriert und<br />
gewaschen, um Reste der anderen Reaktionskomponenten<br />
zu entfernen. Im nächsten Schritt findet die Trocknung<br />
der Metallseife statt, um die noch im Feststoff enthaltene<br />
Feuchte zu entfernen. Es wird meist eine Gleichstromtrocknung<br />
verwendet, bei der die warme Luft und das Produkt<br />
in die gleiche Richtung strömen. Diese Art der Trocknung<br />
dauert nur wenige Sekunden. Der letzte Prozessschritt ist<br />
die Vermahlung des Produktes. Gefällte Metallseifen zeichnen<br />
sich grundsätzlich durch einen sehr hohen Feinheitsgrad<br />
aus. Trotzdem werden sie noch einmal vermahlen, um<br />
mögliche Agglomerate zu zerstören. Das Fällverfahren ermöglicht<br />
sehr feine und effektive Produkte.<br />
Die direkte Umsetzung besteht, im Vergleich zum Fällungsprozess,<br />
nicht aus zwei Reaktionsschritten, sondern<br />
nur aus einem. In einem Reaktionsmischer wird die geschmolzene<br />
Fettsäure direkt mit der Metallkomponente<br />
zusammengebracht. Es werden meist nur geringe Mengen<br />
an Wasser verwendet, um die Reaktion zu steuern. Eine<br />
Trocknung, wie sie bei der Fällung notwendig ist, entfällt<br />
bei der direkten Umsetzung. Die Vermahlung ist dafür<br />
umso wichtiger, da das Produkt erst durch diesen Prozessschritt<br />
die benötigte Feinheit erhält. Die direkte Umsetzung<br />
zeichnet sich durch sehr gut dosierbare Produkte<br />
aus, die bevorzugt in der Kunststoffindustrie verwendet<br />
werden.<br />
Das Schmelzverfahren geht ebenfalls von der flüssigen<br />
Fettsäure aus, der die metallische Komponente zugegeben<br />
wird. Das Grundprinzip entspricht also dem der direkten<br />
Umsetzung, es ist allerdings kein zusätzliches Wasser<br />
vorhanden und die Temperatur, bei der die Reaktion stattfindet,<br />
liegt über dem Schmelzpunkt der Metallseife. Es<br />
lassen sich allerdings nicht alle Metallseifen nach diesem<br />
Verfahren herstellen: Die Metallseifen bestimmter Metalle<br />
sind im geschmolzenen Zustand zu zähflüssig, um von der<br />
Anlage verarbeitet zu werden. Das Verfahren bietet allerdings<br />
auch Vorteile, da sich im geschmolzenen Zustand<br />
hervorragend Kombinationsprodukte herstellen lassen.<br />
Diese Kombinationsprodukte können entweder aus zwei<br />
verschiedenen Metallseifen bestehen oder Mischungen<br />
aus Metallseifen und anderen Additiven, wie beispielsweise<br />
Wachsen, sein. Die nach dem Schmelzverfahren<br />
hergestellten Metallseifen zeichnen sich durch gute Dosiereigenschaften<br />
und eine klare Schmelze, die eine vollständige<br />
Umsetzung zeigt, aus.<br />
Ähnlich wie bei den alkalischen Seifen gibt es auch bei den<br />
Metallseifen moderne kontinuierliche Produktionsverfahren.<br />
Da die Metalle für die Herstellung von Metallseifen,<br />
anders als die für die Herstellung klassischer Seifen benötigten<br />
Varianten, nur in fester Form vorliegen, gestaltet<br />
sich die rezepturgenaue Dosierung in den Reaktor deutlich<br />
schwieriger. Das von unserem Tochterunternehmen in den<br />
USA entwickelte und patentierte COAD® Verfahren löst<br />
diese Schwierigkeiten und ermöglicht eine sehr energieeffiziente<br />
Herstellung verschiedener Metallseifen. Analog zu<br />
dem kontinuierlichen Verfahren bei den klassischen Seifen<br />
wird die Reaktionswärme direkt im Prozess genutzt. Das<br />
Verfahren zeichnet sich außerdem durch eine hohe Umsetzungsrate<br />
und eine ausgezeichnete Anlagenleistung aus.<br />
Die nach dem COAD® Verfahren hergestellten Produkte<br />
eigenen sich besonders gut für die Anwendung in speziellen<br />
Bereichen der Kunststoffindustrie.<br />
61
1960ER JAHRE<br />
Prozessschritte wurden in anderen verwandten<br />
Industrien wie etwa der Lebensmittelindustrie,<br />
der Pharmazie oder der Milchverarbeitung eingesetzt.<br />
Daher war für den wirtschaftlichen Erfolg<br />
des Unternehmens diese tiefe Kenntnis über Prozesse,<br />
Verfahren und Apparatetechnik essenziell.<br />
Man griff also immer wieder auf die verschiedenen<br />
Komponenten, wie sie in den Industrien verwendet<br />
werden, zurück und baute daraus seine<br />
eigenen angepassten Produktionsanlagen auf.<br />
1964 wird „Peter Greven Seifen- und Glyzerinfabrik“<br />
unter der Führung von Heinz und Günther<br />
Greven in „Peter Greven Fett-Chemie“ geändert.<br />
Zu der Zeit arbeiteten im Unternehmen schon<br />
etwa einhundert Mitarbeiter.<br />
Beginn des Neubaus der Metallseifenabteilung<br />
Anders als in der chemischen Großindustrie<br />
konnte man zur Herstellung der oleochemischen<br />
Produkte, die als Spezialitäten gelten, nicht auf<br />
bestehende großtechnische Anlagen und Verfahren<br />
zurückgreifen. Man war darauf angewiesen,<br />
das Know-how über Produkte und deren Produktionsverfahren<br />
im eigenen Hause zu haben.<br />
Viele der einzelnen Apparate oder aber auch<br />
Um Kundenwünsche vor Ort noch besser betreuen<br />
zu können und den Service weiter auszubauen,<br />
waren ab 1964 neben den Mitarbeitern im Innendienst<br />
nun auch fünf Außendienstmitarbeiter<br />
in ganz Deutschland unterwegs, die sowohl die<br />
Produkte der Chemischen Fabrik Iversheim als<br />
auch die der Peter Greven Fett-Chemie verkauften.<br />
1965 waren die Büroräume im ganzen Betrieb<br />
verteilt, denn das Wohngebäude wurde noch als<br />
solches genutzt. Auch Elisabeth Greven wohnte<br />
noch auf dem Betriebsgelände.<br />
Der Einkauf befand sich direkt oben am Eingang.<br />
62
Von dort konnte man immer sehen, wer in den<br />
Betrieb kam. Heinz Greven hatte sein Betriebsbüro<br />
mittendrin, sodass die Mitarbeiter immer direkt<br />
mit ihren Problemen zu ihm kommen konnten.<br />
Der Platz, an dem die kaufmännische Verwaltung<br />
arbeitete, wurde später für Produktionsanlagen<br />
gebraucht. Deshalb wurde ein neuer Trakt am<br />
vorhandenen Bürogebäude, dem ehemaligen<br />
Wohnhaus der Familie, angebaut. Bis 2013 sind<br />
die komplette kaufmännische Verwaltung und<br />
die technische Verwaltung in diesem Gebäude<br />
untergebracht.<br />
An den Beginn seiner Ausbildung 1965 erinnert<br />
sich ein damaliger Lehrling: Günther Greven<br />
meinte zu ihm, er sähe von den beiden Lehrlingen<br />
ein bisschen mehr kaufmännisch aus und<br />
sollte darum in den Einkauf. So begann die Lehre<br />
als Industriekaufmann zweigleisig in der Personalabteilung<br />
und im Einkauf. Das war vielseitig:<br />
Bestellungen schreiben, Lohntüten ausfüllen<br />
und notfalls in der Produktion aushelfen.<br />
Aufstellung eines Lagertanks<br />
Im Versand wurden noch 1967 alle Rechnungen<br />
mit der Schreibmaschine geschrieben, die<br />
Umsätze von Hand auf Konten übertragen. Eine<br />
Rechenmaschine von Rheinmetall, eine Art Computer-Vorstufe,<br />
rechnete kurze Zeit später schon<br />
selbst. Aber das Ausdrucken einer Rechnung<br />
konnte bis zu zehn Minuten dauern.<br />
Es glich einer Revolution im Büro, als 1968 ein<br />
System der Firma Kienzle mit Magnetkonten<br />
eingeführt wurde. Auf Karten mit seitlich angebrachten<br />
Magnetstreifen wurden alle Daten gespeichert<br />
und zum Monatsende für das Monatsjournal<br />
eingelesen. Das dauerte zwar oft zwei<br />
Tage, aber damit konnten alle Monatswerte auf<br />
einmal gesehen werden.<br />
63
Blick auf das Werksgelände Ende der 1960er Jahre, dessen Gebäudeverlauf dem Flusslauf der Erft folgt<br />
64
1960ER JAHRE<br />
Die Produktionsplanung fand auf einem DIN A5-<br />
Blatt statt. Darauf wurden abends alle Aufträge<br />
geschrieben, die an dem Tag hereingekommen<br />
waren. Morgens wurde zuerst im Lager nachgesehen,<br />
was von der bestellten Ware vorhanden<br />
war.<br />
Wenn etwas fehlte, wurde das an die Abteilungsleiter<br />
weitergegeben. Diese kümmerten sich um<br />
den Rest bis zur Lieferung.<br />
1968 wurde die erste Veresterungsanlage bei<br />
Peter Greven errichtet und damit der Produktionsbereich<br />
der Fettsäurederivate um eine weitere<br />
interessante Stoffgruppe, die Ester, erweitert.<br />
Besonders die wachsenden Bereiche Kunststoffund<br />
Gummiindustrie waren Zielgruppen für den<br />
Verkauf dieser Ester. Die Produkte wurden auch<br />
größtenteils auf Basis der eigenen Fettsäuren<br />
hergestellt und ergänzten sich im Verkauf sehr<br />
gut mit den Metallseifen, da auch sie in der<br />
Kunststoffindustrie, z.B. als sogenannte Gleitmittel<br />
bei der Extrusion von PVC-Profilen, eingesetzt<br />
wurden. Man konnte den Kunden ein breiteres<br />
Produktportfolio aus einer Hand anbieten.<br />
65
1970ER JAHRE<br />
ERWEITERUNG <strong>DE</strong>R KAPAZITÄTEN<br />
Trotz der Ölkrise, die 1973 die Weltwirtschaft auf<br />
eine Bewährungsprobe stellen sollte, war dieses<br />
Jahrzehnt bei Peter Greven besonders durch die<br />
weitere Diversifizierung der Produktpalette gekennzeichnet.<br />
Die Kunststoffindustrie expandierte weiter und<br />
bilanzierte von Jahr zu Jahr steigende Produktionszahlen.<br />
Wachstum und Expansion kennzeichneten<br />
auch andere Industrien – beispielsweise<br />
den Maschinenbau, die Autoindustrie, die Lebensmittel-,<br />
Textil-, Papier- sowie die Kosmetikindustrie.<br />
Aus dieser Entwicklung resultierte<br />
weiterhin ein hohes Wachstumspotenzial für den<br />
Absatz von oleochemischen Produkten.<br />
Wer das Unternehmen in Iversheim bislang noch<br />
als Seifen- und Glyzerinfabrik mit einer individuellen<br />
Nebenfabrikation sah, hatte nun die<br />
grundlegenden Veränderungen zur Kenntnis zu<br />
nehmen, die zuerst die 1970er, später auch die<br />
1980er Jahre prägen sollten: Unter der Leitung<br />
von Heinz und Günther Greven entwickelte sich<br />
die Firma endgültig zu einem chemisch-technischen<br />
Betrieb, der flexibel auf die Anforderungen<br />
des Marktes und die individuellen Bedürfnisse<br />
der Kunden einging und sich somit von den meisten<br />
Großanbietern der damaligen Zeit abheben<br />
konnte.<br />
Qualitätskontrolle. Auch die Erzeugnisse, die bei<br />
den verschiedenen Kunden im Einsatz waren,<br />
wurden im Iversheimer Betriebslabor untersucht.<br />
Nicht selten waren dabei spezifische Qualitäten<br />
anzupassen, die aus den Erfahrungen im Kundenbetrieb<br />
resultierten.<br />
Das Labor war in einem Teil einer Produktionsanlage<br />
untergebracht. Hier arbeiteten abwechselnd<br />
fünf Mitarbeiter, die auch den technischen<br />
Betrieb fachlich mitbetreuten.<br />
Man legte großen Wert auf die Sicherung der<br />
innerbetrieblichen Produktentwicklung und die<br />
Ausbau der Metallseifenproduktion<br />
67
Das neue Labor<br />
Der Verwaltungstrakt wurde an das bestehende ehemalige Wohnhaus angebaut<br />
68
1970ER JAHRE<br />
Heinz Greven leitete sowohl die Laborarbeit als<br />
auch die Technik und den Produktionsbetrieb.<br />
Mit möglichst geringem Aufwand wurde versucht,<br />
die oft minimalen Anfangsmengen herzustellen,<br />
um die technischen Anforderungen an<br />
eine Produktion in größerem Maßstab zu sichten.<br />
Gleichzeitig wurde geprüft, ob eben diese neu<br />
entwickelte oder angepasste Qualität auf Dauer<br />
reproduktionsfähig war.<br />
Außerdem wurden im Labor Proben der Metallseifen<br />
hergestellt. Diese wurden als Muster im<br />
Vertrieb für die Kundengewinnung eingesetzt,<br />
auch der Außendienst konnte damit vor Ort beim<br />
Kunden überzeugen.<br />
Ein gutes Beispiel hierfür kam aus der Papierindustrie,<br />
wo die sonst meist pulverförmigen Metallseifen<br />
in flüssiger Form (als sog. Dispersion)<br />
unter anderem als Streichmittel für die Oberflächenherstellung<br />
und Glättung verschiedener Papiere<br />
eingesetzt wurden.<br />
1971 gelang es, eine Suspension mit 50% Wasser<br />
und 50% Calciumstearat herzustellen. Nach dem<br />
Erfolg im Labor wurden erste Großversuche im<br />
Betrieb und später auch beim Kunden erfolgreich<br />
durchgeführt.<br />
Selbstverständlich wurden für solche Versuche<br />
nicht gleich neue Apparateteile gekauft. Zuerst<br />
wurde geprüft, in welchen bestehenden Anlagen<br />
die Suspension hergestellt werden konnte.<br />
So waren für eine der ersten Fabrikationen in einer<br />
Anlage gerade zwei Rührkessel frei geworden.<br />
Die technische Ausrüstung und der Verfahrensablauf<br />
wurden modifiziert und dann wurde<br />
die Suspension in diesen Kesseln hergestellt.<br />
Diese Versuche und technischen Umbauten erforderten<br />
sehr viele handschriftliche Aufzeichnungen<br />
und Berechnungen, denn Taschenrechner<br />
waren noch nicht sehr verbreitet. Gerechnet<br />
wurde entweder mit dem Rechenschieber oder<br />
mit Logarithmen-Tabellen.<br />
Mit der Herstellung der Dispersionen gab es nun<br />
bei Greven mittlerweile fünf Produktionsbereiche/Abteilungen,<br />
in denen die Weiterveredelung<br />
der eigenen Fettsäuren stattfand:<br />
– Seifen (oder auch Alkaliseifen genannt)<br />
– Metallseifen<br />
– Ziehmittel<br />
– Ester<br />
– Dispersionen<br />
Bis heute bilden diese fünf Bereiche das Fundament<br />
der Produktionsausrichtung.<br />
Die ständig zunehmende Produktion und die Erweiterung<br />
der Liefermengen in internationale<br />
69
1970ER JAHRE<br />
Bau der ersten kontinuierlichen Fettspaltung (Turmspaltung)<br />
Märkte zogen steigende Umsätze nach sich.<br />
Verwaltungsaufgaben wurden umfangreicher,<br />
der Bedarf an Büroräumen wuchs parallel zur<br />
Produktion.<br />
1973 wurde ein neues Bürogebäude geplant und<br />
gebaut – kaufmännische Abteilung, Vertrieb, Finanzbuchhaltung,<br />
Marketing und Personalwesen<br />
arbeiteten nun unter einem Dach.<br />
Dieses neue Verwaltungsgebäude wurde neben<br />
dem alten Wohnhaus errichtet, damit die bisher<br />
im ganzen Werk verstreuten Büros zentralisiert<br />
werden konnten, was auch die Kommunikation<br />
der einzelnen Abteilungen vereinfachte. Außerdem<br />
wurde der Platz der alten Büros für weitere<br />
Produktionsanlagen benötigt.<br />
Zur gleichen Zeit ergab sich die Möglichkeit, den<br />
Kartonagen-Bereich im Lager für bestimmte Seifenverpackungen<br />
zu räumen.<br />
Das war die Gelegenheit, auch dieses Gebäude<br />
umzubauen und ein größeres, modernes Labor<br />
einzurichten.<br />
Die experimentellen und analytischen Voraussetzungen<br />
in diesem neuen Labor passten sich<br />
den wachsenden Anforderungen in der Produktentwicklung<br />
– einem fast eigenständigen<br />
Bereich im Unternehmen – an.<br />
Innovative Produkte wurden im Betrieb entwickelt<br />
und erforscht und da es sich oft um neue<br />
Anwendungsgebiete handelte, lagen hier meist<br />
keine Erfahrungen vor.<br />
Auch die Produktkontrolle wurde weiterentwickelt.<br />
Während des Herstellungsprozesses waren<br />
die Zwischenprodukte, zum Schluss die Endprodukte<br />
mit verschiedenen chemischen und physikalischen<br />
Verfahren genau zu kontrollieren, um<br />
eine gleichbleibende Qualität zu gewährleisten.<br />
Das Unternehmen Peter Greven wurde besonders<br />
70
für seine akribische, permanente Qualitätssicherung<br />
geschätzt und hatte sich dadurch den Ruf als<br />
Lieferant qualitativ hochwertiger Produkte verdient.<br />
Elisabeth Greven, die Seniorchefin, stirbt am 12.<br />
März 1975 im Alter von 88 Jahren.<br />
Im Jahr 1975 wurde die zweite große, nach dem<br />
Direktverfahren arbeitende, Metallseifenanlage<br />
in Betrieb genommen. Damit verfügte das Unternehmen<br />
über eine beachtliche Kapazität zur<br />
effizienten Herstellung qualitativ hochwertiger<br />
Stearate.<br />
Um den durch die stark wachsende Metallseifenproduktion<br />
steigenden Bedarf an Fettsäure<br />
decken zu können, entschloss man sich die Fettsäureproduktion<br />
komplett zu erneuern.<br />
Die enorme Investition in die Fettfabrik mit<br />
Turmspaltung, Destillations- und Hydrieranlagen<br />
von mehreren Millionen D-Mark wurde hauptsächlich<br />
aus Eigenmitteln finanziert.<br />
Feinseifenproduktion: Hier wurde aus dem Seifenstrang die Stückseife geschnitten<br />
Blick auf die Seifenpresse<br />
Die Turmspaltung wurde als kontinuierlich arbeitender<br />
Hochdruckreaktor betrieben. Sie ersetzte<br />
die bis dahin benutzten Spaltautoklaven, die<br />
chargenweise arbeiteten und eine wesentlich<br />
geringere Leistung hatten. Im Spaltturm wurden<br />
kontinuierlich bis zu 48 Tonnen Fett pro Tag<br />
durch Zugabe von Wasser gespalten. Beim Spaltprozess<br />
fällt neben der Fettsäure als Nebenpro-<br />
71
72<br />
Anlieferung und Aufbau einer Fettsäuredestillation
1970ER JAHRE<br />
dukt zwangsweise auch Glyzerinwasser an. Das<br />
Glyzerinwasser wurde aufkonzentriert („eingedampft“)<br />
und anschließend durch Destillation<br />
und Raffination/Bleichung in die Endproduktqualität<br />
gebracht. Glyzerin ist bis heute ein wesentlicher<br />
Grundstoff der Chemie und findet außerdem<br />
in vielen Produkten des täglichen Bedarfs (z.B.<br />
in Kosmetika als Feuchthaltemittel) Anwendung.<br />
Die gespaltene Fettsäure wurde zunächst destilliert<br />
(um Farb- und Geruchsstoffe zu entfernen)<br />
und konnte dann entweder als Destillatfettsäure<br />
im Seifenbereich eingesetzt oder zur Stearinsäure<br />
hydriert werden.<br />
Durch die Herstellung der eigenen Fettsäuren<br />
als Grundstoffe für die Produktion wurde die<br />
Unabhängigkeit von den Rohstoffmärkten ausgebaut.<br />
Darüber hinaus konnte man eine konstant<br />
hohe Qualität der Grundstoffe erreichen und<br />
garantieren.<br />
73<br />
Das Werksgelände in den 1970er Jahren
Heinz & Günther Greven<br />
Für die konstruktive Planung, das Genehmigungsverfahren<br />
und die Errichtung dieser sowohl<br />
finanziellen als auch technisch sehr aufwendigen<br />
Investition wurden zwei Jahre benötigt.<br />
Die nicht ganz einfache Infrastruktur des Standortes<br />
wird ergänzt durch die Eigenschaft der Erft, als<br />
Grundwasserfluss bei intensiven Niederschlägen<br />
sehr schnell anzuschwellen. Das wird begünstigt<br />
durch den stetigen Anstieg der Berge Richtung<br />
Eifel, aus der das Wasser herunterdrückt.<br />
Die Lage verbesserte sich grundlegend, als 1978<br />
in Eicherscheid, etwa acht Kilometer oberhalb<br />
des Betriebes, ein Regenrückhaltebecken mit einer<br />
Million Kubikmeter Volumen gebaut wurde.<br />
Begrenzt durch den Flusslauf der Erft auf der einen<br />
und dem Berg auf der anderen Seite, waren<br />
räumliche Erweiterungen nicht möglich. Die einzig<br />
praktikable Lösung war die Ausdehnung des<br />
Werksgeländes über die Erft hinaus. Die Gärten,<br />
74
1970ER JAHRE<br />
Die ersten Pulverspender für Handreinigungspulver<br />
LIGAFIX-Prospekt aus den 1970er Jahren<br />
75
1970ER JAHRE<br />
die sich dort befanden, gehörten einer Vielzahl<br />
ortsansässiger Bewohner. Bis Mitte der 1970er<br />
Jahre erwarb die Firma Peter Greven diese Einzelgrundstücke<br />
für die geplante Expansion.<br />
Eine weitere wesentliche Voraussetzung für den<br />
Aufbau der Erweiterung der Fettverarbeitung<br />
war die Verlegung der ursprünglichen Seifenfabrikation.<br />
Die befand sich in den Räumlichkeiten,<br />
in denen die neuen Fettsäureanlagen aufgestellt<br />
werden sollten.<br />
Eine technische Herausforderung war auch die<br />
Installation von Rohrleitungen, die alle Teile miteinander<br />
verbanden und beheizt werden mussten,<br />
denn wenn die Fette verarbeitet und durch<br />
den Betrieb gepumpt werden sollten, musste das<br />
Material auch bei Kälte und Frost flüssig gehalten<br />
werden.<br />
Die Halle für die Seifenproduktion wurde auf der<br />
anderen Seite der Erft errichtet, die Seifenproduktion<br />
verlagert. Man benötigte ein Tanklager,<br />
um Rohstoffe vorzuhalten, um Zwischenprodukte<br />
und Endprodukte zu lagern, bevor diese in<br />
Tankwagen verladen wurden. Auch dafür war im<br />
Altbetrieb kein Platz verfügbar gewesen.<br />
Eine Rohrbrücke verband beide Betriebsteile für<br />
den Transport von Energie, Roh- und Hilfsstoffen.<br />
Mit dem Bau der Werkbrücke über die Erft ermöglichte<br />
das Unternehmen eine verkehrstechnische<br />
Erschließung des alten Betriebsteiles von<br />
einer zweiten Seite. Es bestand aber auch die<br />
Möglichkeit über den Bendenweg und die Peter-<br />
Greven-Straße hinein in den Betrieb zu kommen.<br />
76
1980ER JAHRE<br />
EINZUG <strong>DE</strong>R<br />
AUTOMATISIERUNG<br />
In den 1980er Jahren fanden grundlegende Veränderungen<br />
in der Führungsstruktur der Firma<br />
statt.<br />
Im Jahre 1981 erhält Ewald Beier – ein sehr erfahrener<br />
und langjähriger Mitarbeiter – Prokura.<br />
Damit war er der erste Prokurist der nicht Mitglied<br />
der Familie Greven war.<br />
Die Gesamtprokura übte er mit dem damaligen<br />
Verkaufsleiter Alfred Lachnit aus, der ein Neffe<br />
von Günther und Heinz Greven war.<br />
Zum 31. Dezember 1984 schied Heinz Greven als<br />
Geschäftsführer aus dem Unternehmen aus. In<br />
den Jahren danach war er aber noch in beratender<br />
Funktion im Betrieb tätig.<br />
Zu dem nach dem Ausscheiden seines Bruders<br />
bis 1986 alleinigen Geschäftsführer Günther Greven<br />
wurde nun Ewald Beier zum kaufmännischen<br />
Geschäftsführer benannt. Mit Dr. Jochen Billecke<br />
hatte man zusätzlich einen erfahrenen Manager<br />
aus der Branche – er kam von den Dalli-Werken<br />
– für sich als technischen Geschäftsführer<br />
gewinnen können. Die Geschäftsleitung wurde<br />
komplettiert durch Alfred Lachnit.<br />
Neben dem Ausbau und der weiteren Automatisierung<br />
der Fettsäureanlagen wurde auch am<br />
Ausbau des zweiten Standbeins, der industriellen<br />
Hautschutzprodukte, weiter gearbeitet, obwohl<br />
Blick von der Metallseifenabteilung auf den Spaltturm<br />
die Entwicklungen hier wesentlich langsamer<br />
verliefen und die Produktions- und Verkaufsmengen<br />
bei Weitem nicht an die Produkte der<br />
Fett-Chemie heranreichten. Dennoch war dies<br />
nach wie vor ein höchst lukratives Geschäft, da<br />
die Produkte weniger den schwankenden Rohstoffpreisen<br />
ausgesetzt waren und die breite<br />
Produktpalette eine gewisse Planungssicherheit<br />
mit sich brachte.<br />
Nach der Pulverseife für grobe Verschmutzungen<br />
der Hände, für die Firma Peter Greven auch ein<br />
Spendersystem im Angebot hatte, wurden Flüssigseifen<br />
und Handwaschpasten entwickelt. Die<br />
in der Pulverseife enthaltenen Rohstoffe waren<br />
nicht für eine hautschonende Handreinigung geeignet.<br />
79
EXKURS<br />
DIE ENTWICKLUNG <strong>DE</strong>S BERUFLICHEN HAUTSCHUTZES<br />
IM 20. JAHRHUN<strong>DE</strong>RT<br />
Bis in die 30er Jahre<br />
In den Anfängen der Industrialisierung stellen die meisten<br />
Betriebe ihre Handreiniger selbst her. Bis in die dreißiger<br />
Jahre wird hierzu beispielsweise Schmierseife mit Sand,<br />
Bimsmehl oder gemahlenem Feldspat vermischt. Einziges<br />
Kriterium: die möglichst rasche und effektive Reinigung.<br />
Auch die ersten industriell hergestellten Produkte folgen<br />
diesem Prinzip und verwenden Sand, Bimsmehl und Feldspat.<br />
Schutz- oder Pflegeprodukte werden allenfalls auf<br />
private Initiative verwendet – es besteht kein Bewusstsein<br />
für ihre Notwendigkeit.<br />
Daneben werden Seifenstücke (Feinseife) besonders im<br />
Bergbau verwendet, wo die Zuteilung personenbezogen<br />
erfolgt. Die Häufung von Hautekzemen mündet Mitte der<br />
30er Jahre in der Forderung nach seifenfreien Produkten.<br />
Neue, tensidbasierte Waschsyndets kommen auf den<br />
Markt.<br />
50er Jahre<br />
In den 50er Jahren setzt sich zunehmend der Gedanke des<br />
Hautschutzes durch. Neben Reinigungsmitteln werden nun<br />
erstmals gezielt Schutz- und Pflegeprodukte eingesetzt,<br />
um berufliche Dermatosen zu verhindern. Hautschutz-<br />
Präparate werden vor und während der Arbeit angewandt;<br />
ihr Zweck ist es, ein Eindringen potenziell schädlicher<br />
Stoffe in die Haut zu verhindern. Pflegeprodukte dagegen<br />
werden im Anschluss an belastende Arbeiten oder Reinigung<br />
eingesetzt. Sie gleichen den Verlust von Feuchtigkeit<br />
und Fetten aus, den die Haut durch Beanspruchung,<br />
Wasser, waschaktive Substanzen und Fettlösungsmittel<br />
erleidet. Anders als die Schutzprodukte, die als externe<br />
Schutzschicht wirken sollen, dringen Pflegeprodukte dabei<br />
in die Haut ein.<br />
Im Bereich der Reinigungsmittel sorgen die ersten Spendersysteme<br />
für die effektive und nutzerfreundliche<br />
Anwendung. Dies ist besonders im Hinblick auf die hygienischen<br />
Zustände in feuchten Waschräumen ein entscheidender<br />
Fortschritt, da durch die individuelle Dosierung<br />
aus abgeschlossenen Spendern kein direkter Kontakt<br />
mit der Waschsubstanz möglich ist und Verkeimungen somit<br />
reduziert werden können.<br />
60er Jahre<br />
Der Wunsch nach größerer Hautschonung durch sanftere<br />
Reinigungsmittel führt in den 60er Jahren zu der vermehrten<br />
Herstellung von Reinigungspräparaten ohne mineralölbasierte<br />
Lösemittel. Stattdessen kommen mildere<br />
Lösemittel und Tenside zum Einsatz. Im Bereich der Reibemittel<br />
löst Holzmehl die bisherigen, hochgradig abrasiven<br />
Reibemittel ab. Holzmehl ist nicht nur hautschonender,<br />
sondern verstopft zudem nicht die Abflüsse. Die Nachteile<br />
von Holzmehl sind neben der geringeren Reinigungswirkung<br />
auch ein hohes allergenes Potenzial sowie starke<br />
Einschränkungen für die Formulierung von Hautreinigern<br />
aufgrund des Verkeimungsrisikos und den Quell-Eigenschaften<br />
des Holzmehls.<br />
Ab den 60er Jahren erweitert sich die Produktvielfalt im<br />
Bereich für Schutz- und Pflegeprodukte enorm. Ursache<br />
für die große Vielfalt ist die Annahme, dass die Wirkung<br />
der Präparate entscheidend von der Galenik abhängt. Für<br />
jedes Anwendungsgebiet wird daher ein spezielles Präparat<br />
zur Verfügung gestellt, dessen Trägersubstanzen und<br />
Hilfsstoffe auf exakt die schädlichen Stoffe abgestimmt<br />
80
sind, mit denen der Nutzer im Rahmen seiner beruflichen<br />
Tätigkeit in Kontakt kommt.<br />
70er Jahre<br />
Als Alternative zu Holzmehl setzen sich seit den 70er<br />
Jahren mehr und mehr Kunststoffgranulate aus PE und<br />
PU durch. Sie zeichnen sich durch unkomplizierte Verarbeitung<br />
ohne Formulierungseinschränkungen ebenso aus<br />
wie durch geringe Abrasionwirkung bei dennoch gutem<br />
Reinigungseffekt. Dank moderner Kläranlagen ist ihre eingeschränkte<br />
biologische Abbaubarkeit unproblematisch.<br />
90er Jahre<br />
Ab den 90er Jahren geht die Produktvielfalt auf dem Gebiet<br />
der Schutz- und Pflegeprodukte zurück, da sich die<br />
Erkenntnis durchsetzt, dass Galenik nicht entscheidend für<br />
die Wirkung von Produkten ist; Emulsionen brechen auf<br />
der Haut und ihre Inhaltsstoffe wirken mit der Hornschicht<br />
der Epidermis zusammen, um Schutz zu gewähren. Diese<br />
Erkenntnis macht ein Zusammenfassen von Präparaten<br />
für zahlreiche Anwendungsbereiche zu einer übersichtlicheren<br />
Produktpalette möglich. Zudem haben Fortschritt<br />
und zunehmende Automatisierung Art und Umfang der<br />
beruflichen Belastung der Haut verändert. Eine extreme<br />
Dauerbelastung der Haut, wie sie in den 30er Jahren in<br />
vielen Berufen gängig war, ist nur noch in Ausnahmefällen<br />
gegeben.<br />
Naturreibemittel wie Walnussschalenmehl tragen dem<br />
immer wichtiger werdenden Umweltaspekt Rechnung.<br />
Ihre Herstellung aus erneuerbaren Rohstoffen und ihre<br />
vollständige biologische Abbaubarkeit spielen eine entscheidende<br />
Rolle dabei, dass sich die Reibemittel Walnussschalenmehl<br />
und Maiskolbenmehl durchsetzen können,<br />
obwohl sie Einschränkungen bei der Formulierung von<br />
Reinigungsmitteln mit sich bringen.<br />
Seit 2007<br />
Die Forderung nach immer hautfreundlicheren Produkten<br />
führt schließlich zu der Verwendung von Wachsen als<br />
„Schmutzlösekörper“. Peter Greven Physioderm (PGP) entwickelt<br />
die innovativen Active Soft Pearls ® (ASP): Wachsperlen<br />
aus hydriertem Rizinusöl, die sich durch eine weiche,<br />
glatte Oberfläche auszeichnen. ASP unterstützen den<br />
Reinigungsprozess nicht wie schmirgelnde Abrasiva rein<br />
durch mechanische Reibung, sondern primär durch ihre<br />
lipophile Oberflächenstruktur, die ölige Schmutzpartikel<br />
bindet.<br />
2010er Jahre<br />
Nach neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen spielen<br />
freie Radikale bei der Entstehung irritativer und allergischer<br />
Kontaktekzeme eine wesentliche Rolle.<br />
Um aggressiven Sauerstoffradikalen effektiv entgegen zu<br />
wirken, werden allgemein Inhaltsstoffe mit antioxidativen<br />
Eigenschaften verwendet. Das patentierte Flavonoid-Extrakt<br />
aus Reseda luteola (Luteolin) vermindert die<br />
Entzündungsgefahr, die durch die Bildung freier Radikaler<br />
entsteht. Die Kombination von Luteolin mit den körperei-<br />
81
genen Antioxidantien Vitamin E und Coenzym Q10 wird<br />
von PGP exklusiv in der innovativen Hautschutzcreme<br />
PROTEXSAN ® verwendet.<br />
Weil sie die Umwelt genauso schont wie die Haut des Anwenders,<br />
wird 2016 die Waschlotion ECOSAN® mit dem<br />
EU-Ecolabel ausgezeichnet. Im darauffolgenden Jahr wird<br />
das Produkt als erstes abwaschbares Kosmetikprodukt mit<br />
dem renommierten Umweltzeichen BLAUER ENGEL ausgezeichnet.<br />
Ein weiterer Schritt im Bestreben nach der Entwicklung<br />
umweltschonender und ökologisch verträglicher<br />
Produkte ist der endgültige Verzicht auf Kunststoffreibemittel<br />
(Mikroplastik) durch den Einsatz von Olivenkernmehl.<br />
Der nachwachsende Rohstoff – ein Produkt, das bei<br />
der Herstellung von Olivenöl anfällt - hat insbesondere<br />
im Vergleich zu anderen Alternativen Vorteile: gute biologische<br />
Abbaubarkeit und ausreichende Verfügbarkeit auf<br />
dem europäischen Markt. In den Folgejahren werden verschiedene<br />
weitere Hautreinigungsprodukte mit und ohne<br />
Reibemittel mit dem EU-Ecolabel ausgezeichnet.<br />
2020er Jahre<br />
Zu Beginn des Jahrzehnts kommt es wegen der sich schnell<br />
ausbreitenden COVID-19-Pandemie bei den Desinfektionsmitteln<br />
zu Lieferengpässen. Auch PGP ist davon betroffen.<br />
Wer sich im beruflichen Umfeld schützen möchte, kann<br />
dies allerdings auch ohne Desinfektionsmittel tun – durch<br />
regelmäßiges und richtiges Händewaschen. Dies führt zu<br />
noch nie dagewesenen Absatzmengen und damit verbundenen<br />
Umsätzen bei PGP.<br />
Die Digitalisierung im Bereich Prävention beruflicher Hauterkrankungen<br />
schreitet in großen Schritten voran. Nach<br />
der Einführung eines Online-Tools zur Erstellung von Hautschutzplänen<br />
Ende 2018 wird den Hautschutzverantwortlichen<br />
in den Betrieben im Jahr 2020 ein Online-Tool für<br />
Hautschutzschulungen zur Verfügung gestellt. Damit müssen<br />
Schulungen nicht mehr in Präsenz stattfinden, sondern<br />
können individuell am PC oderoder auf mobilen Endgeräten<br />
durchgeführt werden.<br />
82
Fünf Jahre nach der Inbetriebnahme des neuen Logistikzentrums<br />
in Euskirchen wird der Standort Euskirchen Ende<br />
2020 durch einen neuen Anbau weiter aufgewertet. Der<br />
rund zwei Millionen Euro teure und 825 Quadratmeter große<br />
Komplex beherbergt Labor- sowie Wasch-, Umkleideund<br />
Sozialräume für die Mitarbeitenden. Durch den Anbau<br />
rückt die – bislang am Hauptsitz der Peter Greven Gruppe<br />
in Bad Münstereifel ansässige – Entwicklungsabteilung<br />
auch räumlich eng an den Vertrieb und die Produktion heran.<br />
Ein wesentlicher Aspekt bei der Baumaßnahme ist die<br />
Nachhaltigkeit. So wird auf dem Dach des bestehenden<br />
Gebäudeteils eine mit 320 kWp (Kilowatt-Peak) sehr leistungsfähige<br />
Photovoltaikanlage nachgerüstet. Die Anlage<br />
produziert jährlich 289.000 kWh Strom - das entspricht<br />
dem durchschnittlichen Energie-Verbrauch von etwa<br />
72 Vier-Personen-Haushalten. Unter anderem fließt der<br />
Strom in Doppelladesäulen, sodass firmeneigene Elektro-<br />
und Hybridfahrzeuge komplett CO 2<br />
-neutral aufgeladen<br />
werden können.<br />
83
1980ER JAHRE<br />
Einer Revolution der industriellen Hautreinigung<br />
kam die Entwicklung und Produktion von Handreinigungscreme<br />
auf Reibkörperbasis gleich, die<br />
eine effiziente aber hautschonende Reinigung<br />
ermöglichten.<br />
Auch für die Flüssigseifen wurde ein Spenderprogramm<br />
für vielseitige Anwendungen angeboten.<br />
Stückseife verschwand in der Industrie mehr und<br />
mehr aus dem täglichen Gebrauch. Es wurde<br />
aber noch viel für die Ruhrkohle AG produziert,<br />
da man unter Tage keine Möglichkeit hatte mit<br />
Spendersystemen zu arbeiten. Die Ruhrkohle<br />
AG erhielt weiße Extrastücke mit eigener Prägung:<br />
RAG. Bergleute, die über Tage arbeiteten,<br />
bekamen für eine Woche sechs Stück zellophanierte<br />
Seife, die Bergleute unter Tage erhielten<br />
elf Stück. Hochwertige Toilettseife wurden auch<br />
noch im Auftrag einiger namhafter Markenhersteller,<br />
wie z.B. Fenjala und Eubos, produziert.<br />
Das Unternehmen belieferte einen breit gefächerten<br />
Kundenstamm, die Produktpalette wurde<br />
bewusst so zugeschnitten und mit kundenspezifischen<br />
Entwicklungen erweitert.<br />
Verwaltungsbüro Ende der 1980er Jahre<br />
Für den industriellen Anwendungsbereich reichten<br />
Reinigungsprodukte alleine aber nicht mehr<br />
aus. Das Sortiment wurde um zahlreiche Schutzund<br />
Pflegeprodukte erweitert.<br />
Mitte der achtziger Jahre wurde in der Firma Penaten<br />
ein kompetenter Partner mit speziellen<br />
Erfahrungen auf den Gebieten des Hautschutzes<br />
und der Hautpflege gefunden. Penaten lieferte<br />
zwei Schutz- und zwei Pflegeprodukte, die die<br />
Firma Peter Greven exklusiv im industriellen<br />
Bereich vermarkten durfte. Das war eine ideale<br />
Ergänzung zu den Reinigern, die man selbst herstellte.<br />
Der enorme Bekanntheitsgrad des Markennamens<br />
Penaten war sehr hilfreich, um sich<br />
auch im Bereich Hautschutz und Hautpflege eine<br />
gute Marktposition zu erarbeiten.<br />
Neue Technologien hielten auch in der Verwaltung<br />
Einzug. Viele Geschäftsvorgänge wurden<br />
noch mit Fernschreiben (Telex) abgewickelt. Es<br />
wurde ein Bestellformular an den Kunden ge-<br />
84
Sortiment der Toilettseifen<br />
Abfüllvorrichtung für Handreinigungscreme in Dosen<br />
Abfüllanlage für flüssige und pastöse Hautreinigungsmittel<br />
85
1980ER JAHRE<br />
schickt, das von ihm unterschrieben und zurückgeschickt<br />
werden musste.<br />
Einiges wurde zwar schon per Telefax erledigt,<br />
diese galten aber nicht als urkundensicher, weil<br />
sie entweder nachdunkelten oder die Schrift bei<br />
Verwendung von Thermopapier verblasste.<br />
Moderne Technologie der 1980er Jahre<br />
Im Büro arbeitete man zunächst noch mit Kontenkarten,<br />
die mit Magnetstreifen bestückt<br />
waren. Etwa 1989 hielten elektronische Datenverarbeitungssysteme<br />
verstärkt Einzug in das<br />
Unternehmen Peter Greven.<br />
Einige Abteilungen des Betriebes arbeiteten<br />
zwar bereits mit Computern und einem Zentralrechner,<br />
einem IBM/36-System. Die ersten<br />
PC-Systeme wurden in der kaufmännischen Verwaltung<br />
aufgebaut. Nach und nach wurden für<br />
die einzelnen Abteilungen eigene Datenverarbeitungssysteme<br />
etabliert, so z.B. auch im Labor.<br />
In der Produktion charakterisiert die Umstellung<br />
der manuell gesteuerten Anlagen im Betrieb auf<br />
computergesteuerte Prozessabläufe die 1980er<br />
Jahre bei Firma Peter Greven.<br />
1989 wurde eine Fettvorreinigung errichtet,<br />
1989/1990 Schlosserei und Sozialräume grundlegend<br />
erneuert und man begann mit den Planungen<br />
für ein neues Zentrallager. Die vorhandenen<br />
Lager- und Logistikkapazitäten reichten bei<br />
Weitem nicht mehr für den stark angestiegenen<br />
86
Das Ende der 1980er geplante Zentrallager nach der Fertigstellung<br />
Produktionsausstoß aus. Das musste sich ändern.<br />
Man begann mit dem Neubau eines rechnergestützten<br />
Hochregallagers. 3000 Stellplätze in<br />
unterschiedlichen Größen standen nun für verschiedene<br />
Verpackungseinheiten – je nach Produkt<br />
beispielsweise auf Paletten, in Fässern oder<br />
Säcken – zur Verfügung.<br />
Durch steigende Mengen wurden mittlerweile<br />
viele Ausgangsstoffe und Produkte in Tankzügen<br />
und Silofahrzeugen transportiert und nicht mehr<br />
als verpackte, palettierte Ware.<br />
Der technische Fortschritt in Form von Automatisierungen<br />
führte in der Metallseifenabteilung<br />
zwischen 1980 und 1989 zur Errichtung von<br />
acht Silos, der Einführung von Verpackungsautomaten<br />
(1987/88), einer robotergesteuerten<br />
Palettierung (1988) und einer automatischen Folienwickelanlage,<br />
sowie der Errichtung einer modernen<br />
BigBag-Abfüllung (1985 bis 1989). Damit<br />
entsprach man den wachsenden Anforderungen<br />
des Marktes und der zunehmenden Vielfalt und<br />
Menge der Produktion. Gleichzeitig wurde der<br />
Bedarf an Verpackungsmaterial erheblich reduziert,<br />
ebenso wie der Bearbeitungsaufwand. 20<br />
Jahre lang sollte diese Technik ihren Dienst zuverlässig<br />
verrichten.<br />
87
88<br />
Prospekte der Firma Peter Greven:<br />
Neben Metallseifen, der mittlerweile<br />
wichtigsten Produktsparte, wurde in den<br />
1970er und 1980er Jahren auch ein umfangreiches<br />
Programm an Reinigungsmitteln<br />
hergestellt und vertrieben
1990ER JAHRE<br />
EINSATZ NEUER TECHNOLOGIEN<br />
Der Bau einer Silofahrzeugabfüllung vollendete<br />
1992 die Optimierung der gesamten Logistik des<br />
Unternehmens Peter Greven.<br />
Zu diesem Zeitpunkt konnten täglich etwa 50<br />
Tonnen Metallseifen im vollkontinuierlichen<br />
Schichtbetrieb hergestellt werden, ohne das<br />
Produktionsvolumen aus Dispersionsanlage und<br />
Pulvermischungen. Die Anlagen der Metallseifenverarbeitung<br />
produzierten an Wochentagen<br />
rund um die Uhr im Drei-Schicht-Betrieb, am Wochenende<br />
je nach Auftragseingang.<br />
Es dauerte nicht lange, dann reichte die Turmspaltung<br />
mit knappen 50 Tonnen Tagesleistung<br />
nicht mehr aus, um den Fettsäurebedarf der<br />
Produktion kontinuierlich zu decken. 1992 wurde<br />
eine weitere Anlage mit einer Tagesverarbeitungskapazität<br />
von 100 Tonnen Talg errichtet.<br />
Mehr Fettsäure und Glyzerin aus der Spaltung erforderten<br />
größere Härtungsanlagen, leistungsfähigere<br />
Destillationsanlagen und vieles mehr,<br />
für die steigenden Produktmengen wurde auch<br />
mehr Tankvolumen benötigt. Komplette Verarbeitungslinien<br />
mussten ausgebaut werden.<br />
Blick auf den Betrieb in den 1990er Jahren<br />
91
1990ER JAHRE<br />
Als eines der ersten Unternehmen der Branche<br />
entschied der Familienbetrieb Peter Greven 1992,<br />
den Wechsel von der konventionellen Batchverseifung<br />
zur vollautomatischen Konti-Verseifung<br />
zu vollziehen.<br />
Mit der bisherigen Methode, in die auch noch ein<br />
Walzentrockner integriert war, konnten Hydrophobierungsmittel,<br />
Deinking-Seifen und Seifen<br />
für die Waschmittelindustrie zwar zuverlässig<br />
und andauernd produziert werden, aber nicht<br />
mehr in ausreichenden Mengen. So waren Teillieferungen<br />
an der Tagesordnung.<br />
Die vollautomatische Konti-Verseifung verarbeitet<br />
seit 1993 kontinuierlich ein Gemisch aus<br />
Fettsäure und Lauge. Rund um die Uhr, an sieben<br />
Tagen in der Woche konnten nun täglich bis zu<br />
zwanzig Tonnen produziert werden.<br />
Die Herstellung von Stück- und Schmierseifen<br />
blickt auf eine jahrhundertelange Tradition zurück.<br />
Das Wissen über die Produkte, deren Herstellung<br />
und Rohstoffe wurde zu einer Zeit zusammengetragen,<br />
als es die moderne chemische<br />
Industrie mit ihren heutigen Qualitätsstandards<br />
lange noch nicht gab. Es handelte sich also viel<br />
mehr um eine alte Handwerkskunst. Für die Herstellung<br />
der Seifen waren die Seifensiedemeister<br />
verantwortlich, die auch deren Qualität überwachten.<br />
Es kamen hier doch eher viele handwerkliche<br />
Methoden zum Einsatz. So wurde die<br />
Transparenz und Konsistenz von Schmierseifen<br />
Die kontinuierliche Verseifungsanlage<br />
durch Ausstreichen auf Glasplatten beurteilt. Es<br />
wurde peinlichst genau darauf geachtet, dass bei<br />
der Verseifung nicht zuviel überschüssige Lauge<br />
zum Einsatz kam. Dies geschah durch den sogenannten<br />
„Zungenstich“, d.h. der Seifensiedemeister<br />
schmeckte die Seife ab und seine geübte<br />
Zunge konnte hierbei selbst noch Spuren von<br />
überschüssiger Lauge wahrnehmen.<br />
Für jedes Produkt gab es eine genau festgelegte<br />
Spezifikation mit genormten Prüfverfahren. Für<br />
die Freigabe der Produkte war fortan das Qualitätsmanagement<br />
zentral verantwortlich und die<br />
Analysen wurden von ausgebildeten Laboranten<br />
nach eben diesen anerkannten Prüfverfahren<br />
vorgenommen. Dies bedeutete für viele der alteingesessenen<br />
Seifensieder zunächst eine enor-<br />
92
me Umstellung, der auch zunächst mit Skepsis<br />
begegnet wurde. Dennoch zeigte sich hier erneut<br />
die hohe Flexibilität der Mitarbeiter. Die neuen<br />
Methoden und Verfahren wurden schließlich<br />
schnell und vollständig übernommen.<br />
Die umfangreichen Baumaßnahmen wurden finanziell<br />
durchgeplant und gänzlich ohne Fremdkapital<br />
realisiert. Finanzielle Unabhängigkeit war<br />
der Geschäftsführung wichtig und war nur auf<br />
Grundlage soliden Wirtschaftens möglich.<br />
Bei der alljährlichen Gesellschafterversammlung,<br />
die damals wie heute auch ein Familientreffen<br />
ist, wurden die Bilanzen besprochen.<br />
Dann erörterten die Gesellschafter die Vorschläge<br />
zur Gewinnverwendung.<br />
Die Notwendigkeit, das erwirtschaftete Geld<br />
sinnvoll für weitere Investitionen im Betrieb zu<br />
lassen, wurde von den Gesellschaftern bis heute<br />
immer wieder anerkannt und bestätigt. Durch<br />
diese Reinvestition der Gewinne erhielt der Betrieb<br />
die Möglichkeit, weitgehend auf Fremdkapital<br />
zu verzichten. Ein weiterer, wichtiger Vorteil<br />
der Struktur eines Familienunternehmens gegenüber<br />
Konzernen war somit auch, dass langfristige<br />
strategische Planungen möglich waren,<br />
ohne befürchten zu müssen, dass mit einem Managementwechsel<br />
auch die Unternehmensziele<br />
neu definiert wurden.<br />
Heinz Greven stirbt am 24. Dezember 1993 im Alter<br />
von 77 Jahren.<br />
Dabei wurde die Geschäftsführung um Günther<br />
Greven von den anderen Familienmitgliedern unterstützt,<br />
die seit 1955 nach der Gründung der<br />
KG als Gesellschafterversammlung und Gesellschafterausschuss<br />
die Geschicke des Unternehmens<br />
in den Bereichen Investitionen und Finanzierung<br />
mitbestimmten.<br />
Heinz Greven, † 24. 12. 1993<br />
93
EXKURS<br />
ANWENDUNGSBEREICHE VON METALLSEIFEN & ESTERN<br />
Da unsere Produkte auf nachwachsenden Rohstoffen basieren<br />
erfreuen sie sich als natürliche Additive in allen Industriezweigen<br />
größter Beliebtheit.<br />
Metallseifen und Ester bilden den größten Teil unseres<br />
Produktportfolios. Insbesondere die Metallseifen sind sehr<br />
vielseitig einsetzbar und werden gerne als „Allrounder“<br />
bezeichnet. Was viele nicht wissen: In fast jedem Alltagsgegenstand<br />
steckt eine Metallseife, daher haben wir alle<br />
täglich in unterschiedlichen Formen mit ihnen zu tun.<br />
Die wichtigsten Anwendungsbereiche unserer Metallseifen<br />
und Ester sind folgende:<br />
1. Kunststoffindustrie:<br />
Die Kunststoffindustrie stellt für die Firma den größten<br />
Anwendungsbereich dar: mehr als 25% des Umsatzes wird<br />
in der Kunststoffindustrie bei der Herstellung und Verarbeitung<br />
von Polyvinylchlorid (PVC), Polypropylen (PP), Polyethylen<br />
(PE), Schaumstoff/Expandiertes Polystyrol (EPS)<br />
und vielen weiteren Kunststoffarten erwirtschaftet.<br />
Metallseifen gehören zu den wohl bedeutendsten Stabilisatoren,<br />
da sie sich neben ihren hervorragenden stabilisierenden<br />
Eigenschaften auch durch die gute Gleitwirkung<br />
auszeichnen. Daher werden Calcium- und Zinkstearate sowie<br />
verschiedene Ester als Stabilisatoren und Gleitmittel<br />
für Kunststoffmischungen aller Art eingesetzt.<br />
94
Unsere Produkte tragen daher zur Stabilität und zum<br />
Oberflächenglanz Ihrer Kunststofffenster bei.<br />
Neben den genannten PVC-Fensterprofilen werden unsere<br />
Produkte in vielen weiteren Kunststoffmischungen<br />
eingesetzt, aus denen unsere Kunden dann zum Beispiel<br />
Wasser- und Abwasserrohre, CD-Hüllen, Folien, Kunststoffboxen,<br />
Salatschüsseln, Handys und auch medizinische<br />
Produkte wie Blutbeutel oder Spritzen fertigen.<br />
Als Beispiel hierfür ist der Einsatz unserer Produkte in<br />
PVC- Fensterprofilen zu benennen:<br />
Die Herstellung eines Fensterprofils erfolgt durch die<br />
Extrusion einer Mischung aus PVC-Pulver, Schlagzäh-Modifiern,<br />
Stabilisatoren, Gleitmitteln, Pigmenten und Füllstoffen<br />
(bspw. Kreide, Quarz, oder Kalkstein). Durch den<br />
Einsatz von Metallseifen als Spezialstabilisatoren wird das<br />
Fensterprofil vor der Zersetzung durch Wärme oder Licht<br />
geschützt, durch den Einsatz der Ester als Gleitmittel wird<br />
einerseits die Verarbeitung vereinfacht und zusätzlich der<br />
Oberflächenglanz und das Oberflächenfinish der Endprodukte<br />
optimiert.<br />
95
2. Bauindustrie:<br />
Ein Außenputz soll das Gebäude nicht nur verschönern,<br />
sondern auch vor Sonne, Regen, Schnee und Schimmelbildung<br />
schützen. Um das zu erreichen, wird der Putz hydrophobiert.<br />
Einen Baustoff zu hydrophobieren bedeutet, ihn wasserabweisend<br />
zu machen oder zumindest seine Wasseraufnahme<br />
zu reduzieren. Und hier kommen unsere Produkte ins<br />
Spiel: Unsere Produkte wie Natriumoleat, Zinkstearat oder<br />
spezielle Kombinationsprodukte ermöglichen diese wasserabweisende<br />
Wirkung verschiedenster Baumaterialien.<br />
3. Schmierstoffindustrie:<br />
Schmierfette und Schmieröle sind feste, halb-flüssige oder<br />
flüssige Schmierstoffe, die einerseits der Reibungs- und<br />
Verschleißminderung an Lager- und Kontaktstellen dienen<br />
und andererseits den Schutz vor Korrosion, den Transport<br />
von Wärme und die Entfernung störender Partikel von der<br />
Reibstelle bewirken.<br />
Schmierstoffe werden z.B. zur Schmierung von Kettensägen,<br />
Maschinenelementen wie Wälz- und Gleitlagern, Förderketten<br />
und -seilen sowie Getrieben eingesetzt.<br />
Bekanntlich wird für diese Zwecke oftmals Mineralöl ein-<br />
96
gesetzt. Als Alternative zum Mineralöl haben wir eine Reihe<br />
synthetischer Ester entwickelt, die frei von Lösungsmitteln<br />
und Mineralölen sind und daher als umweltfreundliche<br />
Alternative, z.B. für Hydrauliköle, Getriebeöle, Motorenöle,<br />
Korrosionsschutzmittel und Kühlschmierstoffe, eingesetzt<br />
werden können. All unsere Ester basieren auf natürlichen,<br />
nachwachsenden Rohstoffen. Außerdem sind sie Mineralölen<br />
in den Eigenschaften Schmierfähigkeit, Viskositätsverhalten,<br />
Tieftemperaturverhalten, Flüchtigkeit und<br />
biologische Abbaubarkeit deutlich überlegen und stellen<br />
daher einen optimalen umweltfreundlichen Ersatz dar.<br />
97
4. Pharmaindustrie:<br />
Für die Pharmaindustrie ist das pflanzliche Magnesiumstearat<br />
aus unserer Produktionsstätte in Venlo unverzichtbar:<br />
In (fast) jeder Tablette, die man schluckt, steckt Magnesiumstearat.<br />
Es wird als Gleitmittel eingesetzt. Dadurch<br />
wird die Tablette selbst stabiler und gleichzeitig lösen sich<br />
die Tabletten während der Produktion schneller aus der<br />
Form, so dass der Hersteller einen höheren Produktionsoutput<br />
erreichen kann. Mit unserem Magnesiumstearat<br />
sind wir Marktführer und beliefern alle großen Pharma-<br />
Hersteller weltweit.<br />
5. Lebensmittel- & Futtermittelindustrie:<br />
Auch in der Lebensmittelindustrie stellen pflanzlich basierte<br />
Stearate wichtige Additive dar: Unser Magnesiumstearat<br />
wird als Schaummittel und Emulgator in Zwieback<br />
und Backpulver und als Gleitmittel zur Tablettierung von<br />
gepressten Süßigkeiten wie Pfefferminzdrops oder Trau-<br />
98
enzucker eingesetzt. Ebenso findet sich unser Calciumstearat<br />
als Emulgator und Gleitmittel in fast jedem Bonbon<br />
wieder.<br />
Um pulverförmige Lebensmittel wie Gewürze leichter abfüllen<br />
zu können, werden unsere Stearate als Fließhilfsmittel<br />
eingesetzt. Sie bewirken eine effiziente Abfüllung<br />
in kleine Verpackungseinheiten und verlängern die Lagerstabilität.<br />
Neben Magnesium- und Calciumstearat spielt in der Lebensmittelindustrie<br />
auch Natriumstearat eine große Rolle:<br />
Es zeigt gute Eigenschaften als Überzugsmittel, Emulgator<br />
und Trennmittel oder Gelierhilfsmittel und wird u.a. in<br />
Kaugummi-Grundmassen und Backhilfsmitteln genutzt.<br />
In der Futtermittelindustrie ist es wichtig, dass bspw. Hühnerfutter<br />
bei der Produktion nicht verklumpt. Dafür wird<br />
unser pflanzliches Calciumstearat als Rieselhilfsmittel<br />
eingesetzt.<br />
99
6. Kosmetikindustrie:<br />
Egal ob es draußen heiß ist oder ob Schnee liegt: Wenn in<br />
Cremes, wie beispielsweise der Nivea-Creme in der blauen<br />
Box, unser Aluminiumstearat eingesetzt wird, behalten sie<br />
die gewünschte Konsistenz. Wir sind seit vielen Jahren der<br />
Hauptlieferant von Aluminiumstearat für globale Kosmetikkonzerne,<br />
wie zum Beispiel Beiersdorf.<br />
Aber nicht nur Aluminiumstearat spielt in der Kosmetikindustrie<br />
eine große Rolle:<br />
Natriumstearat wird aufgrund seiner hervorragenden Gel-<br />
Eigenschaften zur Produktion von Deosticks eingesetzt<br />
und Zinkstearat ist für Make-up unverzichtbar: es wird in<br />
Puder, Wimperntusche und Lidschatten als wasserabweisendes<br />
und schützendes Element verwendet.<br />
Dies sind, kurz erläutert, die wichtigsten Anwendungsbereiche<br />
für unsere Produkte. Aufgrund ihrer natürlichen,<br />
umweltfreundlichen Basis und der speziellen Produkteigenschaften<br />
werden unsere Produkte in vielen weiteren<br />
Industriezweigen, beispielsweise in Lacken und Farben,<br />
Textilien oder Saat- und Düngemitteln, sehr gerne als Additive<br />
eingesetzt. Daher ergeben sich auch immer wieder<br />
neue Anwendungen für unsere „Allrounder“.<br />
100
Die Geschäftsleitung 1999: Ewald Beier, Günther Greven, Peter Greven, Alfred Lachnit (v.l.n.r.)<br />
Anfang der neunziger Jahre wurde mit Einführung<br />
von Qualitätsnormen begonnen, deren<br />
Einhaltung bald flächendeckend von den Kunden<br />
gefordert wurde. Im Unternehmen Peter<br />
Greven garantierten aufwändige physikalische<br />
und chemische Laboruntersuchungen von<br />
Anfang an eine konstant hohe Qualität der<br />
Produkte. Auch die Bearbeitung von Kunden-<br />
aufträgen und Einhaltung spezifischer Qualitätsanforderungen<br />
war zwar gewährleistet,<br />
trotzdem wurde ein einheitlicher Qualitätsstandard<br />
gefordert.<br />
Früh wurde daher mit Überlegungen begonnen,<br />
das Qualitätsmanagement des Unternehmens<br />
nach DIN ISO 9001 zertifizieren zu<br />
lassen.<br />
101
1990ER JAHRE<br />
Ein solches System war nicht nur für den Betrieb<br />
neu, auch im Mittelstand der chemischen<br />
Industrie war es noch nicht üblich, Produktion<br />
und Management einer solchen Zertifizierung zu<br />
unterziehen.<br />
Bei Peter Greven Fett-Chemie in Iversheim wurden<br />
1994 die erforderlichen Systemstrukturen<br />
und standardisierten Kontrollmechanismen<br />
eingeführt. Hiervon waren nicht nur das Labor<br />
und die Produktion betroffen, denn alle Abteilungen,<br />
auch Einkauf und Vertrieb, mussten nun<br />
nach festgelegten Arbeitsanweisungen agieren.<br />
Dies verschaffte der Firma Peter Greven zusätzlich<br />
einen Vorteil gegenüber Wettbewerbern,<br />
die dies noch nicht umgesetzt hatten. Viele<br />
Kunden akzeptierten bald nur noch Lieferanten,<br />
die eine entsprechende Zertifizierung vorzuweisen<br />
hatten.<br />
Als eines der ersten mittelständischen Unternehmen<br />
erhielt Firma Peter Greven die Zertifizierung nach DIN<br />
ISO 9001<br />
Durch die weitere Technisierung der Produktion<br />
änderte sich auch das Anforderungsprofil an die<br />
Mitarbeiter ganz erheblich.<br />
Nun wurden unter anderem Chemiefacharbeiter<br />
mit der entsprechenden Ausbildung gebraucht,<br />
ein reines Anlernen fachfremder Mitarbeiter war<br />
längst nicht mehr ausreichend, um die komplizierten<br />
Produktionsabläufe steuern zu können.<br />
102
Ebenfalls Anfang der neunziger Jahre wurde eine<br />
weitere Tradition des Unternehmens fortgeführt –<br />
die dritte Generation der Familie trat in die Geschäftsleitung<br />
ein.<br />
Peter Greven, Jahrgang 1966, nahm direkt nach<br />
seinem Betriebswirtschaftsstudium in Köln als<br />
Assistent der Geschäftsleitung seine Arbeit in<br />
Iversheim auf.<br />
Er hatte den Betrieb bereits als Schüler-Praktikant<br />
kennengelernt und als Student hier gearbeitet.<br />
Peter Greven war somit bestens mit allen<br />
Betriebsabläufen vertraut und, wie schon sein<br />
Vater und Onkel vor ihm, in den Betrieb hineingewachsen.<br />
Bald verfügt er über umfassende Kenntnisse in<br />
der Produktchemie, im Marketing und Vertrieb.<br />
Dank seines großen technischen Interesses und<br />
mit Hilfe erfahrener Mitarbeiter eignete er sich<br />
innerhalb kurzer Zeit unter anderem viel Wissen<br />
in der Anwendungstechnik an, was bei der Betreuung<br />
von Großkunden von Vorteil war.<br />
1993 wird Peter Greven Geschäftsführer der Peter<br />
Greven Fett-Chemie GmbH & Co KG.<br />
Peter Greven<br />
103
Dr. Ingo Wolf, damals Oberkreisdirektor, später Innenminister NRW, übergibt<br />
Günther Greven auf der 75. Jahrfeier einen Genehmigungsbescheid<br />
Hildegund Greven, Alfred Lachnit und Günther Greven<br />
In beiderseitigem Einvernehmen scheidet der<br />
technische Geschäftsführer Herr Dr. Jochen Billecke<br />
zum 31. Dezember 1994 aus dem Unternehmen<br />
aus. Nach seinem Ausscheiden besteht<br />
die Geschäftsleitung in den folgenden Jahren aus<br />
den beiden geschäftsführenden Gesellschaftern<br />
Günther und Peter Greven sowie dem weiteren<br />
Geschäftsführer Ewald Beier und dem Prokuristen<br />
Alfred Lachnit.<br />
1996 erfolgte mit der Einführung der elektronischen<br />
Auftragsbearbeitungs- und Produkti-<br />
onsplanungssysteme ProPlan und ProStore ein<br />
weiterer Schritt hin zur computergestützten<br />
Bearbeitung von Betriebsvorgängen. Aufträge<br />
konnten nun lückenlos von deren Eingabe über<br />
die Produktionsplanung, Lagerverwaltung, Chargenverfolgung<br />
und Versendung verfolgt werden.<br />
Jede Lieferung an Kunden konnte nun einfach<br />
und eindeutig der jeweiligen Produktionscharge<br />
zugeordnet werden. Eine noch engere Vernetzung<br />
aller Abteilungen des Unternehmens war<br />
geschaffen.<br />
104
1990ER JAHRE<br />
75 Jahre Peter Greven in Iversheim wurden 1998<br />
mit Anwohnern, Interessierten und Geschäftsfreunden<br />
groß gefeiert. Genauso wie fünf Jahre<br />
später das achtzigjährige Bestehen des Unternehmens.<br />
An einem Tag der offenen Tür wurden auf dem<br />
Betriebsgelände zwei große Hallen ausgeräumt,<br />
darin eine Bühne und Sitzgelegenheiten aufgebaut.<br />
Alle Mitarbeiter und Besucher konnten sich<br />
an vielen Ess- und Trinkständen frei beköstigen.<br />
Ein weiterer Beitrag für ein gesundes Arbeitsklima<br />
waren die Betriebsfeste, die seit 1999 organisiert<br />
wurden: Immer im Wechsel wird in einem<br />
Jahr ein Familienfest mit Fußballturnier für alle<br />
Mitarbeiter und ihre Familienangehörigen auf<br />
dem Iversheimer Sportplatz veranstaltet, im anderen<br />
Jahr findet ein Fest zum Jahresabschluss<br />
statt.<br />
Nach einigen gescheiterten Versuchen, externe<br />
Führungskräfte aus anderen Unternehmen zu integrieren,<br />
ging man mehr und mehr dazu über,<br />
junge Menschen direkt von der Hochschule oder<br />
Fachkräfte, die ihre zweite Arbeitsstelle suchten,<br />
ins Unternehmen zu holen.<br />
1999 begannen dann erstmals wieder drei Chemikanten<br />
ihre Ausbildung. Seitdem werden bedarfsgerecht<br />
viele verschiedene Berufsgruppen<br />
ausgebildet, so z.B. Industriekaufleute, Industriemechaniker,<br />
Chemikanten, Elektroniker für Automatisierungstechnik,<br />
Chemielaboranten und<br />
Fachkräfte für Lagerlogistik. Gemeinsam mit der<br />
Rhein-Erft Akademie, die einen Teil der praktischen<br />
Ausbildung übernimmt, konnten hier hervorragende<br />
Ergebnisse erzielt werden. So gehörten<br />
auch schon Auszubildende der Firma Peter<br />
Greven zu den Besten im landesweiten Vergleich.<br />
105
106<br />
Siederei von der<br />
Erft aus gesehen
2000ER JAHRE<br />
INTERNATIONALISIERUNG<br />
Der Übergang in ein neues Jahrtausend war verbundenen<br />
mit weltweiten Spekulationen über<br />
mögliche Probleme, besonders was computergesteuerte<br />
Prozesse anging. Dank guter Vorbereitung<br />
und Überwachung aller Prozesse stellte der<br />
Jahrtausendwechsel bei Firma Peter Greven, wie<br />
bei den meisten Unternehmen, aber kein Problem<br />
dar.<br />
Der Schutz von Mensch und Umwelt war für das<br />
Unternehmen Peter Greven seit seiner Gründung<br />
selbstverständlicher Bestandteil der Arbeit.<br />
Mit erheblichem Fachwissen und jahrzehntelangen<br />
Erfahrungen wurden Vorsichtsmaßnahmen<br />
festgelegt, die mit regelmäßigen Sicherheitsanalysen<br />
die Gefährdung der Mitarbeiter und der<br />
Nachbarschaft ausschließen sollen.<br />
Die Lage des Betriebes in der landschaftlich reizvollen<br />
Umgebung und die Nähe zur Kurstadt Bad<br />
Münstereifel waren die natürliche Verpflichtung<br />
für ein effektives Sicherheits- und Umweltmanagement.<br />
Das Umweltmanagement wurde im Jahr 2000<br />
nach DIN ISO 14001 zertifiziert, deren Normen<br />
den Umgang mit der Umwelt und ihren Ressourcen<br />
regelt.<br />
Die Zertifizierung im Umweltbereich war ebenso<br />
erforderlich wie Anfang der neunziger Jahre die<br />
Umsetzung der Qualitätsnormen nach DIN ISO<br />
9001, um diese Kompetenz des Unternehmens<br />
gegenüber den Kunden jederzeit und zweifelsfrei<br />
nachweisen zu können. Bei vielen Kunden<br />
war dies eine zwingende Voraussetzung, um als<br />
Lieferant bestehen zu können.<br />
Das Umweltmanagementsystem ist für alle Vorgänge<br />
im technischen Betriebslauf und der Produktion<br />
sehr umfangreich, denn etwa fünfzig<br />
Einzelanlagen mit ihren Verkettungen sind zu<br />
überwachen.<br />
An sieben Tagen rund um die Uhr wird im Betrieb<br />
mit teilweise hohen Temperaturen und hohem<br />
Druck gearbeitet.<br />
Staubförmige Emissionen, Abwässer, technische<br />
Parameter – alles muss überprüft und protokolliert<br />
werden. Gegenüber den Behörden muss<br />
jederzeit nachweisbar sein, dass die zulässigen<br />
Werte eingehalten werden.<br />
Ein eng vernetztes Überwachungssystem kontrolliert<br />
in allen Betriebsteilen die vorgegebenen<br />
Parameter und zeichnet die Messdaten auf. Ein<br />
Prozessleitsystem registriert für jede einzelne<br />
Anlage alle wesentlichen Parameter des technischen<br />
Betriebes als visuelles System. Gleichzeitig<br />
arbeitet es als Steuerungssystem. Alle wichtigen<br />
Daten – beispielsweise Temperaturen, Druck<br />
oder Durchflussmengen – stehen dem Bediener<br />
für die Gewährleistung eines störungsfreien Produktionsprozesses<br />
zur Verfügung.<br />
109
2000ER JAHRE<br />
Herrn Werner Heiliger wird nach seinem Firmeneintritt<br />
1999 und seiner Tätigkeit als Leiter des<br />
Controllings und der Finanzbuchhaltung am 26.<br />
Juli 2000 Prokura erteilt. Gleichzeitig wird er in<br />
die Geschäftsleitung berufen.<br />
Das neue Jahrzehnt sollte geprägt sein von Expansion<br />
und Umgestaltung des Unternehmens.<br />
Die bisherige Strategie beschränkte sich nicht<br />
mehr auf Erweiterungen der Angebotspalette<br />
oder Modernisierungen am traditionellen Standort.<br />
Als zusätzliches Ziel wurde nun die Internationalisierung<br />
des Unternehmens definiert, die<br />
auch den Aufbau neuer Standorte erforderlich<br />
machte.<br />
Alfred Lachnit, † 02.03.2000<br />
Völlig überraschend verstarb Herr Alfred Lachnit,<br />
der jahrzehntelang den Vertrieb geleitet hat<br />
und beste Kontakte zu allen Großkunden hatte,<br />
im Jahr 2000 im Alter von 59 Jahren. Herr Lachnit<br />
war außerdem Mitglied der Geschäftsleitung<br />
und als Familienmitglied auch Mitgesellschafter.<br />
Sein plötzlicher Ausfall hinterließ eine große Lücke,<br />
die erst nach und nach mit internen Kräften<br />
wieder gefüllt werden konnte.<br />
Die Bovine Spongiforme Enzephalopathie (BSE)<br />
sorgte als „Rinderwahn“ Ende der 1990er Jahre<br />
für Schlagzeilen und war ein vieldiskutiertes öffentliches<br />
Thema. Ursache dafür war vor allem<br />
die Vermutung, dass eine neue Variante der tödlich<br />
verlaufenden Creutzfeld-Jakob-Krankheit<br />
beim Menschen durch den Verzehr von BSE-verseuchtem<br />
Rindfleisch hervorgerufen wird.<br />
Da für die Erkrankung der Hausrinder Prionen<br />
genannte, atypische Eiweißkörper verantwortlich<br />
gemacht wurden, erhielt auch Firma Peter<br />
Greven als Verarbeiter von Rindertalg viele Anfragen<br />
und Besuche besorgter Kunden.<br />
Für den Schutz der Verbraucher vor diesem<br />
Krankheitserreger in der Seife publizierte das<br />
110
Produktionsstandort in Venlo, Niederlande<br />
Ansatzbereich: die Produktion in Venlo erfolgt unter<br />
GMP-Bedingungen auf streng voneinander getrennten<br />
Produktionslinien<br />
111
2000ER JAHRE<br />
Für diese Produktfertigung wurden nun fertige<br />
pflanzliche Fettsäuren auf Palmölbasis aus Asien<br />
eingesetzt. Doch das war nicht das Ende der<br />
Fragen und Diskussionen. Denn was wäre, wenn<br />
in der Anlage vorher ein technisches Produkt aus<br />
tierischer Fettsäure hergestellt wurde: Wie oft<br />
wird dann die Anlage gereinigt? Wie viele Chargen<br />
laufen vorweg, die nicht ausgeliefert werden?<br />
In dem Zusammenhang stellte sich heraus, wie<br />
wichtig es für bestimmte Kundengruppen und<br />
Absatzbereiche wurde, auf Produkte rein pflanzlicher<br />
Herstellung zugreifen zu können. Die Firma<br />
Peter Greven erkannte den neuen Bedarf als<br />
erfolgversprechendes neues Segment für das<br />
Produktportfolio.<br />
Aufstellung eines neuen Lagertanks für Fettsäure<br />
Unternehmen eine doppelte Strategie: Der Betrieb<br />
musste nachweisen, dass die Rohstoffe aus<br />
BSE-freien Rinderbeständen stammten. Außerdem<br />
wurden eventuell doch vorhandene Erreger<br />
durch die Verarbeitung des Rindertalgs bei hoher<br />
Temperatur und hohem Druck abgetötet.<br />
Doch auch wenn nachweislich kein Erreger den<br />
Produktionsprozess in Bad Münstereifel überleben<br />
konnte, bestanden viele Kunden darauf, nur<br />
noch Produkte aus pflanzlichen Rohstoffen abzunehmen.<br />
Der erste Schritt wurde im Jahre 2000 vollzogen,<br />
als Peter Greven die Chance nutzte, einen Betrieb<br />
der Akcros Chemicals, einem Tochterunternehmen<br />
der Akzo, in Venlo (NL) zu übernehmen.<br />
Die Produktion in diesem Betrieb basierte ausschließlich<br />
auf pflanzlichen Rohstoffen entgegen<br />
der in Bad Münstereifel, wo weitgehend<br />
tierische Rohstoffe verarbeitet wurden, die den<br />
qualitativen Anforderungen einiger Branchen<br />
nicht genügten. Dies war die optimale Ergänzung<br />
der bestehenden Produktpalette. Die Akquisition<br />
neuer Kunden in bisher schwer zugänglichen<br />
Branchen, wie z.B. der Pharmaindustrie, wurde<br />
nun ermöglicht. Durch die Nähe zu Rotterdam<br />
112
und Antwerpen hatte der Standort außerdem logistische<br />
Vorteile für den Bezug von Rohstoffen<br />
und den Versand der Produkte.<br />
Ein weiteres Argument für die Übernahmeentscheidung<br />
war auch, dass das Werk in Venlo, das<br />
unter dem Namen Peter Greven Nederland C.V. in<br />
die Firmengruppe integriert wurde, nicht zu weit<br />
entfernt vom Hauptbetrieb war und somit leicht<br />
gesteuert werden konnte.<br />
Mit diesem Standort, seiner Produktion nach<br />
Good Manufacturing Practice-Vorschriften (GMP),<br />
die als Basis für den Einsatz in der Pharma-, Lebensmittel-<br />
und Kosmetikindustrie gelten, ist<br />
Peter Greven weltweit führender Hersteller von<br />
pflanzlichem Magnesiumstearat für die Pharmaindustrie.<br />
Das Produkt wird u.a. beim Pressen<br />
von Tabletten verwendet, damit sich die Tablette<br />
nach dem Pressen wieder schnell und leicht aus<br />
der Form löst.<br />
Ein Nebeneffekt der Verarbeitung ausschließlich<br />
pflanzlicher Fettsäuren eröffnete auch die Möglichkeit,<br />
kritische Märkte zu erschließen, da die<br />
Produkte in Kosher-Qualität hergestellt werden<br />
können. Dies wird durch geschlossene und voneinander<br />
getrennte Produktionslinien ermöglicht.<br />
Dieses Gütesiegel hat sich mittlerweile weit über<br />
den religiösen Aspekt hinaus zu einem Herstellungsstandard<br />
für sensible Anwendungen und<br />
damit zu einem wichtigen Verkaufsargument<br />
entwickelt.<br />
Dr. Manfred Matzel, Bürgermeister Dr. Uwe Friedl und Peter Greven beim Spatenstich<br />
der Peter Greven Hautschutz GmbH & Co KG in Euskirchen 2005<br />
113
2000ER JAHRE<br />
Am Hauptstandort in Bad Münstereifel verfolgte<br />
man parallel die Neuordnung des Geschäftes<br />
für den industriellen Hautschutz. Die „Chemische<br />
Fabrik Iversheim“ wurde in Peter Greven Hautschutz<br />
GmbH & Co KG umbenannt.<br />
In den letzten Jahren hatte sich neben der Forderung<br />
nach effektiven, günstigen Hautpflegeprodukten<br />
für die Industrie auch der Gesundheitsaspekt<br />
immer mehr zu einem starken Einflussfaktor<br />
entwickelt. Betriebsärzte und der Gesetzgeber<br />
entwickelten Hautschutzprogramme für Industriebetriebe.<br />
Hautschutzpläne, die die Anwendung<br />
der Produkte pro Berufsgruppe genau<br />
vorgaben, mussten in Zusammenarbeit mit den<br />
Kunden erstellt werden.<br />
Das Betreiben dieser beiden unabhängigen Geschäftsbereiche<br />
war sehr anspruchsvoll und es<br />
gab sogar Überlegungen, sich vom Hautreinigungsgeschäft<br />
zu trennen und auf die Oleochemie<br />
zu konzentrieren.<br />
Eine Umstrukturierung, verbunden mit gewaltigen<br />
Umbauten am Standort, wäre spätestens mit<br />
der auch in diesem Bereich notwendigen Einführung<br />
von GMP (Good Manufacturing Practice)<br />
fällig geworden, denn die Produktionsanlagen<br />
lagen räumlich sehr nah an den Anlagen für<br />
technische Seifen. In einer Umgebung für Chemieanlagen<br />
konnte man moderne Anforderungen<br />
an kosmetische Produkte kaum erfüllen.<br />
Schließlich wurde die Option des Verkaufs des<br />
Geschäftes aber verworfen.<br />
Nicht zuletzt, weil dieses als zweites Standbein<br />
im Verlauf der Unternehmensgeschichte immer<br />
eine relativ sichere und planbare Umsatz- und<br />
Ertragskomponente war, auf die man nicht verzichten<br />
wollte.<br />
Mit einem externen Berater – der sich durch<br />
seine frühere Tätigkeit bei einem führenden<br />
Wettbewerber bestens in der Branche auskannte<br />
– wurden die unterschiedlichen Strategien<br />
bewertet. Schließlich wurde entschieden, das<br />
Geschäft als eigenständige Einheit komplett neu<br />
aufzustellen und auf Wachstum auszurichten.<br />
Diese Weichenstellung war ein großer Schritt –<br />
und ganz neu für das über Jahrzehnte gewachsene<br />
Unternehmen, dessen Entwicklungsgrundsatz<br />
die Politik der kleinen Schritte gewesen war.<br />
Aufgrund der positiven und konstruktiven Zusammenarbeit<br />
und der Erfahrung in diesem Segment<br />
wurde der externe Berater, Herr Dr. Manfred<br />
Matzel, als Geschäftsführer für den Bereich<br />
Hautschutz engagiert, um die gemeinsam entwickelte<br />
Strategie umzusetzen.<br />
Auch einen Standortwechsel sah diese Umstrukturierung<br />
vor: Der neue Geschäftszweig Peter<br />
Greven Hautschutz GmbH & Co KG wurde in Euskirchen,<br />
der nahe gelegenen Kreisstadt, in einem<br />
Industriegebiet angesiedelt. Dort wurde ein<br />
114
Verwaltungsgebäude und Produktion für den Hautschutzbereich<br />
16.000 qm großes Grundstück mit einer Halle<br />
gekauft und mit einem Anbau ergänzt, um von<br />
vornherein genügend Platz für geplante Erweiterungen<br />
zu schaffen. Nach der Errichtung einer<br />
neuen Produktion wurde der Hautschutz- und<br />
Pflegebereich 2006 komplett nach Euskirchen<br />
ausgelagert, mittlerweile arbeiten dort 35 Personen<br />
und es sind viele neue Arbeitsplätze entstanden.<br />
Die wirtschaftliche Situation zwang andere Chemieunternehmen,<br />
sich von Geschäftsbereichen<br />
zu trennen. Peter Greven expandierte weiter und<br />
übernahm 2005 das Stearat-Geschäft von der<br />
Total-Atofina-Tochtergesellschaft Ceca, einem<br />
Unternehmen in Frankreich.<br />
Das Umsatzvolumen konnte in die Produktion<br />
Bad Münstereifel integriert werden, ohne die<br />
Produktion in Frankreich übernehmen zu müs-<br />
115
2000ER JAHRE<br />
sen. Ceca hatte beschlossen, die Produktionsstätte<br />
aus Sicherheitsgründen zu schließen,<br />
daher übernahm die Firma Peter Greven die Kundenlisten,<br />
Rezepturen und Fertigungsvorschriften<br />
der Produkte und gründete eine Vertriebsgesellschaft<br />
in Frankreich.<br />
Durch die Übernahme wurde die Produktpalette<br />
um einige Spezialitäten erweitert und der Kundenstamm<br />
ausgebaut. Peter Greven stärkte außerdem<br />
seine Marktposition als einer der führenden<br />
Hersteller von Metallseifen in Europa.<br />
Nur kurze Zeit später stand auch bei Peter Greven<br />
Hautschutz die erste Übernahme an: 2006<br />
wurde der Vertrieb von Handwaschpasten (Lordin<br />
und Cewipa) eines Konkurrenzunternehmens<br />
übernommen und darüber ein beachtliches Umsatzwachstum<br />
im Hautschutzbereich generiert.<br />
Der zusätzliche Umsatz war sehr hilfreich, um die<br />
höheren Kosten des neuen Standortes zu tragen.<br />
Günther Greven stand der Arbeit der nächsten<br />
Generation offen gegenüber und steuerte bei der<br />
Beratung wesentlicher Positionen seine Gedanken<br />
und Meinungen bei. Er saß im Gesellschafterausschuss<br />
und wirkte dort bei allen wichtigen<br />
Entscheidungen mit. Aber er äußerte auch Bedenken,<br />
wenn er die hatte und kämpfte für seine<br />
Überzeugung, wenn er mit einer Sache nicht einverstanden<br />
war.<br />
Seine Erfahrungen trugen bei vielen anstehenden<br />
Entscheidungen dazu bei, den Vorgang noch<br />
einmal zu durchdenken und gegebenenfalls das<br />
eine oder andere Problem doch noch aus dem<br />
Weg zu räumen.<br />
Wie sein Bruder Heinz war auch Günther Greven<br />
nie richtig aus dem Betrieb ausgeschieden, solange<br />
er lebte.<br />
Peter Greven gratuliert Ewald Beier zum 50. Dienstjubiläum<br />
Noch mit 84 Jahren kam Günther Greven täglich<br />
für vier bis fünf Stunden in den Betrieb. Später<br />
rief er immer am Freitag an, ließ sich den Auftragsbestand<br />
ansagen und erkundigte sich: „Wie<br />
sieht’s denn aus? Haben wir noch genug zu tun?“<br />
116
Günther Greven, † 28.5.2006<br />
In der alten Tradition des Familienunternehmens<br />
kannten Günther und Heinz Greven das gesamte<br />
Unternehmen, so wie es bei ihrem Vater Peter<br />
Greven auch gewesen war.<br />
Das hat Peter Greven übernommen, denn diese<br />
Kenntnis der Details ist für viele unternehmerische<br />
Entscheidungen wichtig.<br />
Am 28. Mai 2006 stirbt Günther Greven im Alter<br />
von 87 Jahren. Hochwasser im September 2007<br />
117
2000ER JAHRE<br />
Im September 2007 musste die Firma Peter Greven<br />
Schäden in Höhe von mehreren Hunderttausend<br />
Euro durch Hochwasser verkraften.<br />
Ebenfalls im Jahr 2007 gründet Peter Greven mit<br />
der asiatischen Firma IOI, einem der führenden<br />
Palmöl- und Fettsäureproduzenten, das Joint-<br />
Venture Peter Greven Asia mit Sitz in Penang/<br />
Malaysia.<br />
Die Kooperation dieser beiden Marktführer hatte<br />
das Ziel, sich in den nächsten Jahren als einer der<br />
führenden Metallseifenlieferanten in Asien zu<br />
positionieren.<br />
Die Hauptabsatzmärkte für das Joint-Venture<br />
sind neben den asiatischen Staaten wie China,<br />
Indien, Japan, Korea und Taiwan vor allem auch<br />
der mittlere Osten und die USA.<br />
Der Standort Malaysia bot in Asien verschiedene<br />
Vorteile. Zum einen ist Malaysia zusammen mit<br />
Indonesien der weltweit größte Produzent von<br />
Palmöl, die Fettsäureproduktion in Malaysia ist<br />
die größte weltweit. Das heißt die Rohstoffversorgung<br />
ist sehr gut. Außerdem ist Malaysia ein<br />
guter Standort zur Belieferung der wachsenden<br />
Märkte in Asien. Schließlich einigten sich Peter<br />
Greven und IOI auf ein Joint-Venture, bei dem<br />
Peter Greven 60% und IOI 40% der Anteile hält.<br />
Peter Greven obliegt die Leitung sowie die Produktions-<br />
und Vertriebsverantwortung in Malaysia.<br />
IOI liefert die Hauptrohstoffe (Fettsäuren)<br />
und stellt darüber hinaus Dienstleistungen wie<br />
die Energieversorgung aber auch EDV- und Personaldienstleistungen.<br />
Auch hier musste wieder ein Betrieb, der in die<br />
Organisationsstruktur eines großen Konzerns<br />
eingebunden war, so umorganisiert werden, dass<br />
er sich nahtlos in die mittelständischen Strukturen<br />
des Familienunternehmens einfügte. Obwohl<br />
von Anfang an klar war, dass es keine einfache<br />
Aufgabe sein würde, wurde spätestens mit dem<br />
Ausbruch der Wirtschaftskrise und dem Erstarken<br />
der asiatischen Märkte deutlich wie wichtig<br />
dieses Projekt für die Zukunft der Firma Peter<br />
Greven ist. Obwohl gerade in den ersten beiden<br />
Jahren immer wieder Rückschläge und auch<br />
ernsthafte Probleme auftraten, wurde die Produktion<br />
in nur drei Jahren mehr als verdoppelt.<br />
Bei der mittelstands-typischen schlanken Führungsstruktur<br />
war das nur möglich, indem Aufgaben<br />
auf viele Schultern verteilt wurden und<br />
immer wieder Unterstützung aus Deutschland<br />
und Holland auch vor Ort geleistet wurde. Die<br />
gute Zusammenarbeit zwischen den einzelnen<br />
Betrieben war dabei immer ganz entscheidend.<br />
Zum 30. Juni 2008 scheidet Herr Erwald Beier<br />
nach über 50-jähriger Tätigkeit und langjähriger<br />
Führungstätigkeit als Prokurist und kaufmännischer<br />
Geschäftsführer aus dem Unternehmen<br />
aus.<br />
118
Joint-Venture-Produktionsanlage in Penang, Malaysia<br />
119
2000ER JAHRE<br />
Mitte 2008 ergab sich dann die Möglichkeit zu<br />
einer weiteren Akquisition im Hautschutzbereich:<br />
Peter Greven Hautschutz konnte von der<br />
mittelständischen Unternehmsgruppe Wöllner<br />
den Bereich des industriellen Hautschutzes mit<br />
den Marken Physioderm und Faweco übernehmen.<br />
Das Geschäft wurde soweit wie möglich<br />
in Euskirchen integriert. Dort musste die Produktion<br />
ausgebaut werden, denn diese Akquise<br />
entsprach etwa 70 Prozent des vorhandenen Geschäftsvolumens.<br />
Aufgrund dieser herausragenden<br />
Bedeutung wurde auch umfirmiert in Peter<br />
Greven Physioderm GmbH.<br />
Herr Dr. Hermann Josef Stolz wird im August<br />
2009 nach langjähriger Tätigkeit als Labor-,<br />
Qualitäts- und Entwicklungsleiter die Leitung<br />
der Bereiche Produktion und Entwicklung übertragen.<br />
Gleichzeitig wird er neues Mitglied der<br />
Geschäftsleitung.<br />
120
2010ER JAHRE<br />
EXPANSION IN DIE USA<br />
Herr Dr. Manfred Matzel, Geschäftsführer der<br />
Peter Greven Physioderm GmbH, verlässt zum<br />
31.12.2011 das Unternehmen um sich selbstständig<br />
zu machen.<br />
Die Geschäftsleitung der Peter Greven Gruppe<br />
besteht damit aus den Personen Peter Greven,<br />
Werner Heiliger und Dr. Hermann Josef Stolz.<br />
Der Start in ein neues Jahrzehnt der Unternehmensgeschichte<br />
wurde von zwei wesentlichen<br />
Entscheidungen sowohl für Bad Münstereifel als<br />
Firmenstandort als auch für die weitere Behauptung<br />
als einer der Marktführer im Bereich der<br />
Oleochemie getroffen.<br />
Im Rahmen der Überprüfung und Weiterentwicklung<br />
des Standortkonzeptes für Bad Münstereifel<br />
hatte sich gezeigt, dass sinnvolle Erweiterungsflächen<br />
für Produktionsanlagen mit Bereichen<br />
belegt waren, die mittelfristig an einen anderen<br />
Ort verlegt werden konnten. Daraus resultierte<br />
als erste Maßnahme die Verlagerung des Labors,<br />
sämtlicher Sozialräume und des Verwaltungsgebäudes<br />
auf den Hang oberhalb des aktuellen<br />
Verwaltungsgebäudes in den Bereich des Ende<br />
der 90er Jahre entwickelten Bebauungsplanes.<br />
Nach Beginn der Erschließungsarbeiten Ende<br />
2011 erfolgte der Umzug der Verwaltung in die<br />
hochmodern ausgestatteten Räumlichkeiten<br />
Die Geschäftsleitung der Peter Greven Gruppe 2013. v.l.n.r.: Dr. Hermann Josef Stolz, Peter Greven, Werner Heiliger<br />
123
Das Werk in Bad Münstereifel mit dem neu gebauten Verwaltungs-, Labor- und Sozialtrakt im Vordergrund rechts<br />
sowie dem neuen Veresterungsgebäude mitten im Werk<br />
Mitte 2013. Das Labor begann Ende 2013 mit<br />
dem Umzug und stellt sich mit hochtechnisierten<br />
Apparaturen und einer größeren Entwicklungsabteilung<br />
neuen Herausforderungen.<br />
Durch den Abriss des alten Verwaltungsgebäudes,<br />
von dem aus über 80 Jahre lang die Geschicke<br />
des Unternehmens gelenkt wurden, wurde<br />
der Platz frei für einen Aufzugsturm zur Anbindung<br />
des Produktionsgeländes an den neuen<br />
Verwaltungs-, Labor- und Sozialgebäudetrakt.<br />
124
Das alte Verwaltungsgebäude vor und während des Rückbaus<br />
125
2010ER JAHRE<br />
Wir haben das strategische Ziel formuliert, den<br />
Bereich der Fettsäureester langfristig als zweites<br />
großes Standbein neben den Metallseifen<br />
auszubauen. Um dieses Wachstum im Esterbereich<br />
zu ermöglichen, wurde im Februar 2012 mit<br />
dem Bau eines Produktionsgebäudes gestartet.<br />
Mit einer Höhe von 34 Metern wurde es zu dieser<br />
Zeit nur von der Turmspaltung übertroffen.<br />
Mit einem neuen, eigenständigen Logo startete<br />
die Peter Greven Physioderm GmbH in das Jahr<br />
2013.<br />
Leider wurde dieses Jahr dann aber von einem<br />
der bislang schwersten Unglücke in der Firmengeschichte<br />
überschattet. Im März kam es bei unserer<br />
Tochterfirma Peter Greven Asia in Malaysia<br />
zu einem schwerwiegenden Unfall ausgelöst<br />
DP-Anlage im Werk Venlo<br />
durch eine Explosion und den darauffolgenden<br />
Brand, dem tragischerweise auch drei Kollegen<br />
zum Opfer fielen. Weitere Informationen hierzu<br />
wurden in einem „Exkurs“ zusammengestellt.<br />
Bei der Peter Greven Nederland C.V. konnten<br />
wir im Mai 2013 die neu errichtete DP-Anlage<br />
(DP = Direkt-Prozess) in Betrieb nehmen und<br />
so die Produktionskapazitäten für Metallseifen<br />
126
Das neu erbaute Produktionsgebäude für Ester<br />
am Standort in Venlo erheblich ausbauen. Die<br />
Technologie bietet gegenüber den bisherigen<br />
Anlagen nach dem Fällverfahren eine deutliche<br />
höhere Leistung und Effizienz. Die darauf hergestellten<br />
Produkte sind vor allem auf die Bereiche<br />
Lebens- und Futtermittel ausgelegt. Weitere Informationen<br />
zu den Produktionsverfahren finden<br />
wurden im Exkurs „Seifen und Metallseifen“.<br />
Mit dem Neubau einer weiteren Lagerhalle und<br />
deren Fertigstellung im Juli 2015 trug man den<br />
stetig steigenden Produktionsmengen bei der<br />
Lager bei Peter Greven Physioderm<br />
127
EXKURS<br />
BRANDKATASTROPHE BEI PETER <strong>GREVEN</strong> ASIA<br />
Am 25.3.2013 ereignete sich leider ein schwerwiegender<br />
Unfall bei unserer Tochterfirma Peter Greven Asia auf dem<br />
Firmengelände in Penang, Malaysia.<br />
Durch eine Staubexplosion und den darauffolgenden<br />
Brand wurde ein Großteil der Produktionsanlagen zerstört.<br />
Wesentlich schlimmer aber war, dass tragischerweise zwei<br />
Mitarbeiter erhebliche Verletzungen erlitten hatten und<br />
drei weitere Kollegen aufgrund der schweren Verbrennungen<br />
verstarben.<br />
aber, nicht zuletzt wegen der Vorgaben zum Explosionsschutz,<br />
dass alle wesentlichen Anlagenteile in Europa beschafft<br />
werden sollten.<br />
Dank der hervorragenden Zusammenarbeit aller Beteiligten<br />
konnten erste Produktionsanlagen bereits in der 2. Jah-<br />
Ein Unfall dieses Ausmaßes hatten wir bis dahin bei uns<br />
für unvorstellbar gehalten. Der Schock und die Betroffenheit<br />
waren in der gesamten Gruppe sehr stark und die Anteilnahme<br />
und Hilfsbereitschaft waren groß.<br />
Trotz der Tragik der Ereignisse musste allerdings auch<br />
wieder an den Neuaufbau der Produktion zur Fortführung<br />
der Geschäfte gedacht werden, immer mit dem Ziel und<br />
dem Anspruch, mit noch sichereren und leistungsfähigeren<br />
Produktionsanlagen gestärkt aus dieser schwierigen<br />
Situation hervorzugehen.<br />
Nicht zuletzt nach den Besuchen vor Ort war aber auch<br />
klar, dass wir für den Standort und die Kollegen vor Ort<br />
eine Zukunftsperspektive brauchen. Auch wenn dies nicht<br />
immer leichtfiel, stand nach der Aufarbeitung der Ereignisse<br />
doch die Erstellung eines Standortkonzeptes an. Hier<br />
war jedoch zunächst der Abschluss der Untersuchungen<br />
der Behörden und die Erteilung einer neuen Genehmigung<br />
erforderlich.<br />
Die ehrgeizigen Ziele für die neuen Anlagen beinhalteten<br />
nicht nur die modernste Technologie und höchsten Sicherheitsstandard.<br />
Es sollte auch auf die Qualitätsforderungen<br />
der lokalen Märkte eingegangen werden. Dies bedeutete<br />
128
eshälfte 2013 wieder in Betrieb genommen werden. Die<br />
Arbeit an weiteren Anlagen sollte sich bis weit in das Jahr<br />
2014 hinziehen.<br />
Im Rahmen der Feierlichkeiten zur Wiedereröffnung, zu<br />
der auch unsere Geschäftsführer Peter Greven und Dr. Hermann<br />
Josef Stolz angereist waren, war das Ergebnis des<br />
Wiederaufbaus beim Betriebsrundgang beeindruckend.<br />
Besonders die übersichtlich aufgebauten und vorbildlich<br />
gepflegten Anlagen aber auch das sehr funktionale und<br />
gut bedienbare Prozessleitsystem fanden anerkennende<br />
Worte bei den geladenen Geschäftspartnern.<br />
Gerade nach den tragischen und schockierenden Ereignissen<br />
war die Wiedereröffnung ein besonderer Meilenstein,<br />
der bei allen Beteiligten, Besuchern und Mitarbeitenden<br />
einen bleibenden Eindruck hinterlassen hat.<br />
Doch dies war keineswegs ein Grund, sich nun entspannt<br />
zurück zu lehnen. In den Monaten nach der Wiedereröffnung<br />
sollten Prozessoptimierung und Anpassung der<br />
Produkte an die neue Technologie auf dem Plan stehen,<br />
ebenso mussten Kunden zurückgewonnen und neue Absatzfelder<br />
erschlossen werden.<br />
Vor dem Hintergrund des Erreichten war ein zuversichtlicher<br />
Blick in Zukunft durchaus erlaubt.<br />
Die gesamte Führung hat sich nach diesem schrecklichen<br />
Unfall dazu verpflichtet, zukünftig alles dafür zu tun, dass<br />
sich ein derartiger Vorgang niemals wiederholen kann.<br />
129
Technikum<br />
Rückbau der Fettsäure-Produktion<br />
Peter Greven Physioderm GmbH Rechnung.<br />
Durch die Optimierung der gesamten logistischen<br />
Abwicklung konnte bisherige Arbeitsprozesse<br />
wesentlich effizienter gestaltet werden,<br />
um für zukünftiges Wachstum bestens vorbereitet<br />
zu sein.<br />
Die Entwicklung neuer Produkte, die Erforschung<br />
weiterer Anwendungsgebiete und die optimale<br />
Anpassung an die Anforderungen der Kunden<br />
waren schon immer ein wichtiger Teil der<br />
Grundlage unseres unternehmerischen Erfolges.<br />
So lagen in Bad Münstereifel die Pläne für den<br />
Bau eines Technikums, das fast alle Produktionsprozesse<br />
maßstäblich verkleinert abbilden kann,<br />
schon länger in der Schublade. Realisiert wurden<br />
der Aufbau sowie die Inbetriebnahme dann<br />
schließlich Mitte 2016. So können beispielsweise<br />
neue Produktionsprozesse, Optimierungen an<br />
Produkten oder die Einführung neuer Rohstoffe<br />
im Kleinformat getestet werden, bevor sie auf<br />
den Großanlagen umgesetzt werden.<br />
Als der Firmengründer Peter Greven in den<br />
1930er Jahren entschied, zur Sicherung der Rohstoffversorgung<br />
eine eigene Fettsäureproduktion<br />
zu errichten, war dies sicherlich ein Meilenstein<br />
in der Firmengeschichte und eine zukunftsorientierte<br />
Investition. Fast 80 Jahre später wurde<br />
die Produktion im Vergleich zum Zukauf als nicht<br />
mehr wirtschaftlich eingestuft. Außerdem war<br />
man beim Zukauf frei in der Rohstoffwahl und<br />
konnte statt der bisher vorwiegend produzierten<br />
tierischen Fettsäuren auch stärker pflanzliche<br />
Fettsäuren einsetzen. Die Geschäftsleitung<br />
traf daher die Entscheidung für den Rückbau der<br />
Fettsäureproduktion und zur Demontage der<br />
damit verbundenen Anlagenteile. Eine der größten<br />
Herausforderungen war dabei, die Störung<br />
der Betriebsabläufe durch diese einschneidende<br />
Baumaßnahme so gering wie möglich zu halten.<br />
Ende 2017 waren die Rückbauarbeiten, die im<br />
Frühjahr begonnen hatten, vollständig abgeschlossen<br />
und die Ära der Fettsäureproduktion<br />
damit beendet.<br />
10 Jahre nach der Gründung des Joint-Ventures<br />
Peter Greven Asia wurde ein weiterer, wesentlicher<br />
Schritt im Zuge der Internationalisierung<br />
130
2010ER JAHRE<br />
der Unternehmensgruppe getätigt. Mit Wirkung<br />
zum 30. September 2017 wurde die Additivsparte<br />
des US-amerikanischen Unternehmens Norac<br />
Inc. übernommen und als neu gegründete Firma<br />
Norac Additives LLC in die Peter Greven Gruppe<br />
integriert. Norac ist einer der führenden Hersteller<br />
von Metallseifen und Kunststoffadditiven in<br />
den USA mit Schwerpunkt im Bereich PVC. Der<br />
attraktive US-amerikanische Markt mit großem<br />
Potential und guten Wachstumsmöglichkeiten<br />
ist eine perfekte Ergänzung zum bestehenden<br />
Portfolio, besonders im Bereich der Metallseifen<br />
und Ester.<br />
„Es ergeben sich zahlreiche Synergien im Verbund<br />
zwischen Norac und Peter Greven, nicht zuletzt<br />
auch im gegenseitigen Austausch von Know-how<br />
in den verschiedenen Bereichen, z.B. im Einkauf,<br />
der Produktentwicklung, der Anwendungstechnik<br />
und im Vertrieb. Wir sind davon überzeugt,<br />
dass wir mit der Übernahme und Integration<br />
von Norac einen erheblichen Mehrwert für das<br />
gesamte Unternehmen schaffen werden und damit<br />
zukünftig international noch besser, breiter<br />
und stabiler aufgestellt sind.“, kommentierte Geschäftsführer<br />
Peter Greven die Entscheidung.<br />
Norac Additives<br />
Der Ausbau und die Erweiterung der internationalen<br />
Standorte wurden bei Peter Greven Asia<br />
mit dem Neubau eines Verwaltungsgebäudes<br />
und Lagers fortgeführt. Bei der Einweihungsfei-<br />
Verwaltung und Lager bei Peter Greven Asia<br />
131
2010ER JAHRE<br />
er konnte man bereits auf 12 Jahre erfolgreiche<br />
Zusammenarbeit mit dem Joint-Venture Partner<br />
zurückblicken.<br />
Als im Dezember 2019 aus China die ersten Meldungen<br />
zu einem neuartigen Virus kamen, hätten<br />
wohl nur die Wenigstens mit den so langfristig<br />
spürbaren Auswirkungen gerechnet. Täglich steigende<br />
Infektionszahlen, überlastete Krankenhäuser,<br />
Geschäftsschließungen, Kontaktverbote<br />
und ganze Industriebetriebe, die die Produktion<br />
einstellten prägten unser Leben. Auch die Peter<br />
Greven Gruppe war durch einschneidende organisatorische<br />
Maßnahmen betroffen. Homeoffice<br />
und Quarantäne wurden neue Schlagwörter im<br />
Unternehmensalltag. Die Aufrechterhaltung der<br />
Betriebstätigkeit und der Schutz der Beschäftigten<br />
waren zwei Ziele aller Maßnahmen, die umgesetzt<br />
wurden. Diese betrafen alle Standorte<br />
der Firmengruppe. Neben anderen Herausforderungen<br />
waren Umsatzrückgänge und Rohstoffknappheit<br />
zu bewältigen, dabei war die weitere<br />
Entwicklung kaum vorhersehbar.<br />
Lediglich im Geschäftsfeld des beruflichen Hautschutzes<br />
der Peter Greven Physioderm in Euskir-<br />
Desinfektionsmittel-Sortiment<br />
132
chen stieg die Nachfrage nach Reinigungs- und<br />
Desinfektionsmitteln explosionsartig. „In dieser<br />
Zeit zeigt sich mal wieder, wie wichtig es für<br />
unserer Gruppe ist, so breit aufgestellt zu sein.<br />
Sowohl was die Anwendungen unserer Produkte<br />
angeht als auch die regionale Verteilung. Dies<br />
gibt uns die in einer solchen Krise notwendige<br />
Stabilität.“, so Geschäftsführer Werner Heiliger.<br />
Trotz der weltweiten Krise wurde weiter investiert.<br />
So war es am Standort in Bad Münstereifel<br />
aufgrund fehlender Lagerkapazitäten dazu gekommen,<br />
dass teilweise die Fertigprodukte auf<br />
sechs verschiedene Außenläger verteilt werden<br />
mussten. Dadurch entstand ein extremer Aufwand<br />
für die Versandbereitstellung und -abwicklung.<br />
Mit dem Neubau eines Versand- und<br />
Logistikzentrums im nahegelegenen Mechernich-Obergartzem,<br />
der zusammen mit unserem<br />
Logistikpartner durchgeführt wurde, sollten<br />
unter anderem die Versand- und Lagerstruktur<br />
vereinheitlicht und die Komplexität reduziert<br />
werden. Ausgestattet mit modernster Kommunikations-<br />
und Datenerfassungstechnik wurde<br />
so ein weiterer, wesentlicher Schritt in Richtung<br />
Kapazitätsausbau gemacht.<br />
Lager Obergartzem<br />
133
EXKURS<br />
ESTER<br />
Ester werden schon seit vielen Jahrhunderten von Menschen<br />
genutzt. Auch klassische natürliche Öle und Fette<br />
wie Schweineschmalz oder Olivenöl zählen als Triglyceride<br />
zur chemischen Gruppe der Ester. Früher wurden nur<br />
die natürlich vorkommenden Ester genutzt, vorwiegend<br />
im Nahrungsmittelbereich aber auch für einige einfache<br />
technische Schmieranwendungen. Heute finden viele synthetisch<br />
hergestellte Produkte in den unterschiedlichsten<br />
Industriezweigen Anwendung – besondere Bedeutung<br />
kommt ihnen zum Beispiel als Gleitmittel in der Kunststoffherstellung<br />
oder als Basisöl für biologisch abbaubare<br />
Schmierstoffe zu.<br />
Rohstoffe<br />
Wie auch bei der Herstellung von Seifen und Metallseifen<br />
(siehe Seite 58–61, Exkurs Seifen und Metallseifen )<br />
bilden Fettsäuren den Hauptrohstoff für Ester. Sie werden<br />
aus natürlichen Ölen und Fetten gewonnen, wobei Talg<br />
und Palmöl die größten Rohstoffquellen sind. Auch andere<br />
pflanzliche Öle, wie beispielsweise Rizinus-, Kokos-, Rapsoder<br />
Sojaöl, können eine Rolle spielen. Doch nicht nur die<br />
Herkunft ist von Bedeutung. Es ist auch entscheidend, ob<br />
es sich um eine gesättigte oder eine ungesättigte Fettsäure<br />
handelt, da sich daraus Performanceunterschiede für<br />
den fertigen Ester ergeben.<br />
Neben der Fettsäure ist ein Alkohol der zweite, elementare<br />
Bestandteil eines Esters. Es gibt viele Alkohole, die<br />
zur Synthese verwendet werden können. Nur wenige von<br />
ihnen, darunter Glycerin, werden aus natürlichen Rohstoffquellen<br />
gewonnen. Die meisten anderen müssen zunächst<br />
synthetisch hergestellt werden. Der Hauptunterschied<br />
zwischen den verschiedenen Alkoholen liegt vor allem in<br />
der Anzahl der Alkoholgruppen, die auch als potentielle<br />
Verbindungsstellen zu einer Fettsäure angesehen werden<br />
können und der räumlichen Struktur des jeweiligen Mo-<br />
134
leküls. Dadurch ergeben sich Unterschiede in den Eigenschaften,<br />
beispielsweise beim Schmelzpunkt oder der Viskosität,<br />
die sich je nach Anwendung positiv oder negativ<br />
auswirken können.<br />
Mit den verschiedenen Fettsäuren und Alkoholen, die zur<br />
Herstellung eines Esters verwendet werden können, ergibt<br />
sich eine Art Baukasten: Abhängig davon, welche Rohstoffe<br />
miteinander kombiniert werden, variieren letztendlich<br />
die chemischen und physikalischen Parameter des fertigen<br />
Produktes.<br />
Herstellverfahren<br />
Einhergehend mit dem technologischen Fortschritt der<br />
vergangenen Jahrzehnte wurde auch der Herstellungsprozess<br />
von Estern stetig modernisiert. Wo die einzelnen<br />
Prozessparameter früher manuell eingestellt werden<br />
mussten, werden die Anlagen heute von einem zentralen,<br />
computergestützten Leitsystem gesteuert. Dadurch ist<br />
eine genauere Einstellung der Parameter möglich, der<br />
Reaktionsprozess kann von den Mitarbeitern durchgängig<br />
überwacht werden und dank hochmoderner Anlagentechnologie<br />
läuft auch der Prozess selbst schneller ab.<br />
Zur Herstellung eines Esters werden die Fettsäure und der<br />
Alkohol zusammen vorgelegt. Der Reaktionsbehälter wird,<br />
meist unter Vakuum, stark temperiert – die Temperaturen<br />
können teilweise über 200 °C liegen. Unter diesen Voraussetzungen<br />
verbinden sich Fettsäure und Alkohol unter der<br />
Abspaltung von Wasser zu einem Ester. Nach erfolgreicher<br />
Reaktion schließen sich weitere Prozessschritte, wie zum<br />
Beispiel Filtration und Bleichung, an.<br />
Abhängig von den verwendeten Rohstoffen ist ein Ester<br />
später bei Raumtemperatur entweder fest oder flüssig –<br />
dementsprechend unterscheiden sich die finalen Verarbeitungsschritte<br />
der Produkte:<br />
Auch die Ester, die bei Raumtemperatur fest sind, sind bei<br />
den hohen Reaktionstemperaturen flüssig. Sie werden<br />
nach der Reaktion in einen Sprühturm geleitet und am<br />
oberen Ende des Turms aus einer Düse gepresst. Da außerhalb<br />
der Düse keine hohen Temperaturen mehr vorherrschen,<br />
kühlt der Ester ab und fällt in Form von kleinen Kügelchen<br />
nach unten. Diese Produkte werden vorwiegend<br />
in der Kunststoffindustrie als Gleitmittel eingesetzt, da<br />
die Ester bei den hohen Temperaturen während der Kunststoffverarbeitung<br />
wieder eine flüssige Form einnehmen.<br />
Die Ester, die auch bei Raumtemperatur flüssig sind, werden<br />
in der Regel nach der Reaktion zunächst über einen<br />
Filter geleitet und dabei abgekühlt. Anschließend können<br />
sie direkt abgefüllt werden. Zur Anwendung kommen diese<br />
Produkte in erster Linie in der Schmierstoffindustrie, wo<br />
sie zum Beispiel als Basisöl für Getriebeöle oder Schmierfette<br />
eingesetzt werden.<br />
135
2020ER JAHRE<br />
AUSBLICK<br />
Im Dezember 2020 konnten am Standort in Euskirchen<br />
die Arbeiten zur Erweiterung des Verwaltungsgebäudes<br />
inkl. der Sozialräume sowie<br />
des Labors abgeschlossen werden. Ein wesentlicher<br />
Aspekt bei der rund 2 Millionen Euro umfassenden<br />
Baumaßnahme war die Nachhaltigkeit.<br />
Zusätzlich zum 825 qm Fläche großen Erweiterungsbau<br />
wurde auch eine leistungsfähige Photovoltaikanlage<br />
auf dem Dach bestehender Gebäudeteile<br />
nachgerüstet.<br />
Peter Greven Physioderm<br />
137
EXKURS<br />
FLUTKATASTROPHE JULI 2021<br />
Am 14.07.2021 hat im Westen Deutschlands und insbesondere<br />
im südlichen Nordrheinwestfalen und in Rheinland-<br />
Pfalz nach tagelangem Dauerregen ein Starkregenereignis<br />
stattgefunden. Auf die bereits gesättigten Böden fielen<br />
innerhalb kürzester Zeit zusätzlich teilweise mehr als 200<br />
Liter pro Quadratmeter Regen, was zu einer verheerenden<br />
Flutkatastrophe in der Region geführt hat.<br />
Die Erft (ehemals wichtig für unsere Wasserversorgung)<br />
stieg in der Folge auf einen vollkommen unerwarteten<br />
Pegel. Während wir zuletzt in den Jahren 2007 und 2019<br />
durch mäßige Überflutungen betroffen waren, haben wir<br />
uns in den vergangenen Jahren für ein extremes Hochwasser<br />
mit verschiedenen Maßnahmen gerüstet. Das Jahrtausend-Hochwasser<br />
am 14.07.2021 war aber leider nicht<br />
mehr zu beherrschen und hat alles mit sich gerissen, was<br />
beweglich war.<br />
Wie in vielen Ortschaften im Stadtgebiet von Bad Münstereifel,<br />
besonders Iversheim und auch Arloff, war die Verwüstung<br />
auf unserem Betriebsgelände unvorstellbar groß.<br />
LKW, Trailer und Container sind ineinandergeschoben und<br />
weggeschwemmt worden. Die unmittelbar an der Erft gelegenen<br />
Gebäude wurden erheblich beschädigt und teilweise<br />
unterspült und auch an der Infrastruktur (Brücken<br />
138<br />
und Straßen) waren enorme Zerstörungen und Schäden<br />
zu verzeichnen. Teilweise hat das Wasser mehr als 2,60 m<br />
hoch gestanden und schließlich auch erhebliche Mengen<br />
Schlamm und Unrat mitgeführt.<br />
Der erste Eindruck nach dem Unwetter ließ durchaus befürchten,<br />
dass ein langfristiger Betriebsstillstand unvermeidbar<br />
sei. Zusätzlich waren das gesamte Werk von der<br />
Strom- und Gasversorgung sowie jeglicher Telefon- und<br />
Internetverbindung abgeschnitten. Vor diesem Hintergrund<br />
konnten auch unsere Tochterunternehmen in Penang,<br />
Venlo und Euskirchen nicht mehr auf unsere Server<br />
zugreifen und folglich auch nicht mehr produzieren, ein<br />
bisher nie dagewesenes Ereignis.<br />
Angesichts des Ausmaßes der Zerstörung, auch in der<br />
unmittelbaren Nachbarschaft, war es schwer, sich einen<br />
Überblick zu verschaffen und erste notwendige Maßnahmen<br />
in die Wege zu leiten. Umso beeindruckender waren<br />
der vorbildliche Einsatz und unermüdliche Kampfgeist,<br />
mit dem alle Kollegen, soweit sie nicht persönlich im privaten<br />
Bereich von der Katastrophe betroffen waren, die<br />
Aufräumarbeiten und die Lösung der Probleme angegangen<br />
sind. Nur so konnten wir Tag für Tag einen sehr großen<br />
Fortschritt erkennen und neue Kraft schöpfen. Wichtig<br />
für die gesamte Unternehmensgruppe war dann auch,
dass die Tochterunternehmen nach<br />
wenigen Tagen wieder zum Normalbetrieb<br />
zurückkehren konnten<br />
und somit keine weiteren Einbußen<br />
entstanden sind.<br />
Entgegen vieler externer Prognosen<br />
war es auch in Bad Münstereifel<br />
gelungen, nach wenigen<br />
Wochen die ersten Produktionsanlagen<br />
wieder in Betrieb zu nehmen<br />
und Verkaufsware zu produzieren.<br />
Nach und nach wurden weitere<br />
Anlagen in Betrieb genommen, so<br />
dass Ende September 2021 wieder nahezu auf voller Kapazität<br />
produziert werden konnte.<br />
Glücklicherweise war der Großteil der entstandenen<br />
Schäden versichert. So konnte mit dieser finanziellen Unterstützung<br />
weiter mit voller Kraft an der Behebung der<br />
Schäden gearbeitet werden.<br />
Die Grundvoraussetzung dazu war es, zunächst den<br />
Dampfkessel wieder in Betrieb zu nehmen, um auch die<br />
Rohrleitungen und die Tanks wieder nutzen zu können.<br />
Das Hauptproblem am Dampfkessel war, wie bei vielen<br />
anderen Produktionsanlagen auch, dass die Steuerschränke<br />
komplett unter Wasser gestanden hatten und diese zunächst<br />
gereinigt und getrocknet werden mussten, um sie<br />
schließlich wieder in Betrieb nehmen zu können.<br />
Doch das war nur ein Teil der noch zu bewältigenden Herausforderungen.<br />
Die großen Lieferrückstände abarbeiten<br />
und alle Kunden zurückgewinnen, die Beseitigung der restlichen<br />
Schäden an Gebäuden und Infrastruktur, die Wiederherstellung<br />
des alten Hochwasserschutzniveaus sowie die<br />
Abwicklung des Schadens mit der Versicherung standen<br />
auf der Agenda.<br />
So wurden die teilweise erheblichen Schäden an Gebäuden<br />
beseitigt, betroffene Fassaden und Mauerwerke ersetzt<br />
und alle gefluteten Trockenbauelemente ausgetauscht.<br />
Durch Lieferengpässe zog sich die Reparatur von Toren,<br />
Türen und Fenstern, auch bedingt durch lange Lieferzeiten<br />
von Baumaterialien, bis ins Frühjahr 2022.<br />
Einen weiteren Engpass stellt die Verfügbarkeit von Fremdfirmen<br />
der Gewerke Putz-, Anstrich- und Fliesenarbeiten<br />
dar, wodurch sich die Wiederherstellung einiger Sozialräume<br />
und Betriebslabore verzögerte. Auch die Prüfung und<br />
Instandsetzung des in Mitleidenschaft gezogenen Tanklagers<br />
machte umfangreiche Arbeiten notwendig, aufgeschwommene<br />
Tanks mussten für die notwendigen Arbei-<br />
139
ten sogar komplett aus dem Tanklager herausgehoben und<br />
verschobene Fundamente erneuert werden.<br />
Als eine wesentliche Schutzmaßnahme wurde z.B. die<br />
neue Wasseraufbereitungsanlage auf einer Zwischenbühne<br />
hochwassersicher aufgestellt, ebenso wie die Steuerschränke<br />
der Dampfkesselanlage.<br />
Auch die Arbeiten an der teilweise völlig zerstörten Infrastruktur<br />
im Werk waren ein wichtiger Faktor im Wiederaufbau.<br />
So mussten viele Fahrwege erneuert und die<br />
Erftbrücke als einziger Verbindungsweg über den Fluss<br />
instandgesetzt werden. Das Erftbett und der angrenzende<br />
Uferbereich wurden geräumt und die Geländeprofile entsprechend<br />
der alten Planunterlagen erstellt, sodass jetzt<br />
das ursprüngliche Schutzniveau wiederhergestellt werden<br />
konnte.<br />
Die Entsorgung der Produkte und Rohstoffe, die durch das<br />
Hochwasser unbrauchbar geworden waren, wird uns sicher<br />
noch eine zeitlang beschäftigen.<br />
Auch wenn sich im Nachhinein betrachtet die Auswirkungen<br />
dieses Ereignisses in einem beherrschbaren Rahmen<br />
bewegten, müssen wir aus den Erfahrungen für die Zukunft<br />
neue Konsequenzen ableiten, um uns zukünftig noch<br />
besser zu schützen.<br />
140
2020ER JAHRE<br />
Am 14. Juli 2021 ereignete sich eine Flutkatastrophe<br />
bisher ungeahnten Ausmaßes. Der ansonsten<br />
kleine Fluss Erft, der durch das Firmengelände<br />
fließt, wurde der Firmenzentrale in Bad Münstereifel<br />
an diesem Tag zum Verhängnis. Dank des<br />
tatkräftigen Einsatzes aller Mitarbeitenden in<br />
den Tagen und Wochen nach der Flut konnten<br />
wir Stück für Stück zur Normalität zurückkehren.<br />
Zu einer unserer Hauptproduktgruppen gehören,<br />
neben den Metallseifen, Fettsäure-Ester. Sie finden<br />
als unverzichtbare Additive vor allem in der<br />
Kunststoff-, Schmierstoff- und Textilindustrie<br />
Anwendung (siehe Exkurs „Anwendungsbereiche<br />
von Metallseifen und Estern“ ). Diese Produkte<br />
bieten vielfältige Entwicklungsmöglichkeiten<br />
und ein großes Wachstumspotential. Nach dem<br />
Anbau der Veresterung VE 5 (rechts)<br />
141
Bau der Veresterungsanlage VE 4 vor mehr als 10<br />
Jahren konnte Mitte 2022 die neue Veresterungsanlage<br />
VE 5 nach fast zweijähriger Bauzeit in Betrieb<br />
genommen werden. Die Investition in die<br />
neue Produktionsanlage ist ein weiterer Schritt<br />
in Richtung Sicherung des Produktionsstandortes<br />
Bad Münstereifel. Die Produkte finden vor<br />
allem als Basisöle für Bioschmierstoffe Verwendung.<br />
Diese Investition unterstreicht damit die<br />
klare Ausrichtung des Unternehmens auf nachhaltige<br />
und zukunftsträchtige Anwendungen.<br />
Dies gilt selbstverständlich auch für alle anderen<br />
Standorte der weltweiten Unternehmensgruppe.<br />
So wurde im Herbst 2022 auch am Standort in<br />
Malaysia eine neue Produktionsanlage für Metallseifen<br />
in Betrieb genommen. Weitere Projekte,<br />
wie die Konstruktion einer Dispersionsanlage<br />
bei Norac Additives LLC in den USA und der Neubau<br />
der Ansatzabteilung bei Peter Greven Nederland,<br />
befinden sich aktuell in der Umsetzung und<br />
werden im Laufe des Jahres <strong>2023</strong> fertiggestellt.<br />
Das Unternehmen hat in der Vergangenheit bewiesen,<br />
dass man auch Krisensituationen durchaus<br />
gut überstehen kann. Trotzdem werden die<br />
nächsten Jahre sicherlich nicht einfach. Es stehen<br />
mit den geopolitischen Veränderungen, der<br />
Verteuerung der Energie, dem Klimawandel und<br />
der zunehmenden Regulierung gerade für Industrieunternehmen<br />
in Europa schwierige Zeiten<br />
bevor. Unter diesen Bedingungen weiter global<br />
wettbewerbsfähig zu bleiben wird die Herausforderung<br />
der nächsten 10 Jahre.<br />
Aber die Zukunft bietet natürlich auch weiterhin<br />
große Chancen. Hier ist vor allem die Transformation<br />
hin zu einer nachhaltigen und klimaneutralen<br />
Wirtschaft zu nennen. Denn auf eins setzten<br />
wir als Unternehmen seit jeher: nachhaltige<br />
Lösungen!<br />
142
EXKURS<br />
DIE PETER <strong>GREVEN</strong> GRUPPE ALS ARBEITGEBER<br />
Seit nunmehr 100 Jahren sind wir nicht nur Unternehmen,<br />
sondern auch Arbeitgeber. Die Aufgaben und Herausforderungen<br />
als Arbeitgeber haben sich über die Jahrzehnte<br />
hinweg immer wieder verändert und uns dabei dynamisch<br />
gehalten, getreu dem Motto „Beständig ist nur die Veränderung“.<br />
Beständigkeit ist gleichwohl einer der Grundpfeiler<br />
unserer Philosophie als Arbeitgeber. Wirtschaftliche<br />
Stabilität ist ein betriebswirtschaftliches wie gleichermaßen<br />
soziales Ziel, denn aus ihr entsteht Arbeitsplatzsicherheit.<br />
Diese Maxime können wir seit der Unternehmensgründung<br />
aufrechterhalten.<br />
Bereits in den Unternehmensanfängen wurde das Personal<br />
zukunfts- und wachstumsorientiert aufgestellt. Die Seifenund<br />
Glyzerinfabrik war ein lukrativer neuer Arbeitgeber für<br />
die Anwohner in der direkten Umgebung und gleichzeitig<br />
suchte die Unternehmensführung über die Landesgrenzen<br />
hinweg Facharbeiter, die in der chemischen Industrie<br />
auch im letzten Jahrhundert schon sehr gefragt waren. Im<br />
neuen Jahrtausend haben wir uns als Arbeitgeber über<br />
die regionalen Grenzen hinaus einen Namen gemacht.<br />
Ende 2022 beschäftigt die Peter Greven Gruppe weltweit<br />
über 450 Mitarbeiter. Alleine im letzten Jahrzehnt ist die<br />
Firmengruppe um rund 100 neue Kollegen gewachsen,<br />
Haupttreiber waren hierbei die Internationalisierung und<br />
strategischen Standorterweiterungen.<br />
Unternehmenskultur, Kommunikation und das Miteinander<br />
definieren einen Arbeitgeber. Genau an diesen Punkt<br />
knüpft unser Personalmanagement an. Das gegenseitige<br />
Vertrauen spielt dabei eine zentrale Rolle. Die Beschäftigten<br />
vertrauen auf die langfristig richtigen Zielsetzungen<br />
der Gesellschafter und Geschäftsführung. Die Führungsebenen<br />
vertrauen den Kollegen, dass alle täglich<br />
ihr Bestes geben, um diese zu erreichen. Die Loyalität<br />
und Verbundenheit, die alle Unternehmenszugehörige der<br />
Firmengruppe entgegenbringen, ist für uns einmalig. Unternehmenskultur<br />
zeigt sich insbesondere in Krisenzeiten.<br />
Der Naturgewalt der Flut 2021 haben unsere Mitarbeiter<br />
einen beeindrucken und unermüdlichen Einsatz entgegengebracht,<br />
ohne den wir so schnell nicht wieder auf<br />
die Beine gekommen wären und für den wir auch heute<br />
noch Respekt und Dankbarkeit empfinden. Herausragend,<br />
im Vergleich zu vielen anderen Arbeitgebern, sind darüber<br />
hinaus die langjährigen Betriebszugehörigkeiten unserer<br />
Beschäftigten. In Zeiten, in denen der Arbeitsmarkt<br />
schnelllebiger als manch internationaler Handelsplatz ist,<br />
ist das wahrlich etwas Besonderes, das uns mit Stolz erfüllt.<br />
In der Muttergesellschaft ist beispielsweise ein Viertel<br />
der Beschäftigten über 20 Jahre im Unternehmen tätig,<br />
ein weiteres Viertel arbeitet seit sechs bis zehn Jahren bei<br />
uns, was Ergebnis des kontinuierlich gesunden Wachstums<br />
ist.<br />
Wichtige Stützen im Personalmanagement sind die Ausbildung,<br />
Nachwuchsförderung und Mitarbeiterentwicklung.<br />
Bei der strategischen Personalplanung und Nachbesetzung<br />
von Stellen greift unser breit gefächertes Ausbildungsprogramm<br />
mit zehn Ausbildungsberufen, mit denen<br />
wir beispielsweise anstehende Verrentungen frühzeitig<br />
mit eigenen, jungen Kräften nachbesetzen können. Vielversprechende<br />
und motivierte Nachwuchstalente werden<br />
mit individuellen Entwicklungsplänen auf die Übernahme<br />
größerer Verantwortungsbereiche vorbereitet. Ein vielfältig<br />
aufgestelltes internes und externes Schulungsprogramm<br />
ermöglicht die zielgerichtete Entwicklung unserer<br />
Fachkräfte. Personalmanagement und Fachabteilungen<br />
arbeiten eng zusammen, um unsere Belegschaft zukunftsfähig<br />
aufzustellen und das Knowhow intern zu erhalten.<br />
144
Neben den fixen Faktoren in der Personalentwicklung und<br />
-führung müssen auch wir uns den Veränderungen am Arbeitsmarkt<br />
anpassen. Der Wandel vom Arbeitgebermarkt<br />
zu einem Arbeitnehmermarkt ist unumstritten. Heutzutage<br />
bewerben sich die Arbeitgeber bei Arbeitnehmern. Unternehmen<br />
positionieren sich als Arbeitgeber und bewerben<br />
dies aktiv. Im War of Talents, dem Arbeitskräftemangel,<br />
sind zielgruppengerechte und moderne Recruiting Methoden<br />
zur Gewinnung neuer Mitarbeiter unerlässlich.<br />
Auch wir haben dazu vor einigen Jahren ein Employer<br />
Branding entwickelt. Employer Branding ist eine Marketingstrategie<br />
zur Positionierung und Kommunikation<br />
als Arbeitgeber, die in zwei Richtungen arbeitet: Externe<br />
Personen sollen auf das Unternehmen als Arbeitgeber<br />
aufmerksam werden und intern soll die Zufriedenheit der<br />
Beschäftigten gesteigert werden, um so deren Bindung<br />
an das Unternehmen zu stärken. Ein Tool das in diesem<br />
Zusammenhang stetig an Relevanz gewinnt ist das Social<br />
Media Marketing. Herzstück der Employer Branding Strategie<br />
ist unsere Arbeitgebermarke: „Persönlicher Einsatz.<br />
Gemeinsamer Erfolg.“ Mit diesem Claim bringen wir unser<br />
Verständnis als Arbeitgeber auf den Punkt. Wir setzen auf<br />
das Engagement eines jeden Einzelnen, denn nur so erzielen<br />
wir gemeinsam den Erfolg, der unser Fortbestehen am<br />
Markt sichert.<br />
Neben der wirtschaftlichen und finanziellen Sicherheit,<br />
ermöglichen wir unseren Mitarbeitenden verschiedene<br />
Benefits. Diese sollen uns nicht nur von anderen Arbeitgebern<br />
abheben, sondern sie sollen Wertschätzung für die<br />
Beschäftigten zum Ausdruck bringen. Zentrale Themen<br />
sind hierbei zum Beispiel die Gesundheitserhaltung und<br />
-förderung. Darüber hinaus arbeiten wir stetig an der Zufriedenheit<br />
unserer Kollegen. Ein wichtiges Instrument ist<br />
unser Führungsleitfaden. Der Führungsleitfaden ist jedoch<br />
keine Einbahnstraße, sondern gibt sowohl Vorgesetzten<br />
als auch Mitarbeitenden Orientierung für das Miteinander<br />
auf Augenhöhe. Um unsere ambitionierten Führungsziele<br />
zu erreichen, legen wir nicht nur Wert auf die richtigen Benefits<br />
und eine persönliche Unternehmenskultur, sondern<br />
versuchen mit den Beschäftigten im Gespräch zu bleiben.<br />
Wir stellen die Mitarbeiterzufriedenheit auf den Prüfstand,<br />
um diese verbessern zu können. Das geschieht zum Beispiel<br />
durch Mitarbeiterbefragungen, Feedbackrunden,<br />
Teamveranstaltungen oder unsere Projektgruppe Mitarbeiterinteressen,<br />
die regelmäßig mit der Geschäftsleitung<br />
und dem Personalmanagement zusammenkommt.<br />
Unsere Werte als Arbeitgeber möchten wir natürlich nicht<br />
nur im Employer Branding vermarkten, sondern wir möchten<br />
sie leben. Denn ebenso wie wir neue Mitarbeiter für<br />
unser Unternehmen begeistern möchten, brauchen wir<br />
unsere bestehende Belegschaft, mit deren Knowhow weiteres<br />
Wachstum erst möglich wird und mit denen wir für<br />
die Herausforderungen am Arbeitsmarkt bestens gerüstet<br />
sind. Wir begegnen mittlerweile einer neuen Generation<br />
Arbeitnehmer, die ein anderes Anspruchsdenken an<br />
Arbeitgeber entwickelt hat, die sich einem rasant wachsenden<br />
Arbeitsmarktangebot gegenübersieht und bei der<br />
Unabhängigkeit oft vor Verbundenheit steht. Beschäftigte<br />
wechseln und bleiben in Unternehmen wegen der Menschen<br />
und des Miteinanders. Das bringt uns zu unserem<br />
Kernbestreben zurück, den Charakter des mittelständischen<br />
Familienunternehmens zu erhalten, mit kurzen Wegen<br />
und offenen Türen. Denn genau deswegen sind wir<br />
nicht nur ein erfolgreiches Unternehmen, sondern auch<br />
ein erfolgreicher Arbeitgeber und das sind wir sehr gerne<br />
– damals wie heute – mit Begeisterung und Weitsicht.<br />
145
FIRMENSTRUKTUR<br />
Peter Greven Gruppe<br />
Oleochemie<br />
Hautschutz<br />
Peter Greven<br />
GmbH & Co. KG<br />
Peter Greven<br />
Nederland C.V.<br />
Peter Greven Asia<br />
Sdn. Bhd. (JV)<br />
Norac Additives<br />
LLC<br />
Peter Greven<br />
Physioderm GmbH<br />
Metallseifen<br />
Metallseifen<br />
Metallseifen<br />
Metallseifen<br />
Hautschutz<br />
Alkaliseifen<br />
Alkaliseifen<br />
Alkaliseifen<br />
Ester<br />
Hautreinigung<br />
Ester<br />
Dispersionen<br />
Dispersionen<br />
Stabilisatoren<br />
Hautpflege<br />
Dispersionen<br />
Desinfektion<br />
Spezialadditive<br />
Spendersysteme<br />
Grüne Linie = Produktion ausschließlich auf Basis pflanzlicher Rohstoffe<br />
147
Peter Greven<br />
gründet die<br />
Seifenund<br />
Glyzerinfabrik<br />
1923<br />
Wandel von der<br />
Seifenfabrik zum<br />
Produzenten oleochemischer<br />
Additive<br />
und Derivate<br />
1945<br />
Gründung der Chemischen<br />
Fabrik Iversheim<br />
und Start der<br />
Entwicklung spenderdosierbarer<br />
Hautreinigungsmittel<br />
1958<br />
Firmengründer<br />
Peter Greven<br />
stirbt im Alter<br />
von 76 Jahren<br />
1962<br />
Produktionsbereich<br />
wird<br />
um Ester<br />
erweitert<br />
1968<br />
Neue roboter-gesteuerte<br />
Verpackungsanlagen<br />
1980ER<br />
1934<br />
1956<br />
1960ER<br />
1970ER<br />
Inbetriebnahme<br />
einer Anlage zur<br />
Fettspaltung und<br />
Glyzeringewinnung<br />
Beginn der Metallseifenherstellung,<br />
Diversifizierung<br />
Mit Heinz und<br />
Günther Greven<br />
übernimmt die<br />
2. Generation die<br />
Führung des<br />
Familienbetriebs<br />
Steigender<br />
Marktbedarf an Metallseifen,<br />
Erweiterung<br />
der Kapazität<br />
148
FIRMENGESCHICHTE & MEILENSTEINE<br />
Mit Peter Greven<br />
tritt die<br />
3. Generation in die<br />
Geschäftsleitung<br />
ein<br />
1993<br />
Übernahme des<br />
Stearatgeschäfts der<br />
französischen Firma<br />
Ceca, Gründung<br />
Peter Greven France<br />
2005<br />
Gründung der Tochterfirma<br />
Peter Greven Asia<br />
in Malaysia<br />
2007<br />
1990ER<br />
2000<br />
2006<br />
2011<br />
Konventionelle<br />
Batchverseifung wird<br />
vollautomatische<br />
Kontiverseifung.<br />
Neue Abfüllanlagen<br />
für Silo, Big Bags<br />
und Container<br />
Akquisition der<br />
Produktionsstätte<br />
in Venlo, Gründung<br />
Tochterfirma<br />
Peter Greven Nederland<br />
Auslagerung des<br />
Hautschutz-Geschäftes<br />
und Neubau<br />
der Produktion<br />
in Euskirchen<br />
Gründung<br />
Peter Greven US<br />
149
90 Jahre<br />
Peter Greven<br />
2013<br />
DP-Anlage Venlo,<br />
NL<br />
2014<br />
Übernahme Norac<br />
Additives Limited, USA<br />
2017<br />
Flutkatastrophe<br />
2021<br />
100 Jahre<br />
Peter Greven<br />
<strong>2023</strong><br />
2013<br />
2017<br />
2020<br />
2022<br />
Inbetriebnahme der<br />
VE4 und Neubau der<br />
Verwaltung und<br />
des Labors<br />
Rückbau der Fettsäure-Produktion<br />
Umbau bei Peter<br />
Greven Physioderm<br />
COAD ® Anlage bei<br />
Peter Greven Asia<br />
150
LUFTAUFNAHMEN<br />
1930er Jahre<br />
Gründungsphase mit der an der Erft gelegenen Siederei<br />
153
1940er Jahre<br />
Das Firmengelände nach der Erweiterung der Siederei inkl. Kesselhaus<br />
154
1955<br />
Der Betrieb hatte sich zu beiden Seiten entlang der Erft ausgedehnt<br />
155
1961<br />
1961 nach Errichtung der Autoklavenspaltung in der Werksmitte links mit dem Peter Greven Schriftzug auf dem Dach<br />
156
1967<br />
1967 nach dem Neubau der Stearat 4 (links auf dem Werksgelände)<br />
157
1967<br />
1980er Jahre<br />
1980er Jahre nach dem Bau der Metallseifenabteilung<br />
158
1987<br />
1987 nach dem Neubau der Hallen 10 und 11 (am unteren Bildrand)<br />
159
1991<br />
1991 nach dem Bau des Zentrallagers und des Tanklagers<br />
160
1999<br />
1999 nach dem Neubau der Hallen 14 und 15 (oben rechts)<br />
161
2006<br />
2006 nach der Errichtung des Vertropfungsturmes (rechts)<br />
162
2013 Neubau der Veresterungsanlage VE4 sowie des neuen Verwaltungs-, Labor- und Sozialtrakts oberhalb des bisherigen Firmengeländes<br />
2013<br />
163
1926 1945 1951<br />
1960ER JAHRE<br />
1936 1940ER - 1950ER JAHRE 1953
LOGO-HISTORIE<br />
1969 1989 ab 2010<br />
1967 1970ER - 1980ER JAHRE 1990ER JAHRE - 2010
GLOSSAR<br />
Abrasion: Abtragung von Oberflächen mittels schleifender<br />
Medien.<br />
Alkaliseifen: Natrium- oder Kalium-Salze einer Fettsäure.<br />
Autoklaven/Spaltautoklaven: Gasdicht verschließbarer<br />
Druckbehälter, der für die thermische Behandlung<br />
von Stoffen im Überdruckbereich eingesetzt<br />
wird.<br />
Batchverseifung: Die Herstellung der Seife in Einzelansätzen<br />
(im Gegensatz zur kontinuierlichen<br />
Herstellung).<br />
COAD®: Pantentiertes, kontinuierliches Produktionsverfahren<br />
zur Herstellung von Metallseifen der<br />
Norac Additives, LLC. Das Verfahren zeichnet sich<br />
durch eine hohe Leistung und Energieeffizienz aus.<br />
Direktprozess (DP): Verfahren zur Herstellung von<br />
Metallseifen in nur einem Reaktionsschritt. Hierbei<br />
wird ein mehrwertiges Metallhydroxid direkt mit<br />
einer oder mehreren Fettsäuren zur Reaktion gebracht<br />
und bildet die entsprechende Metallseife.<br />
Destillation: Durch Verdampfen können Stoffe mit<br />
unterschiedlichen Siedepunkten voneinander abgetrennt<br />
werden, z. B. Wasser (Sdp.: 100° C) und Aceton<br />
(Sdp.: 56° C).<br />
DIN ISO 9001/14001: Internationale Normen zum<br />
Qualitätsmanagement (ISO 9001) und Umweltmanagement<br />
(ISO 14001), die einen hohen Standard<br />
sowohl der Qualität der Produkte als auch des Umweltschutzes<br />
sichern.<br />
Emulgator: Emulgatoren dienen dazu, zwei nicht<br />
mischbare Flüssigkeiten, wie zum Beispiel Öl und<br />
Wasser, zu einem fein verteilten Gemisch (Emulsion)<br />
zu vermengen und zu stabilisieren.<br />
Ester/Veresterung: Als Ester wird eine funktionelle<br />
Gruppe bezeichnet, welche durch Kondensation<br />
von einer alkoholischen Gruppe (R2-<br />
OH) und einer Säuregruppe (R1-COOH) entsteht<br />
(R1-COO-R2). Die Reaktion zur Herstellung<br />
von Estern wird entsprechend Veresterung genannt.<br />
Meist laufen solche Reaktionen im industriellen<br />
Maßstab bei Temperaturen über 100 ° C<br />
ab, um das sich bei dem Prozess entstehende Wasser<br />
zu verdampfen.<br />
Fällung: Abtrennung eines gelösten Stoffes einer<br />
Lösung durch Zusätze von geeigneten Reagentien<br />
als Feststoff.<br />
Fettsäure: ist eine Gruppenbezeichnung für Monocarbonsäuren,<br />
die aus einer Carboxygruppe (–<br />
COOH) und aus einer unterschiedlich langen, aber<br />
fast ausschließlich unverzweigten Kohlenwasserstoffkette<br />
bestehen. Die Namensgebung Fettsäure<br />
ist einerseits bedingt durch die Herkunft der Substanzen<br />
aus den Grundstoffen Fett und Öl und andererseits<br />
durch die typischen chemischen Eigen-<br />
166
schaften dieser Stoffgruppe, z.B. Säurecharakter,<br />
schlechte Löslichkeit in Wasser u.ä.<br />
Fettsäurederivate: Abgeleiteter Stoff ähnlicher<br />
Struktur zu einer entsprechenden Grundsubstanz, in<br />
diesem Fall der Fettsäure.<br />
Fettspaltung: Zerlegung der Fette, d. h. der Triglyzeride,<br />
in die konstituierenden Fettsäuren und Glycerin.<br />
Galenik: Die Lehre von der Arzneimittelzusammensetzung<br />
und -herstellung.<br />
Glyzerin: Einfachster dreiwertiger Alkohol.<br />
GMP: Unter GMP (Good Manufacturing Practice, dt.<br />
“Gute Herstellungspraxis”) versteht man Richtlinien<br />
zur Herstellung und Qualitätssicherung in der Produktion<br />
von Arzneimitteln, Kosmetika, Lebens- und<br />
Futtermitteln.<br />
Halal: heißt übersetzt „erlaubt“ und bezeichnet alle<br />
Dinge und Handlungen, die nach dem islamischen<br />
Recht erlaubt sind, so sind z. B. sind im Koran und in<br />
der Sunna Speisevorschriften niedergelegt, welche<br />
festlegen ob Speisen halal (erlaubt) sind oder nicht.<br />
Hydrierung: Addition von Wasserstoff an Doppelund<br />
Dreifachbindungen.<br />
Hydrophobierung: Der Begriff hydrophob bedeutet<br />
wassermeidend oder wasserabweisend. Im Rahmen<br />
der Hydrophobierung wird also ein Material<br />
oder eine Oberfläche wasserabweisend gemacht.<br />
Erkennbar wird diese Eigenschaft in vielen Fällen<br />
dadurch, dass hydrophobe Oberflächen Wasser abperlen<br />
lassen.<br />
Kontiverseifung: Im Gegensatz zur Batchherstellung<br />
optimiertes, kontinuierliches Herstellungsverfahren<br />
für alkalische Seifen.<br />
Koscher: Kaschrut sind religionsgesetzliche Vorschriften<br />
zur Zubereitung und Verzehr von Speisen<br />
in der jüdischen Glaubensgemeinschaft. Es dürfen<br />
nur Speisen verzehrt werden, die koscher sind.<br />
Bezogen auf die Oleochemie heißt das, dass nur<br />
pflanzliche Rohstoffe verwendet werden dürfen.<br />
Metallseife: Sammelbezeichnung für Salze der<br />
Fettsäure mit unterschiedlichsten Metallen, wie<br />
Aluminium, Zink, Calcium, Lithium usw. Die gemeinsame<br />
Eigenschaft dieser Verbindungen ist ihre Hydrophobie<br />
und Wasserunlöslichkeit, im Gegensatz zu<br />
Kalium- oder Natriumseifen.<br />
Oleat: Salze der Oleinsäure.<br />
Oleinsäure: auch Ölsäure; einfach ungesättigte<br />
Fettsäure.<br />
Oleochemie: Ein Chemiezweig, der sich mit Reaktionen<br />
und Produkten beschäftigt, die auf natürlichen<br />
Ölen und Fetten als Rohstoffe aufbauen.<br />
167
Pilliermaschine: Eine Maschine zum Kneten und<br />
Walzen von fertigen Seifen, um die Seifenmasse<br />
möglichst gut zu homogenisieren.<br />
Stearat: Salze der Stearinsäure.<br />
Stearinsäure: gesättigte Fettsäure. Ihre Salze und<br />
Ester heißen Stearate.<br />
Strangpresse: Eine Maschine zur Formung der Seifenmasse<br />
zu langen Strängen, die dann anschließend<br />
in die entsprechenden Seifenstücke geschnitten<br />
werden.<br />
Turmspaltung: Ein spezieller Prozess zur Spaltung<br />
von Fett in Glycerin und Fettsäure. Findet bei hohen<br />
Temperaturen (>200°C) und Drücken (>50 bar) statt.<br />
Hauptbestandteil solcher Anlagen ist eine sehr hohe<br />
Spaltungskolonne, daher der Name Turmspaltung.<br />
168