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GREVEN 2023- Historie DE

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PETER <strong>GREVEN</strong><br />

100 JAHRE<br />

FIRMENGESCHICHTE<br />

1923-<strong>2023</strong>


PETER <strong>GREVEN</strong><br />

100 JAHRE FIRMENGESCHICHTE<br />

1923-<strong>2023</strong>


2


3


Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird bei Personenbezeichnungen und personenbezogenen<br />

Hauptwörtern in diesem Buch hauptsächlich die männliche Form verwendet. Entsprechende Begriffe<br />

gelten im Sinne der Gleichbehandlung grundsätzlich für alle Geschlechter. Die verkürzte<br />

Sprachform hat nur redaktionelle Gründe und beinhaltet keine Wertung.<br />

Impressum:<br />

© <strong>2023</strong> Peter Greven GmbH & Co.KG<br />

Peter-Greven-Str. 20-30<br />

D-53902 Bad Münstereifel<br />

Herstellung: Westkreuz-Verlag GmbH<br />

12309 Berlin<br />

Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des<br />

Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung der Peter Greven GmbH & Co.KG unzulässig und<br />

strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die<br />

Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.


INHALT<br />

VORWORT 7<br />

1920ER JAHRE GRÜNDUNGSPHASE 11<br />

1930ER JAHRE BEGINN <strong>DE</strong>R FETTSÄUREPRODUKTION 21<br />

1940ER JAHRE ÜBERGANG VON <strong>DE</strong>R SEIFENFABRIK ZUR OLEOCHEMIE 29<br />

EXKURS ÖLE UND FETTE 30<br />

1950ER JAHRE BEGINN <strong>DE</strong>R METALLSEIFENFERTIGUNG 39<br />

1960ER JAHRE DIE 2. GENERATION ÜBERNIMMT DIE FÜHRUNG 53<br />

EXKURS SEIFEN UND METALLSEIFEN 58<br />

1970ER JAHRE ERWEITERUNG <strong>DE</strong>R KAPAZITÄTEN 67<br />

1980ER JAHRE EINZUG <strong>DE</strong>R AUTOMATISIERUNG 79<br />

EXKURS DIE ENTWICKLUNG <strong>DE</strong>S BERUFLICHEN HAUTSCHUTZES 80<br />

1990ER JAHRE EINSATZ NEUER TECHNOLOGIEN 91<br />

EXKURS ANWENDUNGSBEREICHE VON METALLSEIFEN & ESTERN 94<br />

2000ER JAHRE INTERNATIONALISIERUNG 109<br />

2010ER JAHRE EXPANSION IN DIE USA 123<br />

EXKURS BRANDKATASTROPHE BEI PETER <strong>GREVEN</strong> ASIA 128<br />

EXKURS ESTER 134<br />

2020ER JAHRE AUSBLICK 137<br />

EXKURS FLUTKATASTROPHE JULI 2021 138<br />

EXKURS DIE PETER <strong>GREVEN</strong> GRUPPE ALS ARBEITGEBER 144<br />

GLOSSAR 166


VORWORT<br />

Das Unternehmen Peter Greven wurde vor 100<br />

Jahren, im Jahr 1923, von meinem Großvater als<br />

„Seifen- und Glyzerinfabrik“ gegründet. Zahlreiche<br />

Unternehmen, auch manche, die als modern<br />

und innovativ gelten, arbeiten nur eine gewisse<br />

Zeit erfolgreich und überstehen oftmals nur<br />

wenige Jahre. Wie vielen familiengeführten,<br />

mittelständischen Unternehmen, die gerade<br />

in Deutschland eine sehr große Bedeutung für<br />

Wachstum und Arbeitsplätze in der Gesamtwirtschaft<br />

haben, ist es uns gelungen, in den letzten<br />

Jahrzehnten auch einige schwierige Phasen und<br />

Krisen zu überstehen.<br />

Wie kommt es, dass Familienunternehmen häufig<br />

länger bestehen bzw. länger unabhängig<br />

bleiben als große, börsennotierte Unternehmen?<br />

Ich meine, hier sind vor allem zwei Punkte ausschlaggebend:<br />

Peter Greven<br />

Einerseits haben Familienunternehmen fast immer<br />

eine Langfristorientierung, d. h. Quartalsergebnisse<br />

spielen fast keine Rolle, selbst das Jahresergebnis<br />

hat keinen allzu großen Stellenwert,<br />

solange die mittel- und langfristige Entwicklung<br />

den Zielen entsprechend verläuft. Viele Untersuchungen<br />

zeigen, dass dies ein Grund ist, weshalb<br />

Familienunternehmen langfristig oft erfolgreicher<br />

sind. So war es sicherlich sehr weitsichtig,<br />

als die Geschäftsführung in den 1950er Jahren<br />

entschieden hat, mit der Metallseifenfertigung<br />

einen ganz neuen Produktionsbereich zu eröffnen.<br />

Die bis dahin dominante Stückseifenfertigung<br />

spielt heute keine Rolle mehr, die Metallseifenfertigung<br />

ist weltweit unser mit Abstand<br />

bedeutendster Geschäftsbereich.<br />

Andererseits liegen bei Familienunternehmen<br />

typischerweise Unternehmensführung und Eigentümerschaft<br />

in einer Hand. Hierdurch werden<br />

viele Probleme von vorneherein ausgeschlossen.<br />

7


Der Unternehmer muss immer Chancen und Risiken<br />

sehr genau gegeneinander abwägen, da<br />

er ja im Falle des Misserfolgs auch mit seinem<br />

gesamten Kapital voll haftet. In den 1950er und<br />

1960er Jahren hätte unser Unternehmen sicher<br />

schnell wachsen können, wenn man sich sehr<br />

stark auf wenige große Kunden und Industrien<br />

konzentriert hätte. Das hätte aber dem Prinzip<br />

der Risikostreuung widersprochen, weshalb sich<br />

mein Vater und mein Onkel damals für ein etwas<br />

langsameres Wachstum bei reduziertem Risiko<br />

entschieden haben. In einem Großunternehmen,<br />

bei dem die Manager meistens nur wenige Jahr<br />

die oberste Führung innehaben, nicht haften und<br />

gegen Risiken weitestgehend abgesichert sind,<br />

wäre die Entscheidung wahrscheinlich anders<br />

ausgefallen. Die Trennung von unternehmerischem<br />

Risiko und Haftung hat in der Vergangenheit<br />

teilweise zu massivem individuellen Fehlverhalten<br />

geführt.<br />

Sicherlich haben Familienunternehmen auf der<br />

anderen Seite auch Nachteile bzw. besondere<br />

Probleme. Der größte Nachteil ist, dass Konflikte<br />

innerhalb der Familie direkte und weitreichende<br />

Auswirkungen auf das Unternehmen haben können.<br />

Zum Glück war es in unserem Familien- und<br />

Gesellschafterkreis in der Vergangenheit immer<br />

so, dass man einer Meinung war bzw. sich schnell<br />

und friedlich auf eine Lösung einigen konnte. So<br />

waren in fast allen Gesellschafterversammlungen,<br />

an die ich mich erinnere, die Abstimmungen<br />

stets einstimmig. Wenn es mal Konflikte gab,<br />

hatten letztlich immer alle das Wohl des Unternehmens<br />

im Sinn und man hat durch das Zurückstellen<br />

persönlicher Interessen eine eivernehmliche<br />

Lösung gefunden. Derartige Grundsätze<br />

haben wir mittlerweile in einer Familiencharta<br />

niedergeschrieben. Sie umfasst die Leitlinien für<br />

das Handeln der Gesellschafter und der ganzen<br />

Familie, was den Fortbestand des Unternehmens<br />

auch in Zukunft sichern soll.<br />

Wir haben versucht, in dieser Chronik die wesentlichen<br />

Entwicklungen des Unternehmens<br />

von der Gründung bis heute aufzuzeichnen. Beim<br />

Zusammenstellen dieser Informationen haben<br />

wir festgestellt, dass sich zwar Technologien und<br />

Produktionsstandorte, Märkte und Wettbewerb,<br />

Kunden und Lieferanten, Gesetze und Rahmenbedingungen<br />

und Vieles mehr stark verändert<br />

haben, die wesentlichen Prinzipien der Unternehmensführung<br />

und der Zusammenarbeit aber<br />

bis heute gleichgeblieben sind.<br />

Viel Spaß beim Lesen!<br />

Peter Greven<br />

8


Gesellschafterversammlung 2019


1920ER JAHRE<br />

GRÜNDUNGSPHASE<br />

Begeisterung für das Unternehmen, Festhalten<br />

an Visionen und die Wertschätzung der Mitarbeiter<br />

sind heute wie damals die Standbeine des<br />

Familienunternehmens, das nun bereits auf 100<br />

Jahre Firmengeschichte zurückblicken darf.<br />

Und diese Begeisterung und Vision muss wohl<br />

auch Peter Greven gehabt haben, als er im Alter<br />

von 37 Jahren im Jahre 1923 in den Resten<br />

einer kleinen Holzwollefabrik an der Erft in Bad<br />

Münstereifel-Iversheim mehr sah als eine Ruine.<br />

Hier waren seit 1883 Seile, Holzwolle und andere<br />

Erzeugnisse gefertigt worden.<br />

Auch die ideale Lage an der Erft als wichtige<br />

Rohstoffquelle veranlasste Peter Greven, sein<br />

Anliegen zur Gründung eines chemischen Betriebes<br />

dem Bürgermeister vorzubringen, denn zu<br />

dem Gelände an der Erft gehörten auch die Wasserrechte<br />

– die für seine Planungen sehr wichtig<br />

waren – und die Lage bot Platz für spätere Erweiterungen.<br />

Der Ort Iversheim, seit 1816 eine selbständige<br />

Gemeinde, kommt 1969 bei der kommunalen<br />

Neugliederung zu Münstereifel, dass sich seit<br />

1967 Bad Münstereifel nennen darf.<br />

Geboren 1886 in Eschweiler im Kreis Aachen, beendete<br />

Peter Greven im Alter von 17 Jahren seine<br />

kaufmännische Lehre mit Auszeichnung. Die<br />

Firma Dalli in Stolberg bei Aachen wurde für die<br />

nächsten 20 Jahre sein Arbeitgeber.<br />

Seine Kenntnisse über die chemische Wissenschaft<br />

und deren industrielle Anwendungsmöglichkeiten<br />

erarbeitete sich Peter Greven im<br />

Selbststudium und als Gasthörer und Praktikant<br />

am chemisch-technischen Institut der Aachener<br />

Hochschule. Dort studierte er unter anderem<br />

Firmengründer Peter Greven<br />

auch die organische Chemie und die Verfahren<br />

zur Fettspaltung, Glyzeringewinnung, Hydrierung<br />

und Destillation.<br />

In seiner Funktion in der Betriebsführung bei<br />

Dalli in Stolberg konnte er den Übergang vom<br />

11


Schreiben der Firma Mäurer & Wirtz von 1913<br />

12


Erster handgezeichneter Lageplan der Fabrik von 1923<br />

13


14<br />

Gründungsantrag<br />

von 1923


1920ER JAHRE<br />

Handwerksbetrieb zum Industrieunternehmen<br />

begleiten. Damit war er bestens vorbereitet für<br />

die Gründung eines eigenen Unternehmens.<br />

Am 30. Juni 1923, dem offiziellen Gründungstag<br />

des Familienunternehmens, stellt Peter Greven<br />

den Antrag zur Errichtung einer „Seifen- und Glyzerinfabrik“<br />

und erhält am 23. Dezember 1924<br />

Konzessionen für deren Errichtung.<br />

Elisabeth und Peter Greven<br />

Die Familie hatte das Grundstück mit den Gebäudeteilen<br />

und weiteren Ländereien erworben.<br />

Kessel, Pressen und all die Gerätschaften, die<br />

Greven für die Produktion benötigte, wurden mit<br />

Flaschenzügen und Handwinden transportiert<br />

und in Handarbeit aufgestellt. Der Dampfkessel<br />

wurde mit Anthrazit-Kohle beheizt und anfangs<br />

noch per Schaufel befüllt.<br />

Mit Stellenangeboten wurden im ganzen Land<br />

erfahrene und „wirklich tüchtige und unverheiratete“<br />

Seifensieder und Seifensiedemeister<br />

gesucht. Diese waren auch im Ausland gefragte<br />

Fachkräfte.<br />

Nach einigen Um- und Anbauten begann die Seifen-<br />

und Glyzerinproduktion.<br />

Nach Seef (Eifeler Mundart für „Seife“) roch es<br />

jetzt oft in Iversheim. Und Seefe-Pitter riefen die<br />

Bewohner den Chemiker, Kaufmann und Fabrikanten<br />

Peter Greven, wenn er mit seinem Fahrrad<br />

unterwegs war. Das hatte vorne einen Gepäckträger<br />

mit Kasten, in den Peter Greven die<br />

Muster seiner Produkte packte und zum Verkauf<br />

über Land fuhr.<br />

Anfangs produzierten in Iversheim wenige Mitarbeiter<br />

Kern- und Haushaltsseifen, Soda und einfaches<br />

Waschpulver aus tierischen Fetten.<br />

Die Fettstoffe wurden mit Natronlauge zu Kernseifen<br />

verkocht, als Nebenprodukt entstand Glyzerin.<br />

Die fertig gekochte Seifenmasse wurde in<br />

flache Wannen auf einem Gestell gepumpt, das<br />

gekühlt werden konnte. Nach dem Abkühlen<br />

wurden die Seifenteile als Platten aus den Wannen<br />

genommen. Diese waren etwa achtzig Zentimetern<br />

im Quadrat groß, vier Zentimeter dick<br />

und wurden mit dünnen Drähten in kleine Stücke<br />

geschnitten. In Handpressen wurden die Stück-<br />

15


1920ER JAHRE<br />

chen in Form gepresst – das machten meistens<br />

Frauen.<br />

Auch seine Frau Elisabeth, die Peter Greven am<br />

14. Mai 1912 in Stolberg heiratete, arbeitete in<br />

der Feinseifenabteilung oder half mit dem Fahrrad<br />

bei der Auslieferung der Seife. Bis dahin hatte<br />

sie als Lehrerin in der Stadt gearbeitet.<br />

Jakobus wurde als erstes von 6 Kindern 1913 geboren.<br />

Es folgten Marie-Louise (1914), Heinz (1916),<br />

Marianne (1917), Günther (1918) und Gisela<br />

(1921).<br />

Familie Greven<br />

oben v.l.n.r.: Peter Greven, Gisela, Günther<br />

unten v.l.n.r.: Marie-Louise, Heinz, Marianne, Elisabeth Greven, Jakobus<br />

Elisabeth<br />

Greven<br />

16


Ihre Familie kannte Elisabeth Greven als eine<br />

sehr starke Persönlichkeit. Noch viele Jahre später<br />

erinnert man sich an einen Ausspruch, der<br />

ihre klare Haltung deutlich macht: Damals war<br />

die Produktion ziemlich stark mit Gerüchen belastet.<br />

Oft hieß es dann, es stinke wieder. Sie jedoch<br />

antwortete, dass es ihr lieber wäre, wenn<br />

es noch ein wenig mehr stinken würde. Mehr<br />

Geruch bedeutete mehr Produktion und war ihr<br />

Signal für ein erfolgreiches Geschäft.<br />

Das Produktionsprogramm wurde ständig erweitert<br />

und bald durch Toilettseifen, Spezialseifen<br />

für die unterschiedlichsten Anwendungen,<br />

Waschpulver und Waschhilfsmittel ergänzt.<br />

Die fertigen Produkte verkaufte Greven nicht an<br />

die Endverbraucher direkt, sondern an Händler<br />

und Geschäfte, die in der näheren Umgebung<br />

mit dem Handwagen oder Fahrrad beliefert wurden.<br />

Für weitere Transporte hatte man eigens ein<br />

Pferdefuhrwerk angeschafft.<br />

Bald war die hervorragende Qualität der Seifen<br />

und Waschmittel weit über die Eifel-Region<br />

hinaus bekannt, Kunden aus Köln, Bonn, Aachen<br />

oder Trier übermittelten ihre Bestellungen.<br />

Mehrtägige Auslieferungsfahrten, die auch<br />

schon mal bis nach Leipzig oder Dresden führten,<br />

waren bald an der Tagesordnung.<br />

Das Wohnhaus auf dem Betriebsgelände<br />

Auch die Nähe zur Bergbauregion und dem Ruhrgebiet<br />

stellte sich als vorteilhaft heraus, da die<br />

Arbeiter einen tariflich festgeschriebenen Anspruch<br />

auf ein Stück Seife pro Tag hatten, das<br />

Greven gerne lieferte.<br />

Um mehr Zeit mit der Familie verbringen zu können,<br />

baute Peter Greven auf dem Betriebsgelände<br />

ein Wohnhaus, in dem auch das Büro untergebracht<br />

war. Sein Interesse an seiner Heimat<br />

bestärkte er durch Mitgliedschaften in verschiedenen<br />

Vereinen und immer sehr guten Kontakten<br />

zur Nachbarschaft.<br />

17


1920ER JAHRE<br />

Auf dem Firmengelände befand sich auch ein<br />

großer Garten mit einem kleinen Teich. Peter<br />

Greven legte auf einem fünfzig Morgen umfassenden<br />

Gelände einen Fischweiher an, die Familie<br />

hielt Hühner und besaß ein Gewächshaus.<br />

Da die zugekaufte Fettsäure, die für die Produktion<br />

maßgeblich benötigt wurde, bei der Weiterverarbeitung<br />

starke Gerüche verursachte, war<br />

das Verständnis der Bevölkerung im näheren<br />

Umfeld von großer Bedeutung.<br />

Der Schutz der Umwelt und die Besorgnis um das<br />

Wohl der Mitarbeiter und der Nachbarschaft, gehörten<br />

damals und bis in die heutige Zeit zu den<br />

Grundsätzen der Firma.<br />

Peter Greven wurde 1928 vom Bürgermeister<br />

persönlich aufgefordert, sicherzustellen, dass<br />

die Abwässer des „chemischen Betriebes“ vollständig<br />

geklärt und unschädlich in die Erft zurückgelangen<br />

sollen.<br />

Mit steigendem Bedarf wuchs auch die Produktion<br />

in der „Seifen- und Glyzerinfabrik“ kontinuierlich,<br />

die technische Entwicklung und wachsende<br />

Mobilität ermöglichte die Erschließung eines immer<br />

größeren Verkaufsgebietes.<br />

Die Weltwirtschaftskrise erfasste Ende der 20er<br />

Jahre auch die Eifel. Es wurde zunehmend schwerer,<br />

genügend Rohstoffe in guter Qualität zu<br />

guten Konditionen zu beschaffen. Fettsäure als<br />

Hauptrohstoff war zwar noch in ausreichenden<br />

Mengen zu bekommen, wurde aber immer teurer.<br />

Um wirtschaftlichen Schaden vom Unternehmen<br />

abzuwenden und unabhängiger von Marktgegebenheiten<br />

zu werden und den Produktionsstandort<br />

in Iversheim zu sichern, fasste Peter Greven<br />

den entscheidenden und visionären Entschluss<br />

zum Bau einer eigenen Fettspaltungsanlage, um<br />

den Hauptrohstoff der Seifen, die Fettsäure, zukünftig<br />

selber herstellen zu können.<br />

18


1930ER JAHRE<br />

BEGINN <strong>DE</strong>R FETTSÄUREPRODUKTION<br />

Die Inbetriebnahmen dieser eigenen Anlage zur<br />

Fettspaltung und Glyzeringewinnung im Jahre<br />

1934 gilt bis heute als einer der Meilensteine in<br />

der Firmengeschichte.<br />

In Iversheim wurden vielerlei Öle und Fette tierischer<br />

und pflanzlicher Herkunft verarbeitet: Rinderfett,<br />

Walöl, Palmöl, Rizinus-, Soja, Erdnussöl<br />

und andere. Die Rohmaterialien wurden nach<br />

Ankunft im Labor geprüft und analysiert, in der<br />

Fabrik einem Reinigungsprozess unterzogen und<br />

wenig später unter Druck und mit hohen Temperaturen<br />

in Fettsäure und Glyzerin gespalten.<br />

Das Nebenprodukt Glyzerin wurde raffiniert und<br />

für technische Zwecke verwendet oder als Rohstoff<br />

weiterverkauft.<br />

Aus der Fettsäure entstanden – nachdem sie mit<br />

Natronlauge verseift worden war – je nach Zusätzen<br />

und der Form der weiteren Verarbeitung<br />

Toilettseifen, Kernseife oder Industrieseife. Bei<br />

Toilettseifen wurden dem Seifenteig diverse Additive,<br />

auch Farben und Riechstoffe, zugesetzt.<br />

Hatte er seine endgültige Zusammensetzung, erfolgte<br />

die Formung des Materials mittels Pilliermaschinen<br />

und Strangpressen. Form und Aufdruck<br />

variierten nach Art, Zweck und Ansprüchen im<br />

Empfängerland der Seife – genau wie die Verpackung,<br />

die am Ende der Fertigung den Prozess abschloss.<br />

Neben den Seifen wurden ebenfalls Waschpulver,<br />

Scheuermittel, Bleichsoda, Kopfwaschpulver<br />

und flüssige Seife produziert. Auch hier bildete<br />

das Abfüllen und Verpacken in Kartons, Dosen<br />

oder Flaschen einen nicht unerheblichen Anteil<br />

an der Produktionsarbeit.<br />

Der wachsende Bedarf an Fettsäuren für die<br />

Produktion konnte nun kontinuierlich bedient<br />

werden und der Betrieb erreichte außerdem eine<br />

größere Unabhängigkeit von den nationalen und<br />

internationalen Rohstoffmärkten.<br />

Produktion und Handelsprogramm konnten erweitert<br />

werden, die Rohstoffe Fettsäure und Glyzerin<br />

standen neben dem Eigenverbrauch nun<br />

auch für den Verkauf zur Verfügung.<br />

Durch die wirtschaftliche Entwicklung Deutschlands<br />

nach Überwindung der Weltwirtschaftskrise<br />

stieg die Nachfrage an Waschpulvern und<br />

Seifen aller Art, besonders in der Bergbauregion<br />

wuchs der Bedarf an Seifen kontinuierlich.<br />

LIGA und LIGANA als Toilett-Stückseife werden<br />

1936 die ersten rechtlich geschützten Markennamen<br />

der Firma Peter Greven. Das breit gefächerte<br />

Produktionsprogramm enthält außerdem Haushalts-<br />

und Industrieseifen aller Art, Seifenpulver,<br />

Reinigungsmittel und mit Fettsäure, Glyzerin und<br />

Soda nun auch chemisch-technische Erzeugnisse.<br />

Auch profitierte man von wissenschaftlichen<br />

21


Genehmigungsantrag aus dem Jahr 1927<br />

22


23


Die Erft als wichtiger Wasserlieferant bestimmt heute wie damals die Gebäudeplanung<br />

24


1930ER JAHRE<br />

Fortschritten der Chemie im Bereich der Reinigungsmittel<br />

und dem ständig steigenden Absatz<br />

von Glyzerin.<br />

Peter Greven investierte kontinuierlich in sein<br />

Unternehmen und ebnete den Weg für Innovationen.<br />

Neue Dampfkessel konnten angeschafft<br />

werden, die notwendige Erweiterung der Seifensiederei<br />

konnte in Angriff genommen werden.<br />

Die Sicherstellung der Wasserrechte auf die durch<br />

das Werk verlaufende Erft wurde vom Regierungspräsidenten<br />

durch die Neuerteilung der Wasserableitungs-<br />

und Abwassereinleitungsrechte am<br />

23. September 1939 bestätigt.<br />

Erster Dampfkessel mit Kohlebefeuerung<br />

Der Beginn des Zweiten Weltkrieges am 1. September<br />

1939 hatte vorerst keinen Einfluss auf die<br />

Produktion und die Geschäftstätigkeit bei Peter<br />

Greven in Iversheim.<br />

Trotzdem musste parallel zu Erweiterungen und<br />

Umbauten der Produktionsanlagen auch ein<br />

Luftschutzbunker auf dem Betriebsgelände gebaut<br />

und eingerichtet werden.<br />

Peter Greven, mittlerweile 53 Jahre alt, beschäftigte<br />

sich zu der Zeit auch mit der Frage der<br />

Nachfolge in der Unternehmensleitung, die nach<br />

seinem Wunsch in der Familie bleiben sollte.<br />

Blick in die Siederei mit Siedekessel im Hintergrund<br />

25


1930ER JAHRE<br />

Plan für den Bau eines Luftschutzbunkers auf dem Betriebsgelände<br />

26


Stückseifenproduktion Ende der 1930er Jahre<br />

Der erstgeborene Sohn Jakobus absolvierte ein<br />

Studium der Volkswirtschaftslehre, widmete sich<br />

der wissenschaftlichen Arbeit an der Hochschule<br />

und promovierte 1936. Seine Dissertation „Die<br />

dynamische Geld- und Kreditlehre des Merkantilismus.<br />

Eine Studie zu John Law“ wurde noch<br />

1971 und 1989 zitiert. Er kehrte aber nicht in den<br />

Familienbetrieb zurück.<br />

Für Peter Grevens Nachfolge in der Geschäftsführung<br />

standen Ende der dreißiger Jahre nach<br />

erfolgreich absolvierten Volontariaten in verschiedenen<br />

Unternehmen der Großchemie die<br />

Söhne Heinz und Günther Greven bereit. Ihre<br />

Erfahrungen und das erworbene Wissen sollten<br />

für die weitere Entwicklung des väterlichen Betriebes<br />

von großem Nutzen sein.<br />

Stattdessen trat Dr. Jakobus Greven in die Geschäftsführung<br />

der Frankfurter Metallgesellschaft<br />

ein. Diese wurde später zu einem bedeutenden<br />

Kunden, die zur Metallgesellschaft<br />

gehörende Tochterfirma Lurgi zu einem wichtigen<br />

Technologielieferanten.<br />

27


1940ER JAHRE<br />

ÜBERGANG VON <strong>DE</strong>R SEIFENFABRIK<br />

ZUR OLEOCHEMIE<br />

Manche Produkte der Firma Peter Greven waren<br />

im Krieg bestens bekannt, so z.B. das Wasch- und<br />

Scheuermittel LIGA BLITZ. Gemäß den Rationierungsmaßnahmen<br />

wurde eine Sandseife hergestellt,<br />

die zur Reinigung der Hände bei starken<br />

oder groben Verschmutzungen geeignet war.<br />

Mit der Zeit wurden die Rohstoffe noch knapper.<br />

Selbst tierische Fette, die eigentlich minderwertig<br />

waren und in normalen Zeiten nicht<br />

für die menschliche Ernährung genutzt wurden,<br />

waren jetzt begehrte Lebensmittel.<br />

Peter Greven war immer ein strikter Gegner der<br />

Maßnahme, die „Deutsche Fettlücke“, also den<br />

Mangel an für die menschliche Ernährung geeigneten<br />

Fetten, durch aus Kohle gewonnene<br />

Butter zu schließen.<br />

Als die „Deutsche Fettlücke“ propagiert wurde,<br />

begann Peter Greven sogleich gegen die These<br />

„Butter aus Kohle“ anzugehen. Er vertrat die Ansicht,<br />

dass diese „Butter“ für die Volksgesundheit<br />

recht gefährlich sei und die aus Kohle gewonnenen<br />

Oxydationsprodukte als Fettsäuren<br />

nur für technische Zwecke verwendet werden<br />

sollten.<br />

Nach 1945 verfasste Peter Greven sogar eine<br />

Abhandlung über das Thema und unterbreitete<br />

seine Ausführungen verschiedenen Gremien.<br />

Er bewies, dass die „Butter aus Kohle“ ein wirtschaftlicher<br />

und ernährungstechnischer Fehlschlag<br />

sei und dass für deren Fabrikation nicht<br />

einmal genügend Glyzerin zur Verfügung stand.<br />

Nach dem Ende des Krieges 1945 lagen Deutschland<br />

und die Welt in Trümmern, Leben und Wirtschaft<br />

waren faktisch zum Stillstand gekommen.<br />

Iversheim war nun ein Ort in der britischen Besatzungszone.<br />

Wie überall arbeiteten auch in der Fabrik Peter<br />

Greven vor allem Frauen, denn viele Männer waren<br />

gefallen, verschollen oder noch in Kriegsgefangenschaft.<br />

Man fror und hungerte, es fehlte einfach an allem.<br />

Der Schwarzmarkt blühte und jeder musste<br />

irgendwie für sich und seine Familie sorgen.<br />

Auch für die Firma Peter Greven war es schwer,<br />

die Produktion wieder in vollem Umfang aufzunehmen.<br />

Ungeachtet dessen widmete sich Peter Greven<br />

neben der Führung seines Betriebes auch noch<br />

vielen öffentlichen Aufgaben.<br />

Als Gemeinde- und Amtsbürgermeister, Mitglied<br />

des Kreistages und Amtsrat bis zum Vorsteher<br />

der Unterhaltsgemeinschaft der oberen Erft<br />

sowie des Umlegungsausschusses nahm er viel<br />

Einfluss auf Einrichtungen des Gemeinwohls in<br />

der Region. Auch war er unter anderem Mitglied<br />

des Beirats des Verbandes Deutscher Seifenfabrikanten.<br />

Mehrere Jahrzehnte wirkte er als Bei-<br />

29


EXKURS<br />

ÖLE UND FETTE<br />

Natürliche Öle und Fette sind jedem als Nahrungsmittel<br />

bestens bekannt. Die am häufigsten verwendeten Öle sind<br />

Sonnenblumen-, Soja-, Raps- und Olivenöl, zunehmend<br />

werden aber auch speziellere Öle wie z.B. Leinöl, Nussöle<br />

oder Kürbiskernöl verwendet. Von Butter einmal abgesehen<br />

spielen tierische Fette als Nahrungsmittel bei uns keine<br />

große Rolle mehr, wobei es noch immer Anhänger von<br />

Schweineschmalz (z.B. als Brotaufstrich oder zum Braten)<br />

oder Rindertalg (in Belgien traditionell für Pommes Frites<br />

verwendet) gibt.<br />

Im Gegensatz zur Anwendung als Nahrungsmittel ist die<br />

chemisch-technische Verwendung natürlicher Öle und<br />

Fette nicht so bekannt, obwohl sie schon seit vielen Jahrzehnten<br />

und in erheblichen Mengen praktiziert wird. Insbesondere<br />

durch den Trend zu nachwachsenden Rohstoffen<br />

gewinnt ihre Nutzung weiter an Bedeutung. Dabei sind<br />

im Bereich der Chemie vor allem Talg und Palmöl wichtige<br />

Rohstoffe. Während die Produktion von Talg als Nebenprodukt<br />

aus der Fleischherstellung seit vielen Jahren nahezu<br />

konstant ist, ist das Angebot an Palmöl sehr stark<br />

gewachsen:<br />

Wie im Nahrungsmittelsektor spielt auch im technischen<br />

Einsatz der Unterschied zwischen gesättigten und ungesättigten<br />

Fettsäuren eine sehr große Rolle, da dadurch die<br />

Eigenschaften des Öles bzw. Fettes sehr stark beeinflusst<br />

werden. Während ungesättigte Fettsäuren und Öle mit einem<br />

hohen Anteil ungesättigter Fettsäuren bei Raumtemperatur<br />

flüssig sind, sind gesättigte Fette und Fettsäuren<br />

fest. Die als Nahrungsmittel besonders geschätzten ungesättigten<br />

und mehrfach ungesättigten Fettsäuren haben<br />

in der technischen Anwendung oft den Nachteil, dass sie<br />

unter Hitzeeinwirkung schnell zu Verfärbung oder sogar<br />

Zersetzung neigen. Gesättigte Fettsäuren sind in dieser<br />

Hinsicht stabiler. Um zu den stabilen, gesättigten Fettsäuren<br />

zu kommen, werden Fette oder<br />

Fettsäuren häufig hydriert bzw. gehärtet.<br />

Dieser Prozess, der aus ernährungstechnischer<br />

Sicht nicht unproblematisch ist und<br />

deshalb vielfach kritisch diskutiert wurde<br />

– Stichwort Transfettsäuren –, ist für die<br />

technische Verwendung sehr nützlich und<br />

oft sogar unumgänglich.<br />

Quelle: https://de.statista.com/infografik/19707/entwicklung-des-weltweiten-palmoel-konsums/<br />

Neben der Unterscheidung zwischen gesättigten<br />

und ungesättigten Fettsäuren<br />

ist die Kettenlänge (d.h. die Anzahl der<br />

Kohlenstoff-Atome) ein weiteres entscheidendes<br />

Kriterium. Mit zunehmender Kettenlänge<br />

steigt der Schmelzpunkt an und<br />

langkettige Fettsäuren haben z.B. in der<br />

Regel bessere Gleiteigenschaften, während<br />

kurzkettige Fettsäuren eine bessere<br />

Löslichkeit besitzen. Es kann also je nach<br />

30


Anwendung die Fettsäure mit der richtigen Fettsäureverteilung<br />

herausgesucht werden. Die Übersicht zeigt die<br />

wichtigsten Fettsäuren und ihre Herkunft.<br />

Die meisten Öle und Fette kommen nur in bestimmten Regionen<br />

vor, da beispielsweise der Anbau bestimmte klimatische<br />

Bedingungen erfordert. Die folgende Weltkarte gibt<br />

einen groben Überblick über die wichtigsten Vorkommen:<br />

Die Nachfrage nach natürlichen Ölen und Fetten<br />

ist in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen,<br />

die Hauptgründe dafür sind<br />

• der stark steigende Nahrungsmittelbedarf<br />

in den wachsenden Volkswirtschaften<br />

Asiens, vor allem aus China<br />

und Indien<br />

• die stark zunehmende Produktion von<br />

Biokraftstoffen.<br />

31


Weltweit gesehen ist der Anteil der Biokraftstoffe zwar<br />

noch relativ gering, in Deutschland sind Biokraftstoffe<br />

aber jetzt schon der größte Abnehmer von Palmöl:<br />

Aufgrund des stark wachsenden Palmölanbaus, insbesondere<br />

in Malaysia und Indonesien, und der damit verbundenen<br />

negativen Folgen für die Umwelt wird Palmöl<br />

in Westeuropa zunehmend kritisch gesehen. Ein Boykott<br />

von Palmöl würde der Umwelt jedoch nicht helfen, da alle<br />

anderen Öle wesentlich mehr Land pro Liter Öl benötigen.<br />

Das bedeutet, wenn Palmöl durch andere Öle ersetzt würde,<br />

würde wesentlich mehr Anbaufläche benötigt, was mit<br />

neuen Umweltproblemen einherginge.<br />

Quelle: WWF-Studie von 2016<br />

32


Der bessere Weg ist der Einsatz von nachhaltig zertifiziertem<br />

Palmöl. Das führende Zertifizierungssystem ist der<br />

RSPO (Roundtable of Sustainable Palm Oil). Wir sind seit<br />

vielen Jahren Mitglied im RSPO und setzen uns für die Nutzung<br />

von zertifiziertem Palmöl und dessen Folgeprodukten<br />

ein. Dadurch wird z. B. sichergestellt, dass keine Abholzung<br />

von Regenwald und Trockenlegung von Torfgebieten<br />

stattfindet und keine Menschenrechte verletzt werden.<br />

Der Übergang zur CO2-neutralen Wirtschaft und der damit<br />

verbundene Wechsel von fossilen zu nachwachsenden<br />

Rohstoffen wird zu erheblichen Herausforderungen führen.<br />

Wenn es aber gelingt, die Nachhaltigkeitskriterien für<br />

alle Rohstoffe transparent zu machen und entsprechend<br />

einzupreisen, sind die Herausforderungen zu bewältigen.<br />

33


1940ER JAHRE<br />

rats- und Vollversammlungsmitglied in der Industrie-<br />

und Handelskammer Bonn mit, die ihn<br />

1958 zum Ehrenmitglied erhob.<br />

Nachdem Heinz und Günther Greven aus dem<br />

Krieg zurückgekehrt waren, nahmen sie ihre Arbeit<br />

in der Fabrik auf und traten bald darauf in<br />

die Leitung des Betriebes ein.<br />

Heinz Greven hatte sich hingegen ein enormes<br />

chemisch-technisches Wissen und viele praktische<br />

Fähigkeiten erarbeitet, war unter anderem<br />

Fachmann auf dem Gebiet der Pneumatik<br />

und Fördertechnik. Dies war besonders bei den<br />

ständigen Erweiterungen und Errichtungen von<br />

Produktionsanlagen von großem Nutzen. Auch<br />

konnten neue Anlagen aus günstigeren Einzelkomponenten<br />

in Eigenarbeit zusammengesetzt<br />

werden.<br />

Die Kombination der sehr unterschiedlich ausgeprägten<br />

Fähigkeiten beider Brüder sicherte eine<br />

dynamische und stabile Entwicklung des Unternehmens.<br />

Elisabeth Greven mit ihren Söhnen Heinz, Jakobus und<br />

Günther (v.l.n.r.)<br />

Günther Greven war klassischer Kaufmann, sein<br />

Hauptaugenmerk lag immer auf Kostenreduzierung,<br />

Produktivität, Profitabilität und Wachstum<br />

zum Wohl des Familienunternehmens.<br />

Aus dieser klassischen Konstellation mit einem<br />

kaufmännischen und einem technischen Leiter<br />

an der Spitze resultierte während ihrer jahrzehntelangen<br />

gemeinsamen Geschäftsführung<br />

jedoch auch mancher Konflikt. Bei ihren Diskussionen<br />

gegensätzlicher Standpunkte waren<br />

sich Heinz und Günther Greven aber in einem<br />

Punkt immer einig: Beide dachten und handelten<br />

im Interesse der Firma. Auf dieser Basis fanden<br />

die Brüder immer einen gemeinsamen Weg und<br />

eine zufriedenstellende Lösung für den Betrieb.<br />

Hin und wieder half auch Jakobus Greven von<br />

Frankfurt aus oder in Iversheim direkt, die unterschiedlichen<br />

Interessen und Konflikte seiner<br />

jüngeren Brüder auszubalancieren. Das zeichnete<br />

diese zweite Generation im Betrieb aus.<br />

34


„Wir leben alle von dem Betrieb. Wir müssen den Betrieb aufrechterhalten und<br />

pflegen, dann haben wir immer Arbeit.“<br />

Zitat: Heinz Greven, Ende der 1940er Jahre<br />

35


1940ER JAHRE<br />

Günther und Heinz Greven taten immer, was sie<br />

konnten – für den Betrieb und für ihre Mitarbeiter.<br />

Aber auch noch später wird Heinz Greven von<br />

einem damaligen Mitarbeiter zitiert. Der Technische<br />

Geschäftsführer habe bei seiner Ansprache<br />

auf der Weihnachtsfeier bedauert, nicht viel<br />

Weihnachtsgeld geben zu können – man hoffe<br />

aber, dass es bald wieder besser werde.<br />

Durch die Währungsreform von 1948 wurde am<br />

21. Juni 1948 in den drei westlichen Besatzungszonen<br />

Deutschlands die Deutsche Mark eingeführt.<br />

Dies gehörte zu den bedeutendsten wirtschaftspolitischen<br />

Maßnahmen der deutschen<br />

Nachkriegsgeschichte. Auch bei der Firma Peter<br />

Greven musste so mitten im Geschäftsjahr eine<br />

Umstellungsbilanz erstellt werden, bei der alle<br />

Vermögensgegenstände der Firma in die neue<br />

Währungseinheit umgerechnet wurden.<br />

Umstellungsbilanz anlässlich<br />

der Währungsreform<br />

1948<br />

36


1950ER JAHRE<br />

BEGINN <strong>DE</strong>R METALLSEIFENFERTIGUNG<br />

Rohstoffanlieferung in den 1950er Jahren<br />

39


1950ER JAHRE<br />

Die wirtschaftliche Lage nach dem Krieg besserte<br />

sich nur langsam.<br />

Viele der 300 Seifenfabriken in Deutschland<br />

wurden stillgelegt oder von Konzernen übernommen.<br />

Große Anstrengungen und Rationalisierungen<br />

waren auch bei Fa. Peter Greven notwendig,<br />

wollte man sich als mittelständisches<br />

Unternehmen erfolgreich gegen die drohende<br />

Konkurrenz internationaler Konzerne behaupten.<br />

Nach wie vor bildeten Seifen und Waschmittel in<br />

hoher Qualität den Schwerpunkt der Produktion.<br />

Die unter den Markennamen LIGA und LIGANA<br />

vertriebenen Produkte hatten mittlerweile einen<br />

landesweiten Bekanntheitsgrad erreicht. Der Anteil<br />

der Alkaliseifen am Gesamtabsatz der Firma<br />

betrug damals über 50%.<br />

darstellten, immer mehr an Bedeutung, so z.B.<br />

als Basis für Schleifpasten, Trockenschmierstoff<br />

bei der Metallumformung oder Stabilisator in der<br />

Chemischen Industrie.<br />

Mitte der fünfziger Jahre wurden dann die Weichen<br />

für die Neuausrichtung des Familienbetriebs<br />

gestellt: Der Wandel von der reinen Seifenfabrik<br />

zum Produzenten oleochemischer Additive und<br />

Derivate wurde vollzogen. Gleichzeitig wurde<br />

am 1.Juli 1955 aus der Einzelfirma eine KG.<br />

In der nun an Bedeutung gewinnenden Kunststoffindustrie<br />

entwickelte sich ein Bedarf an<br />

Metallseifen, worin die Firma Peter Greven – zu<br />

Recht, wie sich später zeigte – ein interessantes<br />

und neues Geschäftsfeld sah. Der Beginn<br />

der Metallseifenproduktion war jedoch nicht<br />

Das betriebseigene Labor analysierte nicht nur<br />

die Rohstoffe und fertigen Produkte, sondern<br />

mischte auch Duftstoffe und andere Essenzen.<br />

Manche Mischung der ätherischen Öle aus aller<br />

Welt wird als Firmengeheimnis streng gehütet.<br />

Mit Experimenten wurden neue Rezepte entwickelt<br />

und getestet. Eigene Rezepturen wurden<br />

auf Kundenwünsche abgestimmt und für die Produktion<br />

individuell hinterlegt.<br />

Neben den Seifen für Hauptkunden in der Montanindustrie<br />

gewannen die Kern- und Industrieseifen,<br />

die als technische Seifen Spezialprodukte<br />

Blick in das Labor der 1950er Jahre<br />

40


Artikel aus der Frankfurter Allgemeinen vom 19.01.1954<br />

41


1950ER JAHRE<br />

einfach und auch nicht kurzfristig zu realisieren,<br />

denn dazu war die Entwicklung einer ganz<br />

neuen Produktionstechnologie notwendig. Auch<br />

die Produkteigenschaften der Metallseifen, z.B.<br />

Calcium-, Magnesium-, Zink und Aluminiumstearat,<br />

waren anders als die der bisher produzierten<br />

Natrium- und Kaliumseifen, da sie nicht wasserlöslich<br />

sind und einen eher wachsartigen Charakter<br />

haben.<br />

1955 waren die Brüder Greven daher auf der Suche<br />

nach mehr Fachwissen, als im Hause vorhanden<br />

war. Auf ihre Stellenanzeige vom 5. Juli<br />

in der Chemiker-Zeitung meldet sich knappe<br />

fünf Wochen später ein Ing. Chem. Erwin Elsner.<br />

Er leitete zu dem Zeitpunkt eine größere Produktionsabteilung<br />

mit einer Reihe von anorganischen<br />

und organischen Erzeugnissen, hatte<br />

umfangreiche Kenntnisse auf dem Gebiet der<br />

Metallseifen und Textilhilfsmittel und kannte<br />

sich bestens bei der Herstellung der sich physikalisch<br />

unterschiedlich verhaltenden Qualitäten<br />

aus.<br />

Das alles passte zum Unternehmen Peter Greven<br />

und dessen neuen Zielen. Der Mann wollte sich<br />

verändern und suchte eine Lebensstellung – aber<br />

Erwin Elsner arbeitete noch im Volkseigenen Betrieb<br />

(VEB) Chemiewerk Greiz-Döhlau, lebte also<br />

in der Deutschen Demokratischen Republik (DDR).<br />

Dort hatte man sich intensiver mit der Herstellung<br />

von Metallseifen befasst und verfügte bereits<br />

über Know-how für verschiedene Prozesse.<br />

Die politischen Verhältnisse erforderten jedoch<br />

Geheimhaltung dieser Kontakte zwischen Ost<br />

und West, schon die Bewerbung an sich konnte<br />

den Absender und seine Familie in Gefahr bringen.<br />

Über die konspirativen Pläne auf beiden Seiten<br />

wird noch Jahrzehnte später mit Ehrfurcht und<br />

Anerkennung gesprochen, auch wenn die Flucht<br />

des Ingenieurs aus der DDR nach Iversheim als<br />

Nacht- und Nebelaktion bezeichnet wird.<br />

Die Familie Greven half ihm dann, hier sesshaft<br />

zu werden und später seine Familie nachkommen<br />

zu lassen.<br />

Zusammen mit ihm entwickelte Heinz Greven<br />

die neue Produktionstechnologie und schon bald<br />

ging die erste Produktionslinie in Betrieb.<br />

Die Bedeutung dieses Schrittes aus strategischer<br />

Sicht wird klar, wenn man sich bewusst macht,<br />

dass die Metallseifen das am stärksten wachsende<br />

Segment der letzten Jahrzehnte und der dominierende<br />

Geschäftsbereich des Unternehmens<br />

bis zum heutigen Tage sind.<br />

Die Erkenntnis, dass die Kunststoffe künftig stark<br />

expandieren würden, brachte auch Dr. Jakobus<br />

Greven aus dem Vorstand der Metallgesellschaft<br />

in Frankfurt mit, ein Unternehmen das sich schon<br />

damals mit der Herstellung von Stabilisatoren<br />

für die PVC-Verarbeitung beschäftigte. Zu deren<br />

42


Herstellung brauchte man Metallseifen, damals<br />

vorwiegend Bleistearat.<br />

Im Jahre 1956 begann man in Iversheim mit der<br />

Metallseifenproduktion.<br />

Als erstes Produkt wurden mittels improvisierter<br />

Produktionsverfahren auf vorhandenen Anlagen<br />

kleine Mengen Bleistearat hergestellt, welche<br />

überwiegend an die Metallgesellschaft verkauft<br />

wurden. Die Metallseifenproduktion entwickelte<br />

sich zunächst langsam und stellte in den 50er<br />

Jahren nur einen kleinen Anteil am gesamten<br />

Produktionsvolumen dar. Trotzdem war die Entwicklung<br />

dieser neuen Produkte und Produktionstechnologien<br />

richtungsweisend für das Unternehmen.<br />

Auf der Suche nach weiteren Komponenten für<br />

die Erweiterung wurden Heinz und Günther Greven<br />

im benachbarten Holland fündig, wo sie für<br />

die Produktion von Bleistearat eine gebrauchte<br />

Sprühanlage kauften. Zwei Betriebsschlosser um<br />

Heinz Greven schnitten die Anlage dort in transportfähige<br />

Einzelteile. Diese wurden in Iversheim<br />

an Ort und Stelle wieder zusammengeschweißt<br />

und so die Anlage aufgebaut.<br />

Immer mehr Produktionsstätten wurden errichtet,<br />

die meisten davon aus Gebrauchtkäufen.<br />

Deren Anpassung und Modernisierung erfolgte<br />

nach eigenen Plänen und unter eigener Regie.<br />

Die beschauliche Lage an der Erft bot bald nicht<br />

mehr genug Platz für die notwendigen Erweiterungen.<br />

Im Jahre 1956 wurde daher begonnen, das benachbarte<br />

Gelände zu erschließen und zu bebauen.<br />

1957 wurde die neue Anlage für Bleistearat<br />

gebaut.<br />

Bleistearat wurde nach dem sogenannten<br />

Schmelzverfahren hergestellt, d.h. in einem<br />

Rührwerksreaktor wurde eine Schmelze aus<br />

Stearinsäure und Bleioxyd umgesetzt. Danach<br />

sollte das Produkt versprüht werden, um es so in<br />

die gewünschte Pulverform zu bringen.<br />

Verwaltung Ende der 1950er Jahre<br />

43


Eintragung des Warenzeichens von 1954<br />

44


Blick auf das Werksgelände Anfang der 1950er Jahre<br />

45


46<br />

Der erste Prospekt für das neue<br />

Handreinigungsmittelgeschäft<br />

Ende der 1950er Jahre


1950ER JAHRE<br />

Später wurden neben Bleistearat auch Zink-, Calcium-<br />

und Magnesiumstearate hergestellt. Diese<br />

wurden damals nach dem sogenannten Fällverfahren<br />

produziert, d.h. mit viel Wasser wurde zunächst<br />

in einem Rührwerksbehälter Stearinsäure<br />

mit Natronlauge zu Natriumstearat umgesetzt<br />

und daraus dann in einem 2. Schritt durch Zugabe<br />

der entsprechenden Metallsalze, wie etwa<br />

Calciumchlorid, ausgefällt. Dieses aufwändige<br />

und energieintensive Verfahren wird auch heute<br />

noch überall da angewendet, wo es auf spezielle<br />

Eigenschaften der Metallseifen, wie eine sehr<br />

hohe spezifische Oberfläche, ankommt. Beispielhaft<br />

sei hier auf den Einsatz von Zinkstearat zur<br />

wasserabweisenden Wirkung von Außenputzen<br />

verwiesen.<br />

Eine weitere Neuentwicklung waren die sogenannten<br />

Ziehmittel für die Herstellung (das<br />

„Ziehen“) von Stahldrähten. Auch diese Produkte<br />

basierten auf Seifen oder Metallseifen und<br />

passten gut ins Peter Greven-Programm. Für<br />

die Herstellung von Ziehmitteln wurden kleine<br />

Versuchsanlagen gebaut, die Produktion war<br />

eher handwerklich und hatte damals noch wenig<br />

mit einer modernen chemischen Fertigung<br />

zu tun. Die Produkte wurden in Pfannen mit Deckel<br />

„gebacken“, der fertige „Kuchen“ zerkleinert<br />

und gemahlen. Mit den Produkten fuhr man in<br />

die jeweilige Drahtziehfabrik und tüftelte dort in<br />

vielen Versuchen das beste Rezept aus.<br />

Die Ziehmittel bewährten sich in der Anwendung,<br />

die Nachfrage stieg, es mussten immer<br />

größere Anlagen gebaut werden. Das Stearat<br />

wurde dann in einem Kupferkessel geschmolzen<br />

und zum Abkühlen in eine Blechwanne gegossen.<br />

Auch diese Stearatbrocken wurden für die<br />

Verwendung gebrochen und gemahlen.<br />

Die Anlagen nahmen eine immer komplexere<br />

Struktur an und wurden durch automatische Förderungen<br />

und Silobevorratungen ergänzt.<br />

Auch das ursprüngliche Geschäft, die Hautreinigungsprodukte,<br />

hatte man nicht aus den Augen<br />

verloren. Zusätzlich zum Ausbau der Stearatanlagen<br />

begann ab dem Jahre 1958 die systematische<br />

Entwicklung moderner spenderdosierbarer Hautreinigungsmittel<br />

auf Seifenbasis mit Holzmehl<br />

als Reibemittelzusatz. Diese Produkte reinigten<br />

effektiver als Seifenstücke und konnten dadurch<br />

sparsamer verwendet werden. Im industriellen<br />

Bereich wurde das Seifenstück mehr und mehr<br />

durch spenderdosierbare Reiniger ersetzt.<br />

Die Firma Peter Greven, die Metallgesellschaft<br />

in Frankfurt und die Borax Consolidated London<br />

gründeten am 2. November 1958 ein gemeinsames<br />

Unternehmen, die Chemische Fabrik Iversheim.<br />

Da die bisher in der Industrie verwendeten<br />

Hautreinigungsmittel meist Sandhandwaschpasten<br />

waren, die durch ihren hohen Sandanteil<br />

unter anderem den Nachteil hatten, die Abfluss-<br />

47


1950ER JAHRE<br />

rohre der Betriebe zuzusetzen, war eine Neuentwicklung<br />

gefragt.<br />

Borax, ein wasserlösliches Mineral, das im Tagebau<br />

der Firma Borax Consolidated London aufgebaut<br />

und von der Metallgesellschaft Frankfurt<br />

verkauft wurde, war der Schlüssel zur Herstellung<br />

wasserlöslicher Hautreinigungsmittel für<br />

den industriellen Einsatz in Iversheim.<br />

Die Produkte wurden später unter dem Markennamen<br />

IVRAXO ® vermarktet.<br />

Einblick in die Seifensiederei der 1950er Jahre<br />

Schmierseifenabfüllung<br />

48


Parallel mit dem Ausbau der Produktion ging<br />

man dazu über, Hautreinigungsmittel und Spenderprodukte<br />

nur noch direkt an die Industrie zu<br />

verkaufen.<br />

Das gilt als Zeitpunkt der Weichenstellung für den<br />

Rückzug aus der Vermarktung von Stückseifen im<br />

Endkonsumentenbereich, was eine wesentliche<br />

Entscheidung darstellte. Es gab immer noch viele<br />

Seifenfabriken, die aber irgendwann aufhören<br />

mussten oder aufgekauft wurden, da die großen<br />

Konzerne diesen Markt mit so umfangreichen<br />

Werbeetats bearbeiteten, dass kleinere Produzenten<br />

dem wirtschaftlichen Druck im Endkonsumentenbereich<br />

nicht mehr standhalten konnten.<br />

Elisabeth und Peter Greven (unten Mitte) bei einer Firmenfeier<br />

49


50


In dieser Sitzung des Gesellschafterausschusses im Jahre 1956 wurde die wichtige Entscheidung zum Ausbau des<br />

Geschäftes in Richtung Fettsäure und Metallseifenproduktion begründet, ein Meilenstein in der Firmengeschichte<br />

51


1960ER JAHRE<br />

DIE 2. GENERATION ÜBERNIMMT<br />

DIE FÜHRUNG<br />

Die zweite Generation der Inhaber lebte anfangs<br />

auch noch sehr eng verzahnt mit dem Unternehmen<br />

– unter einem Dach wohnten und arbeiteten<br />

sie viele Jahre.<br />

Günther Greven zum Beispiel lebte anfangs noch<br />

in diesem Haus, bis er heiratete und dann auf<br />

die Alte Landstraße zog, wo auch Heinz Greven<br />

wohnte. Das war aber nur ein paar hundert Meter<br />

weiter vom Betrieb entfernt auf der anderen<br />

Straßenseite. Bis zu dem Zeitpunkt konnten die<br />

Mitarbeiter hören, wenn er vom Frühstückstisch<br />

aufstand und die Holztreppe herunterging. Das<br />

war das Zeichen für sie – jetzt musste „Gas“ gegeben<br />

werden.<br />

Entwicklungsmöglichkeiten gab es im Unternehmen<br />

überall: Denn die Zusammenarbeit wurde<br />

weniger nach den vorliegenden Zeugnissen und<br />

Abschlüssen, sondern vielmehr entsprechend<br />

vorhandener Kenntnisse und nachgewiesener<br />

Fähigkeiten gestaltet. Dass ein Geselle wie in<br />

Heinz und Günther Greven<br />

53


1960ER JAHRE<br />

Meisterfunktion arbeitete, war durchaus nicht<br />

ungewöhnlich. Die Menschen freuten sich über<br />

die gute Zusammenarbeit mit den Chefs und waren<br />

stolz darauf, den Firmenaufbau begleitet zu<br />

haben – bei manchem waren es am Ende über<br />

vierzig oder gar fünfzig Jahre.<br />

Auch in dieser zweiten Generation des Familienunternehmens<br />

wurde nach festen Prinzipien gearbeitet.<br />

Diese bewährten Grundsätze veränderten<br />

sich in den Jahrzehnten kaum, sie blieben bis<br />

heute die Richtschnur für Entscheidungen und<br />

Maßstab des Handelns.<br />

In harter Arbeit, solider Führung und produktbezogenem<br />

Einfallsreichtum sah man die Grundlage<br />

für den dauerhaften wirtschaftlichen Erfolg.<br />

Die Firma Peter Greven war und blieb ein Familienunternehmen,<br />

welches seine Möglichkeiten<br />

immer realistisch einschätzte und alle Entscheidungen<br />

gemeinsam traf.<br />

Anschaffung des neuen Dampfkessels 1 mit Schwerölbetrieb<br />

Während sich der technische Geschäftsführer<br />

Heinz Greven hauptsächlich um den Auf- und<br />

Umbau der Produktionsanlagen kümmerte, behielt<br />

Günther Greven als kaufmännischer Geschäftsführer<br />

die Finanzen im Blick. Sein Motto:<br />

Es wird nur gekauft, was direkt bezahlt werden<br />

kann.<br />

Gemeinsam achteten sie auf Unabhängigkeit und<br />

Selbstständigkeit, bemaßen die Entwicklungsschritte<br />

des Betriebes so, dass alle Investitionen<br />

54


nen. Aber zu groß war die Skepsis, auch gegenüber<br />

Banken.<br />

Der Familienverbund hingegen zog es immer vor,<br />

den Betrieb schrittweise und langsamer zu entwickeln,<br />

aber dafür alles selbst in der Hand zu<br />

behalten.<br />

Mit dieser klaren Politik der logischen kleinen<br />

Schritte sicherte man konsequent den soliden<br />

Fortbestand der Iversheimer Seifen- und Glyzerinfabrik.<br />

Selbstbewusst stellte sich das Unternehmen<br />

gegen Übernahmeversuche größerer<br />

Mitbewerber und hielt an seiner Unabhängigkeit<br />

fest.<br />

Bau der Autoklavenspaltung<br />

ohne Kredite, Fremdkapital oder gar Fremdeigentümer<br />

realisiert werden konnten. Stattdessen<br />

wurde stets ein hoher Anteil der Gewinne in das<br />

Unternehmen reinvestiert.<br />

Immer wieder gab es Möglichkeiten der Zusammenarbeit<br />

mit großen Unternehmen und Konzer-<br />

Die Wirtschaft Deutschlands entwickelte sich inzwischen<br />

rasant. Für die Wohlstandsgesellschaft<br />

wurden immer neue Produkte erfunden, der<br />

technische Fortschritt begünstigte Konsum und<br />

kurzlebige Produkte. Immer mehr Kunststoffe<br />

kamen auf den Markt, neue Technologien machten<br />

auch in anderen Industriebranchen den Einsatz<br />

von Metall- bzw. Alkaliseifen erforderlich.<br />

In Deutschland wurde in den 1960er und 1970er<br />

Jahren viel gebaut. Zink- und Calciumstearate<br />

eröffneten durch ihre wasserabweisende Wirkung<br />

neue Möglichkeiten im Bereich des Bautenschutzes,<br />

Fassaden konnten nun wirksamer gegen<br />

Feuchtigkeit von außen und damit auch vor<br />

Frostschäden und Energieverlusten geschützt<br />

werden.<br />

55


1960ER JAHRE<br />

Der Bedarf an Hilfsstoffen aus dem Hause Greven<br />

wuchs in dieser Zeit ständig, auch da die<br />

Einsatzmöglichkeiten sehr viele unterschiedliche<br />

In-dustrien erfassten. So wurden neben<br />

dem Einsatz in der Bauindustrie unter anderem<br />

Metallseifen in der Papierindustrie als Gleit- und<br />

Trennmittel eingesetzt. Fettsäuren und Sammlerchemikalien<br />

auf Seifenbasis wurden bei der<br />

Aufbereitung und Druckfarbenentfernung (Deinking)<br />

von Altpapier eingeführt.<br />

Metallstearate wurden bei der Herstellung von<br />

Schmierstoffen und in der Gummiindustrie eingesetzt.<br />

Am 16. Juni 1962 stirbt Peter Greven im Alter von<br />

76 Jahren. Zeitlebens waren ihm als Mensch und<br />

Arbeitgeber Achtung, Respekt und Sympathie<br />

seiner Mitarbeiter sicher. Vor seiner Beisetzung<br />

wurde er vor der neuen Fettspaltanlage aufgebahrt,<br />

damit alle Mitarbeiter Abschied nehmen<br />

konnten.<br />

Diese Epoche war auch durch eine weitere grundlegende<br />

Veränderung geprägt:<br />

1962 wurde eine neue Fettspaltungsanlage gebaut<br />

und gleichzeitig die erste aus dem Jahr 1934<br />

stillgelegt, da sie der neuen, leistungsfähigeren<br />

Hochdruckspaltanlage zur Fettsäuregewinnung<br />

weichen musste. Nun entstand immer mehr Glyzerinwasser,<br />

das in große Behälter gepumpt und<br />

Peter Greven, † 16.6.1962<br />

verkauft wurde. Doch alleine auf den Verkauf des<br />

Glyzerinwassers wollte man sich nicht beschränken.<br />

Zur Weiterverarbeitung kaufte Heinz Greven<br />

in Holland eine gebrauchte Eindampfanlage zur<br />

Herstellung von hochkonzentriertem Glyzerin.<br />

56


Betriebsausflug in den 1960er Jahren<br />

Die neue Autoklavenspaltung<br />

57


EXKURS<br />

SEIFEN UND METALLSEIFEN<br />

Seifen gehören zu den ältesten vom Menschen hergestellten<br />

chemischen Verbindungen. Ihre Erfindung wird den Sumerern<br />

zugeschrieben und datiert zurück in das 4 Jahrtausend<br />

v. Chr. Ähnlich, wie später auch im arabischen Raum,<br />

verkochte man Pflanzenasche mit natürlichen Fetten zu<br />

einer Seife. Unklar ist allerdings deren Verwendung: Wahrscheinlich<br />

wurden die Urformen der Seife nicht zur Reinigung<br />

verwendet, sondern dienten medizinischen Zwecken.<br />

Erst im 2. Jahrhundert n. Chr. verwendeten die Römer die<br />

Seife auch zum Waschen der Kleidung und zur Körperhygiene.<br />

Heute ist diese Verwendung von Seifen im Alltag nicht<br />

mehr wegzudenken.<br />

Anders verhält es sich mit den Metallseifen. Wir machen<br />

uns zwar alltäglich in vielerlei Hinsicht ihre Eigenschaften<br />

zu Nutze, nehmen sie aber nicht direkt wahr. Sie sorgen<br />

im Außenputz unserer Wohngebäude für eine wasserabweisende<br />

Wirkung und tragen damit zur Energieeinsparung<br />

bei. Schmierfetten verleihen sie ihre Konsistenz und die<br />

chemische und mechanische Beständigkeit. Bei der Papierherstellung<br />

sind sie ebenso unverzichtbare Hilfsmittel, wie<br />

auch bei der Produktion von Drähten oder Rohren. Kunststofffenstern<br />

ermöglichen sie ihre Witterungsbeständigkeit<br />

und machen als pharmazeutische Qualitäten die reibungslose<br />

Produktion von Tabletten erst möglich.<br />

Der Bekanntheitsgrad dieser beiden Produktkategorien ist<br />

allerdings nicht der einzige Unterschied. Auch das chemische<br />

und physikalische Verhalten ist sehr unterschiedlich.<br />

Metallseifen sind wasserunlöslich, wachsartig und haben<br />

gute Trenn- und Gleiteigenschaften während Seifen wasserlöslich<br />

sind und Tensideigenschaften besitzen. Trotzdem<br />

gibt es aber auch eine Gemeinsamkeit: die oleochemische<br />

Rohstoffbasis.<br />

Direktprozess Fällungsverfahren Schmelzverfahren COAD ® -Verfahren<br />

Reaktor Reaktor Reaktor Dosierung<br />

Nachmischer<br />

Puffer<br />

Reaktor<br />

Filtration/Wäsche Verschuppung/Versprühung Versprühung<br />

Trocknung<br />

Vermahlung Vermahlung Vermahlung der Formgebung Vermahlung<br />

Silierung Silierung Silierung Silierung<br />

Abfüllung Abfüllung Abfüllung Abfüllung<br />

Blockschema der Metallseifenherstellung<br />

58


Nachmischer<br />

Puffer<br />

Mühle<br />

Mühle<br />

Rohstoffe<br />

Als Ausgangsmaterial zur Herstellung der Seifen und Metallseifen<br />

dienen natürliche Öle und Fette. In erster Linie<br />

werden Talg oder Palmöl verwendet. Daneben spielt vor<br />

allem noch Rizinusöl eine wichtige Rolle. Aber auch andere<br />

Pflanzenöle wie Raps-, Sonnenblumen-, Oliven- oder Sojaöl<br />

kommen gelegentlich zum Einsatz.<br />

Die Fette und Öle werden bei ihrer weiteren Verarbeitung<br />

in Fettsäuren und Glycerin gespalten (siehe Seite 30–33,<br />

Exkurs Öle und Fette ). Die so erhaltenen Fettsäuren,<br />

zum Beispiel die Talg- oder Palmölfettsäure, werden häufig<br />

in der Seifenherstellung verwendet. Um die Fettsäuren als<br />

Rohstoff für Metallseifen zu verwenden, werden sie meistens<br />

hydriert, wodurch aus einer ungesättigten Fettsäure<br />

eine gesättigte Fettsäure wird. Die sogenannte Hydrierung<br />

wird beispielsweise auch bei der Herstellung von Margarine<br />

verwendet, um ein flüssiges Pflanzenöl in die gewünschte,<br />

streichfähige Konsistenz zu bringen. Gleichzeitig wird dadurch<br />

aber auch die chemische und physikalische Beständigkeit<br />

der Produkte gesteigert, was bei den technischen<br />

Einsatzgebieten der Metallseifen einen zusätzlichen Vorteil<br />

bietet. Den Hauptbestandteil der gesättigten Fettsäure<br />

bildet die Stearinsäure, die auch zur Herstellung von Stearinkerzen<br />

verwendet wird.<br />

Neben der Fettsäure werden zur Herstellung von Seifen<br />

oder Metallseifen noch alkalische Reaktionspartner in<br />

Form von Metallen benötigt. Die wasserlöslichen Seifen<br />

erhält man durch die Kombination mit Metallen wie Natrium<br />

oder Kalium, aber auch andere alkalische Stoffe, wie<br />

beispielsweise Ammoniak, können verwendet werden. Für<br />

die Herstellung von Metallseifen werden Metalle wie Calcium,<br />

Zink, Magnesium, Aluminium oder Lithium verwendet.<br />

Herstellverfahren<br />

Seife wurde über viele Jahrhunderte hinweg aus Fetten<br />

oder Ölen hergestellt. In den Anfängen wurden oft einfache<br />

Produkte wie Soda verwendet, um eine Seife zu kochen,<br />

später dann Natron- oder Kalilauge. Als Reaktionsprodukt<br />

entstand nach mehreren Stunden zunächst eine perlmutartige<br />

Emulsion, auch Leimseife genannt. In einem nächsten<br />

59


Schritt wurde dann Kochsalz hinzugegeben. Dadurch wurde<br />

eine Trennung der Emulsion in einen festen und einen flüssigen<br />

Teil erreicht. Der feste Teil wurde als Kernseife bezeichnet<br />

und konnte dann zu Seifenstücken geformt und als<br />

Toilettseife genutzt werden. In vielen Fällen wurden noch<br />

Zusätze wie Parfüm oder Farbe hinzugefügt – diese Produkte<br />

wurden dann als Feinseife bezeichnet.<br />

Auch die Seifenherstellung aus Fettsäuren wurde für viele<br />

Jahrzehnte durch die klassische Batchproduktion in offenen<br />

Siedekesseln dominiert. Unter der Batchproduktion<br />

versteht man die Verarbeitung einer begrenzten Stoffmenge<br />

in einem Reaktionsprozess. Die verwendeten Siedekessel<br />

sind meist mit einem Rührsystem ausgestattet<br />

und werden mit Dampf auf Temperaturen zwischen 60<br />

und 95 °C aufgeheizt. Zur Herstellung einer Seife werden<br />

Wasser und Lauge in den Kessel eingeleitet. Danach<br />

wird schrittweise die Fettsäure hinzugefügt, so dass die<br />

Verseifung stattfinden kann. Der Wassergehalt muss bei<br />

mehr als 35 % liegen, da die Seifenmasse sonst zu zähflüssig<br />

für das Rührsystem wird. Nach der Reaktion werden<br />

die chemischen und physikalischen Parameter exakt<br />

eingestellt und falls nötig weitere Zusatzstoffe dosiert.<br />

Flüssige oder pastöse Seifen können dann direkt aus<br />

dem Siedekessel abgefüllt werden. Feste Seifen, die beispielsweise<br />

in pulverförmigen Waschmitteln verwendet<br />

werden, müssen zunächst getrocknet und in die entsprechende<br />

Form gebracht werden. Da mit der Trocknung ein<br />

zusätzlicher Energieaufwand einhergeht, werden in Siedekesseln<br />

heutzutage vorwiegend flüssige oder pastöse<br />

Produkte hergestellt.<br />

Moderne, kontinuierliche Produktionsverfahren ermöglichen<br />

eine deutlich effizientere Herstellung fester Seifen.<br />

Das Herzstück einer kontinuierlichen Produktionsanlage<br />

bildet der Reaktor, der unter Druck steht und auf Temperaturen<br />

von über 110 °C erhitzt wird. Mit Hilfe von Dosierpumpen<br />

werden die Rohstoffe, Laugen und Fettsäuren,<br />

kontinuierlich in den Reaktor eingeleitet. Da immer wieder<br />

Rohstoffe zugeführt werden, finden immer weiter neue<br />

Verseifungsreaktionen statt. Aufgrund der hohen Temperaturen<br />

läuft die Reaktion schneller ab und die Seife selbst<br />

ist flüssiger, so dass weniger Wasser benötigt wird. Eine<br />

nachgeschaltete Trocknung ist zwar trotzdem notwendig,<br />

aber neben dem geringeren Wassergehalt bietet das<br />

kontinuierliche Verfahren noch weitere Vorteile für diesen<br />

letzten Prozessschritt: Die Produktenergie und auch die<br />

während der Reaktion freigesetzte Wärme können für die<br />

Trocknung genutzt werden und führen zu einer weiteren<br />

Energieeinsparung.<br />

Bei der Herstellung der Metallseifen unterscheidet man<br />

vier wichtige großtechnische Verfahren:<br />

• der Fällungsprozess<br />

• die direkte Herstellung<br />

• das Schmelzverfahren<br />

• das COAD® Verfahren<br />

60


Die doppelte Umsetzung, die auch als Fällungsprozess bezeichnet<br />

wird, ist das älteste Verfahren zur Herstellung von<br />

Metallseifen. Im ersten Schritt werden in einem Reaktor<br />

bei rund 60 bis 80 °C Wasser, Natronlauge und Fettsäuren<br />

gemischt. Die Natronlauge und die Fettsäure reagieren zu<br />

einer klassischen Seifenlösung und das Wasser dient als<br />

verdünnende Komponente, um das Gemisch flüssig zu halten.<br />

In einem zweiten Schritt wird dann eine Metallsalzlösung<br />

hinzugegeben. Es findet eine chemische Reaktion<br />

statt, die zu einer Verbindung der Metallkomponente mit<br />

der Fettsäure führt. Dadurch entsteht eine Metallseife, die<br />

als Feststoff ausfällt und sich am Boden des Reaktors absetzt.<br />

Sie wird dann über eine Filterpresse abfiltriert und<br />

gewaschen, um Reste der anderen Reaktionskomponenten<br />

zu entfernen. Im nächsten Schritt findet die Trocknung<br />

der Metallseife statt, um die noch im Feststoff enthaltene<br />

Feuchte zu entfernen. Es wird meist eine Gleichstromtrocknung<br />

verwendet, bei der die warme Luft und das Produkt<br />

in die gleiche Richtung strömen. Diese Art der Trocknung<br />

dauert nur wenige Sekunden. Der letzte Prozessschritt ist<br />

die Vermahlung des Produktes. Gefällte Metallseifen zeichnen<br />

sich grundsätzlich durch einen sehr hohen Feinheitsgrad<br />

aus. Trotzdem werden sie noch einmal vermahlen, um<br />

mögliche Agglomerate zu zerstören. Das Fällverfahren ermöglicht<br />

sehr feine und effektive Produkte.<br />

Die direkte Umsetzung besteht, im Vergleich zum Fällungsprozess,<br />

nicht aus zwei Reaktionsschritten, sondern<br />

nur aus einem. In einem Reaktionsmischer wird die geschmolzene<br />

Fettsäure direkt mit der Metallkomponente<br />

zusammengebracht. Es werden meist nur geringe Mengen<br />

an Wasser verwendet, um die Reaktion zu steuern. Eine<br />

Trocknung, wie sie bei der Fällung notwendig ist, entfällt<br />

bei der direkten Umsetzung. Die Vermahlung ist dafür<br />

umso wichtiger, da das Produkt erst durch diesen Prozessschritt<br />

die benötigte Feinheit erhält. Die direkte Umsetzung<br />

zeichnet sich durch sehr gut dosierbare Produkte<br />

aus, die bevorzugt in der Kunststoffindustrie verwendet<br />

werden.<br />

Das Schmelzverfahren geht ebenfalls von der flüssigen<br />

Fettsäure aus, der die metallische Komponente zugegeben<br />

wird. Das Grundprinzip entspricht also dem der direkten<br />

Umsetzung, es ist allerdings kein zusätzliches Wasser<br />

vorhanden und die Temperatur, bei der die Reaktion stattfindet,<br />

liegt über dem Schmelzpunkt der Metallseife. Es<br />

lassen sich allerdings nicht alle Metallseifen nach diesem<br />

Verfahren herstellen: Die Metallseifen bestimmter Metalle<br />

sind im geschmolzenen Zustand zu zähflüssig, um von der<br />

Anlage verarbeitet zu werden. Das Verfahren bietet allerdings<br />

auch Vorteile, da sich im geschmolzenen Zustand<br />

hervorragend Kombinationsprodukte herstellen lassen.<br />

Diese Kombinationsprodukte können entweder aus zwei<br />

verschiedenen Metallseifen bestehen oder Mischungen<br />

aus Metallseifen und anderen Additiven, wie beispielsweise<br />

Wachsen, sein. Die nach dem Schmelzverfahren<br />

hergestellten Metallseifen zeichnen sich durch gute Dosiereigenschaften<br />

und eine klare Schmelze, die eine vollständige<br />

Umsetzung zeigt, aus.<br />

Ähnlich wie bei den alkalischen Seifen gibt es auch bei den<br />

Metallseifen moderne kontinuierliche Produktionsverfahren.<br />

Da die Metalle für die Herstellung von Metallseifen,<br />

anders als die für die Herstellung klassischer Seifen benötigten<br />

Varianten, nur in fester Form vorliegen, gestaltet<br />

sich die rezepturgenaue Dosierung in den Reaktor deutlich<br />

schwieriger. Das von unserem Tochterunternehmen in den<br />

USA entwickelte und patentierte COAD® Verfahren löst<br />

diese Schwierigkeiten und ermöglicht eine sehr energieeffiziente<br />

Herstellung verschiedener Metallseifen. Analog zu<br />

dem kontinuierlichen Verfahren bei den klassischen Seifen<br />

wird die Reaktionswärme direkt im Prozess genutzt. Das<br />

Verfahren zeichnet sich außerdem durch eine hohe Umsetzungsrate<br />

und eine ausgezeichnete Anlagenleistung aus.<br />

Die nach dem COAD® Verfahren hergestellten Produkte<br />

eigenen sich besonders gut für die Anwendung in speziellen<br />

Bereichen der Kunststoffindustrie.<br />

61


1960ER JAHRE<br />

Prozessschritte wurden in anderen verwandten<br />

Industrien wie etwa der Lebensmittelindustrie,<br />

der Pharmazie oder der Milchverarbeitung eingesetzt.<br />

Daher war für den wirtschaftlichen Erfolg<br />

des Unternehmens diese tiefe Kenntnis über Prozesse,<br />

Verfahren und Apparatetechnik essenziell.<br />

Man griff also immer wieder auf die verschiedenen<br />

Komponenten, wie sie in den Industrien verwendet<br />

werden, zurück und baute daraus seine<br />

eigenen angepassten Produktionsanlagen auf.<br />

1964 wird „Peter Greven Seifen- und Glyzerinfabrik“<br />

unter der Führung von Heinz und Günther<br />

Greven in „Peter Greven Fett-Chemie“ geändert.<br />

Zu der Zeit arbeiteten im Unternehmen schon<br />

etwa einhundert Mitarbeiter.<br />

Beginn des Neubaus der Metallseifenabteilung<br />

Anders als in der chemischen Großindustrie<br />

konnte man zur Herstellung der oleochemischen<br />

Produkte, die als Spezialitäten gelten, nicht auf<br />

bestehende großtechnische Anlagen und Verfahren<br />

zurückgreifen. Man war darauf angewiesen,<br />

das Know-how über Produkte und deren Produktionsverfahren<br />

im eigenen Hause zu haben.<br />

Viele der einzelnen Apparate oder aber auch<br />

Um Kundenwünsche vor Ort noch besser betreuen<br />

zu können und den Service weiter auszubauen,<br />

waren ab 1964 neben den Mitarbeitern im Innendienst<br />

nun auch fünf Außendienstmitarbeiter<br />

in ganz Deutschland unterwegs, die sowohl die<br />

Produkte der Chemischen Fabrik Iversheim als<br />

auch die der Peter Greven Fett-Chemie verkauften.<br />

1965 waren die Büroräume im ganzen Betrieb<br />

verteilt, denn das Wohngebäude wurde noch als<br />

solches genutzt. Auch Elisabeth Greven wohnte<br />

noch auf dem Betriebsgelände.<br />

Der Einkauf befand sich direkt oben am Eingang.<br />

62


Von dort konnte man immer sehen, wer in den<br />

Betrieb kam. Heinz Greven hatte sein Betriebsbüro<br />

mittendrin, sodass die Mitarbeiter immer direkt<br />

mit ihren Problemen zu ihm kommen konnten.<br />

Der Platz, an dem die kaufmännische Verwaltung<br />

arbeitete, wurde später für Produktionsanlagen<br />

gebraucht. Deshalb wurde ein neuer Trakt am<br />

vorhandenen Bürogebäude, dem ehemaligen<br />

Wohnhaus der Familie, angebaut. Bis 2013 sind<br />

die komplette kaufmännische Verwaltung und<br />

die technische Verwaltung in diesem Gebäude<br />

untergebracht.<br />

An den Beginn seiner Ausbildung 1965 erinnert<br />

sich ein damaliger Lehrling: Günther Greven<br />

meinte zu ihm, er sähe von den beiden Lehrlingen<br />

ein bisschen mehr kaufmännisch aus und<br />

sollte darum in den Einkauf. So begann die Lehre<br />

als Industriekaufmann zweigleisig in der Personalabteilung<br />

und im Einkauf. Das war vielseitig:<br />

Bestellungen schreiben, Lohntüten ausfüllen<br />

und notfalls in der Produktion aushelfen.<br />

Aufstellung eines Lagertanks<br />

Im Versand wurden noch 1967 alle Rechnungen<br />

mit der Schreibmaschine geschrieben, die<br />

Umsätze von Hand auf Konten übertragen. Eine<br />

Rechenmaschine von Rheinmetall, eine Art Computer-Vorstufe,<br />

rechnete kurze Zeit später schon<br />

selbst. Aber das Ausdrucken einer Rechnung<br />

konnte bis zu zehn Minuten dauern.<br />

Es glich einer Revolution im Büro, als 1968 ein<br />

System der Firma Kienzle mit Magnetkonten<br />

eingeführt wurde. Auf Karten mit seitlich angebrachten<br />

Magnetstreifen wurden alle Daten gespeichert<br />

und zum Monatsende für das Monatsjournal<br />

eingelesen. Das dauerte zwar oft zwei<br />

Tage, aber damit konnten alle Monatswerte auf<br />

einmal gesehen werden.<br />

63


Blick auf das Werksgelände Ende der 1960er Jahre, dessen Gebäudeverlauf dem Flusslauf der Erft folgt<br />

64


1960ER JAHRE<br />

Die Produktionsplanung fand auf einem DIN A5-<br />

Blatt statt. Darauf wurden abends alle Aufträge<br />

geschrieben, die an dem Tag hereingekommen<br />

waren. Morgens wurde zuerst im Lager nachgesehen,<br />

was von der bestellten Ware vorhanden<br />

war.<br />

Wenn etwas fehlte, wurde das an die Abteilungsleiter<br />

weitergegeben. Diese kümmerten sich um<br />

den Rest bis zur Lieferung.<br />

1968 wurde die erste Veresterungsanlage bei<br />

Peter Greven errichtet und damit der Produktionsbereich<br />

der Fettsäurederivate um eine weitere<br />

interessante Stoffgruppe, die Ester, erweitert.<br />

Besonders die wachsenden Bereiche Kunststoffund<br />

Gummiindustrie waren Zielgruppen für den<br />

Verkauf dieser Ester. Die Produkte wurden auch<br />

größtenteils auf Basis der eigenen Fettsäuren<br />

hergestellt und ergänzten sich im Verkauf sehr<br />

gut mit den Metallseifen, da auch sie in der<br />

Kunststoffindustrie, z.B. als sogenannte Gleitmittel<br />

bei der Extrusion von PVC-Profilen, eingesetzt<br />

wurden. Man konnte den Kunden ein breiteres<br />

Produktportfolio aus einer Hand anbieten.<br />

65


1970ER JAHRE<br />

ERWEITERUNG <strong>DE</strong>R KAPAZITÄTEN<br />

Trotz der Ölkrise, die 1973 die Weltwirtschaft auf<br />

eine Bewährungsprobe stellen sollte, war dieses<br />

Jahrzehnt bei Peter Greven besonders durch die<br />

weitere Diversifizierung der Produktpalette gekennzeichnet.<br />

Die Kunststoffindustrie expandierte weiter und<br />

bilanzierte von Jahr zu Jahr steigende Produktionszahlen.<br />

Wachstum und Expansion kennzeichneten<br />

auch andere Industrien – beispielsweise<br />

den Maschinenbau, die Autoindustrie, die Lebensmittel-,<br />

Textil-, Papier- sowie die Kosmetikindustrie.<br />

Aus dieser Entwicklung resultierte<br />

weiterhin ein hohes Wachstumspotenzial für den<br />

Absatz von oleochemischen Produkten.<br />

Wer das Unternehmen in Iversheim bislang noch<br />

als Seifen- und Glyzerinfabrik mit einer individuellen<br />

Nebenfabrikation sah, hatte nun die<br />

grundlegenden Veränderungen zur Kenntnis zu<br />

nehmen, die zuerst die 1970er, später auch die<br />

1980er Jahre prägen sollten: Unter der Leitung<br />

von Heinz und Günther Greven entwickelte sich<br />

die Firma endgültig zu einem chemisch-technischen<br />

Betrieb, der flexibel auf die Anforderungen<br />

des Marktes und die individuellen Bedürfnisse<br />

der Kunden einging und sich somit von den meisten<br />

Großanbietern der damaligen Zeit abheben<br />

konnte.<br />

Qualitätskontrolle. Auch die Erzeugnisse, die bei<br />

den verschiedenen Kunden im Einsatz waren,<br />

wurden im Iversheimer Betriebslabor untersucht.<br />

Nicht selten waren dabei spezifische Qualitäten<br />

anzupassen, die aus den Erfahrungen im Kundenbetrieb<br />

resultierten.<br />

Das Labor war in einem Teil einer Produktionsanlage<br />

untergebracht. Hier arbeiteten abwechselnd<br />

fünf Mitarbeiter, die auch den technischen<br />

Betrieb fachlich mitbetreuten.<br />

Man legte großen Wert auf die Sicherung der<br />

innerbetrieblichen Produktentwicklung und die<br />

Ausbau der Metallseifenproduktion<br />

67


Das neue Labor<br />

Der Verwaltungstrakt wurde an das bestehende ehemalige Wohnhaus angebaut<br />

68


1970ER JAHRE<br />

Heinz Greven leitete sowohl die Laborarbeit als<br />

auch die Technik und den Produktionsbetrieb.<br />

Mit möglichst geringem Aufwand wurde versucht,<br />

die oft minimalen Anfangsmengen herzustellen,<br />

um die technischen Anforderungen an<br />

eine Produktion in größerem Maßstab zu sichten.<br />

Gleichzeitig wurde geprüft, ob eben diese neu<br />

entwickelte oder angepasste Qualität auf Dauer<br />

reproduktionsfähig war.<br />

Außerdem wurden im Labor Proben der Metallseifen<br />

hergestellt. Diese wurden als Muster im<br />

Vertrieb für die Kundengewinnung eingesetzt,<br />

auch der Außendienst konnte damit vor Ort beim<br />

Kunden überzeugen.<br />

Ein gutes Beispiel hierfür kam aus der Papierindustrie,<br />

wo die sonst meist pulverförmigen Metallseifen<br />

in flüssiger Form (als sog. Dispersion)<br />

unter anderem als Streichmittel für die Oberflächenherstellung<br />

und Glättung verschiedener Papiere<br />

eingesetzt wurden.<br />

1971 gelang es, eine Suspension mit 50% Wasser<br />

und 50% Calciumstearat herzustellen. Nach dem<br />

Erfolg im Labor wurden erste Großversuche im<br />

Betrieb und später auch beim Kunden erfolgreich<br />

durchgeführt.<br />

Selbstverständlich wurden für solche Versuche<br />

nicht gleich neue Apparateteile gekauft. Zuerst<br />

wurde geprüft, in welchen bestehenden Anlagen<br />

die Suspension hergestellt werden konnte.<br />

So waren für eine der ersten Fabrikationen in einer<br />

Anlage gerade zwei Rührkessel frei geworden.<br />

Die technische Ausrüstung und der Verfahrensablauf<br />

wurden modifiziert und dann wurde<br />

die Suspension in diesen Kesseln hergestellt.<br />

Diese Versuche und technischen Umbauten erforderten<br />

sehr viele handschriftliche Aufzeichnungen<br />

und Berechnungen, denn Taschenrechner<br />

waren noch nicht sehr verbreitet. Gerechnet<br />

wurde entweder mit dem Rechenschieber oder<br />

mit Logarithmen-Tabellen.<br />

Mit der Herstellung der Dispersionen gab es nun<br />

bei Greven mittlerweile fünf Produktionsbereiche/Abteilungen,<br />

in denen die Weiterveredelung<br />

der eigenen Fettsäuren stattfand:<br />

– Seifen (oder auch Alkaliseifen genannt)<br />

– Metallseifen<br />

– Ziehmittel<br />

– Ester<br />

– Dispersionen<br />

Bis heute bilden diese fünf Bereiche das Fundament<br />

der Produktionsausrichtung.<br />

Die ständig zunehmende Produktion und die Erweiterung<br />

der Liefermengen in internationale<br />

69


1970ER JAHRE<br />

Bau der ersten kontinuierlichen Fettspaltung (Turmspaltung)<br />

Märkte zogen steigende Umsätze nach sich.<br />

Verwaltungsaufgaben wurden umfangreicher,<br />

der Bedarf an Büroräumen wuchs parallel zur<br />

Produktion.<br />

1973 wurde ein neues Bürogebäude geplant und<br />

gebaut – kaufmännische Abteilung, Vertrieb, Finanzbuchhaltung,<br />

Marketing und Personalwesen<br />

arbeiteten nun unter einem Dach.<br />

Dieses neue Verwaltungsgebäude wurde neben<br />

dem alten Wohnhaus errichtet, damit die bisher<br />

im ganzen Werk verstreuten Büros zentralisiert<br />

werden konnten, was auch die Kommunikation<br />

der einzelnen Abteilungen vereinfachte. Außerdem<br />

wurde der Platz der alten Büros für weitere<br />

Produktionsanlagen benötigt.<br />

Zur gleichen Zeit ergab sich die Möglichkeit, den<br />

Kartonagen-Bereich im Lager für bestimmte Seifenverpackungen<br />

zu räumen.<br />

Das war die Gelegenheit, auch dieses Gebäude<br />

umzubauen und ein größeres, modernes Labor<br />

einzurichten.<br />

Die experimentellen und analytischen Voraussetzungen<br />

in diesem neuen Labor passten sich<br />

den wachsenden Anforderungen in der Produktentwicklung<br />

– einem fast eigenständigen<br />

Bereich im Unternehmen – an.<br />

Innovative Produkte wurden im Betrieb entwickelt<br />

und erforscht und da es sich oft um neue<br />

Anwendungsgebiete handelte, lagen hier meist<br />

keine Erfahrungen vor.<br />

Auch die Produktkontrolle wurde weiterentwickelt.<br />

Während des Herstellungsprozesses waren<br />

die Zwischenprodukte, zum Schluss die Endprodukte<br />

mit verschiedenen chemischen und physikalischen<br />

Verfahren genau zu kontrollieren, um<br />

eine gleichbleibende Qualität zu gewährleisten.<br />

Das Unternehmen Peter Greven wurde besonders<br />

70


für seine akribische, permanente Qualitätssicherung<br />

geschätzt und hatte sich dadurch den Ruf als<br />

Lieferant qualitativ hochwertiger Produkte verdient.<br />

Elisabeth Greven, die Seniorchefin, stirbt am 12.<br />

März 1975 im Alter von 88 Jahren.<br />

Im Jahr 1975 wurde die zweite große, nach dem<br />

Direktverfahren arbeitende, Metallseifenanlage<br />

in Betrieb genommen. Damit verfügte das Unternehmen<br />

über eine beachtliche Kapazität zur<br />

effizienten Herstellung qualitativ hochwertiger<br />

Stearate.<br />

Um den durch die stark wachsende Metallseifenproduktion<br />

steigenden Bedarf an Fettsäure<br />

decken zu können, entschloss man sich die Fettsäureproduktion<br />

komplett zu erneuern.<br />

Die enorme Investition in die Fettfabrik mit<br />

Turmspaltung, Destillations- und Hydrieranlagen<br />

von mehreren Millionen D-Mark wurde hauptsächlich<br />

aus Eigenmitteln finanziert.<br />

Feinseifenproduktion: Hier wurde aus dem Seifenstrang die Stückseife geschnitten<br />

Blick auf die Seifenpresse<br />

Die Turmspaltung wurde als kontinuierlich arbeitender<br />

Hochdruckreaktor betrieben. Sie ersetzte<br />

die bis dahin benutzten Spaltautoklaven, die<br />

chargenweise arbeiteten und eine wesentlich<br />

geringere Leistung hatten. Im Spaltturm wurden<br />

kontinuierlich bis zu 48 Tonnen Fett pro Tag<br />

durch Zugabe von Wasser gespalten. Beim Spaltprozess<br />

fällt neben der Fettsäure als Nebenpro-<br />

71


72<br />

Anlieferung und Aufbau einer Fettsäuredestillation


1970ER JAHRE<br />

dukt zwangsweise auch Glyzerinwasser an. Das<br />

Glyzerinwasser wurde aufkonzentriert („eingedampft“)<br />

und anschließend durch Destillation<br />

und Raffination/Bleichung in die Endproduktqualität<br />

gebracht. Glyzerin ist bis heute ein wesentlicher<br />

Grundstoff der Chemie und findet außerdem<br />

in vielen Produkten des täglichen Bedarfs (z.B.<br />

in Kosmetika als Feuchthaltemittel) Anwendung.<br />

Die gespaltene Fettsäure wurde zunächst destilliert<br />

(um Farb- und Geruchsstoffe zu entfernen)<br />

und konnte dann entweder als Destillatfettsäure<br />

im Seifenbereich eingesetzt oder zur Stearinsäure<br />

hydriert werden.<br />

Durch die Herstellung der eigenen Fettsäuren<br />

als Grundstoffe für die Produktion wurde die<br />

Unabhängigkeit von den Rohstoffmärkten ausgebaut.<br />

Darüber hinaus konnte man eine konstant<br />

hohe Qualität der Grundstoffe erreichen und<br />

garantieren.<br />

73<br />

Das Werksgelände in den 1970er Jahren


Heinz & Günther Greven<br />

Für die konstruktive Planung, das Genehmigungsverfahren<br />

und die Errichtung dieser sowohl<br />

finanziellen als auch technisch sehr aufwendigen<br />

Investition wurden zwei Jahre benötigt.<br />

Die nicht ganz einfache Infrastruktur des Standortes<br />

wird ergänzt durch die Eigenschaft der Erft, als<br />

Grundwasserfluss bei intensiven Niederschlägen<br />

sehr schnell anzuschwellen. Das wird begünstigt<br />

durch den stetigen Anstieg der Berge Richtung<br />

Eifel, aus der das Wasser herunterdrückt.<br />

Die Lage verbesserte sich grundlegend, als 1978<br />

in Eicherscheid, etwa acht Kilometer oberhalb<br />

des Betriebes, ein Regenrückhaltebecken mit einer<br />

Million Kubikmeter Volumen gebaut wurde.<br />

Begrenzt durch den Flusslauf der Erft auf der einen<br />

und dem Berg auf der anderen Seite, waren<br />

räumliche Erweiterungen nicht möglich. Die einzig<br />

praktikable Lösung war die Ausdehnung des<br />

Werksgeländes über die Erft hinaus. Die Gärten,<br />

74


1970ER JAHRE<br />

Die ersten Pulverspender für Handreinigungspulver<br />

LIGAFIX-Prospekt aus den 1970er Jahren<br />

75


1970ER JAHRE<br />

die sich dort befanden, gehörten einer Vielzahl<br />

ortsansässiger Bewohner. Bis Mitte der 1970er<br />

Jahre erwarb die Firma Peter Greven diese Einzelgrundstücke<br />

für die geplante Expansion.<br />

Eine weitere wesentliche Voraussetzung für den<br />

Aufbau der Erweiterung der Fettverarbeitung<br />

war die Verlegung der ursprünglichen Seifenfabrikation.<br />

Die befand sich in den Räumlichkeiten,<br />

in denen die neuen Fettsäureanlagen aufgestellt<br />

werden sollten.<br />

Eine technische Herausforderung war auch die<br />

Installation von Rohrleitungen, die alle Teile miteinander<br />

verbanden und beheizt werden mussten,<br />

denn wenn die Fette verarbeitet und durch<br />

den Betrieb gepumpt werden sollten, musste das<br />

Material auch bei Kälte und Frost flüssig gehalten<br />

werden.<br />

Die Halle für die Seifenproduktion wurde auf der<br />

anderen Seite der Erft errichtet, die Seifenproduktion<br />

verlagert. Man benötigte ein Tanklager,<br />

um Rohstoffe vorzuhalten, um Zwischenprodukte<br />

und Endprodukte zu lagern, bevor diese in<br />

Tankwagen verladen wurden. Auch dafür war im<br />

Altbetrieb kein Platz verfügbar gewesen.<br />

Eine Rohrbrücke verband beide Betriebsteile für<br />

den Transport von Energie, Roh- und Hilfsstoffen.<br />

Mit dem Bau der Werkbrücke über die Erft ermöglichte<br />

das Unternehmen eine verkehrstechnische<br />

Erschließung des alten Betriebsteiles von<br />

einer zweiten Seite. Es bestand aber auch die<br />

Möglichkeit über den Bendenweg und die Peter-<br />

Greven-Straße hinein in den Betrieb zu kommen.<br />

76


1980ER JAHRE<br />

EINZUG <strong>DE</strong>R<br />

AUTOMATISIERUNG<br />

In den 1980er Jahren fanden grundlegende Veränderungen<br />

in der Führungsstruktur der Firma<br />

statt.<br />

Im Jahre 1981 erhält Ewald Beier – ein sehr erfahrener<br />

und langjähriger Mitarbeiter – Prokura.<br />

Damit war er der erste Prokurist der nicht Mitglied<br />

der Familie Greven war.<br />

Die Gesamtprokura übte er mit dem damaligen<br />

Verkaufsleiter Alfred Lachnit aus, der ein Neffe<br />

von Günther und Heinz Greven war.<br />

Zum 31. Dezember 1984 schied Heinz Greven als<br />

Geschäftsführer aus dem Unternehmen aus. In<br />

den Jahren danach war er aber noch in beratender<br />

Funktion im Betrieb tätig.<br />

Zu dem nach dem Ausscheiden seines Bruders<br />

bis 1986 alleinigen Geschäftsführer Günther Greven<br />

wurde nun Ewald Beier zum kaufmännischen<br />

Geschäftsführer benannt. Mit Dr. Jochen Billecke<br />

hatte man zusätzlich einen erfahrenen Manager<br />

aus der Branche – er kam von den Dalli-Werken<br />

– für sich als technischen Geschäftsführer<br />

gewinnen können. Die Geschäftsleitung wurde<br />

komplettiert durch Alfred Lachnit.<br />

Neben dem Ausbau und der weiteren Automatisierung<br />

der Fettsäureanlagen wurde auch am<br />

Ausbau des zweiten Standbeins, der industriellen<br />

Hautschutzprodukte, weiter gearbeitet, obwohl<br />

Blick von der Metallseifenabteilung auf den Spaltturm<br />

die Entwicklungen hier wesentlich langsamer<br />

verliefen und die Produktions- und Verkaufsmengen<br />

bei Weitem nicht an die Produkte der<br />

Fett-Chemie heranreichten. Dennoch war dies<br />

nach wie vor ein höchst lukratives Geschäft, da<br />

die Produkte weniger den schwankenden Rohstoffpreisen<br />

ausgesetzt waren und die breite<br />

Produktpalette eine gewisse Planungssicherheit<br />

mit sich brachte.<br />

Nach der Pulverseife für grobe Verschmutzungen<br />

der Hände, für die Firma Peter Greven auch ein<br />

Spendersystem im Angebot hatte, wurden Flüssigseifen<br />

und Handwaschpasten entwickelt. Die<br />

in der Pulverseife enthaltenen Rohstoffe waren<br />

nicht für eine hautschonende Handreinigung geeignet.<br />

79


EXKURS<br />

DIE ENTWICKLUNG <strong>DE</strong>S BERUFLICHEN HAUTSCHUTZES<br />

IM 20. JAHRHUN<strong>DE</strong>RT<br />

Bis in die 30er Jahre<br />

In den Anfängen der Industrialisierung stellen die meisten<br />

Betriebe ihre Handreiniger selbst her. Bis in die dreißiger<br />

Jahre wird hierzu beispielsweise Schmierseife mit Sand,<br />

Bimsmehl oder gemahlenem Feldspat vermischt. Einziges<br />

Kriterium: die möglichst rasche und effektive Reinigung.<br />

Auch die ersten industriell hergestellten Produkte folgen<br />

diesem Prinzip und verwenden Sand, Bimsmehl und Feldspat.<br />

Schutz- oder Pflegeprodukte werden allenfalls auf<br />

private Initiative verwendet – es besteht kein Bewusstsein<br />

für ihre Notwendigkeit.<br />

Daneben werden Seifenstücke (Feinseife) besonders im<br />

Bergbau verwendet, wo die Zuteilung personenbezogen<br />

erfolgt. Die Häufung von Hautekzemen mündet Mitte der<br />

30er Jahre in der Forderung nach seifenfreien Produkten.<br />

Neue, tensidbasierte Waschsyndets kommen auf den<br />

Markt.<br />

50er Jahre<br />

In den 50er Jahren setzt sich zunehmend der Gedanke des<br />

Hautschutzes durch. Neben Reinigungsmitteln werden nun<br />

erstmals gezielt Schutz- und Pflegeprodukte eingesetzt,<br />

um berufliche Dermatosen zu verhindern. Hautschutz-<br />

Präparate werden vor und während der Arbeit angewandt;<br />

ihr Zweck ist es, ein Eindringen potenziell schädlicher<br />

Stoffe in die Haut zu verhindern. Pflegeprodukte dagegen<br />

werden im Anschluss an belastende Arbeiten oder Reinigung<br />

eingesetzt. Sie gleichen den Verlust von Feuchtigkeit<br />

und Fetten aus, den die Haut durch Beanspruchung,<br />

Wasser, waschaktive Substanzen und Fettlösungsmittel<br />

erleidet. Anders als die Schutzprodukte, die als externe<br />

Schutzschicht wirken sollen, dringen Pflegeprodukte dabei<br />

in die Haut ein.<br />

Im Bereich der Reinigungsmittel sorgen die ersten Spendersysteme<br />

für die effektive und nutzerfreundliche<br />

Anwendung. Dies ist besonders im Hinblick auf die hygienischen<br />

Zustände in feuchten Waschräumen ein entscheidender<br />

Fortschritt, da durch die individuelle Dosierung<br />

aus abgeschlossenen Spendern kein direkter Kontakt<br />

mit der Waschsubstanz möglich ist und Verkeimungen somit<br />

reduziert werden können.<br />

60er Jahre<br />

Der Wunsch nach größerer Hautschonung durch sanftere<br />

Reinigungsmittel führt in den 60er Jahren zu der vermehrten<br />

Herstellung von Reinigungspräparaten ohne mineralölbasierte<br />

Lösemittel. Stattdessen kommen mildere<br />

Lösemittel und Tenside zum Einsatz. Im Bereich der Reibemittel<br />

löst Holzmehl die bisherigen, hochgradig abrasiven<br />

Reibemittel ab. Holzmehl ist nicht nur hautschonender,<br />

sondern verstopft zudem nicht die Abflüsse. Die Nachteile<br />

von Holzmehl sind neben der geringeren Reinigungswirkung<br />

auch ein hohes allergenes Potenzial sowie starke<br />

Einschränkungen für die Formulierung von Hautreinigern<br />

aufgrund des Verkeimungsrisikos und den Quell-Eigenschaften<br />

des Holzmehls.<br />

Ab den 60er Jahren erweitert sich die Produktvielfalt im<br />

Bereich für Schutz- und Pflegeprodukte enorm. Ursache<br />

für die große Vielfalt ist die Annahme, dass die Wirkung<br />

der Präparate entscheidend von der Galenik abhängt. Für<br />

jedes Anwendungsgebiet wird daher ein spezielles Präparat<br />

zur Verfügung gestellt, dessen Trägersubstanzen und<br />

Hilfsstoffe auf exakt die schädlichen Stoffe abgestimmt<br />

80


sind, mit denen der Nutzer im Rahmen seiner beruflichen<br />

Tätigkeit in Kontakt kommt.<br />

70er Jahre<br />

Als Alternative zu Holzmehl setzen sich seit den 70er<br />

Jahren mehr und mehr Kunststoffgranulate aus PE und<br />

PU durch. Sie zeichnen sich durch unkomplizierte Verarbeitung<br />

ohne Formulierungseinschränkungen ebenso aus<br />

wie durch geringe Abrasionwirkung bei dennoch gutem<br />

Reinigungseffekt. Dank moderner Kläranlagen ist ihre eingeschränkte<br />

biologische Abbaubarkeit unproblematisch.<br />

90er Jahre<br />

Ab den 90er Jahren geht die Produktvielfalt auf dem Gebiet<br />

der Schutz- und Pflegeprodukte zurück, da sich die<br />

Erkenntnis durchsetzt, dass Galenik nicht entscheidend für<br />

die Wirkung von Produkten ist; Emulsionen brechen auf<br />

der Haut und ihre Inhaltsstoffe wirken mit der Hornschicht<br />

der Epidermis zusammen, um Schutz zu gewähren. Diese<br />

Erkenntnis macht ein Zusammenfassen von Präparaten<br />

für zahlreiche Anwendungsbereiche zu einer übersichtlicheren<br />

Produktpalette möglich. Zudem haben Fortschritt<br />

und zunehmende Automatisierung Art und Umfang der<br />

beruflichen Belastung der Haut verändert. Eine extreme<br />

Dauerbelastung der Haut, wie sie in den 30er Jahren in<br />

vielen Berufen gängig war, ist nur noch in Ausnahmefällen<br />

gegeben.<br />

Naturreibemittel wie Walnussschalenmehl tragen dem<br />

immer wichtiger werdenden Umweltaspekt Rechnung.<br />

Ihre Herstellung aus erneuerbaren Rohstoffen und ihre<br />

vollständige biologische Abbaubarkeit spielen eine entscheidende<br />

Rolle dabei, dass sich die Reibemittel Walnussschalenmehl<br />

und Maiskolbenmehl durchsetzen können,<br />

obwohl sie Einschränkungen bei der Formulierung von<br />

Reinigungsmitteln mit sich bringen.<br />

Seit 2007<br />

Die Forderung nach immer hautfreundlicheren Produkten<br />

führt schließlich zu der Verwendung von Wachsen als<br />

„Schmutzlösekörper“. Peter Greven Physioderm (PGP) entwickelt<br />

die innovativen Active Soft Pearls ® (ASP): Wachsperlen<br />

aus hydriertem Rizinusöl, die sich durch eine weiche,<br />

glatte Oberfläche auszeichnen. ASP unterstützen den<br />

Reinigungsprozess nicht wie schmirgelnde Abrasiva rein<br />

durch mechanische Reibung, sondern primär durch ihre<br />

lipophile Oberflächenstruktur, die ölige Schmutzpartikel<br />

bindet.<br />

2010er Jahre<br />

Nach neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen spielen<br />

freie Radikale bei der Entstehung irritativer und allergischer<br />

Kontaktekzeme eine wesentliche Rolle.<br />

Um aggressiven Sauerstoffradikalen effektiv entgegen zu<br />

wirken, werden allgemein Inhaltsstoffe mit antioxidativen<br />

Eigenschaften verwendet. Das patentierte Flavonoid-Extrakt<br />

aus Reseda luteola (Luteolin) vermindert die<br />

Entzündungsgefahr, die durch die Bildung freier Radikaler<br />

entsteht. Die Kombination von Luteolin mit den körperei-<br />

81


genen Antioxidantien Vitamin E und Coenzym Q10 wird<br />

von PGP exklusiv in der innovativen Hautschutzcreme<br />

PROTEXSAN ® verwendet.<br />

Weil sie die Umwelt genauso schont wie die Haut des Anwenders,<br />

wird 2016 die Waschlotion ECOSAN® mit dem<br />

EU-Ecolabel ausgezeichnet. Im darauffolgenden Jahr wird<br />

das Produkt als erstes abwaschbares Kosmetikprodukt mit<br />

dem renommierten Umweltzeichen BLAUER ENGEL ausgezeichnet.<br />

Ein weiterer Schritt im Bestreben nach der Entwicklung<br />

umweltschonender und ökologisch verträglicher<br />

Produkte ist der endgültige Verzicht auf Kunststoffreibemittel<br />

(Mikroplastik) durch den Einsatz von Olivenkernmehl.<br />

Der nachwachsende Rohstoff – ein Produkt, das bei<br />

der Herstellung von Olivenöl anfällt - hat insbesondere<br />

im Vergleich zu anderen Alternativen Vorteile: gute biologische<br />

Abbaubarkeit und ausreichende Verfügbarkeit auf<br />

dem europäischen Markt. In den Folgejahren werden verschiedene<br />

weitere Hautreinigungsprodukte mit und ohne<br />

Reibemittel mit dem EU-Ecolabel ausgezeichnet.<br />

2020er Jahre<br />

Zu Beginn des Jahrzehnts kommt es wegen der sich schnell<br />

ausbreitenden COVID-19-Pandemie bei den Desinfektionsmitteln<br />

zu Lieferengpässen. Auch PGP ist davon betroffen.<br />

Wer sich im beruflichen Umfeld schützen möchte, kann<br />

dies allerdings auch ohne Desinfektionsmittel tun – durch<br />

regelmäßiges und richtiges Händewaschen. Dies führt zu<br />

noch nie dagewesenen Absatzmengen und damit verbundenen<br />

Umsätzen bei PGP.<br />

Die Digitalisierung im Bereich Prävention beruflicher Hauterkrankungen<br />

schreitet in großen Schritten voran. Nach<br />

der Einführung eines Online-Tools zur Erstellung von Hautschutzplänen<br />

Ende 2018 wird den Hautschutzverantwortlichen<br />

in den Betrieben im Jahr 2020 ein Online-Tool für<br />

Hautschutzschulungen zur Verfügung gestellt. Damit müssen<br />

Schulungen nicht mehr in Präsenz stattfinden, sondern<br />

können individuell am PC oderoder auf mobilen Endgeräten<br />

durchgeführt werden.<br />

82


Fünf Jahre nach der Inbetriebnahme des neuen Logistikzentrums<br />

in Euskirchen wird der Standort Euskirchen Ende<br />

2020 durch einen neuen Anbau weiter aufgewertet. Der<br />

rund zwei Millionen Euro teure und 825 Quadratmeter große<br />

Komplex beherbergt Labor- sowie Wasch-, Umkleideund<br />

Sozialräume für die Mitarbeitenden. Durch den Anbau<br />

rückt die – bislang am Hauptsitz der Peter Greven Gruppe<br />

in Bad Münstereifel ansässige – Entwicklungsabteilung<br />

auch räumlich eng an den Vertrieb und die Produktion heran.<br />

Ein wesentlicher Aspekt bei der Baumaßnahme ist die<br />

Nachhaltigkeit. So wird auf dem Dach des bestehenden<br />

Gebäudeteils eine mit 320 kWp (Kilowatt-Peak) sehr leistungsfähige<br />

Photovoltaikanlage nachgerüstet. Die Anlage<br />

produziert jährlich 289.000 kWh Strom - das entspricht<br />

dem durchschnittlichen Energie-Verbrauch von etwa<br />

72 Vier-Personen-Haushalten. Unter anderem fließt der<br />

Strom in Doppelladesäulen, sodass firmeneigene Elektro-<br />

und Hybridfahrzeuge komplett CO 2<br />

-neutral aufgeladen<br />

werden können.<br />

83


1980ER JAHRE<br />

Einer Revolution der industriellen Hautreinigung<br />

kam die Entwicklung und Produktion von Handreinigungscreme<br />

auf Reibkörperbasis gleich, die<br />

eine effiziente aber hautschonende Reinigung<br />

ermöglichten.<br />

Auch für die Flüssigseifen wurde ein Spenderprogramm<br />

für vielseitige Anwendungen angeboten.<br />

Stückseife verschwand in der Industrie mehr und<br />

mehr aus dem täglichen Gebrauch. Es wurde<br />

aber noch viel für die Ruhrkohle AG produziert,<br />

da man unter Tage keine Möglichkeit hatte mit<br />

Spendersystemen zu arbeiten. Die Ruhrkohle<br />

AG erhielt weiße Extrastücke mit eigener Prägung:<br />

RAG. Bergleute, die über Tage arbeiteten,<br />

bekamen für eine Woche sechs Stück zellophanierte<br />

Seife, die Bergleute unter Tage erhielten<br />

elf Stück. Hochwertige Toilettseife wurden auch<br />

noch im Auftrag einiger namhafter Markenhersteller,<br />

wie z.B. Fenjala und Eubos, produziert.<br />

Das Unternehmen belieferte einen breit gefächerten<br />

Kundenstamm, die Produktpalette wurde<br />

bewusst so zugeschnitten und mit kundenspezifischen<br />

Entwicklungen erweitert.<br />

Verwaltungsbüro Ende der 1980er Jahre<br />

Für den industriellen Anwendungsbereich reichten<br />

Reinigungsprodukte alleine aber nicht mehr<br />

aus. Das Sortiment wurde um zahlreiche Schutzund<br />

Pflegeprodukte erweitert.<br />

Mitte der achtziger Jahre wurde in der Firma Penaten<br />

ein kompetenter Partner mit speziellen<br />

Erfahrungen auf den Gebieten des Hautschutzes<br />

und der Hautpflege gefunden. Penaten lieferte<br />

zwei Schutz- und zwei Pflegeprodukte, die die<br />

Firma Peter Greven exklusiv im industriellen<br />

Bereich vermarkten durfte. Das war eine ideale<br />

Ergänzung zu den Reinigern, die man selbst herstellte.<br />

Der enorme Bekanntheitsgrad des Markennamens<br />

Penaten war sehr hilfreich, um sich<br />

auch im Bereich Hautschutz und Hautpflege eine<br />

gute Marktposition zu erarbeiten.<br />

Neue Technologien hielten auch in der Verwaltung<br />

Einzug. Viele Geschäftsvorgänge wurden<br />

noch mit Fernschreiben (Telex) abgewickelt. Es<br />

wurde ein Bestellformular an den Kunden ge-<br />

84


Sortiment der Toilettseifen<br />

Abfüllvorrichtung für Handreinigungscreme in Dosen<br />

Abfüllanlage für flüssige und pastöse Hautreinigungsmittel<br />

85


1980ER JAHRE<br />

schickt, das von ihm unterschrieben und zurückgeschickt<br />

werden musste.<br />

Einiges wurde zwar schon per Telefax erledigt,<br />

diese galten aber nicht als urkundensicher, weil<br />

sie entweder nachdunkelten oder die Schrift bei<br />

Verwendung von Thermopapier verblasste.<br />

Moderne Technologie der 1980er Jahre<br />

Im Büro arbeitete man zunächst noch mit Kontenkarten,<br />

die mit Magnetstreifen bestückt<br />

waren. Etwa 1989 hielten elektronische Datenverarbeitungssysteme<br />

verstärkt Einzug in das<br />

Unternehmen Peter Greven.<br />

Einige Abteilungen des Betriebes arbeiteten<br />

zwar bereits mit Computern und einem Zentralrechner,<br />

einem IBM/36-System. Die ersten<br />

PC-Systeme wurden in der kaufmännischen Verwaltung<br />

aufgebaut. Nach und nach wurden für<br />

die einzelnen Abteilungen eigene Datenverarbeitungssysteme<br />

etabliert, so z.B. auch im Labor.<br />

In der Produktion charakterisiert die Umstellung<br />

der manuell gesteuerten Anlagen im Betrieb auf<br />

computergesteuerte Prozessabläufe die 1980er<br />

Jahre bei Firma Peter Greven.<br />

1989 wurde eine Fettvorreinigung errichtet,<br />

1989/1990 Schlosserei und Sozialräume grundlegend<br />

erneuert und man begann mit den Planungen<br />

für ein neues Zentrallager. Die vorhandenen<br />

Lager- und Logistikkapazitäten reichten bei<br />

Weitem nicht mehr für den stark angestiegenen<br />

86


Das Ende der 1980er geplante Zentrallager nach der Fertigstellung<br />

Produktionsausstoß aus. Das musste sich ändern.<br />

Man begann mit dem Neubau eines rechnergestützten<br />

Hochregallagers. 3000 Stellplätze in<br />

unterschiedlichen Größen standen nun für verschiedene<br />

Verpackungseinheiten – je nach Produkt<br />

beispielsweise auf Paletten, in Fässern oder<br />

Säcken – zur Verfügung.<br />

Durch steigende Mengen wurden mittlerweile<br />

viele Ausgangsstoffe und Produkte in Tankzügen<br />

und Silofahrzeugen transportiert und nicht mehr<br />

als verpackte, palettierte Ware.<br />

Der technische Fortschritt in Form von Automatisierungen<br />

führte in der Metallseifenabteilung<br />

zwischen 1980 und 1989 zur Errichtung von<br />

acht Silos, der Einführung von Verpackungsautomaten<br />

(1987/88), einer robotergesteuerten<br />

Palettierung (1988) und einer automatischen Folienwickelanlage,<br />

sowie der Errichtung einer modernen<br />

BigBag-Abfüllung (1985 bis 1989). Damit<br />

entsprach man den wachsenden Anforderungen<br />

des Marktes und der zunehmenden Vielfalt und<br />

Menge der Produktion. Gleichzeitig wurde der<br />

Bedarf an Verpackungsmaterial erheblich reduziert,<br />

ebenso wie der Bearbeitungsaufwand. 20<br />

Jahre lang sollte diese Technik ihren Dienst zuverlässig<br />

verrichten.<br />

87


88<br />

Prospekte der Firma Peter Greven:<br />

Neben Metallseifen, der mittlerweile<br />

wichtigsten Produktsparte, wurde in den<br />

1970er und 1980er Jahren auch ein umfangreiches<br />

Programm an Reinigungsmitteln<br />

hergestellt und vertrieben


1990ER JAHRE<br />

EINSATZ NEUER TECHNOLOGIEN<br />

Der Bau einer Silofahrzeugabfüllung vollendete<br />

1992 die Optimierung der gesamten Logistik des<br />

Unternehmens Peter Greven.<br />

Zu diesem Zeitpunkt konnten täglich etwa 50<br />

Tonnen Metallseifen im vollkontinuierlichen<br />

Schichtbetrieb hergestellt werden, ohne das<br />

Produktionsvolumen aus Dispersionsanlage und<br />

Pulvermischungen. Die Anlagen der Metallseifenverarbeitung<br />

produzierten an Wochentagen<br />

rund um die Uhr im Drei-Schicht-Betrieb, am Wochenende<br />

je nach Auftragseingang.<br />

Es dauerte nicht lange, dann reichte die Turmspaltung<br />

mit knappen 50 Tonnen Tagesleistung<br />

nicht mehr aus, um den Fettsäurebedarf der<br />

Produktion kontinuierlich zu decken. 1992 wurde<br />

eine weitere Anlage mit einer Tagesverarbeitungskapazität<br />

von 100 Tonnen Talg errichtet.<br />

Mehr Fettsäure und Glyzerin aus der Spaltung erforderten<br />

größere Härtungsanlagen, leistungsfähigere<br />

Destillationsanlagen und vieles mehr,<br />

für die steigenden Produktmengen wurde auch<br />

mehr Tankvolumen benötigt. Komplette Verarbeitungslinien<br />

mussten ausgebaut werden.<br />

Blick auf den Betrieb in den 1990er Jahren<br />

91


1990ER JAHRE<br />

Als eines der ersten Unternehmen der Branche<br />

entschied der Familienbetrieb Peter Greven 1992,<br />

den Wechsel von der konventionellen Batchverseifung<br />

zur vollautomatischen Konti-Verseifung<br />

zu vollziehen.<br />

Mit der bisherigen Methode, in die auch noch ein<br />

Walzentrockner integriert war, konnten Hydrophobierungsmittel,<br />

Deinking-Seifen und Seifen<br />

für die Waschmittelindustrie zwar zuverlässig<br />

und andauernd produziert werden, aber nicht<br />

mehr in ausreichenden Mengen. So waren Teillieferungen<br />

an der Tagesordnung.<br />

Die vollautomatische Konti-Verseifung verarbeitet<br />

seit 1993 kontinuierlich ein Gemisch aus<br />

Fettsäure und Lauge. Rund um die Uhr, an sieben<br />

Tagen in der Woche konnten nun täglich bis zu<br />

zwanzig Tonnen produziert werden.<br />

Die Herstellung von Stück- und Schmierseifen<br />

blickt auf eine jahrhundertelange Tradition zurück.<br />

Das Wissen über die Produkte, deren Herstellung<br />

und Rohstoffe wurde zu einer Zeit zusammengetragen,<br />

als es die moderne chemische<br />

Industrie mit ihren heutigen Qualitätsstandards<br />

lange noch nicht gab. Es handelte sich also viel<br />

mehr um eine alte Handwerkskunst. Für die Herstellung<br />

der Seifen waren die Seifensiedemeister<br />

verantwortlich, die auch deren Qualität überwachten.<br />

Es kamen hier doch eher viele handwerkliche<br />

Methoden zum Einsatz. So wurde die<br />

Transparenz und Konsistenz von Schmierseifen<br />

Die kontinuierliche Verseifungsanlage<br />

durch Ausstreichen auf Glasplatten beurteilt. Es<br />

wurde peinlichst genau darauf geachtet, dass bei<br />

der Verseifung nicht zuviel überschüssige Lauge<br />

zum Einsatz kam. Dies geschah durch den sogenannten<br />

„Zungenstich“, d.h. der Seifensiedemeister<br />

schmeckte die Seife ab und seine geübte<br />

Zunge konnte hierbei selbst noch Spuren von<br />

überschüssiger Lauge wahrnehmen.<br />

Für jedes Produkt gab es eine genau festgelegte<br />

Spezifikation mit genormten Prüfverfahren. Für<br />

die Freigabe der Produkte war fortan das Qualitätsmanagement<br />

zentral verantwortlich und die<br />

Analysen wurden von ausgebildeten Laboranten<br />

nach eben diesen anerkannten Prüfverfahren<br />

vorgenommen. Dies bedeutete für viele der alteingesessenen<br />

Seifensieder zunächst eine enor-<br />

92


me Umstellung, der auch zunächst mit Skepsis<br />

begegnet wurde. Dennoch zeigte sich hier erneut<br />

die hohe Flexibilität der Mitarbeiter. Die neuen<br />

Methoden und Verfahren wurden schließlich<br />

schnell und vollständig übernommen.<br />

Die umfangreichen Baumaßnahmen wurden finanziell<br />

durchgeplant und gänzlich ohne Fremdkapital<br />

realisiert. Finanzielle Unabhängigkeit war<br />

der Geschäftsführung wichtig und war nur auf<br />

Grundlage soliden Wirtschaftens möglich.<br />

Bei der alljährlichen Gesellschafterversammlung,<br />

die damals wie heute auch ein Familientreffen<br />

ist, wurden die Bilanzen besprochen.<br />

Dann erörterten die Gesellschafter die Vorschläge<br />

zur Gewinnverwendung.<br />

Die Notwendigkeit, das erwirtschaftete Geld<br />

sinnvoll für weitere Investitionen im Betrieb zu<br />

lassen, wurde von den Gesellschaftern bis heute<br />

immer wieder anerkannt und bestätigt. Durch<br />

diese Reinvestition der Gewinne erhielt der Betrieb<br />

die Möglichkeit, weitgehend auf Fremdkapital<br />

zu verzichten. Ein weiterer, wichtiger Vorteil<br />

der Struktur eines Familienunternehmens gegenüber<br />

Konzernen war somit auch, dass langfristige<br />

strategische Planungen möglich waren,<br />

ohne befürchten zu müssen, dass mit einem Managementwechsel<br />

auch die Unternehmensziele<br />

neu definiert wurden.<br />

Heinz Greven stirbt am 24. Dezember 1993 im Alter<br />

von 77 Jahren.<br />

Dabei wurde die Geschäftsführung um Günther<br />

Greven von den anderen Familienmitgliedern unterstützt,<br />

die seit 1955 nach der Gründung der<br />

KG als Gesellschafterversammlung und Gesellschafterausschuss<br />

die Geschicke des Unternehmens<br />

in den Bereichen Investitionen und Finanzierung<br />

mitbestimmten.<br />

Heinz Greven, † 24. 12. 1993<br />

93


EXKURS<br />

ANWENDUNGSBEREICHE VON METALLSEIFEN & ESTERN<br />

Da unsere Produkte auf nachwachsenden Rohstoffen basieren<br />

erfreuen sie sich als natürliche Additive in allen Industriezweigen<br />

größter Beliebtheit.<br />

Metallseifen und Ester bilden den größten Teil unseres<br />

Produktportfolios. Insbesondere die Metallseifen sind sehr<br />

vielseitig einsetzbar und werden gerne als „Allrounder“<br />

bezeichnet. Was viele nicht wissen: In fast jedem Alltagsgegenstand<br />

steckt eine Metallseife, daher haben wir alle<br />

täglich in unterschiedlichen Formen mit ihnen zu tun.<br />

Die wichtigsten Anwendungsbereiche unserer Metallseifen<br />

und Ester sind folgende:<br />

1. Kunststoffindustrie:<br />

Die Kunststoffindustrie stellt für die Firma den größten<br />

Anwendungsbereich dar: mehr als 25% des Umsatzes wird<br />

in der Kunststoffindustrie bei der Herstellung und Verarbeitung<br />

von Polyvinylchlorid (PVC), Polypropylen (PP), Polyethylen<br />

(PE), Schaumstoff/Expandiertes Polystyrol (EPS)<br />

und vielen weiteren Kunststoffarten erwirtschaftet.<br />

Metallseifen gehören zu den wohl bedeutendsten Stabilisatoren,<br />

da sie sich neben ihren hervorragenden stabilisierenden<br />

Eigenschaften auch durch die gute Gleitwirkung<br />

auszeichnen. Daher werden Calcium- und Zinkstearate sowie<br />

verschiedene Ester als Stabilisatoren und Gleitmittel<br />

für Kunststoffmischungen aller Art eingesetzt.<br />

94


Unsere Produkte tragen daher zur Stabilität und zum<br />

Oberflächenglanz Ihrer Kunststofffenster bei.<br />

Neben den genannten PVC-Fensterprofilen werden unsere<br />

Produkte in vielen weiteren Kunststoffmischungen<br />

eingesetzt, aus denen unsere Kunden dann zum Beispiel<br />

Wasser- und Abwasserrohre, CD-Hüllen, Folien, Kunststoffboxen,<br />

Salatschüsseln, Handys und auch medizinische<br />

Produkte wie Blutbeutel oder Spritzen fertigen.<br />

Als Beispiel hierfür ist der Einsatz unserer Produkte in<br />

PVC- Fensterprofilen zu benennen:<br />

Die Herstellung eines Fensterprofils erfolgt durch die<br />

Extrusion einer Mischung aus PVC-Pulver, Schlagzäh-Modifiern,<br />

Stabilisatoren, Gleitmitteln, Pigmenten und Füllstoffen<br />

(bspw. Kreide, Quarz, oder Kalkstein). Durch den<br />

Einsatz von Metallseifen als Spezialstabilisatoren wird das<br />

Fensterprofil vor der Zersetzung durch Wärme oder Licht<br />

geschützt, durch den Einsatz der Ester als Gleitmittel wird<br />

einerseits die Verarbeitung vereinfacht und zusätzlich der<br />

Oberflächenglanz und das Oberflächenfinish der Endprodukte<br />

optimiert.<br />

95


2. Bauindustrie:<br />

Ein Außenputz soll das Gebäude nicht nur verschönern,<br />

sondern auch vor Sonne, Regen, Schnee und Schimmelbildung<br />

schützen. Um das zu erreichen, wird der Putz hydrophobiert.<br />

Einen Baustoff zu hydrophobieren bedeutet, ihn wasserabweisend<br />

zu machen oder zumindest seine Wasseraufnahme<br />

zu reduzieren. Und hier kommen unsere Produkte ins<br />

Spiel: Unsere Produkte wie Natriumoleat, Zinkstearat oder<br />

spezielle Kombinationsprodukte ermöglichen diese wasserabweisende<br />

Wirkung verschiedenster Baumaterialien.<br />

3. Schmierstoffindustrie:<br />

Schmierfette und Schmieröle sind feste, halb-flüssige oder<br />

flüssige Schmierstoffe, die einerseits der Reibungs- und<br />

Verschleißminderung an Lager- und Kontaktstellen dienen<br />

und andererseits den Schutz vor Korrosion, den Transport<br />

von Wärme und die Entfernung störender Partikel von der<br />

Reibstelle bewirken.<br />

Schmierstoffe werden z.B. zur Schmierung von Kettensägen,<br />

Maschinenelementen wie Wälz- und Gleitlagern, Förderketten<br />

und -seilen sowie Getrieben eingesetzt.<br />

Bekanntlich wird für diese Zwecke oftmals Mineralöl ein-<br />

96


gesetzt. Als Alternative zum Mineralöl haben wir eine Reihe<br />

synthetischer Ester entwickelt, die frei von Lösungsmitteln<br />

und Mineralölen sind und daher als umweltfreundliche<br />

Alternative, z.B. für Hydrauliköle, Getriebeöle, Motorenöle,<br />

Korrosionsschutzmittel und Kühlschmierstoffe, eingesetzt<br />

werden können. All unsere Ester basieren auf natürlichen,<br />

nachwachsenden Rohstoffen. Außerdem sind sie Mineralölen<br />

in den Eigenschaften Schmierfähigkeit, Viskositätsverhalten,<br />

Tieftemperaturverhalten, Flüchtigkeit und<br />

biologische Abbaubarkeit deutlich überlegen und stellen<br />

daher einen optimalen umweltfreundlichen Ersatz dar.<br />

97


4. Pharmaindustrie:<br />

Für die Pharmaindustrie ist das pflanzliche Magnesiumstearat<br />

aus unserer Produktionsstätte in Venlo unverzichtbar:<br />

In (fast) jeder Tablette, die man schluckt, steckt Magnesiumstearat.<br />

Es wird als Gleitmittel eingesetzt. Dadurch<br />

wird die Tablette selbst stabiler und gleichzeitig lösen sich<br />

die Tabletten während der Produktion schneller aus der<br />

Form, so dass der Hersteller einen höheren Produktionsoutput<br />

erreichen kann. Mit unserem Magnesiumstearat<br />

sind wir Marktführer und beliefern alle großen Pharma-<br />

Hersteller weltweit.<br />

5. Lebensmittel- & Futtermittelindustrie:<br />

Auch in der Lebensmittelindustrie stellen pflanzlich basierte<br />

Stearate wichtige Additive dar: Unser Magnesiumstearat<br />

wird als Schaummittel und Emulgator in Zwieback<br />

und Backpulver und als Gleitmittel zur Tablettierung von<br />

gepressten Süßigkeiten wie Pfefferminzdrops oder Trau-<br />

98


enzucker eingesetzt. Ebenso findet sich unser Calciumstearat<br />

als Emulgator und Gleitmittel in fast jedem Bonbon<br />

wieder.<br />

Um pulverförmige Lebensmittel wie Gewürze leichter abfüllen<br />

zu können, werden unsere Stearate als Fließhilfsmittel<br />

eingesetzt. Sie bewirken eine effiziente Abfüllung<br />

in kleine Verpackungseinheiten und verlängern die Lagerstabilität.<br />

Neben Magnesium- und Calciumstearat spielt in der Lebensmittelindustrie<br />

auch Natriumstearat eine große Rolle:<br />

Es zeigt gute Eigenschaften als Überzugsmittel, Emulgator<br />

und Trennmittel oder Gelierhilfsmittel und wird u.a. in<br />

Kaugummi-Grundmassen und Backhilfsmitteln genutzt.<br />

In der Futtermittelindustrie ist es wichtig, dass bspw. Hühnerfutter<br />

bei der Produktion nicht verklumpt. Dafür wird<br />

unser pflanzliches Calciumstearat als Rieselhilfsmittel<br />

eingesetzt.<br />

99


6. Kosmetikindustrie:<br />

Egal ob es draußen heiß ist oder ob Schnee liegt: Wenn in<br />

Cremes, wie beispielsweise der Nivea-Creme in der blauen<br />

Box, unser Aluminiumstearat eingesetzt wird, behalten sie<br />

die gewünschte Konsistenz. Wir sind seit vielen Jahren der<br />

Hauptlieferant von Aluminiumstearat für globale Kosmetikkonzerne,<br />

wie zum Beispiel Beiersdorf.<br />

Aber nicht nur Aluminiumstearat spielt in der Kosmetikindustrie<br />

eine große Rolle:<br />

Natriumstearat wird aufgrund seiner hervorragenden Gel-<br />

Eigenschaften zur Produktion von Deosticks eingesetzt<br />

und Zinkstearat ist für Make-up unverzichtbar: es wird in<br />

Puder, Wimperntusche und Lidschatten als wasserabweisendes<br />

und schützendes Element verwendet.<br />

Dies sind, kurz erläutert, die wichtigsten Anwendungsbereiche<br />

für unsere Produkte. Aufgrund ihrer natürlichen,<br />

umweltfreundlichen Basis und der speziellen Produkteigenschaften<br />

werden unsere Produkte in vielen weiteren<br />

Industriezweigen, beispielsweise in Lacken und Farben,<br />

Textilien oder Saat- und Düngemitteln, sehr gerne als Additive<br />

eingesetzt. Daher ergeben sich auch immer wieder<br />

neue Anwendungen für unsere „Allrounder“.<br />

100


Die Geschäftsleitung 1999: Ewald Beier, Günther Greven, Peter Greven, Alfred Lachnit (v.l.n.r.)<br />

Anfang der neunziger Jahre wurde mit Einführung<br />

von Qualitätsnormen begonnen, deren<br />

Einhaltung bald flächendeckend von den Kunden<br />

gefordert wurde. Im Unternehmen Peter<br />

Greven garantierten aufwändige physikalische<br />

und chemische Laboruntersuchungen von<br />

Anfang an eine konstant hohe Qualität der<br />

Produkte. Auch die Bearbeitung von Kunden-<br />

aufträgen und Einhaltung spezifischer Qualitätsanforderungen<br />

war zwar gewährleistet,<br />

trotzdem wurde ein einheitlicher Qualitätsstandard<br />

gefordert.<br />

Früh wurde daher mit Überlegungen begonnen,<br />

das Qualitätsmanagement des Unternehmens<br />

nach DIN ISO 9001 zertifizieren zu<br />

lassen.<br />

101


1990ER JAHRE<br />

Ein solches System war nicht nur für den Betrieb<br />

neu, auch im Mittelstand der chemischen<br />

Industrie war es noch nicht üblich, Produktion<br />

und Management einer solchen Zertifizierung zu<br />

unterziehen.<br />

Bei Peter Greven Fett-Chemie in Iversheim wurden<br />

1994 die erforderlichen Systemstrukturen<br />

und standardisierten Kontrollmechanismen<br />

eingeführt. Hiervon waren nicht nur das Labor<br />

und die Produktion betroffen, denn alle Abteilungen,<br />

auch Einkauf und Vertrieb, mussten nun<br />

nach festgelegten Arbeitsanweisungen agieren.<br />

Dies verschaffte der Firma Peter Greven zusätzlich<br />

einen Vorteil gegenüber Wettbewerbern,<br />

die dies noch nicht umgesetzt hatten. Viele<br />

Kunden akzeptierten bald nur noch Lieferanten,<br />

die eine entsprechende Zertifizierung vorzuweisen<br />

hatten.<br />

Als eines der ersten mittelständischen Unternehmen<br />

erhielt Firma Peter Greven die Zertifizierung nach DIN<br />

ISO 9001<br />

Durch die weitere Technisierung der Produktion<br />

änderte sich auch das Anforderungsprofil an die<br />

Mitarbeiter ganz erheblich.<br />

Nun wurden unter anderem Chemiefacharbeiter<br />

mit der entsprechenden Ausbildung gebraucht,<br />

ein reines Anlernen fachfremder Mitarbeiter war<br />

längst nicht mehr ausreichend, um die komplizierten<br />

Produktionsabläufe steuern zu können.<br />

102


Ebenfalls Anfang der neunziger Jahre wurde eine<br />

weitere Tradition des Unternehmens fortgeführt –<br />

die dritte Generation der Familie trat in die Geschäftsleitung<br />

ein.<br />

Peter Greven, Jahrgang 1966, nahm direkt nach<br />

seinem Betriebswirtschaftsstudium in Köln als<br />

Assistent der Geschäftsleitung seine Arbeit in<br />

Iversheim auf.<br />

Er hatte den Betrieb bereits als Schüler-Praktikant<br />

kennengelernt und als Student hier gearbeitet.<br />

Peter Greven war somit bestens mit allen<br />

Betriebsabläufen vertraut und, wie schon sein<br />

Vater und Onkel vor ihm, in den Betrieb hineingewachsen.<br />

Bald verfügt er über umfassende Kenntnisse in<br />

der Produktchemie, im Marketing und Vertrieb.<br />

Dank seines großen technischen Interesses und<br />

mit Hilfe erfahrener Mitarbeiter eignete er sich<br />

innerhalb kurzer Zeit unter anderem viel Wissen<br />

in der Anwendungstechnik an, was bei der Betreuung<br />

von Großkunden von Vorteil war.<br />

1993 wird Peter Greven Geschäftsführer der Peter<br />

Greven Fett-Chemie GmbH & Co KG.<br />

Peter Greven<br />

103


Dr. Ingo Wolf, damals Oberkreisdirektor, später Innenminister NRW, übergibt<br />

Günther Greven auf der 75. Jahrfeier einen Genehmigungsbescheid<br />

Hildegund Greven, Alfred Lachnit und Günther Greven<br />

In beiderseitigem Einvernehmen scheidet der<br />

technische Geschäftsführer Herr Dr. Jochen Billecke<br />

zum 31. Dezember 1994 aus dem Unternehmen<br />

aus. Nach seinem Ausscheiden besteht<br />

die Geschäftsleitung in den folgenden Jahren aus<br />

den beiden geschäftsführenden Gesellschaftern<br />

Günther und Peter Greven sowie dem weiteren<br />

Geschäftsführer Ewald Beier und dem Prokuristen<br />

Alfred Lachnit.<br />

1996 erfolgte mit der Einführung der elektronischen<br />

Auftragsbearbeitungs- und Produkti-<br />

onsplanungssysteme ProPlan und ProStore ein<br />

weiterer Schritt hin zur computergestützten<br />

Bearbeitung von Betriebsvorgängen. Aufträge<br />

konnten nun lückenlos von deren Eingabe über<br />

die Produktionsplanung, Lagerverwaltung, Chargenverfolgung<br />

und Versendung verfolgt werden.<br />

Jede Lieferung an Kunden konnte nun einfach<br />

und eindeutig der jeweiligen Produktionscharge<br />

zugeordnet werden. Eine noch engere Vernetzung<br />

aller Abteilungen des Unternehmens war<br />

geschaffen.<br />

104


1990ER JAHRE<br />

75 Jahre Peter Greven in Iversheim wurden 1998<br />

mit Anwohnern, Interessierten und Geschäftsfreunden<br />

groß gefeiert. Genauso wie fünf Jahre<br />

später das achtzigjährige Bestehen des Unternehmens.<br />

An einem Tag der offenen Tür wurden auf dem<br />

Betriebsgelände zwei große Hallen ausgeräumt,<br />

darin eine Bühne und Sitzgelegenheiten aufgebaut.<br />

Alle Mitarbeiter und Besucher konnten sich<br />

an vielen Ess- und Trinkständen frei beköstigen.<br />

Ein weiterer Beitrag für ein gesundes Arbeitsklima<br />

waren die Betriebsfeste, die seit 1999 organisiert<br />

wurden: Immer im Wechsel wird in einem<br />

Jahr ein Familienfest mit Fußballturnier für alle<br />

Mitarbeiter und ihre Familienangehörigen auf<br />

dem Iversheimer Sportplatz veranstaltet, im anderen<br />

Jahr findet ein Fest zum Jahresabschluss<br />

statt.<br />

Nach einigen gescheiterten Versuchen, externe<br />

Führungskräfte aus anderen Unternehmen zu integrieren,<br />

ging man mehr und mehr dazu über,<br />

junge Menschen direkt von der Hochschule oder<br />

Fachkräfte, die ihre zweite Arbeitsstelle suchten,<br />

ins Unternehmen zu holen.<br />

1999 begannen dann erstmals wieder drei Chemikanten<br />

ihre Ausbildung. Seitdem werden bedarfsgerecht<br />

viele verschiedene Berufsgruppen<br />

ausgebildet, so z.B. Industriekaufleute, Industriemechaniker,<br />

Chemikanten, Elektroniker für Automatisierungstechnik,<br />

Chemielaboranten und<br />

Fachkräfte für Lagerlogistik. Gemeinsam mit der<br />

Rhein-Erft Akademie, die einen Teil der praktischen<br />

Ausbildung übernimmt, konnten hier hervorragende<br />

Ergebnisse erzielt werden. So gehörten<br />

auch schon Auszubildende der Firma Peter<br />

Greven zu den Besten im landesweiten Vergleich.<br />

105


106<br />

Siederei von der<br />

Erft aus gesehen


2000ER JAHRE<br />

INTERNATIONALISIERUNG<br />

Der Übergang in ein neues Jahrtausend war verbundenen<br />

mit weltweiten Spekulationen über<br />

mögliche Probleme, besonders was computergesteuerte<br />

Prozesse anging. Dank guter Vorbereitung<br />

und Überwachung aller Prozesse stellte der<br />

Jahrtausendwechsel bei Firma Peter Greven, wie<br />

bei den meisten Unternehmen, aber kein Problem<br />

dar.<br />

Der Schutz von Mensch und Umwelt war für das<br />

Unternehmen Peter Greven seit seiner Gründung<br />

selbstverständlicher Bestandteil der Arbeit.<br />

Mit erheblichem Fachwissen und jahrzehntelangen<br />

Erfahrungen wurden Vorsichtsmaßnahmen<br />

festgelegt, die mit regelmäßigen Sicherheitsanalysen<br />

die Gefährdung der Mitarbeiter und der<br />

Nachbarschaft ausschließen sollen.<br />

Die Lage des Betriebes in der landschaftlich reizvollen<br />

Umgebung und die Nähe zur Kurstadt Bad<br />

Münstereifel waren die natürliche Verpflichtung<br />

für ein effektives Sicherheits- und Umweltmanagement.<br />

Das Umweltmanagement wurde im Jahr 2000<br />

nach DIN ISO 14001 zertifiziert, deren Normen<br />

den Umgang mit der Umwelt und ihren Ressourcen<br />

regelt.<br />

Die Zertifizierung im Umweltbereich war ebenso<br />

erforderlich wie Anfang der neunziger Jahre die<br />

Umsetzung der Qualitätsnormen nach DIN ISO<br />

9001, um diese Kompetenz des Unternehmens<br />

gegenüber den Kunden jederzeit und zweifelsfrei<br />

nachweisen zu können. Bei vielen Kunden<br />

war dies eine zwingende Voraussetzung, um als<br />

Lieferant bestehen zu können.<br />

Das Umweltmanagementsystem ist für alle Vorgänge<br />

im technischen Betriebslauf und der Produktion<br />

sehr umfangreich, denn etwa fünfzig<br />

Einzelanlagen mit ihren Verkettungen sind zu<br />

überwachen.<br />

An sieben Tagen rund um die Uhr wird im Betrieb<br />

mit teilweise hohen Temperaturen und hohem<br />

Druck gearbeitet.<br />

Staubförmige Emissionen, Abwässer, technische<br />

Parameter – alles muss überprüft und protokolliert<br />

werden. Gegenüber den Behörden muss<br />

jederzeit nachweisbar sein, dass die zulässigen<br />

Werte eingehalten werden.<br />

Ein eng vernetztes Überwachungssystem kontrolliert<br />

in allen Betriebsteilen die vorgegebenen<br />

Parameter und zeichnet die Messdaten auf. Ein<br />

Prozessleitsystem registriert für jede einzelne<br />

Anlage alle wesentlichen Parameter des technischen<br />

Betriebes als visuelles System. Gleichzeitig<br />

arbeitet es als Steuerungssystem. Alle wichtigen<br />

Daten – beispielsweise Temperaturen, Druck<br />

oder Durchflussmengen – stehen dem Bediener<br />

für die Gewährleistung eines störungsfreien Produktionsprozesses<br />

zur Verfügung.<br />

109


2000ER JAHRE<br />

Herrn Werner Heiliger wird nach seinem Firmeneintritt<br />

1999 und seiner Tätigkeit als Leiter des<br />

Controllings und der Finanzbuchhaltung am 26.<br />

Juli 2000 Prokura erteilt. Gleichzeitig wird er in<br />

die Geschäftsleitung berufen.<br />

Das neue Jahrzehnt sollte geprägt sein von Expansion<br />

und Umgestaltung des Unternehmens.<br />

Die bisherige Strategie beschränkte sich nicht<br />

mehr auf Erweiterungen der Angebotspalette<br />

oder Modernisierungen am traditionellen Standort.<br />

Als zusätzliches Ziel wurde nun die Internationalisierung<br />

des Unternehmens definiert, die<br />

auch den Aufbau neuer Standorte erforderlich<br />

machte.<br />

Alfred Lachnit, † 02.03.2000<br />

Völlig überraschend verstarb Herr Alfred Lachnit,<br />

der jahrzehntelang den Vertrieb geleitet hat<br />

und beste Kontakte zu allen Großkunden hatte,<br />

im Jahr 2000 im Alter von 59 Jahren. Herr Lachnit<br />

war außerdem Mitglied der Geschäftsleitung<br />

und als Familienmitglied auch Mitgesellschafter.<br />

Sein plötzlicher Ausfall hinterließ eine große Lücke,<br />

die erst nach und nach mit internen Kräften<br />

wieder gefüllt werden konnte.<br />

Die Bovine Spongiforme Enzephalopathie (BSE)<br />

sorgte als „Rinderwahn“ Ende der 1990er Jahre<br />

für Schlagzeilen und war ein vieldiskutiertes öffentliches<br />

Thema. Ursache dafür war vor allem<br />

die Vermutung, dass eine neue Variante der tödlich<br />

verlaufenden Creutzfeld-Jakob-Krankheit<br />

beim Menschen durch den Verzehr von BSE-verseuchtem<br />

Rindfleisch hervorgerufen wird.<br />

Da für die Erkrankung der Hausrinder Prionen<br />

genannte, atypische Eiweißkörper verantwortlich<br />

gemacht wurden, erhielt auch Firma Peter<br />

Greven als Verarbeiter von Rindertalg viele Anfragen<br />

und Besuche besorgter Kunden.<br />

Für den Schutz der Verbraucher vor diesem<br />

Krankheitserreger in der Seife publizierte das<br />

110


Produktionsstandort in Venlo, Niederlande<br />

Ansatzbereich: die Produktion in Venlo erfolgt unter<br />

GMP-Bedingungen auf streng voneinander getrennten<br />

Produktionslinien<br />

111


2000ER JAHRE<br />

Für diese Produktfertigung wurden nun fertige<br />

pflanzliche Fettsäuren auf Palmölbasis aus Asien<br />

eingesetzt. Doch das war nicht das Ende der<br />

Fragen und Diskussionen. Denn was wäre, wenn<br />

in der Anlage vorher ein technisches Produkt aus<br />

tierischer Fettsäure hergestellt wurde: Wie oft<br />

wird dann die Anlage gereinigt? Wie viele Chargen<br />

laufen vorweg, die nicht ausgeliefert werden?<br />

In dem Zusammenhang stellte sich heraus, wie<br />

wichtig es für bestimmte Kundengruppen und<br />

Absatzbereiche wurde, auf Produkte rein pflanzlicher<br />

Herstellung zugreifen zu können. Die Firma<br />

Peter Greven erkannte den neuen Bedarf als<br />

erfolgversprechendes neues Segment für das<br />

Produktportfolio.<br />

Aufstellung eines neuen Lagertanks für Fettsäure<br />

Unternehmen eine doppelte Strategie: Der Betrieb<br />

musste nachweisen, dass die Rohstoffe aus<br />

BSE-freien Rinderbeständen stammten. Außerdem<br />

wurden eventuell doch vorhandene Erreger<br />

durch die Verarbeitung des Rindertalgs bei hoher<br />

Temperatur und hohem Druck abgetötet.<br />

Doch auch wenn nachweislich kein Erreger den<br />

Produktionsprozess in Bad Münstereifel überleben<br />

konnte, bestanden viele Kunden darauf, nur<br />

noch Produkte aus pflanzlichen Rohstoffen abzunehmen.<br />

Der erste Schritt wurde im Jahre 2000 vollzogen,<br />

als Peter Greven die Chance nutzte, einen Betrieb<br />

der Akcros Chemicals, einem Tochterunternehmen<br />

der Akzo, in Venlo (NL) zu übernehmen.<br />

Die Produktion in diesem Betrieb basierte ausschließlich<br />

auf pflanzlichen Rohstoffen entgegen<br />

der in Bad Münstereifel, wo weitgehend<br />

tierische Rohstoffe verarbeitet wurden, die den<br />

qualitativen Anforderungen einiger Branchen<br />

nicht genügten. Dies war die optimale Ergänzung<br />

der bestehenden Produktpalette. Die Akquisition<br />

neuer Kunden in bisher schwer zugänglichen<br />

Branchen, wie z.B. der Pharmaindustrie, wurde<br />

nun ermöglicht. Durch die Nähe zu Rotterdam<br />

112


und Antwerpen hatte der Standort außerdem logistische<br />

Vorteile für den Bezug von Rohstoffen<br />

und den Versand der Produkte.<br />

Ein weiteres Argument für die Übernahmeentscheidung<br />

war auch, dass das Werk in Venlo, das<br />

unter dem Namen Peter Greven Nederland C.V. in<br />

die Firmengruppe integriert wurde, nicht zu weit<br />

entfernt vom Hauptbetrieb war und somit leicht<br />

gesteuert werden konnte.<br />

Mit diesem Standort, seiner Produktion nach<br />

Good Manufacturing Practice-Vorschriften (GMP),<br />

die als Basis für den Einsatz in der Pharma-, Lebensmittel-<br />

und Kosmetikindustrie gelten, ist<br />

Peter Greven weltweit führender Hersteller von<br />

pflanzlichem Magnesiumstearat für die Pharmaindustrie.<br />

Das Produkt wird u.a. beim Pressen<br />

von Tabletten verwendet, damit sich die Tablette<br />

nach dem Pressen wieder schnell und leicht aus<br />

der Form löst.<br />

Ein Nebeneffekt der Verarbeitung ausschließlich<br />

pflanzlicher Fettsäuren eröffnete auch die Möglichkeit,<br />

kritische Märkte zu erschließen, da die<br />

Produkte in Kosher-Qualität hergestellt werden<br />

können. Dies wird durch geschlossene und voneinander<br />

getrennte Produktionslinien ermöglicht.<br />

Dieses Gütesiegel hat sich mittlerweile weit über<br />

den religiösen Aspekt hinaus zu einem Herstellungsstandard<br />

für sensible Anwendungen und<br />

damit zu einem wichtigen Verkaufsargument<br />

entwickelt.<br />

Dr. Manfred Matzel, Bürgermeister Dr. Uwe Friedl und Peter Greven beim Spatenstich<br />

der Peter Greven Hautschutz GmbH & Co KG in Euskirchen 2005<br />

113


2000ER JAHRE<br />

Am Hauptstandort in Bad Münstereifel verfolgte<br />

man parallel die Neuordnung des Geschäftes<br />

für den industriellen Hautschutz. Die „Chemische<br />

Fabrik Iversheim“ wurde in Peter Greven Hautschutz<br />

GmbH & Co KG umbenannt.<br />

In den letzten Jahren hatte sich neben der Forderung<br />

nach effektiven, günstigen Hautpflegeprodukten<br />

für die Industrie auch der Gesundheitsaspekt<br />

immer mehr zu einem starken Einflussfaktor<br />

entwickelt. Betriebsärzte und der Gesetzgeber<br />

entwickelten Hautschutzprogramme für Industriebetriebe.<br />

Hautschutzpläne, die die Anwendung<br />

der Produkte pro Berufsgruppe genau<br />

vorgaben, mussten in Zusammenarbeit mit den<br />

Kunden erstellt werden.<br />

Das Betreiben dieser beiden unabhängigen Geschäftsbereiche<br />

war sehr anspruchsvoll und es<br />

gab sogar Überlegungen, sich vom Hautreinigungsgeschäft<br />

zu trennen und auf die Oleochemie<br />

zu konzentrieren.<br />

Eine Umstrukturierung, verbunden mit gewaltigen<br />

Umbauten am Standort, wäre spätestens mit<br />

der auch in diesem Bereich notwendigen Einführung<br />

von GMP (Good Manufacturing Practice)<br />

fällig geworden, denn die Produktionsanlagen<br />

lagen räumlich sehr nah an den Anlagen für<br />

technische Seifen. In einer Umgebung für Chemieanlagen<br />

konnte man moderne Anforderungen<br />

an kosmetische Produkte kaum erfüllen.<br />

Schließlich wurde die Option des Verkaufs des<br />

Geschäftes aber verworfen.<br />

Nicht zuletzt, weil dieses als zweites Standbein<br />

im Verlauf der Unternehmensgeschichte immer<br />

eine relativ sichere und planbare Umsatz- und<br />

Ertragskomponente war, auf die man nicht verzichten<br />

wollte.<br />

Mit einem externen Berater – der sich durch<br />

seine frühere Tätigkeit bei einem führenden<br />

Wettbewerber bestens in der Branche auskannte<br />

– wurden die unterschiedlichen Strategien<br />

bewertet. Schließlich wurde entschieden, das<br />

Geschäft als eigenständige Einheit komplett neu<br />

aufzustellen und auf Wachstum auszurichten.<br />

Diese Weichenstellung war ein großer Schritt –<br />

und ganz neu für das über Jahrzehnte gewachsene<br />

Unternehmen, dessen Entwicklungsgrundsatz<br />

die Politik der kleinen Schritte gewesen war.<br />

Aufgrund der positiven und konstruktiven Zusammenarbeit<br />

und der Erfahrung in diesem Segment<br />

wurde der externe Berater, Herr Dr. Manfred<br />

Matzel, als Geschäftsführer für den Bereich<br />

Hautschutz engagiert, um die gemeinsam entwickelte<br />

Strategie umzusetzen.<br />

Auch einen Standortwechsel sah diese Umstrukturierung<br />

vor: Der neue Geschäftszweig Peter<br />

Greven Hautschutz GmbH & Co KG wurde in Euskirchen,<br />

der nahe gelegenen Kreisstadt, in einem<br />

Industriegebiet angesiedelt. Dort wurde ein<br />

114


Verwaltungsgebäude und Produktion für den Hautschutzbereich<br />

16.000 qm großes Grundstück mit einer Halle<br />

gekauft und mit einem Anbau ergänzt, um von<br />

vornherein genügend Platz für geplante Erweiterungen<br />

zu schaffen. Nach der Errichtung einer<br />

neuen Produktion wurde der Hautschutz- und<br />

Pflegebereich 2006 komplett nach Euskirchen<br />

ausgelagert, mittlerweile arbeiten dort 35 Personen<br />

und es sind viele neue Arbeitsplätze entstanden.<br />

Die wirtschaftliche Situation zwang andere Chemieunternehmen,<br />

sich von Geschäftsbereichen<br />

zu trennen. Peter Greven expandierte weiter und<br />

übernahm 2005 das Stearat-Geschäft von der<br />

Total-Atofina-Tochtergesellschaft Ceca, einem<br />

Unternehmen in Frankreich.<br />

Das Umsatzvolumen konnte in die Produktion<br />

Bad Münstereifel integriert werden, ohne die<br />

Produktion in Frankreich übernehmen zu müs-<br />

115


2000ER JAHRE<br />

sen. Ceca hatte beschlossen, die Produktionsstätte<br />

aus Sicherheitsgründen zu schließen,<br />

daher übernahm die Firma Peter Greven die Kundenlisten,<br />

Rezepturen und Fertigungsvorschriften<br />

der Produkte und gründete eine Vertriebsgesellschaft<br />

in Frankreich.<br />

Durch die Übernahme wurde die Produktpalette<br />

um einige Spezialitäten erweitert und der Kundenstamm<br />

ausgebaut. Peter Greven stärkte außerdem<br />

seine Marktposition als einer der führenden<br />

Hersteller von Metallseifen in Europa.<br />

Nur kurze Zeit später stand auch bei Peter Greven<br />

Hautschutz die erste Übernahme an: 2006<br />

wurde der Vertrieb von Handwaschpasten (Lordin<br />

und Cewipa) eines Konkurrenzunternehmens<br />

übernommen und darüber ein beachtliches Umsatzwachstum<br />

im Hautschutzbereich generiert.<br />

Der zusätzliche Umsatz war sehr hilfreich, um die<br />

höheren Kosten des neuen Standortes zu tragen.<br />

Günther Greven stand der Arbeit der nächsten<br />

Generation offen gegenüber und steuerte bei der<br />

Beratung wesentlicher Positionen seine Gedanken<br />

und Meinungen bei. Er saß im Gesellschafterausschuss<br />

und wirkte dort bei allen wichtigen<br />

Entscheidungen mit. Aber er äußerte auch Bedenken,<br />

wenn er die hatte und kämpfte für seine<br />

Überzeugung, wenn er mit einer Sache nicht einverstanden<br />

war.<br />

Seine Erfahrungen trugen bei vielen anstehenden<br />

Entscheidungen dazu bei, den Vorgang noch<br />

einmal zu durchdenken und gegebenenfalls das<br />

eine oder andere Problem doch noch aus dem<br />

Weg zu räumen.<br />

Wie sein Bruder Heinz war auch Günther Greven<br />

nie richtig aus dem Betrieb ausgeschieden, solange<br />

er lebte.<br />

Peter Greven gratuliert Ewald Beier zum 50. Dienstjubiläum<br />

Noch mit 84 Jahren kam Günther Greven täglich<br />

für vier bis fünf Stunden in den Betrieb. Später<br />

rief er immer am Freitag an, ließ sich den Auftragsbestand<br />

ansagen und erkundigte sich: „Wie<br />

sieht’s denn aus? Haben wir noch genug zu tun?“<br />

116


Günther Greven, † 28.5.2006<br />

In der alten Tradition des Familienunternehmens<br />

kannten Günther und Heinz Greven das gesamte<br />

Unternehmen, so wie es bei ihrem Vater Peter<br />

Greven auch gewesen war.<br />

Das hat Peter Greven übernommen, denn diese<br />

Kenntnis der Details ist für viele unternehmerische<br />

Entscheidungen wichtig.<br />

Am 28. Mai 2006 stirbt Günther Greven im Alter<br />

von 87 Jahren. Hochwasser im September 2007<br />

117


2000ER JAHRE<br />

Im September 2007 musste die Firma Peter Greven<br />

Schäden in Höhe von mehreren Hunderttausend<br />

Euro durch Hochwasser verkraften.<br />

Ebenfalls im Jahr 2007 gründet Peter Greven mit<br />

der asiatischen Firma IOI, einem der führenden<br />

Palmöl- und Fettsäureproduzenten, das Joint-<br />

Venture Peter Greven Asia mit Sitz in Penang/<br />

Malaysia.<br />

Die Kooperation dieser beiden Marktführer hatte<br />

das Ziel, sich in den nächsten Jahren als einer der<br />

führenden Metallseifenlieferanten in Asien zu<br />

positionieren.<br />

Die Hauptabsatzmärkte für das Joint-Venture<br />

sind neben den asiatischen Staaten wie China,<br />

Indien, Japan, Korea und Taiwan vor allem auch<br />

der mittlere Osten und die USA.<br />

Der Standort Malaysia bot in Asien verschiedene<br />

Vorteile. Zum einen ist Malaysia zusammen mit<br />

Indonesien der weltweit größte Produzent von<br />

Palmöl, die Fettsäureproduktion in Malaysia ist<br />

die größte weltweit. Das heißt die Rohstoffversorgung<br />

ist sehr gut. Außerdem ist Malaysia ein<br />

guter Standort zur Belieferung der wachsenden<br />

Märkte in Asien. Schließlich einigten sich Peter<br />

Greven und IOI auf ein Joint-Venture, bei dem<br />

Peter Greven 60% und IOI 40% der Anteile hält.<br />

Peter Greven obliegt die Leitung sowie die Produktions-<br />

und Vertriebsverantwortung in Malaysia.<br />

IOI liefert die Hauptrohstoffe (Fettsäuren)<br />

und stellt darüber hinaus Dienstleistungen wie<br />

die Energieversorgung aber auch EDV- und Personaldienstleistungen.<br />

Auch hier musste wieder ein Betrieb, der in die<br />

Organisationsstruktur eines großen Konzerns<br />

eingebunden war, so umorganisiert werden, dass<br />

er sich nahtlos in die mittelständischen Strukturen<br />

des Familienunternehmens einfügte. Obwohl<br />

von Anfang an klar war, dass es keine einfache<br />

Aufgabe sein würde, wurde spätestens mit dem<br />

Ausbruch der Wirtschaftskrise und dem Erstarken<br />

der asiatischen Märkte deutlich wie wichtig<br />

dieses Projekt für die Zukunft der Firma Peter<br />

Greven ist. Obwohl gerade in den ersten beiden<br />

Jahren immer wieder Rückschläge und auch<br />

ernsthafte Probleme auftraten, wurde die Produktion<br />

in nur drei Jahren mehr als verdoppelt.<br />

Bei der mittelstands-typischen schlanken Führungsstruktur<br />

war das nur möglich, indem Aufgaben<br />

auf viele Schultern verteilt wurden und<br />

immer wieder Unterstützung aus Deutschland<br />

und Holland auch vor Ort geleistet wurde. Die<br />

gute Zusammenarbeit zwischen den einzelnen<br />

Betrieben war dabei immer ganz entscheidend.<br />

Zum 30. Juni 2008 scheidet Herr Erwald Beier<br />

nach über 50-jähriger Tätigkeit und langjähriger<br />

Führungstätigkeit als Prokurist und kaufmännischer<br />

Geschäftsführer aus dem Unternehmen<br />

aus.<br />

118


Joint-Venture-Produktionsanlage in Penang, Malaysia<br />

119


2000ER JAHRE<br />

Mitte 2008 ergab sich dann die Möglichkeit zu<br />

einer weiteren Akquisition im Hautschutzbereich:<br />

Peter Greven Hautschutz konnte von der<br />

mittelständischen Unternehmsgruppe Wöllner<br />

den Bereich des industriellen Hautschutzes mit<br />

den Marken Physioderm und Faweco übernehmen.<br />

Das Geschäft wurde soweit wie möglich<br />

in Euskirchen integriert. Dort musste die Produktion<br />

ausgebaut werden, denn diese Akquise<br />

entsprach etwa 70 Prozent des vorhandenen Geschäftsvolumens.<br />

Aufgrund dieser herausragenden<br />

Bedeutung wurde auch umfirmiert in Peter<br />

Greven Physioderm GmbH.<br />

Herr Dr. Hermann Josef Stolz wird im August<br />

2009 nach langjähriger Tätigkeit als Labor-,<br />

Qualitäts- und Entwicklungsleiter die Leitung<br />

der Bereiche Produktion und Entwicklung übertragen.<br />

Gleichzeitig wird er neues Mitglied der<br />

Geschäftsleitung.<br />

120


2010ER JAHRE<br />

EXPANSION IN DIE USA<br />

Herr Dr. Manfred Matzel, Geschäftsführer der<br />

Peter Greven Physioderm GmbH, verlässt zum<br />

31.12.2011 das Unternehmen um sich selbstständig<br />

zu machen.<br />

Die Geschäftsleitung der Peter Greven Gruppe<br />

besteht damit aus den Personen Peter Greven,<br />

Werner Heiliger und Dr. Hermann Josef Stolz.<br />

Der Start in ein neues Jahrzehnt der Unternehmensgeschichte<br />

wurde von zwei wesentlichen<br />

Entscheidungen sowohl für Bad Münstereifel als<br />

Firmenstandort als auch für die weitere Behauptung<br />

als einer der Marktführer im Bereich der<br />

Oleochemie getroffen.<br />

Im Rahmen der Überprüfung und Weiterentwicklung<br />

des Standortkonzeptes für Bad Münstereifel<br />

hatte sich gezeigt, dass sinnvolle Erweiterungsflächen<br />

für Produktionsanlagen mit Bereichen<br />

belegt waren, die mittelfristig an einen anderen<br />

Ort verlegt werden konnten. Daraus resultierte<br />

als erste Maßnahme die Verlagerung des Labors,<br />

sämtlicher Sozialräume und des Verwaltungsgebäudes<br />

auf den Hang oberhalb des aktuellen<br />

Verwaltungsgebäudes in den Bereich des Ende<br />

der 90er Jahre entwickelten Bebauungsplanes.<br />

Nach Beginn der Erschließungsarbeiten Ende<br />

2011 erfolgte der Umzug der Verwaltung in die<br />

hochmodern ausgestatteten Räumlichkeiten<br />

Die Geschäftsleitung der Peter Greven Gruppe 2013. v.l.n.r.: Dr. Hermann Josef Stolz, Peter Greven, Werner Heiliger<br />

123


Das Werk in Bad Münstereifel mit dem neu gebauten Verwaltungs-, Labor- und Sozialtrakt im Vordergrund rechts<br />

sowie dem neuen Veresterungsgebäude mitten im Werk<br />

Mitte 2013. Das Labor begann Ende 2013 mit<br />

dem Umzug und stellt sich mit hochtechnisierten<br />

Apparaturen und einer größeren Entwicklungsabteilung<br />

neuen Herausforderungen.<br />

Durch den Abriss des alten Verwaltungsgebäudes,<br />

von dem aus über 80 Jahre lang die Geschicke<br />

des Unternehmens gelenkt wurden, wurde<br />

der Platz frei für einen Aufzugsturm zur Anbindung<br />

des Produktionsgeländes an den neuen<br />

Verwaltungs-, Labor- und Sozialgebäudetrakt.<br />

124


Das alte Verwaltungsgebäude vor und während des Rückbaus<br />

125


2010ER JAHRE<br />

Wir haben das strategische Ziel formuliert, den<br />

Bereich der Fettsäureester langfristig als zweites<br />

großes Standbein neben den Metallseifen<br />

auszubauen. Um dieses Wachstum im Esterbereich<br />

zu ermöglichen, wurde im Februar 2012 mit<br />

dem Bau eines Produktionsgebäudes gestartet.<br />

Mit einer Höhe von 34 Metern wurde es zu dieser<br />

Zeit nur von der Turmspaltung übertroffen.<br />

Mit einem neuen, eigenständigen Logo startete<br />

die Peter Greven Physioderm GmbH in das Jahr<br />

2013.<br />

Leider wurde dieses Jahr dann aber von einem<br />

der bislang schwersten Unglücke in der Firmengeschichte<br />

überschattet. Im März kam es bei unserer<br />

Tochterfirma Peter Greven Asia in Malaysia<br />

zu einem schwerwiegenden Unfall ausgelöst<br />

DP-Anlage im Werk Venlo<br />

durch eine Explosion und den darauffolgenden<br />

Brand, dem tragischerweise auch drei Kollegen<br />

zum Opfer fielen. Weitere Informationen hierzu<br />

wurden in einem „Exkurs“ zusammengestellt.<br />

Bei der Peter Greven Nederland C.V. konnten<br />

wir im Mai 2013 die neu errichtete DP-Anlage<br />

(DP = Direkt-Prozess) in Betrieb nehmen und<br />

so die Produktionskapazitäten für Metallseifen<br />

126


Das neu erbaute Produktionsgebäude für Ester<br />

am Standort in Venlo erheblich ausbauen. Die<br />

Technologie bietet gegenüber den bisherigen<br />

Anlagen nach dem Fällverfahren eine deutliche<br />

höhere Leistung und Effizienz. Die darauf hergestellten<br />

Produkte sind vor allem auf die Bereiche<br />

Lebens- und Futtermittel ausgelegt. Weitere Informationen<br />

zu den Produktionsverfahren finden<br />

wurden im Exkurs „Seifen und Metallseifen“.<br />

Mit dem Neubau einer weiteren Lagerhalle und<br />

deren Fertigstellung im Juli 2015 trug man den<br />

stetig steigenden Produktionsmengen bei der<br />

Lager bei Peter Greven Physioderm<br />

127


EXKURS<br />

BRANDKATASTROPHE BEI PETER <strong>GREVEN</strong> ASIA<br />

Am 25.3.2013 ereignete sich leider ein schwerwiegender<br />

Unfall bei unserer Tochterfirma Peter Greven Asia auf dem<br />

Firmengelände in Penang, Malaysia.<br />

Durch eine Staubexplosion und den darauffolgenden<br />

Brand wurde ein Großteil der Produktionsanlagen zerstört.<br />

Wesentlich schlimmer aber war, dass tragischerweise zwei<br />

Mitarbeiter erhebliche Verletzungen erlitten hatten und<br />

drei weitere Kollegen aufgrund der schweren Verbrennungen<br />

verstarben.<br />

aber, nicht zuletzt wegen der Vorgaben zum Explosionsschutz,<br />

dass alle wesentlichen Anlagenteile in Europa beschafft<br />

werden sollten.<br />

Dank der hervorragenden Zusammenarbeit aller Beteiligten<br />

konnten erste Produktionsanlagen bereits in der 2. Jah-<br />

Ein Unfall dieses Ausmaßes hatten wir bis dahin bei uns<br />

für unvorstellbar gehalten. Der Schock und die Betroffenheit<br />

waren in der gesamten Gruppe sehr stark und die Anteilnahme<br />

und Hilfsbereitschaft waren groß.<br />

Trotz der Tragik der Ereignisse musste allerdings auch<br />

wieder an den Neuaufbau der Produktion zur Fortführung<br />

der Geschäfte gedacht werden, immer mit dem Ziel und<br />

dem Anspruch, mit noch sichereren und leistungsfähigeren<br />

Produktionsanlagen gestärkt aus dieser schwierigen<br />

Situation hervorzugehen.<br />

Nicht zuletzt nach den Besuchen vor Ort war aber auch<br />

klar, dass wir für den Standort und die Kollegen vor Ort<br />

eine Zukunftsperspektive brauchen. Auch wenn dies nicht<br />

immer leichtfiel, stand nach der Aufarbeitung der Ereignisse<br />

doch die Erstellung eines Standortkonzeptes an. Hier<br />

war jedoch zunächst der Abschluss der Untersuchungen<br />

der Behörden und die Erteilung einer neuen Genehmigung<br />

erforderlich.<br />

Die ehrgeizigen Ziele für die neuen Anlagen beinhalteten<br />

nicht nur die modernste Technologie und höchsten Sicherheitsstandard.<br />

Es sollte auch auf die Qualitätsforderungen<br />

der lokalen Märkte eingegangen werden. Dies bedeutete<br />

128


eshälfte 2013 wieder in Betrieb genommen werden. Die<br />

Arbeit an weiteren Anlagen sollte sich bis weit in das Jahr<br />

2014 hinziehen.<br />

Im Rahmen der Feierlichkeiten zur Wiedereröffnung, zu<br />

der auch unsere Geschäftsführer Peter Greven und Dr. Hermann<br />

Josef Stolz angereist waren, war das Ergebnis des<br />

Wiederaufbaus beim Betriebsrundgang beeindruckend.<br />

Besonders die übersichtlich aufgebauten und vorbildlich<br />

gepflegten Anlagen aber auch das sehr funktionale und<br />

gut bedienbare Prozessleitsystem fanden anerkennende<br />

Worte bei den geladenen Geschäftspartnern.<br />

Gerade nach den tragischen und schockierenden Ereignissen<br />

war die Wiedereröffnung ein besonderer Meilenstein,<br />

der bei allen Beteiligten, Besuchern und Mitarbeitenden<br />

einen bleibenden Eindruck hinterlassen hat.<br />

Doch dies war keineswegs ein Grund, sich nun entspannt<br />

zurück zu lehnen. In den Monaten nach der Wiedereröffnung<br />

sollten Prozessoptimierung und Anpassung der<br />

Produkte an die neue Technologie auf dem Plan stehen,<br />

ebenso mussten Kunden zurückgewonnen und neue Absatzfelder<br />

erschlossen werden.<br />

Vor dem Hintergrund des Erreichten war ein zuversichtlicher<br />

Blick in Zukunft durchaus erlaubt.<br />

Die gesamte Führung hat sich nach diesem schrecklichen<br />

Unfall dazu verpflichtet, zukünftig alles dafür zu tun, dass<br />

sich ein derartiger Vorgang niemals wiederholen kann.<br />

129


Technikum<br />

Rückbau der Fettsäure-Produktion<br />

Peter Greven Physioderm GmbH Rechnung.<br />

Durch die Optimierung der gesamten logistischen<br />

Abwicklung konnte bisherige Arbeitsprozesse<br />

wesentlich effizienter gestaltet werden,<br />

um für zukünftiges Wachstum bestens vorbereitet<br />

zu sein.<br />

Die Entwicklung neuer Produkte, die Erforschung<br />

weiterer Anwendungsgebiete und die optimale<br />

Anpassung an die Anforderungen der Kunden<br />

waren schon immer ein wichtiger Teil der<br />

Grundlage unseres unternehmerischen Erfolges.<br />

So lagen in Bad Münstereifel die Pläne für den<br />

Bau eines Technikums, das fast alle Produktionsprozesse<br />

maßstäblich verkleinert abbilden kann,<br />

schon länger in der Schublade. Realisiert wurden<br />

der Aufbau sowie die Inbetriebnahme dann<br />

schließlich Mitte 2016. So können beispielsweise<br />

neue Produktionsprozesse, Optimierungen an<br />

Produkten oder die Einführung neuer Rohstoffe<br />

im Kleinformat getestet werden, bevor sie auf<br />

den Großanlagen umgesetzt werden.<br />

Als der Firmengründer Peter Greven in den<br />

1930er Jahren entschied, zur Sicherung der Rohstoffversorgung<br />

eine eigene Fettsäureproduktion<br />

zu errichten, war dies sicherlich ein Meilenstein<br />

in der Firmengeschichte und eine zukunftsorientierte<br />

Investition. Fast 80 Jahre später wurde<br />

die Produktion im Vergleich zum Zukauf als nicht<br />

mehr wirtschaftlich eingestuft. Außerdem war<br />

man beim Zukauf frei in der Rohstoffwahl und<br />

konnte statt der bisher vorwiegend produzierten<br />

tierischen Fettsäuren auch stärker pflanzliche<br />

Fettsäuren einsetzen. Die Geschäftsleitung<br />

traf daher die Entscheidung für den Rückbau der<br />

Fettsäureproduktion und zur Demontage der<br />

damit verbundenen Anlagenteile. Eine der größten<br />

Herausforderungen war dabei, die Störung<br />

der Betriebsabläufe durch diese einschneidende<br />

Baumaßnahme so gering wie möglich zu halten.<br />

Ende 2017 waren die Rückbauarbeiten, die im<br />

Frühjahr begonnen hatten, vollständig abgeschlossen<br />

und die Ära der Fettsäureproduktion<br />

damit beendet.<br />

10 Jahre nach der Gründung des Joint-Ventures<br />

Peter Greven Asia wurde ein weiterer, wesentlicher<br />

Schritt im Zuge der Internationalisierung<br />

130


2010ER JAHRE<br />

der Unternehmensgruppe getätigt. Mit Wirkung<br />

zum 30. September 2017 wurde die Additivsparte<br />

des US-amerikanischen Unternehmens Norac<br />

Inc. übernommen und als neu gegründete Firma<br />

Norac Additives LLC in die Peter Greven Gruppe<br />

integriert. Norac ist einer der führenden Hersteller<br />

von Metallseifen und Kunststoffadditiven in<br />

den USA mit Schwerpunkt im Bereich PVC. Der<br />

attraktive US-amerikanische Markt mit großem<br />

Potential und guten Wachstumsmöglichkeiten<br />

ist eine perfekte Ergänzung zum bestehenden<br />

Portfolio, besonders im Bereich der Metallseifen<br />

und Ester.<br />

„Es ergeben sich zahlreiche Synergien im Verbund<br />

zwischen Norac und Peter Greven, nicht zuletzt<br />

auch im gegenseitigen Austausch von Know-how<br />

in den verschiedenen Bereichen, z.B. im Einkauf,<br />

der Produktentwicklung, der Anwendungstechnik<br />

und im Vertrieb. Wir sind davon überzeugt,<br />

dass wir mit der Übernahme und Integration<br />

von Norac einen erheblichen Mehrwert für das<br />

gesamte Unternehmen schaffen werden und damit<br />

zukünftig international noch besser, breiter<br />

und stabiler aufgestellt sind.“, kommentierte Geschäftsführer<br />

Peter Greven die Entscheidung.<br />

Norac Additives<br />

Der Ausbau und die Erweiterung der internationalen<br />

Standorte wurden bei Peter Greven Asia<br />

mit dem Neubau eines Verwaltungsgebäudes<br />

und Lagers fortgeführt. Bei der Einweihungsfei-<br />

Verwaltung und Lager bei Peter Greven Asia<br />

131


2010ER JAHRE<br />

er konnte man bereits auf 12 Jahre erfolgreiche<br />

Zusammenarbeit mit dem Joint-Venture Partner<br />

zurückblicken.<br />

Als im Dezember 2019 aus China die ersten Meldungen<br />

zu einem neuartigen Virus kamen, hätten<br />

wohl nur die Wenigstens mit den so langfristig<br />

spürbaren Auswirkungen gerechnet. Täglich steigende<br />

Infektionszahlen, überlastete Krankenhäuser,<br />

Geschäftsschließungen, Kontaktverbote<br />

und ganze Industriebetriebe, die die Produktion<br />

einstellten prägten unser Leben. Auch die Peter<br />

Greven Gruppe war durch einschneidende organisatorische<br />

Maßnahmen betroffen. Homeoffice<br />

und Quarantäne wurden neue Schlagwörter im<br />

Unternehmensalltag. Die Aufrechterhaltung der<br />

Betriebstätigkeit und der Schutz der Beschäftigten<br />

waren zwei Ziele aller Maßnahmen, die umgesetzt<br />

wurden. Diese betrafen alle Standorte<br />

der Firmengruppe. Neben anderen Herausforderungen<br />

waren Umsatzrückgänge und Rohstoffknappheit<br />

zu bewältigen, dabei war die weitere<br />

Entwicklung kaum vorhersehbar.<br />

Lediglich im Geschäftsfeld des beruflichen Hautschutzes<br />

der Peter Greven Physioderm in Euskir-<br />

Desinfektionsmittel-Sortiment<br />

132


chen stieg die Nachfrage nach Reinigungs- und<br />

Desinfektionsmitteln explosionsartig. „In dieser<br />

Zeit zeigt sich mal wieder, wie wichtig es für<br />

unserer Gruppe ist, so breit aufgestellt zu sein.<br />

Sowohl was die Anwendungen unserer Produkte<br />

angeht als auch die regionale Verteilung. Dies<br />

gibt uns die in einer solchen Krise notwendige<br />

Stabilität.“, so Geschäftsführer Werner Heiliger.<br />

Trotz der weltweiten Krise wurde weiter investiert.<br />

So war es am Standort in Bad Münstereifel<br />

aufgrund fehlender Lagerkapazitäten dazu gekommen,<br />

dass teilweise die Fertigprodukte auf<br />

sechs verschiedene Außenläger verteilt werden<br />

mussten. Dadurch entstand ein extremer Aufwand<br />

für die Versandbereitstellung und -abwicklung.<br />

Mit dem Neubau eines Versand- und<br />

Logistikzentrums im nahegelegenen Mechernich-Obergartzem,<br />

der zusammen mit unserem<br />

Logistikpartner durchgeführt wurde, sollten<br />

unter anderem die Versand- und Lagerstruktur<br />

vereinheitlicht und die Komplexität reduziert<br />

werden. Ausgestattet mit modernster Kommunikations-<br />

und Datenerfassungstechnik wurde<br />

so ein weiterer, wesentlicher Schritt in Richtung<br />

Kapazitätsausbau gemacht.<br />

Lager Obergartzem<br />

133


EXKURS<br />

ESTER<br />

Ester werden schon seit vielen Jahrhunderten von Menschen<br />

genutzt. Auch klassische natürliche Öle und Fette<br />

wie Schweineschmalz oder Olivenöl zählen als Triglyceride<br />

zur chemischen Gruppe der Ester. Früher wurden nur<br />

die natürlich vorkommenden Ester genutzt, vorwiegend<br />

im Nahrungsmittelbereich aber auch für einige einfache<br />

technische Schmieranwendungen. Heute finden viele synthetisch<br />

hergestellte Produkte in den unterschiedlichsten<br />

Industriezweigen Anwendung – besondere Bedeutung<br />

kommt ihnen zum Beispiel als Gleitmittel in der Kunststoffherstellung<br />

oder als Basisöl für biologisch abbaubare<br />

Schmierstoffe zu.<br />

Rohstoffe<br />

Wie auch bei der Herstellung von Seifen und Metallseifen<br />

(siehe Seite 58–61, Exkurs Seifen und Metallseifen )<br />

bilden Fettsäuren den Hauptrohstoff für Ester. Sie werden<br />

aus natürlichen Ölen und Fetten gewonnen, wobei Talg<br />

und Palmöl die größten Rohstoffquellen sind. Auch andere<br />

pflanzliche Öle, wie beispielsweise Rizinus-, Kokos-, Rapsoder<br />

Sojaöl, können eine Rolle spielen. Doch nicht nur die<br />

Herkunft ist von Bedeutung. Es ist auch entscheidend, ob<br />

es sich um eine gesättigte oder eine ungesättigte Fettsäure<br />

handelt, da sich daraus Performanceunterschiede für<br />

den fertigen Ester ergeben.<br />

Neben der Fettsäure ist ein Alkohol der zweite, elementare<br />

Bestandteil eines Esters. Es gibt viele Alkohole, die<br />

zur Synthese verwendet werden können. Nur wenige von<br />

ihnen, darunter Glycerin, werden aus natürlichen Rohstoffquellen<br />

gewonnen. Die meisten anderen müssen zunächst<br />

synthetisch hergestellt werden. Der Hauptunterschied<br />

zwischen den verschiedenen Alkoholen liegt vor allem in<br />

der Anzahl der Alkoholgruppen, die auch als potentielle<br />

Verbindungsstellen zu einer Fettsäure angesehen werden<br />

können und der räumlichen Struktur des jeweiligen Mo-<br />

134


leküls. Dadurch ergeben sich Unterschiede in den Eigenschaften,<br />

beispielsweise beim Schmelzpunkt oder der Viskosität,<br />

die sich je nach Anwendung positiv oder negativ<br />

auswirken können.<br />

Mit den verschiedenen Fettsäuren und Alkoholen, die zur<br />

Herstellung eines Esters verwendet werden können, ergibt<br />

sich eine Art Baukasten: Abhängig davon, welche Rohstoffe<br />

miteinander kombiniert werden, variieren letztendlich<br />

die chemischen und physikalischen Parameter des fertigen<br />

Produktes.<br />

Herstellverfahren<br />

Einhergehend mit dem technologischen Fortschritt der<br />

vergangenen Jahrzehnte wurde auch der Herstellungsprozess<br />

von Estern stetig modernisiert. Wo die einzelnen<br />

Prozessparameter früher manuell eingestellt werden<br />

mussten, werden die Anlagen heute von einem zentralen,<br />

computergestützten Leitsystem gesteuert. Dadurch ist<br />

eine genauere Einstellung der Parameter möglich, der<br />

Reaktionsprozess kann von den Mitarbeitern durchgängig<br />

überwacht werden und dank hochmoderner Anlagentechnologie<br />

läuft auch der Prozess selbst schneller ab.<br />

Zur Herstellung eines Esters werden die Fettsäure und der<br />

Alkohol zusammen vorgelegt. Der Reaktionsbehälter wird,<br />

meist unter Vakuum, stark temperiert – die Temperaturen<br />

können teilweise über 200 °C liegen. Unter diesen Voraussetzungen<br />

verbinden sich Fettsäure und Alkohol unter der<br />

Abspaltung von Wasser zu einem Ester. Nach erfolgreicher<br />

Reaktion schließen sich weitere Prozessschritte, wie zum<br />

Beispiel Filtration und Bleichung, an.<br />

Abhängig von den verwendeten Rohstoffen ist ein Ester<br />

später bei Raumtemperatur entweder fest oder flüssig –<br />

dementsprechend unterscheiden sich die finalen Verarbeitungsschritte<br />

der Produkte:<br />

Auch die Ester, die bei Raumtemperatur fest sind, sind bei<br />

den hohen Reaktionstemperaturen flüssig. Sie werden<br />

nach der Reaktion in einen Sprühturm geleitet und am<br />

oberen Ende des Turms aus einer Düse gepresst. Da außerhalb<br />

der Düse keine hohen Temperaturen mehr vorherrschen,<br />

kühlt der Ester ab und fällt in Form von kleinen Kügelchen<br />

nach unten. Diese Produkte werden vorwiegend<br />

in der Kunststoffindustrie als Gleitmittel eingesetzt, da<br />

die Ester bei den hohen Temperaturen während der Kunststoffverarbeitung<br />

wieder eine flüssige Form einnehmen.<br />

Die Ester, die auch bei Raumtemperatur flüssig sind, werden<br />

in der Regel nach der Reaktion zunächst über einen<br />

Filter geleitet und dabei abgekühlt. Anschließend können<br />

sie direkt abgefüllt werden. Zur Anwendung kommen diese<br />

Produkte in erster Linie in der Schmierstoffindustrie, wo<br />

sie zum Beispiel als Basisöl für Getriebeöle oder Schmierfette<br />

eingesetzt werden.<br />

135


2020ER JAHRE<br />

AUSBLICK<br />

Im Dezember 2020 konnten am Standort in Euskirchen<br />

die Arbeiten zur Erweiterung des Verwaltungsgebäudes<br />

inkl. der Sozialräume sowie<br />

des Labors abgeschlossen werden. Ein wesentlicher<br />

Aspekt bei der rund 2 Millionen Euro umfassenden<br />

Baumaßnahme war die Nachhaltigkeit.<br />

Zusätzlich zum 825 qm Fläche großen Erweiterungsbau<br />

wurde auch eine leistungsfähige Photovoltaikanlage<br />

auf dem Dach bestehender Gebäudeteile<br />

nachgerüstet.<br />

Peter Greven Physioderm<br />

137


EXKURS<br />

FLUTKATASTROPHE JULI 2021<br />

Am 14.07.2021 hat im Westen Deutschlands und insbesondere<br />

im südlichen Nordrheinwestfalen und in Rheinland-<br />

Pfalz nach tagelangem Dauerregen ein Starkregenereignis<br />

stattgefunden. Auf die bereits gesättigten Böden fielen<br />

innerhalb kürzester Zeit zusätzlich teilweise mehr als 200<br />

Liter pro Quadratmeter Regen, was zu einer verheerenden<br />

Flutkatastrophe in der Region geführt hat.<br />

Die Erft (ehemals wichtig für unsere Wasserversorgung)<br />

stieg in der Folge auf einen vollkommen unerwarteten<br />

Pegel. Während wir zuletzt in den Jahren 2007 und 2019<br />

durch mäßige Überflutungen betroffen waren, haben wir<br />

uns in den vergangenen Jahren für ein extremes Hochwasser<br />

mit verschiedenen Maßnahmen gerüstet. Das Jahrtausend-Hochwasser<br />

am 14.07.2021 war aber leider nicht<br />

mehr zu beherrschen und hat alles mit sich gerissen, was<br />

beweglich war.<br />

Wie in vielen Ortschaften im Stadtgebiet von Bad Münstereifel,<br />

besonders Iversheim und auch Arloff, war die Verwüstung<br />

auf unserem Betriebsgelände unvorstellbar groß.<br />

LKW, Trailer und Container sind ineinandergeschoben und<br />

weggeschwemmt worden. Die unmittelbar an der Erft gelegenen<br />

Gebäude wurden erheblich beschädigt und teilweise<br />

unterspült und auch an der Infrastruktur (Brücken<br />

138<br />

und Straßen) waren enorme Zerstörungen und Schäden<br />

zu verzeichnen. Teilweise hat das Wasser mehr als 2,60 m<br />

hoch gestanden und schließlich auch erhebliche Mengen<br />

Schlamm und Unrat mitgeführt.<br />

Der erste Eindruck nach dem Unwetter ließ durchaus befürchten,<br />

dass ein langfristiger Betriebsstillstand unvermeidbar<br />

sei. Zusätzlich waren das gesamte Werk von der<br />

Strom- und Gasversorgung sowie jeglicher Telefon- und<br />

Internetverbindung abgeschnitten. Vor diesem Hintergrund<br />

konnten auch unsere Tochterunternehmen in Penang,<br />

Venlo und Euskirchen nicht mehr auf unsere Server<br />

zugreifen und folglich auch nicht mehr produzieren, ein<br />

bisher nie dagewesenes Ereignis.<br />

Angesichts des Ausmaßes der Zerstörung, auch in der<br />

unmittelbaren Nachbarschaft, war es schwer, sich einen<br />

Überblick zu verschaffen und erste notwendige Maßnahmen<br />

in die Wege zu leiten. Umso beeindruckender waren<br />

der vorbildliche Einsatz und unermüdliche Kampfgeist,<br />

mit dem alle Kollegen, soweit sie nicht persönlich im privaten<br />

Bereich von der Katastrophe betroffen waren, die<br />

Aufräumarbeiten und die Lösung der Probleme angegangen<br />

sind. Nur so konnten wir Tag für Tag einen sehr großen<br />

Fortschritt erkennen und neue Kraft schöpfen. Wichtig<br />

für die gesamte Unternehmensgruppe war dann auch,


dass die Tochterunternehmen nach<br />

wenigen Tagen wieder zum Normalbetrieb<br />

zurückkehren konnten<br />

und somit keine weiteren Einbußen<br />

entstanden sind.<br />

Entgegen vieler externer Prognosen<br />

war es auch in Bad Münstereifel<br />

gelungen, nach wenigen<br />

Wochen die ersten Produktionsanlagen<br />

wieder in Betrieb zu nehmen<br />

und Verkaufsware zu produzieren.<br />

Nach und nach wurden weitere<br />

Anlagen in Betrieb genommen, so<br />

dass Ende September 2021 wieder nahezu auf voller Kapazität<br />

produziert werden konnte.<br />

Glücklicherweise war der Großteil der entstandenen<br />

Schäden versichert. So konnte mit dieser finanziellen Unterstützung<br />

weiter mit voller Kraft an der Behebung der<br />

Schäden gearbeitet werden.<br />

Die Grundvoraussetzung dazu war es, zunächst den<br />

Dampfkessel wieder in Betrieb zu nehmen, um auch die<br />

Rohrleitungen und die Tanks wieder nutzen zu können.<br />

Das Hauptproblem am Dampfkessel war, wie bei vielen<br />

anderen Produktionsanlagen auch, dass die Steuerschränke<br />

komplett unter Wasser gestanden hatten und diese zunächst<br />

gereinigt und getrocknet werden mussten, um sie<br />

schließlich wieder in Betrieb nehmen zu können.<br />

Doch das war nur ein Teil der noch zu bewältigenden Herausforderungen.<br />

Die großen Lieferrückstände abarbeiten<br />

und alle Kunden zurückgewinnen, die Beseitigung der restlichen<br />

Schäden an Gebäuden und Infrastruktur, die Wiederherstellung<br />

des alten Hochwasserschutzniveaus sowie die<br />

Abwicklung des Schadens mit der Versicherung standen<br />

auf der Agenda.<br />

So wurden die teilweise erheblichen Schäden an Gebäuden<br />

beseitigt, betroffene Fassaden und Mauerwerke ersetzt<br />

und alle gefluteten Trockenbauelemente ausgetauscht.<br />

Durch Lieferengpässe zog sich die Reparatur von Toren,<br />

Türen und Fenstern, auch bedingt durch lange Lieferzeiten<br />

von Baumaterialien, bis ins Frühjahr 2022.<br />

Einen weiteren Engpass stellt die Verfügbarkeit von Fremdfirmen<br />

der Gewerke Putz-, Anstrich- und Fliesenarbeiten<br />

dar, wodurch sich die Wiederherstellung einiger Sozialräume<br />

und Betriebslabore verzögerte. Auch die Prüfung und<br />

Instandsetzung des in Mitleidenschaft gezogenen Tanklagers<br />

machte umfangreiche Arbeiten notwendig, aufgeschwommene<br />

Tanks mussten für die notwendigen Arbei-<br />

139


ten sogar komplett aus dem Tanklager herausgehoben und<br />

verschobene Fundamente erneuert werden.<br />

Als eine wesentliche Schutzmaßnahme wurde z.B. die<br />

neue Wasseraufbereitungsanlage auf einer Zwischenbühne<br />

hochwassersicher aufgestellt, ebenso wie die Steuerschränke<br />

der Dampfkesselanlage.<br />

Auch die Arbeiten an der teilweise völlig zerstörten Infrastruktur<br />

im Werk waren ein wichtiger Faktor im Wiederaufbau.<br />

So mussten viele Fahrwege erneuert und die<br />

Erftbrücke als einziger Verbindungsweg über den Fluss<br />

instandgesetzt werden. Das Erftbett und der angrenzende<br />

Uferbereich wurden geräumt und die Geländeprofile entsprechend<br />

der alten Planunterlagen erstellt, sodass jetzt<br />

das ursprüngliche Schutzniveau wiederhergestellt werden<br />

konnte.<br />

Die Entsorgung der Produkte und Rohstoffe, die durch das<br />

Hochwasser unbrauchbar geworden waren, wird uns sicher<br />

noch eine zeitlang beschäftigen.<br />

Auch wenn sich im Nachhinein betrachtet die Auswirkungen<br />

dieses Ereignisses in einem beherrschbaren Rahmen<br />

bewegten, müssen wir aus den Erfahrungen für die Zukunft<br />

neue Konsequenzen ableiten, um uns zukünftig noch<br />

besser zu schützen.<br />

140


2020ER JAHRE<br />

Am 14. Juli 2021 ereignete sich eine Flutkatastrophe<br />

bisher ungeahnten Ausmaßes. Der ansonsten<br />

kleine Fluss Erft, der durch das Firmengelände<br />

fließt, wurde der Firmenzentrale in Bad Münstereifel<br />

an diesem Tag zum Verhängnis. Dank des<br />

tatkräftigen Einsatzes aller Mitarbeitenden in<br />

den Tagen und Wochen nach der Flut konnten<br />

wir Stück für Stück zur Normalität zurückkehren.<br />

Zu einer unserer Hauptproduktgruppen gehören,<br />

neben den Metallseifen, Fettsäure-Ester. Sie finden<br />

als unverzichtbare Additive vor allem in der<br />

Kunststoff-, Schmierstoff- und Textilindustrie<br />

Anwendung (siehe Exkurs „Anwendungsbereiche<br />

von Metallseifen und Estern“ ). Diese Produkte<br />

bieten vielfältige Entwicklungsmöglichkeiten<br />

und ein großes Wachstumspotential. Nach dem<br />

Anbau der Veresterung VE 5 (rechts)<br />

141


Bau der Veresterungsanlage VE 4 vor mehr als 10<br />

Jahren konnte Mitte 2022 die neue Veresterungsanlage<br />

VE 5 nach fast zweijähriger Bauzeit in Betrieb<br />

genommen werden. Die Investition in die<br />

neue Produktionsanlage ist ein weiterer Schritt<br />

in Richtung Sicherung des Produktionsstandortes<br />

Bad Münstereifel. Die Produkte finden vor<br />

allem als Basisöle für Bioschmierstoffe Verwendung.<br />

Diese Investition unterstreicht damit die<br />

klare Ausrichtung des Unternehmens auf nachhaltige<br />

und zukunftsträchtige Anwendungen.<br />

Dies gilt selbstverständlich auch für alle anderen<br />

Standorte der weltweiten Unternehmensgruppe.<br />

So wurde im Herbst 2022 auch am Standort in<br />

Malaysia eine neue Produktionsanlage für Metallseifen<br />

in Betrieb genommen. Weitere Projekte,<br />

wie die Konstruktion einer Dispersionsanlage<br />

bei Norac Additives LLC in den USA und der Neubau<br />

der Ansatzabteilung bei Peter Greven Nederland,<br />

befinden sich aktuell in der Umsetzung und<br />

werden im Laufe des Jahres <strong>2023</strong> fertiggestellt.<br />

Das Unternehmen hat in der Vergangenheit bewiesen,<br />

dass man auch Krisensituationen durchaus<br />

gut überstehen kann. Trotzdem werden die<br />

nächsten Jahre sicherlich nicht einfach. Es stehen<br />

mit den geopolitischen Veränderungen, der<br />

Verteuerung der Energie, dem Klimawandel und<br />

der zunehmenden Regulierung gerade für Industrieunternehmen<br />

in Europa schwierige Zeiten<br />

bevor. Unter diesen Bedingungen weiter global<br />

wettbewerbsfähig zu bleiben wird die Herausforderung<br />

der nächsten 10 Jahre.<br />

Aber die Zukunft bietet natürlich auch weiterhin<br />

große Chancen. Hier ist vor allem die Transformation<br />

hin zu einer nachhaltigen und klimaneutralen<br />

Wirtschaft zu nennen. Denn auf eins setzten<br />

wir als Unternehmen seit jeher: nachhaltige<br />

Lösungen!<br />

142


EXKURS<br />

DIE PETER <strong>GREVEN</strong> GRUPPE ALS ARBEITGEBER<br />

Seit nunmehr 100 Jahren sind wir nicht nur Unternehmen,<br />

sondern auch Arbeitgeber. Die Aufgaben und Herausforderungen<br />

als Arbeitgeber haben sich über die Jahrzehnte<br />

hinweg immer wieder verändert und uns dabei dynamisch<br />

gehalten, getreu dem Motto „Beständig ist nur die Veränderung“.<br />

Beständigkeit ist gleichwohl einer der Grundpfeiler<br />

unserer Philosophie als Arbeitgeber. Wirtschaftliche<br />

Stabilität ist ein betriebswirtschaftliches wie gleichermaßen<br />

soziales Ziel, denn aus ihr entsteht Arbeitsplatzsicherheit.<br />

Diese Maxime können wir seit der Unternehmensgründung<br />

aufrechterhalten.<br />

Bereits in den Unternehmensanfängen wurde das Personal<br />

zukunfts- und wachstumsorientiert aufgestellt. Die Seifenund<br />

Glyzerinfabrik war ein lukrativer neuer Arbeitgeber für<br />

die Anwohner in der direkten Umgebung und gleichzeitig<br />

suchte die Unternehmensführung über die Landesgrenzen<br />

hinweg Facharbeiter, die in der chemischen Industrie<br />

auch im letzten Jahrhundert schon sehr gefragt waren. Im<br />

neuen Jahrtausend haben wir uns als Arbeitgeber über<br />

die regionalen Grenzen hinaus einen Namen gemacht.<br />

Ende 2022 beschäftigt die Peter Greven Gruppe weltweit<br />

über 450 Mitarbeiter. Alleine im letzten Jahrzehnt ist die<br />

Firmengruppe um rund 100 neue Kollegen gewachsen,<br />

Haupttreiber waren hierbei die Internationalisierung und<br />

strategischen Standorterweiterungen.<br />

Unternehmenskultur, Kommunikation und das Miteinander<br />

definieren einen Arbeitgeber. Genau an diesen Punkt<br />

knüpft unser Personalmanagement an. Das gegenseitige<br />

Vertrauen spielt dabei eine zentrale Rolle. Die Beschäftigten<br />

vertrauen auf die langfristig richtigen Zielsetzungen<br />

der Gesellschafter und Geschäftsführung. Die Führungsebenen<br />

vertrauen den Kollegen, dass alle täglich<br />

ihr Bestes geben, um diese zu erreichen. Die Loyalität<br />

und Verbundenheit, die alle Unternehmenszugehörige der<br />

Firmengruppe entgegenbringen, ist für uns einmalig. Unternehmenskultur<br />

zeigt sich insbesondere in Krisenzeiten.<br />

Der Naturgewalt der Flut 2021 haben unsere Mitarbeiter<br />

einen beeindrucken und unermüdlichen Einsatz entgegengebracht,<br />

ohne den wir so schnell nicht wieder auf<br />

die Beine gekommen wären und für den wir auch heute<br />

noch Respekt und Dankbarkeit empfinden. Herausragend,<br />

im Vergleich zu vielen anderen Arbeitgebern, sind darüber<br />

hinaus die langjährigen Betriebszugehörigkeiten unserer<br />

Beschäftigten. In Zeiten, in denen der Arbeitsmarkt<br />

schnelllebiger als manch internationaler Handelsplatz ist,<br />

ist das wahrlich etwas Besonderes, das uns mit Stolz erfüllt.<br />

In der Muttergesellschaft ist beispielsweise ein Viertel<br />

der Beschäftigten über 20 Jahre im Unternehmen tätig,<br />

ein weiteres Viertel arbeitet seit sechs bis zehn Jahren bei<br />

uns, was Ergebnis des kontinuierlich gesunden Wachstums<br />

ist.<br />

Wichtige Stützen im Personalmanagement sind die Ausbildung,<br />

Nachwuchsförderung und Mitarbeiterentwicklung.<br />

Bei der strategischen Personalplanung und Nachbesetzung<br />

von Stellen greift unser breit gefächertes Ausbildungsprogramm<br />

mit zehn Ausbildungsberufen, mit denen<br />

wir beispielsweise anstehende Verrentungen frühzeitig<br />

mit eigenen, jungen Kräften nachbesetzen können. Vielversprechende<br />

und motivierte Nachwuchstalente werden<br />

mit individuellen Entwicklungsplänen auf die Übernahme<br />

größerer Verantwortungsbereiche vorbereitet. Ein vielfältig<br />

aufgestelltes internes und externes Schulungsprogramm<br />

ermöglicht die zielgerichtete Entwicklung unserer<br />

Fachkräfte. Personalmanagement und Fachabteilungen<br />

arbeiten eng zusammen, um unsere Belegschaft zukunftsfähig<br />

aufzustellen und das Knowhow intern zu erhalten.<br />

144


Neben den fixen Faktoren in der Personalentwicklung und<br />

-führung müssen auch wir uns den Veränderungen am Arbeitsmarkt<br />

anpassen. Der Wandel vom Arbeitgebermarkt<br />

zu einem Arbeitnehmermarkt ist unumstritten. Heutzutage<br />

bewerben sich die Arbeitgeber bei Arbeitnehmern. Unternehmen<br />

positionieren sich als Arbeitgeber und bewerben<br />

dies aktiv. Im War of Talents, dem Arbeitskräftemangel,<br />

sind zielgruppengerechte und moderne Recruiting Methoden<br />

zur Gewinnung neuer Mitarbeiter unerlässlich.<br />

Auch wir haben dazu vor einigen Jahren ein Employer<br />

Branding entwickelt. Employer Branding ist eine Marketingstrategie<br />

zur Positionierung und Kommunikation<br />

als Arbeitgeber, die in zwei Richtungen arbeitet: Externe<br />

Personen sollen auf das Unternehmen als Arbeitgeber<br />

aufmerksam werden und intern soll die Zufriedenheit der<br />

Beschäftigten gesteigert werden, um so deren Bindung<br />

an das Unternehmen zu stärken. Ein Tool das in diesem<br />

Zusammenhang stetig an Relevanz gewinnt ist das Social<br />

Media Marketing. Herzstück der Employer Branding Strategie<br />

ist unsere Arbeitgebermarke: „Persönlicher Einsatz.<br />

Gemeinsamer Erfolg.“ Mit diesem Claim bringen wir unser<br />

Verständnis als Arbeitgeber auf den Punkt. Wir setzen auf<br />

das Engagement eines jeden Einzelnen, denn nur so erzielen<br />

wir gemeinsam den Erfolg, der unser Fortbestehen am<br />

Markt sichert.<br />

Neben der wirtschaftlichen und finanziellen Sicherheit,<br />

ermöglichen wir unseren Mitarbeitenden verschiedene<br />

Benefits. Diese sollen uns nicht nur von anderen Arbeitgebern<br />

abheben, sondern sie sollen Wertschätzung für die<br />

Beschäftigten zum Ausdruck bringen. Zentrale Themen<br />

sind hierbei zum Beispiel die Gesundheitserhaltung und<br />

-förderung. Darüber hinaus arbeiten wir stetig an der Zufriedenheit<br />

unserer Kollegen. Ein wichtiges Instrument ist<br />

unser Führungsleitfaden. Der Führungsleitfaden ist jedoch<br />

keine Einbahnstraße, sondern gibt sowohl Vorgesetzten<br />

als auch Mitarbeitenden Orientierung für das Miteinander<br />

auf Augenhöhe. Um unsere ambitionierten Führungsziele<br />

zu erreichen, legen wir nicht nur Wert auf die richtigen Benefits<br />

und eine persönliche Unternehmenskultur, sondern<br />

versuchen mit den Beschäftigten im Gespräch zu bleiben.<br />

Wir stellen die Mitarbeiterzufriedenheit auf den Prüfstand,<br />

um diese verbessern zu können. Das geschieht zum Beispiel<br />

durch Mitarbeiterbefragungen, Feedbackrunden,<br />

Teamveranstaltungen oder unsere Projektgruppe Mitarbeiterinteressen,<br />

die regelmäßig mit der Geschäftsleitung<br />

und dem Personalmanagement zusammenkommt.<br />

Unsere Werte als Arbeitgeber möchten wir natürlich nicht<br />

nur im Employer Branding vermarkten, sondern wir möchten<br />

sie leben. Denn ebenso wie wir neue Mitarbeiter für<br />

unser Unternehmen begeistern möchten, brauchen wir<br />

unsere bestehende Belegschaft, mit deren Knowhow weiteres<br />

Wachstum erst möglich wird und mit denen wir für<br />

die Herausforderungen am Arbeitsmarkt bestens gerüstet<br />

sind. Wir begegnen mittlerweile einer neuen Generation<br />

Arbeitnehmer, die ein anderes Anspruchsdenken an<br />

Arbeitgeber entwickelt hat, die sich einem rasant wachsenden<br />

Arbeitsmarktangebot gegenübersieht und bei der<br />

Unabhängigkeit oft vor Verbundenheit steht. Beschäftigte<br />

wechseln und bleiben in Unternehmen wegen der Menschen<br />

und des Miteinanders. Das bringt uns zu unserem<br />

Kernbestreben zurück, den Charakter des mittelständischen<br />

Familienunternehmens zu erhalten, mit kurzen Wegen<br />

und offenen Türen. Denn genau deswegen sind wir<br />

nicht nur ein erfolgreiches Unternehmen, sondern auch<br />

ein erfolgreicher Arbeitgeber und das sind wir sehr gerne<br />

– damals wie heute – mit Begeisterung und Weitsicht.<br />

145


FIRMENSTRUKTUR<br />

Peter Greven Gruppe<br />

Oleochemie<br />

Hautschutz<br />

Peter Greven<br />

GmbH & Co. KG<br />

Peter Greven<br />

Nederland C.V.<br />

Peter Greven Asia<br />

Sdn. Bhd. (JV)<br />

Norac Additives<br />

LLC<br />

Peter Greven<br />

Physioderm GmbH<br />

Metallseifen<br />

Metallseifen<br />

Metallseifen<br />

Metallseifen<br />

Hautschutz<br />

Alkaliseifen<br />

Alkaliseifen<br />

Alkaliseifen<br />

Ester<br />

Hautreinigung<br />

Ester<br />

Dispersionen<br />

Dispersionen<br />

Stabilisatoren<br />

Hautpflege<br />

Dispersionen<br />

Desinfektion<br />

Spezialadditive<br />

Spendersysteme<br />

Grüne Linie = Produktion ausschließlich auf Basis pflanzlicher Rohstoffe<br />

147


Peter Greven<br />

gründet die<br />

Seifenund<br />

Glyzerinfabrik<br />

1923<br />

Wandel von der<br />

Seifenfabrik zum<br />

Produzenten oleochemischer<br />

Additive<br />

und Derivate<br />

1945<br />

Gründung der Chemischen<br />

Fabrik Iversheim<br />

und Start der<br />

Entwicklung spenderdosierbarer<br />

Hautreinigungsmittel<br />

1958<br />

Firmengründer<br />

Peter Greven<br />

stirbt im Alter<br />

von 76 Jahren<br />

1962<br />

Produktionsbereich<br />

wird<br />

um Ester<br />

erweitert<br />

1968<br />

Neue roboter-gesteuerte<br />

Verpackungsanlagen<br />

1980ER<br />

1934<br />

1956<br />

1960ER<br />

1970ER<br />

Inbetriebnahme<br />

einer Anlage zur<br />

Fettspaltung und<br />

Glyzeringewinnung<br />

Beginn der Metallseifenherstellung,<br />

Diversifizierung<br />

Mit Heinz und<br />

Günther Greven<br />

übernimmt die<br />

2. Generation die<br />

Führung des<br />

Familienbetriebs<br />

Steigender<br />

Marktbedarf an Metallseifen,<br />

Erweiterung<br />

der Kapazität<br />

148


FIRMENGESCHICHTE & MEILENSTEINE<br />

Mit Peter Greven<br />

tritt die<br />

3. Generation in die<br />

Geschäftsleitung<br />

ein<br />

1993<br />

Übernahme des<br />

Stearatgeschäfts der<br />

französischen Firma<br />

Ceca, Gründung<br />

Peter Greven France<br />

2005<br />

Gründung der Tochterfirma<br />

Peter Greven Asia<br />

in Malaysia<br />

2007<br />

1990ER<br />

2000<br />

2006<br />

2011<br />

Konventionelle<br />

Batchverseifung wird<br />

vollautomatische<br />

Kontiverseifung.<br />

Neue Abfüllanlagen<br />

für Silo, Big Bags<br />

und Container<br />

Akquisition der<br />

Produktionsstätte<br />

in Venlo, Gründung<br />

Tochterfirma<br />

Peter Greven Nederland<br />

Auslagerung des<br />

Hautschutz-Geschäftes<br />

und Neubau<br />

der Produktion<br />

in Euskirchen<br />

Gründung<br />

Peter Greven US<br />

149


90 Jahre<br />

Peter Greven<br />

2013<br />

DP-Anlage Venlo,<br />

NL<br />

2014<br />

Übernahme Norac<br />

Additives Limited, USA<br />

2017<br />

Flutkatastrophe<br />

2021<br />

100 Jahre<br />

Peter Greven<br />

<strong>2023</strong><br />

2013<br />

2017<br />

2020<br />

2022<br />

Inbetriebnahme der<br />

VE4 und Neubau der<br />

Verwaltung und<br />

des Labors<br />

Rückbau der Fettsäure-Produktion<br />

Umbau bei Peter<br />

Greven Physioderm<br />

COAD ® Anlage bei<br />

Peter Greven Asia<br />

150


LUFTAUFNAHMEN<br />

1930er Jahre<br />

Gründungsphase mit der an der Erft gelegenen Siederei<br />

153


1940er Jahre<br />

Das Firmengelände nach der Erweiterung der Siederei inkl. Kesselhaus<br />

154


1955<br />

Der Betrieb hatte sich zu beiden Seiten entlang der Erft ausgedehnt<br />

155


1961<br />

1961 nach Errichtung der Autoklavenspaltung in der Werksmitte links mit dem Peter Greven Schriftzug auf dem Dach<br />

156


1967<br />

1967 nach dem Neubau der Stearat 4 (links auf dem Werksgelände)<br />

157


1967<br />

1980er Jahre<br />

1980er Jahre nach dem Bau der Metallseifenabteilung<br />

158


1987<br />

1987 nach dem Neubau der Hallen 10 und 11 (am unteren Bildrand)<br />

159


1991<br />

1991 nach dem Bau des Zentrallagers und des Tanklagers<br />

160


1999<br />

1999 nach dem Neubau der Hallen 14 und 15 (oben rechts)<br />

161


2006<br />

2006 nach der Errichtung des Vertropfungsturmes (rechts)<br />

162


2013 Neubau der Veresterungsanlage VE4 sowie des neuen Verwaltungs-, Labor- und Sozialtrakts oberhalb des bisherigen Firmengeländes<br />

2013<br />

163


1926 1945 1951<br />

1960ER JAHRE<br />

1936 1940ER - 1950ER JAHRE 1953


LOGO-HISTORIE<br />

1969 1989 ab 2010<br />

1967 1970ER - 1980ER JAHRE 1990ER JAHRE - 2010


GLOSSAR<br />

Abrasion: Abtragung von Oberflächen mittels schleifender<br />

Medien.<br />

Alkaliseifen: Natrium- oder Kalium-Salze einer Fettsäure.<br />

Autoklaven/Spaltautoklaven: Gasdicht verschließbarer<br />

Druckbehälter, der für die thermische Behandlung<br />

von Stoffen im Überdruckbereich eingesetzt<br />

wird.<br />

Batchverseifung: Die Herstellung der Seife in Einzelansätzen<br />

(im Gegensatz zur kontinuierlichen<br />

Herstellung).<br />

COAD®: Pantentiertes, kontinuierliches Produktionsverfahren<br />

zur Herstellung von Metallseifen der<br />

Norac Additives, LLC. Das Verfahren zeichnet sich<br />

durch eine hohe Leistung und Energieeffizienz aus.<br />

Direktprozess (DP): Verfahren zur Herstellung von<br />

Metallseifen in nur einem Reaktionsschritt. Hierbei<br />

wird ein mehrwertiges Metallhydroxid direkt mit<br />

einer oder mehreren Fettsäuren zur Reaktion gebracht<br />

und bildet die entsprechende Metallseife.<br />

Destillation: Durch Verdampfen können Stoffe mit<br />

unterschiedlichen Siedepunkten voneinander abgetrennt<br />

werden, z. B. Wasser (Sdp.: 100° C) und Aceton<br />

(Sdp.: 56° C).<br />

DIN ISO 9001/14001: Internationale Normen zum<br />

Qualitätsmanagement (ISO 9001) und Umweltmanagement<br />

(ISO 14001), die einen hohen Standard<br />

sowohl der Qualität der Produkte als auch des Umweltschutzes<br />

sichern.<br />

Emulgator: Emulgatoren dienen dazu, zwei nicht<br />

mischbare Flüssigkeiten, wie zum Beispiel Öl und<br />

Wasser, zu einem fein verteilten Gemisch (Emulsion)<br />

zu vermengen und zu stabilisieren.<br />

Ester/Veresterung: Als Ester wird eine funktionelle<br />

Gruppe bezeichnet, welche durch Kondensation<br />

von einer alkoholischen Gruppe (R2-<br />

OH) und einer Säuregruppe (R1-COOH) entsteht<br />

(R1-COO-R2). Die Reaktion zur Herstellung<br />

von Estern wird entsprechend Veresterung genannt.<br />

Meist laufen solche Reaktionen im industriellen<br />

Maßstab bei Temperaturen über 100 ° C<br />

ab, um das sich bei dem Prozess entstehende Wasser<br />

zu verdampfen.<br />

Fällung: Abtrennung eines gelösten Stoffes einer<br />

Lösung durch Zusätze von geeigneten Reagentien<br />

als Feststoff.<br />

Fettsäure: ist eine Gruppenbezeichnung für Monocarbonsäuren,<br />

die aus einer Carboxygruppe (–<br />

COOH) und aus einer unterschiedlich langen, aber<br />

fast ausschließlich unverzweigten Kohlenwasserstoffkette<br />

bestehen. Die Namensgebung Fettsäure<br />

ist einerseits bedingt durch die Herkunft der Substanzen<br />

aus den Grundstoffen Fett und Öl und andererseits<br />

durch die typischen chemischen Eigen-<br />

166


schaften dieser Stoffgruppe, z.B. Säurecharakter,<br />

schlechte Löslichkeit in Wasser u.ä.<br />

Fettsäurederivate: Abgeleiteter Stoff ähnlicher<br />

Struktur zu einer entsprechenden Grundsubstanz, in<br />

diesem Fall der Fettsäure.<br />

Fettspaltung: Zerlegung der Fette, d. h. der Triglyzeride,<br />

in die konstituierenden Fettsäuren und Glycerin.<br />

Galenik: Die Lehre von der Arzneimittelzusammensetzung<br />

und -herstellung.<br />

Glyzerin: Einfachster dreiwertiger Alkohol.<br />

GMP: Unter GMP (Good Manufacturing Practice, dt.<br />

“Gute Herstellungspraxis”) versteht man Richtlinien<br />

zur Herstellung und Qualitätssicherung in der Produktion<br />

von Arzneimitteln, Kosmetika, Lebens- und<br />

Futtermitteln.<br />

Halal: heißt übersetzt „erlaubt“ und bezeichnet alle<br />

Dinge und Handlungen, die nach dem islamischen<br />

Recht erlaubt sind, so sind z. B. sind im Koran und in<br />

der Sunna Speisevorschriften niedergelegt, welche<br />

festlegen ob Speisen halal (erlaubt) sind oder nicht.<br />

Hydrierung: Addition von Wasserstoff an Doppelund<br />

Dreifachbindungen.<br />

Hydrophobierung: Der Begriff hydrophob bedeutet<br />

wassermeidend oder wasserabweisend. Im Rahmen<br />

der Hydrophobierung wird also ein Material<br />

oder eine Oberfläche wasserabweisend gemacht.<br />

Erkennbar wird diese Eigenschaft in vielen Fällen<br />

dadurch, dass hydrophobe Oberflächen Wasser abperlen<br />

lassen.<br />

Kontiverseifung: Im Gegensatz zur Batchherstellung<br />

optimiertes, kontinuierliches Herstellungsverfahren<br />

für alkalische Seifen.<br />

Koscher: Kaschrut sind religionsgesetzliche Vorschriften<br />

zur Zubereitung und Verzehr von Speisen<br />

in der jüdischen Glaubensgemeinschaft. Es dürfen<br />

nur Speisen verzehrt werden, die koscher sind.<br />

Bezogen auf die Oleochemie heißt das, dass nur<br />

pflanzliche Rohstoffe verwendet werden dürfen.<br />

Metallseife: Sammelbezeichnung für Salze der<br />

Fettsäure mit unterschiedlichsten Metallen, wie<br />

Aluminium, Zink, Calcium, Lithium usw. Die gemeinsame<br />

Eigenschaft dieser Verbindungen ist ihre Hydrophobie<br />

und Wasserunlöslichkeit, im Gegensatz zu<br />

Kalium- oder Natriumseifen.<br />

Oleat: Salze der Oleinsäure.<br />

Oleinsäure: auch Ölsäure; einfach ungesättigte<br />

Fettsäure.<br />

Oleochemie: Ein Chemiezweig, der sich mit Reaktionen<br />

und Produkten beschäftigt, die auf natürlichen<br />

Ölen und Fetten als Rohstoffe aufbauen.<br />

167


Pilliermaschine: Eine Maschine zum Kneten und<br />

Walzen von fertigen Seifen, um die Seifenmasse<br />

möglichst gut zu homogenisieren.<br />

Stearat: Salze der Stearinsäure.<br />

Stearinsäure: gesättigte Fettsäure. Ihre Salze und<br />

Ester heißen Stearate.<br />

Strangpresse: Eine Maschine zur Formung der Seifenmasse<br />

zu langen Strängen, die dann anschließend<br />

in die entsprechenden Seifenstücke geschnitten<br />

werden.<br />

Turmspaltung: Ein spezieller Prozess zur Spaltung<br />

von Fett in Glycerin und Fettsäure. Findet bei hohen<br />

Temperaturen (>200°C) und Drücken (>50 bar) statt.<br />

Hauptbestandteil solcher Anlagen ist eine sehr hohe<br />

Spaltungskolonne, daher der Name Turmspaltung.<br />

168

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