NRW handelt, Oktober 2023
Das E-Magazin des Handelsverbandes NRW berichtet über aktuelle Themen rund um den Handel in NRW, teilt Ihnen Neuigkeiten und Ereignisse aus dem Verband mit und enthält weitere für den Einzelhandel relevante und interessante Beiträge. Das E-Magazin erscheint 4x jährlich.
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<strong>Oktober</strong> <strong>2023</strong><br />
E-Magazin Handelsverband <strong>NRW</strong><br />
• Jan Eismann („Kösters 1891“):<br />
„Ich bin Alleinunterhalter, Schauspieler und Seelsorger“<br />
• „Emotionalität wirkt!“: Interview mit Boris Hedde (IFH<br />
KÖLN)<br />
• Digitale Selbstverteidigung: IT-Sicherheit stärken
2<br />
Impressionen von der Landesdelegiertenversammlung<br />
des Handelsverbandes <strong>NRW</strong> – Führung über den neuen<br />
Aldi-Campus in Essen<br />
Fotos: HV <strong>NRW</strong>
3<br />
Impressum<br />
Liebe Leserin, lieber Leser,<br />
Herausgeber:<br />
Handelsverband Nordrhein-Westfalen e.V.,<br />
Kaiserstr. 42 a, 40479 Düsseldorf,<br />
www.hv-nrw.de<br />
Redaktion:<br />
Matthias M. Machan, Carina Peretzke<br />
Redaktionsteam:<br />
Jörg Hamel, Marc Heistermann, Thomas<br />
Kunz, Doris Lewitzky, Matthias M. Machan,<br />
Carina Peretzke, Markus Richter,<br />
Marion Runge<br />
Layout/Grafik:<br />
futura medien GmbH, Gabriel Wagner<br />
Lektorat:<br />
Karin Eksen<br />
Erscheinungsweise:<br />
4-mal im Jahr; bei Adressänderungen oder<br />
–löschungen wenden Sie sich bitte direkt<br />
an den für Sie zuständigen Regionalverband.<br />
Fotos:<br />
Sofern nicht anders angegeben: HV <strong>NRW</strong>.<br />
Titelfoto:<br />
Kösters 1891<br />
Rechtliche Klausel:<br />
Eingehende Beiträge werden nicht zurückgesandt.<br />
Alle Rechte vorbehalten. Kein Teil<br />
dieser Zeitschrift darf ohne schriftliche<br />
Genehmigung des Herstellers vervielfältigt<br />
oder verbreitet werden. Unter dieses Verbot<br />
fallen insbesondere auch die gewerbliche<br />
Vervielfältigung bei Kopie, die Aufnahme in<br />
elektronische Datenbanken und die Vervielfältigung<br />
auf CD-ROM. Für die Angebote in<br />
den Werbeanzeigen ist ausschließlich der<br />
Werbetreibende verantwortlich.<br />
in der dritten Ausgabe unseres E-Magazins<br />
in diesem Jahr darf ich Sie aus<br />
Essen begrüßen! Neben intensiven<br />
Gesprächen auf unserem diesjährigen<br />
Jahresempfang des Handelsverbandes<br />
Ruhr, beispielsweise zum Thema Verkehrswende, hatten wir auch erneut die<br />
schöne Aufgabe, „unsere“ Auszubildenden zu ehren. Lesen Sie dazu unbedingt<br />
unseren Bericht auf Seite 20ff.<br />
Auch eine Ehrung erfuhr Michael Radau, mittlerweile seit 15 Jahren schon<br />
Präsident des Handelsverbandes Nordrhein-Westfalen und jüngst von der<br />
Delegiertenversammlung – in diesem Jahr ebenfalls in Essen – wiedergewählt.<br />
Gratulation!<br />
Aus Radaus Heimat Münster kommt passenderweise auch der Bestseller unserer<br />
aktuellen Ausgabe: Wir haben Jan Eismann im „Kösters 1891“ am Prinzipalmarkt<br />
besucht und uns in die wunderbaren Welten von Living, Dining & Kitchen<br />
entführen lassen.<br />
Weitere Gratulationen gehen an den Niederrhein: Die Parfümerie Reichenbach<br />
feiert 130-jähriges Jubiläum und der Duisburger Globus-Markt ist als „Ausgezeichnet<br />
Generationenfreundlich“ zertifiziert worden.<br />
Nicht nur im Ruhrgebiet wurde in diesem Sommer viel gegrillt: Der Handelsverband<br />
Ruhr-Lippe hatte Handel und Politik nach Bochum eingeladen, ebenso wie<br />
die Experten von Digital.Sicher.<strong>NRW</strong>, die auf ihrem Sommerfest eine Verlängerung<br />
des Projektes verkünden konnten. Nebenbei schossen die Digitalcoaches<br />
des Handelsverbandes <strong>NRW</strong> ihr Selfie des Monats, assistiert von <strong>NRW</strong> Wirtschaftsministerin<br />
Mona Neubaur.<br />
Ein herbstlich bunter Themenmix also. Ich wünsche Ihnen viel Vergnügen und<br />
eine interessante Lektüre,<br />
Ihr Marc Heistermann<br />
Geschäftsführer<br />
Handelsverband <strong>NRW</strong> Ruhr e. V.
4<br />
MAGAZIN<br />
Grillfest „Politik<br />
trit Handel“<br />
Nach einer erfolgreichen Veranstaltung im letzten Jahr und vielen positiven<br />
Rückmeldungen lud auch in diesem Jahr der Handelsverband Ruhr-Lippe seine<br />
Mitglieder und die Vertreter der örtlichen Politik Anfang September in seine<br />
Räumlichkeiten in Bochum zum Grillfest unter dem Motto „Politik trifft Handel“<br />
ein. Zum Auftakt wurde exklusiv die Studie zur Erreichbarkeit und Attraktivität<br />
der Bochumer Innenstadt <strong>2023</strong> des com.X Instituts für Kommunikationsanalyse<br />
& Evaluation vorgestellt. In entspannter Atmosphäre fand ein informativer Austausch<br />
statt, die politischen Vertreter reagierten bereits mit ersten Eingaben an<br />
die Verwaltung. Die Veranstaltung wird im kommenden Jahr fortgesetzt.
5<br />
für Menschen aller Altersgruppen,<br />
Familien mit Kinderwagen, für<br />
Menschen mit Handicap komfortabel,<br />
angenehm und barrierearm ist.<br />
Außerdem wissen sie zu schätzen,<br />
wenn beispielsweise die Gänge<br />
breit, Schrift auf Preisetiketten<br />
groß oder Zusatzservices wie<br />
Kundentelefone für persönliche<br />
Hilfestellung oder Sitzmöglichkeiten<br />
zum Ausruhen vorhanden sind. “<br />
„Generationenfreundliches<br />
Einkaufen“<br />
Mit der Meidericher Globus-Filiale wurde das Duisburger<br />
Einzelhandelsunternehmen mit dem Qualitätszeichen<br />
„Ausgezeichnet Generationenfreundlich“ geehrt.<br />
Doris Lewitzky, Geschäftsführerin des Handelsverbandes<br />
<strong>NRW</strong> Niederrhein, überreichte Globus-Geschäftsleiter<br />
Michael Brück die Urkunde. Lewitzky: „Über 60 Kriterien,<br />
die für Kunden von hoher Wichtigkeit sind, um komfortabel<br />
einkaufen zu können, werden geprüft. Mit dem Siegel<br />
ist nach außen hin klar erkennbar, dass hier der Einkauf<br />
Die Bevölkerung wird immer älter. Für den Einzelhandel<br />
ergeben sich daraus zahlreiche Herausforderungen, auf<br />
die er sich vorbereitet. „Mit dem Qualitätszeichen geben<br />
wir den Kaufleuten die Gelegenheit, sich dies auf Basis<br />
einer ausführlichen Überprüfung bestätigen zu lassen“, so<br />
Lewitzky. Das Qualitätszeichen verbürgt Qualität. Tester<br />
vor Ort prüfen die Kriterien ab, darunter Kriterien, die in<br />
jedem Fall positiv beschieden werden müssen, damit das<br />
Zertifikat von einer neutralen Bewertungsstelle erteilt<br />
werden kann. Die Kriterien beziehen sich unter anderem<br />
auf Leistungsangebote, Zugangsmöglichkeiten, Ausstattung<br />
der Geschäftsräume und das Serviceverhalten. Das<br />
Qualitätszeichen wird für drei Jahre erteilt. Dann ist eine<br />
erneute Prüfung notwendig.<br />
Mark Rauschen neuer<br />
BTE-Präsident<br />
Die BTE-Delegiertenversammlung hat Mark Rauschen<br />
(49), geschäftsführender Gesellschafter des Osnabrücker<br />
Modehauses L&T Lengermann & Trieschmann, am 20.<br />
September in Frankfurt einstimmig zum neuen BTE-Präsidenten<br />
gewählt. Er folgt auf Steffen Jost (65), geschäftsführender<br />
Gesellschafter des Modehauses Jost (Grünstadt),<br />
der sein Amt zur Mitte der Wahlperiode zur Verfügung<br />
gestellt hat, da er sich sukzessive aus dem operativen<br />
Geschäft zurückgezogen hat. Für seine Verdienste um den<br />
BTE wurde Jost von der BTE-Delegiertenversammlung zum<br />
BTE-Ehrenpräsidenten ernannt.<br />
Zudem wählte die BTE-Delegiertenversammlung Tatjana<br />
Steinbrenner (52), geschäftsführende Gesellschafterin des<br />
Bensheimer Kaufhauses Ernst Ganz, zur Vizepräsidentin<br />
des BTE. Steinbrenner engagiert sich seit Jahren für die<br />
Interessen des Handels als Präsidentin des Handelsverbandes<br />
Hessen-Süd sowie als Vizepräsidentin des Handelsverbandes<br />
Hessen. Weiterhin BTE-Vizepräsident bleibt<br />
BTE-Präsident Mark<br />
Rauschen (rechts) mit den Vizepräsidenten<br />
Tatjana Steinbrenner<br />
und Andreas Bartmann.<br />
Andreas Bartmann (Globetrotter Ausrüstung, Hamburg).<br />
Neu ins BTE-Präsidium gewählt wurde Sabine Zollikofer<br />
(54), Einkaufsleitung Fashion bei Galeria (Essen).
6<br />
Jan Eismann führt „Kösters 1891“ in der<br />
4. Generation. Fotos: Kösters 1891<br />
„Kösters 1891“ auf dem Prinzipalmarkt:<br />
Münsters gute Stube<br />
Von Matthias M. Machan<br />
Kann man eine 1A-Handelslage noch steigern? Man kann,<br />
zumindest wenn man wie Jan Eismann mit „Kösters 1891“<br />
als Kaufmann am Prinzipalmarkt in Münster seinen Concept<br />
Store für Living, Dining & Kitchen betreibt. Und das<br />
direkt gegenüber dem historischen Rathaus mit seinem,<br />
man darf das durchaus so sagen, weltberühmten Friedenssaal.<br />
Wer vom Dom zum Prinzipalmarkt möchte, muss bei<br />
Kösters vorbei. Hier schlägt das Herz der Stadt!<br />
Die ZDF-Figur „Wilsberg“ betreibt einen Steinwurf entfernt<br />
sein Antiquariat, auf dem Kopfsteinpflaster vor der Haustür<br />
ermitteln in schöner Regelmäßigkeit die ARD-„Tatort“-Kommissare<br />
„Thiel“ und „Boerne“. Das alles sorgt, im Zusammenspiel<br />
mit den zumeist inhabergeführten Fachgeschäften<br />
der Kaufleute vom Prinzipalmarkt, für reichlich Frequenz<br />
im und am Haus der Top-Adresse Prinzipalmarkt Ecke Michaelisplatz<br />
mit seiner herausragenden, instagrammablen<br />
Schaufenster-Themeninszenierung. Für seine „inneren“<br />
Werte wurde „Kösters 1891“ jetzt - wie bereits der Nachbar,<br />
Schuhhändler Zumnorde ein paar Hausnummern weiter vor<br />
einigen Jahren - mit der Auszeichnung „Store of the Year“<br />
des Handelsverbandes Deutschland (HDE) geehrt.<br />
Unbestritten, Münsters Prinzipalmarkt ist ein starkes Stück<br />
lebendiger Stadtgeschichte. Er erzählt vom Mittelalter, der<br />
Hanse und eben den alten Kaufmannsfamilien, die hier ja zum<br />
Teil immer noch seit Generationen ihren Geschäften nachgehen.<br />
Der Platz und Straßenzug mit den charakteristischen<br />
Giebelhäusern und Bogengängen ist nicht nur an diesem<br />
Sommermorgen das traditionsreiche wirtschaftliche und<br />
politische Zentrum Münsters. Auf dem Prinzipalmarkt spielt<br />
sich ein großer Teil von Münsters Stadtleben ab: Hier werden<br />
- wie beim Außenministertreffen der G7-Staaten im November<br />
2022 - Staatsgäste aus aller Welt empfangen und Feste
7<br />
Wer vom Dom zum Prinzipalmarkt möchte, muss bei Kösters vorbei. Foto: M. Machan<br />
Top-Adresse Prinzipalmarkt, Ecke Michaelisplatz.<br />
Kitty und Jan Eismann.<br />
gefeiert. Hier wird flaniert, das Leben genossen und natürlich<br />
eingekauft. Und hier befindet sich das historische Rathaus<br />
der Stadt mit seinem Friedenssaal. Direkt gegenüber auf der<br />
anderen Straßenseite von „Kösters 1891“. So konnte Jan Eismann<br />
G7-Gastgeberin Außenministerin Annalena Baerbock<br />
und ihren Staatsgästen aus nächster Nähe (einem Fenster<br />
im 1. Stock) in die Augen schauen, bis er unmissverständlich<br />
aufgefordert wurde, das Fenster zu schließen.<br />
„Ein Raum, um von unseren Lieblingsstücken<br />
zu erzählen“<br />
So kann es gehen, wenn man, wie vor zwei Jahren, nach<br />
acht Jahrzehnten das Stammhaus im Schatten der Lambertikirche<br />
aufgibt und einige Schritte weiterzieht. Doch es<br />
war mehr als nur ein Umzug, der sich aufgrund der räumlichen<br />
Nähe (rund 150 Meter) ohne Umzugs-LKW bewerkstelligen<br />
ließ und für einige Tage das Innenstadt-Gespräch<br />
schlechthin war. Aus dem „Haus für Wohnkultur“ wurde<br />
„Kösters 1891“, ein 380 Quadratmeter großer Concept<br />
Store für anspruchsvolle Wohnkultur, der seine Wurzeln<br />
– früher stand man ausschließlich für Porzellan – trotz<br />
Sortimentsbereinigung nicht verleugnet. Eismann: „Mit<br />
Freude und Leidenschaft betrachten wir Design als unbedingt<br />
notwendig, um die Welt schöner und den Moment<br />
lebenswerter zu machen. Unsere Vision ist es, einen Raum<br />
zu erschaffen, in dem wir unseren Kundinnen und Kunden<br />
die Geschichten der von uns kuratierten Designklassiker,<br />
Designentdeckungen und unserer Lieblingstücke aus der<br />
ganzen Welt erzählen können.“
8<br />
Für zwei Tage im November 2022 war „Kösters 1891“ (das Eckhaus<br />
am Einbahnstraßen-Schild) das wohl am besten bewachte Geschäft in<br />
Deutschland. Foto: Stadt Münster“, Michael C. Möller<br />
Auszeichnung zum „Store of the yaer“ <strong>2023</strong> in Berlin.<br />
Vormieter war das Modelabel „Escada“, dessen Konzept in<br />
Sachen Ladengestaltung trotz ellenlanger Schaufensterfront<br />
kein Tageslicht zulassen wollte. Jan Eismann und seine<br />
Frau Kitty, gelernte Grafik-Designerin, brachten dann in jeder<br />
Hinsicht Licht ins Dunkel. „Ein grandioses Signal für die<br />
Straße und für die Stadt“, freute sich vor zwei Jahren Nachbar<br />
Thomas Zumnorde. Dass ein münstersches Familienunternehmen<br />
mitten in der Corona-Krise investierte, wertete<br />
nicht nur er als Glücksfall: „Damit zeigen Eismanns, dass sie<br />
an das eigene Konzept, die Straße und die Stadt glauben.“<br />
„Wir bieten Verführung an“<br />
„Wir wollten dahin. Ich kann mir das Unternehmen an keinem<br />
anderen Standort besser vorstellen. Eine einmalige Chance,<br />
die wir nutzen mussten“, so Jan Eismann. Der 49-Jährige ist<br />
ein Urenkel des Firmengründers Wilhelm Kösters. „Meine Frau<br />
und ich haben auf dem Reißbrett alles komplett neu überlegt.<br />
Das neue Ladenlokal bot uns ganz andere Möglichkeiten und<br />
Perspektiven, unsere Ideen umzusetzen“, schwärmt Eismann,<br />
der 2008 ins Unternehmen der Familie, dessen Inhaber er seit<br />
2016 ist, eingestiegen ist. Dem vorausgegangen waren u.a. ein<br />
BWL-Studium in Passau sowie Tätigkeiten als Account-Manager<br />
für ein Internet-Unternehmen sowie bei „Otto“ in Hamburg.<br />
Vor allem die sechs großen Schaufenster sind ein beliebter Anlaufpunkt,<br />
an denen auch wir uns vor unserem Gespräch die<br />
Nasen platt gedrückt haben. Unser Favorit: Das Schaufenster<br />
mit dem plakativen Satz „Trotz aller Sehnsucht … Es gibt keinen<br />
Ort auf dieser Welt, der so ist wie zu Hause.“ Eismann hat das
9<br />
Ein Hingucker: Das<br />
lichtdurchflutete<br />
Erdgeschoss mit<br />
seiner rosafarbenen<br />
Marmortheke.
10<br />
Jan Eismann (r.) erläutert<br />
Autor Matthias<br />
M. Machan<br />
das Konzept von<br />
„Kösters 1891“.<br />
Ladenlokal optisch zu den Hotspots der Stadt geöffnet. Vor allem:<br />
Die Schaufenster bieten Räume, besser: Inszenierungen,<br />
die von außen wie von innen betrachtet werden können.<br />
Apropos Inszenierungen: Materialien, die für Wertigkeit wie<br />
Beständigkeit stehen, wohin das Auge blickt. Nicht nur im<br />
lichtdurchfluteten Erdgeschoss mit seiner markanten, rosafarbenen<br />
(!) Marmortheke, auch in der 1. Etage. Einfach ein<br />
echter Hingucker, wie wertvolle Gläser auf einem Glasregal<br />
durch alte Fensterscheiben zum Prinzipalmarkt hin von der<br />
Sonne angestrahlt werden. Das Sortiment: Kuratiert natürlich,<br />
keine Massenware, und mit sehr viel Liebe zum Detail<br />
zusammengestellt. „Wir bieten Verführung an, keine Bedarfsdeckung“,<br />
erläutert Eismann seine Philosophie. Die Erfolgsfaktoren:<br />
„Guter Laden, gute Konzepte, gutes Personal.“<br />
„Ich bin Alleinunterhalter, Schauspieler<br />
und Seelsorger“<br />
Natürlich sind im edlen Sortiment die „must haves“ wie KPM,<br />
Alessi, Dibbern oder Fürstenberg vertreten. Doch kleinere<br />
Marken aus der Nische spielen eine immer größere Rolle. Jan
11<br />
Wertvolle Gläser werden auf einem Glasregal durch alte Fensterscheiben<br />
zum Prinzipalmarkt hin von der Sonne angestrahlt.<br />
Eismann schwärmt von zauberhaft feinem Porzellan, das er<br />
in Japan geordert hat. Er entdeckt die Labels seiner Wahl auf<br />
Messen in Amsterdam, Frankfurt oder Paris, auf Reisen nach<br />
Dänemark, insbesondere Kopenhagen, oder auch eher zufällig<br />
bei einem Store-Check. Denn kleine Manufakturen bringen<br />
immer auch spannende Geschichten mit sich – und diese teilt<br />
das „Kösters“-Team gern mit den Kundinnen und Kunden. „Zu<br />
jedem Produkt gibt es eine Geschichte“, freut sich Eismann,<br />
der seine Berufung als Händler gefunden hat: „Der Beruf ist<br />
so vielseitig, so unmittelbar und direkt. Ich bin Kaufmann und<br />
Berater, aber auch Alleinunterhalter, Schauspieler und Seelsorger.“<br />
Durch den neuen Standort hat „Kösters 1891“ viele<br />
junge Kunden hinzugewonnen. Eismann: „Auch die jüngere<br />
Generation hat den Wert und nachhaltigen Effekt langlebiger<br />
Ausstattungsgegenstände für sich entdeckt.“<br />
Und wie fühlt man sich als „Store of the year“? Der Wettbewerb<br />
sei fast anstrengender als der Umbau gewesen, denn<br />
man reflektiere sich selbst, lacht Eismann. Die Preisverleihung<br />
selbst sei sehr aufregend gewesen: „Wie eine kleine<br />
Oscar-Verleihung.“ Und: „Die Auszeichnung hilft uns vor allem<br />
auf der Einkaufsseite.“
12<br />
Das neu gewählte Präsidium des Handelsverbandes <strong>NRW</strong>. Fotos: HV <strong>NRW</strong><br />
<strong>NRW</strong>-Handel wählt neues<br />
Präsidium und fokussiert den<br />
Klimaschutz<br />
Die Händlerinnen und Händler Nordrhein-Westfalens<br />
wählten Mitte September ein neues Präsidium für den<br />
Handelsverband Nordrhein-Westfalen (HV <strong>NRW</strong>). Am<br />
18. September kamen die Delegierten dafür auf dem Aldi<br />
Nord Campus in Essen zusammen. Bevor es jedoch ans<br />
Wählen ging, führte Markus Dicker, Bevollmächtigter des<br />
Aldi-Verwaltungsrates, die beeindruckten Gäste über<br />
den neuen Campus. Als erste externe Gästegruppe gab es<br />
einiges zu bestaunen, von Klimaschutz bis Highspeed-Internet<br />
war alles dabei - sogar das Büro von Theo Albrecht<br />
samt Schreibmaschinensammlung.<br />
Auf die aktuellen Herausforderungen für den Einzelhandel<br />
ging Dr. Peter Achten, Hauptgeschäftsführer des HV <strong>NRW</strong>,<br />
zunächst in seinem Bericht zur Lage näher ein: Die Schwächephase<br />
der deutschen Wirtschaft sowie die Nachwirkungen<br />
der vergangenen Jahre mit Pandemie und Krieg wirken<br />
sich weiterhin stark auf den Einzelhandel aus. Gestiegene<br />
Kosten und verhaltene Konsumstimmung sorgen für getrübte<br />
Aussichten. „Es ist erschreckend, wenn 70% der Einzelhändler<br />
in <strong>NRW</strong> angeben, dass sie in den vergangenen<br />
zwei Jahren sinkende oder sogar deutlich sinkende Kundenfrequenzen<br />
wahrnehmen“, so Achten. Entsprechend getrübt<br />
seien auch die Erwartungen für das 2. Halbjahr: Laut<br />
HDE-Konjunkturumfrage rechnen 36% der <strong>NRW</strong>-Händler<br />
mit einer weiteren Verschlechterung der Geschäftslage.<br />
Radau im Amt bestätigt<br />
Nach einem Bericht zum Stand der nach bundesweit über<br />
50 Verhandlungsrunden weiterhin stockenden Tarifverhandlungen<br />
durch Verhandlungsführer Christopher Ranft<br />
standen die Wahlen auf der Tagesordnung: Michael Radau,<br />
Vorstandsvorsitzender der SuperBioMarkt AG aus Münster,<br />
wurde als Präsident im Amt bestätigt. 1. Vizepräsident<br />
ist Uwe Gunkel, Euronics Gunkel, Düren. Als Schatzmeister<br />
wurde Stefan Grubendorfer, Edeka Grubendorfer, Herdecke,<br />
gewählt.<br />
Außerdem wurden ins Präsidium gewählt:<br />
» Christina Barton-van Dorp, Bonn<br />
» Susanne Rexing, Kleve<br />
» Hartmut Buhren, Mülheim a.d.R.<br />
» Erich Stockhausen, Erkrath<br />
» Friedrich Danne, Arnsberg
13<br />
Auf die Landesdelegiertenversammlung<br />
konzentriert (v.l.n.r.): Dr. Peter Achten,<br />
Michael Radau, Christopher Ranft und Rainer<br />
Schorcht.<br />
» Markus Stolz, Düsseldorf<br />
» Hartmut Janßen, Krefeld<br />
» Bernd Strickling, Gelsenkirchen<br />
» Stefan Lenk, Bochum<br />
» Silvia Walzer, Duisburg<br />
» Carlos Rasel, Mülheim a.d.R.<br />
» Dirk Wittmer, Ratingen<br />
Radau, seit nunmehr zehn Jahren im Amt des Präsidenten<br />
beim HV <strong>NRW</strong>, dankte den ausgeschiedenen Mitgliedern des<br />
Präsidiums für die gute Zusammenarbeit und das ihm weiterhin<br />
entgegengebrachte Vertrauen: „Der Einzelhandel ist<br />
eine tolle, vielseitige Branche! Er ist einer der größten Wirtschaftszweige<br />
und Arbeitgeber in <strong>NRW</strong>. Daher ist es nach<br />
den Herausforderungen der letzten Jahre und den aktuellen<br />
wie kommenden neuen Herausforderungen umso wichtiger,<br />
ihn zu stärken und auch unsere Innenstädte zu vitalisieren!<br />
Ihnen als Händlerinnen und Händlern den Rücken freizuhalten<br />
und der Branche eine Stimme zu verleihen, dafür werden<br />
meinen Kolleginnen und Kollegen im Präsidium und ich sowie<br />
das Hauptamt des Handelsverbandes in den Regionen sich<br />
weiterhin für Sie einsetzen!“<br />
Der Klimawandel und die weitreichenden<br />
Folgen<br />
Auftakt: Führung über den neuen Aldi Nord<br />
Campus in Essen.<br />
Prominenter Gastredner der Landesdelegiertenversammlung<br />
war Prof. Hans Joachim Schellnhuber, emeritierter Direktor<br />
und Gründer des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung<br />
(PIK), der eine eindringliche Rede hielt. Dass der<br />
Klimawandel auch für den Handel weitreichende Folgen hat,<br />
zeigen nichts zuletzt sinkende Besucherzahlen an Hochsommertagen<br />
in den Innenstädten und Betroffenheit durch<br />
Flutkatastrophen. Prof. Schellnhuber erläuterte die aktuellen<br />
Entwicklungen und Perspektiven: „Einen Klimawandel,<br />
der gravierende Auswirkungen hat, können wir nicht mehr<br />
abwenden. Allerdings gibt es durchaus noch Chancen, einen<br />
Klimawandel zu verhindern, der die menschliche Zivilisation<br />
oder gar die menschliche Spezies gefährdet.“<br />
Jelena Nikolic, Projektleiterin der Klimaschutzoffensive des<br />
Handelsverbandes Deutschland, stellte passend zum Thema<br />
Zahlen zum Energiebedarf des Einzelhandels vor. Die<br />
Branche setzt sich schon lange Zeit aktiv fü r Klimaschutz<br />
und Nachhaltigkeit ein und reduziert sukzessive ihren Energiebedarf<br />
und Ressourcenverbrauch. Dies zeigte auch die<br />
im Auftrag der Klimaschutzoffensive erstellte Studie des<br />
Fraunhofer Instituts ISI. Die Analyse zeigt: Handelsunternehmen<br />
in Deutschland haben seit 2013 ihre CO2-Emissionen<br />
um ein Drittel reduziert. Außerdem stellte die Projektleiterin<br />
ein neues Vorhaben zu Klimaanpassung im Einzelhandel vor:<br />
HDE-Adapt. Dieses zielt darauf ab, Händlerinnen und Händlern<br />
Konzepte und Maßnahmen vorzustellen, mit denen sie<br />
sich gegen die zunehmenden Extremwetterereignisse wie<br />
Starkregen oder Hitzewellen wappnen können.<br />
Das Präsidium finden Sie hier.
14<br />
Boris Hedde (r.) im Gespräch mit dem Journalisten<br />
Matthias M. Machan (Fotos: Christina<br />
Bunnenberg)<br />
Emotionalität wirkt!<br />
Von Matthias M. Machan<br />
Ist die Innenstadt noch zu retten? „Ja“, sagt Boris<br />
Hedde, Geschäftsführer des IFH KÖLN, im zweistündigen<br />
Interview mit <strong>NRW</strong> <strong>handelt</strong>. Denn: „Ich glaube fest<br />
an die Innenstadt. Die Zentren sind über Jahrhunderte<br />
gewachsen und ein Mittelpunkt des gesellschaftlichen<br />
Lebens. Das bleibt!“ Wer sich mit den Themen wie der<br />
„Innenstadtentwicklung“ und der „Zukunft des Handels“<br />
befasst, kommt an Hedde (und den forschungsbasierten<br />
Markt- und Kundenanalysen des IFH KÖLN) nicht vorbei.<br />
Der 49-Jährige ist mit sichtbarer Leidenschaft zum Wohl<br />
des Handels unterwegs, bringt Dinge auf den Punkt,<br />
scheut sich dabei auch nicht vor unbequemen Wahrheiten,<br />
liefert Initiativen, Impulse und Ideen zuhauf.<br />
Lieber Herr Hedde, was und wo haben Sie zuletzt eingekauft?<br />
Sie werden lachen, aber das waren vor wenigen Tagen<br />
Merchandising-Produkte im Fan-Shop des FC Köln. Ein<br />
schönes Beispiel dafür, dass Handel vor allem mit dem<br />
Wecken von Emotionen funktioniert. Und wo gibt es mehr<br />
Emotionen als beim Fußball …<br />
Was kaufen Sie bevorzugt online ein?<br />
Mein letzter Online-Kauf war ein spezieller Tapetenkleister.<br />
Das war ein echter Zielkauf, den ich online prima vorbereiten<br />
konnte. Ich hatte einen leichten Zugang zum Produkt.<br />
Dass das Gespräch zunächst Richtung Fußball (da kann<br />
sich der Handel in Sachen Emotionalität etwas abgucken)<br />
abgleitet, überrascht nicht. Als studierter Sportwissenschaftler<br />
ist Hedde seit den Zeiten von Pierre Littbarski<br />
leidenschaftlicher Fan des 1. FC Köln, kann von seinem<br />
Schreibtisch auf die Flutlichtmasten des RheinEnergie-Stadions<br />
blicken. Ob Transformation im Fußball oder im Handel:<br />
Den Kopf in den Sand zu stecken, das ist keine Option.<br />
Da ist der „Stadtretter“ Boris Hedde bekennender Optimist.<br />
Was muss ein Stadtzentrum heute bieten, um für die Bürger<br />
echte Aufenthaltsqualität zu generieren?<br />
Frequenz geht heute mit Freizeitgestaltung einher, die<br />
ausschließliche Einkaufsmotivation ist nicht mehr der<br />
Trigger für die Innenstadt. Warum sind während der Corona-Krise<br />
beispielsweise die Museumsshops so gut gelaufen<br />
– weil diese eine Einbettung in den Lifestyle der<br />
Menschen bieten. Oder denken Sie an Karneval und die
15<br />
„Nichts ist wirtschaftlicher als echte Kundenloyalität!“,<br />
Boris Hedde, Geschäftsführer IFH<br />
KÖLN.<br />
Weihnachtsmärkte. Emotionalität wirkt. Gerade in der<br />
Innenstadt.<br />
muss dahin gehen, dass wir die lokale Bindung stärken. Der<br />
Community-Gedanke muss in den Vordergrund rücken.<br />
Als Händler muss ich mich fragen, wie ich es schaffe, die Beziehungen<br />
zu meinen Kunden zu erhöhen. Erfolgreich sind<br />
dabei die, die mit ihren Kundendaten intelligent umgehen<br />
können und die den Handel nicht allein aus der Produktperspektive<br />
sehen. Die Kundenzentrierung ist entscheidend. Man<br />
muss Anlassbezüge im sozialen Umfeld der Kunden schaffen.<br />
Dafür braucht man die fünf „I“s: Information, Inspiration,<br />
Involvierung, Identifikation und Interaktion. Die Zukunft<br />
In der Vergangenheit stand der Produktbedarf im Fokus.<br />
Entsprechend war der Handel dann auch das entscheidende<br />
Zugpferd. Dort, wo Handel war, waren auch die Menschen.<br />
Und wo Handel war, siedelten sich andere Anbieter an.<br />
Heute, wo die Online-Verfügbarkeit der Produkte in nicht<br />
gekannter Form gegeben ist, ist bei der Kundenintention zu<br />
differenzieren. Zwar ist Shopping für die meisten noch das<br />
Motiv Nummer 1, um in die Stadt zu kommen. Gastrono-
16<br />
mie, soziale Interaktion, Freizeit und Kultur bis hin zu Behördengängen<br />
oder Arztbesuchen haben aber an Relevanz<br />
gewonnen.<br />
Früher hieß es: Wo Handel ist, da ist Frequenz. Heute geht<br />
der Handel dahin, wo ohnehin schon Frequenz ist. Bestes<br />
Beispiel sind die Bahnhöfe. Derweil sah man im Sommer<br />
Discounter, die Pop-up-Filialen auf Musikfestivals eröffneten.<br />
Das bedeutet: Der Handel folgt immer öfter seinen Kundinnen<br />
und Kunden – und nicht mehr andersherum.<br />
vertritt und die Rolle des Kümmerers stadtweit übernimmt.<br />
Hier werden Projekte erdacht, konzipiert und umgesetzt, die<br />
möglichst vielen lokalen Akteuren zugutekommen sollen.<br />
Gleichzeitig ist der Verein das zentrale Sprachrohr zu Stadt<br />
und weiteren mittelbaren Stakeholdern.<br />
„Ich glaube fest an die Innenstadt“<br />
Welche Funktion werden Ortskerne und Innenstädte traditionell<br />
in Zukunft einnehmen?<br />
Klar, Mittelzentren werden sich dabei immer eher schwer<br />
tun, aber auch hier gibt es Frequenzbringer wie Bäckereien,<br />
Volkshochschulen oder Arztpraxen. Die Summe der Aktivitäten<br />
macht dann den Schlüssel zum Erfolg aus. Ideal ist natürlich<br />
eine aktive Betreuung des Standorts, wenn man so<br />
will, ein „Kümmerer“.<br />
Ein „Kümmerer“?<br />
Die Funktion des Kümmerers ist essenziell. Gerade wenn<br />
unterschiedliche lokale Akteure koordiniert werden müssen<br />
und eine interdisziplinäre Arbeit gefordert ist, braucht<br />
es eine zentrale Rolle bzw. eine Person, die Verantwortung<br />
trägt. Je größer der Standort ist, desto mehr muss sich die<br />
Frage gestellt werden, ob eine personenbezogene Funktionsübernahme<br />
reicht oder ob nicht eine Institution dafür<br />
geschaffen werden muss.<br />
Ich glaube fest an die Innenstadt. Die Zentren sind über Jahrhunderte<br />
gewachsen. Das bleibt auf jeden Fall, auch weil<br />
Städte der Mittelpunkt des gesellschaftlichen Lebens sind.<br />
Doch nur dort, wo man aus Sicht des Besuchers denkt und<br />
eben nicht nur auf die Anbieter und ihre Produkte schaut, ist<br />
es erfolgreich. Daher funktionieren regionale Online-Marktplätze<br />
meistens nicht. Ich muss in der Innenstadt einen bürgerzentrierten<br />
Mix anbieten, dann bin ich erfolgreich. Multifunktionalität<br />
der Innenstadt ist das neue Zauberwort. Aber<br />
wie genau ist die Mischung richtig, wie groß muss der jeweilige<br />
Anteil von Einzelhandel, Dienstleistungen, Handwerk,<br />
Gastronomie und Freizeitaktivitäten sein? Das kann derzeit<br />
niemand verlässlich sagen.<br />
Können Sie Maßnahmen nennen, die in vielen der vitalen Innenstädte<br />
funktionieren und ohne großen Aufwand wie Kosten<br />
umzusetzen sind?<br />
In Köln hat sich der Verein „Veedel lieben, Veedel leben“ gegründet,<br />
der unterschiedliche Interessensgemeinschaften<br />
Das Wichtigste: Alle Stadtakteure unter einen Hut bringen,<br />
die Identifikation der Community nutzen. Wir befinden uns
17<br />
ja im Zeitalter der Kooperationen. Kooperationen innerhalb<br />
einer Branche, aber eben auch Kooperation auf lokaler Ebene.<br />
Hier können Gastronomie, Handel, Dienstleistung oder<br />
auch Handwerk sich bündeln und dafür sorgen, dass die<br />
Innenstadt-Besuche effizienter genutzt werden. Ein schönes<br />
Beispiel ist, ich erwähnte es gerade, das Kölner Projekt<br />
„Veedel lieben, Veedel leben“. In Köln gibt es 34 handelsrelevante<br />
Stadtquartiere. Der Verein bündelt die verschiedenen<br />
Interessensgemeinschaften, schafft Strukturen, präsentiert<br />
und initiiert Projekte auf gesamtstädtischer Ebene. Wichtig<br />
sind zudem Einbindung und Beteiligung der Bürgerinnen und<br />
Bürger einer Stadt.<br />
Gibt es in <strong>NRW</strong> Musterstädte oder vorbildliche Initiativen, die<br />
man gewissermaßen als „Best Practice“ vorzeigen kann?<br />
Einen Zauberstab hat keiner. Aber Langenfeld macht beispielsweise<br />
einen guten Job, obwohl man es ja als Handelsstandort<br />
zwischen Köln und Düsseldorf nicht leicht hat. Auch<br />
Münster, wo man an vielen strukturellen Schrauben gedreht<br />
hat und sich auf die Innenstadt konzentriert, und Aachen fallen<br />
mir ein. Und wie wichtig ein Mindset wirken kann, zeigt<br />
sich am Beispiel Mönchengladbach. Die Stadt hat es nicht<br />
leicht, trotzdem wird viel versucht. Es gehört eben Mut dazu.<br />
„Wer das Leerstands-Thema nicht im<br />
Griff hat, hat schon verloren.“<br />
Leerstände sind in vielen Städten ein Thema. Sie trüben das Erscheinungsbild<br />
und können scheinbar mangelnde Attraktivität<br />
und weitere Frequenzverluste nach sich ziehen. Wie kann ich<br />
als Kommune dagegen angehen?<br />
Wer das Leerstands-Thema nicht im Griff hat, hat schon<br />
verloren. Aber es hilft auch nicht bei der Schaufenstergestaltung<br />
aufgegebener Handelsflächen potemkinsche Dörfer<br />
zu schaffen. Die Städte benötigen einen Kompass und ein<br />
Zielbild. Welche Zielgruppe habe ich, und was erwartet diese<br />
Zielgruppe von mir.<br />
Mit dem Projekt „Stadtlabore für Deutschland: Leerstand<br />
und Ansiedlung“ hat das IFH KÖLN zusammen mit 14 deutschen<br />
Modellstädten unterschiedlicher Größe LeAn®, eine<br />
Plattform für digitales Leerstands- und proaktives Ansiedlungsmanagement<br />
in Innenstädten, erarbeitet.<br />
Im Stadtlabor – aus <strong>NRW</strong> waren Mönchengladbach, Langengfeld<br />
und Köln mit dabei - wurde das Werkzeug für zukunftsorientiertes<br />
Ansiedlungsmanagement realisiert und<br />
erprobt. Standards für ein dialogorientiertes Miteinander im<br />
Vitalisierungsprozess zu schaffen war, dabei genauso zentral,<br />
wie die richtigen Daten für eine nachhaltige Planung zu<br />
Boris Hedde …<br />
… ist seit Ende 2009 Geschäftsführer des IFH KÖLN.<br />
Schwerpunkte seiner Arbeit sind forschungsbasierte<br />
Markt- und Kundenanalysen sowie Beratung in<br />
den Themenfeldern Handel im digitalen Zeitalter und<br />
(kommunaler) Strukturwandel. Boris Hedde leitete federführend<br />
die Projekte „Dialogplattform Einzelhandel“<br />
und „Stadtlabore für Deutschland“ des Bundesministeriums<br />
für Wirtschaft und Klimaschutz, gründete<br />
VITAIL – das Kompetenzforum für Handel und vitale<br />
Innenstädte, ist Mitinitiator der bundesweiten Initiative<br />
"Die Stadtretter" und bedient mit dem IFH KÖLN<br />
zudem das Mittelstand-Digital Zentrum Handel zur<br />
Förderung der Digitalisierung im Mittelstand.<br />
Zudem engagiert sich der 49-Jährige als Mitglied des<br />
Digitalisierungsausschusses im Mittelstandsverbund<br />
ZGV, ist Jurymitglied der Förderinitiative „Digitalen<br />
und stationären Einzelhandel zusammendenken“ des<br />
Wirtschaftsministeriums <strong>NRW</strong>. Hedde ist Experte für<br />
die Vitalisierung kommunaler Zentren und treibt im<br />
Rahmen seiner Tätigkeit über die durch ihn gegründete<br />
LeAn GmbH das digital gestützte Leerstands- und<br />
Ansiedlungsmanagement für Kommunen voran.<br />
Boris Hedde ist diplomierter Sportwissenschaftler mit<br />
Schwerpunkt Ökonomie sowie Fachreferent für Werbung.<br />
In seiner Freizeit ist der zweifache Familienvater<br />
begeisterter Anhänger des 1. FC Köln.
18<br />
generieren. Ein digitales Ladenflächenmanagement bietet<br />
das Potenzial, nachhaltigen und innovativen Konzepten ein<br />
passgenaues Angebot zu unterbreiten. LeAn® steht nun für<br />
alle interessierten Kommunen in unterschiedlichen förderfähigen<br />
Modellen zur Verfügung.<br />
Hand aufs Herz: Man kann noch so viele Innenstadtplaner,<br />
Marktforscher und Berater an einen Tisch setzen, an den<br />
grundlegenden Rahmenbedingungen, bedingt durch die digitale<br />
Transformation und die Polykrisen, lässt sich wenig ändern,<br />
oder?<br />
Auch wenn der Konsumverzicht derzeit quer durch alle Branchen<br />
geht: Den Kopf in den Sand zu stecken, ist keine Option.<br />
Die erfolgreichsten Marken Deutschlands, ich verweise<br />
u.a. auf Aldi und Lidl, entstanden aus der Krise heraus. Der<br />
Handel muss die Krise nutzen, um seine Geschäftsmodelle<br />
zu justieren und resilienter zu werden.<br />
Wir müssen mehr Mutmacher in den Fokus stellen, mehr Erfolgs-Cases<br />
zeigen, denn die Psychologie ist enorm wichtig.<br />
Warum nicht mit neuen, unkonventionellen Geschäftsmodellen<br />
Fuß fassen? Beispielsweise mit einem Fashion-Shop,<br />
der sich eher als Party-Veranstalter begreift und von 18 Uhr<br />
am Abend bis 1 Uhr nachts geöffnet hat.<br />
Natürlich bespielen wir aktuell kein leichtes Terrain, und ich<br />
bin auf das Weihnachtsgeschäft gespannt. Mit Blick auf die<br />
Kaufkraft ist die Ausgangslage in Deutschland aber weiterhin<br />
gut.
19<br />
Welche Branchen und Handelsformen laufen in den Innenstädten<br />
eher gut, welche tun sich schwer?<br />
Grundsätzlich: Alle Konzepte, die von den Produkten aus<br />
denken, werden sich schwertun. Kundenzentrierung ist, wie<br />
bereits erwähnt, das A und O. Secondhand und Nachhaltigkeit<br />
sind Megatrends, die bleiben werden.<br />
Warenhäuser waren früher ein Anker der Innenstädte. Ist die<br />
Zeit endgültig vorbei?<br />
Die Warenhäuser sind ein emotional sehr aufgeladenes Thema.<br />
Das Konzept „viele Produkte auf wenig Fläche“ ist tot –<br />
denn das gibt es ja online. Früher hatten die Kaufhäuser mal<br />
rund 15% Marktanteil im gesamten Handel. Heute machen<br />
die Kauf- und Warenhäuser bundesweit nur noch 1,5% des<br />
gesamten Einzelhandelsumsatzes in Deutschland aus. Per<br />
se ist das also nicht mehr von großer Bedeutung.<br />
Lokal kann das natürlich anders sein - und auch einen größeren<br />
Anteil haben. Das Schicksal der Innenstädte indes an<br />
den Warenhäusern festzumachen, greift zu kurz. Es muss<br />
mehr dafür getan werden, dass der Standort selbst attraktiver<br />
wird.<br />
Wie steht es, analog zur „customer journey“, um die „visitor<br />
journey“ in der Stadt, insbesondere um die Themen Sauberkeit<br />
und Sicherheit?<br />
Entscheidend sind die Begeisterungsfaktoren, also die Aufenthaltsqualität<br />
und die Wirkung des Erlebnisfaktors. Die<br />
Parkplatz-Situation und die Sauberkeit sind bei der „visitor<br />
journey“ sicher nicht zu vernachlässigen, aber wir verwenden<br />
viel zu viel Zeit auf Themen, die nicht auf den Begeisterungsfaktor<br />
einzahlen.<br />
In vielen Städten laufen derzeit große Diskussionen um die<br />
Erreichbarkeit der Stadtzentren und gleichzeitig ist der Trend<br />
der Verkehrsberuhigung nicht mehr aufzuhalten. Indes ist<br />
der ÖPNV vielerorts gar nicht so entwickelt, dass er eine<br />
echte Alternative bietet. Bei diesen Themen braucht es auch<br />
pragmatische Lösungen.<br />
Mindset-Wechsel gefragt<br />
Was können Händler mit Blick auf ihre Sortimente tun, um für<br />
die Kundinnen und Kunden auch weiterhin relevant zu bleiben?<br />
Es gibt ja weiterhin die Lust am Erwerb und der Nutzung der<br />
Produkte. Mehr denn je macht aber der Händler den Unterschied.<br />
Erfolgreiche Geschäftsmodelle haben nicht mehr das<br />
Produkt im Fokus, sondern die Kundin, den Kunden. Die Kundenzentrierung<br />
ist entscheidend und der intelligente Umgang<br />
mit den Kundendaten. Digitalisierung hört nicht beim<br />
Onlineshop auf. Wenn man von den Konsumentinnen und<br />
Konsumenten her denkt, erfolgt der Handel eher beiläufig.<br />
Das alte Modell des Handels als Warenverteiler, idealerweise<br />
billig einkaufen und dann verkaufen, wird schwierig.<br />
Gefragt ist da ein echter Mindset-Wechsel. Denn egal wie<br />
gut eine Idee erscheint, wenn sie nicht aus Kundensicht hergeleitet<br />
ist, sollte diese hintenangestellt werden. Wir haben<br />
das Zeitalter der höchstmöglichen Kundenzentrierung. Jetzt<br />
gilt es, den Kundenerwartungen alles unterzuordnen. Auch<br />
wenn es anfangs so scheinen mag, dass die Erwartung der<br />
Kunden zu keiner wirtschaftlichen Geschäftstätigkeit führt,<br />
so wird ein grundsätzliches Umschwenken dennoch zu einer<br />
nachhaltig besseren Wirtschaftlichkeit des gesamten Handelsunternehmens<br />
führen. Denn nichts ist wirtschaftlicher<br />
als echte Kundenloyalität!<br />
In welcher Stadt shoppen Sie am liebsten?<br />
Ich bin unwahrscheinlich gerne in Maastricht. Eine tolle<br />
Stadt, die ein tolles Einkaufserlebnis bietet. Auch Bonn hat<br />
viel Charme …<br />
… und Köln?<br />
In Köln wird seit über 1.000 Jahren Handel betrieben. Doch<br />
stellt sich mir die Frage nach dem großen Wurf. Man sollte<br />
sich in Köln nicht mit Bonn oder Mönchengladbach vergleichen.<br />
Anspruch muss es sein, in einem Atemzug mit Amsterdam,<br />
Mailand oder Barcelona genannt zu werden. (Interview:<br />
Matthias M. Machan)
20<br />
Unser Foto zeigt v.l.: Frederic Knaudt (Mitgründer von Picnic Deutschland), Werner Nakot (1. Bürgermeister Oberhausen), Thomas Kufen (Oberbürgermeister<br />
Essen), Ralf Noreikat (Verbandsvorstand), Nina Hamann-Hensel (Verbandsvorstand), Claudia Mikus (Verbandsvorstand), Hartmut Buhren (Vorstandsvorsitzender<br />
Handelsverband <strong>NRW</strong> Ruhr), Axel Schmiemann (Verbandsvorstand), Manfred Burkowski (stellvertretender Vorstandsvorsitzender Handelsverband <strong>NRW</strong><br />
Ruhr), Falk Paschmann (Verbandsvorstand), Marc Buchholz (Oberbürgermeister Mülheim an der Ruhr), Manfred Flore (2. Bürgermeister Oberhausen), Marc<br />
Heistermann (Geschäftsführer Handelsverband <strong>NRW</strong> Ruhr), und Axel Lambertz (stellvertretender Vorstandsvorsitzender Handelsverband <strong>NRW</strong> Ruhr).<br />
Jahresempfang Handelsverband <strong>NRW</strong> Ruhr:<br />
„Innenstädte müssen für<br />
jeden erreichbar sein“<br />
Zum 57. Mal hieß es an der Ruhr am 5. September „Beim<br />
Einzelhandel zu Gast …“. Damit zählt die traditionelle Veranstaltung<br />
des für die Städte Mülheim an der Ruhr, Essen<br />
und Oberhausen zuständigen Handelsverbandes <strong>NRW</strong><br />
Ruhr zu einer der traditionsreichsten Wirtschaftsempfänge<br />
der Region.<br />
„Tradition ist gut, Handel ist aber auch Wandel“ dachten<br />
sich die Verbandsverantwortlichen, als man sich entschied,<br />
mit der jahrzehntealten Tradition eines klassischen Jahresempfangs<br />
zu Beginn des Jahres im Rahmen einer gesetzten<br />
Veranstaltung in der Essener Philharmonie zu brechen und<br />
etwas Neues auszuprobieren. Erstmals fand das Treffen bei<br />
strahlendem Sommerwetter in „Franky´s Loft“ in Mülheim<br />
an der Ruhr statt, das durch seine saloonartige Atmosphäre<br />
mit Innen- und Außenbereich einerseits, aber auch mit seiner<br />
technisch hochwertigen Ausstattung andererseits die<br />
120 geladenen Gäste gleich zu Beginn von sich einzunehmen<br />
verstand.<br />
Verlässliche Rahmenbedingungen<br />
„Trotz aller Krisen bleibt die Zeit nicht stehen, Entwicklungen<br />
stehen nicht still. Der Handel möchte die notwendigen
21<br />
Begrüßte die Gäste: Hartmut Buhren (Vorstandsvorsitzender<br />
Handelsverband <strong>NRW</strong> Ruhr).<br />
„Picnic - Das Milchmannprinzip“ lautete der Titel<br />
des Gastvortrags von Frederic Knaudt, Mitgründer<br />
von Picnic in Deutschland.<br />
Transformationen bewusst und aktiv mitgehen, braucht<br />
aber verlässliche Rahmenbedingungen“, so Hartmut Buhren,<br />
Vorstandsvorsitzender des Verbandes in seiner Rede<br />
zur Begrüßung der Gäste. Top-Themen des Abends waren<br />
die Mobilitätswende sowie die Forderung, den schon lange<br />
versprochenen Bürokratieabbau endlich mit Nachdruck<br />
anzugehen. Hartmut Buhren bekräftigte die klare Haltung<br />
des Verbandes, dass dem Klimawandel entgegengetreten<br />
werden muss. Er wies allerdings auch darauf hin, dass die<br />
Innenstädte mit vielfältigen, verlässlichen und in jeder Hinsicht<br />
attraktiven Verkehrsmitteln erreichbar sein müssen.<br />
„Dafür brauchen wir aber erst gute Alternativen und können<br />
uns dann von den alten Vorgehensweisen verabschieden“,<br />
mahnte er die richtige Reihenfolge bei der Verkehrswende<br />
an.<br />
Vor Experimenten in der Verkehrspolitik hat Buhren beim<br />
Jahrestreffen des Handels deutlich gewarnt. Die vielerorts<br />
propagierte Verkehrswende dürfe sich nicht von der Bedürfnislage<br />
der Kunden abkoppeln, die Innenstädte müssten für<br />
jeden erreichbar sein, betonte Buhren. Und weiter: „Auch<br />
jemand, der immer mit dem Rad fährt, nutzt vielleicht das<br />
Auto, wenn er mit der ganzen Familie unterwegs ist, oder<br />
kommt bei schlechtem Wetter mit dem ÖPNV. Andersherum
22<br />
Zum Jahresempfang des Handelsverbandes <strong>NRW</strong><br />
Ruhr kamen 120 geladenen Gäste.<br />
„Franky´s Loft“ in Mülheim an der Ruhr bot den<br />
passenden Rahmen für den Jahresempfang des<br />
Handelsverbandes <strong>NRW</strong> Ruhr.<br />
fahren gewohnheitsmäßige Autopendler im Sommer auch<br />
mit dem Rad in die Stadt, wenn es gute Abstellmöglichkeiten<br />
gibt und sie nur kleine Erledigungen tätigen wollen.“<br />
Je nach Anlass, Wetter, Anreisezeit und Weg, aber auch nach<br />
Alter und Gesundheitszustand seien die Bedürfnisse der<br />
Innenstadtbesucher verschieden. Buhren: „Unsere Aufgabe<br />
muss es sein, allen möglichst gut gerecht zu werden. Aber<br />
bitte: Nicht einen Weg schließen, ohne vorher einen neuen<br />
erschlossen zu haben!“<br />
Bürokratieabbau angemahnt<br />
Apropos verschlossene Wege: Buhren mahnte zudem den<br />
viel beschworenen Bürokratieabbau an: „Gerade kleine und<br />
mittlere Unternehmen sind oft einfach nicht mehr in der<br />
Lage, die steigende Anzahl von Anforderungen zu erfüllen.<br />
Seit Jahrzehnten ist der Bürokratieabbau in aller Munde.<br />
In der Praxis aber werden immer mehr bürokratische Berichtspflichten<br />
aufgebaut. Das war schon in guten Zeiten<br />
mehr als ärgerlich. Die aktuellen Krisenzeiten machen es
23<br />
Ein Höhepunkt: Dioe Ehrung der besten Auszubildenden.<br />
jedoch unerlässlich, manch alten Zopf abzuschneiden. Politik<br />
braucht wieder mehr Zutrauen in die Funktionsweise<br />
der sozialen Marktwirtschaft. Der Staat muss faire Rahmenbedingungen<br />
für alle setzen, aber nicht jedes Detail<br />
exakt vorgeben!“<br />
In seinem Grußwort griff der Mülheimer Oberbürgermeister<br />
Marc Buchholz die angesprochenen Themen auf und berichtete<br />
von Anstrengungen seiner Stadt, ihre Standorte attraktiver<br />
zu machen. Hierbei betonte er die nach wie vor große<br />
Bedeutung des Handels sowohl für die Innenstädte als auch<br />
für die Stadtteilzentren.<br />
„Picnic - Das Milchmannprinzip“ lautete der Titel des diesjährigen<br />
Gastvortrags von Frederic Knaudt, Mitgründer von<br />
Picnic in Deutschland. In seinem inspirierenden Vortrag wur-<br />
de deutlich, wie mit frischen Ideen verkrustete Denkweisen<br />
aufgebrochen werden können.<br />
Ehrung der besten Auszubildenden<br />
Auch in diesem Jahr wurden wieder die besten Auszubildenden<br />
des Einzelhandels aus der Region geehrt. Die Auszeichnung<br />
nahm Manfred Burkowski, Mitglied im Vorstand des<br />
Handelsverbandes <strong>NRW</strong> Ruhr e. V., gemeinsam mit Frederic<br />
Knaudt sowie den Oberbürgermeistern aus Essen und Mülheim<br />
an der Ruhr, Thomas Kufen und Marc Buchholz, vor. Zu<br />
„We are the champions“ wurden die Urkunden überreicht. In<br />
den Augen der Auszubildenden ließ sich unschwer ablesen,<br />
dass ihnen diese Momente unvergesslich bleiben werden.<br />
Das neue Format der Veranstaltung hat seinen Teil hierzu<br />
beigetragen. Mission erfüllt!
24<br />
Digitalcoach Sue Appleton:<br />
„Veränderungen beginnen in<br />
den Köpfen“<br />
Ein Schwerpunkt der Arbeit von Sue Appleton: Bereitstellung<br />
von Informationen und ihrer Strukturierung.<br />
Die Digitalisierung im Handel umfasst viele Bereiche: Vom<br />
Online-Marketing über Social Media bis hin zu digitalisierten<br />
Prozessen, vom Onlineshop bis zur Warenwirtschaft,<br />
von der Beschaffung bis zur Retoure. Fragen gibt<br />
es da einige: Wie werde ich bei Google besser gefunden?<br />
Brauche ich einen eigenen Shop? Wie kann ich meine<br />
Website optimieren? Was ist die richtige Warenwirtschaft<br />
für mich? Die sieben Digitalcoaches des Handelsverbandes<br />
<strong>NRW</strong> lassen Sie dabei nicht alleine und begleiten Sie<br />
auf dem Weg der Digitalisierung. In dieser Ausgabe stellt<br />
sich Sue Appleton (Köln) im Interview vor.<br />
Woher stammt bei Ihnen die Affinität für das Digitale?<br />
Digitalisierung bedeutet für verschiedene Menschen verschiedene<br />
Dinge, für mich bedeutet sie Veränderung, Wandel,<br />
Chancen und Gefahren. Ich bin Designerin durch und<br />
durch. Oberflächlich betrachtet hat Design natürlich etwas<br />
mit Ästhetik zu tun. Schön gestaltete Kommunikationsmittel<br />
und Objekte werden gerne benutzt und machen Freude,<br />
aber dahinter steckt Funktion. Ein gut gestaltetes Plakat, ein<br />
aussagekräftiges Logo beispielsweise vermittelt für sich Information,<br />
lässt Inhalte schneller und nachhaltiger erfassen.<br />
Und ein gut gestalteter Social Post funktioniert auf verschiedenen<br />
Ebenen, um seine Zielgruppe anzusprechen und seine<br />
Botschaft zu vermitteln.<br />
Es wird deutlich, dass Design nur zweitrangig mit Ästhetik<br />
zu tun hat. Es geht vielmehr darum, Informationen zu verdichten<br />
und neue Lösungen zu finden. Es ist ein zutiefst kreativer<br />
Prozess.<br />
Als ich mein Studium in Großbritannien beendete, gab es<br />
Computersysteme, die einen ganzen Raum einnahmen und<br />
doch nur die Fähigkeiten eines heutigen PCs hatten, die<br />
Grafiken auf dem Bildschirm waren eher pixelig als fotorealistisch.<br />
Trotzdem war damals schon klar, dass die Digitalisierung<br />
unsere Gesellschaft revolutionieren und viele ungeahnte<br />
Möglichkeiten und auch Herausforderungen mit sich<br />
bringen wird.<br />
Da ich sehr gerne gestalte und Veränderungen liebe, war<br />
eine Weiterbildung zum „Multimediadesigner“ im Jahr 1995<br />
ein naheliegender Schritt. Seitdem arbeite ich ausschließ-
25<br />
„Die größte Herausforderung für den Handel besteht<br />
darin, den mutigen Schritt ins Ungewisse zu wagen<br />
und sich von bisherigen Ansätzen zu verabschieden.“<br />
Sue Appleton (l.) hilft.<br />
lich am Computer. 25 Jahre lang leitete ich eine Web- und<br />
Designagentur in Köln. Ich glaube, die Kreativbranche ist<br />
die disruptivste Branche überhaupt - so viele Berufe, Geschäftsmodelle<br />
und Produkte sind in kürzester Zeit verschwunden<br />
und neue sind entstanden.<br />
„Eine attraktive Arbeitgebermarke aufbauen“<br />
Wo sind die Aufgabenschwerpunkte, wo benötigt der Handel<br />
aktuell die meiste Hilfe?<br />
Mein Schwerpunkt liegt in der Bereitstellung von Informationen<br />
und ihrer Strukturierung. Die Digitalisierung bietet dem<br />
Handel unzählige Möglichkeiten. Jedoch fällt es oft schwer,<br />
den Überblick zu behalten. Genau hier kommen meine Kollegen<br />
und ich ins Spiel – wir bieten neutrales Fachwissen und<br />
Orientierung an. Unser Ziel ist es aufzuzeigen, welche Maßnahmen<br />
zum Erfolg führen und welche unnötig sind.<br />
Durch unsere Seminarreihe „Digi Dienstag“ bieten wir einen<br />
kompakten Einstieg in verschiedene konkrete Themen. Ein<br />
besonderer Vorteil dabei ist, dass wir externe Dienstleister in<br />
unser Seminar-Konzept einbinden. Dadurch erleichtern wir<br />
den Zugang zu spezialisierten Dienstleistungen und ermöglichen<br />
den Teilnehmern eine effektive Zusammenarbeit mit<br />
Experten aus unterschiedlichen Fachgebieten.<br />
In meinen 1:1-Beratungen beantworte ich spezifische Fragen<br />
und begleite meine Kunden. Manchmal erfordert es<br />
Hat bei der Digitalisierung<br />
den Durchblick:<br />
Digital-Coach<br />
Sue Appleton.<br />
einen längeren Beratungsprozess, während in anderen Fällen<br />
ein Telefonat oder eine E-Mail ausreicht, um Klarheit<br />
zu schaffen. Mein Fachwissen in den Bereichen Marketing,<br />
Social Media, Web-Design, Grafik, Positionierung und Produktentwicklung<br />
fließt in die Beratung ein.
26<br />
Die Digitalisierung bietet dem Handel unzählige<br />
Möglichkeiten: Digitalcoach Sue Appleton klärt<br />
vor Ort auf.<br />
bisherigen Ansätzen zu verabschieden. Denn was bisher<br />
funktioniert hat, wird in der Zukunft nicht mehr ausreichen.<br />
Dieser Schritt ist sicherlich nicht einfach, aber keineswegs<br />
unmöglich. Oft liegen die Antworten in kleinen Schritten.<br />
Veränderungen beginnen in unseren Köpfen und erfordern<br />
das Loslassen von Gewohntem, was nie einfach ist.<br />
Das Thema „Employer Branding“ gewinnt aktuell an Bedeutung,<br />
insbesondere in Zeiten des Fachkräftemangels. Hier<br />
setze ich meine langjährige Erfahrung als Coach und Dozentin<br />
ein, um die notwendigen Veränderungsprozesse anzustoßen.<br />
Meine Expertise hilft Unternehmen, eine attraktive<br />
Arbeitgebermarke aufzubauen und so qualifizierte Fachkräfte<br />
anzuziehen und langfristig zu binden.<br />
„Den mutigen Schritt ins Ungewisse<br />
wagen“<br />
Was sind mit Blick auf die digitale Transformation die größten<br />
Herausforderungen für den Handel?<br />
Die größte Herausforderung für den Handel besteht darin,<br />
den mutigen Schritt ins Ungewisse zu wagen und sich von<br />
Wir befinden uns mitten in einer digitalen Revolution, die<br />
sowohl unsere Gesellschaft als auch die Art und Weise, wie<br />
wir einkaufen, leben und arbeiten verändert. In diesem Wandel<br />
ist es von großer Bedeutung, gemeinsam Konzepte für<br />
die Zukunft zu entwickeln. Dabei geschieht vieles in kleinen<br />
Schritten durch Gespräche und Veranstaltungen. Ich stehe<br />
immer zur Verfügung, um in solchen Prozessen zu unterstützen.<br />
Ein Beispiel dafür sind die „Digital-Days-Lev“, wo ich mit<br />
Vertretern der Industrie, Software-Entwicklern, Start-Ups<br />
und der Stadtentwicklung über die Zukunft der Innenstädte<br />
diskutiert habe. Wir stellten uns die Frage, wie wir<br />
mittelfristig in zehn bis zwanzig Jahren leben wollen und<br />
wie wir unsere Innenstädte gestalten möchten. Gleichzeitig<br />
suchen wir nach Lösungen, um die Zwischenzeit gut zu<br />
überbrücken.<br />
Mein Ziel ist es, dem Einzelhandel sowohl kurzfristige Lösungen<br />
anzubieten, um die aktuellen Herausforderungen erfolgreich<br />
zu bewältigen, als auch eine langfristige Strategie<br />
aufzuzeigen.
27<br />
Hielt ein Grußwort an die Gäste: <strong>NRW</strong>-Wirtschaftsministerin<br />
Mona Neubaur.<br />
DIGITAL.SICHER.<strong>NRW</strong> feierte<br />
Sommerfest und Vertragsverlängerung<br />
Anlässlich des Sommerfestes Mitte August gab es für<br />
das Kompetenzzentrum für Cybersicherheit in der Wirtschaft<br />
viel zu feiern – vor allem aber eine erfreuliche<br />
Vertragsverlängerung! DIGITAL.SICHER.<strong>NRW</strong> wird auch<br />
in den nächsten drei Jahren nordrhein-westfälische Unternehmen<br />
tatkräftig unterstützen, ihre digitale Selbstverteidigung<br />
zu stärken. Eine große Rolle spielt dabei<br />
die Initiative „Wirtschaft.Digital.Sicher <strong>NRW</strong>“.<br />
Die Gästeliste lang, das Wetter sonnig, das Essen lecker, die<br />
Stimmung ausgelassen – besser hätte das Sommerfest in<br />
der Bochumer Geschäftsstelle des Kompetenzzentrums<br />
nicht laufen können. Ein Highlight der Veranstaltung war<br />
der Besuch von <strong>NRW</strong>-Wirtschaftsministerin Mona Neubaur,<br />
die alle Gäste herzlich begrüßte und verkündete, dass der<br />
Vertrag vom Land vorzeitig um drei weitere Jahre bis Ende<br />
2026 verlängert wird. Sebastian Barchnicki, Sprecher der<br />
Geschäftsführung des Kompetenzzentrums: „Wir freuen<br />
uns, weiterhin mehr Bewusstsein für digitale Sicherheit insbesondere<br />
in kleinen und mittelständischen Unternehmen<br />
mit unserer digitalen Erstberatung, unseren vielfältigen Webinaren<br />
und Veranstaltungen wie dem Umsetzungstag, dem<br />
IT-Sicherheitskompass und vielem mehr zu schaffen.“<br />
Hilfestellungen & Handlungsempfehlungen<br />
Freuten sich über ein gelungenes Sommerfest:<br />
Sebastian Barchnicki (r.), Sprecher der Geschäftsführung<br />
und Peter Meyer, Mitglied der<br />
Geschäftsführung von DIGITAL.SICHER.<strong>NRW</strong>.<br />
Networking stand bei den Gästen ganz oben<br />
auf der Agenda.<br />
Eine weitere wichtige Aufgabe wird es in Zukunft sein, die<br />
vom Ministerium für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz<br />
und Energie des Landes <strong>NRW</strong> ins Leben gerufene Initiative<br />
„Wirtschaft.Digital.Sicher <strong>NRW</strong>“ zu koordinieren und<br />
die daraus entstandenen Maßnahmen zu steuern. Ziel<br />
der Initiative ist es, IT-Sicherheit und Resilienz der nordrhein-westfälischen<br />
Wirtschaft zu stärken und Unternehmen<br />
bei der sicheren Nutzung digitaler Technologien zu<br />
unterstützen. Deshalb haben die Landesregierung, Kammern,<br />
Branchenverbände (wie der Handelsverband <strong>NRW</strong>)<br />
und -netzwerke 13 gemeinsame Maßnahmen vereinbart,<br />
die ihren Fokus vor allem auf konkrete Handlungsempfehlungen<br />
und praktische Hilfestellung für Unternehmen<br />
richten. Eine dieser Maßnahmen bildet beispielsweise die<br />
Aktion „Tür zu im Netz“, die in ganz <strong>NRW</strong> mehr Sichtbarkeit<br />
für digitale Sicherheit schaffen soll und Tipps und Tricks an<br />
die Hand gibt, wie Betriebe gleich mit ihrer digitalen Selbstverteidigung<br />
starten können.
28<br />
Sommerfest der Initiative DIGITAL.SICHER.<strong>NRW</strong>
29<br />
Eine große Rolle spielt dabei auch die Initiative „Wirtschaft.<br />
Digital.Sicher <strong>NRW</strong>“. Hier übernimmt das Kompetenzzentrum<br />
die Koordination der vom Ministerium für Wirtschaft,<br />
Industrie, Klimaschutz und Energie<br />
des Landes <strong>NRW</strong> ins Leben gerufene<br />
Initiative sowie die Steuerung der daraus<br />
entstandenen Maßnahmen. Ziel<br />
der Initiative ist es, IT-Sicherheit und<br />
Resilienz der nordrhein-westfälischen<br />
Wirtschaft zu stärken und Unternehmen<br />
bei der sicheren Nutzung digitaler<br />
Technologien zu unterstützen.<br />
Deshalb haben die Landesregierung, Kammern, Branchenverbände<br />
und -netzwerke 13 gemeinsame Maßnahmen<br />
vereinbart, die ihren Fokus vor allem auf konkrete Handlungsempfehlungen<br />
und praktische Hilfestellung für Un-<br />
Wirtschaftsministerien<br />
Mona Neubaur<br />
(vorne) mit<br />
den Digitalcoaches<br />
des Handelsverbandes<br />
<strong>NRW</strong> und<br />
Carina Peretzke (l.),<br />
Pressesprecherin<br />
des Handelsverbandes<br />
<strong>NRW</strong>.<br />
Digitale Selbstverteidigung ist<br />
keine Raketenwissenschaft<br />
Die Bedrohungen im digitalen Raum nehmen stetig zu.<br />
Immer mehr Unternehmen - auch in <strong>NRW</strong> - sind von<br />
Cyberangriffen betroffen, bei denen Kriminelle oft auf<br />
sensible Daten abzielen. Um auf digitale Gefahren aufmerksam<br />
zu machen und über Möglichkeiten zu informieren,<br />
die eigene IT-Sicherheit im Unternehmen zu stärken,<br />
hat das Land gemeinsam mit 15 Partnerorganisationen<br />
die Aktion „Tür zu im Netz“ gestartet. Das Kompetenzzentrum<br />
für Cybersicherheit in der Wirtschaft, DIGITAL.SI-<br />
CHER.<strong>NRW</strong>, bietet von der Erstberatung bis zur digitalen<br />
Sprechstunde sowie Fördermitteln und Veranstaltungen<br />
alles rund am das Thema Cybersecurity an.<br />
Als Kompetenzzentrum ist DIGITAL.SICHER.<strong>NRW</strong> für kleine<br />
und mittlere Unternehmen in <strong>NRW</strong> die Anlaufstelle in allen<br />
Belangen der digitalen Sicherheit.<br />
DIGITAL.SICHER.<strong>NRW</strong> bietet Webinare,<br />
Veranstaltungen und Sprechstunden<br />
an und stellt Infomaterialien zum<br />
Thema zur Verfügung. Damit zeigt<br />
das Kompetenzzentrum kleinen und<br />
mittleren Unternehmen, wie digitale<br />
Selbstverteidigung funktioniert – mit<br />
einfachen und umsetzungsorientierten Hilfestellungen.<br />
Frei nach dem Motto: „Cybersicherheit muss keine Raketenwissenschaft<br />
sein“, können bereits kleine Maßnahmen<br />
eine große Wirkung erzielen können. Alle Angebote sind für<br />
Unternehmen aus <strong>NRW</strong> kostenfrei, da es sich um ein vom<br />
Land <strong>NRW</strong> gefördertes Projekt <strong>handelt</strong>.<br />
Auf dem Sommerfest am 10. August – siehe hierzu auch<br />
unseren Beitrag auf Seite 27 - trafen sich interessierte Unternehmen<br />
und Verbandsvertreter sowie Politik in Bochum<br />
und feierten die Vertragsverlängerung. Mona Neubaur, Wirtschaftsministerin<br />
und stellvertretende Ministerpräsidentin,<br />
überreichte die Urkunde, womit DIGITAL.SICHER.<strong>NRW</strong> auch<br />
in den nächsten drei Jahren nordrhein-westfälische Unternehmen<br />
tatkräftig unterstützen wird, ihre digitale Selbstverteidigung<br />
zu stärken.<br />
IT-Sicherheit stärken
30<br />
Vertragsverlängerung besiegelt: <strong>NRW</strong>-Wirtschaftsministerin Mona Neubaur<br />
(M.) mit Sebastian Barchnicki (l.), Sprecher der Geschäftsführung und Peter<br />
Meyer, Mitglied der G eschäftsführung von DIGITAL.SICHER.<strong>NRW</strong><br />
Auf dem Sommerfest von DIGITAL.SICHER.<strong>NRW</strong> am 10. August trafen sich<br />
Unternehmer und Verbandsvertreter sowie Politik in Bochum und feierten<br />
die Vertragsverlängerung.<br />
<strong>NRW</strong>-Wirtschaftsministerin Mona Neubaur im Dialog mit Sebastian<br />
Barchnicki<br />
ternehmen setzen. Der Handelsverband Nordrhein-Westfalen<br />
gehört ebenfalls zu den Unterstützern. „Gemeinsam<br />
mit den Handelsverband <strong>NRW</strong> – Digitalcoaches sind die<br />
Händlerinnen und Händler in Nordrhein-Westfalen optimal<br />
beraten, was ihre digitalen Aktivitäten angeht. Die Digitalcoaches<br />
werden zukünftig weiterhin eng mit dem Kompetenzzentrum<br />
DIGITAL.SICHER.<strong>NRW</strong> zusammenarbeiten“,<br />
freut sich Rainer Gallus, Geschäftsführer beim Handelsverband<br />
<strong>NRW</strong> u.a. für Digitalen Handel und Projektleiter der<br />
Digitalcoaches.<br />
Eine der 13 Maßnahmen bildet zum Beispiel die Aktion „Tür<br />
zu im Netz“, die in ganz <strong>NRW</strong> mehr Sichtbarkeit für digitale<br />
Sicherheit schaffen soll und Tipps und Tricks an die Hand<br />
gibt, wie Betriebe gleich mit ihrer digitalen Selbstverteidigung<br />
starten können.<br />
Weitere Informationen finden Sie online hier:<br />
https://digitalcoachnrw.de/<br />
https://www.digital-sicher.nrw/<br />
https://tuer-zu-im-netz.nrw/<br />
„Gemeinsam mit den<br />
Handelsverband <strong>NRW</strong><br />
– Digitalcoaches sind<br />
die Händlerinnen und<br />
Händler in <strong>NRW</strong> optimal<br />
beraten, was ihre<br />
digitalen Aktivitäten<br />
angeht. Die Digitalcoaches<br />
werden zukünftig<br />
weiterhin eng mit dem<br />
Kompetenzzentrum<br />
DIGITAL.SICHER.<strong>NRW</strong><br />
zusammenarbeiten“,<br />
Rainer Gallus,<br />
Geschäftsführer Handelsverband<br />
<strong>NRW</strong>.
31<br />
„Wichtig ist es, präventiv<br />
zu handeln“<br />
Nachgefragt bei Sebastian Barchnicki,<br />
Sprecher der Geschäftsführung<br />
von DIGITAL.SICHER.<strong>NRW</strong>.<br />
Was sind die häufigsten Fehler und typischen<br />
Fehlannahmen in Sachen Cybersicherheit?<br />
Jetzt könnte ich direkt ins Eingemachte<br />
gehen und davon erzählen, dass<br />
schwache Passwörter oder nicht aktualisierte<br />
Software zu den häufigsten<br />
Fehlern gehören. Oder aber Dinge wie<br />
mangelnde Datensicherungen und<br />
unbedachter Umgang mit Berechtigungen.<br />
All das ist im Kern auch richtig<br />
und wichtig – allerdings sehen wir<br />
ein viel grundsätzlicheres Problem:<br />
Unternehmen unterliegen oft dem<br />
Trugschluss, sie seien zu klein, zu unbedeutend<br />
und zu unattraktiv, um angegriffen<br />
zu werden. Das ist schlichtweg<br />
ein großer Irrtum.<br />
„Unternehmen unterliegen oft<br />
dem Trugschluss, sie seien zu<br />
klein, zu unbedeutend und zu<br />
unattraktiv, um angegriffen zu<br />
werden. Das ist schlichtweg<br />
ein großer Irrtum“, so Sebastian<br />
Barchnicki, Sprecher der<br />
Geschäftsführung DIGITAL.<br />
SICHER.<strong>NRW</strong>.<br />
tel rund um die digitale Sicherheit des<br />
eigenen Betriebs geht.<br />
Was passiert, wenn ein Händler sich bei<br />
Ihnen meldet: Ist es dann meist zu spät?<br />
In einigen Fällen muss ich leider sagen:<br />
Ja. Wenn beispielsweise die eigene<br />
Webseite oder der Onlineshop von<br />
einem Angriff betroffen sind, oder der<br />
firmeneigene Instagram-Kanal mit<br />
teilweise tausenden Followern durch<br />
Fremde übernommen worden ist.<br />
Wichtig ist es, präventiv zu handeln<br />
und sich mit dem Thema auseinanderzusetzen,<br />
bevor solche Dinge eintreten.<br />
Liegt das größte Risiko möglicherweise<br />
im privaten Gebrauch von geschäftlicher<br />
Hard- und Software, also wenn ich<br />
am dienstlichen Rechner chatte oder<br />
unsichere, mitunter weniger seriöse<br />
Web-Portale benutze?<br />
Was sind die am häufigsten gestellten Anfragen, die Sie aus<br />
dem Handel bekommen?<br />
Der Handel hat – wie viele andere Branchen im Übrigen<br />
auch – Fragestellungen sehr allgemeiner Art. Dazu gehören<br />
Dinge wie beispielsweise Datensicherungen oder das<br />
Thema der Account-Sicherheit bei Social-Media-Kanälen.<br />
Außerdem interessieren sich Unternehmen für das Förderprogramm<br />
MID-Digitale Sicherheit, bei dem es Fördermit-<br />
Grundsätzlich ist es eine gute Idee, beides voneinander<br />
getrennt zu behandeln. Ich empfehle, auf Geräte und Software<br />
zu setzen, die alle Informationen voneinander trennen.<br />
Unabhängig davon muss den Unternehmen bewusst<br />
sein, dass dazu auch Sicherheitsmaßnahmen gehören. Es<br />
sollte stets abgewogen werden, welche Software, Apps<br />
und Kanäle genutzt werden sollen. Das bedeutet auch,<br />
dass nicht genutzte Software oder Accounts, die „brachliegen“,<br />
gelöscht werden sollten.
32<br />
Die Gastgeber und<br />
Akteure des 10.<br />
<strong>NRW</strong> Nahversorgungstages.<br />
NHV <strong>NRW</strong>-Nahversorgungstag <strong>2023</strong>:<br />
Ist die „Ausnahme“ noch<br />
zeitgemäß?<br />
Am 30. August <strong>2023</strong> kamen wieder zahlreiche Stadtplaner,<br />
Architekten, Wirtschaftsförderer, Expansionsmanager<br />
und weitere Akteure der Nahversorgung in der<br />
Rohrmeisterei in Schwerte zusammen. Die Begrüßung<br />
nach mehrjähriger Corona-bedingter Pause übernahmen<br />
die beiden Organisatoren Markus Kaluza, Referatsleiter<br />
Öffentlichkeitsarbeit und Projektmanagement beim<br />
Handelsverband Nordrhein-Westfalen Westfalen-Münsterland<br />
(HV WM) und Rainer Gallus, Geschäftsführer<br />
beim Handelsverband Nordrhein-Westfalen (HV <strong>NRW</strong>)<br />
vor dem ausgebuchten Saal der Rohrmeisterei in Schwerte.<br />
Für die Moderation sorgte einmal mehr und in flotter<br />
Manier wieder Kay Bandermann.<br />
Einen Themen-Schwerpunkt bildete der aktuelle Einzelhandelserlass<br />
<strong>NRW</strong>. Zum Einstieg führten Heike Jaehrling<br />
(Ministerium für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und<br />
Energie <strong>NRW</strong>) und Christoph Piehl (Ministerium für Heimat,<br />
Kommunales, Bau und Digitalisierung <strong>NRW</strong>) in die Thematik<br />
ein. Piehls Vortrag „Möglichkeiten zur Sicherung der Nahversorgung<br />
im Einzelhandelserlass: Städtebauliche Atypik<br />
nach derBauNVO und Nahversorgungsausnahme des LEP“<br />
gab einen Einblick in das Baurecht und erläuterte dieses<br />
anschaulich auch anhand von Plänen und Urteilen. Heike<br />
Jaehrling ging im Anschluss auf die Details, Ausnahmen und<br />
Unterschiede des Erlasses ein und räumte dabei auch ein:<br />
„Das OVG sieht es anders als wir gemeint haben“. Mit dem<br />
Einzelhandelserlass wollte man auch Lebensmittelansiedlungen<br />
erleichtern. Das Fazit der beiden, verbunden mit der<br />
Ermunterung zur regen Anwendung dieser Instrumente:<br />
Für Nahversorgung außerhalb der zentralen Versorgungsbereiche<br />
gebe es drei Möglichkeiten: städtebauliche Atypik,<br />
Anwendung der Ausnahme Nahversorgung, Neuplanung<br />
eines Nahversorgungszentrums.<br />
Einzelhandelserlass <strong>NRW</strong>: Der große<br />
Wurf ist noch nicht gelungen<br />
Marc Föhrer von Stadt+Handel berichtete anschließend<br />
aus der Praxis: Der Einzelhandelserlass bringe viel Power<br />
mit, aber was passiere beim Reality Check: Wie arbeite man<br />
pragmatisch mit dem Erlass? Das zeigte Föhrer am Beispiel<br />
von Lidl in Paderborn. Sein Fazit: Der Erlass habe zum<br />
großen Teil flexible Handhabe auch im Vergleich zu Einzelhandelskonzepten.<br />
In der Podiumsdiskussion „Zukunft der<br />
Flächenrestriktion“ wurden die herausstechendsten Punkte
Impressionen vom 10. <strong>NRW</strong>-Nahversorgungstag in Schwerte<br />
33
34<br />
Traditioneller Veranstaltungsort war die<br />
Rohrmeisterei in Schwerte.<br />
Die Digitalcoaches des Handelsverbandes <strong>NRW</strong><br />
informierten über ihr Beratungs-Portfolio.<br />
noch einmal diskutiert: So habe der Erlass laut Praktikern in<br />
der Theorie viele gewünschte Themen aufgegriffen, diese<br />
kämen in der Praxis aber noch nicht an, in vielen Kommunen<br />
herrsche noch altes Denken. Der große Wurf, auf den man<br />
gehofft habe, sei leider nicht gelungen. Dabei sei es wichtig,<br />
auch über die notwendige Fläche verfügen zu können,<br />
um das Sortiment zu präsentieren und eine ausreichende<br />
Gangbreite zu gewährleisten. Um die Märkte zukunftsfähig<br />
aufzustellen, hätten sich die Flächenanforderungen deutlich<br />
verändert.<br />
„Der Mensch im Markt macht den Unterschied“<br />
Im zweiten Teil des Nahversorgungstages berichtete Stefan<br />
Thabe (Amtsleiter Stadtplanungs- und Bauordnungsamt<br />
Dortmund) über ein mit Interesse verfolgtes Dortmunder<br />
Urteil. Die Stadt Dortmund hat einen Masterplan für den<br />
Einzelhandel, an dem man sich bei allen Vorhaben vom Kiosk<br />
bis zum Einkaufszentrum orientiert. Ein eindrückliches<br />
Beispiel brachte Dr. Roland Schmidt-Bleker (Taylor Wessing<br />
Partnerschaftsgesellschaft mbB), der auf die juristischen<br />
Aspekte einging: Die „Praxis bringt zum Ausdruck, wo die<br />
Bedarfe sind“, die Norm hänge der Praxis etwas hinterher,<br />
man brauche eine klare Nahversorgerprivilegierung, denn:<br />
Ein „1200er Markt fällt in die gleiche Kategorie wie ein Flughafen.“<br />
Jaehrling räumte ein, dass man vielleicht noch mehr Werbung<br />
zur Anwendung der Ausnahmeregel machen müsse,<br />
man aber dem prinzipiellen Ausnahmecharakter gerecht<br />
werden müsse. Zum Abschluss des ersten Themenblocks<br />
berichtete Stefan Grubendorfer (Edeka Grubendorfer) über<br />
den Revitalisierungsprozess seines Edeka-Marktes mit<br />
Umbau und energetischer Sanierung. Seine Botschaft: „Der<br />
Mensch im Markt macht den Unterschied.“<br />
Als treuer Begleiter des Nahversorgungstags warf Jörg Lehnerdt<br />
(BBE Handelsberatung) einen 360-Grad-Rundblick<br />
über den Handel und die Verwaltungsseite und schlussfolgerte<br />
ebenfalls, dass die Urteile der Realität etwas hinterherhingen.<br />
In der anschließenden Diskussion betonte<br />
Lehnerdt, dass man keine Sorge vor Flächenexplosionen zu<br />
haben brauche. Eine Anpassung an die Siedlungsstrukturen<br />
sei schlicht notwendig.
35<br />
Bis auf den letzten Platz besetzt war die Rohrmeisterei<br />
beim diesjährigen <strong>NRW</strong>-Nahversorgungstag.<br />
Frank Horst (EHI Retail Institute) legte nach der Mittagspause<br />
den Grundstein für die weiteren Beiträge des Nachmittags,<br />
die den Blick in die Zukunft richten sollten, und<br />
stellte den aktuellen wissenschaftlichen Stand in Sachen<br />
„Self Checkout“-Lösungen und deren Nutzung vor. Was für<br />
Lösungen sind am Markt? Wie werden diese von den Kunden<br />
angenommen? Als Fazit schloss er, dass es sich um eine<br />
etablierte und von Kunden akzeptierte Technologie mit steil<br />
wachsenden Nutzungsraten handele, ebenso wie das „Mobile<br />
Self Scanning“ wobei hier die Nutzungsraten noch deutlich<br />
niedriger seien.<br />
Ein weiteres Beispiel ist Rewe Pick&Go, vorgestellt von Jana<br />
Sanktjohanser: „Fühlt sich an wie Diebstahl, ist aber legal.“<br />
Heute stehen die Kunden bis zu vier Minuten an der Kasse,<br />
früher rund sieben Minuten. Dagegen zeige eine Studie<br />
aus England, dass Kunden mehr bezahlen würden, wenn sie<br />
noch schneller mit dem Einkauf fertig wären. Kassenlose<br />
Geschäfte seien hier eine Möglichkeit, die gerade getestet<br />
würde. Die Sorge vor Arbeitsplatzverlusten sei unbegründet:<br />
Ohne Mitarbeiter gehe es nicht. Nur durch die Mitarbeiter<br />
funktioniere die KI. Denn Daten müssten ausgewertet, die<br />
Regale genau befüllt werden usw.<br />
Ein ähnliches Thema ist das Schließen von Nahversorgungslücken,<br />
das Irina Schröder (Rewe) vorstellte: Denn das kann<br />
mit der „Nahkauf Box“ funktionieren. Gerade auf dem Land<br />
sind Abwanderung, Fachkräftemangel und weite Wege ein<br />
Thema. Die Nahkaufsbox ist eine mögliche Lösung zum<br />
24/7-Einkaufen, abgestimmt mit Bedürfnissen der Gemeinde<br />
des Verkaufsortes. Bisher seien die Kundenakzeptanz<br />
und Resonanz sehr positiv. Den Kreis schließt bei den<br />
Nahvaufsboxen ein Thema vom Tagesbeginn: Ein großes<br />
Problem stelle die Planungssicherheit bei den Kommunen<br />
dar, die das Konzept nicht richtig einzuordnen vermochten,<br />
womit ein langes Genehmigungsprozedere einhergegangen<br />
sei. Im Fazit: Man sei auf dem richtigen Weg, durch so ein Zukunftsprojekt<br />
die Nahversorgung zu sichern, aber es bedürfe<br />
Die Begrüßung übernahmen die beiden Organisatoren Rainer Gallus (r.),<br />
Geschäftsführer HV <strong>NRW</strong> und Markus Kaluza, Referatsleiter Öffentlichkeitsarbeit<br />
und Projektmanagement, HV <strong>NRW</strong> Westfalen-Münsterland.<br />
noch weiterer Tests, die Internetabdeckung auf dem Land<br />
sei ein Problem und auch an der Wirtschaftlichkeit gelte es<br />
noch zu arbeiten.<br />
„Tante Enso“ geht derweil ein ähnliches Konzept wie die<br />
Nahkaufsboxen, unterscheidet sich aber in einigen wichtigen<br />
Punkten. Diese stellte Norbert Hegmann vor: Hier bestimmten<br />
der Ort und die Kunden maßgeblich, ob und wie<br />
die Märkte kommen, denn die Kunden müssen sich finanziell<br />
beteiligen. Auch die Prüfung, ob der Bedarf wirklich da ist,<br />
wie Bevölkerungsprognose und die Kaufkraft usw. seien, ist<br />
sehr streng. Die Interessenten müssen sich bei myEnso über<br />
die Webseite bewerben. Zum Beispiel würde darauf geachtet,<br />
dass der nächste Supermarkt mindestens fünf Kilometer<br />
entfernt sei, die potenziellen Kunden müssten stimmen, und<br />
dann müsse der Gemeinderat noch Menschen überzeugen,<br />
in die Genossenschaft einzuzahlen. Dadurch seien schon vor<br />
Eröffnung mindestens 300 Kunden gebunden, die dann an<br />
der Kasse „Goodies“ erhalten.<br />
Mit dem Blick nach vorne endete der Nahversorgungstag,<br />
der im Jahr 2024 in die nächste Runde geht!
36<br />
Doris Lewitzky<br />
(Geschäftsführerin<br />
Handelsverband<br />
Nordrhein-Westfalen<br />
Niederrhein)<br />
gratuliert Martin<br />
Fricke zum 130.<br />
Geburtstag der<br />
Parfümerie Reichenbach.
37<br />
130 Jahre Parfümerie Reichenbach:<br />
„Den Wandel der Zeiten<br />
mitgegangen“<br />
„Managen heißt überleben“, lautet eine Business-Weisheit.<br />
Nicht zu Unrecht. Es ist eine Herausforderung, ein<br />
Unternehmen durch die Turbulenzen eines sich immer<br />
schneller wandelnden wirtschaftlichen Umfelds zu<br />
steuern. Ein guter Manager oder eine gute Managerin ist<br />
also so etwas wie ein Überlebenskünstler, der es schafft,<br />
dass seine „Company“ mehr als nur eine Episode bleibt.<br />
Gute Manager gehören also dazu, wenn es einem Unternehmen<br />
vergönnt ist, über Generationen am Markt<br />
zu bestehen. Zu diesen Unternehmen gehört auch die<br />
Parfümerie Reichenbach aus Mülheim an der Ruhr, die in<br />
diesen Tagen ihr 130-jähriges Jubiläum feiert.<br />
Bereits 1893 wurde das Fachgeschäft gegründet: Das bedeutet:<br />
Es ist stolze 130 Jahre am Markt. Inhaber Martin<br />
Fricke lässt die Zeit Revue passieren: „Nachdem Herr Reichenbach<br />
fünf Jahre nach der Gründung in die USA gegangen<br />
ist, hat Herr Müller das Unternehmen übernommen. In den<br />
1970er Jahren ist mein Vater Helmut Fricke bei der Parfümerie<br />
Reichenbach als Kommanditist eingestiegen und hat<br />
mir seine Anteile 1993 nach seinem Schlaganfall übergeben.<br />
Inzwischen ist auch mein Sohn Claas Konrad Fricke in das<br />
Unternehmen eingetreten. Seit 20 Jahren hat die Parfümerie<br />
Reichenbach auch eine Verkaufsstelle in Mülheim-Saarn, die<br />
nunmehr die einzige Filiale ist.“<br />
Veränderten Kundenwünschen<br />
angepasst<br />
Was muss man haben, um über einen solch langen Zeitraum<br />
am Markt erfolgreich zu sein? Was lässt sich möglicherweise<br />
von einem Fachgeschäft wie diesem lernen außer der Weisheit,<br />
dass gute Manager auch richtige Überlebenskünstler<br />
sind? Inhaber Martin Fricke fasst es für die Parfümerie Reichenbach<br />
so zusammen: „Nicht nur in unserem sehr gut aufgestellten<br />
Kosmetik-Institut sehen wir uns als Problemlöser<br />
für alle Bereiche der Schönheit. Wir sind den Wandel der Zeiten<br />
mitgegangen, haben uns den veränderten Kundenwünschen<br />
angepasst, dabei aber über all die Jahre eine Beratung<br />
der guten alten Schule gepflegt, wie man sie heute kaum<br />
noch kennt. Diese Philosophie verkörperte auch Willehardus<br />
Höfer, ein Urgestein des Unternehmens, das bei Reichenbach<br />
gelernt hatte, seine eigenen Parfümerien später an die<br />
Parfümerie Pieper verkaufte, bis zu seinem 86. Lebensjahr in<br />
der Parfümerie stand und uns über Jahrzehnte begleitet hat.“<br />
Im Markt als Marke wahrgenommen<br />
werden<br />
Eine Herausforderung für die Zukunft sei es, weiterhin<br />
gute Mitarbeiter zu finden, mit denen man die beratungsstarken<br />
Konzepte fahren könne. Fricke: „Bei allen<br />
unseren Aktivitäten kommt uns sicherlich zugute, dass<br />
Mülheim-Saarn ein ausgesprochen schöner Stadtteil ist,<br />
in dem es fast nur Verkaufsstellen des gehobenen Fachhandels<br />
gibt. Das freundliche und persönlich wirkende Erscheinungsbild<br />
des Orts passt ausgezeichnet zu unserer<br />
Parfümerie. Wir leben dieses Flair bei allem, was wir tun.<br />
Kurz gesagt, wir machen all das, was die Großen nicht<br />
machen. Daher haben wir Kunden, die bewusst nicht zu<br />
den Filialisten gehen.“<br />
Gute Produkte verkaufen heutzutage viele. Es geht um etwas,<br />
das über den Verkauf hinausgeht, um im Markt als<br />
Marke wahrgenommen zu werden. Ein Fachhandelsgeschäft,<br />
das über Generationen erfolgreich ist, muss etwas<br />
ganz Besonderes haben. Es stiftet einen Sinn, mit dem<br />
sich der Konsument identifizieren kann.